25.6.2012 Beobachtung von Exoplaneten durch Amateure von Dr. Otmar Nickel (AAG Mainz) Seit der ersten Entdeckung eines Planeten um einen Stern außerhalb unseres Sonnensystems (1995) sind bereits über 400 solche Objekte bekannt. Es gibt mehrere Methoden, einen solchen Exoplaneten um einen Stern nachzuweisen, die 2 wichtigsten sind: 1. Messung der Veränderungen der Radialgeschwindigkeit des Sterns: Durch die gegenseitige gravitative Anziehung zwischen Stern und Planet bewegt sich der Stern geringfügig periodisch vor und zurück. 2. Messung von Helligkeitsschwankungen des Sterns: Beim Transit des Exoplaneten vor dem Stern nimmt die Helligkeit geringfügig ab. Die Messung der Radialgeschwindigkeiten erfordert ein großes Teleskop mit einem sehr hochauflösenden Spektrographen. Diese Methode ist daher nur an professionellen Sternwarten möglich. Die Messung der Helligkeitsschwankungen beim Transit eines Exoplaneten ist aber bereits mit kleinen Teleskopen (ab ca. 20cm Öffnung) mit einer geeigneten Kamera möglich, sofern die Helligkeitsabnahme nicht zu klein ist. Die Transitzeiten der bekannten Exoplaneten können im Internet gefunden werden. Die Helligkeitsabnahme richtet sich nach dem Verhältnis der Durchmesser von Planet und Stern: Die strahlende Fläche eines Sterns mit Radius R ist R2 π, die (nicht strahlende) Fläche des Planeten mit Radius r ist r2 π, die Helligkeit des Sterns ist proportional zur Fläche: H1 = h∙ (R2 π) vor dem Transit, bzw. H2 = h∙(R2 π - r2 π) während des Transits. Die Helligkeitsabnahme ist daher: (H2-H1)/H1 =(r / R)2 . Wenn der Planet Jupiter (aus großer Entfernung gesehen) vor unserer Sonne vorübergeht, ergibt sich als Helligkeitsabnahme: (71500km / 696000km)2 = 0,01. In diesem Fall ist die Helligkeit also um 1% erniedrigt. Im Fall unserer Erde ergäbe sich eine Abnahme von (6378km / 696000km) 2 = 0,00008 , also weniger als 1/10000 der normalen Helligkeit. Das ist nur noch mit Weltraumteleskopen messbar. Mit Amateurmitteln sind Helligkeitsänderungen von Sternen in der Größenordnung von 1% noch nachweisbar; somit können nur Exoplaneten mit Jupitergröße beobachtet werden. Mit meinem Teleskop, einem 25cm Newton-Teleskop mit einer gekühlten CCD-Kamera ST7E (Bild 1), konnte ich bisher 3 Transits von 2 Exoplaneten beobachten. Eine solche Beobachtung läuft wie folgt ab (am Beispiel von HAT-P-10): Zuerst entnehme ich die Transitzeiten und Umgebungskarten der Webseite „Variable Star and Exoplanet Section“ der tschechischen Astronomischen Gesellschaft: http://var2.astro.cz/ETD/predictions.php Dann wird die angegebene Position (mit „Goto“) angefahren, ein Bild aufgenommen und der entsprechenden Stern identifiziert (Bild 2); die Position muss danach noch geringfügig geändert werden, dass der Stern mittig steht. Einige Zeit vor Beginn der vorhergesagten Transit-Zeit wird eine Bildserie gestartet mit jeweils 60s Aufnahmezeit, gestoppt wird die Serie einige Minuten nach dem vorhergesagten Transit-Ende. Die Bilder müssen danach noch mit Dark- und Flat-Field korrigiert werden, um präzise Messungen zu ermöglichen. Dann folgt die Messung der Sternhelligkeit mit einem geeigneten Programm. Ich habe dazu selbst ein Programm entwickelt, mit dem die Helligkeit des Sterns relativ zu einem oder mehreren Umgebungssternen bestimmt werden kann. Bild 3 zeigt ein Bild mit Markierungen für die verwendeten Vergleichssterne. Bild 4 zeigt die Lichtkurven, die das Programm für den zu messenden Stern (in rot) und die Vergleichssterne erstellt. Man sieht daran schon, dass nur die rote Kurve eine Variabilität zeigt, die Lichtkurven für die Vergleichssterne dagegen, von kurzzeitigen Schwankungen abgesehen, einen konstanten Verlauf zeigen. Bild 5 zeigt nur die Lichtkurve von HAT-P-10 mit höherer Auflösung, wobei das statistische Rauschen deutlich zu sehen ist. Auf den „TRESCA“ Webseiten kann man die eigenen Messdaten eingeben und die Lichtkurven online auswerten lassen. Als Ergebnis bekommt man die Zeiten des Transits, die Helligkeitsabnahme und die daraus folgende Planetengröße. Meine Messung des Transits von HATP-10 z.B. ist auf folgender Webseite zu sehen: http://var2.astro.cz/EN/tresca/transit-detail.php?id=1328378853 Wenn man alle Messungen eines Exoplaneten-Transits sehen will, klickt man auf den Namen auf der linken Seite der Webseite, im Fall von HAT-P-10 z.B. ist das die Seite: http://var2.astro.cz/ETD/etd.php?STARNAME=HAT-P-10%2FWASP-11&PLANET=b Hier sieht man als Graphik die Ergebnisse der Transit-Zeiten, bzw. die Abweichungen der gemessenen von den vorhergesagten (O-C =observed-calculated) Zeiten (in Tagen). Im Fall von HAT-P-10 ergibt sich ein leichter Trend nach oben, d.h. Die gemessenen Zeiten sind laufend etwas später als berechnet. Möglicherweise wurde in diesem Fall die Periodendauer zu kurz angesetzt. Ergebnisse der bisherigen Beobachtungen: TrES-3b am 14.8.2009: gemessene Helligkeitsabnahme 3%, Transitdauer 77 Min. TrES-3b am 25.20.2009: gemessene Helligkeitsabnahme 2,5%, Transitdauer 79 Min. HAT-P-10 (=WASP-11b) am 31.1.2012: gemessene Helligkeitsabnahme 2,4%, Transitdauer 163 Min. Die Schwankungsbreite der Helligkeitsmessungen lag im günstigsten Fall bei 0,5%. Durch viele Messungen der Transitzeiten eines Exoplaneten können die Bahnparameter genauer bestimmt werden. Dadurch können auch Bahnstörungen ermittelt werden, die sich durch eventuelle weitere Planeten ergeben. Auch wenn man als Amateur nur ein kleines, aber vielleicht wissenschaftlich relevantes Mosaiksteinchen beitragen kann, gibt einem dies doch viel Freude und Motivation bei der Beobachtung. Abbildung 1: Newton-Teleskop mit CCD-Kamera Abbildung 2: 60s Aufnahme (ohne Filter) von HAT-P-10 Abbildung 3: Messfelder für den Transit-Stern und umgebende Vergleichssterne Abbildung 4: Lichtkurven des Transitsterns und der Vergleichs-/Kontrollsterne Abbildung 5: Lichtkurve von HAT-P-10 am 31.1.2012 (X-Achse: Bildnummer)