Kapitel 19 Antibaryonen (19551959) 19.1 Die Baryon-Quantenzahl Wir erinnern uns, dass die Existenz der Antimaterie durch die Entdeckung des Positrons e+ (Anderson, 1932) (Siehe Kap. 7.2) bewiesen wurde. Die Existenz der Antimaterie wurde von der DiracTheorie vorausgesagt. 1955: existieren Antiprotonen, Antineutronen, Antilambdas, Antisigmas, usw ? Diese Teilchen wurden nicht als Dirac-Teilchen betrachtet, z.B. wegen ihres magnetischen Moments (nicht punktförmig) m Proton ª 5.59m B und m Neutron ª -3.82m B Wie werden Antiprotonen erzeugt ? Stückelberg (1938): Eine neue Quantenzahl, die Baryon-Quantenzahl B, wird in allen Wechselwirkungen erhalten (“alles, das nicht verboten ist, wird geschehen”). Teilchenphysik 329 Antibaryonen (1955-1959) Erklärt die Abwesenheit des Zerfalls: + pÆ / eg Radiativer Zerfall des Protons nicht-”strange” Baryonen: B=+1, S=0 nicht-”strange” Mesonen B=0, S=0 " strange" Baryonen " strange" Mesonen p,n p,... ÏÔL Æ pp = + = B 1, S 1 Ì + ÔÓS Æ pp 0 , np + + ÔÏK B = 0, S = +1 Ì 0 ÔÓK 19.2 Entdeckung des Antiprotons Wegen der Erhaltung der Baryonzahl, können nur Antiprotonen-Protonen-Paare erzeugt werden, wie z.B. in der Reaktion pp Æ 1 pppp { 23 B =2 B =2 Im Experiment werden Protonen auf ein Protontarget aufprallen. Im Laborsystem ist die Energie-Schwelle des einfallenden Protons gleich Epª6.5 GeV. Chamberlain, Segrè, Wiegand, Ypsilantis (1955): Entdeckung des Antiprotons am Bevatron-Beschleuniger Protonen werden beschleunigt und auf Kupfer geschossen: pCu Æ pX 330 Teilchenphysik II&III, WS 01/02-SS02, Prof. A. Rubbia Entdeckung des Antiprotons Experimentell musste das Antiproton in einem grossen Untergrund von Pionen nachgewiesen werden: pCu Æ pp ¢sX Erwartetes Verhältnis: 1 Antiproton in ª60’000 negativen Pionen Das experimentelle Problem war deshalb das Antiproton zu identifizieren (“particle identification”). Das Antiproton wurde durch eine gleichzeitige Messung des Impulses p und der Geschwindigkeit b identifiziert. Die relativistische Beziehung p = gmbc liefert die Masse des Teilchens. Im Experiment wurden alle erzeugten Teilchen mit negativer Ladung q=–1 und Impuls gleich p=1,19 GeV/c ausgelesen. Die Geschwindigkeiten eines Antiprotons und eines Pions mit diesem Impuls sind gleich bp ª 0, 99 b p ª 0, 78 Die Geschwindigkeit wurde mit zwei unabhängigen Methoden gemessen: a) Cerenkov-Zähler: Licht wird erzeugt, wenn b>0,79. Das Lichtsignal wird in Antikoinzidenz verwendet (Pion-Veto). b) Flugzeit Messung (“Time-of-flight”) Mit diesem Experiment wurden ª60 Antiprotonen erfolgreich nachgewiesen. Teilchenphysik 331 Antibaryonen (1955-1959) 19.3 Entdeckung der anderen Antibaryonen Cork, Lambertson, Piccioni, Wenzel: Entdeckung des Antineutrons am Bevatron-Beschleuniger Sekundäre Wechselwirkung von erzeugten Antiprotonen. Antineutronen werden durch den Ladungsaustauch-Prozess (“ChargeExchange”) erzeugt pp Æ nn und durch die Antineutron-Vernichtung nachgewiesen (und LadungsVeto, um Antiprotonen zu unterdrücken). Prowse, Baldo-Ceolin (1958): Entdeckung des Antilambdas Paar-Erzeugung LL Æ p p + Ø pp wird durch die Beobachtung von zwei gleichzeitigen V0’s nachgewiesen. 332 Teilchenphysik II&III, WS 01/02-SS02, Prof. A. Rubbia