12 akademie INHALT 12 –15: Infektions-screening 16 –19: Genomweite Assoziationsstudien Schwangerschaftsrelevante Infektionen, Teil 2 Serologisches Infektions-Screening Infektionen mit Parvovirus B19 65 bis 89 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter in Deutschland haben IgG-Antikörper gegen Parvovirus B19. Die Übertragung erfolgt meist durch an Ringelröteln erkrankte Kleinkinder. Die fetale Infektionsrate bei Primärinfektion während der Schwangerschaft beträgt zirka 30 Prozent, mögliche Folgen sind Spontanaborte, Fehlgeburten oder Hydrops fetalis. Die kritischste Zeit für eine Primärinfektion ist die 13. bis 20. SSW. Ein Hydrops fetalis kann aber auch noch bis zu 20 Wochen nach der akuten Infektion auftreten. Diagnostik: Bestimmung von Parvovirus B19-IgG vor einer geplanten Schwangerschaft oder zu Beginn der Frühschwangerschaft. Bei Exposition oder V.a. Infektion während der Schwangerschaft: 6_2011 Bestimmung von Parvovirus B19-IgG und –IgM. • Falls negativ: Weitere Kontrollen im Laufe der Schwangerschaft. • Bei positivem IgG und negativem IgM wird bei auffälliger Sonographie ein DNA-Nachweis mittels PCR empfohlen. Therapie: Bei nachgewiesener frischer Infektion während der Schwangerschaft: engmaschige Ultraschallüberwachung einschließlich Dopplersonographie. Bei fetaler Anämie intrauterine Transfusion von Erythrozytenkonzentraten. Varizellen In Deutschland liegt die Seropositivrate vor Eintritt einer Schwangerschaft bei 95 bis 98 Prozent. Bei einer Primärinfektion während der Schwangerschaft bestehen folgende Risiken: 1. Die Schwangere selbst hat ein erhöhtes Risiko an einer Pneumonie zu erkranken (Letalität unbehandelt 20 bis 25 Prozent). 2. Fetales Varizellensyndrom: Bei Infektion bis zur 20. SSW schwere Fehlbildungen bei zirka 2 Prozent der Feten. 3. Neonatale Varizellen: Bei Erkrankung der Mutter innerhalb von 5 Tagen vor bis zu 2 Tagen nach der Geburt kann das Neugeborene schwere konnatale Varizellen entwickeln. Fotos: Wikipedia Commons, Gordon Grand, Dan Race, Angel Simon, Marco Wydmuch, MH, Ovidiu Iordachi Bestimmte Infektionen können zu Erkrankungen und/oder Entwicklungsstörungen des Kindes führen, insbesondere wenn sie während der Schwangerschaft oder Geburt als Erstinfektion ohne vorbestehenden Immunschutz auftreten. Ein Überblick. Diagnostik: Bestimmung von VZVIgG bei allen Frauen im gebärfähigen Alter mit unklarer Immunität (Kassenleistung). Bei Exposition einer Schwangeren mit unbekanntem Immunstatus: Bestimmung von VZV-IgG und – IgM möglichst innerhalb von 96 Stunden. Prophylaxe: • Bei seronegativen nicht schwangeren Frauen: aktive Immunisierung. • Bei seronegativen Schwangeren nach Exposition: Gabe von Hyperimmunglobulin innerhalb von 96 Stunden. Der ideale Zeitpunkt Der theoretisch bestmögliche Zeitpunkt für ein EingangsScreening liegt wenige Wochen vor einer geplanten Schwangerschaft. In diesem Fall reicht auch die alleinige Bestimmung der jeweiligen IgG-Antikörper aus, was auch Kassenpatientinnen, die diese Untersuchungen als IGeL anfordern, zugute kommt. Ein positiver IgG-Befund bedeutet, dass in der Schwangerschaft keine Primärinfektion mit dem entsprechenden Erreger mehr möglich ist. Bei einem negativen Befund können die beschriebenen Möglichkeiten der Prophylaxe eingesetzt werden. Spätere in der Schwangerschaft erhobene Befunde können zudem leichter interpretiert werden. Rundum sicher Vor und in der Schwangerschaft durchgeführte infektionsserologische Untersuchungen können helfen, die Häufigkeit prä- oder perinatal erworbener Infektionen zu reduzieren und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Verhütung kindlicher Infektionen. Häufige Fragen Mit der folgenden Aufstellung wollen wir Ihnen und uns den Umgang mit der Abklärung schwangerschaftsrelevanter Infektionen erleichtern. Warum ein Screening möglichst früh in der Schwangerschaft? Schwangerschaftsrelevante Infektionen lassen sich dann in den meisten Fällen eindeutig ausschließen. Bei nachgewiesener frischer Infektion ist eine frühzeitige Überwachung bzw. Behandlung möglich. Bei einem abklärungsbedürftigen Befund im Rahmen einer IGeL-Anforderung bitte Abklärung (Kassenleistung) möglichst sofort und nicht erst, wenn sich die Patientin routinemäßig wieder vorstellt. Ggf. wurde dann bereits wertvolle Zeit verloren und die erste, diagnostisch wertvollste Probe wurde schon verworfen. Welche Angaben benötigt das Labor? • Schwangerschaftswoche (SSW) • Anlass der Untersuchung/Fragestellung (z.B. „Kontakt mit erkrankter Person vor 2 Tagen“, „unklares Exanthem“, „auffällige Sonographie“ etc.) • Welche Symptomatik seit wann? 5_2011 14 akademie Warum ist die Angabe der SSW wichtig? Das Übertragungsrisiko hängt vom Alter der Schwangerschaft ab. Bei auffälligen Screening-Befunden, z.B. mit positivem IgM-Nachweis, lässt sich durch Spezialuntersuchungen (Avidität, Blots) der Infektionszeitpunkt eingrenzen. Für das weitere Vorgehen ist es entscheidend, ob eine Erstinfektion bei schon bestehender Schwangerschaft oder um den Konzeptionszeitpunkt herum ausgeschlossen werden kann. Wenn die Infektion mit hoher Wahrscheinlichkeit schon vor der Konzeption eingetreten ist, besteht keine Gefahr für die Schwangerschaft. Bitte auch bei reinen Screening-Anforderungen ohne Vorliegen einer klinischen Symptomatik immer SSW angeben. • Bei vielen Erregern verläuft die Primärinfektion asymptomatisch. • Bei Weiterleitung zur Abklärung im synlab-Schwerpunktlabor für Infektionsserologie in Augsburg liegen die relevanten Angaben dann auch gleich vor. Welche klinische Fragestellung kann vorliegen? • Screening • Abklärung von Symptomen – bei der Mutter – beim Kind Wozu braucht das Labor die klinischen Angaben bzw. die Fragestellung? Warum ist die Zeitangabe des Erkrankungsbeginns/der Symptomatik wichtig? Für die Interpretation muss die Dynamik der Antikörperbildung im Infektionsverlauf berücksichtigt werden. Davon hängen die weitere Abklärung und die Empfehlungen für das weitere Vorgehen ab. Zum Beispiel: Bei Anforderung Parvovirus-B19-Serologie schließt ein komplett negativer Befund (IgG und IgM negativ) bei der Fragestellung „Abklärung eines auffälligen sonographischen Befundes – V.a. Hydrops“ eine Infektion mit diesem Virus als Ursache aus; bei der Fragestellung „Frische Infektion nach Exposition?“ aber keinesfalls. Hier müssen mehrere Kontrolluntersuchungen im Abstand von 2 Wochen durchgeführt werden. Andererseits: Bei der Konstellation Parvovirus B19-IgG pos./-IgM neg. kann bei „V.a. frische Infektion wegen Exposition vor wenigen Tagen“ eine Primärinfektion ausgeschlossen und Immunität bescheinigt werden. Bei der Fragestellung „Abklärung auffälliger sonographischer Befund – V.a. Hydrops“ sollte bei dieser serologischen Konstellation jedoch eine weitere Abklärung mittels PCR aus mütterlichen EDTA-Blut sowie ggf. Pränataldiagnostik erfolgen. Schädigungen des Fetus können noch bis zu 20 Wochen nach der Primärinfektion auftreten. Kontakt Dr. Ulrike Hauser Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie synlab MVZ Augsburg Telefon: 08 21 – 22 78 00 E-Mail: [email protected] 6_2011