Gedächtnistheorien

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Gedächtnistheorien, Repräsentation von Wissen
und das Memory-Spiel Szenario
Sommersemester 2007
Analyse und Modellierung von Blickbewegungen
Veranstalter: Hendrik Koesling
Gedächtnistheorien
1
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Multi-Speicher-Modell (Atkinson & Shiffrin, 1968)
Sensorischer
Speicher
• Hohe
Kapazität
• Speichert
sensorische
Informationen
• Überdauert
weniger als
eine Sekunde
KurzzeitGedächtnis
• Begrenzte
Kapazität
Aufmerksamkeit
LangzeitGedächtnis
• Unbegrenzte
Kapazität
Memorieren
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Belege für den sensorischen Speicher
CMKP
DWXL
YQNS
2
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Belege für den sensorischen Speicher
• Sperlings Ganzbericht (1960)
CMKP
DWXL
YQNS
0
Wiedergabe
50
ZEIT (ms)
Ergebnis: Wiedergabe von 4-5 Buchstaben
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Belege für den sensorischen Speicher
• Sperlings Teilbericht (1960)
CMKP
DWXL
YQNS
0
Wiedergabe der
jeweiligen Zeile
50
ZEIT (ms)
Ergebnis: Fast vollständige Wiedergabe der jeweiligen Zeile
3
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Belege für das Kurzzeitgedächtnis
• Gedächtnisspanne (u.a. Sternberg, 1967)
2
5
1
9
7
8
4
3
7 ± 2 “chunks”
Æ Millers “magical number 7”
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Belege für die Unterscheidung Kurzzeit - Langzeitgedächtnis
• Serielle Positionskurve (Rundus, 1971)
primacy effect
W'keit der Wiedergabe
Ball
Verb
Pilz
Land
Koch
Wald
Hund
Brot
recency effect
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
1
3
5
7
9
11
13
15
Item-Position
4
Repräsentation von Wissen
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Repräsentation von Wissen
• Wissen über die Welt, Ereignisse, Ideen etc. außerhalb
unseres Geistes können wir mental repräsentieren
• Mentale Repräsentation ist keine „Kopie“, sondern eine
selektive, durch Vorwissen, Motivation, Interessen, Ziele
geprägte Vorstellung
• Direkte Beobachtung ist nicht möglich (Introspektion
begrenzt), daher neuropsychologische Studien (i.d.R. mit
Hirngeschädigten) und psychologische Experimente
5
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Formen der Wissensrepräsentation
• Repräsentationsform ist abhängig vom Inhalt und vom
repräsentierten Gegenstand und dem abzurufenden Wissen
• Wahrnehmungsbasiert: analoge, „mentale“ Vorstellung; konkret,
strukturerhaltend Æ bildhaftes Material
• Bedeutungsbasiert: enkodierte, propositionale Vorstellung;
symbolisch, abstrakt Æ verbales Material
• Bsp.: „Katze“ als abstraktes Wissen oder mentales Bild
– Sind Katzen Säugetiere?
– Ist der Schwanz einer Katze so lang, dass sie damit ihre
Nasenspitze berühren könnte?
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Formen der Wissensrepräsentation
• Allgemeine Form der Wissensrepräsentation:
– Propositionen (Pylyshyn, 1973 ff.)
Bsp.: UNDER (CAT, TABLE)
– Mentale Modelle (Johnson-Laird, 1983 ff.)
Bsp.: Funktionsweise einer Luftpumpe
6
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Mentale Manipulation von Bildern
• Rotation (Shephard & Metzler, 1971)
• Skalierung
(Kosslyn, 1978)
• Scannen (Kosslyn, Ball & Reiser, 1978)
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Raumrepräsentation...
• Landmarkenwissen (Thorndyke, 1981): Wissen über
charakteristische Punkte im Raum
• Routenwissen (Thorndyke & Hayes-Roth, 1982): Wissen
über den Weg von einem Punkt zum anderen
• Übersichtswissen (Thorndyke & Hayes-Roth, 1982): Wissen
über relative Distanzen von verschiedenen Punkten
... und geschlechts-spezifische Unterschiede
Frauen finden es leichter zu sagen, wo sie etwas gesehen haben
(spatial-location memory), Männer können dagegen leichter
mentale Manipulationen durchführen (Silverman & Eals, 1992)
7
Befunde zum Memory-Spiel-Szenario
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Superior Spatial Memory of Women:
Stronger Evidence for the Gathering Hypothesis
Donald H. McBurney, Steven J.C. Gaulin,
Trishul Devineni and Christine Adams
Evolution and Human Behaviour, 1997, 18: 165 - 174.
Female advantage for spatial location memory in
both static and dynamic environments
Laurie Sykes Tottenham, Deborah Saucier,
Lorin Elias, and Carl Gutwin
Brain Cognition, 2003, 53(2): 381-3.
8
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Theoretischer Hintergrund
Viele Studien haben gezeigt, dass es bei den kognitiven Fähigkeiten
geschlechterspezifische Unterschiede gibt.
Während das räumliche Vorstellungsvermögen und die mathematischen
Schlussfolgerungen bei Männern besser sind, verfügen Frauen über bessere
Sprachfähigkeiten.
Es gibt Teilbereiche beim räumlichen Vorstellungsvermögen, bei denen Frauen
besser als Männer abschneiden, z.B. Gedächtnis zur Objektlokalisation. Dieses
basiert vermutlich auf evolutionären Gründen:
Gaulin: Vielweiberei und der damit einhergehenden grösseren Wanderslust.
Silverman: Frühzeitliche Aufgabenteilung (Frauen für die Nahrungssuche und
Männer für das Jagen)
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese
Ursache
Wirkung
Geschlecht
Gedächtnis zur
Objektlokalisierung
Unabhängige Variablen
Abhängige Variablen
9
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung für Beispielexperiment
Geschlecht
Männer
Frauen
Gedächtnis zur Objektlokalisierung
Gesamtanzahl der Züge
Gesamtzeit für ein Spiel
Durchschnittliche
Aufdeckungsanzahl eines
Bildes
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnisse
• Geschlecht hat einen signifikanten Einfluss auf die Spielleistung beim
Memory
• Frauen zeigten wesentlich bessere Ergebnisse in der Gedächtnisleistung
und verfügen über ein besseres Lokalisationsgedächtnis als Männer
• Männer zeigten bessere Ergebnisse im Rotationstest („object relation test“)
• Keinen signifikanten Effekt zwischen Geschlecht und Spielgeschwindigkeit
bzw. Spielerfahrung
10
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Interference in Spatial Memory
David G. Elmes
Journal of Experimental Psychology:
Learning, Memory, and Cognition
1988, vol. 14, No. 4, 668-675
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Theoretischer Hintergrund
• Räumliches Gedächtnis variiert von anderen Gedächtnisformen in
vielfacher Hinsicht, u.a. unterliegt es sog. retroaktiven und proaktiven
Interferenzen:
- Proaktive Interferenz: Schwierigkeit „neue“ Informationen
aufzunehmen, weil bereits „alte“ Information existiert.
- Retroaktive Interferenz: Schwierigkeit auf „alte“ Informationen
zuzugreifen, weil zwischenzeitlich „neue“ Information erlernt wurde.
• Die Rolle der Interferenzen auf das menschliche räumliche Gedächtnis ist
noch nicht geklärt.
• Empirische Untersuchung des Einflusses von proaktiver und retroaktiver
Interferenz auf räumliches Gedächtnis. Beispiele: Labyrinth und MemorySpiel.
11
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese
Ursache
Wirkung
Lernphase
Fehlerrate
(Güte des Gedächtnisses)
Unabhängige Variablen
Abhängige Variablen
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung für Beispielexperiment
PI-RI
Lernen (original learning)
Umlernen (relearning)
Fehlerrate
Durchschnittlicher Fehler
pro Durchgang
„Trials to Criterion“
(Mass für das Lernen und
Umlernen)
12
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnisse
• Räumliches Gedächtnis wird sowohl von retroaktiver als auch von
proaktiver Interferenz beeinflusst.
• Wenn die Zwischenaufgabe der Zielaufgabe ähnlich ist, zeigt sich eine
stärkere retroaktive Interferenz als bei verschiedener Zwischenaufgabe
• Während die Variation der Anzahl proaktiver Spiele keinen signifikanten
Einfluss auf das räumliche Gedächtnis besitzt (nur tendenzielle proaktive
Interferenz), zeigt eine grosse Ähnlichkeit von proaktivem zu reproduzierendem Spiel eine signifikant grössere proaktive Interferenz als bei
unterschiedlichen Spielen
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Das Memory-Spiel: Zeichen verborgener
Gedächtniskunst kleiner Kinder ?
Monika Knopf und Norbert Quadflieg
Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und
Pädagogische Psychologie,
1989, Band XXI, Heft 2, 110-123
13
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Theoretischer Hintergrund
• Eine verbreitete Vorstellung besagt, dass Kleinkinder im Memory-Spiel
Gedächtnisleitungen erzielen, die an denen älterer Kinder oder gar Erwachsener
heranreichen.
• Allerdings scheint nur das Gedächtnis für Lokalisation bei einfachen Aufgabenstellungen sehr früh entwickelt zu sein. Es existieren aber Unterschiede.
Kleinkinder ...
- merken sich nicht alle Informationen (z.B. nur Farbe oder Form),
- besitzen strategische Lerndefizite beim Lernen und Erinnern von Bildern,
- bearbeiten serielle Lern- und Gedächtnisaufgaben spontan, nicht strategisch.
Æ Die obige Aussage ist mit Skepsis zu betrachten. In der Mehrzahl der vor-
liegenden Arbeiten konnte eine alterskorrelierte Verbesserung der Gedächtnisleistung nachgewiesen werden.
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese
Ursache
Wirkung
Alter
Gedächtnisleistung
Unabhängige Variablen
Abhängige Variablen
14
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung für Beispielexperiment
Alter
4 jährige vs.
6 jährige Kinder
Gedächtnisgüte
Rekognitionstest
Lokalisationstest
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnisse
• Die Gedächtnisleitung im Memory-Spiel verbessert sich bei Kindern im
Kindergartenalter mit steigendem Alter
• Die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses für Bild-Ort-Zuordnungen
steigert sich in ähnlicher Weise, wie es für die meisten Gedächtnisleitungen
beschrieben wurde
• Kleinkinder zeigen nicht die anfangs erwähnten Gedächtnisleistungen, die
denen grösserer Kinder oder gar Erwachsener gleichkommen
Æ Das Memory-Spiel ist nicht unbedingt geeignet, eine „verborgene
Gedächtniskunst“ aufzuzeigen
15
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Theoretischer Hintergrund zu Schumann-Hengsteler (1996a, b)
• Memory-Spiel erfordert …
Æ Suchstrategien
Æ Wiedererkennen
Æ Wiederfinden
Anekdote:
Kinder sind besser im
Memory-Spiel als
Erwachsene
?
Bisherige Gedächtnisbefunde:
- Suchstrategien werden besser
zwischen 4 und 12 Jahren
- Positionsgedächtnis wird besser
mit zunehmende Alter
- Junge Kinder Æ visuelle Repräsentation
- Ältere Kinder Æ verbaler/semantischer Code
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese für Experiment 1
Ursache
Wirkung
Leistung im Memory-Spiel
Alter
Unabhängige Variablen
Art des Codes
Abhängige Variablen
16
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung für Experiment 1
Alter
Leistung/Code beim Memory
Gesamtzahl der Züge
5jährige
8jährige
10jährige
Erwachsene Studierende
Visuell ähnlich
Zahl der visuellen,
semantischen und räumlichen
Fehler
Semantisch ähnlich
Räumlich ähnlich
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ablauf von Experiment 1
17
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnisse
5 Jahre
8 Jahre
10 Jahre
Studenten
Anzahl der
Züge
66.46
65.52
60.20
53.81
Visuelle
Fehler
0.55
0.13
0.45
0.21
Semantische
Fehler
0.77
0.89
0.95
0.71
Räumliche
Fehler
4.18
6.71
6.15
6.59
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese für Experiment 2
Ursache
Wirkung
Alter
Grad visueller Codierung
Unabhängige Variablen
Abhängige Variablen
18
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung für Experiment 2
Grad visueller Kodierung
Alter/Kartenmaterial
5jährige
9jährige
Gesamtzahl der Züge
visuell reich
visuell arm
Visuell reich
Zahl der Positionsfehler
Visuell arm
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnisse
Anzahl der
Züge
Räumliche
Fehler
5 Jahre
9 Jahre
visuell reich
72.1
60.5
visuell arm
66.8
57.9
visuell reich
6.44
7.42
visuell arm
6.44
7.68
19
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese für Experiment 3
Ursache
Wirkung
Alter
Grad der Positionscodierung
Unabhängige Variablen
Abhängige Variablen
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung für Experiment 2
Alter/Anordnung der Karten
5jährige
8jährige
10jährige
Studierende
geordnet
Grad visueller Kodierung
Gesamtzahl der Züge
geordnet
ungeordnet
Zahl der Positionsfehler
ungeordnet
20
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnisse
Anzahl der
Züge
Räumliche
Fehler
5 Jahre
8 Jahre
10 Jahre
Studenten
geordnet
76.6
63.9
55.6
45.0
ungeordnet
89.1
76.1
59.3
48.9
geordnet
6.00
6.22
7.31
7.73
ungeordnet
7.23
6.69
8.67
9.13
Gedächtnis und das Memory-Spiel
The influence of symbolic literacy on memory:
Testing Plato’s Hypothesis
M. Eskritt, K. Lee & M. Donald
Canadian Journal of Experimental Psychology,
2001 vol. 55, No. 1, 39-50
21
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Platos Hypothese
„[Die Schrift] wird Vergessenheit schaffen in den Seelen derer, die sie erlernen,
aus Achtlosigkeit gegen das Gedächtnis, da die Leute im Vertrauen auf das
Schriftstück von außen sich werden erinnern lassen durch fremde Zeichen,
nicht von innen heraus durch Selbstbesinnen. Also nicht ein Mittel zur
Kräftigung, sondern zur Stützung des Gedächtnisses hast du gefunden.“
Platon, Phaidros
Enkodierungshypothese vs.
Hypothese des externen Gedächtnisspeichers
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese
Ursache
Anfertigung
schriftlicher Notizen
Unabhängige Variablen
Wirkung
beeinflusst
Gedächtnisleistung
Abhängige Variablen
positiver Einfluss
Enkodierungshypothese
negativer Einfluss
Hypothese des externen Gedächtnisspeichers
22
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung Experiment 1
Notizen
Notizen
Gedächtnisleistung
Notizen, die überraschend nach
dem 7. Zug weggenommen
wurden
Anzahl der Züge
Keine Notizen
Spieler spielen alleine.
Notizen werden während des Spiels gemacht.
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnis Experiment 1
Mit Notizen
Durchschnittliche
Anzahl der Züge
13,2
Mit Notizen-Abbruch
Ohne Notizen
19
22,4
Mit Notizen signifikant besser als ohne Notizen.
Mit Notizen-Abbruch nicht signifikant besser als ohne Notizen.
Mit Notizen schwach signifikant besser als mit Notizen-Abbruch.
23
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Kritik an der ersten Operationalisierung:
Spieler können sich Notizen machen (externer Gedächtnisspeicher) und diese
Notizen auch benutzen (Enkodierungsvorteil).
Operationalisierung Experiment 2
Vor dem Spiel erfolgt eine Einprägephase, in der alle Karten aufgedeckt sind.
Notizen
Notizen während der Einprägephase,
die überraschend weggenommen
werden
Gedächtnisleistung
Anzahl der Züge
Keine Notizen während der
Einprägephase
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnis Experiment 2
Einprägephase ohne Notizen
Einprägephase mit NotizenAbbruch
Durchschnittliche Anzahl der
Züge
10,3
22,3
Ohne Notizen signifikant besser als mit Notizen-Abbruch.
Mit Notizen-Abbruch entspricht die Anzahl der Züge der Gruppe im ersten
Experiment (d.h. ohne Einprägephase), die sich während des Spielens keine
Notizen machen durfte (22,4 Züge).
24
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Fazit
Im Memory-Szenario werden Notizen als externer Gedächtnisspeicher genutzt.
Hat Plato also Recht?
Inhalte der Karten werden immer korrekt wiedererkannt. Die Lokalisation der
Karten ist je nach Versuchsbedingung unterschiedlich erfolgreich.
Notizen also eine Form, Gedächtnis strategisch differenziert zu nutzen:
„wissen was wo steht“.
Gedächtnis und das Memory-Spiel
A Species Difference in Visuospatial Memory:
The Concentration Game
D.A. Washburn and J.P. Gulledge
International Journal of Comparative Psychology:
2002, vol. 15, 288-302
25
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Theoretischer Hintergrund
Memory-Spiel als Test für räumlich-visuelles Gedächtnis der über
demographische und diagnostische Gruppen hinweg verwendet
werden kann.
Mögliches Versuchsparadigma für speziesübergreifende Untersuchung
zwischen Menschen und Rhesus-Affen, da keine Sprachfähigkeit
notwendig.
Unterschiede in der Bewältigung der Aufgabe sollten damit artspezifische
Unterschiede im räumlich-visuellen Gedächtnis belegen.
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ursache-Wirkungs-Hypothese
Ursache
Spezieszugehörigkeit
Unabhängige Variablen
Wirkung
bewirkt
Unterschiede in der
Gedächtnisleistung
Abhängige Variablen
26
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Operationalisierung
Spezieszugehörigkeit
Gedächtnisleistung
Menschen
Anzahl der Fehler
Rhesus-Affen
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Ergebnisse
Anzahl der
Fehler
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Affen
Menschen
Zufall
2
3
4
5
6
Anzahl der
Paare
Mensch signifikant besser als Zufall
Affen signifikant schlechter als Zufall. Ursache: Wiederholungsfehler.
27
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Was ist die Ursache für die Wiederholungsfehler und damit für
die schlechte Leistung der Affen?
• Keinen Einfluss auf die Anzahl der Wiederholungsfehler haben:
– Art der Stimuli
– Anzahl der Kartenpaare
– Nähe der falschen Kartenpaare zueinander
– Inhaltliche und örtliche Interferenzen mit früheren Durchgängen
– Spezielles Training der Affen
• Aber:
– Wahrscheinlichkeit für Wiederholung eines Fehlers ist um so höher, je öfter
der Fehler bereits gemacht wurde
– Wahrscheinlichkeit für Wiederholung eines Fehlers ist um so höher, wenn
bereits ein potentielles Paar aufgedeckt wurde
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Diskussion
Trotz Wiederholungsfehler nach Aufdecken eines potentiellen Paares
→ Affen haben Aufgabe, Paare zu finden, verstanden
Erinnerung, dass passende Karte bereits aufgedeckt, aber nicht wo diese lag
→ Schlechten Leistung der Affen scheint speziesbedingte Gedächtnisbeschränkung zu sein
→ Beruht die schlechte Leistung auf einer Beschränkung des visuellen oder des
räumlichen Gedächtnisses oder auf der Koordinierung dieser beiden
Gedächtniskomponenten?
28
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Experiment zur Überprüfung des visuellen Gedächtnisses
Welcher Stimulus ist bekannt?
Start
5 s Pause
Ergebnis: Leistung der Affen liegt signifikant über dem Zufallslevel
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Experiment zur Überprüfung des räumlichen Gedächtnisses
Welche Zelle wurde schon besucht?
• 2-12 als aktiv markierte Zellen
• Besuchte und noch nicht besuchte
Zellen sind nicht zu unterscheiden
• Nur der erste Besuch einer Zelle
wird mit Futter belohnt
Ergebnis: Leistung der Affen liegt signifikant über dem Zufallslevel; allerdings
sind sie nicht in der Lage, wie Menschen die Punkte strategisch einen nach dem
anderen zu besuchen
29
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Experiment zur Überprüfung des räumlich-visuellen Gedächtnisses
Welcher Stimulus war wo zu sehen?
Start
5 s Pause
Ergebnis: Leistung der Affen liegt auf Zufallslevel
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Fazit
• Räumliche und visuelle Gedächtniskomponente – gut
• Problem: Koordinierung der Gedächtniskomponenten, vermutlich
werden „was“ und „wo“-Hinweise nicht zu einem einheitlichen
Gedächtniscode integriert sondern parallel genutzt:
→ „Ich weiß, dass ich die passende Karte zu diesem Stimulus schon
irgendwo mal gesehen habe, ich weiß nur nicht mehr genau wo; ich weiß
allerdings auch, dass ich an diesem Ort schon häufig war – vielleicht
befindet sich der Stimulus also dort!“ → Wiederholungsfehler!
30
Anregungen für eigene Untersuchungen
zum Memory-Spiel-Szenario
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Bedingungen
• Memory-Karten als Stimulus-Material
• Eine unabhängige Variable mit zwei Stufen
• Eine oder mehrere abhängige Variablen (mindestens ein Blickbewegungsmaß)
Ideen zu unabhängigen Variablen
• Karteninhalt
• Anzeigedauer
• Anzeigeort
• Einbezug anderer Modalitäten
• Kooperation
Methodische Fragen
• „Echtes“ Memory?
• Art des Aufdeckens?
• Vorherige Memorisierungsphase?
• Gestaltung der Rückseite
• Anzahl der Karten
• Anordnung der Karten
31
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Gruppeneinteilung
• Kleingruppen, jeweils 3-4 Personen
Termine
zwischen 21.5. und 18.6.
• Entwicklung einer experimentellen Idee und konkreter Hypothesen
• Festlegung des experimentellen Designs
• Implementation des Experimentes mit Hilfe des VDesigners
18.6. (16 - 19 Uhr, M7 - 114)
• Präsentation der Hypothesen und des Designs
• Demo des Experimentes
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Termine
zwischen 18.6. und 9.7.
• Durchführung des Experimentes
• Datenauswertung / -visualisierung / -modellierung
• Verfassen eines wissenschaftlichen Artikels (ggf. vorlesungsfreie Zeit)
9.7. (16 - 19 Uhr, M7 - 114)
• Präsentation der Ergebnisse
• Nachbesprechung
Achtung: HK abwesend 29.5. – 8.6.
32
Gedächtnis und das Memory-Spiel
Sprechstunde / Kontakt
• Montags, ab 16 Uhr und nach Vereinbarung
• M7 – 108, Telefon: 0521 / 106 6053
• Email: [email protected]
• VDesigner: Martin Zöllner, Eye-Tracking-Labor (D6 – 113)
Literatur / Dokumentation
• http://www.techfak.uni-bielefeld.de/~ihkoesli/
• Eye-Tracking-Labor (D6 – 113): Seminar-Ordner
- Literaturliste
- Ausgewählte Artikel zum Memory-Spiel
- Ausarbeitungen zum Seminar 2004
Gedächtnistheorien, Repräsentation von Wissen
und das Memory-Spiel Szenario
Sommersemster 2007
Analyse und Modellierung von Blickbewegungen
Veranstalter: Hendrik Koesling
33
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