Canine nicht-staphylokokkenbedingte Pyodermien 1. Einleitung Eine Pyodermie ist eine purulente Erkrankung der Haut mit oder ohne Beteiligung der Haarfollikel. Der Begriff wird oft eingeschränkt auf eine bakterielle Infektion benutzt. Eine Infektion mit Staphylococcus intermedius ist die häufigste Ursache. Daneben werden seltener andere Erreger gefunden. Beispiele sind Streptokokken, Mykobakterien, Actinomyces spp. und Nokardien. Neben den erregerbedingten Pyodermien gibt es pustulöse Erkrankungen mit Beteiligung neutrophiler Granulozyten, die nicht primär bakteriell bedingt sind. Diese Erkrankungen differentialdiagnostisch abzuklären ist vor allem therapeutisch von Bedeutung. Einige Erkrankungen dieser heterogenen Gruppe sollen hier aufgeführt werden, die Pathogenese ist oft unbekannt. 2. Mukokutane Pyodermie Es handelt sich um eine Erkrankung die gehäuft bei Deutschen Schäferhunden festgestellt wird. Zuerst zeigt sich eine symmetrische Schwellung und Erythem der Lippen. Später kommen Krusten, Fissuren und Erosionen hinzu, in chronischen Fällen auch Depigmentierung. Andere mukokutane Übergänge können ebenfalls betroffen sein. Histopathologisch zeigen sich Pusteln und Krusten, in der oberflächlichen Dermis eine eher mononukleäre und lichenoide Dermatitis wie bei Autoimmunerkrankungen. Trotz der wahrscheinlich nicht bakteriellen Genese wird eine Antibiose empfohlen, nach Absetzen können Rezidive auftreten. 3. Canine juvenile Zellulitis Diese Erkrankung wird auch Welpenpyodermie genannt. Meistens sind Tiere zwischen 3 Wochen und 4 Monaten betroffen, Rassehunde häufiger als Mischlinge. Besonders Golden Retriever, Dackel und Gordon Setter werden genannt. Die Ätiologie ist unbekannt, bakterielle Kulturen verlaufen negativ. Die Erkrankung beginnt mit einer akuten Schwellung des Gesichtes, dann kommen Pusteln mit Krusten und tiefe fistelnden Veränderungen hinzu, gelegentlich auch Otitis. Gleichzeitig tritt eine schwere submandibuläre Lymphadenopathie auf (daher im Englischen: „puppy strangles“). Es kann zu Lethargie, Anorexie, Fieber und auch Gelenkschmerzen kommen. Die Therapie der Wahl sind Glukokortikoide über 10-14 Tage. 4. Follikulitis und Furunkulose der Schnauze Die Ätiologie dieser eher bei kurzhaarige Rassen auftretende Erkrankung (früher: canine Akne) ist unbekannt. Bakterielle Infektionen sind sekundär. Aus primären Papeln entwickelt sich eine purulente Follikulitis/Furunkulose. Frühe Veränderungen können lokal gereinigt werden, bei einer Furunkulose ist eine Antibiose nötig. 5. Pyotraumatische Dermatitis („hot spots“) Diese Dermatitis wird durch Selbsttraumatisierung hervorgerufen. Eine Reaktion auf eine Flohbissüberempfindlichkeit ist die häufigste Ursache, aber auch andere allergische und nicht allergische Irritationen sind möglich. Trotz oberflächlicher bakterieller Besiedlung handelt es sich nicht um eine primäre Infektion. In den meisten Fällen sind therapeutisch Glukokortikoide nötig. LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 4/2002 Seite 1 Prinzregentenstr.3 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 0971/72020 • Fax: 0971/68546 • www.laboklin.de 6. Sterile interdigitale Pododermatitis Es treten sterile Pyogranulome an den Pfoten bei kurzhaarigen Rassen auf, die Ursache bleibt oft unbekannt, bakterielle Infektionen sind sekundär. Glukokortikoide sind die Therapie der Wahl, häufig ist eine alternierende, niedrig dosierte Dauertherapie nötig. Antibiose kann bei sekundären Infektionen erforderlich werden. 7. Sterile noduläre Pannikulitis Die knotigen Veränderungen des Fettgewebes treten meistens am Rumpf auf. Als Entzündungszellen werden neutrophile Granulozyten und schaumige Makrophagen nachgewiesen. Erreger wurden nicht festgestellt, die Ursache ist unbekannt. Es besteht gutes Ansprechen auf eine mehrwöchige Therapie mit Glukokortikoiden. 8. Pemphigus foliaceus Diese Autoimmunerkrankung führt zu subkornealen Pusteln mit Ablösung der Verbindung zwischen den Keratinozyten. Diese sind dann histologisch als „Akanthozyten“ (= akantholytische Keratinozyten) nachweisbar. Vor allem die Haut am Kopf (Nase, Lippen, Augen, Ohren) ist betroffen, auch Pfoten und Leistengegend, selten jedoch mukokutane Übergänge. Die Pusteln konfluieren und führen zu Erythemen, Krusten und haarlosen Stellen. Glukokortikoide führen meist zur Rückbildung der Veränderungen, wegen der Nebenwirkungen wird später eine Minimierung der Dosierung oder Verwendung anderer immunsupprimierende Medikamente angestrebt. 9. Pemphigus erythematosus Dies ist die milde Verlaufsform des Pemphigus foliaceus, beschränkt auf Gesicht und Ohren. Zusätzlich zur Pustelbildung wird histologisch oft eine lichenoide lympho-histiozytäre Entzündung des dermo-epidermalen Überganges festgestellt („Interface-Dermatitis“) und der ANA-Test kann positiv verlaufen. 10. Eosinophile Follikulitis und Furunkulose des Gesichtes Diese in der Regel selbstlimitierende Entzündung mit hochgradiger Eosinophilie tritt besonders an der Schnauze, Nase und periokulär auf. Der zunächst angenommene Bezug zu Insekten- /Spinnenbissen lässt sich nicht regelmäßig nachweisen. Eine Bluteosinophilie ist möglich. Prednisolon über 10-14 Tage ist kurativ. 11. Sterile eosinophile Pustulose Es handelt sich um eine eosinophile, pustulöse Entzündung mit Follikulitis und Furunkulose besonders am Rumpf. Erreger sind nicht beteiligt, die Pathogenese ist unbekannt. Eine periphere Eosinophilie liegt meistens vor. Glukokortikoide über 5-10 Tage führen in der Regel zur Ausheilung. 12. Akrale Leckdermatitis Als Ursachen werden unter anderem Überempfindlichkeitsreaktionen, Trauma und Verhaltensanomalien genannt. Bakterielle Infektionen können durch das Lecken be- Die Prognose hängt von einem rechtzeitigen und massiven klinischen Management ab. günstigt und/oder durch zugrundeliegende Primärprobleme verstärkt werden. LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 4/2002 Seite 2 Prinzregentenstr.3 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 0971/72020 • Fax: 0971/68546 • www.laboklin.de