Entdeckung von Exoplaneten - Radialgeschwindigkeitsmethode Wiederholung: Es gibt auch relativ ungewöhnliche Methoden, um nach Exoplaneten zu fanden. Eine z.Z. noch utopische Methode besteht in der Beobachtung von Sternbedeckungen. Dazu muß mit hoher Zeitauflösung das Beugungsmuster, welches beim Verschwinden oder Wiederauftauchen eines Sterns am Mondrand entsteht, aufgezeichnet werden. Dieses Beugungsmuster wird durch die Präsenz eines weiteren Objekts in der Nähe des Stern charakteristisch modifiziert. Aufgrund der notwendigen hohen Zeitauflösung ist dieses Verfahren auf Riesenteleskope beschränkt. Bei der sogenannten Mikrogravitationslinsenmethode wird der Gravitationslinseneffekt ausgenutzt, um in der Lichtkurve, die bei einem derartigen Ereignis entsteht, nach Abweichungen zu suchen. Aus diesen Abweichungen (Peaks) läßt sich auf die Existenz von Exoplaneten schließen. Da die Wahrscheinlichkeit für die Beobachtung eines Mikrolinsenereignisses extrem gering ist, erfordern die Suchprogramme die photometrische Überwachung von Millionen von Sternen. Bis heute (25.10.2011) wurden offiziell 571 Planetensysteme mit insgesamt 695 Planeten entdeckt. Davon optisch 8 sicher aufgelöst und 3 fragliche Kandidaten ... Die Radialgeschwindigkeitsmethode Ein Einzelstern bewegt sich (in erster Näherung) geradlinig gleichförmig durch den kosmischen Raum. Von der Erde aus gesehen, kann man seinen Geschwindigkeitsvektor in zwei Komponenten aufspalten: a) in die Komponente in Projektion auf die Himmelskugel -> Eigenbewegung b) in die Komponente in Blickrichtung -> Radialgeschwindigkeit Die geradlinig-gleichförmige Bewegung wird gestört, wenn an den Stern weitere Objekte (z.B. Exoplaneten) gravitativ gekoppelt sind. Dann gilt: Der Systemschwerpunkt bewegt sich (in erster Näherung) geradlinig gleichförmig durch den kosmischen Raum. Da man nur den Hauptstern „sehen“ kann, führt dieser Effekt zu einer „Wackelbewegung“ am Himmel entlang der Bahn der Eigenbewegung. Problem: Die Amplitude dieser „Wackelbewegung“ ist i.d.R. viel zu gering, als das man sie astrometrisch nachweisen kann. (Bei vielen Exoplanetensystemen liegt der Systemschwerpunkt innerhalb des Muttersterns) Was aber kann relativ leicht gemessen werden? - die Radialgeschwindigkeitskomponente des Muttersterns In dem man die Radialgeschwindigkeit als Funktion der Zeit bestimmt – Radialgeschwindigkeitskurve – kann man auf die Existenz weiterer, unsichtbarer Körper im System schließen... Wie werden Radialgeschwindigkeiten gemessen? Dopplereffekt: Wie groß ist die Wellenlängenänderung für ein Exoplanetensystem? Beispiel: System Sonne – Jupiter aus 10 pc Entfernung beobachtet (Kantenansicht) 1. Wie weit ist der Sonnenmittelpunkt vom Schwerpunkt des Systems Sonne – Jupiter entfernt? 1.068 Rs vom Sonnenzentrum (d.h. wenig über der Photosphäre) Winkelabstand 5.2 x10^-4 Bogensekunden aus 10 pc Entfernung 2. Wie groß ist die mittlere Geschwindigkeit der Sonne auf der Bahn um das Baryzentrum? 1.3 x 10^-2 km/s = 13 m/s Wellenlängenänderung 3x10^-5 nm Ein Spektrograph, der bei einer Lichtwellenlänge von 700 nm diese Wellenlängendifferenz auflösen soll, benötigt ein spektrales Auflösungsvermögen von 2.3x10^7. Derzeitige technische Grenze: R~10^8 Zum Nachweis von Exoplaneten benötigt man hochauflösende Spektrographen Prinzipieller Aufbau eines modernen Gitterspektrographen Das theoretische Auflösungsvermögen eines Gitterspektrographen hängt von der verwendeten Beugungsordnung k und der Anzahl der Striche (ausgedrückt durch die Gitterkonstante und die Größe des Gitters) ab. Praxis: Gitterkonstante 300 ... 1800 Striche pro Millimeter Vorteile eines Gitters gegenüber Prisma: Lineare Dispersion Probleme: Die Lichtmenge wird auf verschiedene Ordnungen aufgeteilt Dispersion wächst mit Ordnung, aber ihre Intensität nimmt stark ab Bei hohen Ordnungen überlappen sich die Spektren Lösung der Probleme: Blaze-Gitter / Echelle-Spektrographen Sägezahnartige Furchenform Durch gezielte Beeinflussung der Form der Gitterelemente wird bewirkt, daß die Intensität der gebeugten Strahlung in der gewünschten Beugungsordnung einen Maximalwert annimmt und das Gitter in dem gewünschten Wellenlängenbereich eine hohe Effizienz erreicht. Zu den Blazegittern gehört auch das Echellegitter. Es hat einen besonders großen Blazewinkel (>45°). Spektrum Komet Holmes Echelle - Spektrographen Blaze-Winkel 60° - 75° Ordnungen hoch, z.T. > 100 Überlappungen werden durch Querzerleger aufgelöst Radialgeschwindigkeitsmessungen im m/s - Bereich Die Linienverschiebungen aufgrund des Dopplereffekts sind auch bei hochauflösenden Spektrographen so extrem gering, daß sie nur in Differenz zu einem Vergleichsspektrum zu ermitteln sind. klassische Vergleichsspektren (z.B. über Funkenentladungen) sind nicht geeignet Deshalb „Aufprägen“ scharfer Linien auf das Sternspektrum selbst Das Sternlicht wird noch vor dem Spektrographenspalt durch eine Gas-Absorptionszelle geführt, wodurch sehr scharfe (das Laborsystem charakterisierende) Absorptionslinien dem Sternspektrum aufgeprägt werden. Jod / Wasserstoff-Fluorid Die Messung der Linienverschiebung erfolgt dann relativ zu den Vergleichslinien Mit dieser Methode hat man mit einer Geschwindigkeitsauflösung von ~ 2 m/s fast die theoretische Grenze von 1 m/s erreicht. Darunter werden Bewegungseffekte durch Effekte, die vom Stern selbst stammen (Vibrationen, Pulsationen, lokale Eruptionen, Sternflecken) zu stark überlagert. Ziel der Messungen: RADIALGESCHWINDIGKEITSKURVE Was kann man aus einer Radialgeschwindigkeitskurve erfahren? Annahme: Nur ein zusätzliches Objekt im System • Umlaufszeit: = Periodendauer der Radialgeschwindigkeitskurve • Minimalmasse des Exoplaneten: = weil Bahnneigung i unbestimmt ist (*) • Relative Entfernungsverhältnisse • Exzentrizität der projizierten Bahn (*) bei bekannter Sternmasse Wenn mehrere Objekte im beobachteten System vorhanden sind, dann wird die Radialgeschwindigkeitskurve immer komplizierter ... Herausforderungen und Grenzen der Radialgeschwindigkeitsmethode • Natürliche Untergrenze für die Radialgeschwindigkeitsmessungen von ~ 1 m/s • Stern muß ausreichend hell sein (Signal-Rauschverhältnis) • Stern muß eine Vielzahl scharfer Absorptionslinien besitzen (Spektraltyp G) • Periode sollte möglichst kurz sein (Tage bis Wochen) Insgesamt sind bis heute (2.11.2011) 644 Exoplaneten mit dieser Methode entdeckt worden. 1995 – Die Entdeckung von 51 Pegasi b Didier Queloz und Michel Mayor 1.93 m Teleskop des Haute Provence Observatoriums Bellerophon Mutterstern: Spektraltyp: Masse: Scheinb. Helligkeit: Entfernung: G4V 1.06 MS 5.49 50.9 Lj Exoplanet: Entfernung zum Stern: 0.05 AU Umlaufszeit: 4.23 d Minimalmasse: 0.47 MJ Obschon 51 Pegasi b der erste bekannte extrasolare Planet ist, sind keine Detaildaten über ihn vorhanden. Es gibt zahlreiche Spekulationen über den Planeten, jedoch keine Thesen, die durch Fakten belegt sind. Die gängigste Meinung ist bislang, daß es sich um einen jupiterähnlichen Gasriesen handelt, der durch seine Nähe zum Zentralgestirn extrem starker Strahlung und Gezeitenkräften ausgesetzt ist. Auswahleffekte... Mit der Radialgeschwindigkeitsmethode lassen sich nur bestimmte Klassen von Exoplaneten detektieren, welche a) eine möglichst große Masse haben („jupiters“) b) möglichst auf nahen Bahnen um ihren Mutterstern kreisen c) deren Bahnneigung zur Sichtlinie möglichst groß ist („Kantenstellung“) Erdähnliche Planeten liegen i.A. weit außerhalb der Entdeckungsmöglichkeiten. Auch relativ massereiche Planeten, die sich weit entfernt um den Mutterstern bewegen (ähnlich Jupiter und Saturn in unserem Sonnensystem), sind kaum oder nur schwer zu detektieren. Stichwort: Entdeckungswahrscheinlichkeit Nächstes Mal: Transitmethode