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14 Pankreastumoren
Für kindliche Pankreastumoren im Kopf- und Korpusbereich wird
daher heute der laparoskopische Zugang nicht empfohlen, weder
für die Biopsie noch für die Resektion in kurativer Absicht.
Anders ist es bei klar abgegrenzten, kleinen Tumoren im
Pankreasschwanz: Hier ist die laparoskopische Pankre­
asschwanzresektion ohne Eröffnung des Tumors auch im
Kindesalter die Therapie der Wahl (  DVD).
Nach chirurgischen Eingriffen am Pankreas können im
Kindesalter die gleichen Komplikationen wie bei Erwach­
senen auftreten:
● postoperative Nachblutung aus dem Restpankreas,
den kleinen Venen zur Milzvene, aus der Vena lienalis,
portae oder mesenterica superior; besonders gefürchtet
sind Arrosionsblutungen nach Pankreas­Nahtinsuffizi­
enz oder septischen Komplikationen;
● Milzarterien­ und Milzvenenthrombose, Pfortader­
thrombose;
● Milzverlust bei venöser oder arterieller Blutung oder
Thrombose mit folgender Gefahr der OPSI (overwhelming post-splenectomy infection);
● Ischämie oder Thrombose der Mesenterialgefäße;
● Ischämie des Ductus choledochus nach Skelettierung
mit folgender Strikturbildung;
● Stumpfinsuffizienz des Pankreaskorpus nach Linksre­
sektion;
● Nahtinsuffizienz einer Pankreatojejunostomie mit Se­
kretverhalt, Abszess­ und/oder Pseudozystenbildung;
● Pankreas­ und/oder Gallenfistel;
● Magenentleerungsstörung bzw. Ileus;
● endo­ und exokrine Pankreasinsuffizienz.
14.2
Maligne Pankreastumoren
14.2.1 Pankreatoblastom
Definition und Epidemiologie
Das Pankreatoblastom ist ein embryonaler, maligner Tumor
aus unreifen, pluripotenten Pankreaszellen, der bezüglich
Altersgruppe, genetischen Alterationen sowie Ansprechen
auf Chemotherapie dem Hepatoblastom sehr ähnelt. Pan­
kreas und Leber entwickeln sich aus den gleichen Vorläufer­
zellen und die Regression, die mit der neoplastischen Um­
wandlung assoziiert ist, verläuft in beiden Organen ähnlich
ab. Früher als infantiles Karzinom des Pankreas bezeichnet,
hat Horie 1977 auf die Ähnlichkeit mit fetalem Pankreasge­
webe in der 7. Woche hingewiesen – das ist der Zeitpunkt, an
dem die dorsale und ventrale Pankreasanlage miteinander
verschmelzen – und den Namen Pankreatoblastom geprägt.
Bisher wurden weltweit ca. 210 Fälle beschrieben (Perez
et al. 2009; Saif 2007). Sie machen 0,6 % von 1 183 primären
Pankreastumoren und 0,01 % von 22 783 pädiatrischen Tu­
moren der Kieler Tumorbank aus (Jänig et al. 1999; Klöppel
u. Lüttges 2004). Der Häufigkeitsgipfel liegt in der ersten
Lebensdekade.
Pathologie
Wie das Hepatoblastom ist auch das Pankreatoblastom
assoziiert mit Alterationen des Adenomatous­polyposis­
coli­(APC­)/Beta­Catenin­Signalweges und einem Verlust
der Heterozygotie (loss of heterozygosity = LOH) auf Chro­
mosom 11p15.5 (Abraham et al. 2001). Diese chromosoma­
le Region beherbergt auch den WT2­Lokus, ein Gen, das
mit dem Wilms­Tumor und dem Beckwith­Wiedemann­
Syndrom (Makrosomie, Makroglossie, Omphalozele und
Viszeromegalie) vergesellschaftet ist. Auch eine Assozi­
ation mit familiärer adenomatöser Polyposis ist bekannt
(Antonello et al. 2009). Das Pankreatoblastom unterschei­
det sich genetisch auch vom duktalen Adenokarzinom
des Erwachsenenalters durch das Fehlen von Mutationen
des K­ras­Onkogens und der p53­ und Ductal­pancreatic­
carcinoma­(DPC­)4­Tumorsuppressorgene. Des Weiteren
weist es keine Mikrosatelliteninstabilität auf.
Insulin­like growth factor (IGF) 2 wird von den Tumor­
zellen überexprimiert.
Eine erhöhte Sekretion von Alphafetoprotein (AFP) wird in ca.
zwei Drittel der Fälle beobachtet und kann als Tumormarker zur
Therapiekontrolle eingesetzt werden (Saif et al. 2007).
Der Tumor tritt gleich häufig im Kopf oder linksseitig im
Pankreas auf, ist meistens recht groß (~ 10 cm), gut be­
grenzt und von einer fibrösen Kapsel umgeben. Mikrosko­
pisch weisen Pankreatoblastome ein gemischtes azinäres
und solides Wachstumsmuster auf.
Die Präsenz von squamoiden Zellnestern ist das histo­
logische Kriterium, das diese Neoplasien von Azinuszell­
karzinomen unterscheidet (Abb. 14-1). Die Tumoren sind
durch fibrotische Septen in Läppchen unterteilt. Nekro­
tische Areale, die gelegentlich Verkalkungen aufweisen,
sind typisch. Die Kernpolymorphie ist in der Regel gering.
Die proliferative Aktivität schwankt zwischen < 1–42 Mi­
tosen/Hauptgesichtsfeld; Perineuralscheiden­ und Gefäß­
invasion sind selten. Immunhistochemisch sind in den
azinären und soliden Anteilen, nicht aber in den squamo­
iden Nestern, Pankreasenzyme (Trypsin, Chymotrypsin,
Lipase) nachweisbar (Abb. 14-2). Oft finden sich auch einzel­
ne Synaptophysin und Chromogranin positive endokrine
Zellen, in denen man sehr selten eine Hormonexpression
nachweisen kann.
14.2 Maligne Pankreastumoren
Interessanterweise findet man eine aberrante nukleäre/
zytoplasmatische Akkumulation von Beta-Catenin über­
wiegend in den squamoiden Körperchen, nicht aber in der
Azinuszellkomponente des Tumors, wobei die proliferative
Aktivität in den squamoiden Körperchen gering ist. Dies
bedeutet, dass nukleäres Beta-Catenin in Pankreatoblas­
tomen nicht mit dem klassischen onkogenen proliferati­
onsstimulierenden Effekt einhergeht, der bei den meisten
malignen Tumoren mit Alterationen in Wnt/Beta-CateninSignalweg nachweisbar ist.
Abb. 14-1 Pankreatoblastom mit soliden azinären Arealen, die
squamoide Körperchen enthalten (Pfeilspitze; Hämatoxylin-EosinFärbung, Originalvergrößerung 200-fach).
Klinik und Diagnostik
Diagnostisch wegweisend für ein Pankreatoblastom – auch
im Verlauf – kann das AFP sein, das in bis zu 68 % der Fälle
erhöht ist.
Charakteristika des Pankreatoblastoms in Sonographie,
CT und MRT sind (Chung et al. 2006):
●● gut abgegrenzte Raumforderung im Pankreas von oft be­
achtlicher Größe bei einem Kind unter 10 Jahren;
●● heterogener, oft multilobulierter, septierter Tumor;
●● wenig Kalzifizierungen;
●● Einblutungen und Nekrosen im Tumor;
●● Nebeneinander von zystischen und soliden Anteilen;
●● Metastasen in Leber und abdominalen Lymphknoten (in
bis zu 50 % der Fälle);
●● selten Metastasen in Lunge, Kopf, Skelett;
●● selten Dilatation des Ductus choledochus.
Therapie
Wie beim Hepatoblastom ist auch beim Pankreatoblastom
nach derzeitigem Wissensstand die radikale Resektion al­
len vitalen Tumorgewebes die einzige Chance auf Heilung.
Die meisten Tumoren liegen ventral im Pankreaskopf, ha­
ben keinen direkten Bezug zu den Gangsystemen und zum
Duodenum und sind mit einer Kapsel bedeckt. Daher ist
häufig eine lokale Resektion ohne Duodenopankreatekto­
mie mit freien Schnitträndern möglich. Da Lymphknoten­
metastasen bei Pankreatoblastomen jedoch häufig sind und
die Prognose durch sie sehr ungünstig erscheint, wenn nach
der Resektion eine Metastasierung offensichtlich wird, soll­
te auf jeden Fall die sorgfältige Lymphadenektomie erfolgen
(Saif 2007).
Die Resektion eines Pankreatoblastoms sollte nur begonnen
werden, wenn auch die Technik der Duodenopankreatektomie
beherrscht wird.
Hierbei ist das pyloruserhaltende Verfahren nach Traver­
so-Longmire mit einer deutlich besseren Lebensqualität
verbunden, sodass dieser Technik gegenüber dem konven­
tionellen Whipple-Verfahren im Kindesalter immer der
Vorzug gegeben werden sollte.
Erscheint der Tumor aufgrund der Infiltration der Leberpforte, der Vena cava inferior oder der Vena mesenterica superior
nicht resezierbar, so sollte primär eine Chemotherapie initiiert
werden.
Abb. 14-2 Pankreatoblastom mit immunhistochemischem Nachweis von Trypsin (Immunperoxidase-Färbung, Originalvergrößerung
400-fach; Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr.
Günter Klöppel, Institut für Pathologie, TU München).
Chemotherapeutika der Wahl sind wie beim Hepatoblas­
tom Cisplatin und Adriamycin oder Cisplatin und Doxoru­
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14 Pankreastumoren
bicin (PLADO). Darunter sind eindrucksvolle Regressionen
beschrieben worden und vollständige Resektionen wurden
möglich. Lebermetastasen sollten chirurgisch vollständig
reseziert werden, der prognostische Wert ist jedoch frag­
lich.
Die Rolle der Radiotherapie ist unklar. Als Dosis wur­
den 30–40 Gy vorgeschlagen. Sie sollte erwogen werden
bei Lokalrezidiv nach Resektion oder primär inkompletter
R1- oder R2-Resektion.
Nach vollständiger Resektion und normalem AFP ist
zunächst keine weitere Therapie angezeigt. Doch sollten die
Patienten über Jahre nachbeobachtet werden, um ein Lokal­
rezidiv oder Metastasen rasch zu erkennen. In diesem Fall
werden eine erneute Chemotherapie mit PLADO oder wei­
tere Chemotherapeutika wie Ifosfamid, Carboplatin, Eto­
posid, Vincristin, Actinomycin D und Cyclophosphamid
sowie die lokale Radiotherapie empfohlen. Auch mehrfache
Tumor- und Metastasenresektionen können sinnvoll sein.
Aufgrund der nur kleinen Anzahl von behandelten Pati­
enten ist die Rolle einer neoadjuvanten Chemo- und Radio­
therapie in kurativer Absicht bisher unklar. Es ist bis dato
nicht bekannt, ob ein metastasierendes Pankreatoblastom
überhaupt heilbar ist.
Prognose
Die Prognose des nicht metastasierenden Pankreatoblas­
toms nach vollständiger chirurgischer Resektion ist mit
einer 5-Jahres-Überlebensrate von > 80 % gut (Saif 2007).
Sie ist schlecht bei nur unvollständig bekapselten Tumo­
ren und bei Metastasierung. Die Rate an Lokalrezidiven
nach scheinbar vollständiger Resektion kann bis zu 60 %
betragen.
In einer univariaten Metaanalyse an 153 Patienten wur­
den die Faktoren identifiziert, die mit einer schlechten Pro­
gnose assoziiert sind (Dhebri et al. 2004):
●● synchrone (p = 0,05) und metachrone (p < 0,001) Metas­
tasierung,
●● Irresektabilität bei Diagnose (p < 0,001),
●● Alter > 16 Jahre (p = 0,02).
sind Mädchen und junge Frauen betroffen. Das mittlere
Alter beträgt ca. 22 Jahre (2–85 Jahre).
Pathologie
Der besondere Phänotyp des Tumors führt zur Annahme,
dass er aus pluripotenten Zellen abgeleitet werden kann. Es
wird spekuliert, dass es während der Organogenese durch
die Nähe zwischen der linken Genitalleiste und der Pankre­
asanlage zum Übertritt von pluripotenten Zellen kommen
könnte. Damit wäre auch die Dominanz beim weiblichen
Geschlecht (> 90 %) erklärbar.
Auch die SPN zeigt zu 95 % Alterationen im APC-/BetaCatenin-Signalweg (Exon 3 auf dem Beta-Catenin-Gen)
und ein LOH auf dem Chromosom 5q22.1 (Antonello et al.
2009). Durch das Fehlen von Alterationen bei den K-ras-,
p16-, DPC4- und p53-Genen, einer veränderten Expression
der Transmembranproteine Claudin 5 und 7 sowie der Ak­
kumulation einer hohen Expression von Proteinen, deren
Gene auf 11q lokalisiert sind, unterscheiden sich die SPN
von anderen Tumoren des Pankreas.
Die Tumorlokalisation ist im Pankreas etwa gleich ver­
teilt (Papavramidis u. Papavramidis 2005). Die mittlere Grö­
ße zum Zeitpunkt der Diagnose beträgt 6 cm (0,5–34,5 cm).
Der Tumor weist zentral zerfallene eingeblutete Areale auf.
An der Peripherie ist die SPN meistens solide und durch
eine fibröse Pseudokapsel gut abgrenzbar (Abb. 14-3).
Histologisch besteht der Tumor aus soliden, pseudopa­
pillären und/oder pseudozystischen-nekrotischen Kompo­
nenten, die häufig eingeblutet sind. Kleinere SPN weisen
oft keine zystische Umwandlung auf. Einige Tumoren in­
filtrieren das umliegende Gewebe, was hier aber nicht als
Malignitätszeichen gilt. Man findet ein lockeres, fokal hya­
linisiertes Stroma, teilweise mit dickwandigen Blutgefäßen.
14.2.2 Solide pseudopapilläre Neoplasie
Definition und Epidemiologie
Die soliden pseudopapillären Neoplasien (SPN) sind rät­
selhafte Tumoren, da die Tumorzellen zu keinen normalen
Zellen des Körpers phänotypisch eine Ähnlichkeit aufwei­
sen. Die SPN haben sowohl epitheliale als auch mesenchy­
male und zum Teil neuroendokrine Merkmale und zeigen
sogar Hormonrezeptorexpression.
Bisher wurden ca. 750 Fälle beschrieben, davon rund 90
bei Kindern unter 18 Jahren (Dall’Igna 2010). Sie stellen
damit 2–3 % aller primären Pankreastumoren dar. Zu 93 %
Abb. 14-3 Solide pseudopapilläre Neoplasie mit zystischen/ne­
krotischen Arealen. In der Peripherie ist der Tumor solide und gut
begrenzt.
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