LGG / Ev.Religion / Einheit: Hinduismus / Klasse 9 [Kd] / Herbst 2011 Die hinduistische Lehre von Karma und Wiedergeburt ... die Seele wandert von Körper zu Körper und kann (!) Befreiung erlangen ... (1) zentrale Begriffe / Definitionen und Umschreibungen K arma wörtl.: "T at" / "W erk" // die Summe aller T aten / das nachwirkende T un Samsara wörtl.: "W anderung" / "U mherirren" // Kreislauf von G eburt, Leben, T od u. W iedergeburt M oksha Erlösung vom K reislauf der W iedergeburt. Die unsterbliche Seele des Menschen (atman) gelangt zu einer Einheit mit Gott (brahma). (2) Sachtext D ie folgende Ü berzeugung verbindet alle hinduistischen Richtungen m iteinander: D er G eist kann weder geboren So wie der Töpfer seinen Lehm w e r d e n , n o c h d e r Z e r stö r u n g a n h e i m f a l l e n . D a m i t Zu mannigfacher Form gestaltet, verbunden ist die Lehre vom K arma und der G laube an So schaffst du heute das Geschick, 5 d ie S e e len w a n d e ru n g . K a r m a h e iß t d ie S um m e d e r Das sich in Zukunft erst entfaltet. T a te n, d ie einen M enschen k ennzeichnen. D er H indu (aus einem hinduistischem Gedicht). glaubt nicht, dass vergangene T aten vergessen sind: ein M ensch ist letztlich alles das, was er in seinem Leben lebt. »W ie einer handelt, wie einer wandelt, ein solcher 10 wird er. W er gut handelt, der wird etwas G utes, wer böse handelt, etwas B ö ses.« D ie G esamtheit der menschlichen H andlungen, einerlei, ob aus G edanken, W orten oder W erken, erzeugen eine Art Energie, die der T od nicht auslöscht. D as K arma eines M enschen kann positiv sein, reich und aufbauend, aber auch negativ, zerstörerisch und böse. 15 20 25 W eil die Seele des M enschen als unsterblich gilt und nach jedem körperlichen T od in den Kreislauf des Lebens neu einbezogen wird, entscheidet das K arma über das Schicksal dieser W iedergeburt. Sam sara (»U mherirren«) heißt dieses G esetz der stets neuen W iedergeburt. W er ein böses K arma entwickelt hat, wird auf einer nied rigeren Stufe wiedergeboren; umgekehrt führt ein gutes K arma zu einer gehobenen W iedergeburt. D och auch das ist no ch nicht E rlö su n g ; d ie S e e le b le ib t d e m G e se tz d e s samsara verhaftet und durchwandert immer neu den K reislauf der W iedergeburten. Erlö sung [m oksha] hiervon gibt es nur, wenn das Selbst des M enschen (atman) sich als eins mit brahm a erkennt. Und damit ist der M ensch vom K reislauf der W iedergeburten befreit: in d e r E in h eit m it d e m letzth in E ine n. W ie e in Stro m nic ht v e r lo r en g e ht, a b e r r e stlo s v o m M e e r a u fg e n o m m e n w ir d (L Text 4: Das bist du), so wird die in ihrer tiefsten Natur göttliche Seele von der Gottheit aufgenommen. Q.: H. HALBFAS , Religionsbuch 8, Düsseldorf [Patmos] 1990, 170f. // Abbildung: Kursbuch Religion 3 (2007), 202 (3) Diskussion / Anschlussfragen W ie erlangt man die Erlösung (m oksha): (a) durch H andlungen (= G ebete, O pfer, P ilgerfahrten) / (b) durch Erkenntnis (= Studium der heiligen Schriften [L V eda]) / (c) durch H ingabe (bhakti) und G ottesliebe. [Aber i]m einzelnen gehen die Ansichten der T heologen darüber auseinander, ob und in welchem M aße der M ensch an seinem Erlösungsprozess mitwirken kann. G leich den christlichen V ertretern des Synergismus lehren die sogenannten Affenschulen, dass der M ensch an der Erlösung tätig mitarbeiten muss; nur wenn er sich an G ott klammert wie ein Äffchen, das den Hals seiner M utter umschlingt, darf er hoffen, von ihm gerettet zu werden. D ie Katzenschulen behaupten demgegenüber den M onergismus G ottes: So wie eine junge K atze, ohne selbst etwas zu tun, von ihrer M utter von einem gefahrvollen O rt entfernt wird, indem diese sie im M aul fortträgt, so kann der Fromme sich das H eil nicht durch Liebe und V erehrung Gottes verdienen, sondern ist ganz und gar von der Gnade G ottes abhängig. Q.: Leseheft Ethik / Hinduismus, Stuttgart [Klett] 1996, 43. (4) Weisheitstext aus den Upanishaden (Q.: Halbfas, Lehrerhandbuch 8, 172) Das bist du »Svetaketu«, sagte der Vater, »begib dich als Veda-Schüler zu einem Lehrer. Denn, mein Lieber, in unserer Fam ilie ist es nicht üblich, dass man, ohne den Veda gelernt zu haben, nur dem Namen nach ein Brahm ane ist.« D a nahm er denn, zwölf Jahre alt, die Schülerweihe. Und nachdem er m it vierundzwanzig Jahren alle V edas auswendig gelernt hatte, kam er nach H ause — hochm ütig, aufgeblasen und sich für einen G elehrten haltend. Da sprach zu ihm sein Vater: »Da du nun, mein lieber Svetaketu, so hochm ütig und aufgeblasen bist, dich für einen G elehrten hältst, sage m ir, hast du denn auch jene Lehre erfragt, durch welche das U ngehörte zu G ehörtem , das U ngedachte zu G edachtem , das U nerkannte zu Erkanntem wird?« »Ehrw ürdiger, wie lautet denn diese Lehre?« »H ole m ir dort von dem Feigenbaum e eine Frucht.« »H ier ist sie, Ehrwürdiger.« »W as siehst du darin?« »Ich sehe hier ganz kleine Kerne.« »Spalte einen von ihnen.« »Er ist gespalten, Ehrwürdiger.« »W as siehst du darin?« »G ar nichts, Ehrwürdiger.« D a sprach der Vater: »D ie Feinheit, die du nicht wahrnim m st, aus dieser Feinheit ist der große Feigenbaum entstanden. Aus dieser Feinheit besteht das Weltall, das ist das Reale, das ist der Atman, das bist du, Svetaketu!« - »N och weiter!« »H ier dieses Stück Salz lege ins W asser und kom m e m orgen wieder zu m ir.« Er tat es. D a sprach der Vater: »Bringe m ir das Salz, das du gestern abend in das W asser gelegt hast.« D er Sohn tastete danach und fand es nicht, denn es war ganz vergangen. »Koste von dem W asser! W ie schm eckt es?« »Salzig.« Da sprach der Vater: »Fürwahr, so nim m st du auch das Seiende hier im Leibe nicht wahr, aber es ist dennoch darin.« (5) Abbildungen