Varia 35 Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Tim Oehler Übersicht 35 36 Zahnärztliche Preispolitik Der unternehmerische Handlungsspielraum von Zahnärzten Abschlussbemerkung 41 42 48 57 58 Berufsrecht Einleitung Aufgabe des zahnmedizinischen Berufsrechts, welches Für Zahnärzte stellt sich die Frage, wie sie sich auf dem im Gesetz und in Satzung normiert, ist es, die Fach- Gesundheitsmarkt positionieren können. Die Muster- kompetenz des Zahnarztes zur seriösen zahnärztlichen berufsordnung setzt an dieser Stelle Grenzen, vor allem Behandlung des Patienten unter Beachtung der gesetz- in Bezug auf Werbung. Sie gestattet dem Zahnarzt in lichen und berufsrechtlichen Normen rechtlich abzu- § 21 sachliche Informationen über seine Berufstätig- sichern. Dies soll sicherstellen, keit. Berufswidrige Werbung ist dem Zahnarzt unter- n sagt. Im Umkehrschluss ergibt sich, dass dem Zahnarzt nicht jede Form der Werbung verboten ist, sondern Werte und Qualitätsstandards einhalten, n eben nur die berufswidrige Werbung. Daraus ergeben sich folgende Fragen: Was ist Werbung? n Welche Grenzen werden der Werbung gesetzt? dass der Schutz des Gemeinwohls gewährleistet wird, und n n dass alle Zahnärzte die unveräußerlichen ethischen dass nicht einzelne Zahnärzte das Vertrauen von Verbrauchern und Patienten missbrauchen [2]. Die Grenzen der ärztlichen und zahnärztlichen Werbemöglichkeiten werden vor allem, aber nicht abschließend, durch das Berufsrecht und das Wettbewerbsrecht gezogen, daneben spielt auch das Markengesetz eine Rolle (Abb. 1). Definition von Werbung Werbung ist ein Verhalten, das darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung desjenigen in Anspruch zu nehmen, für den geworben wird [1]. Abb. 1 Die Grenzen der zahnärztlichen Werbemöglichkeiten werden durch verschiedene Gesetze gezogen. Zahnmedizin up2date 1 Œ2014 Œ35 – 61 ŒDOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1346896 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Einleitung Exzedierung der Zahnmedizin Vorwerfbarkeit und Zurechnung von Berufspflichtverletzungen Kinderzahnmedizin Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Markengesetz Der Blick in das UWG wiegt den Adressaten angesichts der geringen Anzahl der Vorschriften (20 Stück) in Das Markengesetz gehört begriffsmäßig nicht zum einer trügerischen Sicherheit. Diese Übersichtlichkeit Wettbewerbsrecht. Das bedeutet nicht, dass das Mar- verleitet durchaus zu der Annahme der sicheren Be- kengesetz für den Zahnarzt bei der Werbung keine herrschbarkeit dieser Regelungen. Zu bedenken gilt es Rolle spielt. Exemplarisch ist das berühmte Bild des aber, dass man bei diesen Vorschriften durchaus von grünen Apfels zu nennen. Eine frühere Werbung für Blankettregelungen sprechen kann. Der Gesetzgeber Zahnpasta hat dem Biss in einen grünen Apfel als Test hat angesichts der ständigen Fortentwicklung von z. B. zur Überprüfung des Gesundheitszustands des Zahn- Werbemaßnahmen es der Rechtsprechung durchaus fleisches zu einer gewissen Bekanntheit verholfen. Die überlassen wollen, diese Vorschriften anhand von Ein- Marke „grüner Apfel“ wurde schließlich geschützt [3]. zelfällen zu konkretisieren. Das Ergebnis ist eine umfangreiche juristische Kommentierung, die quantitativ Dies bedeutete in der Folge für diejenigen Zahnärzte weit über die an sich gut zu überblickenden Vorschrif- eine Abmahnung des Markeninhabers, die den grünen ten hinausgeht. Angesichts des technischen Fortschritts Apfel gerne als Symbol für gesunde Zähne und als Hin- wäre es aber auch gar nicht möglich gewesen, für jeden weis im Zusammenhang mit Parodontosebehandlun- Einzelfall im Voraus eine gesetzliche Regelung zu er- gen im Rahmen z. B. ihrer Internetpräsenz verstanden lassen. wissen wollten. Die unreflektierte und mit dem Markeninhaber nicht abgesprochene Benutzung dieser Mit den sich im Fluss befindlichen technischen Ent- Marke führte zu einer Markenrechtsverletzung, die wicklungen (z. B. digitale Möglichkeiten) befindet sich kostenintensiv abgemahnt werden durfte. auch die Rechtsprechung zu den Werbemöglichkeiten in einer ständigen Bewegung. Dies muss nicht nur in Werbebeschränkungen, sondern kann auch in eine Li- Wettbewerbsrecht beralisierung (z. B. im Rahmen der Internetwerbung) einmünden. Definition des Wettbewerbsrechts Als Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne werden teilweise das Kartellrecht und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zusammengefasst verstanden. Der vorliegende Beitrag stellt daher exemplarisch anhand ausgewählter Fallgruppen die durch die Rechtsprechung in Bewegung versetzten wettbewerbsrechtlichen und berufsrechtlichen Grenzen bei der Werbung dar. Wettbewerbsrecht im engeren Sinne ist jedoch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Merke: Die Bedeutung der berufs- und wettbewerbsrechtlichen Einschränkung von Advertising erschöpft sich nicht allein in der Beschneidung der Das Kartellrecht fasst das Gesetz gegen Wettbewerbs- eigenen Werbemöglichkeiten. Vielmehr drohen beschränkungen (GWB) und die Regelungen in den empfindliche berufsrechtliche und wettbewerbs- europäischen Verträgen und den Verordnungen, die rechtliche Konsequenzen, die der Zahnarzt vermei- zur Durchführung der europäischen Verträge erlassen den sollte. wurden, zusammen. Merke: Um jeden Zweifel auszuschließen, sollte man den Begriff „Wettbewerbsrecht“ nur für das Exzedierung der Zahnmedizin Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Indirekter Wettbewerb wird durch das Überschreiten benutzen. von „Standesregeln“ betrieben. Das Gesetz über die Die unterschiedlichen Aufgaben des GWB einerseits Zahnheilkunde (ZHG) behält dem Zahnarzt die Aus- und des UWG andererseits lassen sich mit der Faust- übung der Zahnheilkunde vor. Es regelt aber nicht nur formel beschreiben, dass das GWB dafür sorgt, dass es den Zahnarztvorbehalt, sondern auch die Grenzen der überhaupt („ob“) Wettbewerb gibt. Demgegenüber soll Ausübung der Zahnheilkunde. Die extremste Form des das UWG die Lauterkeit des Wettbewerbs („wie“ Wett- indirekten Wettbewerbs dürfte es sein, wenn der ein- bewerb stattfindet) regeln. Trotzdem gibt es Überlage- zelne Zahnarzt den Bereich der Zahnmedizin – seinen rungen und Wechselwirkungen. Kompetenzbereich – verlässt und z. B. ärztlich tätig Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 36 Varia n 37 Aus den Erwägungen Die Zahnärztin war nicht berechtigt, die von ihr benannten Behandlungen durchzuführen. Die Approbation als Zahnärztin ermächtigt dazu, Zahnheilkunde unter der Berufsbezeichnung Zahnärztin dauerhaft auszuüben (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 ZHG). Die benannten Behandlungen stellen jedoch keine Zahnheilkunde dar. Diese Tätigkeiten sind final auf einen Eingriff außerhalb des räumlich abgrenzbaren Bereichs der Zähne, des Mundes und des Kiefers gerichtet. Abb. 2 Nach dem Gesetz über die Zahnheilkunde (ZHG) darf das, was nicht unter die Ausübung der Zahnheilkunde fällt, nicht appliziert und erst recht nicht beworben werden. Die Ausübung der Zahnheilkunde ist gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 ZHG die berufsmäßige und auf zahnärztlich wisund Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrank- wird, wenn er nicht zugleich auch eine ärztliche Ap- heiten. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 ZHG ist als Krankheit probation aufweist. Die erste wettbewerbsrechtliche jede von der Norm abweichende Erscheinung im Be- und zugleich werbebezogene Beschränkung ergibt sich reich der Zähne, des Mundes und der Kiefer anzusehen. somit aus dem Gesetz der Ausübung der Zahnheilkunde. Was nicht unter die Ausübung der Zahnheilkunde Merke: Grundsätzlich können auch Eingriffe mit fällt, darf nicht appliziert und erst recht nicht bewor- kosmetischer Zielsetzung dem Begriff der Heilkun- ben werden (Abb. 2). de unterfallen [5]. Bei bestimmten chirurgischen Behandlungen eines Zahnarztes im Bereich der Zähne, des Mundes oder des Kiefers mag ein not- Abgrenzung des zahnmedizinischen Tätigkeitsbereichs zu Heilpraktikern: kosmetische Behandlungen zur Angebotsunterscheidbarkeit wendiger begleitender Übergriff auf die Gesichtshaut ausnahmsweise zulässig sein [6]. Cave: Dem zahnärztlichen Tätigkeitsfeld sind aber nur diejenigen Behandlungsmaßnahmen zuzurechnen, die ihren unmittelbaren Behandlungsansatz in n Hintergrund dem Bereich der Zähne, des Mundes und des Kiefers finden [7]. Eingriffe, die final auf eine Behandlung Hintergrund des Urteils des OVG NRW [4] ist die Ab- von Gesichtshaut und ‑oberfläche außerhalb des sicht einer approbierten niedergelassenen Zahnärztin. Bereichs der Zähne, des Mundes einschließlich der Sie wollte im Rahmen ihrer zahnärztlichen Tätigkeit bei natürlichem Verständnis dazugehörigen Lippen Faltenunterspritzungen vornehmen. Es handle sich um und des Kiefers gerichtet sind, werden vom Tätig- folgende Methoden: keitsfeld des Zahnarztes nicht erfasst. n n n Mesotherapie im Gesichts- und Halsbereich (1 – 2 mm subkutan per Meso-Injektor mit Hyalu- Vorliegend handelte es sich um einen derart finalen ronsäure, Vitaminen und Mineralstoffen) Eingriff. Etwas anderes folgt nicht aus Vorgaben euro- Injektionslipolyse im Gesichts- und Halsbereich päischer Richtlinien. Auch konnte die Zahnärztin nichts (ca. 6 mm subkutan per Injektor mit Phosphatidyl- aus den abrechnungsrechtlichen Vorschriften der cholin-Präparaten) BEMA‑Z und der Gebührenordnung für Zahnärzte Faltenunterspritzung mit doppeltvernetzter Hyalu- (GOZ) herleiten. ronsäure (je nach Indikation in die oberen oder tien feren Schichten der Dermis) Merke: Vergütungsregelungen sind nicht dazu Anwendung von Botulinumtoxin im Gesichts- geeignet, die aus der zahnärztlichen Approbation bereich folgenden Befugnisse abzuändern [8]. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. senschaftlichen Erkenntnissen gegründete Feststellung Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Die Beschränkung der zahnärztlichen Tätigkeiten ver- Durch ein Rundschreiben wandte sich der Beklagte an stieß auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 zahlreiche Ärzte im Umfeld und gab einen „Überblick GG. Denn die Zahnärztin konnte neben ihrer Tätigkeit über meine ambulante und stationäre Tätigkeit“. Ein einer weiteren, nicht auf den Bereich der Zähne, des großer Teil der Empfänger hatte schon zuvor Überwei- Mundes und des Kiefers beschränkten (heilkundlichen) sungen von Patienten an den Beklagten vorgenommen. Tätigkeit nachgehen. Insofern war irrelevant, dass die Aus dem Kreis der Überweiser war der Beklagte wie- von der Zahnärztin beabsichtigten Maßnahmen heil- derholt um eine solche Zusammenstellung gebeten berufsrechtlich aufgrund der Heilpraktikererlaubnis worden. Unstreitig wurde das Rundschreiben aber erlaubt sind. Das gleiche gilt für die Erlaubnis gegen- auch an solche Ärzte übersandt, die zuvor noch nicht über Ärzten. mit dem Beklagten zusammengearbeitet hatten. Der Kläger ist der Auffassung, dass eine Reihe der im Rundschreiben des Beklagten aufgeführten Leistungen nur n durch einen Arzt, nicht aber durch einen Zahnarzt – Fazit auch nicht durch einen solchen mit der Weiterbildung Der Umfang der „Ausübung der Zahnheilkunde“ kann des Beklagten – ausgeführt werden dürften. Er bean- nach Ansicht des Gerichts nicht durch einen „Erst- standet daher das Rundschreiben in 10 einzelnen recht-Schluss“ begründet werden, indem vom Umfang Punkten als Wettbewerbsverstoß. einer Tätigkeitserlaubnis eines kleineren Ausbildungsstandes (hier: Heilpraktiker) auf denjenigen einer umfangreicheren Ausbildung (Universitätsstudium) n Aus den Erwägungen geschlossen wird (kein „argumentum a maiore ad minus“). Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hatte der Beklagte mit seiner Berufung Hier ergab sich unter anderem aus § 9 Abs. 4 der Be- überwiegend Erfolg. Für die wettbewerbsrechtliche rufsordnung der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe Entscheidung des Rechtsstreits war maßgeblich, wie i. V. m. § 32 S. 2 Nr. 2 HeilBG NRW, dass auch einer Heil- der Begriff der „Zahnheilkunde“ zu verstehen war. praktikertätigkeit nachgegangen werden könnte. Das Gericht ließ offen, ob wegen der beim Zahnarzt zu un- Für die Auslegung dieses Begriffs war es zunächst ein- terstellenden medizinischen Kenntnisse ganz oder mal irrelevant, dass das Zahnheilkundegesetz die Ano- teilweise von einer Kenntnisüberprüfung abgesehen malie der Zahnstellung und das Fehlen von Zähnen werden kann oder gar muss. gesondert aufführt. Merke: Die gesonderte Aufführung in puncto Ano- Abgrenzung des zahnmedizinischen Tätigkeitsbereichs zu Ärzten: die Grenze zwischen dem Zahnarzt für Oralchirurgie und dem Facharzt für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie n Hintergrund malie der Zahnstellung und in Bezug auf das Fehlen von Zähnen erweitert den Begriff der Krankheit, schränkt aber nicht den örtlichen Bereich der Zahnheilkunde ein. Definition Hintergrund des Berufungsurteils des OLG Zweibrü- Soll die Ausübung der Zahnheilkunde „auf zahnärztlich cken [9] ist ein Rechtsstreit zwischen einem Facharzt wissenschaftlicher Erkenntnis“ gründen, meint dies, dass für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (Kläger) ei- die Tätigkeit überhaupt auf wissenschaftlicher Grundlage nerseits und einem Zahnarzt mit der Zusatzbezeich- des vom Zahnarzt insoweit erreichten Ausbildungs- und nung „Zahnarzt für Oralchirurgie“ (Beklagter) anderer- Kenntnisstandes stattfinden muss. Nicht gemeint wird seits. Der Beklagte ist auch als „Konsiliarius“ in damit, dass bestimmte Eingriffe und Behandlungs- örtlichen Krankenhäusern tätig. Der Kläger hat sich – methoden aus der Zahnheilkunde ausgeklammert wer- bisher vergeblich – um eine Zusammenarbeit mit den sollten, z. B. weil sie herkömmlicherweise bestimm- einem örtlichen Krankenhaus beworben. ten Bereichen der allgemeinen Medizin (z. B. der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie) zugeordnet wären. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 38 Varia 39 Aus dem Gesetz ergab sich auch keine Grundlage, die Tätigkeit des Zahnarztes und Oralchirurgen auf den Beseitigung der Eröffnung nach Extraktionen „dentoalveolären“ Bereich, also die Behandlung von Zähnen, Mundhöhle und zahntragendem Kiefer zu Eingriff bei „radix in antro“ beschränken. Kieferhöhlenoperationen „Sinus-Lift-Operation“ Zu den einzelnen strittigen Maßnahmen, die das Rekonstruktionsmaßnahmen im Rahmen der Traumatologie Rundschreiben des beklagten Zahnarztes aufführte, ist wie folgt entschieden worden: n Extraorale Eröffnung von Abszessen und Phlegmonen: Der Zahnarzt ist prinzipiell befugt, bei der Abb. 3 Eingriffe im Bereich der Kieferhöhlen, die dem Tätigkeitsbereich des Zahnarztes zugeordnet werden. Behandlung von Entzündungen extraoral, d. h. von haut bzw. die Gesichtsoberfläche wird nicht mehr eines Zahnarztes zuzuordnen. Diese Tätigkeit wurde zu dem der Zahnheilkunde zugewiesenen Bereich durch das Gericht auch nicht auf den Alveolarfort- des Gewebes gerechnet, das Zähne, Mund und Kiefer satz und das Gaumenbein beschränkt. Denn dies umschließt. Es handelt sich vielmehr um einen hätte den Tätigkeitsbereich der Zahnheilkunde über eigenständigen Bereich. Dem Zahnarzt ist es gestattet, die genannten Entzündungen auch auf diesem die gesetzliche Regelung hinaus eingeschränkt. n gische Behandlung von Dysgnathien und Fehlbissen: den der Zahnheilkunde zugewiesenen örtlichen Be- Diese Eingriffe gehören grundsätzlich zum Tätig- reich. Dann aber muss die Behandlung auch unmittelbar im Bereich der Erkrankung, nämlich anset- n keitsbereich des Zahnarztes bzw. Oralchirurgen. n Chirurgische Behandlung von Naevi: Die „Naevi“- zend an der Gesichtsoberfläche, stattfinden. Behandlung als solche meint die Behandlung von Übergriffe in den unmittelbar angrenzenden Be- gutartigen Tumoren der Gesichtshaut. Ein Zahnarzt reich sind zulässig. kann diese vornehmen, soweit es sich um den int- Antroskopien: Bei Antroskopien geht es um die en- raoralen Bereich, das Innere des Mundes, handelt. doskopische Untersuchung der Kieferhöhle. Auch Auch ist der Zahnarzt im Bereich der Lippen zur hier ist der vom Gesetz der Zahnheilkunde zuge- Naevi-Behandlung berechtigt. Denn die Lippen zäh- wiesene örtliche Bereich betroffen. Dies gilt zumin- len zum Bereich des Mundes und des dazugehörigen dest dann, wenn es um die Diagnostik odontogener Gewebes im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Krankheiten geht, namentlich um die Inspektion der Bestimmungen. Begründet wird dies mit der natür- Kieferhöhle bei Entfernung einer Zahnwurzel lichen Auffassung von den angegebenen Körperregionen. („radix in antro“). n Kieferorthopädische Chirurgie, insbesondere chirur- Wege zu behandeln. Denn die Erkrankung betrifft Kieferhöhlenoperationen: Die Kieferhöhle gehört zu n Diagnose von Hautveränderungen: Die äußere Ge- dem vom Gesetz der Zahnheilkunde zugewiesenen sichtshaut gehört nicht zu den gesetzlich bezeich- Körperbereich. Zulässig sind die Beseitigung der neten Bereichen. Sie grenzt einzig an den gesetzlich Eröffnung der Kieferhöhle nach Zahnextraktionen, umschriebenen Bereich an. Bei der Diagnose von der Eingriff bei „radix in antro“ (Zahnwurzelrest in Hautveränderungen besteht gerade kein Zusam- der Kieferhöhle) sowie die sog. „Sinus-Lift-Opera- menhang mit einer Erkrankung, welche gesetzlich tion“ (Abb. 3). Bedingt zulässig sind weiterhin in der Zahnheilkunde zugewiesenen wurde. diesem Bereich Rekonstruktionsmaßnahmen im Rahmen der Traumatologie, weil es sich um Eingriffe Cave: Bei der Diagnose von Hautveränderungen handelt, die örtlich gesehen zum Bereich der Zahn- würde somit der örtliche Bereich der Zahnheil- heilkunde gehören. Insoweit kann dann auch nicht kunde überschritten. die Zusammenarbeit des Zahnarztes mit einem Chirurgen bei Kieferhöhlenoperationen untersagt n n Extraorale plastische Rekonstruktion von Exzisions- werden. defekten: Die extraorale plastische Rekonstruktion Enossale Implantationen, in Verbindung mit Epithe- von Exzisionsdefekten ist die Wiederherstellung der sen: Es handelt sich um die Anbringung von Ersatz- nach Ausschneiden von Gewebeteilen verletzten stücken zur Abdeckung von Oberflächendefekten Gesichtsoberfläche. Dies sind (sehr seltene) Eingrif- im Gesicht. Soweit nicht die Augenhöhle und die fe, die nach Beseitigung von Naevi, Fisteln und Abs- Region betroffen sind, ist dies dem Tätigkeitsbereich zessen und auch nach Zahnextraktionen nötig wer- Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. außerhalb des Mundes anzusetzen. Die Gesichts- Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte n Fistelbeseitigung Abszessbeseitigung Anlegen von Jochbeinaufhängungen: Das Jochbein nimmt nicht mehr teil an dem der Zahnheilkunde gesetzlich zugewiesenen Bereich der Kiefer. Vielmehr grenzt das Jochbein – über den Jochbeinfort- Naevi-Beseitigung extraorale plastische Rekonstruktion satz des Oberkiefers – an den der Zahnheilkunde Zahnextraktion zugewiesenen Bereich nur an. Wenn es sich um die Behandlung von Kieferbrüchen handelt, und zwar mittels einer Aufhängung, die am Jochbein zu befestigen ist, dann gehört diese Behandlung von Kieferbrüchen noch zu dem Bereich, der durch das Gesetz Abb. 4 Die extraorale plastische Rekonstruktion von Exzisionsdefekten ist die Wiederherstellung der nach Ausschneiden von Gewebeteilen verletzten Gesichtsoberfläche. Dies sind Eingriffe, die nach Beseitigung von Naevi, Fisteln und Abszessen und auch nach Zahnextraktionen nötig werden können. den Zahnärzten bzw. Oralchirurgen zugewiesenen wurde. Der erforderliche begleitende Übergriff in den benachbarten Bereich rechtfertigt kein allgemeines Verbot, obwohl derartige Eingriffe in Bezug auf das Anlegen von Jochbeinaufhängungen an sich über den eigentlichen Bereich der Zahnheil- Abgrenzung: örtlicher Bereich der Zahnheilkunde kunde hinauswirken. rechtliches Können n rechtliches Dürfen (un-/streitiger Bereich) ausreichende Kenntnisse (Theorie) ausreichende Fähigkeiten (Praxis) Fazit Es handelt sich um eine extrem grundlegende Entscheidung für Zahnärzte. Es ist ein Verdienst des betroffenen Zahnarztes, dass dieser sich nicht mit der Abb. 5 Zunächst ist der Bereich der Zahnheilkunde örtlich abzugrenzen. Danach schließt sich die Frage der Abgrenzung von „rechtlichem Können“ und „rechtlichem Dürfen“ an, was sowohl für den unstreitigen Bereich der zahnärztlichen Tätigkeit als auch für den möglicherweise streitigen Bereich gilt. Der Zahnarzt muss sich in jedem Behandlungsfall die Frage stellen, ob seine Fähigkeiten und Kenntnisse zur ordnungsgemäßen Durchführung des Eingriffs ausreichend sind. Rechtsauffassung des Landgerichts abgefunden hat, sondern den Rechtsstreit bis vor das Oberlandesgericht gezogen hat. Anderenfalls hätte ein rechtskräftiges Urteil im Raum gestanden, das den Zahnärzten einen nicht ganz irrelevanten Teil ihres Behandlungsspektrums abgeschnitten hätte. Die Mühseligkeit einer rechtlichen Auseinandersetzung darf nicht Anlass da- den können (Abb. 4). Damit betreffen derartige Ein- für sein, sich mit einer unzutreffenden Entscheidung griffe im Kern Behandlungen der Zähne und des einer Vorinstanz abzufinden. umgebenden Gewebes: Es geht somit um Eingriffe, n die der Zahnheilkunde gesetzlich zugewiesen sind. Die logische Reihenfolge gebietet es, zunächst einmal Der begleitende Übergriff auf den nicht umfassten den Bereich der Zahnheilkunde örtlich abzugrenzen. Bereich der Gesichtsoberfläche ist vom Grundsatz Danach schließt sich systematisch die Frage der Ab- her zulässig. grenzung von „rechtlichem Können“ und „rechtlichem Versorgung von Gesichtswunden: Die Gesichtsober- Dürfen“ an. Dabei geht es um die Beantwortung der fläche gehört dagegen nicht mehr zu dem der zahnärztlichen Verantwortung, vor allem in puncto Zahnheilkunde zugewiesenen körperlichen Bereich. allfälliges Übernahmeverschulden, ob sich der Zahn- Die Tätigkeit kann folgerichtig nur erlaubt sein, so- arzt im konkreten Einzelfall eine bestimmte Behand- weit sie im Zusammenhang mit der vom Zahnarzt lung auch zutrauen darf. Dies gilt sowohl für den un- gestatteten Ausübung der Zahnheilkunde steht. streitigen Bereich der zahnärztlichen Tätigkeit als auch In Betracht kommt insoweit die Behandlung von für den möglicherweise streitigen Bereich einer zahn- Kieferbrüchen. ärztlichen Tätigkeit. Der Zahnarzt muss sich in jedem Behandlungsfall die Frage stellen, ob seine Fähigkeiten Cave: Demgegenüber ist die Versorgung von und Kenntnisse zur ordnungsgemäßen Durchführung Gesichtswunden „bei Unfällen jeglicher Art“ nicht des Eingriffs ausreichend sind (Abb. 5). mehr rechtlich erlaubt. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 40 Varia Vorwerfbarkeit und Zurechnung von Berufspflichtverletzungen 41 Der Praxismanager erkannte das vorgenannte Konzept als wettbewerbs- und berufswidrig und forderte die Mitarbeiterin des Funkhauses auf, den Text zu ändern oder die zweite Zeile des Textes zu streichen. Er ver- Verstöße gegen die Berufsordnung oder die in den sicherte sich nicht, ob diese Änderungsanforderungen Heilberufekammer-Gesetzen normierten Pflichten auch umgesetzt wurden. Später wurde der fragliche können zur Einleitung eines berufsgerichtlichen Ver- Text unverändert ausgestrahlt. fahrens führen. Ist dies vorgesehen, dann kann ein derartiges Verfahren u. a. mit Verhängung einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro und einer Veröffentlichung der Ver- n Aus den Erwägungen lung stellt durchaus einen „modernen Pranger“ dar. Mit Die oberen Richter hoben die Verurteilung des Zahn- seinem Freispruch in der zweiten Instanz vor dem OLG arztes durch die Vorinstanz auf und sprachen ihn frei. München [10] konnte ein Zahnarzt diesem entgehen. Zwar sah das Gericht in dem ausgestrahlten Werbetext Der zuständige zahnärztliche Bezirksverband hatte eine berufswidrige Werbung: nämlich für den Fall einer Verurteilung den Antrag gestellt, die Verurteilung veröffentlichen zu können. Zum einen forderte der Text zum Zahnarztwechsel auf und war damit auf den Wettbewerb mit anderen Zahnärzten gerichtet. Er stellte daher eine Handlung n Hintergrund zur Verdrängung dieser Mitbewerber dar. Zu beurteilen war der Fall eines Zahnarztes, der meh- Zum anderen lag eine Irreführung vor. Indem mit der rere zahnärztliche Tageskliniken gegründet hatte, die Wendung „bekommen Sie alle zahnmedizinischen Leis- jeweils einen Praxismanager und einen medizinischen tungen zu bezahlbaren Preisen“ auf Gebührentat- Leiter besaßen. Daneben gab es ein sogenanntes Kom- bestände Bezug genommen wurde, wurde zugleich die petenzzentrum, das zuständig war für die Verwaltung Aussage getroffen, dass bei anderen Zahnärzten die aller Kliniken. zahnmedizinischen Leistungen „nicht mehr bezahlbar“ sein könnten. Diese Aussage enthielt einen Preisver- Die Mitarbeiterin eines Funkhauses, die für Werbe- gleich, der unter der Geltung der zahnärztlichen Ge- Akquise zuständig war, sprach den Zahnarzt an. Da der bührenordnung unzulässig ist. Zahnarzt bereits im Januar 2009 wegen der Verletzung von Berufspflichten (unzulässige Werbemaßnahmen) Merke: Nach der zahnärztlichen Gebührenordnung zu einer Geldbuße von 10 000 Euro verurteilt worden ist es nur in beschränktem Maße möglich, bei der war, wies er seinen Praxismanager an, keine Werbe- Festlegung der konkreten Gegenleistung für zahn- maßnahme zu akzeptieren, die in Widerspruch zu den medizinische Leistungen auf die Leistungsfähigkeit Anforderungen des zahnärztlichen Berufsrechts stehen. des Patienten zu achten. Denn die Gebührenord- Die Werbekampagne 2009 war berufsrechtlich nicht nung für Zahnärzte ist nicht nur ein Höchstpreis- beanstandet worden. gesetz, sondern auch ein Mindestpreisgesetz. Später kontaktierte die Mitarbeiterin des Funkhauses Der Werbetext erweckte aber eine gegenteilige Vor- erneut den Praxismanager für eine weitere Werbe- stellung von den Charakteristika der Gebührenordnung maßnahme. Es gab ein erstes Grundkonzept, das als und führte somit in die Irre. Sendeinhalt die Erreichbarkeit der Tagesklinik sowie deren Öffnungszeiten vorsah. Der Zahnarzt wies erneut Der Zahnarzt hatte nicht täterschaftlich gehandelt, als seinen Praxismanager an, dass die konkreten Inhalte das Funkhaus zur Sendung des Werbetextes beauftragt nicht gegen das Berufsrecht verstoßen dürften. Der wurde. Eine Zurechnung aufgrund eines Fehlverhaltens Praxismanager erteilte den Werbefunkauftrag für eines angestellten Zahnarztes oder zahnmedizinischen 5 Wochen. Jede Woche kostete ca. 3800 Euro brutto. Praxismitarbeiters schied von vornherein aus. Das Ursprünglich war als Werbetext vorgesehen: „Es ist x Gericht warf die Frage auf, ob Handlungen Dritter an- Uhr xx, Zeit den Zahnarzt zu wechseln! In der Zahnärzt- sonsten auch zugerechnet werden könnten. Tenden- lichen Tagesklinik Dr. E. bekommen Sie alle zahnmedizi- ziell wurde dies abgelehnt, musste aber nicht beant- nischen Leistungen zu bezahlbaren Preisen. Infos unter wortet werden. www….de.“ Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. urteilung enden. Die Veröffentlichung einer Verurtei- Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Merke: Der Täter kann Berufspflichten nur eigenhändig verletzen. Täter kann nur sein, wer Mitglied Kinderzahnmedizin eines zahnärztlichen Verbandes ist. Der Zahnarzt kann entweder selbst eine Berufspflicht verletzen In einem neuen, höchstrichterlichen Urteil des Bun- oder ihm kann die Verletzung einer Berufspflicht desverwaltungsgerichts [11] scheiterte eine zahnärzt- durch einen Dritten zugerechnet werden, soweit liche Gemeinschaftspraxis mit ihrem Versuch, gegen ihm die Berufsordnung ausdrücklich dieses Han- das Urteil der Vorinstanz noch vorgehen zu können. deln zurechnet. Die Vorinstanz war das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen [12], das über berufsrechtliche Wer- Die zuvor aufgeworfene Frage konnte deswegen offen bebeschränkungen bei einer Selbstbezeichnung als bleiben, weil den Zahnarzt an dem Radiospot kein sub- „Kinderzahnarztpraxis“ zu entscheiden hatte. Die jektives Verschulden traf. Er handelte unvorsätzlich, praktische Bedeutung dieser Entscheidungen ergibt weil ihm das inhaltliche Werbekonzept nicht bekannt sich allein schon aus der höchstrichterlichen und ober- war. Ihm konnte nicht vorgeworfen werden, mit dem gerichtlichen Befassung mit dieser Selbstdarstellung. Praxismanager einen nicht ausreichend qualifizierten Im Folgenden soll die bislang ergangene Rechtspre- Praxismitarbeiter für diese Aufgabe beauftragt zu ha- chung zur Kinderzahnmedizin dargestellt und dis- ben. kutiert werden. Merke: Bei dem Praxismanager handelt es sich um einen nicht zahnmedizinischen Mitarbeiter. Die Vorschrift der Berufsordnung ist nicht anwendbar. Ein Fahrlässigkeitsvorwurf konnte dem Zahnarzt auch Kindgerechtes Mobiliar als Praxisbesonderheit n Hintergrund nicht gemacht werden. Das Gericht hatte erhebliche Zweifel, ob eine Berufspflichtverletzung überhaupt Hintergrund des Urteils des Oberlandesgerichts Düs- fahrlässig begangen werden kann. Denn es fehlte eine seldorf [13] war, dass die zuständige Zahnärztekammer an das Strafgesetzbuch angelehnte Vorschrift. Unab- einen behaupteten Internetauftritt der kammer- hängig davon stellte das Gericht aber fest, dass es nicht angehörigen Zahnärzte als berufs- und wettbewerbs- ausreichte, dass der Praxismanager trotz entsprechen- widrig ansah. Gegenstand des Verfahrens war die der Weisungen und Kontrollen nur einmalig versagt Homepage „weltraum-zahnarzt.com“ der beklagten hatte in Kombination mit einer Schlechterfüllung durch Zahnärzte als Ganzes. Auf der Webseite befanden sich das Funkhaus. die Bezeichnung „die Kinderzahnärzte“ und Bilder, die eine auf Kinder zugeschnittene Praxiseinrichtung zeigten. Es wurde auf die besondere Ausstattung in Form n bestimmter „Themenräume“ (Weltraum, Märchen, Resümee Dschungel, als „Spielzone“ eingerichteter Warteraum) Das berufsgerichtliche Verfahren ist in dem Strafpro- hingewiesen. Personenbezogene Werbung (Abb. 6) zess angeglichen. Insofern sind die Darlegungen des wurde nicht betrieben. Namen, sonstige Angaben oder Gerichts konsequent. Es stellt die Anforderungen des Porträtfotos fehlten völlig. Die Zahnärztekammer Strafrechts dar. Dann prüfen die Richter, ob in dem auf sprach einem Praxismitglied die besondere Qualifika- das Strafrecht abgestimmten berufsgerichtlichen Ver- tion zur Behandlung von Kindern ab. fahren ebenfalls diese Bedingungen erfüllt sind. Für den Zahnarzt ist es wichtig, seine Berufsordnung dahingehend zu prüfen, welches Verhalten ihm zuge- n Aus den Erwägungen rechnet werden kann und welche Vorwerfbarkeitsform (Vorsatz und gegebenenfalls Fahrlässigkeit) existiert. Die Berufung der Zahnärzte gegen das angefochtene Vorurteil der Vorinstanz hatte Erfolg. Die Werbung der beklagten Zahnärzte war nicht unzulässig. Eine Unzulässigkeit konnte nicht aus eigenständigen Vorschriften über Grenzen einer Internetwerbung hergeleitet werden, da es an solchen fehlte. Die beanstandete Homepage war nicht vor dem Hintergrund der Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 42 Varia 43 Schranken der Berufsordnung rechtswidrig, die untersagen, dass „die Gestaltung und die Inhalte (…) das Werbung zahnärztliche Berufsbild (…) schädigen“ bzw. eine „werbende Herausstellung und anpreisende Darstelpersonenbezogen (Qualifikation) lung“ erfolgen. Das Gericht wies darauf hin, dass Werbeverbote und Werbebeschränkungen eine Verfälschung des zahn- ein Zahnarzt mehrere Zahnärzte sachbezogen alle Zahnärzte Praxisausstattung ärztlichen Berufsbildes verhindern wollen, die eintreten würde, wenn der Arzt Werbemethoden verwenden würde, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich Abb. 6 Unterscheidung von personen- und sachbezogener Werbung. sind. nicht an ökonomischen Erfolgskriterien, sondern täuschten sie nicht die Erwartungen der Kinder bzw. an medizinischen Notwendigkeiten orientieren. Es Erziehungsberechtigten, wenn sie die Einrichtung der geht darum, einer gesundheitspolitisch nicht er- Praxis auf Bildern so zeigten, wie sie sich tatsächlich wünschten Kommerzialisierung des Zahnarztberufs darstellte. Denn die Kinder bzw. Erziehungsberechtig- vorzubeugen. Allerdings richten sich Werbeverbote ten müssen selbst entscheiden, ob die Praxiseinrich- und Werbebeschränkungen nur gegen „berufswid- tung die gestellten Erwartungen an eine kindgerechte rige“ Werbemaßnahmen. Raum bleibt dagegen für Zahnarztpraxis erfüllen kann. interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen. Dem Zahn- Was die Beanstandung der Zahnärztekammer anging, arzt ist es gestattet, auf die Besonderheiten seiner dass die Homepage „eine werbende Herausstellung Berufsausübung hinzuweisen. Zum einen ist dem bzw. anpreisende Darstellung“ beinhalte, folgten die Informationsbedürfnis der Patienten in vollem Um- Richter auch dieser Ansicht nicht. Der Hinweis auf be- fang Rechnung zu tragen und zum anderen ist der stimmte „Themenräume“ war zwar geeignet, unter- Begriff der „interessengerechten und sachan- schwellig auf Kinder einzuwirken. Das änderte jedoch gemessenen Informationen“ nicht auf unbedingt nichts daran, dass lediglich die besondere, von den notwendige Angaben zu beschränken. Zahnärzten als kinderfreundlich angesehene Ausstattung der Warteräume und Praxisräume vorgeführt Die Richter hoben hervor, dass sich die Prüfung der Zu- werden sollte. Es ist Sache der Erziehungsberechtigten, lässigkeit einer Internetwerbung von anderer Werbung welche Bedeutung dieser besonderen Ausstattung von unterscheidet. den – potenziellen – Patienten beigemessen wird (Abb. 7). Die Erziehungsberechtigten müssen darüber Der von der Zahnärztekammer erhobene Vorwurf, die entscheiden, wie sie die von den beklagten Zahnärzten Bezeichnung „die Kinderzahnärzte“ täusche in dem geltend gemachte beruhigende und ablenkende Wir- konkreten Umfeld über die Zuerkennung einer – nicht kung einschätzen und deren Wichtigkeit mit anderen existierenden – Zusatzbezeichnung, war unzutreffend. Punkten abwägen. Sie sind es, die sich gegenüber den Die Benennung sollte nur die Praxis kurz bezeichnen. Wünschen ihrer Kinder gegebenenfalls durchsetzen Einen zusätzlichen Beleg für diese Praxiskurzbezeich- müssen. nung sahen die Richter in den Bildern, die die Praxisräume speziell auf Kinder zugeschnitten darstellten. Es verfing nicht, dass in der Praxiskurzbezeichnung „die Kinderzahnärzte“ eine Alleinstellungsbehauptung Auch griff das Monitum der Zahnärztekammer, die Be- gesehen wurde. Die Richter sahen es als fernliegend an, zeichnung täusche über sonstige, nicht vorhandene Ei- dass der Inhalt so verstanden würde, dass die Zahnärz- genschaften der Praxis, nicht durch. Es kam nicht da- te – allfällig im Düsseldorfer Raum – die einzigen für rauf an, ob ein Praxismitglied über eine besondere Kinder geeigneten oder besonders ausgestatteten Qualifikation zur Behandlung von Kindern verfügt. Zahnärzte seien. Denn zum einen ist dem Verkehr be- Denn die Homepage sprach diese Qualifikation weder kannt, dass sich eine Vielzahl von Zahnärzten gerade unmittelbar noch mittelbar an. Gingen die Zahnärzte im Großstadtraum niedergelassen hat. Hinzu kam, dass von einer besonderen Eignung ihrer Praxis für Kinder es an sonstigen Angaben zu Qualifikation, Ausstattung aufgrund der Einrichtung der Praxisräume aus, dann mit technischen Geräten oder Ähnlichem fehlte. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Merke: Die zahnärztliche Berufsausübung soll sich Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte n In einem Stadtanzeiger erschien eine Anzeige mit der Überschrift „Neueröffnung Kinder Zahnarztpraxis“ („ein Elefant im Wartezimmer“), die unter anderem den Hinweis „Neueröffnung Montag, 17. 9. 2007 Kinderzahnärzte“ enthielt. n In der Anzeige wurde auch der angestellte Zahnarzt vorgestellt, und es hieß weiter: „Der kleine rote Elefant, Maskottchen der Zahnärzte, ist in der neu eröffneten Kinderzahnarztpraxis in (…) Straße, überall anzutreffen (…). Der kleine Elefant, der noch namenlos ist, soll helfen, eine kindgerechte Atmosphäre herzustellen, in der sich die kleinen Besucher wohl und sicher fühlen. Natürlich schafft Herr (…) [Anm. des Autors, gemeint ist der Kinderzahnarzt] das auch alleine, aber mit einem Elefanten als Verstärkung klappt das doppelt so gut. Der Zahnarzt arbeitet schon lange an den Zähnen von Kindern, er selbst ist Vater und hat spezielle Fortbildungen besucht, die ihn für die Arbeit an den jungen Patienten bestens geschult haben. Er nimmt den Kindern die Angst vor dem Zahnarztbesuch, erklärt ausführlich die Zahnpflege und vermittelt Spaß und Freude im Umgang mit der Abb. 7 Es ist Sache der Erziehungsberechtigten, welche Bedeutung einer besonderen, kindgerechten Ausstattung beigemessen wird. Die Erziehungsberechtigten müssen darüber entscheiden, wie sie die beruhigende und ablenkende Wirkung für ihre Kinder einschätzen. Zahnbürste (…).“ n Aus den Erwägungen Die Berufung der Gemeinschaftspraxis gegen das Urteil Personalqualifikation der Vorinstanz blieb überwiegend erfolglos. Das Gericht bestätigte die Untersagung, sich als „Kinderzahn- n arzt“ und die Praxis als „Kinderzahnarztpraxis“ zu be- Hintergrund zeichnen, als rechtmäßig. Hintergrund des Urteils des OVG Nordrhein-Westfalen [12] war ein Rechtsstreit zwischen einer zahnärzt- Die Begriffe „Kinderzahnarzt/Kinderzahnärzte“ und lichen Gemeinschaftspraxis (3 Gesellschafter, 2 an- „Kinderzahnarztpraxis“ waren berufswidrig, weil irre- gestellte Zahnärzte) und einer Kammer. Die Gemein- führend. Der Begriff „Kinderzahnarzt/Kinderzahnärz- schaftspraxis bezeichnete sich als „Praxis für te“ suggerierte, sämtliche Kläger verfügten über eine Zahnmedizin“. von der Kammer anerkannte besondere personenbe- Auf der Internetpräsenz der zahnärztlichen Gemein- eines Tätigkeitsschwerpunkts. Das war nicht der Fall. schaftspraxis befindet sich auf der Startseite der Hin- Der Begriff „Kinderzahnarztpraxis“ ließ sogar ver- weis, dass muten, sämtliche der in der Praxis der Kläger tätigen zogene Qualifikation – und zwar zumindest in Form n n die Abteilung „Kinderzahnärzte“ Teil der Praxis für Zahnärzte verfügten über eine entsprechende per- Zahnmedizin sei und dass ein angestellter Zahnarzt sonenbezogene Qualifikation, obwohl ausschließlich „der Kinderzahnarzt“ sei. der in der Praxis angestellte Zahnarzt schwerpunkt- Vorgestellt wird dieser angestellte Zahnarzt unter mäßig im Bereich der Kinderzahnheilkunde tätig ist. anderem mit den Worten „Herr (…) ist Familien- Dieser Irrtum führt auch zu einer Verunsicherung des vater. Er weiß deshalb aus eigener Erfahrung, dass für betroffenen Publikums. Kinder der Besuch beim Zahnarzt immer etwas Besonderes ist. Der Kinderzahnarzt (…) hat sich in Fortbildungen speziell schulen lassen, um den medizinischen und emotionalen Bedürfnissen seiner kleinen Patienten gerecht zu werden.“ Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 44 Varia 45 Merke: Bei der Frage, ob der Begriff „Kinderzahnarzt“ missverständlich und irreführend ist, ist auf die Sicht der Erziehungsberechtigten abzustellen, die – ggf. auch gegen den Wunsch ihrer Kinder als potenzielle Patienten – die Entscheidung treffen, welcher Zahnarzt die Behandlung ihres Kindes übernehmen soll. Dieser Personenkreis hat vorrangig ein erhebliches Interesse an weitergehenden Informationen darüber, wer im Bereich der Kinderzahnheilkunde nachhaltig tätig ist. Zum maßgeblichen Verkehrskreis zählt aber auch das allgemeine Publikum. personenbezogene Aspekte innewohnen, verbindet der betroffene Personenkreis mit dem Begriff „Kinderzahnarzt“ nicht nur eine auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern ausgerichtete Praxis. Vielmehr wird eine besondere persönliche Qualifikation des behandelnden Zahnarztes erwartet (Abb. 8). Abb. 8 Da dem Begriff „Kinderzahnarzt“ sowohl sach- als auch personenbezogene Aspekte innewohnen, verbindet der betroffene Personenkreis mit dem Begriff „Kinderzahnarzt“ nicht nur eine auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern ausgerichtete Praxis. Vielmehr wird eine besondere persönliche Qualifikation des behandelnden Zahnarztes erwartet. Cave: Ein „Kinderzahnarzt“ muss – zumindest nach Ansicht des OVG – nachhaltig auf dem Gebiet der rung, dass der Eindruck entstünde, als verfügten die Kinder- und Jugendzahnheilkunde tätig sein, also Zahnärzte jeweils über eine von der Kammer aner- jedenfalls überwiegend Kinder und Jugendliche kannte besondere personenbezogene Qualifikation in behandeln, sich viel Zeit bei der Behandlung von Form des Tätigkeitsschwerpunkts der „Kinderzahn- Kindern nehmen und aufgrund seiner besonderen heilkunde“, hatte dagegen vor Gericht Bestand. Denn Erfahrungen und Kenntnisse auf dem Gebiet der mit der Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ wurde Kinderzahnheilkunde intensiv auf die kindliche sogar der Anschein erweckt, als verfügten sämtliche Psyche eingehen. der in der Praxis tätigen Zahnärzte über eine besondere personenbezogene Qualifikation im Bereich der Kin- Dagegen griff der Vorwurf der Kammer, mit der Be- derzahnheilkunde, was erst recht nicht gegeben war. zeichnung „Kinderzahnarzt/Kinderzahnärzte“ und „Kinderzahnarztpraxis“ würde über das Führen einer Cave: Mit der Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ nach der Berufsordnung nicht vorgesehenen Fach- kann nach Ansicht des OVG der Anschein erweckt zahnarztbezeichnung getäuscht, nicht durch. Dass ein werden, dass alle Zahnärzte gemäß den zuvor dar- Zahnarzt nachhaltig auf dem Gebiet der Kinderzahn- gelegten Anforderungen qualifiziert sind. Eine heilkunde tätig sein müsse, bedeute nicht, dass poten- „griffige“ Praxisbezeichnung kann demnach auf zielle Patienten vom Vorliegen einer qualifizierten alle praktizierenden Zahnärzte abfärben. Die Pra- speziellen Weiterbildung im Sinne einer Fachzahnarzt- xisbezeichnung gibt insofern „Farbe“ ab, als dass ausbildung ausgehen würden. Aus der Existenz einer von allen Zahnärzten die suggerierte Qualifikation Facharztbezeichnung „Kinderarzt“ könne noch nicht erwartet wird. (zwingend) geschlossen werden, dass es in der anderen Berufsgruppe der Zahnärzte eine begrifflich ähnliche Fachzahnarztbezeichnung gebe. Praxistipp Der Zahnarzt sollte diese Entscheidung zum Anlass neh- Merke: Es bestehen keine zwingenden Wechsel- men, seinen Außenauftritt zu überprüfen. Wenn er mit beziehungen zwischen den Berufsgruppen „Ärzte“ seiner prägnanten „Praxisbezeichnung“ eine Qualifika- einerseits und „Zahnärzte“ andererseits. tion suggeriert, muss er prüfen, ob er dieser auch gerecht wird. Anderenfalls muss er seine Zahnarztpraxis-Präsen- Die „Rüge“ der Kammer, mit der Bezeichnung als „Kin- tation ändern. derzahnarzt/Kinderzahnärzte“ käme es zu der Irrefüh- Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Da dem Begriff „Kinderzahnarzt“ sowohl sach- als auch Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Die Zahnärzte waren nicht nachhaltig im Bereich der wurde zunächst der Eindruck vermittelt, als handle Kinderzahnheilkunde tätig. Es reichte nicht, dass alle es sich um eine eigenständige „Kinderzahnarztpra- Zahnärzte zusammen jährlich mehrere 100 Kinder be- xis“. Der mit dieser Vorstellung „angelockte“ Patient handelten. Denn sie waren schon allein aufgrund ihres musste aber auf der Startseite feststellen, dass die Internetauftritts in anderen Bereichen tätig: Laut der vermeintlich eigenständige Kinderzahnarztpraxis Website erwarb ein Zahnarzt durch zahlreiche Fortbil- (nur) eine „Abteilung Kinderzahnärzte“ der Praxis dungen Wissen im Bereich der Kieferorthopädie, Implantologie, der ästhetischen Zahnheilkunde und des für Zahnmedizin ist. n Eine 3. Irreführung entstand unter der Bezeichnung Zahnersatzes. Ein anderer Zahnarzt erweiterte durch „Team“, das sich in „Mitarbeiterinnen“ und „Ärzte“ zahlreiche Weiterbildungen im Bereich des Zahnersat- aufteilte. Der verwendete Plural „Ärzte“ erweckte zes und der Parodontologie sein Wissen, weshalb er den Eindruck, als seien bei den „Kinderzahnärzten“ berechtigt sei, den Tätigkeitsschwerpunkt Parodonto- mehrere beschäftigt, was tatsächlich nicht der Fall logie zu führen. Der dritte teilhabende Zahnarzt bildete sich regelmäßig in den Teilbereichen Zahnerhaltung war. n Eine 4. Irreführung durch die Verwendung der In- und Zahnersatz fort. Lediglich hinsichtlich eines ange- ternetadresse war die Folge, weil sie den Eindruck stellten Zahnarztes wurde angegeben, dass sich dieser erweckte, als handle es sich um einen (allgemeinen) im Bereich der Kinder- und Jugendzahnheilkunde Zusammenschluss sämtlicher Hammer „Kinder- weitergebildet habe und eine Zertifizierung in diesem zahnärzte“. Bereich erworben habe. Ferner war die Beanstandung der Kammer zutreffend, dass die Gemeinschaftspraxis ihre Praxis nicht als Expletives Selbstverständnis eines Berufsverbands „Kinderzahnarztpraxis“ bezeichnen konnte. Denn die Bezeichnung „Kinderzahnarzt“ war als besondere per- n Einleitung sönliche Qualifikation anzusehen. Das OVG NRW ließ das Rechtsmittel Revision zum Cave: Die Bezeichnung „Kinderzahnarztpraxis“ BVerwG nicht zu. Damit hätten die Zahnärzte kein weist nicht nur allgemein darauf hin, dass eine Rechtsmittel mehr gehabt. Die Rechtsanwälte der Praxis vielfältige Bereiche der Zahnheilkunde Zahnärzte wollten den Weiterzug des Urteils vor das abdeckte. BVerwG dennoch erreichen, indem sie bei diesem Beschwerde einlegten. Das BVerwG ließ die Revision im Das Gericht sprach es der Gemeinschaftspraxis auch ab, Ergebnis [11] nicht zu. Von Interesse sind lediglich die dass ein überwiegendes Informationsbedürfnis der gerichtlichen Ausführungen, mit denen die obersten potenziellen Patienten bestünde, welches es rechtfer- Richter Position beziehen bezüglich der Werbe- tigen könnte, die Bezeichnung „Kinderzahnarzt“ unab- beschränkungen. hängig von einem Tätigkeitsschwerpunkt Kinderzahnheilkunde zu führen. n Aus den Erwägungen Es war auch rechtmäßig, dass der Bescheid untersagte, die Internetadresse „www.kinderzahnaerzte-hamm. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Rüge der de“ für ihre Praxishomepage zu verwenden. Die Be- Kläger, das OVG hätte nicht bei der Bewertung, ob die grifflichkeit stellte eine irreführende Werbung dar: Bezeichnung „Kinderzahnarzt“ irreführend sei, auf die n n Die 1. Irreführung ergab sich daraus, dass ein Verkehrsauffassung und das Leitbild eines durch- Schwerpunkt der Tätigkeiten im Bereich der Kin- schnittlich informierten, verständigen Verbrauchers derzahnheilkunde vorgespiegelt wurde, der tat- bzw. Patienten abgestellt, traf nicht zu. Zum einen ging sächlich nicht gegeben ist. Schon durch die Verwen- das OVG explizit davon aus, dass bei der Bewertung von dung des Begriffs „kinderzahnaerzte-hamm“ wird Werbemaßnahmen auf das Verständnis der angespro- der Eindruck vermittelt, als seien sämtliche in der chenen Verkehrskreise und auf den Maßstab eines Praxis tätigen Zahnärzte „Kinderzahnärzte“, was durchschnittlich informierten und verständigen Pa- nicht der Fall ist. tienten abzustellen ist. Eine 2. Irreführung resultierte aus den zugänglich gemachten Informationen: Diese waren widersprüchlich. Mit der Verwendung der Internetadresse Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 46 Varia Zum anderen war es zulässig, dass das OVG NRW er- schützten Weiterbildungsbezeichnung des Androlo- gänzend das Verständnis des Bundesverbands der Kin- gen). 47 derzahnärzte (BuKiZ e. V.) in den Blick genommen hat. Laut dem OVG NRW darf sich als „Kinderzahnarzt“ nur Merke: Ein zahnärztlicher Berufsverband kann derjenige Zahnarzt bezeichnen, der in seiner Person die Einfluss ausüben auf das Begriffsverständnis der Voraussetzungen für die Angabe eines „Tätigkeits- Verbraucher. schwerpunkts der Kinderzahnheilkunde“ erfüllt. Es hätte nahe gelegen, dass die Vorstellung des Publi- Merke: Mit dem Begriff „Kinderzahnarzt“ verbin- kums über den Begriff des „Kinderzahnarztes“ auch det laut OVG NRW der maßgebliche Verkehrskreis von dem in der Öffentlichkeit vermittelten Selbstver- eine auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern ständnis eines entsprechenden Berufsverbands beein- ausgestattete Praxis und eine besondere persönli- flusst werden kann. Auch griff die Rüge nicht durch, das che Qualifikation des behandelnden Zahnarztes. mit der einzigen Möglichkeit einer Einzelfallerlaubnis. Cave: Bezeichnet sich eine Zahnarztpraxis als „Kin- Das OVG hat vielmehr in Übereinstimmung mit den derzahnarztpraxis“, ohne dass sämtliche der dort verfassungsgerichtlichen Vorgaben darauf abgestellt, tätigen Zahnärzte die Voraussetzungen für die An- dass Ärzten Werbebeschränkungen nur auferlegt wer- gabe eines „Tätigkeitsschwerpunkt des Kinder- den können, wenn dies aus Gründen des Gemeinwohls zahnheilkunde“ erfüllen, dann liegt berufswidrige gerechtfertigt ist. Werbung vor. Die Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des OVG Resümee zur Kinderzahnmedizin NRW haben gemeinsam, dass hinsichtlich der Frage, Das OVG NRW wies darauf hin, dass die Bezeichnung den Erziehungsberechtigten abzustellen ist. Damit „Zahnarzt für Kinderzahnheilkunde“ noch mehr Nähe reicht es nicht aus, dass ein Erwachsener, bei dem und Vergleichbarkeit zum „Fachzahnarzt für…“ sugge- selbst eine Zahnbehandlung ansteht, annehmen könn- rieren könnte. te, ein „Kinderzahnarzt“ nehme die Behandlung vor. was unter einem „Kinderzahnarzt“ zu verstehen ist, auf Cave: Zur Vermeidung von Wettbewerbsverstößen In dem Entscheid des OLG Düsseldorf stellten die sollte der Zahnarzt folgerichtig mindestens Vor- Zahnärzte nicht ihre besondere Qualifikation zur Be- sicht walten lassen bei der Wortkombination handlung von Kindern heraus, sodass die Bezeichnung „Zahnarzt für …“. „die Kinderzahnärzte“ nicht über eine besondere Qualifikation täuschte. Von dieser Bezeichnung ging auch Der Hinweis in dem Urteil des OVG NRW, „aus der nicht eine Täuschung über die besondere Eignung der Existenz einer Facharztbezeichnung könne nicht zwin- Einrichtung der Räume für Kinder aus. Danach kann die gend auf eine Fachzahnarztbezeichnung geschlossen Bezeichnung „die Kinderzahnärzte“ rein interieur- werden“, bedarf zur Vermeidung von Missverständnis- gebunden sein. sen ergänzender Erläuterung. Das Gericht legt dar, dass es sich bei der Berufsgruppe des Arztes und der Be- In dem Entscheid des OVG NRW ging es auch um die rufsgruppe des Zahnarztes um unterschiedliche Be- hervorgehobene Qualifikation der Mitarbeiter für die rufsklassen handelt, sodass eine Verwechslungsgefahr Behandlung von Kindern. Das unterscheidet zwar die daraus nicht hergeleitet werden könne. Innerhalb einer Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des OVG Berufsklasse kann die Verwechslungsgefahr dagegen Nordrhein-Westfalen. Diese Besonderheit darf aber durchaus gegeben sein (z. B. „Männerarzt“ mit der ge- nicht zu der Annahme verleiten, dass ansonsten die Rechtsauffassungen der Gerichte deckungsgleich wä- Praxistipp ren. Denn das OVG NRW sieht die Bezeichnung „Kinderzahnarzt“ ausschließlich personengebunden (als Bei der schlagwortartigen Beschreibung der eigenen Tä- Personalqualifikation) und nicht alternativ mobiliar- tigkeit muss der Zahnarzt darauf achten, dass er nicht gebunden an. Nur so lässt sich erklären, dass das Ge- formelhafte Stichworte benutzt, die in einer suggestiven richt den Leitsatz aufgestellt hat, dass sich als „Kinder- Nähe zu einer Weiterbildungsbezeichnung stehen. zahnarzt“ nur derjenige Zahnarzt bezeichnen darf, der in seiner Person die Voraussetzungen für die Angabe Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. OVG NRW hätte ein generelles Werbeverbot statuiert Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte eines „Tätigkeitsschwerpunkts des Kinderzahnheil- bung mit „Kinderzahnmedizin“ hängt aufgrund der kunde“ erfüllt. unterschiedlichen Rechtsauffassungen davon ab, für welches Vorgehen sich eine Zahnärztekammer zukünf- Dies wirft die Frage auf, warum das OVG NRW sich auch tig entscheidet. Es ist angesichts der kammerfreundli- nicht mit der anderen Auffassung des OLG Düsseldorf cheren Rechtsprechung des OVG zumindest für NRW auseinandergesetzt hat. Dies ist damit zu beantworten, zu erwarten, dass die Kammer gemäß der „Rosinen- dass das OLG Düsseldorf für zivilrechtliche Streitigkei- theorie“ den Rechtsweg vor das Verwaltungsgericht ten zuständig ist, zu denen auch die wettbewerbs- suchen wird. Dies kann sie über eine standesrechtliche rechtlichen Auseinandersetzungen gehören. Die Kam- Maßnahme erreichen. Zumindest aus gerichtlichen mer war also aus dem Wettbewerbsrecht heraus gegen Kompetenzgesichtspunkten sei an dieser Stelle der die Zahnärzte vorgegangen. In dem anderen Fall des Hinweis erlaubt, dass der Gang vor ein Zivilgericht für OVG NRW ging die Kammer berufsrechtlich gegen ihre die betroffenen Kammermitglieder sinnvoller sein und Mitglieder vor. Dies führte dazu, dass die Streitigkeit auch eher in deren Interesse liegen kann. Bei den vor einem Verwaltungsgericht ausgetragen wurde. Da Zivilgerichten gibt es regelmäßig Senate, die sich im es sich um unterschiedliche Gerichtszweige handelte, Wesentlichen nur mit wettbewerbsrechtlichen Ange- ist es zulässig, dass in diesen Gerichtszweigen kontro- legenheiten beschäftigen. Dieser Erfahrungsschatz verse Standpunkte vertreten werden. Nicht festgestellt dürfte eine ausgewogenere Beurteilung werberecht- werden kann, ob die Kammer bewusst einen anderen licher Sachverhalte erlauben. Bei den Verwaltungs- Gerichtszweig gewählt hat, weil sie mit dem früheren gerichten gibt es das in dieser Form nicht, da § 13 UWG Ergebnis des OLG Düsseldorf nicht zufrieden war. Es die wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten den Zi- liegt im Wahlrecht einer Kammer, ob sie gegen die vilgerichten und nicht den Verwaltungsgerichten zu- Zahnärzte berufsrechtlich und/oder wettbewerbs- weist. rechtlich vorgeht. Cave: Bei der Beurteilung der eigenen Rechtslage Cave: Eine Zahnärztekammer kann Verstöße gegen sollte der Zahnarzt vorsichtig sein (z. B. via Internet die jeweilige Berufsordnung nicht nur mit standes- Antworten zu „googeln“), da die Rechtsaufassung rechtlichen Maßnahmen, sondern auch mit einem eines Gerichtszweiges nicht zwingend für den an- wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Unterlas- deren Gerichtszweig gilt. sung verfolgen. Interessant ist die ergänzende Heranziehung der Sicht Das nicht konsequente Vorgehen in ein und demselben eines Berufsverbandes, um zu ermitteln, welches Ver- Gerichtszweig führt allerdings hier zu einem unglück- ständnis die Patienten möglicherweise einer Selbst- lichen Ergebnis, nämlich einer Verunsicherung für darstellung beimessen. Zahnärzte, wie die Rechtslage zu beurteilen ist. Die Beurteilung ähnlicher Sachverhalte bezüglich der Wer- Zahnärztliche Preispolitik Berufsrechtliche und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen bei irreführender Werbung Wie zuvor aufgezeigt wurde, kann irreführende Werbung berufsrechtliche und/oder wettbewerbsrechtliche Konsequenzen haben. Die Heilberufsgesetze sehen regelmäßig die Möglichkeit von Zwangsgeld bzw. einer Rüge mit Ordnungsgeld vor. In einem berufsgerichtlichen Verfahren kann bei Verletzung von Berufspflichten der Ausspruch über Warnung, Verweis, Entziehung des passiven Berufswahlrechtes, einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro bis hin zur Feststellung der Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs lauten. Daneben oder ausschließlich kann auch wettbewerbsrechtlich unter bestimmten Voraussetzungen vorgegangen werden. Ergebnis eines Prozesses im Wettbewerbsrecht kann ebenfalls die Androhung eines Ordnungsgeldes sein, allerdings regelmäßig bis zu einer Höhe von 250 000 Euro. Daneben kann auch ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angeordnet werden. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 In der freien Wirtschaft hat sich herauskristallisiert, dass die Rabattgewährung den Verbraucher eher zu einer Geldausgabe motiviert als ein permanent niedriger Preis. Gleichzeitig wird ein Rabatt von einem Werbeeffekt begleitet. Mit Rabatten und damit einem unterschiedlichen Preisniveau im Vergleich zur Konkurrenz kann erfolgreich Wettbewerb betrieben werden. Dieser Preiswettbewerb hat aber nicht nur in der freien Wirtschaft, sondern auch im Gesundheitssektor seine Grenzen. Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 48 Varia 49 Internetwerbung für zahnärztliche Leistungen mit Rabatten und Festpreisen n Hintergrund Hintergrund des Urteils des LG Berlin [14] ist ein Streit zwischen einer berufsständischen Vertretung der Zahnärzte und einem Internetportal bezüglich der Werbung für (gleich noch darzustellende) zahnärztliche Leistungen (Abb. 9). Der Portalbetreiber bietet für verschiedene Städte sogenannte „Deals“ an. Im Rahmen derer werden z. B. Restaurantbesuche, Freizeitveranstaltungen usw. zu rabattierten Preisen angeboten. Im Rahmen dieser „Deals“ werden unter der Vorausfern den angebotenen „Deal“ annimmt, die angebotenen Leistungen zu festgelegten rabattierten Preisen angeboten, die das Internetportal jeweils mit der Formulierung „Aktuelles Angebot: x EUR statt x Euro (…)“ bewirbt. Unter den angebotenen „Deals“ finden sich auch Angebote für Leistungen von Zahnärzten, wobei die angebotenen Leistungen vom Bleaching über die Professio- Abb. 9 Auf Internetportalen werden zahnärztliche Leistungen mit Rabatten und Festpreisen angeboten. nelle Zahnreinigung (PZR) und die kieferorthopädische Zahnkorrektur bis zu einem Wertgutschein für ein Zahnimplantat mit Keramikkrone und eine Komposit- §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. §§ 2, 4, 5 GOZ. füllung reichen. Beispielsweise wurden angeboten: Denn die „Deals“ wurden zu Festpreisen beworben. n n n n n eine PZR für 24,90 Euro statt 80 Euro bei einem Zahnarzt mit einem angegebenen Rabatt von 69%, Die streitgegenständliche Werbung für eine PZR, eine ein Bleaching in der Praxis der City Zahnärzte für 69 kieferorthopädische Zahnkorrektur, eine Implantat- Euro statt 169 Euro mit einem angegebenen Rabatt und/oder prothetische Versorgung sowie eine Zahnfül- von 65%, lung aus Kompositen verstießen gegen die GOZ. Es eine Zahnkorrektur durch Invisalign in einer kiefer- wurde in den angebotenen Deals jeweils zahnärztliche orthopädischen Fachpraxis für 1950 Euro statt 4500 Leistungen beworben und nicht nur der Kauf von Ma- Euro mit einem angegebenen Rabatt von 57 %, terial. eine Implantatbehandlung bei einem Zahnarzt für 999 Euro statt 2000 Euro mit einem angegebenen Gemäß § 15 des Gesetzes über die Ausübung der Zahn- Rabatt von 50%, heilkunde (ZHG) sind in der GOZ Mindest- und eine Kompositfüllung bei einem Zahnarzt für 14,90 Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen fest- Euro statt 150 Euro mit einem angegebenen Rabatt zusetzen. Nach § 5 Abs. 1 GOZ bemisst sich die Höhe der von 90%. Gebühr nach dem 1- bis 3,5-Fachen des in dem Gebüh- Der Werbung auf dem Portal liegen Kooperationsver- renverzeichnis (Anlage 1 GOZ) genannten Gebühren- einbarungen zugrunde, die der Portalbetreiber mit den satzes. Gemäß § 5 Abs. 2 GOZ sind die Gebühren durch Anbietern der Leistungen abschließt. den Zahnarzt innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei n Aus den Erwägungen der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Der Unterlassungsanspruch der streitgegenständlichen Merke: Die Vorschriften über die Preisgestaltung Werbung für eine PZR, eine kieferorthopädische Zahn- zielen darauf ab, einen ruinösen Preiswettbewerb korrektur, eine Implantatversorgung und/oder prothe- um Patienten im Interesse eines funktionierenden tische Versorgung und eine Zahnfüllung ergab sich aus Gesundheitswesens zu verhindern und gleiche Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. setzung, dass eine bestimmte Mindestanzahl von Käu- Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Es lässt sich auch nicht pauschal festlegen, welche Definitionen Leistungen medizinisch notwendig sind und welche Leistungswettbewerb ist der Wettbewerb, bei dem Absatz und Beschaffung nicht. Dies muss vielmehr im Einzelfall festgestellt allein durch die eigene tüchtige Leistung gefördert werden sollen [16]. werden anhand des Kiefernstatus des jeweiligen Beim Preiswettbewerb geht es darum, Absatz und Beschaffung durch die Preis- Patienten. politik zu fördern. In der Regel geht es darum, den Preis eines Konkurrenten mit einem noch günstigeren eigenen Preis zu kontern. Das Anbieten der zahnärztlichen Leistungen zu Festpreisen ist nicht von § 2 GOZ gedeckt. Gemäß § 2 Abs. 1 Der Grundsatz der Bestimmung nach billigem Ermessen bedeutet, dass der GOZ kann eine von der GOZ abweichende Gebühren- Zahnarzt die Gebühr unter Berücksichtigung der in § 5 Abs. 2 GOZ genannten, höhe zwar festgelegt werden. Dies rechtfertigt aber abschließend aufgezählten Bemessungskriterien so festsetzen muss, dass diese keine Pauschalpreise. Eine Honorarvereinbarung über dem Wert seiner zahnärztlichen Leistung entspricht, also angemessen ist. eine von der GOZ abweichende Gebührenhöhe ist nur Für die Ausübung des billigen Ermessens ist eine individuelle Beurteilung der ein- insoweit möglich, als dass ein anderer Steigerungsfak- zelnen Leistung erforderlich. Daher verbietet sich eine schematische Betrach- tor vereinbart werden kann. Die Vereinbarung einer tungsweise, bei der die Höhe des Steigerungssatzes ohne Rücksicht auf die abweichenden Punktzahl oder eines abweichenden besonderen Umstände bei der Erbringung der Einzelleistungen einheitlich für Punktwerts ist nicht zulässig. Weder die Vorschriften sämtliche Leistungen festgesetzt wird. des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 4 GOZ) noch die Bestimmungen über die Zahnarztrechnung können abgedungen werden. Gleiches gilt für die in den Vorschriften des Allgemeinen Teils enthaltenen Berechnungsregelungen. rechtliche Voraussetzungen für die auf dem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen [15]. Anders als Merke: Auch der Gebührenberechnung aufgrund in der gewerblichen Wirtschaft steht bei Zahnärz- einer abweichenden Vereinbarung sind das Gebüh- ten nicht der Preiswettbewerb, sondern der Leis- renverzeichnis sowie die jeweiligen Punktzahlen tungswettbewerb mit Anforderungen wie zahn- und Punktwerte zugrunde zu legen [17]. Folglich ist ärztlichem Können und Vertrauenswürdigkeit im auch die Vereinbarung einer Pauschalvergütung Vordergrund. unzulässig [18]. Indem auf dem Portal die ersichtlichen zahnärztlichen Ein Verstoß gegen die GOZ kommt nur insoweit in Be- Leistungen zu Festpreisen angeboten worden sind, ist tracht, als die Leistungen auch tatsächlich nach der GOZ bei der Preisgestaltung lediglich eine solche schema- abgerechnet werden. Das ist bei einem Implantat bzw. tische Betrachtungsweise vorgenommen worden, ohne einer prothetischen Versorgung, einer Zahnkorrektur Rücksicht auf die besonderen Umstände bei der Er- sowie einer Zahnfüllung der Fall, ebenso nach der seit bringung der Leistungen. Die erfolgte Werbung mit dem 01. 01. 2012 geltenden GOZ bei einer PZR. Die Ab- Festpreisen – ohne den Patienten vorab gesehen zu rechnung eines Bleachings ist dagegen nicht in der GOZ haben – ist mit der erforderlichen Ermessensausübung enthalten. Es handelt sich hierbei um eine private nicht zu vereinbaren. Wunschleistung, deren Preis zwischen dem Zahnarzt und dem Patienten individuell vereinbart wird. Es kam nicht darauf an, ob zu Festpreisen medizinisch notwendige oder darüber hinausgehende Leistungen Merke: Ein Verstoß gegen die GOZ kommt nur angeboten worden sind. insoweit in Betracht, als die Leistungen auch tatsächlich nach der GOZ abgerechnet werden. Merke: § 5 Abs. 2 GOZ gilt für alle privatzahnärztlichen Leistungen und nicht nur für die notwendige Es handelt sich bei den Vorschriften auch um eine zahnärztliche Versorgung. Auch bei medizinisch Marktverhaltensregelung, aus deren Verletzung ein nicht notwendigen Leistungen, welche gemäß § 1 Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG folgt. Die Vorschriften Abs. 2 GOZ nur berechnet werden dürfen, wenn sie sind zumindest auch dazu bestimmt, im Interesse der auf Verlangen des Patienten durchgeführt werden, Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Min- hat der Zahnarzt seine Gebühren gemäß § 5 Abs. 2 destpreisvorschriften stellen Marktverhaltensregelun- GOZ innerhalb des Gebührenrahmens nach billigem gen auch im Interesse der Mitbewerber dar. § 5 Abs. 2 Ermessen zu bestimmen. GOZ und § 2 Abs. 1 GOZ zielen darauf ab, einen Preiswettbewerb um Patienten im Interesse eines funktio- Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 50 Varia nierenden Gesundheitswesens zu verhindern und glei- 51 Tabelle 1 che rechtliche Voraussetzungen für die auf dem Markt Verschiedene Gesichtspunkte bei den sich gegenüberstehenden Interessen der Erhaltung von Gebührenmindestsätzen einerseits und des Preiswettbewerbs andererseits. tätigen Wettbewerber zu schaffen. Es geht darum, Transparenz und Rechtssicherheit bei der Preisbemessung auch im Interesse der Mitbewerber zu schaffen. Weiterhin bestand ein Unterlassungsanspruch bezüglich der Werbung für eine kieferorthopädische Zahn- Erhaltung von Gebührenmindestsätzen Preiswettbewerb ruinöser Preiswettbewerb kein ruinöser Preiskampf bei PZR als Zusatzgeschäft funktionstüchtiges Gesundheitswesen PZR ist eine nützliche und die Zahngesundheit fördernde Leistung gleiche rechtliche Voraussetzungen für alle Zahnärzte Möglichkeit der Prophylaxemaßnahme auch für solche Patienten, die sich an sich eine professionelle Zahnreinigung nicht leisten können korrektur, eine Implantatversorgung und/oder prothetische Versorgung und eine Zahnfüllung aus § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. GOZ unter dem Gesichtspunkt der § 15 ZHG ergibt sich, dass in der GOZ Mindest- und Höchstsätze für zahnärztliche Leistungen festzusetzen sind. n Die Zahnkorrektur wurde für 1950 Euro angeboten, obwohl der Mindestsatz gemäß GOZ 2753,81 Euro zeitlich begrenzte Angebote beträgt. n PZR: Professionelle Zahnreinigung Das Implantat mit Keramikkrone wurde für 999 Euro angeboten, obwohl der Mindestsatz nach GOZ 1106,69 Euro beträgt. n Eine Kompositfüllung wurde für 14,90 Euro ange- Merke: Dem Arzt bzw. Zahnarzt ist nicht jede, son- boten, obwohl sich für eine solche auf der Grundlage dern lediglich die berufswidrige Werbung verboten der GOZ seit dem 01. 01. 2012 ein Gebührenrahmen [19]. Die berufsbezogene und sachangemessene von 26,95 bis 129,33 Euro bzw. bei einer mehr als Werbung ist ihm erlaubt [20]. dreiflächigen Füllung von 50,62 bis 177,16 Euro ern gibt. Die Unzulässigkeit von Werbung folgt noch nicht allein Eine PZR wurde für 24,90 Euro angeboten, obwohl daraus, dass sich hierfür auf der Grundlage der GOZ seit n 01. 01. 2012 bei einem Durchschnittsgebiss von 28 Zähnen ein Gebührenrahmen von 49,58 bis 173,69 der gewerblichen Wirtschaft üblich ist [21], n Euro ergibt. § 2 Abs. 1 GOZ gestattet, eine von dieser Verordnung es sich allein um eine Werbemethode handelt, die in Aufmerksamkeit und Interesse beim Patienten geweckt werden soll, n neue Patienten gewonnen werden sollen und n überhaupt eine Rabattierung stattfindet. abweichende Höhe der Vergütung zu vereinbaren und zwar ausnahmsweise auch die Vereinbarung einer Cave: Gemeinwohlbelange rechtfertigen es dage- Vergütung, die die Mindestsätze unterschreitet. Ferner gen, Verhaltensweisen entgegenzuwirken, die den ergibt eine verfassungskonforme Auslegung des § 2 Eindruck vermitteln, der Arzt stelle die Erzielung Abs. 1 GOZ, dass eine Gebührenunterschreitung jeden- von Gewinn über das Wohl seiner Patienten und falls dann zulässig sein muss, wenn dies eine Abwä- deren ordnungsgemäße Behandlung. gung der betroffenen Verfassungsgüter gebietet. Allein aufgrund der Werbung mit Rabatt kann nicht In die Abwägung der sich gegenüberstehenden Inte- gefolgert werden, dass ressen bei einer PZR waren die in Tab. 1 genannten n Gesichtspunkte einzustellen. Bezüglich der anderen Wohl seiner Patienten und deren ordnungsgemäße Leistungen gab es keine Gemeinwohlinteressen, die eine Gebührenunterschreitung hätten ausnahmsweise rechtfertigen können. der Zahnarzt die Erzielung von Gewinn über das Behandlung stellt, n der Zahnarzt die Behandlung weniger gut und sorgfältig durchführt, als wenn er den vollen Preis abrechnen würde. Der Anspruch auf Unterlassung der Werbung für ein Bleaching mit einem Rabatt von 65 % ergab sich aus Schutzwürdige Interessen waren aber hier betroffen, §§ 8, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 15 BerufsO der Zahnärzte- weil die angebotene Behandlung mit einem mehr als kammer Nordrhein (Verbot reklamehafter Werbung). nur geringfügigen Eingriff in die körperliche Integrität Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. unzulässigen Unterschreitung der Mindestgebühr. Aus Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte verbunden war und es nicht fern lag, dass durch den erheblichen Rabatt Einfluss dahingehend ausgeübt Internetwerbung des Zahnarztes mit Rabatten und zu Festpreisen wird, einen solchen Gutschein zu erwerben und sich der Behandlung zu unterziehen. Es widersprach daher n Typische Gefahr Gemeinwohlbelangen, Anreize für die Durchführung eines Bleachings in Form von erheblichen Rabatten zu Ein typischer Irrglaube ist es, andere Personen oder schaffen. Einrichtungen für die Art von Werbung instrumentalisieren zu können, die dem Zahnarzt selbst untersagt ist. Cave: Auch die bloße Werbemaßnahme, aus Anlass Insofern sei auf § 21 Abs. 1 Musterberufsordnung für eines bevorstehenden Umzugs eine professionelle Zahnärzte bzw. § 27 Abs. 3 Musterberufsordnung für Zahnreinigung zu einem symbolischen Preis (hier: Ärzte verwiesen, die jeweils ein Duldungsverbot sta- 0,99 Euro) anzubieten, ist unzulässig. Es mag zwar tuieren. Die Unterschiede in den Entscheiden des LG ein verständliches Anliegen sein, Patienten durch Berlin und des LG Köln liegen in Folgendem: Anbieten einer derartigen Leistung zu einem „sym- n Portalbetreibers bolischen Euro“ weiter an sich zu binden und hierdurch einen Anreiz zu bieten, die Dienste auch in LG Berlin: wettbewerbsrechtliche Haftung des n LG Köln: wettbewerbsrechtliche Haftung des Zahnarztes der neuen Praxis in Anspruch zu nehmen. Dies stellt aber nicht einen Rechtfertigungsgrund dar [22]. Es bestand kein Anspruch auf Untersagung, dass mit n Hintergrund Zahnärzten Vereinbarungen getroffen werden, wonach diese zur Erbringung einer Zahnreinigung, eines Hintergrund des Urteils des LG Köln [23] ist ein Bleachings, einer kieferorthopädischen Zahnkorrektur, Rechtsstreit zwischen einer beruflichen Vertretung der einer Implantat- bzw. prothetischen Versorgung und/ Zahnärzte im Nordrhein und einem Zahnarzt. Der oder einer Zahnfüllung an bestimmten Patienten Zahnarzt bot „Deals“ über die Internetportale Groupon verpflichtet sind, ohne dass ihnen die Ablehnung der bzw. Daily Deal an. Diese Portale dienen dazu, dass die Leistungserbringung im Einzelfall möglich bleibt. Kunden für verschiedene Städte Gutscheine von verschiedenen Anbietern für Restaurantbesuche, Freizeit- Merke: Bei der Vorschrift des § 1 Abs. 6 BerufsO veranstaltungen und Angebote aus dem Bereich Beauty NRW, der dem Zahnarzt „Rechtfertigungsgründe“ und Wellness zu rabattierten Preisen erwerben kön- zur Ablehnung einer Behandlung einräumt, handelt nen, die sie dann beim jeweiligen Anbieter einlösen. es sich um eine Vorschrift zugunsten von Zahnärz- Dabei laufen die jeweiligen „Deals“ über einen Zeit- ten, auf die diese aber auch verzichten können. raum von 24 Stunden auf den Portalen. Erwerben die Kunden einen Gutschein, können sie ihn innerhalb von Weiterhin bestand nicht ein Anspruch dahingehend, 12 Monaten einlösen. dass dem Portalbetreiber untersagt wird, mit Zahnärz- n ten Vereinbarungen zu treffen, die vorsehen, dass 12. 10. 2011 eine professionelle Zahnreinigung beim Zahnärzte für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen und/oder gewähren. Groupon bot am 18. 07. 2011 und Daily Deal am Zahnarzt für 19 Euro an. n Daily Deal bot am 28. 11. 2011 ein Bleaching der Zähne und eine kosmetische Zahnreinigung für Nach § 1 Abs. 5 BerufsO NRW soll der Zahnarzt keine 149 Euro an. Verpflichtungen eingehen, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen können. n Aus den Erwägungen Cave: Hat der Zahnarzt für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt (Provisionszahlung) vereinbart, Der Unterlassungsanspruch bezüglich der Werbung des verliert er damit seine zahnärztliche Unabhängig- Zahnarzts mit Rabatten war aus §§ 8, 3,4 Nr. 11 Gesetz keit und verstößt gegen § 1 Abs. 5 BerufsO NRW. gegen den unlauteren Wettbewerb i. V. m. § 15 BerufsO NRW der Zahnärzte gerechtfertigt. Wird ein Entgelt für die Benutzung einer Internetplatt- n Mit der Werbung lag eine geschäftliche Handlung form als Onlinemarktplatz vereinbart, handelt es sich vor, die gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 15 BerufsO jedoch nicht um die Gewährung einer Provision von verstößt. einem Zahnarzt an die Internetplattform. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 52 Varia n § 15 BerufsO, der dem Zahnarzt irreführende, dort „Deals“ vor allem für Vergnügungs- und Konsum- reklamehafte und vergleichende Werbung unter- angebote zu finden sind (Restaurants, Kleidung, Kurz- sagt, war anwendbar. reisen etc.). Es wird so der Eindruck erweckt, der 53 Zahnarzt erbringe auch eine solche und keine heilbeFür die Anwendbarkeit kam es nicht darauf an, ob die handelnde Leistung. vom Zahnarzt angebotenen Leistungen so nur von einem Zahnarzt oder auch von einem Kosmetiker etc. Cave: Werbung darf nicht dazu führen, dass sich erbracht werden können, also ob es sich um Heilbe- der Kunde keine ausreichenden Gedanken mehr handlungen handelt. darüber macht, ob er eine angebotene Leistung in Anspruch nehmen möchte, und dazu gedrängt Merke: Für die Anwendbarkeit ist ausschlag- wird, einen Vertrag abzuschließen (sog. übertrie- gebend, ob der Zahnarzt in seiner Eigenschaft als benes Anlocken). gebote macht, die zwar nicht zwingend, aber Es kam nicht darauf an, ob die konkrete Behandlung, typischerweise von einem Zahnarzt durchgeführt um die es in der Werbung geht, mit gesundheitlichen werden. Tut er dies, untersteht er auch den berufs- Risiken verbunden ist oder nicht. Denn der Zahnarzt rechtlichen Vorschriften. Es kommt nicht darauf an, bewarb – wie bereits ausgeführt – in seiner Eigenschaft ob der Zahnarzt eine Behandlung durchführt, die als Zahnarzt. Dies reichte aus. auch jemand anders durchführen dürfte. Der Unterlassungsanspruch gegenüber dem Zahnarzt Begründet wird dies damit, dass der Zahnarzt eine be- bezüglich des Angebots zu Festpreisen ergab sich aus sondere Ausbildung durchlaufen hat, die im Gegensatz §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. §§ 5 Abs. 2, Abs. 3 GOZ. zu einem Kosmetiker vor allem medizinische Aspekte erfasst. Der Kunde, der sich dafür entscheidet, eine Merke: Sinn und Zweck von § 5 GOZ ist es, durch Behandlung bei einem Zahnarzt und nicht bei einem leistungsgerechte und angemessene Vergütung Kosmetiker durchführen zu lassen, vertraut in beson- Transparenz bei der Abrechnung zahnärztlicher derem Maße darauf, dass die Behandlung nicht mit Leistungen zu schaffen. Nebenwirkungen oder gesundheitlichen Risiken für ihn verbunden ist bzw. dass der Behandler in der Lage ist, Der Zahnarzt hat gegen diese Norm verstoßen. mit evtl. auftretenden Komplikationen in besonderem Merke: Es ist für einen Verstoß irrelevant, ob es Maße fertigzuwerden [24]. sich um Leistungen handelt, die im GebührenverDie Voraussetzungen des § 15 BerufsO lagen vor. zeichnis erwähnt sind. Merke: Sinn und Zweck des § 15 BerufsO ist es, insgesamt das Berufsbild des Zahnarztes zu n Leistung ohne GOZ‑Gebührenziffer schützen. Die schriftliche Vereinbarung muss in Form eines HeilDie Werbung war reklamehaft. Derart hohe Rabatte und Kostenplans erfolgen (§ 2 Abs. 3 GOZ). Die Ver- locken einen Kunden – der eine Zahnreinigung oder ein gütung muss durch den Heil- und Kostenplan fest- Bleaching in der Regel selbst bezahlen muss, weil dies gesetzt werden. Dies wiederum setzt voraus, dass vor nicht von der Krankenkasse übernommen wird – an, Erstellung des Heil- und Kostenplans eine Unter- einen „Deal“ abzuschließen. Die Rabatte drängen den suchung des jeweiligen Patienten stattfindet, damit der Kunden dazu, den Vertrag abzuschließen, weil die Zahnarzt diesen nach den individuellen Bedürfnissen Laufzeit des „Deals“ zeitlich eng begrenzt ist. Dadurch des Patienten ausrichten kann. Aus dieser Gesetzes- ist die Werbung in hohem Maße anpreisend, der Ver- systematik folgt: braucher wird dazu verführt, allein wegen des extrem günstigen Preises den „Deal“ abzuschließen und sich Merke: Der Heil- und Kostenplan muss erstellt evtl. nicht ausreichend Gedanken zu machen, ob er die werden, bevor der Preis festgesetzt wird (Abb. 10). Leistung wirklich in Anspruch nehmen möchte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Plattformen, auf Spricht ein Zahnarzt aber ein allgemeines Angebot für denen der Zahnarzt seine Leistungen anbietet, sich alle Patienten aus, ohne dass er überhaupt weiß, wer nicht nur mit ärztlichen Leistungen befassen, sondern diese Patienten sind, dann hat er gerade nicht einen Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Zahnarzt tatsächlich auftritt und als solcher An- Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Heil- und Kostenplan Untersuchung Exkurs, unangemessene Rechnungsstellung Preisfestsetzung Das Gegenstück zum „Discount“ ist der „Vergütungsaufschlag“. Auch hier gilt: Abb. 10 Der Heil- und Kostenplan muss erstellt werden, bevor der Preis festgesetzt wird. Cave: Eine Abrechnung, die die Vorschriften der GOÄ oder GOZ nicht beachtet, ist geeignet, einen Verstoß gegen die Berufspflichten (z. B. § 29 Abs. 1 Untersuchung HeilBG NRW) zu begründen. Dabei liegt ein Berufsrechtsverstoß nicht immer schon dann vor, wenn Einzelfallabwägung sich eine Rechnungsstellung im Nachhinein als unzutreffend erweist. Nur erhebliche Sorgfaltsverstöße bei der Erstellung einer ärztlichen Liquidation Vergütungsvereinbarung sind auch berufsrechtlich relevant [25]. Schriftform Zahnimplantate zum Pauschalpreis Abb. 11 Nach einer Einzelfallabwägung hat die Vergütungsvereinbarung schriftlich zu erfolgen. n Hintergrund Hintergrund des Urteils des LG Bonn [26] ist die WerHeil- und Kostenplan erstellt und erst recht nicht eine bung für Zahnimplantate einer oral-chirurgischen vorherige Untersuchung des Patienten durchgeführt. Fachpraxis. In der Anzeige wurden Zahnimplantate mit einem Pauschalpreis von nur 888 Euro beworben. Mit einem Sternchenhinweis beschrieb die Fachpraxis die n Leistung mit GOZ‑Gebührenziffer Leistungen. Die Fachpraxis wurde wegen dieser Anzeige auf Unterlassung in Anspruch genommen. Bei Leistungen, die eine ausdrückliche Regelung im Gebührenverzeichnis der GOZ gefunden haben, kann eine abweichende Vergütung nach § 2 Abs. 1 GOZ ver- n Aus den Erwägungen einbart werden. § 2 Abs. 1 GOZ bezieht sich nur auf die Höhe der Vergütung, nicht aber auf sonstige Vorschrif- Der Anspruch auf Unterlassung folgte aus §§ 8 Abs. 1, ten zur Bemessung der Gebühren nach § 5 GOZ. Abs. 3 Nr. 2; 3; 4 Nr. 11 UWG, 5 GOZ. Diese abweichende Vereinbarung muss nach § 2 Abs. 2 Es ergab sich ein Verstoß gegen die §§ 1, 4 Abs. 1,5 S. 1 GOZ schriftlich erfolgen (Abb. 11). Da diese Verein- Abs. 1, Abs. 2 GOZ. Die Berechnungsregelungen der GOZ barung schriftlich zwischen Zahnarzt und Patienten zu können grundsätzlich – wie bereits oben in den ande- erfolgen hat, ist dies nicht der Fall, wenn sich ein Zahn- ren Entscheidungen dargestellt – nur in Bezug auf die arzt gegenüber einem Internetportal zu Erbringung der „abweichende Höhe der Vergütung“ abbedungen wer- Leistung verpflichtet. den. Da gemäß § 2 Abs. 1 GOZ die Anwendbarkeit von § 5 Merke: Der Zahnarzt kann nicht eine Abrechnung GOZ nicht berührt wird, bleibt § 5 Abs. 2 GOZ anwend- auf Basis eines Pauschalpreises fällig stellen (vgl. bar. Hat aber auch hiernach zunächst eine Abwägung § 10 Abs. 1, 2 Nr. 2 GOZ). Derartige Pauschalpreise des Einzelfalls voranzugehen, bevor eine Vereinbarung sind daher nicht im eigenen Interesse des Zahnarz- über die Vergütung getroffen wird, dann verstößt der tes, weil er die von ihm verdiente Vergütung nicht Zahnarzt bei mangelnder Untersuchung aufgrund feh- so in Rechnung stellen kann. lender Einzelfallabwägung gegen diese Vorschrift. Weiterhin verstieß der Zahnarzt gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Anzeige erweckte den Anschein eines Pauschalpreises. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 54 Varia Definition 55 Teilnahme an einem dem Preisvergleich dienenden Internetportal Unter einem Pauschalpreis oder einem Festpreis verstehen die angesprochenen Verkehrskreise den Preis, der Die vorherigen Entscheide haben gemeinsam, dass der sämtliche Leistungen zur Nutzung der Dienstleistung Zahnarzt eine Werbemaßnahme getroffen hat, bei der und/oder zum Erwerb der beworbenen Ware umfasst. er gerade überhaupt nicht über Patientendaten (z. B. Befund, vorgesehene Behandlung, Schwierigkeiten und Zeitaufwand beim Behandlungsfall) verfügte. Mit einem Fall, bei dem der Zahnarzt schon über substan- Dieser Anschein blieb aber hinter der Realität zurück. zielle Patientendaten verfügte, musste sich das Bun- Der Zahnarzt hat zwar mithilfe eines Sternchenhin- desverfassungsgericht (BVerfG) auseinandersetzen weises positiv die Leistungen beschrieben, die in dem [29]. Preis von 888 Euro enthalten sind. Dem Verbraucher ist nicht bekannt, dass „der Knochenaufbau und die Pron Hintergrund Aufwendungen entstehen. Auch ist dem Verbraucher unbekannt, dass die Vereinbarung eines Pauschalho- Hintergrund des stattgebenden Kammerbeschlusses ist norars unwirksam sein kann [27] und es deshalb auch ein Internetportal (Abb. 12), auf dem Patienten die Schwierigkeiten mit der Erstattung durch die Kranken- Möglichkeit haben, für eine beabsichtigte zahnärztliche kassen geben kann, weil deren Leistungspflicht nicht Behandlung Angebote verschiedener Zahnärzte ein- weiter geht als die Zahlungsverpflichtung des Ver- zuholen, um auf diese Weise Kosten zu sparen. Auf dem sicherten, sodass selbst durch die Begleichung der Internetportal kann der Nutzer nach vorheriger Regis- Rechnung durch den Versicherten kein Erstattungs- trierung auf der Grundlage eines von seinem behan- anspruch ausgelöst wird. Der Versicherte würde auf delnden Zahnarzt erstellten Heil- und Kostenplans oder seinen Kosten „sitzen bleiben“ [28]. Kostenvoranschlags anonym angeben, um welche Zahnbehandlung er in welcher geografischen Region nachsucht. n Fazit Dafür fällt eine Gebühr an. Registrierte Zahnärzte Die Angabe eines Pauschalpreises hält trotz Leistungs- konnten auf der Basis der Nutzerangaben unverbindli- beschreibung mit den Vorstellungen des verständigen che Kostenschätzungen für die Durchführung der Be- Verbrauchers nicht Schritt, wenn dem Verbraucher handlung abgeben. Nach Laufzeitende werden dem weitere Aufwendungen entstehen können und ihm Nutzer die 5 preiswertesten Kostenschätzungen be- nicht bekannt ist, dass die Vereinbarung eines Pau- kannt gegeben. Entscheidet er sich für einen bestimm- schalhonorars unwirksam sein kann. ten Zahnarzt, erhalten beide Seiten wechselseitig die Kontaktdaten. Der Nutzer kann den Zahnarzt dann Zahlreiche Fälle beurteilen sich über die Vorschriften der GOZ, die durch das „Einfallstor“ § 4 Nr. 11 UWG einen Übergang in das Wettbewerbsrecht erhalten. Der Regelung „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ (§ 4 Nr. 11 UWG) kommt nicht eine exklusive Beurteilung der zuvor skizzierten Sachverhalte zu. Wie anhand des Falls „Zahnimplantate zum Pauschalpreis“ illustriert, sind auch weiterhin daneben die anderen Vorschriften des Wettbewerbsrechts anwendbar und daher ebenfalls durch den Zahnarzt bei einer „Werbung“ zu berücksichtigen. Abb. 12 In Internetportalen haben Patienten die Möglichkeit, für eine beabsichtigte zahnärztliche Behandlung Angebote verschiedener Zahnärzte einzuholen, um auf diese Weise Kosten zu sparen. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. thetik beim Hauszahnarzt liegen“ und dadurch weitere Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte n Verstoß des Zahnarztes gegen die Gebote, den Beruf gemäß der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit auszuüben und dem dabei entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen n Aus den Erwägungen Dadurch, dass das Landesberufsgericht mit seinem Urteil den Verweis, der dem Zahnarzt erteilt wurde, bestätigte, griff es in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) unmittelbar ein. Es hing mit der beruflichen Tätigkeit des Zahnarztes zusammen, dass er eine Kostenschätzung mit dem Ziel abgab, den Nutzer (potenziellen Patienten) zur Inanspruchnahme seiner Dienste zu veranlassen. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Zahnarztes war Abb. 13 Der Zahnarzt kann in einem Internetportal zu einem von einem Nutzer eingestellten Befund- und Behandlungsplan eines anderen Zahnarztes eine eigene Kostenschätzung abgeben. nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Merke: Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Diese gesetzliche Grundlage muss ihrerseits verfassungsrecht- aufsuchen und sich untersuchen lassen, muss dies aber lichen Anforderungen an ein Gesetz genügen, das nicht. Kommt es zur Untersuchung, so erstellt der ein Grundrecht einschränkt. Darüber hinaus muss Zahnarzt ein verbindliches Angebot in Form eines Heil- die Beschränkung der Berufsausübung vernünfti- und Kostenplans oder eines Kostenvoranschlags für die gen Zwecken des Gemeinwohls dienen und darf begehrte Behandlung, das sich mit seiner Kostenschät- den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumut- zung decken oder davon abweichen kann. Auf der bar treffen. Grundlage des Angebots trifft der Nutzer die Entscheidung, ob er die Behandlung bei diesem Zahnarzt Das Landesberufsgericht durfte nicht das Fehlen einer durchführen lassen möchte. Nach erfolgter Behandlung persönlichen Untersuchung des Patienten vor der bewerten sich Patient und Zahnarzt gegenseitig. Ist der Abgabe der Kostenschätzung als Verletzung einer Be- Behandlungsvertrag zustande gekommen, so zahlt der rufspflicht beurteilen. Es war fehlerhaft, dass das Lan- Zahnarzt an den Portalbetreiber eine Gebühr, die nach desberufsgericht nicht einen konkreten, sachverhalts- den Feststellungen der Berufsgerichte in der Regel 20% bezogenen Grund darlegte, warum bereits im Stadium des vereinbarten Honorars beträgt. vor der Abgabe der Kostenschätzung durch den Zahnarzt ein persönlicher Kontakt zwischen Zahnarzt und Der Zahnarzt gab im Juni 2006 auf dem Internetportal Nutzer vorhanden sein muss. Denn es lag bereits ein zu einem von einem Nutzer eingestellten Befund- und Befund- und Behandlungsplan vor, an dem sich der Behandlungsplan eines anderen Zahnarztes eine eigene Zahnarzt, der die Kostenschätzung einstellen wollte, niedrigere Kostenschätzung ab (Abb. 13). Der Nutzer orientieren konnte. Weiterhin bestand für den Nutzer wählte einen Zahnarzt aus und erhielt dessen Kontakt- die Möglichkeit, Zusatzangaben (z. B. Angstpatient, daten. Zur Vereinbarung eines Untersuchungstermins Allergiker) zu machen. Der die Schätzung abgebende und zur Abgabe eines verbindlichen Kostenangebots Zahnarzt besaß bereits durch den vorliegenden Heil- kam es aber nicht, weil dem Nutzer der Weg zur Praxis und Kostenplan oder Kostenvoranschlag zahlreiche des ausgewählten Zahnarztes zu weit war. Dem Zahn- Daten zum Befund, zur vorgesehenen Behandlung und arzt wurde ein gerichtlich bestätigter Verweis erteilt. zu den Schwierigkeiten sowie dem Zeitaufwand, der – Kontroverse Rechtsansichten wurden dabei aufgewor- nach Einschätzung des ursprünglichen Zahnarztes – fen hinsichtlich folgender Fragen: mit dem Behandlungsfall verbunden sein kann. (Ach- n n Verstoß gegen die Pflicht, angemessene Honorar- tung: Diese Details unterscheiden diese Entscheidung forderungen zu stellen von den vorherigen Entscheidungen.) Unverständlich Verstoß gegen das Kollegialitätsgebot war daher, warum dennoch eine persönliche Untersuchung für eine Kostenschätzung erforderlich sein Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 56 Varia sollte, die nach den klaren Vorgaben des Portals zudem keine fehlerhaften Vorstellungen über die Kostenschät- nicht verbindlich ist. zung und deren Funktion vorhanden. Zum einen war 57 die Kostenschätzung laut der allgemeinen GeschäftsMerke: Das Bestehen einer persönlichen Beziehung bedingungen (AGB) unverbindlich, zum anderen hatte zwischen Zahnarzt und Patient ist kein Selbst- die Kostenschätzung den ursprünglichen Befund- und zweck. Vielmehr dient die persönliche Beziehung Behandlungsplan als Bezugspunkt. Darüber hinaus war dazu, den Patienten eine sachgerechte, ihre Inte- die Kostenschätzung auch nicht per se mit der Gefahr ressen wahrende Behandlung sicherzustellen. Das der Unsachlichkeit verbunden. Die Kostenschätzung Erfordernis der persönlichen Beziehung verfolgt konnte „seriöse“ Angaben bieten, weil den Zahnärzten dagegen nicht den Zweck, den Zahnarzt vor Kon- hinreichende Informationen zur Verfügung standen, kurrenz durch Kollegen zu schützen. um eine realistische Schätzung der Kosten vornehmen zu können. nicht per se geeignet, Gemeinwohlbelange zu beein- Weiterhin hätte eine auf nicht nachvollziehbaren trächtigen. Gründen beruhende Erhöhung der Kosten grundsätzlich für einen Zahnarzt die Gefahr beinhaltet, eine Merke: Allein die Wahl des Mediums Internet er- schlechte Bewertung zu erhalten. Darüber hinaus hat laubt es grundsätzlich nicht, die Grenzen erlaubter auch der Portalbetreiber kein Interesse daran, Ange- Außendarstellung von freiberuflich Tätigen enger bote auf seiner Plattform zu lancieren, die später tat- zu ziehen [30]. sächlich viel höher ausfallen. Eine Beeinträchtigung von Gemeinwohlbelangen folgte Die Berufsrechtswidrigkeit erfolgte auch nicht aus auch nicht daraus, dass der „virtuelle Marktplatz“ dazu einer Provisionszahlung an den Portalbetreiber für die „zwang“, zunächst eine vergleichsweise niedrige Kos- Vermittlung oder Zuweisung eines Patienten. Denn die tenschätzung abzugeben, um überhaupt die Chance zu Zahlung der Provision erfolgte hier ausschließlich als haben, von einem Nutzer ausgewählt zu werden. Denn Gegenleistung für die Benutzung der Internetplattform ein Zahnarzt wird schon aus Eigeninteresse Leistungen und die damit zusammenhängenden Dienste. nur zu Preisen anbieten, die für ihn gewinnbringend sind. Die Gefahr eines Lockvogelangebots konnte nicht als Regelfall unterstellt werden, weil solche Lock- n Fazit vogelangebote sich nicht zur Generierung weiterer Einnahmen eignen. Die Entwicklung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Zahnarzt und Patient ist ein wesentlicher Faktor Definition für die Aufnahme einer zahnärztlichen Behandlung. Ein derartiges Vertrauensverhältnis kann sich aber auch Ein Lockvogelangebot ist eine Methode, einen Patienten über das Medium Internet anbahnen. Nicht jede „Wer- mit einem besonders günstigen, nicht kostendeckenden bung“ (hier: Abgabe einer Kostenschätzung) ohne per- Angebot mit dem Ziel in die Praxis zu locken, ihm ge- sönliche Untersuchung des Patienten ist schlechthin genüber weitere lukrativere Leistungen zu erbringen und berufswidrig. Es kommt auf die Umstände im Einzelfall abzurechnen. an. Auch durfte nicht die im Internet abgegebene Kostenschätzung generell als berufsrechtswidrige Werbung Der unternehmerische Handlungsspielraum von Zahnärzten qualifiziert werden. Trotz der kontrovers diskutierten Vergütungsintensität Zulässig war es, die Kostenschätzung als Werbemaß- bei Vertragszahnärzten sorgt das System der gesetzli- nahme zu behandeln. Ein Gemeinwohlgrund stand chen Krankenversicherung nicht für Anreize, sich allerdings der Kostenschätzung nicht entgegen. Diese wettbewerblich zu verhalten. Die dargestellten Ent- Internetnutzung konnte nicht das Vertrauen in die scheidungen zeigen den Versuch, „kaufmännisch“ zu Zahnärzte erschüttern oder eine Verunsicherung der agieren. Dass dies nicht immer gelingt, mag auch daran Patienten hervorrufen. Es waren bei den Patienten liegen, dass nicht die Chance der klaren Abgrenzung Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. Die Nutzung des Internets war im vorliegenden Fall Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Abschlussbemerkung Abschließend soll bemerkt werden, dass ein Problem in Deutschland das ausgeprägte Preisbewusstsein ist. Patienten transferieren unreflektiert die ihnen aus der freien Wirtschaft bekannten Phänomene wie z. B. „1Euro-Shop“ und erwarten die „1-Euro-Behandlung“ beim Zahnarzt (Abb. 16). Nach einer solchen Behandlung wird dann aufgrund von „Zahnärztepfusch“ der Arzthaftungsprozess geführt. Dabei vergessen die Patienten, dass sie auch für die Abb. 14 Zahnarztbewertungsportale sind bei Patienten beliebt. Umstände verantwortlich sind, in denen Behandlungsfehler geschehen. Bei einer „1-Euro-Behandlung“ kann ein Patient kaum eine stundenlange Intensivzahnbe- von zahnärztlichen Kollegen durch ein unterscheid- handlung erwarten. Dies ist nicht ein Rechtfertigungs- bares Angebot (z. B. via Spezialisierung) gesehen wird. grund für Behandlungsfehler, zeigt aber die von den Patienten mitverursachte Problematik auf. Eine weitere Gelegenheit bietet der Wettbewerb über Behandlungsqualität. Diffizil gestaltet sich dabei, dass Aber auch das System der gesetzlichen Krankenver- die Auffassungen in puncto „guter“ Qualität auseinan- sicherung trägt dazu bei. Gesetzlich versicherte Patien- dergehen. Ebenso schwierig ist die Qualitätsüberwa- ten gehen im Rahmen ihrer Leistungsansprüche nicht chung. Diese Intransparenz mag Ursache für die Be- mit einer Rechnung nach Hause. Daher wissen sie gar liebtheit von „Zahnarztbewertungsportalen“ unter nicht, was eine Behandlung kostet. Muss dann doch Patienten sein (Abb. 14). Dem könnte die Zahnärzte- einmal eine Behandlung (mit)finanziert werden, rea- schaft aus dem Weg gehen, indem sie ermöglicht, an- gieren die Patienten auf die Tatsache verschreckt und hand von bestimmten Parametern die Behandlung zu überrascht, dass eine zahnärztliche Behandlung „auch „benchmarken“. Für Patienten wären klar definierte noch etwas kosten soll“. „Meilensteine“ im Rahmen einer Behandlung und deren Erreichen greifbare Größen. Der Qualitätswettbewerb kann daneben auch geführt werden über ein hohes Praxisqualitätsniveau (z. B. Parksituation, Empfang, stilvolle Wartezimmereinrichtung) und die Anschaffung innovativer Medizintechnik. Darüber hinaus ist es denkbar, mehr Dienstleistungen durch die Organisation in Netzwerken (z. B. 24-Stunden-Öffnungszeiten; Mehrfach-Spezialisierungen) anzubieten (Abb. 15). Qualitätswettbewerb Spezialisierung Behandlungsqualität Equipment Praxisqualität Networking Milestones Parkplätze Multi-Spezialisierung Ergebnisqualität Empfang längere Behandlungszeiten Wartezimmer Abb. 15 innovative Medizintechnik Der unternehmerische Handlungsspielraum von Zahnärzten. Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 58 Varia 59 Quellenverzeichnis 1 BGH, Urteil vom 15. 03. 2001 – I ZR 337/98 2 Musterberufsordnung für Zahnärzte (v.a. Präambel und §§ 1 ff.) 3 BGH, Beschluss vom 28. 09. 2011 – I ZB 71/10 – Grüner Apfel II 4 OVG NRW, Urteil vom 18. 04. 2013 – 13 A 1210/11; vorhergehend: VG Münster, Urteil vom 19. 04. 2011 – 7 K 338/09 5 BVerwG, Beschluss vom 25. 06. 2007 – 3 B 82.06 6 OLG Zweibrücken, Urteil vom 21. 08. 1998 – 2 U 29/97 7 OVG NRW, Beschluss vom 13. 08. 1998 – 13 A 1781/96 8 BVerwG, Beschluss vom 25. 08. 2010 – 3 B 31.10 9 OLG Zweibrücken, Urteil vom 21. 08. 1998 – 2 U 29/97 10 OLG München, Urteil vom 11. 01. 2013 – LBG‑Z 1/12 11 BVerwG, Beschluss vom 07. 05. 2013 – 3 B 62/12 12 OVG NRW, Urteil vom 25. 05. 2012 – 13 A 1384/10 13 OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. 02. 2003 – I‑20 U 4/03 15 KG Berlin, Urteil vom 31. 08. 2007 – 5 W 253/07 16 Eisenmann H, Jautz U. Grundriss gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. 8. Aufl. Heidelberg: Müller; 2009: Rn. 372 17 Spickhoff A. Medizinrecht. München: Beck; 2011: § 2 GOZ Rn. 3 18 Spickhoff A. Medizinrecht. München: Beck; 2011: § 2 GOZ Rn. 4 19 BVerfG, Beschluss vom 26. 08. 2003 – 1 BvR 1003/02 20 BVerfG, Beschluss vom 03. 07. 2001 – 1 BvR 873/00 21 BVerfG, Beschluss vom 01. 06. 2011 – 1 BvR 233/10 und 235/10 22 LG Flensburg, Beschluss vom 04. 03. 2009 – 6 O 30/09 23 LG Köln, Urteil vom 21. 06. 2012 – 31 O 25/12 24 LG Köln, Urteil vom 21. 06. 2012 – 31 O 767/11 Abb. 16 Ein Problem ist das ausgeprägte Preisbewusstsein der Patienten. Sie erwarten vom Zahnarzt die „1-Euro-Behandlung“. 25 OVG NRW, Urteil vom 06. 02. 2013 – 6 t A 1843/10.T 26 LG Bonn, Urteil vom 21. 04. 2011 – 14 O 184/10 27 BGH, Urteil vom 30. 10. 1991 – VIII ZR 51/91: Zur Zulässigkeit von formularmäßig abgeschlossenen ärztlichen Honorarvereinbarungen Über den Autor 28 LSG NRW, Urteil vom 26. 01. 1999 – L5 KR 101/98 29 BVerfG, Beschluss vom 08. 12. 2010 – 1 BvR 1287/08 30 BVerfG, Beschluss vom 19. 02. 2008 – 1 BvR 1886/06 Tim Oehler Jahrgang 1979. 1. Staatsexamen mit betriebswirtschaftlicher Zusatzqualifikation, Osnabrück. Referendariat und 2. Staatsexamen am OLG Oldenburg. Fachanwaltsausbildung an der Fernuniversität Hagen (Hagen Law School) im gewerblichen Rechtsschutz (u.a. Wettbewerbs-, Heilmittelwerberecht). Selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Medizinrecht und Gewerblichen Rechtsschutz, Osnabrück. Rechtsanwalt in der Sozietät TKB, Osnabrück. Korrespondenzadresse Tim Oehler, Rechtsanwalt Berningstraße 1a 49090 Osnabrück Telefon: 0541/3323868 E-Mail: [email protected] Zahnmedizin up2date 1 Œ 2014 Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 14 LG Berlin, Urteil vom 28. 06. 2012 – 52 O 231/11 Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte CME‑Fragen 1 Was ist dem zahnärztlichen A Tätigkeitsfeld zuzurechnen? Behandlungsmaßnahmen mit unmittelbarem Behandlungsansatz in dem Bereich der Zähne, des Mundes und des Kiefers. B Behandlungsmaßnahmen mit mittelbarem Behandlungsansatz in dem Bereich der Zähne, des Mundes und des Kiefers rechtfertigen auch einschränkungslos alle anderen Maßnahmen außerhalb dieses räumlich begrenzten Bereichs. C Ausübung der Zahnheilkunde und zusätzlich erst recht alles, was ein Heilpraktiker darf D Die finale Behandlung des von Mund, Zähnen und Kieferbereich entfernten Nasolabialbereichs und der sonstigen Bereiche der Gesichtshaut und des Halses. E Eingriffe, die final auf eine Behandlung von Gesichtshaut und ‑oberfläche außerhalb des Bereichs der Zähne, des Mundes einschließlich der Lippen und des Kiefers gerichtet sind. 2 Welche Behandlungstätigkeit darf A Diagnose von Hautveränderungen der Zahnarzt nicht vornehmen? B Beseitigung der Eröffnung der Kieferhöhle nach Zahnextraktionen C Eingriff bei „radix in antro“ (Zahnwurzelrest in der Kieferhöhle) D Sinus-Lift-Operation E Naevi im intraoralen Bereich Welche Aussage trifft für A Der Zahnarzt darf überhaupt keine Werbung machen. Zahnarztwerbung zu? B Der Zahnarzt darf jede Form der Werbung betreiben. C Der Zahnarzt muss sich die erfolgreichen Werbemethoden der gewerblichen Wirtschaft zu eigen 3 machen. D Der Zahnarzt ist gehalten, sich auf die unbedingt notwendigen Angaben zu beschränken. E Dem Zahnarzt ist nur „berufswidrige Werbung“ untersagt. Worauf weist die Bezeichnung A besonders junger Zahnarzt „Kinderzahnarzt“ nach Ansicht B Franchise-Zahnarzt der Firma Ferrero (Produktlinie Kinderschokolade) des OVG NRW hin? C besondere persönliche Qualifikation der Mitarbeiter, die nicht Zahnärzte sind D eine auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern ausgestattete Praxis und besondere persönliche 4 Qualifikation des Behandlers E Praxisehrung durch die Zahnärztekammer Wie kann ein Zahnarzt laut A gar nicht OLG München seine Berufspflichten B ausschließlich selbst verletzen? C ausschließlich durch Dritte D ausschließlich durch Dritte, wenn ihm die Berufsordnung die Verletzung zurechnet E selbst und/oder durch Dritte, wenn ihm die Berufsordnung die Verletzung zurechnet 5 CME Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 60 Varia CME‑Fragen 61 Berufs- und wettbewerbsrechtliche Werbebeschränkungen für Zahnärzte Um welchen Wettbewerb geht A Preiswettbewerb es bei Zahnärzten im Gegensatz B Leistungswettbewerb zur gewerblichen Wirtschaft? C schädlicher Wettbewerb D ruinöser Preiswettbewerb E Wettbewerb ist in keiner Form bei Gesundheitsleistungen vorgesehen. § 5 GOZ regelt den Grundsatz A § 5 GOZ sieht entgegen dem Wortlaut überhaupt niemals Ermessen vor. der Ausübung des billigen B Schematische Betrachtung und daher einheitliche Festsetzung des Satzes für alle Leistungen. Ermessens. Wie übt der Zahnarzt C Individuelle Beurteilung der einzelnen Leistungen. dieses Ermessen aus? D Ermessen kann willkürlich ausgeübt werden. E Sachfremde Erwägungen (z. B. Abneigung gegenüber dem Patienten). Was ist für die Anwendbarkeit A Der Zahnarzt führt eine Behandlung durch, die nur ein Zahnarzt durchführen darf. von § 15 BerufsO NRW lt. LG Köln B Der Zahnarzt tritt in seiner Eigenschaft als Zahnarzt auf und macht in dieser Eigenschaft 7 8 Angebote, die zwingend und/oder typischerweise von einem Zahnarzt durchgeführt werden. bei einem werbenden Angebot ausschlaggebend? C Der Zahnarzt benutzt bei seiner Behandlung einen Gegenstand, der nicht frei verkäuflich ist. D Die konkrete Behandlung ist mit Gesundheitsrisiken verbunden. E Die konkrete Behandlung ist nicht mit Gesundheitsrisiken verbunden. A Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl B Vereinbarung eines abweichenden Punktwerts C Vereinbarung einer abweichenden Gebührenhöhe D Nichtanwendbarkeit von § 5 GOZ E Überflüssigkeit der Schriftform A Behandlungsangebot im Praxisfenster, wobei die Patientenreaktionen mit versteckter Kamera 9 Was regelt § 2 Abs. 1 GOZ? 10 Was ist ein Lockvogelangebot bei einem Preisvergleich? aufgenommen werden. B Präparierte Praxisgegenstände, um kriminelle Patienten zu überführen. C Behandlungsgespräche im Internet, bei denen sich ein Praxismitarbeiter als Zahnarzt ausgibt. D Praxismitarbeiter, der sich im Wartezimmer als Patient ausgibt, um die anderen Patienten auszuhorchen. E Nicht kostendeckendes Angebot, um den Patienten in die Praxis zu bekommen und zusätzlich lukrativere Leistungen abzurechnen. CME Heruntergeladen von: Thieme Verlagsgruppe. Urheberrechtlich geschützt. 6