Seismische Wellen Grundlegendes zum Geologischen Verständniss Physik f. Erdwissenschaftler UE WS 2006/06 12.01.06 Sebastian Jacobs Historisches • • • • • • • Aristoteles glaubt an Winde im Erdinneren die Erdbeben auslösen Erster Seismograph in China 132 n Chr. Robert Mallet führt erste Sprengversuche mit Schießpulver durch um Wellengeschwindikeiten verschiedener Untergrundschichten zu bestimmen(1851,1862) John Milne, James Ewing, and Thomas Gray bauen erste Seismographen für Erdbeben um 1880 in Japan Lord Rayleigh (1842-1919) leitet die nach ihm benannte Oberflächenwelle bereits 1885 noch vor ihrer Beobachtung theoretisch her. Erkannte die zerstörende Wirkung im vorhinein. Augustus E. H. Love (1863-1940) Horace Lamb (1849-1934) Unterteilung Raumwellen • • P-Wellen (primae undae, Primär/pressure), Longitudinalwelle, schwingt parallel zur Ausbreitungsrichtung; in Festkörpern, Gasen, Flüssigkeiten und „Pseudoflüssigkeiten“, 1,7 mal schneller als S-W. S-Wellen (secundae undae, Sekundär/shear), Transversalwelle, schwingt quer zur Ausbreitungsrichtung; nur in Körpern mit Scherwiderstand-> Festkörper+Körper in Teilschmelze Oberflächenwellen • • • Love-Welle, Bewegung in horizontaler Richtung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, horizontal polarisierte S-Welle Raleigh-Welle, Boden rollt in elliptischer Bewegung auf und ab, sowie hin und her zur Ausbreitungsrichtung, Aus P- und S-Wellen zusammengesetzt;0.92 mal schneller als auslösende S-Welle Lamb-Welle (Spezialfall der Raleigh-Welle) Spezialfall Lamb Welle • Lamb Wellen stehen eng in Verbindung mit RayleighWellen. Die Ausbreitung erfolgt in Platten (Schichten), deren Dicke klein im Vergleich zur Wellenlänge ist. Eine Lamb Welle kann sich allgemein als eine Zusammensetzung von zwei Rayleigh Wellen vorgestellt werden, bei der sich jeweils eine auf jeder Platteseite ausbreitet. Dieser Fall stellt sich ein, wenn die Plattenstärke ca. zwei Wellenlängen beträgt. Im Falle einer Wellenausbreitung können immer zwei unterschiedliche Wellen- formen d.h. Moden völlig unabhängig voneinander auftreten: symmetrische und asymmetrische Moden, die eine dementsprechende Verformung hervorrufen. Bei einer vorgegebene Dicke h und der Frequenz w können eine unendliche Anzahl von symmetrische und asymmetrische Moden mit unterschiedlichen Phasenund Gruppengeschwindigkeiten existieren. Die Wellenausbreitung findet dabei durch vielfache Reflektionen zwischen Ober- und Unterseite der Platte statt, wodurch das gesamte Substrat von der akustischen Resonanz erfaßt wird. Seismische Wellen - Wofür? • • • • • • Ausbreitungsverhalten im Erdinneren liefert Hinweise auf Aufbau der Erde Wellengeschwindigkeiten abhängig von chemischer Zusammensetzung und des Phasenzustands der Materie (p und T° Abhängigkeit!- siehe Speziellen Mineralogie, 1. Semester) Die elastischen Wellen erfahren in verschiedenen Tiefen Brechungen, Reflexionen und kontinuierliche Änderungen im Verlauf ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit Durch Laufzeitunterschiede kann Epi-, und Hypozentrum bestimmt werden Effekte weisen auf stark schwankende physikalische Eigenschaften des Erdkörpers hin! Diskontinuitäten der Geschwindikeitsverteilung als Grundlage zur für Einteilung in schalenförmige Bereiche des Erdkörpers P-Wellen • • • Der Erdkern wirkt für P-Wellen, die von einer seismischen Quelle (z.B. Erdbeben oder Explosionen) ausgehen, wie eine Linse die zu einem Brennkreis in ca. 145° Entfernung vom Epizentrum führt. Da der Erdkern alle direkten PPhasen zwischen einer Entfernung von 105° bis 142° durch diesen Effekt ablenkt, bildet sich hier die so genannte p-wave shadow zone Hinweis auf anderes Material Brechung zum Lot->Hinweis flüssiger äußerer Kern S-Wellen • Die S-Wellen können nicht durch den Kern laufen. Ersichtlich durch die sogenannte s-wave shadow zone. Daraus lässt sich schließen -> Kein Schermodul ab der Grenze MantelKern, ergo ist der Kern flüssig Flüssiger Kern? Wir befinden uns im Jahre 2006 n.Chr. Der ganze Erdkern ist von einer NickelEisen Schmelze besetzt... Der ganze Erdkern? Nein! Ein, aus einer unbeugsamen EisenNickel Legierung bestehender Kern hört nicht auf bei 360 GP und 5000°C Widerstand zu leisten. Fester innerer Kern • • • Infolge des zunehmend höheren Drucks bis zu rund 3,3 Mbar an der Grenze zum Innern Kern in einer Tiefe von 5.080 km verfestigt sich die Schmelze trotz der hohen Temperatur. Bisher konnten nur indirekte Beweise für einen festen inneren Kern gefunden werden Kürzlich konnte durch Aimin Cao(1), Barbara Romanowicz(1) und Nozomu Takeuchi (2) der erste direkte Beweis erbracht werden. 1->Seismological Laboratory, University of California, Berkeley. 2->Earthquake Research Institute, University of Tokyo, Japan. publiziert in Sciencexpress/ www.sciencexpress.org / 14 April 2005 / Page 3/ 10.1126/science.1109134 • Unter Annahme eines festen Kerns müssten sich Scherwellen in diesem ausbreiten können und ihn direkt durchlaufen können. Gesucht wurde nach sog. PKJKP-Wellen, welche den Kern aufgrund der Konversion von Wellen an Grenzflächen als Scherwellen durchlaufen müssten. Erdkern – ein update • Um PKJKP-Wellen nachzuweisen müssen das auslösende Beben und die Beobachtungsstation einander in einem gewissen Winkel gegenüberliegen. Dies ist klarerweise sehr unwahrscheinlich. Der Nachweis war also ein echter Glücksfall. Konversion von Wellen • • • Wenn eine Wellenfront von einer konventionellen seismischen Quelle auf eine Grenzfläche trifft, wird die reflektierte Energie in P (primär/pressure) und S (sekundär/shear) Wellen aufgeteilt. Ankommende P-Welle (Pinc) mit der Geschwindigkeit V1 trifft auf Grenzfläche zwischen oberem (gelb) Material und dem Material im Liegenden (blau). Zwei reflektierte und zwei transmittierte Wellen (mit V2) entstehen dabei: Reflektierte S-Welle: Sreft Reflektiere P-Welle: Preft Transmittierte S-Welle: Strans Transmittierte P-Welle: Ptrans Konversion von Wellen • • P-Welle trifft auf einen Reflektor Man beachte die unterschiedliche Geschwindigkeiten der resultierenden Wellen Was wird beobachtet - Wie sieht das aus? • Wellenlängen: 10-100 m Bereich • Frequenz: 10 Hertz bis herab zu 0.3 Milli-hertz Schwingungen pro Stunde Entstehung von Oberflächenwellen • • Die zuerst an einem bestimmten Punkt der Oberfläche ankommenden P-Wellen erreichen diesen Punkt in einem steilen Winkel und rufen vertikale Bodenbewegungen hervor. Sie bewirken jedoch noch keine größeren Zerstörungen. Danach folgen die SWellen mit einem relativ heftigen seitlichen Rütteln des Bodens. Zeitgleich mit ihnen oder kurz danach treffen die Love-Wellen ein. Der Untergrund beginnt nun stärker, im rechten Winkel zur Wellenausbreitung, zu beben. Schließlich laufen die Rayleigh-Wellen ein und erzeugen dabei Bodenbewegungen sowohl in Längsrichtung als auch in der Vertikalen. Sie rufen bei großen Erdbeben die viel beschriebene "rollende Bewegung" des Untergrundes hervor. Die Abfolge der unterschiedlichen Oberflächenwellen bildet den wesentlichen und verheerenden Teil eines Erdbebens. Love- und Rayleigh-Wellen halten fünfmal länger an als P- und S-Wellen. Was löst Erdbeben aus? • • • • • Tektonische Beben (überwiegend im Sprödbereich- Spannungsbedingt, tw. Im duktilen Bereich), an Plattengrenzen (Konvergente bis 700 km Tiefe, Divergente, Transform),Vulkaneruptionen Intraplatten Beben (Entlastungsbrüche im spröden Bereich) DRÜCK MICH Klimatisch induzierte Beben (isostatic rebound nach Entlastung, Entlastung an Störungen Bsp.: "Wasatch-Störung„ Utha) Einschlag von extraterrestrischen Objekten Seltsame Erdbeben (Quark-Nuggets durchschlagen Erde mit 900000 km/h linear) Anthropogen induziert (Stauanlagen >200 m Wassersäule) Livigno-Stausee , Blǻsjǿ Stausee 3 mrd m³ 81km² Erdgas + Ölförderung Einsturzbeben (Bergwerke) Überschallknall große Explosionen (Nuklearbomben, MOAB Bunkerknacker 9500 kg Ammonium Nitrit-Aluminiumpulver Bombe sog. H6 Sprengstoff) Aufzeichnung • • Seismograph Inertialseismograph (Trägheitsseismograph) Aufbau in X, Y und Z Richtung, Anregung von Außen Audio Auszug der Anwendungsgebiete Seismischer Wellen • • • • Geophysik des Erdinneren (Wissenschaft) Ingenieurgeophysik (Grenze Fest-, Lockergesteinserkundung) Prospektion von Rohstofflagerstätten (Erdöl-, Gaslagerstätten) Seismische Profile Bohrungsseismik-Korrelation Thermal- Grundwasserprospektion Last but not least - Grundlagen • Formeln • Fermatsches Prinzip "Seismische Wellen breiten sich wie Licht zwischen zwei Punkten immer längs desjenigen Weges aus, für den die Ausbreitungszeit minimal ist, das heißt, daß die Laufzeit einer seismischen Welle durch ein Medium minimal ist.„ Reflexionsgesetz Ein Strahl trifft unter einem bestimmten Winkel auf die Grenzfläche zweier Medien. Normal auf die Grenzfläche durch den Auftreffpunkt des Strahles wird ein Lot gefällt. Gemäß dem Reflexionsgesetz wird der eintreffende Strahl unter dem selben Winkel reflektiert Brechungsgesetz Ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Medium 1 kleiner als im Medium 2, dann kommt es zu einer "Brechung vom Lot" ( < ), ist v1 > v2, dann kommt es zu einer "Brechung zum Lot ( > )". Im ersten Fall kann es bei Überschreitung eines bestimmten Einfallswinkels, des kritischen Winkels, zu einer überkritischen Reflexion kommen. Die Welle tritt dann nicht mehr in das zweite Medium ein, sie wird reflektiert. • • Danke für die Aufmerksamkeit