Obstruktive_Schlafstoerungen_Dr.Sorichter - IZZ-ON

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12. IZZ-presseforum, 21. Juli 2006, Freiburg
Z a h n m e d i z i n
i n
T h e o r i e
u n d
P r a x i s
Universitätsklinik für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde Freiburg
1.

Schlafbezogene Atmungsstörungen im Fokus der zahnärztlichen
und ärztlichen Schlafmedizin
Obstruktive Schlafatmungsstörungen
(Es gilt das gesprochene Wort)
von Professor Dr. Stephan Sorichter, Leitender
Oberarzt der Abteilung Innere Medizin V Pneumologie, Medizinische Universitätsklinik
2
Schnarchen bei Kindern und Erwachsenen stellt in den meisten Fällen
keine Gefahr für die Gesundheit sondern höchstens für die Umwelt eine
unangenehme Belästigung dar. Unregelmäßiges und dabei lautes
Schnarchen kann aber ein erster Hinweis auf eine ernsthafte Erkrankung
der so genannten obstruktiven Schlafapnoe sein. Diese, bei ca. 5% der
Bevölkerung auftretende Erkrankung (entspricht ~ 4 Millionen Patienten in
Deutschland) wurde früher selbst in den Schulmedizinerkreisen nicht immer
ernst genommen. Heute weiß man um die Bedeutung der potentiell
lebensbedrohlichen Erkrankung, die oft die Ursache für eine Vielzahl von
Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck oder Schlaganfall ist. Ursächlich für
die obstruktive Schlafapnoe ist die Entspannung und Erschlaffung der
Muskeln des weichen Gaumens, der sich zwischen Zungenansatz und
Gaumenzäpfchen befindet, im Schlaf. Werden die Atemwege eingeengt,
oder im Extremfall sogar verschlossen, wird ein freier Luftfluss verhindert
was einem Atemstillstand gleichkommt. Verstärkt wird dieses durch
vorbestehende Engen im Mundrachenraum wie vergrößerte Mandeln und
am Eingang der Atemwege befindliches Fett- und Bindegewebe,
ungewöhnlich kleine Kiefer oder große Zungen. Dauert dieser Stillstand
länger als 10 Sekunden, spricht man von einer Apnoe, auf die der Körper
mit verstärkten Atembemühungen reagiert. Als Folge hiervon kommt es zu
kurzen Weckreaktionen mit Anstieg der Muskelspannung. Hierdurch
werden die Atemwege wieder geöffnet, akustisch wahrnehmbar am
meist lautem Schnarchen. Diese kurzen, vom Betroffenen nicht
wahrgenommenen Weckreaktionen unterbinden einen normalen
Schlafrhythmus und damit die geistige Erholung. Da ebenso bei jedem
Atemstillstand der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt, muss das Herz verstärkt
arbeiten, um den Sauerstoffbedarf im Körper zu decken. Folge hiervon
sind: erhöhter Blutdruck und Herzrhythmusstörungen. Die obstruktive
Schlafapnoe tritt besonders häufig bei übergewichtigen Männern auf,
und wird z.B. durch Alkohol oder Schlaftabletten verstärkt. Folge des
gestörten Nachtschlafes mit dem nicht erholsamen Schlaf und meist
morgendlichen Kopfschmerzen ist eine zunehmende Tagesschläfrigkeit mit
Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Zerstreutheit, Angstzuständen bis
hin zu Depressionen. Die verstärkte Einschlafneigung bei monotonen
Situationen (Fernsehen, Lesen, Besprechungen, Autofahren) kann zu
gravierenden Belastungen im Privat- und Berufsleben führen. Insbesondere
im Straßenverkehr unterliegen Schlafapnoeiker auch erhöhten Unfall- und
Verletzungsrisiken, da sie jederzeit beim Autofahren (Sekundenschlaf)
einschlafen können. Schlafapnoe kann bei Kindern mit Übergewicht
und/oder bei vergrößerten Mandeln bzw. Polypen auftreten.
Schnarchende Kinder, die unruhig schlafen, oft Nachtschweiss haben und
tagsüber unausgeglichen sind und Schwierigkeiten haben sich zu
konzentrieren, sollten einem Arzt vorgestellt werden. Diese Kinder können
sowohl als „hyperaktiv und überdreht“ als auch als „träge und
schwerfällig“ auffallen.
Bei Verdacht auf ein obstruktives Schlafapnoesyndrom kann der Arzt
durch
Aufzeichnung
z.B.
der
Sauerstoffsättigung
und
der
Atembewegungen die Diagnose stellen. Dieses geschieht zunächst
orientierend zu Hause, bei Bestätigung des Verdachtes erfolgen die
genaue
Diagnosestellung
mittels
Polysomnographie
sowie
die
Therapieeinleitung in einem Schlaflabor. In der Behandlung der
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3
Schlafapnoe
kommen
allgemeine
Maßnahmen
und
spezielle
Therapieverfahren zur Anwendung. Die Erlangung des Normalgewichts
spielt bei der Schlafapnoe oft eine wichtige Rolle, ebenso sollte möglichst
das Schlafen auf dem Rücken vermieden werden. Zusätzlich gilt ein
Alkoholverbot mindestens 2 Stunden vor dem Schlafengehen, da Alkohol
die Atmungsaktivität dämmt und somit die Wahrscheinlichkeit und
Häufigkeit von Apnoen erhöht (Alkohol kann daher bei Personen Apnoen
auslösen, die sonst lediglich schnarchen würden). In den allermeisten
Fällen reichen diese allgemeinen Maßnahmen jedoch nicht aus,
weswegen spezielle Therapieverfahren erforderlich werden. Goldstandard
ist hier die Freihaltung der Atemwege durch eine besondere
Beatmungsform: der kontinuierlichen positiven Überdruckbeatmung
(CPAP-Therapie, continuous positive airway pressure). Dabei wird über
eine individuell angepasste Nasenmaske ein kontinuierlicher positiver
Druck den Atemwegen zugeführt wird. Durch den Beatmungsdruck
werden die Atemwege offen gehalten, so dass sich Schlaf und Atmung
wieder normalisieren können. Die Beatmung mit dem CPAP-Gerät ist eine
physikalische Maßnahme und muss daher jede Nacht eingesetzt werden.
Wird die Therapie konsequent benützt, steigt die Lebensqualität der
behandelten Patienten an, da sie sich beim morgendlichen Aufwachen
wieder erholt fühlen und am Tag wieder wach sind, sowie bei monotonen
Tätigkeiten nicht einschlafen. Das Problem dieser Therapieform ist die
Akzeptanz: Nur ca. 70% der Patienten kommen mit dem
Therapieverfahren mittel- bis langfristig gut zurecht.
Manchen Patienten kann mit individuell angepassten Protrusionsschienen
für Ober- und Unterkiefer geholfen werden. Mit diesem technischen
Hilfsmittel werden die Atemwege offen gehalten, indem Kiefer, Zunge und
weicher Gaumen leicht nach vorne verlagert werden. Die Erfahrung aus
Freiburg zeigt, dass bei richtiger Indikationsstellung und Auswahl der
Patienten im Vergleich zur CPAP-Therapie gleichwertige Ergebnisse erzielt
werden können.
Physische Anomalien, die die Atmung im Schlaf ungünstig beeinflussen,
können in manchen Fällen operativ korrigiert werden. Dazu zählen
beispielsweise vergrößerte Mandeln und Polypen, die vor allem bei
Kindern häufig vorkommen, sowie Missbildungen des Kiefers und weichen
Gaumens und eine für die Atmung ungünstig verlaufende
Nasenscheidewand.
Aufwendigere
Verfahren
wie
die
Uvulopalatopharyngoplastik,
wo
Fettund
Bindegewebe
im
Rachenbereich
entfernt
wird,
sollten
erst
nach
eindeutiger
Indikationsstellung durch ein spezialisiertes Zentrum in Betracht gezogen
werden.
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