Kapitel 2. Lineare Abbildungen • Definition linearer Abbildungen

Werbung
Kapitel 2. Lineare Abbildungen
• Definition linearer Abbildungen
• Eigenschaften und Beispiele
• Alle linearen Abbildungen Rn → V
• Bild von Unterräumen
• Dimension eines Vektorraums
• Rang einer linearen Abbildung
Vorschau: Lineare Abbildungen
Wer Vektorräume studiert, muss sich zugleich mit linearen Abbildungen zwischen ihnen auseinander setzen.
Erst lineare Abbildungen ermöglichen es, verschiedene Vektorräume
wirklich miteinander zu vergleichen.
Zugleich helfen sie, Unterräume zu konstruieren und zu analysieren.
1
Definition linearer Abbildungen
Definition Es seien V und W Vektorräume über R.
Eine Abbildung f : V → W heißt linear, wenn gilt:
(L1) f (v1 + v2) = f (v1) + f (v2) für alle v1, v2 ∈ V .
(L2) f (a.v) = a.f (v) für alle v ∈ V und a ∈ R
Wir können die Bedingungen (L1) und (L2) zu einer einzigen Bedingung zusammenfügen:
(L) f (a1.v1 + a2.v2) = a1.f (v1) + a2.f (v2)
für alle a1, a2 ∈ R und alle v1, v2 ∈ V .
2
Eigenschaften linearer Abbildungen
Sei f : V → W eine lineare Abbildung ∗. Dann gilt:
(1) f (0V ) = 0W
(2) f (−v) = −f (v)
(3) f (a1.v1 + · · · + at.vt) = a1.f (v1) + · · · + at.f (vt).
Diese Eigenschaften ergeben sich unmittelbar aus (L1) und (L2).
Insbesondere überführt (3) eine lineare Abbildung f : V → W die
Menge hv1, v2, . . . , vti der Linearkombinationen der v1, v2, . . . , vt in die
Menge hf (v1), . . . , f (vt)i. Somit f (hv1, v2, . . . , vti) = hf (v1), . . . , f (vt)i .
∗ Diese
Redeweise unterstellt, dass V und W Vektorräume sind.
3
Die Summe linearer Abbildungen
Satz Sind f, g : V → W lineare Abbildungen, so auch die Abbildung
f + g : V → W , v 7→ f (v) + g(v).
Beweis. Es ist zu zeigen, dass die durch h(v) = f (v) + g(v) (für
v ∈ V ) erklärte Abbildung linear ist. Nun ist
h(x + y)
Def.
=
linear
h(a.x)
f (x + y) + g(x + y)
=
(f (x) + f (y)) + (g(x) + g(y))
=
(f (x) + g(x)) + (f (y) + g(y)) = h(x) + h(y)
Def.
=
linear
=
Def.
=
Def.
(f (a.x) + g(a.x))
a.f (x) + a.g(x)
a.h(x).
4
Skalare Vielfache linearer Abbildungen
Satz Ist f : V → W eine lineare Abbildung und a ∈ R, so ist auch
a.f : V → W , v 7→ a.f (v) eine lineare Abbildung.
Beweis. Es ist zu zeigen, dass die durch h(v) := a.f (v) (für v ∈ V )
erklärte Abbildung linear ist. Es gilt
h(x + y)
Def.
=
(M 1)
=
h(b.x)
Def.
=
(M 3)
=
linear
=
a.f (x + y)
linear
=
a.(f (x) + f (y))
Def.
a.f (x) + a.f (y) = h(x) + h(y)
f (a.(b.x))
f ((a · b).x)
ab=ba
=
f (b.(a.x))
Def.
b.f (a.x) = b.h(x).
5
Beispiele linearer Abbildungen
(a) Sind V und W Vektorräume, so ist die Nullabbildung f : V → W
mit f (v) = 0W für alle v ∈ V eine lineare Abbildung.
(b) Ist V ein Vektorraum, so ist die identische Abbildung
1V : V → V,
v 7→ v
linear.
(c) Sind v1, v2, v3 Vektoren des R-Vektorraums V , so ist die Abbildung

f : R3 −→ V,

x1


7 x1.v1 + x2.v2 + x3.v3
 x2  →
x3
linear.
6
Lineare Abbildungen f : R → R3
Satz.
→ R3 gibt es einen Vektor
 f : R
 Zujeder linearen Abbildung
a · v1
v1




v =  v2  ∈ R3, so dass f (a) =  a · v2  gilt D.h. f (a) = a.v.
a · v3
v3
Umgekehrt ist jede solche Abbildung linear.
Beweis. Wegen (L 2) gilt f (a) = f (a.1) = a.f (1) für alle a ∈ R.
Mit v := f (1) ist dann die obige Behauptung erfüllt.
Bemerkung. Der Satz und sein Beweis gelten ebenfalls für Rn anstelle von R3. Wir diskutieren anschließend den Spezialfall n = 1.
7
Spezialfall: Lineare Abbildungen f : R → R
Vorweg: R ist selbst ein Vektorraum (Spezialfall des Rn für n =
1). Es macht daher Sinn, die linearen Abbildungen f : R → R zu
untersuchen.
Satz. Zu jeder linearen Abbildung f : R → R gibt es ein v ∈ R,
nämlich v := f (1), so dass f (a) = a · v für jedes a ∈ R gilt.
Umgekehrt ist jede solche Abbildung linear.
Lineare Abbildungen f : R → R sind daher durch ein einziges Datum,
die Zahl v = f (1), eindeutig bestimmt.
8
Lineare Abbildungen von R3 nach R
Satz. Zu 
jederlinearen Abbildung f : R3 → R gibt es a1, a2, a3 ∈ R,
x1


so dass f  x2  = a1 · x1 + a2 · x2 + a3 · x3 gilt.
x3
Umgekehrt ist jede solche Abbildung linear.
Beweis “ =⇒ ”. Sei e1 , e2 , e3 die Standardbasis des R3 . Wir setzen a1 := f (e1 ),
a2 := f (e2 ), a3 := f (e3 ). Aus der Linearität von f folgt:


x1
f  x2  = f (x1 .e1 + x2 .e2 + x3 .e3 )
x3
= x1 · f (e1 ) + x2 · f (e2 ) + x3 · f (e3 )
= x1 · a1 + x2 · a2 + x3 · a3 .
“⇐” Es ist leicht zu sehen, dass für jede Vorgabe von a1 , a2 , a3 die obige Formel
eine lineare Abbildung f definiert.
9
Lineare Abbildungen von R3 nach V
V sei ein R-Vektorraum. Wir diskutieren eine Erweiterung des vorangehenden Satzes.
Satz. Zu jeder linearen Abbildung f : R3 → V gibt es Vektoren
v1, v2, v3 aus V , so dass für jeden Vektor x ∈ R3 mit den Koordinaten
x1, x2, x3 die Formel


x1


f  x2  = x1.v1 + x2.v2 + x3.v3
x3
gilt.
Umgekehrt ist für jede Vorgabe von v1, v2, v3 die mit obiger Formel
definierte Abbildung f : R3 → V linear.
10
Wie finden wir v1, v2, v3?
f : R3 → V sei als lineare Abbildung gegeben . Wir wenden f auf die
Standardbasis e1, e2, e3 von R3 an und setzen
v1 = f (e1), v2 = f (e2), v3 = f (e3).
Es folgt dann


x1

 Basisdarstellung
f  x2 
=
f (x1.e1 + x2.e2 + x3.e3)
x3
f linear
=
x1.f (e1) + x2.f (e2) + x3.f (e3)
Def
=
x1.v1 + x2.v2 + x3.v3.
11
Wie finden wir f ?
Gegeben sind jetzt irgendwelche Vektoren v1, v2, v3 aus V .
Wir definieren f : R3 → V durch die Vorschrift


x1


f  x2  = x1.v1 + x2.v2 + x3.v3.
x3
Es folgt durch einfache Rechnung, dass f linear ist.
Wir merken uns: Lineare Abbildungen des R3 nach V entsprechen
eins-zu-eins Tripeln (v1, v2, v3) von Vektoren aus V .
12
Rückblick und Ausblick: f : Rn → V
Wenn wir die verwendeten Argumente anschauen ist klar, dass wir
den schreibtechnisch bequemen R3 durch einen Vektorraum Rn, für
beliebiges n, ersetzen können, und die Aussage entsprechend gilt:
Satz Eine lineare Abbildungen f : Rn → V entspricht umkehrbar
eindeutig einem n-Tupel (v1, v2, . . . , vn) von Vektoren aus V .
(1) Einer gegebenen linearen Abbildung f wird das n-Tupel
(f (e1), . . . , f (en)) zugeordnet.
(2) Einem n-Tupel (v1, v2, . . . , vn) entspricht umgekehrt die AbbilP
dung f mit f (x1, . . . , xn) auf n
i=1 xi .vi schickt.
Kommentare: (1) Aus platztechnischen Gründen haben wir Vektoren des Rn hier in Zeilenform (x1, x2, . . . , xn) geschrieben.
(2) Dieser Satz umfasst alle vorweg diskutierten Spezialfälle. Nur
diesen Satz müssen wir uns daher wirklich merken.
13
Das Bild einer linearen Abbildung
Satz Ist f : V → W eine lineare Abbildung und U ein Unterraum von
V , so ist f (U ) = {f (u) | u ∈ U } ein Unterraum von W .
Satz Es gilt:
(1) Das Bild f (V ) von f
Bezeichnung: Bild(f ) := f (V ) .
ist
ein
Unterraum
von
W.
(2) Ist ferner v1, v2, . . . , vt ein Erzeugendensystem von V (zum Beispiel eine Basis von V ) so ist Bild(f ) = hf (v1), . . . , f (vt)i.
(3) Eine lineare Abbildung f : V → W überführt daher ein Erzeugendensystem (v1, v2, . . . , vt) von V in ein Erzeugendensystem
(f (v1), . . . , f (vt)) von Bild(f ).
14
Bestimmung der Dimension
Satz. Sei (v1, v2, . . . , vn) ein minimales Erzeugendensystem von V ,
d.h. dieses System ist ein Erzeugendensystem von V , aber keines
der nach Weglassen eines vi (1 ≤ i ≤ n) entstehenden Systeme
(v1, . . . , vbi, . . . , vn) erzeugt V .
Dann ist (v1, v2, . . . , vn) eine Basis von V und somit dim V = n.
Beweis. Wir müssen zeigen, dass (v1 , v2 , . . . , vn ) linear unabhängig ist. Wir nehmen
das Gegenteil an und erhalten dann eine lineare Relation
a1 .v1 + a2 .v2 + · · · + an .vn = 0,
wobei nicht alle Koeffizienten Null sind, etwa ai =
6 0 ist. Diese Gleichung können
wir dann nach vi auflösen und erhalten (für alle k)
vk ∈ hv1 , . . . , vbi , . . . , vn i für alle k = 1, . . . , n
und dann V = hv1 , . . . , vbi , . . . , vn i. Widerspruch!
15
Jedes Erzeugendensystem enthält eine Basis
Eine wichtige Folgerung des eben bewiesenen Satzes ist:
Folgerung Jedes Erzeugendensystem (v1, v2, . . . , vt) eines Vektorraums V enthält eine Basis.
Beweis. Wir brauchen nur solange Vektoren aus v1 , v2 , . . . , vt wegzulassen bis ein
minimales Erzeugendensystem von V entstanden ist. Dieses ist dann eine Basis
von V .
Um eine Basis von V zu bestimmen, verschaffen wir uns daher zuerst
ein (möglichst klein gewähltes) Erzeugendensystem und vermindern
dessen Mitgliederzahl so lange, bis ein minimales Erzeugendensystem erreicht ist.
16
Basen und minimale Erzeugendensysteme
Der studierte Satz lässt sich umkehren:
Satz. Jede Basis b1, b2, . . . , bn eines Vektorraums V ist ein minimales
Erzeugendensystem und umgekehrt.
Die Begriffe Basis von V und minimales Erzeugendensystem von V stimmen daher
überein.
Beweis. Sei b1 , b2 , . . . , bn eine Basis, also auch ein Erzeugendensystem von V . Wir
nehmen an, dass für irgendein i = 1, . . . , n auch (b1 , . . . , bbi , . . . , bn ) ein Erzeugendensystem von V ist.
Dann hat bi die Form
bi = a1 .b1 + · · · + ai−1 .bi−1 + 0.bi + ai+1 .bi+1 + · · · + an .bn ,
woraus sich die lineare Abhängigkeit
a1 .b1 + · · · + ai−1 .bi−1 + (−1).bi + ai+1 .bi+1 + · · · + an .bn = 0
der Basiselemente ergibt. Widerspruch!
17
Bewertung
Momentan sind unsere Möglichkeiten noch recht eingeschränkt, für
ein vorgegebenen System von Vektoren (v1, v2, . . . , vt) des Rn zu
entscheiden, ob es linear abhängig oder unabhängig, eine Basis oder
ein Erzeugendensystem ist.
Dies wird noch eine Weile so bleiben. Erst später werden wir effiziente Algorithmen und Verfahren studieren, die diese Überprüfung
zur Routine machen.
Gleichwohl: Für Vektorräume kleiner Dimension reichen die derzeit
verfügbaren Verfahren zur Entscheidung aus.
18
Fundamentale Eigenschaft von Basen
Eine fundamentale Eigenschaft von Basen eine Vektorraums ist:
Je zwei Basen eines Vektorraums haben dieselbe Anzahl von Mitgliedern.
19
Der Rang einer linearen Abbildung
Definition. Sei f : V → W eine lineare Abbildung.
Die Dimension des Bildes f (V ) von f nennen wir den Rang von f .
Bezeichnung: rg(f ).
Ist insbesondere f : Rn → V eine lineare Abbildung und vi := f (ei)
(1 ≤ i ≤ n), so ist der rg(f ) die Dimension der linearen Hülle
hv1, v2, . . . , vni.
Folgerung. Der Rang von f : Rn → V ist höchstens n.
Der Rang einer linearen Abbildung ist die wichtigste mit ihr verbundene Größe!
20
Herunterladen