Das Brachycephale Syndrom "Molly", der Mops unseres Chef's Was ist ein Brachycephales Syndrom? Das Wort Brachycephalie stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie: kurzer Kopf oder kurzer Schädel. Unter Syndrom versteht man das gleichzeitige Auftreten verschiedener Krankheitsmerkmale oder Beschwerden, die zusammengenommen dann ein Krankheitsbild bestimmen. Das Problem ist, dass der kurze Schädelbau ( „der Kopf wirkt gestaucht“) mit anatomischen Veränderungen an der Nase, am Maul und an der Luftröhre einhergeht. Das ist dann die Ursache von teils massiven Atemproblemen, die besonders bei körperlichen Belastungen zunehmen oder sogar einfache körperliche Belastungen wegen der Atemnot gar nicht mehr möglich machen.Die Atemprobleme treten hier bei der Einatmung auf und verursachen dadurch die typischen Atemgeräusche. Ist mein Hund oder meine Katze betroffen? Wenn eine Brachycephalie besteht, können in Abhängigkeit vom Ausmaß der Schädelverkürzung auch krankhafte Veränderungen der oberen Atemwege bestehen. Sie sind jedoch nicht zwingend vorhanden. Die Brachycephalie mit Brachycephalem Syndrom betrifft vorzugsweise bestimmte Rassen. Hunderassen, die typischerweise eine Brachycephalie haben und am häufigsten ein Krankheitssyndrom aufweisen, sind die folgenden Rassen wie Englische Bulldogen und Französiche Bulldogen, Möpse, Boston Terrier Überproportional häufig betroffen sind auch Kavalier King Charles, Shih-Tzusund Pekinesen Deutlich seltener findet man das Syndrom bei Yorkshire Terriern Boxern Chihuahuas Maltesern teils bei Miniatur Pinschern Wie entsteht eine Brachycephalie? Bei brachycephalen Hunden und Katzen kommt es genetisch bedingt in der Entwicklungsphase zu einer frühzeitigen Verknöcherung des Knorpels an der Schädelbasis. Daraus resultiert ein verkürztes Längenwachstum des Schädels mit der charakteristischen Kopfform . Von der Verkürzung sind auch die oberen Atemwege betroffen. Damit verändern sich die funktionellen Eigenschaften der Atemwege und der Atmung. Es kommt letztlich zu einer Behinderung der Luftströmung. Computertomografische Aufnahme vom normalen knöchernen Schädel eines Hundes mit langem Gesichtsschädel. (Originalbild aus der eigenen Tierklinik) Computertomografische Aufnahme vom knöchernen Schädel eines brachiocephalen Hundes mit stark verkürztem Gesichtsschädel. (Originalbild aus der eigenen Tierklinik) Primäre Ursachen des Brachycephalen Syndroms sind angeborene Veränderungen: verengte Nasenlöcher, ein zu langes Gaumensegel, hypoplastische Luftröhre, veränderte Anatomie der Nasenmuscheln, vergrößerte Zunge, überflüssige Schleimhaut im Pharynx (Rachen). Sekundäre Ursachen ( als Folgeerscheinungen der primären Veränderungen) sind: Ausstülpungen der Stimmtaschen, ein Kollaps des Kehlkopfes bei der Einatmung, vergrößerte Mandeln und Schleimhauthyperplasie (Schleimhautverdickungen). Welche negativen Folgen entstehen durch die veränderten Atemwege? Alle Veränderungen, die mit einer Verengung der Atemwege – im Falle der Brachycephalie handelt es sich um Veränderungen der oberen ! Atemwege – können eine Störung der Atmung auslösen. Es handelt sich daher um ein komplexes Krankheitsgeschehen, weil sich die Verengungen auf verschiedenen Ebenen des Atemweges zwischen Nase und Luftröhre befinden können und somit auch unterschiedliche Symptome auslösen können. Betroffene Tiere müssen bei der Einatmung eine höhere Kraftanstrengung aufbringen, um die Verengung zu überwinden. Sie müssen also einen wesentlich höheren Widerstand bei der Atmung überwinden, um Luft zu bekommen. Dadurch entsteht ein „negativer Druck“ in den tiefer liegenden Bereichen der Atemwege wie im Kehlkopf oder in der Luftröhre. Es kommt zur Verengung oder sogar vollständigem Kollaps der tiefer liegenden Strukturen. Bei vollständigem Kollaps kann der Widerstand auch unter maximaler Anstrengung nicht mehr überwunden werden. Dann kommt es zu einem kurzfristigen Atemstillstand und zu wiederholten akuten Zuständen mit Sauerstoffabfall oder chronischem Sauerstoffmangel. Auch die anatomischen Strukturen leiden unter den Folgen der Instabilität der Atemwege. Sie werden schlaffer, können dem negativen Druck keinen Widerstand mehr leisten und verstärken so noch die Verengung der Wege für die Atemluft. Durch den negativen Druck im Brustkorb kann es auch zu einer Lageveränderung des Zwerchfells kommen. Die Folge davon ist ein vermehrter Zug auf den Mageneingang. Brachycephale Hunde leiden deshalb häufig an einer Magen-Darm Problematik. In Studien konnte gezeigt werden, dass nach einer Chirurgischen Intervention der Luftwege bei vielen dieser Hunde solche Symptome verschwinden. Die langfristigen Auswirkungen sind jedoch fatal. Die Tiere leiden unter sehr starker Atemnot und sind wegen der Atemnot nicht mehr belastbar. Sie erzeugen bei jeder Atmung röchelnde Geräusche, fressen weniger und nehmen an Gewicht ab. Unbehandelt kommt es nicht zuletzt wegen des Sauerstoffmangels zu einer schweren Überbelastung des rechten Herzens und letztlich zu einer nicht beherrschbaren Einschränkung der Pumpleistung des Herzens mit Todesfolge. Wie wird die klinische Diagnose gestellt? Bei Patienten mit Brachycephalie findet man schon bei der einfachen Sichtuntersuchung neben der typisch kurzen Schädelform fast regelhaft zu enge Nasenlöcher, ein zu langes Gaumensegel und ausgestülpte Stimmtaschen. Für eine exakte Diagnose sind jedoch neben der Allgemeinuntersuchung eine Röntgenaufnahme des Thorax, die Untersuchung des Mauls und des Rachens unter medikamentöser Ruhigstellung (Sedierung) und gegebenenfalls eine Computertomographie des Schädels wie oben gezeigt notwendig. Typische klinische Symptome eines Brachycephalen Syndroms sind o o o o o o o o o o starkes Schnarchen: sehr häufig. erschwerte Einatmung: fast immer. röchelnde Atemgeräusche bei der Einatmung: sehr häufig, verminderte Belastungstoleranz: meist schon frühzeitig, immer aber bei länger bestehenden Syndrom. Blaufärbung der Schleimhäute (Zyanose): im fortgeschrittenen Stadium. Sauerstoffmangel im Blut. erhöhte Körpertemperatur als Ausdruck der Krankheit und des erhöhten Energieumsatzes für die erschwerte Atmung und verminderte Kühlungsmöglichkeit ( eine normale Nase funktioniert ähnlich wie ein Kühlschrank als Wärmetauscher) Im fortgeschrittenen Stadium: wiederkehrende Kollapsneigung durch Sauerstoffmangel und als Zeichen der bedrohlichen und fortgeschrittenen Herzund Kreislaufüberlastung. Verminderte Nahrungsaufnahme und Gewichtsabnahme Zeichen einer Herzschwäche mit Rhythmusstörungen. Die einfachen klinischen Zeichen können im Anfangsstadium auch schon vom Tierbesitzer selbst beobachtet und angegeben werden. Sie sind daher wichtige FrühSymptome, die unbedingt Anlass für weitere Untersuchungen sein sollten. Meistens werden die Hunde im Alter von ca. 3 Jahren wegen Beschwerden zur Untersuchung vorgestellt. Beschwerden können aber auch schon bei jüngeren Tieren oder deutlich älteren Tieren erstmalig in Erscheinung treten. Eine Computertomografie des Kopfes führt rasch und sicher zur richtigen Diagnose und bestimmt dann die weitere Therapie. Normale Nasenmuscheln Normales Gaumensegel Transversales Computertomografisches Bild eines Hundes mit normaler Kopfform. Die Atemwege sind offen. Die Nasenmuscheln und das Gaumensegel sind nicht verdickt. Anatomische Behinderungen der Atmung sind nicht erkennbar. Veränderte Nasenmuscheln Hyperpastisches Gaumensegel Transversales Computertomografisches Bild eines Hundes mit Brachycephalie. Dargestellt sind die Verengungen durch die Nasenmuscheln und durch die Verdickung des Gaumensegels. Beides hat eine Atembehinderung zu Folge. Bei der Einatmung muss mehr Kraft aufgewendet werden, um den hohen Widerstand zu überwinden. Wie ist die Prognose? Die Lebenserwartung eines unbehandelten brachycephalen Syndroms ist extrem schlecht. Die Tiere leiden sehr und sterben frühzeitig an den Folgen. Eine wirksame medikamentöse Therapie gibt es nicht ! Die medikamentöse Therapie beschränkt sich auf Notfallmaßnahmen wie Zuführung von Sauerstoff, Infusionstherapie und Kühlung des Patienten bei Überhitzung. Die medikamentöse Behandlung von Symptomen ist eine zeitlich begrenzte Maßnahme. Allgemeine Regeln, die beachtet werden sollten: Angst lösende, entzündungshemmende und abschwellende Medikamente sind durchaus zu empfehlen. Bei Übergewicht muss eine Gewichtsreduktion angestrebt werden Unnötige Anstrengungen sind zu vermeiden, ebenso Exposition mit Hitze Die Spaziergänge sollten nur während der kühleren Stunden des Tages stattfinden. Ebenso sollte von eine Halsband abgesehen werden und bei Bedarf ein Brustgeschirr verwendet werden. Allein die chirurgische Therapie hat eine gute Erfolgsquote. Unter Beachtung der möglichen Komplikationen haben 80 % bis 90 % der Patienten eine gutes bis sehr gutes Langzeitergebnis. Eine fortgeschrittene Instabilität des Kehlkopfes mit Kollapsneigung bei der Einatmung verschlechtert jedoch die Prognose eines langfristig guten Erfolgs. Was bewirkt eine effektive chirurgische Therapie beim brachycephalen Syndrom? Die Therapie des Brachycephalen Syndroms ist eine absolute Domäne der Chirurgie. Damit können die meisten anatomischen Veränderungen der Brachycephalie korrigiert werden, die Krankheitssymptome verbessert und langfristig gelöst werden. Nach erfolgreicher chirurgischer Therapie ist die Prognose des brachycephalen Syndroms uneingeschränkt gut. Voraussetzung ist aber, dass die Erkrankung früh diagnostiziert wird, relevante Folgeschäden noch nicht aufgetreten sind und die chirurgische Korrektur rechtzeitig erfolgen kann. Was wird operiert? Zu kleine Nasenlöcher sind in bis zu 80% die Hauptursache der Atmungsstörung. Deshalb sollte hier zu allererst eine Vergrößerung der Nasenöffnung durchgeführt werden. Ein verlängertes Gaumensegel lässt sich anatomisch sehr einfach feststellen. Das Gaumensegel sollte nicht über den unteren Rand der Mandeln ragen. Es ist zu beachten, dass während der Untersuchung nicht an der Zunge gezogen wird, weil das die natürliche Anatomie verändert. Die Vergrößerten Stimmtaschen lassen sich bei der Beurteilung des Kehlkopfes darstellen, sie befinden sich am Eingang der Luftröhre und blasen sich wie kleine Luftballons auf. Damit verlegen sie im schlimmsten Fall die gesamte Luftröhre. Eine angeborene Unterentwicklung der Luftröhre. Grund für die Atembehinderung ist das verengte Lumen ( Weite) der Luftröhre. Die Unterentwicklung kann mit Hilfe der Röntgenaufnahmen diagnostiziert werden. Dabei wird der Eingang des Thorax in das Verhältnis zum Durchmesser der Luftröhre geprüft. Nicht brachycephale Rassen haben ein Verhältnis von 0,2+/0,03. brachycephale nicht Bulldog- Rassen 0,16+/-0,03, Bulldoggen haben ein Verhältnisse von 0,14+/-0,38 Die veränderten Nasenmuscheln. Dabei handelt es sich um ein im Verhältnis zur Nasenhöhle zu starkes Wachstum der Nasenmuscheln. Die Nasenmuscheln können sowohl zu weit nach vorne als auch zu weit nach hinten in Richtung Kehlkopf gewachsen sein . Auch sind die Lamellen der Nasenmuscheln bei brachycephalen Hunden deutlich dicker ausgebildet als bei normalen Hunden. Die Folge ist ebenfalls eine Behinderung des Luftstroms in der Nase. Der Kollaps des Kehlkopfes. Er ist die extremste Folge eines chronisch erhöhten Atemwiderstandes. In vielen Fällen gelingt es durch chirurgische Maßnahmen jedoch, eine Verbesserung des Kehlkopfkollapses zu erreichen und die Atemnot zu verbessern. Sollte es sich aber um eine stark fortgeschrittene Instabilität (Grad 3) von einem Kehlkopfkollaps handeln, bleibt als einziger Weg nur noch die Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) zur Behebung der Atemnot. Wissenswertes für die Untersuchungen und für die Operation Unsere Empfehlung für eine optimale Diagnose des brachycephalen Syndroms: • • • • Klinische Inspektion der Nasenlöcher Röntgen des Thorax in 2 Ebenen Endoskopie des Kehlkopfes und der Luftröhre Computertomographie des Kopfes und der Nase Diese Untersuchungen werden unter Sedierung durchgeführt und werden von uns als Untersuchungspaket angeboten. Die chirurgische Therapie sollte spätestens dann angestrebt werden, wenn ein medikamentöser Therapieversuch versagt hat. Voraussetzung für eine aussagefähige Diagnostik ist, dass die Untersuchung unter Sedierung des Tieres vorgenommen wird. Dafür wird das Tier intubiert. Bei diesem Vorgehen kann sich an die Untersuchung eventuell sofort die chirurgische Therapie anschließen. Patienten mit einem brachycephalen Syndrom haben ein erhöhtes Narkoserisiko. Auch aus diesem Grund planen wir die Operationen dieser Patienten immer am Anfang eines Arbeitstages. Wir führen dem Patienten vor Beginn der Operation Sauerstoff in erhöhter Konzentration zu. Die chirurgische Therapie umfasst folgende Möglichkeiten, wobei der Eingriff in der Regel in mehreren Schritten durchgeführt wird: • Vergrößerung der Nasenlöcher • Kürzung des Gaumensegels ( hier stehen uns 2 verschiedene Op Techniken zur Verfügung) entweder ein reines Kürzen des Gaumensegels oder bei Bedarf ein zusätzliches Ausdünnen des Gaumensegels • Entfernung der ausgestülpten Stimmtaschen • Entfernung der Tonsillen mit Hilfe der Laserchirurgie • Entfernung der veränderten Nasenmuscheln mit Hilfe der Laserchirurgie Kürzung des Gaumensegels Zu große Mandel Zu langes Gaumensegel Beginn der Luftröre Blick in das Maul eines Mopses vor dem Kürzen des Gaumensegels Auf die korrekte Länge gekürztes Gaumensegel Jetzt sichtbarer Kehlkopf Größerer Einlass in die Luftröhre Blick in das Maul eines Mopses nach dem Kürzen des Gaumensegels Vergrößerung der Nasenlöcher Vergrößerung der Nasenlöcher: Links vor der Operation, rechts nach der Operation Entfernen der Stimmtaschen Vergrösserte Stimmtaschen Entfernen der Stimmtaschen: Links vor der Operation, rechts nach der Operation Nach dem chirurgischen Eingriff ist eine intensivmedizinische und individuelle Betreuung notwendig. Hierbei führen wir den Patienten konzentrierten Sauerstoff und Flüssigkeit zu. Ständig werden Temperatur, Atmung, Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentration im Blut bestimmt und das EKG überwacht. Das Ziel aller Maßnahmen ist aber immer, den Hund so schnell wie möglich wieder in seine gewohnte Umgebung zu entlassen, um zu viel schädlichen Stress für das Tier zu vermeiden. Mops Molly mit Kumpel Kalle zu Hause