Thermodynamik - Wiederholung Gegenstand der letzten Vorlesung • freie Reaktionsenthalpie ΔrG • Gleichgewichtskonstante K • Prinzip des kleinsten Zwangs (Le Chateliersches Prinzip) • Löslichkeitsprodukt eines Salzes • Ionenprodukt von Wasser KW , pH/pOH-Wert • Säure-/Base-Konstanten KA, KB, pKA/pKB-Wert • Puffer Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 1 Christof Maul Thermodynamik des Gleichgewichts - Wiederholung Freie Reaktionsenthalpie DrG Betrachte chemische Reaktion nA A + nB B nC C + n D D DrH, DrG Es gilt für die freie Reaktionsenthalpie DrG genauso wie für die Reaktionsenthalpie DrH • Freie Reaktionsenthalpie DrG ergibt sich aus freien Bildungsenthalpien der Produkte DfG(P) abzüglich der freien Bildungsenthalpien der Edukte DfG(E). + DfG(Edukte) DfG(Produkte) DrG(Reaktion) + DfH(Edukte) DfH(Produkte) DrH(Reaktion) • DfG = DfG° + RT ln a mit freier Standardbildungsenthalpie DfG° (des Reinstoffs) • Freie Standardreaktionsenthalpie DrG° = -DfG°(E) + DfG°(P) (jeweils getrennte Reinstoffe) • Freie Standardbildungsenthalpie DfG° der Elemente sind definitionsgemäß gleich 0. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 2 Christof Maul Thermodynamik des Gleichgewichts - Wiederholung Massenwirkungsgesetz und Gleichgewichtskonstante K n A A + n B B nC C + nD D 0 Gleichgewicht: ΔrG = 0 → Δ r G = −RT ln νC νD A B aCG⋅aDG K= ν ν a AG⋅aBG Massenwirkungsgesetz law of mass action ν aνCG⋅aDG ν ν aAG⋅aBG C D A B RT ln K = -DrG° mit Gleichgewichtskonstante equilibrium constant Bedeutung von K • K > 1: Gleichgewicht liegt auf der Produktseite • K < 1: Gleichgewicht liegt auf der Eduktseite Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 3 Christof Maul Thermodynamik des Gleichgewichts - Wiederholung Le Chateliersches Prinzip (Prinzip vom kleinsten Zwang) ∂ lnK = − Δ r V ° ∂p RT Aus Druckabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten resultiert Prinzip des kleinsten Zwangs (Le Chateliersches Prinzip): ″System weicht einem äußeren Zwang aus″ Produkte Edukte Edukte dp < 0: d(lnK) > 0 dp < 0: d(lnK) < 0 dp > 0: d(lnK) < 0 dp > 0: d(lnK) > 0 Volumen klein Produkte Volumen klein Volumen groß Volumen groß Kondensierte Phase: Druckabhängigkeit des Gleichgewichtszustands ist klein, da auch DrV° klein ist Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 4 Christof Maul Thermodynamik des Gleichgewichts - Wiederholung Le Chateliersches Prinzip (Prinzip vom kleinsten Zwang) ∂ lnK = Δr H ° ∂T RT 2 ″System weicht einem äußeren Zwang aus″: Temperaturabhängigkeit von K Temperaturerhöhung begünstigt endotherme Reaktion Temoeraturerniedrigung begünstigt exotherm Reaktion endotherm: DrH° > 0 Edukte dT > 0: d(lnK) > 0 exotherm: DrH° < 0 Produkte Edukte dT < 0: d(lnK) < 0 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 5 Christof Maul dT > 0: d(lnK) < 0 dT < 0: d(lnK) > 0 Produkte Thermodynamik des Gleichgewichts - Wiederholung Löslichkeitsprodukt eines Salzes j+ i- A i B j+nH 2 O i A aq + jBaq Für gesättigte Lösung (festes Salz im Gleichgewicht mit Lösung) gilt DGL=0 i K= j a A aB j+ aq aA B a i j iaq mit a A B = 1 und aH O ≈ const n H2 O i j 2 Das Lösungsgleichgewicht wird beschrieben durch das Löslichkeitsprodukt KL* i j n K L = a A aB = K a A B aH O j+ aq iaq i j 2 mol *Löslichkeitsprodukte werden üblicherweise auf Konzentrationen ( L ) bezogen. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 6 Christof Maul Thermodynamik des Gleichgewichts - Wiederholung Wasser: Das Ionenprodukt KW - Das Dissoziationsgleichgewicht von Wasser + 2 H2O H3O+ + OHwird analog zum Löslichkeitsprodukt eines Salzes beschrieben. K= aH O aOH + - mit aH O ≈ const 3 aH2 O 2 2 Das Dissoziationsgleichgewicht wird beschrieben durch das Ionenprodukt KW.* 2 K W = aH O aOH = K aH O + - 2 3 Bei Raumtemperatur ist: KW = 10-14 mol2/L2. Für neutrales Wasser ist: aH + 3O =aOH =√ K W =10−7 mol L - ) bezogen. *Auch das Ionenprodukt von Wasser wird üblicherweise auf die Konzentrationen ( mol L Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 7 Christof Maul Thermodynamik des Gleichgewichts - Wiederholung pH - pOH - pKW "p" bedeutet immer den negativen dekadischen Logarithmus. Grund ist die Vermeidung unhandlicher Zehnerpotenzen und negativer Werte bei der Beschreibung geringer Konzentrationen oder kleiner Gleichgewichtskonstanten. pH = −lg aH O pOH = −lg aOH + - 3 aH O = 10−pH aOH = 10−pOH + - 3 pK W = −lg K W −pK W K W = 10 Somit gilt mit den Logarithmus-Rechenregeln: K W = aH O aOH + pK W = pH+pOH - 3 und für neutrales Wasser bei Raumtemperatur: pH = 7 pOH = 7 pK W = 14 aH O = 10−7 mol L aOH = 10−7 mol L K W = 10−14 mol L 3 + - Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 8 Christof Maul 2 2 Thermodynamik - chemisches Gleichgewicht Dissoziation von Säuren - die Säurekonstante KA Definition nach Brønsted: Säuren sind Protonendonatoren Basen sind Protonenakzeptoren HA H+ + A- H eigentlich: HA + H2O H3O+ + A- O H H + A H O - H A H Protolyse - HA/A bilden ein konjugiertes Säure-/Base-Paar. Wasser ist ein Ampholyt, d.h. sowohl Säure als auch Base (H2O H+ + OH-) (H3O+ H+ + H2O)* Dissoziationsgleichgewicht wird beschrieben durch die Säurekonstante KA ** KA = aH aA + aHA - *** + * H3O heißt Oxonium (früher: Hydronium) ** A steht für 'acid'. Im deutschen Sprachgebrauch auch manchmal KS + *** H existiert nicht in Lösung. a(H+) ist gleichbedeutend mit a(H3O+) Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 9 Christof Maul Thermodynamik - chemisches Gleichgewicht Dissoziationsgrad a Dissoziationsgrad a: prozentualer Anteil dissoziierter Säure aH O = a A = α a0 + aHA = (1−α)a0 - 3 dissoziert undissoziert a0: Gesamt-Aktivität der Säure (dissoziiert und undissoziiert) Dissoziationsgrad α hängt ab von Säurekonstante KA und Gesamt-Aktivität a0 KA = aH a A + aHA α= - 2 α2 a20 α = = a (1−α)a0 1−α 0 √ KA 4a (−1+ 1+ 0 ) 2a0 KA Grenzwertbetrachtung: a0 →0 : √ 4a 0 2a0 A A α →1 (da 1+ K ≈ 1+ K ) a0 →∞: α →0 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 10 Christof Maul Thermodynamik - chemisches Gleichgewicht Henderson-Hasselbalch-Gleichung (Puffergleichung) Logarithmieren der Säurekonstanten ergibt Zusammenhang zwischen pH-Wert und a Verhältnis von dissoziierter zu undissoziierter Säure a A- HA KA = aA lgK A = lg aH + lg a aH aA aHA + - + HA - lg aA −p K A = −pH + lg a - HA die Henderson-Hasselbalch-Gleichung: aA pH = pK A +lg aHA - Ist gleich viel undissoziierte Säure wie dissoziierte vorhanden, so ist pH = pKA Henderson-Hasselbalch-Gleichung ist wichtig zur Beschreibung von Pufferlösungen Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 11 Christof Maul Thermodynamik - chemisches Gleichgewicht Puffer pH pH-Wert von Puffern wird beschrieben durch die Henderson-HasselbalchGleichung in der Form pKA,Phosphat = 7.21 pKA,Carbonat = 6.35 pKA,Acetat = 4.75 Pufferbereich aA xA pH = pK A + lg a = pK A + lg 1−x - HA * mit aHA +aA = a0, x A = - - aA aHA +aA - - = aA a0 - * - ,x HA = 1−x A = - a HA aHA+a A - = a HA a0 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 12 Christof Maul A- Elektrochemie Gegenstand der heutigen Vorlesung • Redoxgleichgewicht (Redoxreaktion, Redoxpaar) • elektrochemische Halbzelle • elektrochemische Doppelschicht • elektrochemisches Gleichgewicht (elektrochemisches Potenzial) • Nernstsche Gleichung • elektrochemische Spannungsreihe und Normal-Wasserstoffelektrode • galvanische und Elektrolyse-Zellen • Konzentrationszellen und Membranpotenzial Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 13 Christof Maul Elektrochemie Redoxreaktion Ein Eisennagel, in eine Kupfersulfatlösung getaucht, überzieht sich mit Kupfer. Die gleiche Menge Eisen geht in Lösung. Fe + CuSO4 → FeSO4 + Cu Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 14 Christof Maul Elektrochemie Redoxreaktion Betrachte die Reaktion 2+ 2Fe+Cu2++SO24 Fe +Cu+SO4 kJ DrG0 = -150 mol < 0 DrG0 < 0: Gleichgewicht auf Produktseite. Reaktion läuft spontan ab, bis sich chemisches Gleichgewicht einstellt: DrG = 0 Die Reaktion besteht aus zwei Teilschritten (Sulfat nimmt an der Reaktion nicht teil): 1) 2) Oxidation von Eisen: Reduktion von Kupfer: Fe → Fe2+ + 2eCu2+ + 2e- → Cu Reaktionen unter Elektronentransfer von einem Reaktanten auf einen anderen heißen Redoxreaktionen. 2+ 2+ Oxidierte und reduzierte Spezies Ox/Red bilden Redoxpaar (z.B. Cu /Cu oder Fe /Fe) Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 15 Christof Maul Elektrochemie Redoxreaktion Betrachte die Reaktion 2+ 2Fe+Cu2++SO24 Fe +Cu+SO4 kJ DrG0 = -150 mol < 0 Im Gleichgewicht gilt: Δr G = 0 − K=e K= (Gleichgewichtsbedingung) Δr G0 RT aFe aCu aFe a Cu 2+ 2+ ≈ e60 ≈ 1.3⋅1026 = aFe aCu aFe = aCu e 2+ 2+ (Massenwirkungsgesetz) 2+ 2+ −Δr G0 RT (thermodynamische Definition von K) ≫ aCu 2+ Nagel löst sich vollständig auf! Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 16 Christof Maul Elektrochemie Redoxgleichgewicht: Zn + CuSO4 ZnSO4 + Cu räumliche Trennung von Oxidation und Reduktion Werden die beiden Halbreaktionen 1) 2) Oxidation von Zink: Zn Zn2+ + 2eReduktion von Kupfer: Cu2+ + 2e- Cu räumlich voneinander getrennt, z.B. in einer galvanischen Zelle, findet Ladungstrennung statt, und es kann sich kein chemisches Gleichgewicht einstellen. 2+ Zn geht als Zn in Lösung (linke Halbzelle) Zn-Elektrode lädt sich negativ auf. Cu2+ scheidet sich ab (rechte Halbzelle) Cu-Elektrode lädt sich positiv auf. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 17 Christof Maul Galvanische Zelle aus zwei Halbzellen, mit Salzbrücke verbunden Elektrochemie Die elektrochemische Halbzelle Betrachte zunächst nur eine Halbzelle, z.B. 1) Oxidation von Zink: Zn Zn2+ + 2e- Chemisches Potenzial der Elektrode µE(Zn) = µE0(Zn) Chemisches Potenzial der Lösung µL(Zn2+) = µL0(Zn2+) + RT ln a(Zn2+) Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 18 Christof Maul Elektrochemie Die elektrochemische Halbzelle Betrachte zunächst nur eine Halbzelle, z.B. 1) Oxidation von Zink: Zn Zn2+ + 2e- Chemisches Potenzial der Elektrode µE(Zn) = µE0(Zn) Chemisches Potenzial der Lösung µL(Zn2+) = µL0(Zn2+) + RT ln a(Zn2+) Allgemein gilt: µE(Zn) ≠ µL(Zn2+) + Reaktion mit Ladungstrennung setzt ein. Δφ Ladungstrennung erzeugt Potenzialdifferenz Δφ zwischen Elektrode (hier negativ) und Lösung (hier positiv) Potenzialdifferenz stoppt Reaktion, bevor chemisches Gleichgewicht erreicht wird Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 19 Christof Maul Elektrochemie Die elektrochemische Doppelschicht 2+ Lösung L lädt sich positiv auf, stößt gelöstes hydratisiertes Zn ab und zieht Elektronen der Elektrode an. 2+ Elektrode E lädt sich negativ auf, zieht gelöstes hydratisiertes Zn an und stößt Elektronen der Elektrode ab. Über die Doppelschicht ändert sich das elektrische Potenzial um Δφ. ⃗= In der Doppelschicht herrscht ein starkes elektrisches Feld E das die weitere Auflösung der Elektrode behindert. Δφ δ , Lösung selbst und Elektrode sind durch Doppelschicht abgeschirmt und feldfrei. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 20 Christof Maul ⃗= E E φE Doppelschicht An der Oberfläche der Elektrode bildet sich eine elektrochemische Doppelschicht der Dicke δ aus (δ ist ungefähr der Radius des hydratisierten Ions - nur einige Nanometer!) Δφ δ + + L + + φL Δφ µE µL Elektrochemie Das elektrochemische Gleichgewicht Kein chemisches Gleichgewicht, da µE ≠ µL (Δµ = µE−µL ≠ 0) Kein elektrisches Gleichgewicht, da φE ≠ φL (Δφ = φE−φL ≠ 0) sondern elektrochemisches Gleichgewicht: µE + zFφE = µL + zFφL Δµ = -zFΔφ Dabei ist F = NAe = 96485,3365 C/mol die Faraday-Konstante und 2+ z die Ladungszahl (für Zn + 2e Zn gilt z = 2). F bezeichnet die Ladung eines Mols einfach geladener Teilchen (mit NA: Avogadro-Konstante, e: Elementarladung). ⃗= E E φE Doppelschicht Chemische Potenzialdifferenz Δµ von elektrischer Potenzialdifferenz Δφ kompensiert.* Δφ δ + + L + + φL Δφ µE µL *mit Δφ = E und ΔG = Δµ häufiger geschrieben in der Form ΔG = -zFE Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 21 Christof Maul Elektrochemie Das elektrochemische Potenzial μ In Systemen mit Ladungstrennung (wie in einer elektrochemischen Halbzelle) muss die elektrische Energie der Reaktanten mit berücksichtigt werden. Man definiert dazu das elektrochemische Potenzial μ = μ + zFφ = μ0 + RT lna + zFφ und fordert für das elektrochemische Gleichgewicht zweier Phasen α und β μα = μβ Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 22 Christof Maul Elektrochemie Die Nernstsche Gleichung: Elektrodenpotenzial E Das Elektrodenpotenzial E = Δφ = φα − φβ beschreibt die Potenzialdifferenz ("Spannung") zwischen Elektrode und Lösung im elektrochemischen Gleichgewicht α β μ 0 +RT lnaα+zF φα = μ 0 +RT lnaβ +zF φβ E(aα , aβ) = φ α −φβ = μ β0 −μ α0 zF + RT ln aa zF β α Das Elektrodenpotenzial wird in Volt angegeben und hängt ab vom Redoxpaar, den Aktivitäten der reduzierten und der oxidierten Spezies sowie der Temperatur. Ist die Phase α eine Metallelektrode, so ist aα = 1 und das Elektrodenpotenzial E hängt nur noch ab von der Aktivität der gelösten oxidierten Spezies aox und der Temperatur. Das Elektrodenpotenzial wird beschrieben durch die Nernstsche Gleichung E(a) = E0+ RT ln aox zF mit dem Standard-Elektrodenpotenzial E0 = Δμ 0 zF = μ β0 −μ0α zF Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 23 Christof Maul Elektrochemie Die Standard-Wasserstoff-Elektrode μ β0 −μ0α Das Standard-Elektrodenpotenzial E0 = zF ist eine Materialeigenschaft des Redoxpaars und in der elektrochemischen Spannungsreihe tabelliert. Ein Elektrodenpotenzial alleine ist nicht messbar. Es können immer nur Differenzen zweier Elektroden(Halbzell)-Potenziale gemessen werden. p(H2) = 1 bar H2 H2 Als (willkürlichen) Bezugspunkt für elektrochemische Messungen hat man die Standard-WasserstoffElektrode (SHE) gewählt und definiert ESHE = 0 V Bild Platin Redoxreaktion im elektrochemischen Gleichgewicht a(H +) = 1 mol L + - H2 2H + 2e ″Standard″ heißt hier: p(H2) = p0 = 1 bar, a(H+) = a0 = 1 mol L Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 24 Christof Maul Elektrochemie Elektrochemische Spannungsreihe Redoxpotenziale E0 (Standard-Reduktionspotenziale) E0 = −ΔredG0/zF Positives Redoxpotenzial* ist gleichbedeutend mit negativer Freier Bildungsenthalpie für die Reduktionsreaktion, d.h. reduzierte Form ist bevorzugt. * bezogen auf den willkürlich definierten Wert ΔredG0(H2) = 0 Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 25 Christof Maul Elektrochemie Reversible Zellspannung - Elektromotorische Kraft (EMK) Formale Betrachtung m+ n+ Werden zwei Halbzellen mit den Redoxpaaren ox1 /red1 und ox2 /red2 im Gleichgewicht miteinender verbunden, so misst man zwischen den offenen Klemmen (d.h. ohne Stromfluss) als Spannung ΔE12 die Differenz der Halbzellpotenziale E1 - E2. Die getrennten Redoxreaktionen sind - m+ n+ ox1 + m e red1 red2 ox2 + n e - Die Gesamtreaktion lautet (stöchiometrisch abgeglichen) m+ n ox1 + m red2 n red1 + m ox2 n+ (mit Ladung mnF pro Formelumsatz) Die Halbzellpotenziale sind 0 1 E1 = E + RT nmF ln a nox m+ 1 n red1 a Die Zellspannung beträgt amox RT E2 = E02 + mnF ln a n+ 2 m red 2 0 12 Δ E12 = ΔE + Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 26 Christof Maul RT mnF a mox a nred ln a n+ 2 m red2 anox 1 m+ 1 Elektrochemie Beispiel 1: EMK* des Daniell-Elements Die Redoxreaktion des Daniell-Elements (Abb. rechts) ist 2+ Cu + Zn Cu + Zn 2+ Die Halbzellpotenziale sind 0 ECu = ECu + RT ln aCu 2F EZn = E0Zn + RT ln aZn 2F 2+ 2+ 0 ECu = 0.34 V E0Zn = −0.76 V Die Zellspannung beträgt a Cu Δ E = ΔE 0+ RT ln a 2F 2+ Zn2 + mit der Standard-Zellspannung Δ E0 = E 0Cu−E0Zn = 0.34 V−(−0.76 V)=1.1 V E0Cu- und E0Zn-Werte der Spannungsreihe entnommen, a2Cu+ = a2Zn+ = 1 * in technischen Anwendungen wird die EMK auch als Leerlaufspannung bezeichnet Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 27 Christof Maul Elektrochemie Beispiel 2: Blei-Akkumulator I Der Blei-Akkumulator besteht aus einer PbO2-Elektrode und einer metallischen Pb-Elektrode mit Schwefelsäure als Elektrolyt. Die Redoxreaktionen an den Elektroden sind: /Pb =−0.13 V Entladevorgang Die theoretische Standardzellspannung ist PbO2 Pb 2+ ΔE0 = 1.67 V - (-0.13 V) = 1.80 V H3O+ 2+ Pb 2- SO4 SO42- Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 28 Christof Maul H3O+ Pb Pb 2+ - E0Pb 2e 2+ 2+ 4+ 2+ Pb Pb + 2e- 2+ 2e 4+ Pb + 2e- Pb E0Pb /Pb = 1.67 V Elektrochemie - Elektrochemisches Gleichgewicht Beispiel 2: Blei-Akkumulator II In Wirklichkeit sind die Verhältnisse komplizierter 1. Die Redoxreaktion an der PbO2-Elektrode ist + 2+ PbO2 + 4H3O + 2e- Pb + 6H2O 4+ E0PbO /Pb = 1.46 V 2 2. 2+ Pb + e- Pb E0Pb / Pb = 1.67 V 4+ 2+ 2+ PbSO4 ist schwerlöslich. Das Löslichkeitsprodukt ist K L = aPb aSO = 10−8 mol L 2+ Für 1-molare H2SO4 ist aPb = 2+ Δ E = E PbO / Pb −EPb 2+ 2+ 2 = E0PbO /Pb −E0Pb 2+ 2 2+ 10−8 mol L 2 1 mol L 2 und die Zellspannung ΔE = 10−8 mol L RT 0 /Pb = EPbO /Pb + 2F ln 2+ 2 / Pb 24 =1 aPbO aPb 2 2+ −(E 0Pb 2+ a Pb + RT ln a ) 2F 2+ /Pb Pb =1 − RT ln aPb = 1.46 V−(−0.13 V)−(−0.47 V) = 2.06 V F 2+ Für 1 einzelne Zelle beträgt die tatsächliche Zellspannung 2.06 V, Bei 6 in Reihe geschalteten Zellen beträgt die Gesamtspannung 12.36 V. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 29 Christof Maul 2 2 Elektrochemie Galvanische und Elektrolysezellen In elektrochemischen Zellen wird chemische Energie (ΔG) in elektrische Energie umgewandelt E = −ΔG/zF. Man unterscheidet galvanische und Elektrolysezellen. Eine galvanische Zelle wandelt chemische Energie spontan in elektrische Energie um (ΔG < 0). chemische Energie → elektrische Energie (ΔG < 0) In einer Elektrolysezelle läuft der umgekehrte Vorgang unter Energieeinsatz ab: Elektrische Energie E wird in chemische Energie ΔG ungewandelt. chemische Energie ← elektrische Energie (ΔG > 0) Eine in einem Elektrolyseprozess wieder aufladbare galvanische Zelle nennt man Akkumulator. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 30 Christof Maul Elektrochemie Anode und Kathode Die Unterscheidung der Elektroden einer elektrochemischen Zelle richtet sich nach dem Prozess, der an der Elektrode stattfindet. An der Anode findet immer der Oxidationsprozess statt, an der Kathode findet immer der Reduktionsprozess statt. Anode - Oxidation Kathode - Reduktion In Elektrolyse- und galvanischer Zellen vertauschen sich Funktionen und Bezeichnung der Elektroden, genauso beim Entladen und Laden von Akkumulatoren. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 31 Christof Maul Elektrochemie Anode und Kathode - Bleiakkumulator Entladevorgang Kathode Anode - e e - - e H3O+ PbO2 Pb 2+ SO42- 2- Pb SO4 2+ Pb 2+ Pb H3O+ Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 32 Christof Maul Elektrochemie Anode und Kathode - Bleiakkumulator Ladevorgang Anode Kathode - e e - - e H3O+ PbO2 Pb 2+ SO42- 2- Pb SO4 2+ Pb 2+ Pb H3O+ Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 33 Christof Maul Elektrochemie Bleiakkumulator - die thermodynamische "Unmöglichkeit" des Ladevorgangs - 2+ Das Elektrodenpotenzial der Reaktion Pb + 2e Pb ist -0.13 V! - E0 = − Überspannung durch Aktivierungsenergie + Das Elektrodenpotenzial der Reaktion H2 + 2e 2H ist 0 V. Es handelt sich um eine kinetische Hemmung. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 34 Christof Maul t ab ab -0.13V läu f Dass man einen Blei-Akkumulator laden kann, liegt an der "Überspannung", die erforderlich ist, um an einer Bleioberfäche gasförmigen molekularen Wasserstoff aus gelöstem Oxonium zu erzeugen. - läuft nicht Eigentlich sollte also beim Laden des Blei-Akkus Wasser zersetzt und Wasserstoff erzeugt werden, bevor Blei(II) zu Blei reduziert wird. 2+ Pb +2e Pb - + H2+2e 2H 0V Δ red G0 zF Elektrochemie Konzentrationszellen Besteht eine galvanische Zelle aus zwei Halbzellen mit dem gleichen Redoxpaar, aber unterschiedlicher Aktivität a der gelösten Spezies, so misst man ebenfalls eine EMK. ΔE = Die Zellspannung beträgt: RT zF a2 ln a 1 Der ΔE0-Term aus der Nernstschen Gleichung für die Zellspannung fällt weg, da es sich in beiden Halbzellen um das gleiche Elektrodenpotenzial handelt. Umschreibung auf den dekadischen Logarithums ergibt: für T = 25 °C: ΔE = 59mV z a2 ⋅lg a 1 ΔE = für T = 37 °C: RT zF a2 (ln10)⋅lg a ΔE = 1 61.5 mV z a2 ⋅lg a 1 Für ein Aktivitätsverhältnis von 1:10 misst man also eine Zellspannung von 59 mV für einen einwertigen Elektrolyten bei Raumtemperatur und von 61.5 mV bei Körpertemperatur. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 35 Christof Maul Elektrochemie Konzentrationszelle I: Membranpotenzial Extra- und intrazellulärer Raum bilden eine Konzentrationszelle, bei der die Membran Funktion der Salzbrücke übernimmt. Konzentrationen in mmol/L Typische Werte für Ruhemembranpotenziale beim Menschen sind -50 bis -100 mV Das Zellinnere ist dabei negativ geladen. Membranpotenziale und der zugehörige Ionentransport über die Membran spielen eine wichtige Rolle bei der Erregungsleitung in Nervenzellen. Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 36 Christof Maul Elektrochemie Konzentrationszelle I: Membranpotenzial - Goldman-Gleichung Intra- und extrazullärer Raum bilden eine "Konzentrationszelle", bei der die "Halbzellen" durch die Zellmembran getrennt sind. Zusätzlich zum Aktivitätsunterschied muss allerdings noch das unterschiedliche Permeationsverhalten der relevanten Spezies durch die Membran berücksichtigt werden. Man erhält die Goldman-Gleichung (als eine Art "verallgemeinerte Nernstsche Gleichung") ΔE = RT F PK caußen +PNa caußen +PCl c innen K Na Cl ln P + K+ + c innen K+ + + +PNa c innen Na + + - +PCl c - - außen Cl- Die Permeabilitätskoeffizienten Pi beschreiben den passiven Membrandurchtritt durch auf Grund eines Konzentrationsunterscheids beidseitig der Membran. Durchlässigkeit der Membran beruht auf ionenselektiven Membranproteinen ("Ionenkanälen"). Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 37 Christof Maul Messung des Membranpotenzials mit einer Mikroelektrode Elektrochemie Konzentrationszelle II: Die Lambda-Sonde λ bezeichnet in der Motorentechnik das Verbrennungsluftverhältnis. λ = 1 ist das stöchiometrische Verhältnis. λ kann aus Messung des O2-Anteils im Abgas elektrochemisch ermittelt werden. Konzentrationszelle vergleicht O2-Anteil in Umgebungsluft (pO2,L ≈ 200 mbar) mit O2-Anteil im Abgas pO2,A. "Membran" besteht aus O2--ionenleitendem Zirkoniumdioxid. Redoxreaktion: O2 + 4e- 2 O2- ΔE = RT 4F pO ln p 2, Luft O2, Abgas Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 38 Christof Maul Elektrochemie Zusammenfassung • Redoxgleichgewicht (Redoxreaktion, Redoxpaar) • elektrochemische Halbzelle, elektrochemische Doppelschicht • elektrochemisches Potenzial μ = μ + zF ϕ • elektrochemisches Gleichgewicht μ α = μβ a ln • Nernstsche Gleichung E(a) = E 0+ RT zF a ox red • elektrochemische Spannungsreihe und Normal-Wasserstoffelektrode • galvanische und Elektrolyse-Zellen • Konzentrationszellen und Membranpotenzial Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 4.7.2014 | Seite 39 Christof Maul