Pharmazeutische Technologie und Medizinprodukte; Nanopharmazie_1 Nanopartikel zur Therapie und Diagnose 1. Prinzip, Typen von Nanopartikeln, Liposomen Teil 1 2. Herstellung, Charakterisierung, Liposomen & Lipoid-Partikel Teil 2 3. Magnetische Partikel, Ferrofluide; Anwendungen nawroth @uni-mainz.de langguth @uni-mainz.de Mainzer Nanotherapie-Netzwerk / Gruppe Landes-Schwerpunkt: SAMT • 1. Gutenberg-Universität & Uni-Klinik Mainz : a) IPM, Institut für Pharmazie, AK Langguth b) BCh, Institut für Biochemie c) OCh, Institut für Organische Chemie d) Molekulare Biophysik Institut, FB Biologie e) Institut für Anatomie & Zellbiologie / Medizin f) Klinik für Radioonkologie & Radiotherapie g) Klinik für Nuklearmedizin h) Institut für Kernchemie / TRIGA Reaktor PD Thomas Nawroth1a, formerly 1b & TUM Tanja Peters1a, P. Buch1a, K. Buch1a, E. Hühn1a, Gamal Shazly1a, Natalie Glube1a, AK Prof. Peter Langguth1a, 1c, Extern: • PD Christoph Alexiou2, HNO Klinik Erlangen • Monika Rusp3a, TU München (TUM) Günter Gorigk3b, formerly DESY-HASYLAB FRM-2 • Stéphanie Corde5, CHRU Klinik Grenoble • AK Prof. Frey AK Prof. Zentel1c, • AK Prof. Manel Sabés6 , UAB Barcelona Meritxell Costa-Torres6 • AK Prof. Heinz Decker1d, Bruno Pairet1d, Christian Meesters1dc • Roland Gähler7b , Michael Jentschel7b , Bernhard Lauss(7b),8, • PD Debra Bickes-Kelleher1e Prof. Peter Vaupel1f AK Prof. Moritz Konerding1e • Phil Callow7a, Roland P. May7a, Isabelle Grillo7a • AK Prof. Heinz Schmidberger1f Dr. Arnulf Mayer1f • • AK Prof. Mathias Schreckenberger1g Dipl.Ing. Stephan Maus1g Dr. Gabriele Hampel1h AK Prof. Frank Rösch1h • Peter Boesecke4a, Alberto Bravin4b, Christian Nemoz4b, Pierick Regnard4c, Géraldine Le Duc4c www.ill.eu www.esrf.eu Wozu dienen Nanopharmazeutika ? (Nanopartikel-Formulierungen) • • • • Konzentration von Wirkstoffen : ~ 1000 000 Moleküle/ Partikel Zielsteuerung von Wirkstoffen Zeitsteuerung der Freisetzung von Wirkstoffen Erhöhung der Bioverfügbarkeit von Wirkstoffen • Diagose : Gewinnung analytischer Signale • Bildgebung (Diagnose, Imaging) • Behandlung von Krankheiten mit kritischem Verlauf, z.B. Krebs Krebs : schnell wachsende Zellen, Kontroll-Verlust • • • Hirn Tumor , Krebs : (Beispiel) 20 000 Fälle / Jahr in der EU, (nur primäre Hirn Tumoren) Sterblichkeit (10 y) ~ 98% …. Extrem ungünstige Prognose Therapie-Entwicklung & Tests: Zellkulturen und Tierversuche Zell-Kultur Experiment mit Ratten - Glioblastom 9L Zellen : 2 Tage - Verwendung als Tumor Modell - in Kombination mit Tier-Versuchen Krebs : Situation und Therapie-Methoden Situation in der EU : • • • • Eine von drei Personen bekommt in der Lebensspanne Krebs Eine von fünf stribt, d.h. ~ 1 500 000 Krebsfälle in der Europäischen Union jährlich zweithäufigste Todesursache in der EU (nach Herz-Kreislauf Versagen) Krebs ist ein Versagen eines komplexen Multikomponenten-Systems, das in 98% der Fälle keine gemeinsame Ursache hat: jeder Fall is unterschiedlich (Ausnahmen , je ~2% : genetisch bedingt (z.B. BRCA1&2 Gene), Virus-induzierter Krebs) Krebs Therapie Strategien : 3 Ebenen / Level Chirurgie – Strahlentherapie – Chemotherapie Heilerfolg : 40-50% : 20% : 5-10% • „Stahl – Strahl – Chemie“ In der Sequenz der Behandlungs-Strategien sinkt der Effekt 1:3 je Level die unerwünschten Nebeneffekte steigen in der umgekehrten Reihenfolge • Selbst die Strategie-Kombination versagt in ~ 20 % der Krebsfälle • Vollständige Heilungschance (10-Jahre) für diverse Krebstypen : 90 % … 2% (Hirn) Deutschland: Informations-Server : www.krebsinformation.de (KID, Heidelberg) France : Medizinisches Netzwerk : www.inserm.fr (INSERM) Therapie und Diagnose mit Nanopartikeln : Wirkstoff Konzentration und lokale Anreicherung • In der konventionellen Therapie (A) verteilt sich die aktive Substanz (Wirkstoff, Target) im gesamten Körper, was zu einer Verdünnung am Krankheits-Herd (Tumor), und Nebenwirkungen fernab führt. • Nanotherapy (B) steigert die Heilwirkung des Wirkstoffs doppelt: ~ 1 000 000 Moleküle werden in Nanopartikeln konzentriert eingebracht, die zusätzlich lokal angereichert werden können (Targeting). Was sind Bio-Nanopartikel ? a) Substrat-Moleküle 0,3-2 nm (3 Å) b) Bio-Polymere 3 - 20 nm c) Bio-Nanopartikel 10 –5000 nm d) Zellen 0,3 – 30 µm Größenvergleich von a) Substraten, c) Bio-Polymeren, c) Bio-Nanopartikeln und d) Zellen • • • • Größe zwischen organischen Molekülen (< 20 nm) und Zellen (~10 µm) Formale Größe: Durchmesser von 1 – 999 nm Pharmazeutisch sinnvolle Größe: 10 nm – 5 µm Pharmazeutisch nutzbare Bio-Nanopartikel haben etwa die Größe der zellulären Kompartimente • Bei Parenteralia : Größenbeschränkung wegen Embolie-Risiko (500 nm < 1 µm ) • Aufbau aus biokompatiblen Materialien, z. B. Lipide, Biopolymere • Abbauweg und / oder Ausscheidungsweg erforderlich Wie : 4 Typen von Pharma- Nanopartikeln : Liposomen, Lipoid-partikel, Polymere, Ferrofluide kombinierte Partikel: Liposome (30 – 500 nm) Lipoid-Particle Polymer Microsphere -------Aerosol particle--------- • • • • • Ferrofluid / magn-NP Poly-Ferrofluid magnetic liposome multicomponent NP Der in Liposomen verkapselte Wirkstoff (Target) kann jeder Wasser-lösliche Stoff sein, z.B. Metallverbindungen für die Strahlentherapie, Wirkstoffe für Chemotherapie: MDT. Der in Lipoid-Partikel oder Aerosol-Partikel gelöste Wirkstoff kann jede lipophile Verbindung sein, z.B. Wirkstoffe für die Chemotherapie, Diagnose: MDT , Bildgebung. Polymere, Membranproteine und Oberflächengebundene Peptide Magnetische Liposomen können Metall in drei Strukturen enthalten: a) Metallo-Lipid Liposomen b) Liposomen mit verkapselten Maghemite Nanopartikeln, c) Metaloxide-Lipid Doppelschalen-Liposomen. Der gebundene Wirkstoff (Target (T)) ,z.B. GdDTPA, drugs kann selektiv und zeitlich definiert freigesetzt werden (Lokalisation und Zeitsteuerung). Binäre Schalen- und Poly-Ferrofluide (d) enhalten z.B. ~ 10 - 100 magnetische Core-Partikel von 10-20 nm Größe. Durch gezielte Struktur-Synthese können 5% Wirkstoff gebunden werden. Wo wirken Pharma-Nanopartikel ? • Pharmazeutische Bio-Nanopartikel sind analog zu natürlichen Nanopartikeln • Zwei Wirkstoff-Freisetzungs Prinzipien und Orte: a) Wirkstoff-Freisetzung außerhalb der Zellen (im Gewebe) b) Wirkstoff-Freisetzung in den Zellen (intrazellulär), oder bei Zellkontakt • Zwei Aufnahme-Wege in Zellen: c) durch Endocytose: komplette Nanopartikel mit Wirkstoff d) durch Carrier (aktiv) oder Diffusion (passiv): nur Wirkstoff Carrier Endycytose 100x Zoom Nano-skalierte Partikel in a) Zellen : Kompartimente (nativ); und b) Synthetische Bio-Nanopartikel zur Therapie und Diagnose, Bio-Analytik. Beide Partikeltypen konzentrieren Materialien lokal. Wirkstoff-Zielsteuerung zu Zellen : Targeting Chemotherapie, Nano-RT, -PDT, Imaging Nanopartikel können die Therapie und Diagnose durch Lokalisierung verbessern : • Verstärkte (Enhanced) mit Bio-Nanopartikeln ist möglich mit: (a) hohlen Target-Liposomen, Lipoid-Partikeln, Polymeren oder (b) binären Poly-Ferrofluiden, die ~ 1,000,000 Wirkstoffmoleküle in kolloidalen Partikeln von 100 nm Größe konzentrieren. (50-500 nm is ok.) • Regioselektivität kann erzielt werden durch: Diffusions-Restriktion, (c) magnetische Target-nanopartikel • Kompatible Methoden sind mit Nanopartikeln parallel möglich: MDT, RT, PAT, PDT, NCT, imaging: PET, MRI Radiotherapie in eine, magnetischen Feld-Gradienten, (d) Rezeptor-Ligand Interaction und/ oder Immuno-Nanopartikel, die specifische Antikörper, Antigene tragen. magnetic drug targeting MDT: C. Alexiou, R. Schmid, R. Jurgons, M. Kremer, M. Wanner, C. Bergemann, E. Huenges, T. Nawroth, W. Arnold, F. Parak (2006) Eur. Biophys. J. 35, 446-450 Liposomen : Aufbau und Typen - 1 Prinzip, Wirkstoffbindung Hydrophile Wirkstoffe • • • • • • Lipophile Wirkstoffe Liposomen sind Hohlkugeln aus Lipiden, z.B. Lecithin (Phosphatidylcholin) Der wässrige Innenraum (Lumen) wird von einer Membranstruktur aus einer oder mehreren LipidDoppelschichten umschlossen (wie bei Zellen) Wirkstoffbindung: Strukturabhängig, 3 Typen: Hydrophile Wirkstoffe können im Lumen als Lösung eingeschlossen werden (bis 20%) Lipophile Wirkstoffe können in der Membran strukturell integriert werden (< 5%) Amphiphile Wirkstoffe können begrenzt an der Grenzfläche von Membran und Lumen / Medium eingelagert werden (<5%, Lyse-begrenzt) Amphiphile Wirkstoffe Vertiefende Vorlesung „Methoden der Membranbiochemie“ (PD. Dr. T. Nawroth): Montags 9h30-11h, Inst. f. Biochemie, Bibliothek Liposomen : Aufbau und Typen - 2 Beispiel, Wirkstoffbindung • Integration eines hydrophoben Wirkstoffs in Liposomen aus DOPC (Di-Oleyl-Lecithin, 10 g/l) und Analyse durch SucroseDichtegradienten-Ultrazentrifugation (150 000g, 15h): • Links: Liposomen ohne Wirkstoff • Rechts: mit 0,5 % Wirkstoff in der Membran: farbig, Dabsyl-Stearylamin) Liposomen : Aufbau und Lipide - 3 Membranlipide - Phospholipide • • • • Membranlipide sind Amphiphile (hydrophobe und hydrophile Domäne) Wichtigste Gruppe: Phospholipide aus Glycerin-Phosphat, 2 Fettsäuren FS, oft eine weitere Gruppe am Phosphat Fettsäuren: Palmitinsäure, Stearinsäure, Ölsäure (18:1), Linolsäure, Linolen„Schmelzpunkt“ der Lipidschich: Tc: - nativ >20° unter Körpertemperatur - Pharmaprodukte: Tc kann so gewählt werden, das Wirkstoff-Freisetzung erfolgt; bei DPPC: Tc = 42°C - Messung: DSC = Diff.-Kalorimetrie Vertiefende Vorlesung „Methoden der Membranbiochemie“ (PD. Dr. T. Nawroth): Montags 9h30-11h, Inst. f. Biochemie, Bibliothek Liposomen : Aufbau und Lipide - 4 Membranlipide - Cholesterin • • • • • • Säugetiermembranen enthalten Cholesterin, ein Amphiphil mit Steran-Gerüst Cholesterin macht die Membranen fluide, aber zäh (im Gegensatz zu ungesättigten FS Cholesterin steht senkrecht in der Membran, die es halb durchspannt Für Cholesterin gibt es Rezeptoren, welche die zelluläre Aufnahme von Lipid-Partikeln mit Cholesteringehalt induzieren können Membranen mit hohem Cholesteringehalt bilden Cholesterin-haltige Entmischungsinseln, die als „Rafts“ bezeichnet werden Cholesterin ist die Vorstufe von wichtigen Hormonen (Cortisol, Östrogen etc.) Liposomen : Aufbau und Lipide - 5 Membranlipide bestimmen die Membranstruktur • • • Den Lipiden können nach dem Querschnitt der hydrophilen und hydrophoben Domäne molekulare Formen zugeordnet werden: Zylinder, Pyramide, Konus (Konzept nach Cullis) Aus der Lipidform ergibt sichtdie Art der aufgebauten Amphiphil-Aggregate: Membranen, Mizellen (beiDetergentien) und H-II-Phase / inverse Mizellen (mit speziellen Detergentien) In biologischen Systemen sind die Lipidformen für die Ausbildung von Strukturen wichtig (Krümmung, Poren, Myelin-Struktur etc) Liposomen : Aufbau und Typen - 6 SUV, LUV, MLV 20 - 30 nm • • • SUV 100 500 • Einschalige Liposomen (..UV) : 1 Bilayer (5 nm): SUV: kleine einschalige Liposomen: kleines Lumen LUV: große einschalige Liposomen: großes Lumen, aber geringer Lipidanteil (GUV Riesenliposomen) … nicht für Pharma-Produkte nm LUV • • • MLV Vielschalige Liposomen: mehrere Bilayer mit wässrigem Zwischenraum (3-4 nm) MLV: Multilamellare Lipid-Vesikel … verzögerte Wirkstofffreisetzung … hoher Lipidanteil (für hydrophobe, amphiphile W.) Liposomen, mit Ausnahme der GUV und großer MLV, sind zu klein, um im Mikroskop sichtbar gemacht zu werden. Bei Fluoreszenz erfolgt falsch zu große Abbildung (s = λ) Vertiefende Vorlesung „Methoden der Membranbiochemie“ (PD. Dr. T. Nawroth): Montags 9h30-11h, Inst. f. Biochemie, Bibliothek Liposomen : Aufbau und Typen - 7 Beispiel: Große Multilamellare Liposomen MLV • • • • Große multilamellare Liposomen MLV können durch sukzessive Rotationsmischung (Vortexing) und Gefrier-Tau Zyklen hergestellt werden Große amphiphile Liposomen zeigen verzögerte Wirkstofffreisetzung Große amphiphile Liposomenim µm-Bereich sind im Lichtmikroskop sichtbar (Phasenkontrast-Mikroskopie) Große amphiphile Liposomen im eignen sich wegen des hohen Lipidanteils als Träger für hydrophobe und amphiphile Wirkstoffe, z.B. für orale und dermatologische Anwendungen drug release from multilamellar liposomes: Shazly, Nawroth, Langguth (2008) Dissolution technologies 15, 7-10 Liposomen Wirkstoffbeladung -1 Beispiel: unilamellare Liposomen SUV Beispiel: Liposomen mit lipophilem Wirkstoff / Label • Die Herstellung einschaliger Liposomen (SUV, LUV) erfolgt vierstufig: • Zunächst wird ein Lipidfilm aus einer Lösung in organischem Lösungsmittel hergestellt; dabei kann lipophiler Wirkstoff zugefügt werden. Nach Zugabe der wässrigen Phase mit dem hydrophilen oder amphiphilen Wirkstoff und folgende Ratotionsmischung (Vortexting) werden vielschalige Liposomen (MLV) als Zwischenstufe hergestellt. Die finale Dispersion erfolgt durch Membran-Druckfiltration (Extruder) oder mit Ultraschall; dabei bestimmen Porengröße und Beschalldauer die Liposomengröße Der Wirkstoff im Medium wird abgetrennt (Gelpermeations-Chromatographie, Zentrifuge, Dialyse) • • • Liposomen Wirkstoffbeladung -2 Abtrennung des Wirkstoffs im Medium durch GPC • Der überschüssige Wirkstoff im Medium (außen) wird für die meisten Anwendungen abgetrennt (keine Zielsteuerung). Dazu eignen sich: - Gelpermeations-Chromatographie (Säule) - Schnelle Gelpermeations-Chromatographie (Zentrifuge, Penefsky-Säulen, ~98% Effekt) - Zentrifugation und Re-Suspension - Dialyse Abtrennung von überschüssigem Wirkstoff im Medium durch GPC (z.B. Sephadex G25) Liposomen Wirkstoffbeladung - 3 Ananlytik des Produkts: Wirkstoffgehalt und Partikelgröße • Prinzip der Wirkstoffbestimmung an intakten Liposomen durch Photometrie Das Nanopartikel-Produkt ist mindestens in vierfacher Hinsicht zu analysieren: - Wirkstoffgehalt (Photometrie, HPLC-Analytik, GC-MS) - Partikelgröße (dynamische Lichtstreuung DLS; eventuell auch mit Streulichtmessung/ Photometrie) - Wirkstoff-Freisetzung (Dissolution) - Sterilität (Qualitätskontrolle) Partikelgrößenverteilung, nach DLS (5 min. Messzeit) Drug release from liposomes: Shazly, Nawroth, Langguth (2008) Dissolution technologies 15, 7-10