2013 Vielfalt wachsen lassen Das Magazin von ProSpecieRara Über 1.800 Nutzpflanzen auf der Roten Liste ‹Frühe Liebe› bewahren Seltene Gewächse Im eigenen Garten wertvolle Sorten vermehren Wo Vielfalt gedeiht SAMENGARTEN IN EICHSTETTEN Douce Steiner im Interview liebe zu regionalen wurzeln Gemeinnütz für die kultu genetische und Tieren ‹lupine Schwarzwald-zeller blauen› Nr. 409 auf der Roten Liste gefährdeter einheimischer Nutzpflanzen Inhalt 4_monotonIe verSuS vIelFalt 6_grenzenloSeS engagement 8_IntervIew DouCe SteIner 10_Samengarten In eIChStetten 12_SortenbetreuerIn KathrIn SChÄPPI 14_KulturPFlanzen helFen 3 INFO PROSPECIERARA – AKTIV FÜR SELTENE SORTEN EDITORIAL „SELTENE SORTEN SIND KULTURGUT!“ _ Wussten Sie, dass es eine ganze Reihe Baden-Württemberger „Originale“ im Nutzpflanzen-Reich gibt? Die Alblinse aus Schwaben oder der Kopfsalat Stuttgarter Wunder gehören dazu. Heute ist die regionale Buntheit an Kulturpflanzen vielerorts der Monotonie des Maisfelds gewichen. Stellvertretend sei diese Futterpflanze hier als Beispiel intensiver Landwirtschaft genannt. Deren Saatgut dominieren eine Handvoll Großkonzerne. Nur sehr wenige Sorten können diesem Intensivierungsdruck, der auf der Landwirtschaft lastet, standhalten. Das Angebot der uns zur Verfügung stehenden Kulturpflanzen und Nutztierrassen nimmt weiterhin rasant ab. Die Warenauslagen drohen noch monotoner zu werden. Mittlerweile sind es über 1.800 Kulturpflanzen, die es in Deutschland auf die Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen geschafft haben. Eine zweifelhafte Ehre, denn mit den alten Kultursorten, die übrigens über faszinierende Talente der Anpassung an regionale Besonderheiten und hervorragende geschmackliche Eigenschaften verfügen, verlieren wir wertvolle „Kulturgüter“, die den Reichtum unseres Lebens ausmachen. ProSpecieRara macht sich in der Schweiz seit über 30 Jahren als gemeinnützige Stiftung stark für die Bewahrung und Rettung alter Kulturpflanzen und Nutztierrassen. Seit Sommer 2011 sind wir in Baden-Württemberg aktiv und brauchen die Unterstützung von Gleichgesinnten! Helfen Sie uns möglichst viele Sorten für kommende Generationen zu bewahren. Ohne grüne Vielfalt wäre unser Leben bedeutend ärmer! Welche Wege wir beschreiten und wie Sie selbst Pflanzen helfen können, lesen Sie in unserem Magazin. Herzlichst Dr. Jörgen Beckmann ProSpecieRara ist ... eine 1982 in der Schweiz gegründete, nicht profit-orientierte Stiftung in Deutschland seit 2011 als gemeinnützige Gesellschaft (gGmbH) vertreten ein Netzwerk zum Schutz gefährdeter Kulturpflanzen (in der Schweiz auch Nutztiere) inzwischen zur Dachorganisation vieler Anbauer geworden, die seltene Pflanzen hegen und pflegen Was tut ProSpecieRara ... rettet und behütet die Vielfalt der Kulturpflanzen erhält und vermittelt das Wissen über tradionelle Sorten vermittelt den Zugang zu Saatgut für jedermann stärkt die gefährdeten Sorten und Rassen über die Förderung der Vermarktung von Spezialitäten bewahrt einen vielfältigen Gen-Pool als Basis für neue Züchtungen Geschäftsführer ProSpecieRara Deutschland „Mit zwölf Körnern der Stangenbohne ‹Klapprotts Lila Schecke› fing alles an. Ich konnte in meinem Garten helfen die Sorte zu retten – ein tolles Gefühl.“ Annefried Widmer-Kessler, ProSpecieRara Sortenbetreuerin MONOTONIE VERSUS VIELFALT DER MENSCH BRAUCHT VIELFALT ZUM LEBEN – DAS GILT BESONDERS FÜR DEN REICHEN KULTURSCHATZ AN NUTZPFLANZEN. „Im ökologischen Landbau schätzen wir traditionelle Sorten, weil sie robuster und geschmacklich intensiver sind. Dass sie nicht immer wie gemalt aussehen, stört unsere Kunden nicht, weil es auf den Geschmack ankommt.“ Annette Feldmann, Demeter-Gärtnerin aus Eichstetten VIELFALT Vielfalt an Kulturpflanzen macht Sinn. Sortenvermehrung dient der Anpassung an sich verändernde Umweltbedingungen. Damit sorgt sie für fruchtbare Lebensbedingungen kommender Generationen. Gezähmte Wildnis Getreide gehört zu den ältesten in Kultur genommenen Wildpflanzen. Es begleitet Menschen schon seit gut 10.000 Jahren und ermöglichte es ihnen erst, sesshaft zu werden. In Mitteleuropa wurde Getreide während der Völkerwanderungen aus Kleinasien eingeführt. In der Antike waren es vor allem die Römer, die zahlreiche Gemüse- sowie Obstsorten – z.B. Wein und Kastanien – anbauten und bei uns etablierten. Im späten Mittelalter kamen dank der großen Seefahrten bis dahin unbekannte Gemüse- und Ackerpflanzen aus der Neuen Welt dazu, wie Mais, Kartoffeln oder Tomaten. Mit dem Anlegen von Lustgärten seit dem Barock gewannen auch Zierpflanzen zunehmend an Bedeutung. Warum Monokultur Konzerne reich und uns arm macht Das 19. Jahrhundert gilt als das Jahrhundert der Vielfalt. Doch die moderne Züchtung des 20. Jahrhunderts, neue Anbaumethoden und die industrielle Verarbeitung vieler Produkte ließen alte Kulturpflanzen in Vergessenheit geraten, da diese oft den neuen Ansprüchen nicht mehr genügten. Masse statt Klasse hieß lange die Devise. Und mit der Vielfalt gingen auch zunehmend die faszinierenden an die Landschaft und das Klima angepassten Eigenschaften und nicht zuletzt eine Fülle an Geschmackserlebnissen verloren. Auch gesellschaftliche Veränderungen bedrohen die Vielfalt, wenn immer weniger Leute in der Landwirtschaft oder im Hausgarten tätig sind, drohen immer mehr alte regionale Sorten verloren zu gehen. 5 WISSEN WARUM EINE „SAMENBANK“ IN DER ARKTIS ALLEIN NICHTS NÜTZT Pflanzen leben und sie passen sich den Bedingungen unserer Umwelt an. Was gesammelt wird, ist deshalb nicht automatisch erhalten! Die große Herausforderung ist es, die Vielzahl an Sorten anzubauen, zu pflegen, Saat- und Pflanzgut zu gewinnen und zu verbreiten. Die Pflanzen können sich so weiter entwickeln. Dies nennt man Lebenderhaltung von Garten- und Ackerpflanzen. Deren Samen werden dann in der Samenbibliothek gesammelt und für die Anpflanzung zur Verfügung gestellt. ProSpecieRara bewahrt die Vielfalt 1985 begannen in der Schweiz ehrenamtliche ProSpecieRara-Mitarbeiter intensiv mit dem Sammeln gefährdeter und vergessener Kulturpflanzen. Bis heute konnte damit eine beachtliche Anzahl an Sorten zusammen getragen und vor dem Verschwinden gerettet werden. Gut 25 Jahre nach Beginn der Sortensammlung weist ProSpecieRara einen reichen Schatz auf, der rund 1.000 Gartenund Ackerpflanzen, 100 Kartoffel-, 1.800 Obst-, viele Beeren- und Rebensorten und die ersten Zierpflanzen enthält. „Die Erhaltung traditioneller Kulturpflanzen und Nutztierrassen ist unverzichtbar, um die vielen Herausforderungen in der Landwirtschaft, wie z.B. den Klimawandel und die Sicherung der Welternährung, meistern zu können.“ Alexander Bonde, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg ProSpecieRara ist in der Schweiz eine feste Größe, die mit zahleichen Sortenbetreuern dafür sorgt, die Vielfalt an Kulturpflanzen, wie Kartoffeln, zu bewahren. PROSPECIERARA – GRENZENLOSES ENGAGEMENT FÜR ALTE KULTURSORTEN Mit Bewunderung blickte ProSpecieRara Schweiz früher schon auf die Vielfalt an Kulturpflanzen in Deutschland. „Was in der Schweiz riesigen Zuspruch findet, wollen wir nun auch in Deutschland realisieren. Wurzeln schlagen und mit vielen Unterstützern ursprüngliche Kultursorten retten.“ Béla Bartha, Geschäftsführer ProSpecieRara Schweiz Deutsche Ortsnamen finden sich in den Bezeichnungen vieler Kulturpflanzen, z.B. der ‹Quedlinburger Frühen Liebe›, dem ‹Erfurter Zwerg› oder ‹Wunder von Stuttgart›. Daran zeigt sich die lange Tradition der Züchtung von Kulturpflanzen in Deutschland. Seinen Ursprung hat der Sortenreichtum in der Gartenkultur der Klöster und Schlösser. Zur Blüte gelangte die höfische Gartenkultur im Barock. Von da an nahmen die Aktivitäten im Sammeln und Züchten enorm zu. Obwohl in den letzten 50 Jahren sehr viele Sorten aus dem Angebot verschwunden sind, ist die Vielfalt noch immer groß. Gut möglich, dass einige der verschwundenen Sorten noch in Privatgärten oder als Saatgut auf Dachböden darauf warten, wiederentdeckt und vor dem Verschwinden bewahrt zu werden. Dieser Aufgabe widmet sich ProSpecieRara nun auch in Deutschland. Das ProSpecieRara Gütesiegel wird in der Schweiz zur Kennzeichnung qualitativ hochwertiger Erhaltungsarbeit auf verschiedenen Ebenen verwendet. Aktive Sortenbetreuerinnen, besonders vielfältige Gärten und Sortensammlungen sowie Lebensmittel aus traditionellen Sorten werden mit diesem Gütesiegel ausgezeichnet. ProSpecieRara will dies auch für Deutschland entwickeln. Sortenerhalt mit professioneller Unterstützung Die Voraussetzungen hierfür sind positiv. In Zukunft wird es erlaubt sein, traditionelle Sorten über den Handel zugänglich zu machen. Dass ProSpecieRara nun den Schritt über die Grenzen gewagt hat, ist der Kooperation mit der Stiftung Kaiserstühler Garten zu danken. Als Partner und Gesellschafter ist sie Teil der gemeinnützigen GmbH ProSpecieRara Deutschland. Mit der Sortensammlung, dem Samengarten und dem Obstgarten der Stiftung Kaiserstühler Garten ist eine fruchtbare Basis gelegt, auf der ProSpecieRara Deutschland wachsen kann. Gemeinsam mit vielen Unterstützern wollen wir erfolgreich den Weg zur Erhaltung der Kulturpflanzen-Vielfalt in Deutschland beschreiten. „ProSpecieRara leistet durch den Erhalt seltener Kulturpflanzen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Denn durch diese Vielfalt wird unsere Landschaft reicher an Struktur.“ Dr. Diana Pretzell, Geschäftsstellenleiterin PLENUM Naturgarten Kaiserstuhl FAKTEN GEMEINSAM GEFÄHRDETE KULTURPFLANZEN VOR DER ROTEN LISTE BEWAHREN! Seit 2002 befasst sich das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz mit einer Roten Liste für die gefährdeten Kulturpflanzen Deutschlands. Am 24. Juni 2010 wurde sie veröffentlicht. Die traurige Bilanz: Über 1.800 Sorten sind gelistet. Darunter wertvolle Gemüse-, Obstund Getreidesorten, die noch bis in die 50er Jahre unseren Speisezettel bereicherten. Erklärtes Ziel von ProSpecieRara ist es, zu verhindern, dass noch weitere Kulturpflanzen auf die Rote Listen gelangen und dafür zu sorgen, dass wertvolle Sorten wieder von ihr verschwinden. Die Bestrebungen sind darauf gerichtet, ein vielfältiges Angebot für die Zukunft zu bewahren. Sorten der Roten Liste aktiv vermehren „Wir wollen gerade die Sorten der Roten Liste wieder zugänglich und nutzbar machen“, so Béla Bartha. „In Zukunft werden wir über unsere Publikationen ein Angebot von gefährdeten Sorten präsentieren, die beschrieben, vermehrt und so aufbereitet sein werden, dass man deren Samen bestellen kann. Professionelle und private Pflanzenfreunde können dann diese seltenen Sorten selbst aussäen, anziehen und auspflanzen.“ In den Pflanzen-Steckbriefen hier im Magazin stellt ProSpecieRara einige der Sorten vor, die es gemeinsam von der Roten Liste zu retten gilt. ROTE LISTE ‹WUNDER VON STUTTGART› Alte, deutsche Sorte, v.a. in Süddeutschland beliebt. Blätter im Geschmack zart und ohne Bitterstoffe. Ab 1906 auch in der Schweiz im Handel. Sehr geeignet für den Anbau im Hochsommer. Typisch sind die großen, festen Köpfe (ca. 30 cm Durchmesser). Große hellgrüne Blätter, die etwas anfällig für Blasenbildung sind. Aussaat im Freiland April/Mai, vorzugsweise sonnige Lagen bei Trockenheit regelmäßig gießen, dennoch sehr hitzebeständig Jungpflanzen anhäufeln, regelmäßig gießen Ernte ab September, bis spät in den Herbst hinein schießt spät auf Rote Zahlen 1.807 Sorten umfasst die Rote Liste gefährdeter Nutzpflanzen in Deutschland, täglich kommen neue dazu. 80 % der Vielfalt unserer Garten- und Ackerpflanzensorten sind in den vergangenen 100 Jahren verschwunden. 3 unterschiedliche Standorte sind mindestens nötig, um das Überleben einer Sorte zu sichern „Unsere artenreiche und vielfältige Kulturlandschaft lebt – am Oberrhein sogar grenzüberschreitend – von der Pflege und dem Engagement der Menschen, die sie lieben. Ich freue mich daher sehr, dass ProSpecieRara nun auch bei uns aktiv ist.“ Julian Württenberger, ehemaliger Regierungspräsident Freiburg 7 8 NACHGEFRAGT Ein Gespräch mit der Sterneköchin und Kochbuchautorin Douce Steiner über die Lust an Gartenschätzen und besondere heimische Genüsse. SortenReich Frau Steiner, Sie stammen aus dem Markgräfler Land, die Bedingungen hier für den Obst- und Gemüseanbau sind ideal. Gibt es Sorten, die zu ihren besonderen Favoriten der heimischen Küche gehören? Douce Steiner Oh ja, da gibt es eine ganze Reihe. Toll finde ich zum Beispiel den Boskoop-Apfel, der schmeckt einfach unvergleichlich gut gebacken oder als Kompott. Schon mit wenigen Zutaten wie Zucker, Zimt und Walnüssen lassen sich aus den mürben Apfelschnitzen mit ihrer feinen Säure aromatische Strudel oder Kuchen und das gar nicht mal so sehr teuer. Gesunde und qalitativ hochwertige Lebensmittel schmecken einfach besser. Die Bereitschaft, für die Qualität einen angemessenen Preis zu bezahlen, hat viel mit Wertschätzung gegenüber dem Produkt und der Art und Weise der Erzeugung zu tun. Gehören Erzeugung und Geschmack auf den Stundenplan? Warum eigentlich nicht? Kindern und Jugendlichen hier Zugänge zu vermitteln, „Die Liebe zu regionalen Wurzeln weckt Glücksgefühle im Bauch.“ zaubern. Sehr gut passen gedämpfte Apfelspalten aber auch zu Wild. Und natürlich liebe ich Quitten. Ihr herrliches Aroma passt ganz wunderbar zu Vorspeisen oder das Quittenkompott zu Wild. Man ist, was man isst? Teilen Sie diese Auffassung, geht uns heute etwas ab beim Thema Schmecken und Genuss? Leider beobachte ich das schon. Es gilt oft Masse statt Klasse, gerade bei Lebensmitteln. Im Discounter kann man eben viel und billig einkaufen. An die Erzeugung denkt man dabei nicht unbedingt. Dabei gibt es gerade in unserer Region die Möglichkeit frisches Gemüse und Obst einzukaufen – Douce Steiner, 41 Jahre und von Gault Millau zur Aufsteigerin des Jahres 2012 gekürt, führt mit ihrem Mann Udo Weiler das mit zwei Michelin Sternen ausgezeichnete „Hotel Restaurant Hirschen“ in Sulzburg, südlich von Freiburg. Die Spitzenköchin hat bereits ihr zweites wirkt sich auf das spätere Verhalten aus. Wenn Kinder nie erleben, dass das Essen aus frischen Zutaten zubereitet wird, sondern vorwiegend Fertigkost auf den Tisch kommt, können sie ja nicht wissen, dass es weder besonders schwer noch aufwändig ist, z.B. eine leckere Pizza selbst zu machen. Und das Schnippeln und Belegen macht Kindern auf jeden Fall Spaß. Übrigens als Tipp für Eltern: Statt süßem Schokoriegel vielleicht mal frische Äpfel oder Birnen mit selbst geknackten Walnüssen und Rosinen anbieten. Zwetschgen schmecken am besten, wenn sie schön süß-sauer sind. Es fällt auf, wie schwer es ist, eine gute Sorte zu finden. Kochbuch „Meine leichte Küche“ mit Fotos von Michael Wissing herausgebracht. Nach Jahreszeiten geordnet findet man darin einfach nachzukochende und leichte Gerichte der Saison. Das Buch ist im Handel für 39,90 Euro erhältlich. 9 Ja, das fällt mir leider auch auf. Die geschmackreichen Sorten werden oft dem glatten Aussehen oder dem Ziel, möglichst billig große Mengen anzubauen, geopfert. Letztlich bestimmen wir alle, ob sich das durchsetzt. Die Wertschätzung von Lebensmitteln kann dazu beitragen, dass geschmackreiche Sorten uns nicht verloren gehen. Beziehen Sie Ihr Gemüse oder Obst fürs Restaurant auch aus der Region? Ja, natürlich! Ganz begeistert bin ich vom Hardthof Pfrengle in Hartheim. Dort bekomme ich saisonal den besten grünen Spargel, ganz tolle Erdbeeren, Himbeeren und Brombeeren und im Herbst einen wunderbar nussig schmeckenden Feldsalat. GEGRILLTER ZANDER AUF ROTER BETE (4 Portionen) MARINIERTE ROTE BETE: 2 mittelgroße Rote Beten mit Schale, Salz, Pfeffer aus der Mühle 1 TL Weißweinessig, 2 EL Traubenkernöl, 1 TL Meerettichpaste GEGRILLTER ZANDER: 4 Zanderlachsfilets à 100 g mit Haut, Salz, Pfeffer, 2 EL Pflanzenöl, 1 EL Butter, 1 Thymianzweig, 1 Spritzer Zitronensaft ROTE-BETE-SALAT: 1 Bund junge Rote-Bete-Blätter, Salz, Pfeffer, 2 EL Limetten-Olivenöl, 1 TL Weißweinessig Die Roten Beten in Salzwasser 30 Minuten gar kochen. Schälen und würfeln, mit Salz und Pfeffer würzen. Die Fischfilets mit Salz und Pfeffer würzen und bei mittlerer Hitze im Öl zuerst auf der Hautseite etwa 4 Minuten goldbraun braten. Dann wenden. Butter, Thymian und Zitronensaft beigeben und den Fisch mit der schaumigen Butter immer wieder beträufeln und noch etwa 1 Minute fertig garen. Die Rote-Bete-Blätter kurz vor dem Anrichten mit Salz, Pfeffer, Limetten-Olivenöl und Weißweinessig marinieren. Den Salat auf den Fischfilets anrichten. Fotos: Michael Wissing DER SAMENGARTEN IN EICHSTETTEN – WO VIELFALT ROTE LISTE ‹QUEDLINBURGER FRÜHE LIEBE› Sehr frühe Tomatensorte mit runden kleinen Früchten, süß-fruchtig im Geschmack. In Quedlinburg durch Kreuzung der beiden Sorten ‹Mikado› und ‹Allererste› gezüchtet. Zugelassen für den Handel 1951. Hauptsaison früher vor dem Einsetzen der Haupttomatenernte. Zum Zeitpunkt der Zulassung früheste Sorte in Deutschland. ideal zum Frühanbau, pflückreif von Mitte Juni bis September mittelhoch, mittelbreit und etwas schwachwüchsig, Stützung empfohlen auch für wenig milde Gebiete geeignet mittelmäßig geeignet für Transport und Lagerung „Der freie und unmittelbare Zugang zur genetischen Ressource von Nahrungspflanzen ist ein kostbares und schützenswertes Gut für jeden Menschen.“ Christian Hiß, Vorstand der Regionalwert AG in Eichstetten ANBAU 11 FÜR DIE SINNE GEDEIHT Vor Ort praktische Erfahrungen und bunte Eindrücke sammeln. Die Eichstetter Stiftung zur Bewahrung der Kulturpflanzenvielfalt in der Region hat das Ziel, dieses Erbe an heimischen Kulturpflanzen zu erhalten. Mit der Schweizer Stiftung ProSpecieRara und als Partner von ProSpecieRara Deutschland kann dies gelingen. Die Stiftung Kaiserstühler Garten hat im schönen Winzerort Eichstetten am Kaiserstuhl einen Schaugarten für die Erhaltung von Kulturpflanzensorten und zur Zucht regionaler Sorten eingerichtet. Herzstück der Arbeit ist der Samengarten, der ein Schaugarten besonderer Art ist. Auf einer Fläche von etwa 5.000 Quadratmetern wird hier eine große Anzahl bekannter, seltener und beinahe vergessener Kulturpflanzen wie Gemüseampfer, Erdbeerspinat oder Zuckerwurz im Samengarten angebaut, um sie für die Zukunft zu erhalten. Im Laufe der Vegetationsperiode, von April bis Oktober, wird die Vielfalt unserer heimischen Kulturpflanzen vom Keimen im Frühjahr bis zur Samenreife im Herbst gezeigt. Der Garten bringt den Besuchern die Fülle von bekannten und raren Gemüsearten näher. Kinder sehen hier oft zum ersten Mal, dass Karotten auch blühen. Hier riechen, sehen und ertasten sie, was kulturelle Vielfalt heißt. Rares Saatgut im Blick Raritäten vermehren Im Samengarten Eichstetten werden alte Sorten von Gemüsen, Kräutern, Blumen und Getreide nicht nur angebaut, sondern es wird auch Saatgut davon gewonnen. So werden sie der Vermarktung wieder zugänglich gemacht. Das Ziel der Stiftung für die Zukunft: die Vielfalt heimischer Kulturpflanzen durch kleinräumigen Anbau erhalten und fördern – als regionale Antwort auf die globale Privatisierung des Saatguts. Um dies zu erreichen, muss der freie Zugang zu Saatgut ermöglicht werden. In Zuchtversuchen werden z.B. Sellerie, Lauch, Kohlrabi, Fenchel, Mangold oder Möhre angepflanzt, um sie an die Region anzupassen und durch Selektion zu verbessern. So können vitale alte Sorten wieder für den Markt gewonnen werden. In den vergangenen Jahren hat sich der Schaugarten zu einer touristischen Attraktion entwickelt. Und er wird regelmäßig als „Grünes Klassenzimmer“ von Lehrern und Schulklassen aller Altersstufen zur Anschauung blühender und samentragender Kulturpflanzen genutzt. „Biologische Vielfalt sichert die Versorgung der Zukunft. Unter sich verändernden klimatischen Bedingungen können gerade alte Kultursorten mit ihren besonderen Eigenschaften von großer Bedeutung für den Anbau sein.“ Hilde Erner, Gärtnerin im Samengarten Eichstetten „Ein tolles Gefühl. Mit dem Starterset hab ich mein erstes Saatgut gewonnen!“ Kathrin Schäppi, Archäologin und als ProSpecieRara Sortenbetreuerin Spezialistin für fast vergessene Kulturen wie Lein, Faserhanf und Linsen. Die Arbeit von ProSpecieRara ist nur dank eines großen, aktiven Netzwerkes möglich. In diesem Netzwerk arbeiten private Sortenbetreuer Hand in Hand mit den Experten von ProSpecieRara. Als Herzstück fungiert die Samenbibliothek, die am Hauptsitz in Basel Saatgut von rund 1.000 Gemüse- und bis jetzt 150 Zierpfl anzensorten sicher aufbewahrt. Das Ziel ist es, in Deutschland eben solch ein Netzwerk für die Bewahrung alter und bedrohter Sorten aufzubauen. Seit 2004 aktiv bei der Samenvermehrung ist Kathrin Schäppi. Die 32-jährige Archäologin schreibt zur Zeit ihre Masterarbeit und betreibt daneben einen großen Schrebergarten. SortenReich Frau Schäppi, was hat Sie bewogen als Sortenbetreuerin bei ProSpecieRara mitzumachen? Kathrin Schäppi Schon mit 20 Jahren war mir klar, dass ich kein 08/15-Gemüse „Die biologische Vielfalt unserer Kulturpflanzen durch naturnahe Landwirtschaft zu bewahren, ist ein wichtiger Beitrag für Ernährungssicherheit und Klimaschutz.“ Michael Bruder, Bürgermeister Eichstetten am Kaiserstuhl SORTEN BETREUEN 13 anbauen will, sondern alte Nutzpflanzen, die es so oder so ähnlich schon vor hunderten von Jahren hier gab. Mich fasziniert es, Pflanzen zu ziehen, von denen heute die meisten gar nicht mehr wissen, wie sie angebaut oder verwendet wurden. Da spielt sicherlich mein Faible für die Archäologie mit rein. Wie fing alles an? An einem Setzlingsmarkt von ProSpecieRara bin ich zum ersten Mal mit der Stiftung in Kontakt gekommen. Den Namen kannte ich natürlich schon aus dem Supermarkt Coop. Nur zu spenden, war mir jedoch zu wenig, ich wollte mich selber sinnvoll engagieren und habe dann mit dem Starterset den Samenbau mal ausprobiert. Zu Beginn hatte ich praktisch keine gärtnerische Erfahrung, dank der guten Anleitung hat die Vermehrung jedoch super geklappt und ich konnte bereits im ersten Herbst eigenes Saatgut ernten. Welche besonderen Pflanzen betreuen Sie? Die Besitzer/-innen von ca. 120 Obstgärten, die in der ganzen Schweiz verteilt sind, sorgen für den Erhalt der Vielfalt. Dazu kommen Sortengärten und -sammlungen von Kartoffeln, Beeren, Reben, Gemüse- und Zierpflanzen, die diese seltenen Sorten vor dem Verschwinden bewahren. In meinem Garten gedeihen Lein, Faserhanf, Buchweizen, Hirse, Linsen, alte Getreidesorten und vieles mehr. Mich fasziniert es, Pflanzen anzubauen, von denen heute die meisten Personen nicht mehr wissen, wie sie kultiviert oder verwendet werden. Wer weiß schon, wie mühsam es ist, Linsen zu ernten? Die haben nämlich nur zwei Samen pro Hülse. ROTE LISTE ‹FREIBURGER PRINZ› Der ‹Freiburger Prinzenapfel› oder ‹Freiburger Prinz› war ein Zufallssämling, der ca. 1860 in der Haseldorfer Marsch in Holstein gefunden wurde. Seither kommt er als Lokalsorte von der Niederelbe in Norddeutschland – v.a. Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen – vor. Mittlerweile sehr selten und kaum noch angebaut. späte Sorte, pflückreif im Oktober robust mit regelmäßigem Ertrag mittelgroße Früchte feines weißes Fruchtfleisch ausgeprägte Säure guter Lagerapfel Sie bieten selbst Saatgut im Schweizer Sortenfinder an? Ja, gleich mit 11 Sorten bin ich dabei. In der Schweiz listet der Sortenfinder private und professionelle Anbieter, bei denen man Saatgut beziehen kann. Foto: Hans-Joachim Bannier „Genuss lebt von der Vielfalt – fürs Auge und den Gaumen. Ich bin für den Erhalt regionaler Sorten, weil sie unser Leben um spannende Eindrücke bereichern.“ Michael Wissing, Fotodesigner 14 HELFEN UND HANDELN Pflanzen helfen! Die Bewahrung der Vielfalt liegt in unserer Hand! Gemeinsam bedrohten Nutzpflanzen wirkungsvoll den Rücken stärken. Das Startetest enthält Samen von zwei samenfesten, nicht gefährdeten Sorten, eine Saatgutanleitung sowie Tipps zur Pflege und Samenernte. ProSpecieRara macht sich stark für Kulturpflanzen der Roten Liste. Diese bedrohten Sorten für die Zukunft zu erhalten, geht nicht ohne aktive Hilfe. Wer ProSpecieRara bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen möchte, kann dies auf unterschiedlichen Wegen tun. Ganz praktisch im eigenen Garten als ProSpecieRara Sortenbetreuer/-in. Aber auch die finanzielle Unterstützung ist enorm wichtig, z.B. um Pflanzen-Projekte oder den Aufbau der Samenbibliothek in Deutschland voranzubringen. Mit einer Spende können wichtige Impulse gesetzt werden für eine tragfähige Basis von ProSpecie Rara Deutschland. Jede Form der Hilfe zählt! VOM PIONIER ZUM PROFI 1 ProSpecieRara-Starterset für Anfänger Bevor Sortenbetreuer/-innen seltene Pflanzen von der Roten Liste vermehren, lernen sie mit dem Startetest wichtige Methoden zum Anbau und zur Samengewinnung kennen. So können ohne Erfolgsdruck erste Erfahrungen mit dem Samenbau gemacht werden. Für das Probierset braucht man ca. 2 – 3 m2 Gartenbeet. Starterset 15 Euro Raritäten den Rücken stärken Vielfalt kann überall zu Hause sein. Wer Freude am Gärtnern hat, kann ProSpecieRara helfen den Reichtum unserer Kulturpflanzen zu erhalten. Sortenbetreuer/-innen nehmen bestimmte bedrohte Sorten in ihre Obhut. Sie bauen sie privat an und ernten das Saatgut der betreuten Sorten. „34 Kartoffelsorten, Gemüsespezialitäten und Raritäten bauen wir an und erleben bei unseren Kunden die Lust am kreativen Kochen und gesunden Essen. Wir möchten die Wertschätzung von Lebensmitteln weiter geben. “ Christa und Otmar Binder, Lindenbrunnenhof in Forchheim 15 2 ProSpecieRara-Samenbau-Kurs für Fortgeschrittene Wer ProSpecieRara Sortenbetreuer/-in werden möchte und mit dem Starter-Set geübt hat oder bereits Erfahrung in der Samengewinnung besitzt, kann sich für einen Samenbau-Kurs anmelden. Nach erfolgreichem Abschluss erhalten die Teilnehmer/-innen ihr persönliches Zertifikat als ProSpecieRara Sortenbetreuer/-in. Samenbaukurs 30 Euro 3 Was erhält man als ProSpecieRara Sortenbetreuer/-in? ProSpecieRara Sortenbetreuer/-innen erhalten von ProSpecieRara kostenloses Saatgut bedrohter Pflanzen, das sie betreuen und vermehren. Einen Teil des gewonnenen Saatguts schicken die Sortenbetreuer/-innen an die zentrale Samenbibliothek von ProSpecieRara zurück. Hier wird es zur Sicherung des Bestands professionell eingelagert. Sollte mehr Samen gewonnen werden als die Samenbibliothek benötigt, können die Sorten zusätzlich im ProSpecieRara-Katalog für andere Interessierte angeboten werden. Sortenbetreuer/-innen erhalten außerdem Zugang zu den Bezugsquellen weiterer seltener Sorten.“ Impressum Herausgeber: ProSpecieRara Deutschland gGmbH, Freiburg Redaktion/Texte: Jörgen Beckmann, Béla Bartha (Geschäftsleitung), Esther Weiler (qu-ınt) Auflage: 1.500 Exemplare Gestaltung: qu-ınt | marken | medien | kommunikation, Freiburg Fotos: ProSpecieRara, Michael Wissing Druck: Hofmann Druck, Emmendingen SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM SAMEN-PROFI Nützliche Tipps, Informationen rund um die Samengewinnung sowie das aktuelle Kurs- und Veranstaltungsangebot unter www.prospecierara.de INFO SPENDEN UND SORTENPATEN SPENDEN Spender/-innen erhalten ab einem Beitrag von 40 Euro Zugang zu Bezugsquellen seltener Pflanzen für den Anbau im eigenen Garten regelmäßige Informationen über ProSpecieRara-Aktivitäten Einladungen zu Veranstaltungen ProSpecieRara Deutschland Bankkonto: Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, BLZ 680 501 01, Kontonr. 13048303 SORTENPATE WERDEN Eine ProSpecieRara SortenPatenschaft gibt es ab dem Jahresbetrag von 200 Euro. Die Übernahme sichert den Erhalt einer speziellen Kulturpflanze an verschiedenen Standorten. Für diesen wichtigen Beitrag erhält der SortenPate eine Urkunde mit Sortenbild, regelmäßige Informationen zu den ProSpecieRara Aktivitäten sowie Einladungen zu interessanten Veranstaltungen. Übrigens lässt sich eine SortenPatenschaft auch verschenken. Ein sinnvoller Beitrag, der ankommt und Freude schenkt. Informationen und Anmeldeformulare für Spenden und SortenPatenschaften unter www.prospecierara.de Spenden und SortenPatenschaften sind steuerlich ab zugsfähig! „Es muss endlich aufhören, dass traditionelle Sorten EU-Normen geopfert werden. Wir alle sind gefordert, uns für die Bewahrung dieser Kulturgüter einzusetzen.“ Reinhold Pix, Ökowinzer, Mitglied der Grünen und Baden-Württemberger Landtagsabgeordneter termIne Im Sommer 2013 JungPFlanzenmÄrKte 19. – 21. april Gartenfestival Freiburg, Mundenhof, Stadtgärtnerei Freiburg 06. – 11. mai Jungpflanzenwoche auf den Freiburger Wochenmärkten und in Naturkostläden in der Region Freiburg 11. mai 1. ProSpecieRara Setzlingsmarkt, Mundenhof, Stadtgärtnerei Freiburg oFFene Sonntage unD FÜhrungen Im Samengarten Von Juni bis Oktober finden an je einem Sonntag im Monat im Samengarten Eichstetten Führungen statt. Dabei werden auch Fragen rund um das Saatgut und die Saatgutvermehrung für den eigenen Garten besprochen. 09. Juni 14 uhr Blühende Nahrungspflanzen in ihren Pflanzenfamilien – sehen, schmecken, riechen 14. Juli 14 uhr und 16 uhr Raritäten und Exoten – selten kultiviertes Gemüse 15. September 14 uhr und 16 uhr Vielfalt bei Paprika in Form und Farbe 13. oktober 14 uhr Zur Rolle des Saatguts – regional und global 11. august 14 uhr und 16 uhr Tomatenvielfalt – Farben, Formen, Geschmack SamenbauKurS FÜr eInSteIger/-Innen Die Teilnehmer/-innen lernen, was sie bei der Erhaltung einer traditionellen Sorte beachten müssen, wenn sie Samen selber produzieren, Früchte ernten, trocknen, Samen gewinnen und lagern wollen. 24. august (nachmittags) 28. September (nachmittags) Kosten: 30 Euro ProSpecieRara Deutschland gGmbH Kaiser-Joseph-Straße 250 79098 Freiburg Telefon 0761/59390007 (Mo – Do, 9 – 13 Uhr) Fax 0761/59390008 E-mail [email protected] www.prospecierara.de Gemeinnützige Gesellschaft für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren in Deutschland Bankkonto: Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, BLZ 680 501 01, Kontonr. 13048303