ADHS und Hyperaktivität Hyperaktive Kinder - was tun? Dr. Georg Weiss Institut für Heilpädagogik SALZBURG Georg Weiss AD(H)S Warum die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung - was ist damit gemeint ? Es handelt sich um eine anlagebedingte Störung mit den Kernsymptomen : „ Aufmerksamkeitsstörung “ (Hyperaktivität) Impulskontrollstörung 1 Georg Weiss AD(H)S „ Aufmerksamkeitsstörung “ ...Wenn der Hans zur Schule ging, stets sein Blick am Himmel hing. Nach Dächern, Wolken, Schwalben schaut er aufwärts allenthalben :... Die Geschichte vom Hans Guck-in-die-Luft Georg Weiss AD(H)S (Hyperaktivität) ... Er gaukelt und schaukelt, er trappelt und zappelt auf dem Stuhle hin und her ... Die Geschichte vom ZappelPhilipp 2 Georg Weiss AD(H)S Impulskontrollstörung ... Als sie nun durch das Zimmer sprang mit leichtem Mut und Sing und Sang, da sah sie plötzlich vor sich stehn ein Feuerzeug, nett anzusehn... Das muss ein trefflich Spielzeug sein. Ich zünde mir ein Hölzchen an...das Hölzchen brennt gar hell und licht, das flackert lustig, knistert laut...Paulinchen aber freut sich sehr und sprang im Zimmer hin und her... Die gar traurige Geschichte mit dem Feuerzeug Georg Weiss AD(H)S Ich mag diese Kinder aber wirklich gerne, denn sie haben viele gute Eigenschaften: Große Kreativität /Ideenreichtum /Phantasie Begeisterungsfähigkeit Sorgen für Stimmung - sind spritzig und spontan Sind ganz da im Hier und Jetzt Neugierig, an fast allem interessiert, aufgeschlossen Improvisationstalent Zeigen fast ungeheure Energien Gerechtigkeitssinn, sagen ehrlich die Meinung Große Hilfsbereitschaft Furchtlosigkeit, Risikobereit Stehaufmännchen Nicht nachtragend 3 Georg Weiss AD(H)S Die Symptomatik ist sehr vielfältig und individuell verschieden - leider gibt es oft Probleme : Konzentrationsschwäche, leichtes Abdriften der Gedanken wenn etwas langweilig ist (Verträumtheit) Aber „hyperfokussieren“ - wenn etwas fesselt Hört nicht (gut) zu „Allergie gegen Langeweile“ - Jagd nach Stimulierung Probleme dabei etwas „so zu machen wie man soll“ (hasst Regeln, Routine - wenn diese überhaupt bekannt sind) Unorganisiertheit (bes. in alltäglichen Dingen), Unordnung bis Chaos Zimmer/ Schreibtisch, unsystematische Arbeit Oft wird vieles begonnen, aber wenig beendet Oft wird etwas vergessen oder verlegt / verloren Die Zeiteinteilung macht große Probleme Ganz im Hier und Jetzt sein, das Davor und Danach ist ausgeblendet - lernt schwer aus Erfahrung Georg Weiss AD(H)S Ständige Unruhe (immer in Bewegung etc.) Impulsive Handlungen (z. B. etwas einfach nehmen) Sofort sagen was in den Sinn kommt (erst reden, dann denken) Geringe Frustrationstoleranz, große Ungeduld Starke - reaktive - Stimmungsschwankungen (weint leicht) Es gibt oft Konflikte, dabei sind Wutausbrüche typisch Unterentwickeltes Gefahrenbewusstsein (9x VU Risiko !) Das Selbstvertrauen ist gering (oft hinter forscher Maske) Wenig Blickkontakt Schlechte Selbsteinschätzung/Selbstbeobachtung Unreife in Denken und Handeln - auf emotionaler Ebene Verminderte Sozialkompetenz (weiß oft nicht was erwartet wird, kann andere schlecht einschätzen) Es gelingt einfach nicht die guten Vorsätze umzusetzen 4 Georg Weiss AD(H)S Die Betroffenen können sich selbst nur schlecht beobachten u. vergessen leicht !! => Sie können oft selber nicht sagen warum sie etwas gemacht haben was ihnen kaum je geglaubt wird ! Die Betroffenen können Andere schlecht wahrnehmen und wissen oft nicht was von ihnen erwartet wird. => Sie verhalten sich oft unangepasst, bemerken das aber erst wenn es zu spät ist Beobachtungen statt Interpretationen ! Georg Weiss AD(H)S Meiner Meinung nach kann die Symptomatik am besten verstanden werden wenn man sich zweierlei vergegenwärtigt : 1. Die „executive functions“ sind unterentwickelt : Selbststeuerung/Selbstkontrolle ist vermindert - es gelingt kaum Impulse zu stoppen Die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist klein - es kann weniger gleichzeitig aufgenommen werden, ein neuer Inhalt kippt einen alten (dazu passen auch Neurophysiologische Befunde) 5 Georg Weiss AD(H)S 2. Das Einwirken der Umwelt auf die Betroffenen Rahmenbedingungen wie Familien-, Wohn-, Arbeits,- und Schulsituation - fatale Einsparungen Zeitgeist (Medienkonsum, weniger klare Regeln) Reaktion der Umgebung Einerseits sind schon die Eltern mit dem „schwierigen Temperament“ oft überfordert und schreiben dem Kind oft negatives zu was die Beziehung sehr belastet. Andererseits bekommen sie zusätzlich oft viele Vorwürfe, Druck und widersprüchliche Ratschläge aus der Nachbarschaft, von Verwandten, aber auch von Kindergärtnerinnen, Lehrkräften ... => Was Eltern und Kind noch mehr unter Druck setzt ! Georg Weiss AD(H)S Eine Mutter hat das so formuliert : Ich finde das größte Problem liegt darin, dass es ein jahrelanger Spießrutenlauf ist, bis erkannt wird was los ist. Erst nach jahrelangen stillen oder offenen Vorwürfen von Kindergärtnerinnen, Nachbarn und insbesondere Lehrern - warum man sein Kind nicht ordentlich erzieht - oder - was in der Familie los ist endlich an die richtige Stelle zu Kommen. Da bekam das Dilemma einen Nahmen : ADHS; Dann ging es bergauf, meine Einstellung zu meinem Sohn änderte sich, wir wussten was zu tun ist und es gelang uns, einen positiven Weg zu gehen. 6 Georg Weiss AD(H)S Die Familien sind unter Druck Eltern betroffener Kinder gaben häufig folgende Belastungen durch ADHS an : 91% der Eltern fühlen sich oft gestresst 86% hatten große Sorgen mit der Schule 63% berichten von häufig gestörten Familienaktivitäten 53% sorgten sich weil das Kind ausgeschlossen war von Anderen Georg Weiss AD(H)S Im Folgenden will ich zeigen wie sich die Symptome im Laufe der Zeit entwickeln. Ich will aber betonen: Eine negative Entwicklung kann durch geeignete Therapiemaßnahmen verhindert werden ADHS ist eine gut behandelbare Störung ! Deshalb ist es so wichtig die Diagnose früh zu stellen 7 Georg Weiss AD(H)S Mögliche Symptome in den ersten Jahren : Schwangerschaft kann belastet sein (Frühgeburt, Nikotinoder Alkoholabusus) - ev. deutliche Unruhe im Mutterleib Schläft auffallend wenig Sog. Schreikind - Eltern früh gestresst Ausgeprägtes Trotzverhalten, Wutanfälle > werden leichter u. eher früh Opfer von Misshandlungen Kleiner Wirbelwind, immer in Bewegung Viele Unfälle (schnell, keine Angst, ungeschickt) Weint oder schreit leicht Streit mit Anderen eskaliert leicht, rauft viel Ungeschickt beim malen, basteln Spielt weniger (gut) mit Gleichaltrigen eher mit Jüngeren Im Kindergarten unangepasst, ev. Aggressiv, „kann nicht im Sesselkreis sitzen“ Georg Weiss AD(H)S Die Schule - eine Art Provokationstest Bleibt nicht ruhig sitzen Passt nicht auf, ist leicht abgelenkt Ist langsam, schreibt ungeschickt und schwer leserlich Stört durch Schwätzen, herumhantieren mit den Sachen etc. Ruft heraus, unterbricht andere die Schultasche ist ein Chaos, findet (vorhandene) Hefte etc. nicht Verliert ständig Schulsachen, Weiss nicht was zu tun ist, braucht extra Einladung Klassenclown Die Leistung entspricht nicht dem Intelligenzniveau Die Leistung ist sehr von Lehrer u. Fach abhängig - klare Struktur hilft ! Die Hausübungen sind eine Qual (f. Kind und Mutter), was ist auf ?, es wird nur unter Druck begonnen, dauert lange, ist nicht schön In den Pausen wild, rauft viel, fühlt sich leicht provoziert Stellt gerne (mit anderen) etwas an, wird meist erwischt Wird leicht Sündenbock, ausgespottet und zum Außenseiter Ständige Ermahnungen u. Strafen (Lehrer + Eltern) - ERFOLGLOS 8 Georg Weiss AD(H)S Was können Lehrer tun ? Strukturen: klare, deutliche, eindeutige, genaue, regelmäßige Vorgaben, kurze Zeiteinheiten (freie Arbeit über längere Zeit ist sehr schwierig - Wochenplan ??) Regelmäßigkeit in der Organisation des Schultages, Änderungen ankündigen; Sitzplatz vorn allein an einem Tisch oder neben einem ruhigen Kind (nicht am Fenster) nur das auf dem Tisch lassen, was gerade benötigt wird große Aufgaben in bewältigbare Einzelschritte zerlegen Kontakt: häufig Augenkontakt suchen, Schulter berühren dann ansprechen, im Heft zeigen, auf die Tafel zeigen Feedback: häufige, direkte, zeitnahe und deutliche Rückmeldung von erwünschtem wie unerwünschtem Verhalten, für jeden positiven Schritt sofort loben - Catch Them Being Good ! Bewegungsdrang: Kritzeln lassen, etwas holen lassen, Tafel löschen lassen etc. Georg Weiss AD(H)S Statt der Pubertät eine „Superpubertät“ ! : Oppositionelles Verhalten steigert sich deutlich Hört nicht zu - lässt sich nichts sagen Sehr starke Stimmungsschwankungen Die Wutanfälle werden gewalttätiger Die Schulleistungen werden immer schlechter Schuleschwänzen wird immer häufiger Lügen, oft im Zusammenhang mit der Schule Stehlen (bes. in der Familie), bizarre Ausflüchte Frühes Rauchen Alkoholexzesse Frühe Sexualkontakte, frühe Schwangerschaften Frühes problematisches Fahrverhalten Fühlt sich hingezogen zu Außenseitercliquen Früher Drogenkonsum Weglaufen von zu Hause Bis hin zu Delinquenz 9 Georg Weiss AD(H)S Über die Hälfte sind auch als Erwachsene symptomatisch Menschen mit AD(H)S haben im Vergleich zu anderen: (USA) Mehr abgebrochene Ausbildungen (32 - 0%) Werden häufiger suspendiert (60 - 19%) Schlechtere Bildungsabschlüsse (5 - 35% College) Mehr Jobwechsel (in ca. 5a 3 Jobs - 1,5) Werden eher gefeuert (55 - 23%) Mehr Partnerwechsel (18 - 6 Partner/Leben) Mehr und schwerere Verkehrsunfälle (>1 Unfall 40 - 6%, Unfälle mit Verletzten 60 - 17%) Mehr Konflikte mit dem Gesetz (5 - 2 Strafen) Eine höhere Rate an Selbständigkeit (35%) Georg Weiss AD(H)S Es gibt sehr unterschiedliche Zahlenangaben über die Störung, 2-12% der Schulkinder gelten als betroffen. Das kommt durch unterschiedliche Anwendung von Diagnosekriterien und Diagnosemethoden zustande. • Wo ist in einem Kontinuum die Grenze zwischen Gesund und Krank ? • Ein Gesamtbild muss aus Mosaiksteinen entstehen. > Eine gewisse Subjektivität bei der Beurteilung bleibt. Ich denke, es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn ca. 3 5% der Schulkinder als betroffen eingeschätzt werden, d.h. ca. 1 Kind pro Klasse ! 10 Georg Weiss AD(H)S Es gibt nicht die beweisende Untersuchung Die Diagnose zu stellen erfordert daher Mosaiksteine zu sammeln - dazu bedarf es : Fachwissen Erfahrung Zeit Informationen in der Regel Testdiagnostik (z.B. IQ) Teilleistungsdiagnostik (Motorik, Hören, Sehen …) je nach Einzelfall weitere Diagnostik Georg Weiss AD(H)S AD(H)S kommt selten alleine (~ 30%) Andere Störungen sind oft dabei - ev. maskierend: Telleistungsschwächen (akustisch, motorisch etc.) Störung Schulischer Fertigkeiten (Legasthenie, Dyskalkulie) Angststörungen Depressive Verstimmung Verhaltensstörungen (bes. oppositionelles Verhalten) Suchterkrankungen Selbstschädigendes Verhalten Belastungsreaktionen (familiäre Belastungen) 11 Georg Weiss AD(H)S Ist AD(H)S eine neue Modediagnose ? Die Symptomatik ADHS ist schon lange bekannt (1845 Hoffmann, 1902 Still „Kinder mit behinderter Willenskraft und merklichem Unvermögen sich zu konzentrieren“) Das Syndrom wurde aber erst später besser verstanden und in den internationalen Diagnosemanualen (DSM „minimal brain dysfunktion“, ICD) genauer beschrieben Inzwischen wird immer öfter auch die Diagnose gestellt und entsprechend behandelt, dabei kommt es immer wieder vor, dass Eltern selber sich als Betroffene erkennen Georg Weiss AD(H)S Was verursacht diese Störung - noch gibt es ? Risikofaktoren sind : elterliches ADHD, geringes Geburtsgewicht, Alkohol- und Zigarettenkonsum in der Schwangerschaft. Zwillingsstudien legen nahe, dass die Ursachen zu 75% auf genetische Ursachen zurückgeführt werden können. (bei Depression sind es ~ 40%). Einige Gene wirken auf die Regulation von Neurotransmittern und sind vermehrt defekt: Dopamin D4 - Rezeptor-Gen (DRD 4) ~ 55% (ø30%) Dopamin-Transporter - Gen (DAT) ca. 70% erhöht Hirnschädigung durch frühe Traumata (?) 12 Georg Weiss AD(H)S Für eine ADHS-Diagnose nach DSM IV müssen entweder A1 und/oder A2 sowie B, C, D & E zutreffen. A1 - Unaufmerksamkeit - mindestens sechs Symptome A2 - Hyperaktivität und Impulsivität - mindestens sechs Symptome A1/2 war in den letzten 6 Monaten beständig in einem mit dem Entwicklungsstand nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß vorhanden. B - Einige Symptome traten bereits vor dem Alter von sieben Jahren auf. C - Beeinträchtigungen durch diese Symptome zeigen sich in zwei oder mehr Bereichen (z.B. in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und zu Hause). D - Es müssen deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen vorhanden sein. E - Die Symptome treten nicht ausschließlich im Verlauf einer sog. tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer Schizophrenie oder einer anderen psychotischen Störung auf und können auch nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt werden (z.B. Affektive Störung, Angststörung, Dissoziative oder Persönlichkeitsstörung). Georg Weiss AD(H)S A1 : 6 (oder +) der folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler. hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten (außer bei „fesselnder“ Tätigkeit). scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn/sie ansprechen. führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schulaufgaben, andere Arbeiten etc. nicht zu Ende bringen. hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren. vermeidet häufig, oder hat eine Abneigung gegen, oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die länger dauernde geistige Anstrengungen erfordern (wie Mitarbeit im Unterricht oder HÜ). verliert häufig Gegenstände, die für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt werden (z.B. Hefte, Stifte, Bücher oder Werkzeug). lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken. ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich. 13 Georg Weiss AD(H)S A2: 6 (oder +) der folgenden Symptome von Hyperaktivität / Impulsivität zappelt häufig mit Händen oder Füssen oder rutscht auf dem Stuhl herum. steht in Situationen, in denen Sitzen bleiben erwartet wird, häufig auf. läuft herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder Erwachsenen kann dies auf ein subjektives Unruhegefühl beschränkt bleiben). hat häufig Schwierigkeiten, sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen (z.B. beim spielen). ist häufig "auf Achse" oder handelt oft, wie "getrieben“. redet häufig übermäßig viel. platzt häufig mit Antworten heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist. kann nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist. unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche oder Spiele anderer hinein). Georg Weiss AD(H)S Bei MRI Untersuchungen fand sich eine leicht verminderte Größe des Frontallappen bes. re., des nucleus caudatus und des re. Kleinhirns; Im fMRI (unter Belastung) zeigte sich vermehrte frontale, verminderte striatale Aktivität; unter Methylphenidat sank bei Gesunden die striatale Aktivität, bei ADS stieg sie; verminderter Glukoseumsatz Bzw. verminderte Durchblutung im Frontallappen fand sich in PET Bzw. SPECT 14 Georg Weiss AD(H)S Wie sieht die Therapie aus - Standart Therapie Aufklärung und Beratung !! Verhaltenstherapeutisch orientierte Therapie Medikation : 1. Stimulantien a : Ritalin ca.4 h, Concerta ca. 12 h b : Amphetaminsaft ca. 6 - 8 h (2. Noradrenalinwiederaufnahmehemmer) Funktionelle Therapien (Ergotherapie, Logopädie) b. Teilleistungsschwächen und Wahrnehmungsstörungen Georg Weiss AD(H)S Darüber hinaus Andere Psychotherapieformen ergänzend Bes. für Emotionale- u. Beziehungsprobleme aber tiefenpsychologische PT alleine ist als Therapie der Kernsymptome wenig geeignet Heilpädagogisches Voltegieren Heilpädagogisches Klettern Heilpädagogische Gruppen Neurofeedback Substitution bei Defiziten (Fe, Zn, Vit.B) Weglassen unverträglicher Nahrungsmittel aber eine Diät ist keine Therapie von ADHS ! 15 Georg Weiss AD(H)S Die Wirkung der richtigen Medikation setzt prompt ein und kann dramatisch sein : Mitarbeit u. Sozialverhalten verbessern sich ! Die Konzentrationsfähigkeit wird besser Die Unruhe nimmt ab Die Stimmung wird stabiler Wutausbrüche werden seltener u. schwächer Es gelingt besser Ordnung zu haben/halten Die Geduld wird größer Sie hören besser zu Die Handschrift kann besser werden Manchmal setzt Traurigkeit ein da Probleme und Versäumnisse nun bewusst werden Georg Weiss AD(H)S Zitate von Betroffenen: „die Schule ist nicht mehr sooo langweilig“ „die Schule dauert nicht mehr so entsetzlich lange“ „ich weiß was ich auf habe und kann meine Hausübungen jetzt gleich machen und dann raus“ „ich muss jetzt nicht mehr ständig zappeln“ „ich werde nicht mehr so oft geschimpft“ 16 Georg Weiss AD(H)S Zitate von Lehrern : „ist in letzter Zeit (im Positiven) wie ausgewechselt“ „in letzter Zeit kann ich die Mitarbeit loben“ „das Schriftbild ist allgemein gebessert“ „hat jetzt die klassenbeste Arbeit abgeliefert - endlich zeigt er was er kann“ „ die Geschichten haben jetzt Hand und Fuß und sind nicht mehr so chaotisch“ „ es war wie ein kleines Wunder er macht mit und stört nicht“ Georg Weiss AD(H)S Zitate von Eltern : „sie kommt in der Schule besser mit und ist gewissenhafter“ „er ist zugänglicher für mich, endlich erfahre ich was in ihm vorgeht“ „er kann sich auch mal hinsetzen und ein Buch lesen“ „es kommt fast nie mehr zu Eskalationen“ „ich wurde schon seit Wochen nie mehr von der Schule angerufen“ „sie können sich gar nicht vorstellen wie erleichtert ich bin – ich weiß jetzt habe ihm oft unrecht getan“ 17 Georg Weiss AD(H)S Nebenwirkungen von Ritalin Häufig : Kopfweh, Bauchweh, Übelkeit Appetitstörung Einschlafstörung Selten : Tic Hautausschlag Gewichtszunahme Puls Bzw. Blutdruckanstieg Georg Weiss AD(H)S Einige polemische Bezeichnungen für RITALIN Psychopille Psychodroge Mittel zur sozialen Kontrolle Mittel um Kinder ruhig zu stellen > Was zutrifft ist, dass Stimulantien dem Suchtgiftgesetz unterliegen > Was Ritalin nicht vorgeworfen wird ist UNWIRKSAMKEIT ! Die Stimulantien gehören zu den wirksamsten und best untersuchten Medikamenten in der Psychiatrie überhaupt Sie sind seit über 50 Jahren bewährt 18 Georg Weiss AD(H)S Wenn man sich zu einer Medikamentösen Therapie entscheidet muss man : Ausführlich beraten Die Dosis von unten langsam steigern Individuell auf den Patienten einstellen Ausreichend hoch dosieren Georg Weiss AD(H)S Andere unerwünschte Wirkungen: Reboundeffekt : nach Ende der Wirkung deutliche Verstärkung der Symptome Überdosierung : zu "ruhig" bzw. apathisch oder fast depressiv, andere wirken überdreht, irritabel und unleidig. Subjektiv erhöhter Puls oder Schweißausbruch fühlt sich "nicht wohl in seiner Haut“ 19 Georg Weiss AD(H)S Macht Ritalin süchtig? > Nein ! Wenn dem so wäre, hätte sich diese Substanz auf dem Drogenmarkt längst etabliert. Dies ist aber, ganz im Gegensatz zu anderen Medikamenten (wie Rohypnol) nie geschehen. Studien in den (viel Drogen durchseuchteren) USA haben zeigen können, dass mit Stimulantien behandelte ADHS-Jugendliche ein deutlich geringeres Risiko für Drogenmissbrauch zeigen als solche, die nicht behandelt werden - ca. das Durchschnittsrisiko Die Kinder bitten nicht um die Tabletten. Georg Weiss AD(H)S verändert Ritalin die Persönlichkeit ? > Sicher nicht Die Wirkung des Medikamentes ist zeitlich sehr begrenzt, nach wenigen Stunden ist sie weg. 20 Georg Weiss AD(H)S Wird der Wille gebrochen ? > Der Wille bleibt unverändert, aber die Betroffenen können leichter das tun was sie wirklich wollen, sind nicht so leicht abgelenkt und chaotisch. Immer wieder gelingt ihnen dann etwas was vorher einfach unmöglich war. Sie sind darüber oft sehr froh und manchmal auch Stolz auf einen Erfolg. Georg Weiss AD(H)S Wäre nicht ein Leben ohne oder mit möglichst wenig Medikamenten das Ziel? Manche sind der Überzeugung, dass sie - wenn überhaupt - nur eine sehr kleine Dosierung der Medikation einnehmen sollten. > Diese Einstellung führt leider häufig dazu, dass die Medikation letztlich ineffektiv ist. Man würde ja auch nicht zum Optiker gehen und dort eine möglichst schwache Brille verlangen, sondern sicher eine Brille die zu einer möglichst optimalen Sehverbesserung führt! 21 Georg Weiss AD(H)S Werden die Kinder nicht daran gewöhnt Probleme mit Tabletten zu lösen ? Ich habe den Eindruck dahinter steht die Auffassung das Problem sei Charaktermangel und Faulheit. > Bei vielen chronischen Krankheiten „lösen wir Probleme mit Tabletten“ - das ist unsere Aufgabe. Erfahrungsgemäß haben die Familien schon viel unternommen viele Enttäuschungen hinter sich (ca. 2a) Erfolge durch die medikamentöse Therapie ermutigen sehr dazu weitere Schritte zu tun Georg Weiss AD(H)S Die Entscheidung zu einer medikamentösen Therapie muss sorgfältig getroffen werden. Die Dosierung muss individuell angepasst werden. Die "Wirkungen" bzw. unerwünschten Begleiterscheinungen des unbehandelten ADHS sind oft sicherlich um ein Vielfaches gravierender als mögliche Nebenwirkungen der Medikation ! 22