Info - Geothermie Nr. 1 - Oktober 2001 Erdwärme: Eine saubere und nachhaltige Energie für alle Editorial Die Einführung des Programms EnergieSchweiz durch das Bundesamt für Energie als Nachfolge des Programms Energie 2000 erlaubte die Bildung eines schweizerischen Aktorennetzwerkes im Bereich der Geothermie. Die Schweizerische Vereinigung für Geothermie (SVG) wurde von der Eidgenossenschaft beauftragt in Zusammenarbeit mit der Fördergemeinschaft für Wärmepumpen Schweiz (FWS) die Abstimmung aller Aktivitäten im Bereich der indirekten Förderung sicherzustellen. Eine Vorgehensweise wurde ausgearbeitet und beinhaltet Massnahmen in den folgenden Bereichen: Information, Ausund Weiterbildung, Qualitätssicherung, Marktkontakte, Fachauskünfte sowie regionale Informationszentren. Eines der wichtigsten Ziele ist die Vermittlung von einfachen und zugleich vollständigen Informationen an ein breites Publikumsspektrum. Parallel dazu wird durch die SVG weiterhin das Bulletin GeothermieCH herausgegeben, das sich vor allem an Spezialisten der Geothermie, sowie an andere Energiefachleute richtet. Wiederholt hat sich gezeigt, dass ein chronisches Defizit in der Vermittlung von Informationen zum Thema Geothermie besteht, sei es in den Medien, bei potenziellen Verbrauchern, bei Energiefachleuten, sei es in der Politik, bei Finanzleuten oder gegenüber der allgemeinen Oeffentlichkeit. Diese erste Ausgabe von Info Geothermie ist eine erste Antwort auf dieses Informationsdefizit. Sie erscheint dreimal jährlich und kann gratis abonniert werden (siehe S. 4). Die Redaktion wünscht Ihnen eine gute Lektüre und bedankt sich schon jetzt für Ihre Bemerkungen und Anregungen für die nächsten Ausgaben. Die Geothermie Die Erdwärme wird Geothermie genannt. Diese Wärme stammt hauptsächlich aus dem natürlichen radioaktiven Zerfall des Gesteins der Erdkruste und zu einem kleineren Teil aus dem Wärmeaustausch mit tieferen Erdschichten. In den meisten Regionen der Erde beträgt in einer Tiefe von 500 m die Temperatur etwa 2530°C, in 1000 m Tiefe etwa 35-45°C. In anderen Regionen können bei entsprechenden geologischen Bedingungen (ausgedünnte Erdkruste, Vulkanismus) diese Temperaturen 100°C, oder sogar 200°C oder mehr erreichen! 99% der Erde hat eine Temperatur von über 1000°C, nur 0.1% ist kälter als 100°C. Allerdings ist die im Gestein gespeicherte Wärme zu wenig konzentriert um sie ökonomisch direkt fördern zu können; es muss daher eine Flüssigkeit vorhanden sein üblicherweise ist dies Wasser - um die Wärme an die Erdoberfläche zu transportieren. Forts. S. 2 Info - Geothermie - Nr. 1 - Okt. 2001 Wenn das Gestein permeabel ist, kann dieses Fluid bereits von Natur aus im Untergrund vorhanden sein: dies sind die sogenannten Grundwasserleiter**. In den meisten Fällen befinden sie sich in nur geringen Tiefenlagen, aber es kommen auch Tiefen von 500 bis 2000 m vor. Sind keine natürlichen Grundwasserleiter vorhanden, so können verschiedene Verfahren angewendet werden um die im Gestein gespeicherte Wärme an ein Fluid abzugeben. Die verschiedenen Arten der Geothermie werden entweder bezüglich der Reservoirtemperatur oder der Art der Energienutzung unterschieden. geothermische Fluid unter hohem Druck und hoher Temperatur im Bohrloch aufsteigt, besteht es aus einem Gemisch von Wasser und Dampf. Der Energieinhalt des unter Druck stehenden Dampfes wird mittels Turbine und Generator in Elektrizität umgewandelt. Die Elektrizität wird dabei in ein existierendes Verteilnetz eingespeist. Am Ausgang der Turbine, also nach der Umwandlung der geothermischen Energie in Elektrizität, beträgt die Temperatur des Fluids noch etwa 100°C. Dies erlaubt anschliessend eine direkte Wärmenutzung beispielsweise zur Gebäudeheizung. In der Schweiz Kraftwerk (Turbine und Generator) Heizzentrale (Wärmetauscher) 80°C 180°C Tiefengrundwasser als geothermische Ressource Die Nutzung der Geothermie Direkte Wärmenutzung Beträgt die Temperatur der geothermischen Wärmequelle weniger als 100°C, so wird der Wärmeinhalt des geothermischen Fluids mittels eines Wärmetauschers an einen Heizkreislauf abgegeben. Grundsätzlich ist diese Methode für alle Anwendungen im Bereich der Wärmenutzung oder Klimatisation verfügbar: für Siedlungen oder Einzelgebäude, für industrielle Gebäude und Treibhäuser, ebenso für Thermalbäder, Hallenbäder, Prozesswärme und Fischzuchten. Bei Wärmequellen mit tiefen Temperaturen wird an die Produktionsanlage eine Wärmepumpe (WP)** angekoppelt. Umwandlung Elektrizität der Wärme in Beträgt die Temperatur der geothermischen Wärmequelle über 150°C, so ist eine Umwandlung der Wärme in Elektrizität rentabler. Wenn das 2 Die Geothermie, resp. die Erdwärmenutzung, ist als erneuerbare Energie auf dem aktuellen schweizerischen Markt genauso verfügbar wie die Sonnenenergie, Windenergie oder Holz. Da grosse Temperaturanomalien in geringen Tiefenlagen auf dem Gebiet der Schweiz nicht vorhanden sind, werden direkte Wärmenutzungen von geothermischen Wärmequellen mit tiefer (30–70°C) und sehr tiefer Temperatur (10–30°C) genutzt. Dabei kommt eine Vielzahl von Anlagetypen zur Anwendung, was der Schweiz einen einzigartigen Stellenwert in der weltweiten Geothermie verleiht. Erdwärmesonden. Dies sind vertikale Wärmetauscher, installiert in Bohrungen** mit einer Tiefe von 50 bis 300 m. In einem geschlossenen Kreislauf lässt man eine Flüssigkeit zirkulieren, wobei die darin gespeicherte Energie aus dem Untergrund mit Hilfe einer Wärmepumpe gewonnen wird. Diese Erdwärmesonden werden für Ein- und Mehrfamilienhäuser, sowie für kleine Wohnblöcke schlüsselfertig installiert. In der Schweiz existieren bis jetzt mehr als 25'000 Installationen, was weltweit die höchste Dichte dieses Installationstyps darstellt! 70% der schweizerischen Erdwärmesonden haben eine Tiefe zwischen 80 und 120 m und dienen der Beheizung von Einfamilienhäusern. Horizontale Erdwärmekollektoren. Das System ist ähnlich wie das obgenannte mit dem Unterschied, dass die Rohre 1 bis 3 m tief in den Boden horizontal (in Schlaufen) verlegt werden. Diese Technik ist weniger verbreitet als die vertikalen Erdwärmesonden. Grundwassernutzungen. Das Wasser eines in geringer Tiefe liegenden Grundwasserleiters** (1012°C in 5-20 m Tiefe) wird durch eine Bohrung herausgepumpt. Anschliessend wird der Wärmeinhalt des Wassers mit einer Wärmepumpe angehoben und an einen Sekundärkreislauf ** Siehe Lexikon Seite 4 Info - Geothermie - Nr. 1 - Okt. 2001 zur Gebäudeheizung abgegeben. Im Kanton Bern sind über 900 Anlagen dieses Typs installiert. WP Bodenheizung Beheizung eines Einfamilienhauses mit einer Erdwärmesonde 120 m Energiepfähle und Geostrukturen**. Diese Systeme werden sowohl zur Wärmeproduktion (im Winter) als auch zur Kühlung (im Sommer) verwendet. Diese Technik eignet sich gut für grosse öffentliche oder industrielle Gebäude. In Grabs (SG) nutzt eine Installation von 570 Pfählen mit einer Tiefe von 20-25 m einen Untergrund von 100'000 m3 eines industriellen Gebäudekomplexes. Es wird erwartet, dass Energetische Geostrukturen eine massgebliche Entwicklung im Verlaufe der nächsten Jahre durchlaufen werden (siehe nächste Ausgabe von Info - Geothermie). Zoom auf die Wärmepumpe Pfahlgründungen, ausgerüstet mit Wärmetauschern 30 m Energiepfahlsystem für Heizung und Klimatisierung Hydrothermale Wärmequellen. Quellen mit natürlichem Warmwasser werden schon seit langem für Heilbäder gefasst. Zur Zeit verfügt eine Mehrzahl der modernen Thermalbäder über eine Tiefbohrung, die Bäder und Schwimmbecken versorgt und sogar die Beheizung der Gebäude erlaubt. Tiefe Aquifere**. Diese werden mit Hilfe einer Tiefbohrung von 400 bis 2000 m zur Beheizung von Stadtteilen mit einem Fernwärmenetz genutzt. Die grösste Anlage in der Schweiz ist die geothermische Zentrale von Riehen (BS). Die Grössenordnung der geothermischen Ressource erlaubt es, zusätzlich Wärme über eine grenzüberschreitende Pipeline an die deutsche Gemeinde Lörrach zu verkaufen! Warmwasser aus Tunnels. Tunnelwasser wird zu Heizzwecken genutzt, indem es über einen Drainagekanal an die Tunnelportale geleitet wird. Zur Zeit sind folgende fünf Anlagen in Betrieb: St Gotthard (Autotunnel, TI), Furka (VS), Hauenstein (SO), Mappo-Morettina (TI) und Ricken (SG). Zudem existiert ein beachtliches Potenzial bei den Basistunnels des Alpentransits, wo geothermische Installationen wahrscheinlich auch vorgesehen werden. Das Projekt Deep Heat Mining. Im Jahr 1996 startete das Projekt Deep Heat Mining, das auf der Hot Dry Rock** Technologie basiert. Geplant ist in Basel bis zum Jahr 2006 eine geothermische Zentrale zur Produktion von Elektrizität und Wärme. In der nächsten Ausgabe von Info - Geothermie wird darüber detailliert informiert. Interview Harald Gorhan P ro g r a m m l e i t e r Geothermie des Bundesamtes für Energie, c/o Elektrowatt-Ekono AG, Zurich Wozu ein neues Förderprogramm für die Geothermie in der Schweiz? H.G.: Zu Beginn des Jahres 2001 hat das Bundesamt für Energie (BfE) die Bildung eines Aktorennetzwerkes im Bereich der Geothermie ausgeschrieben, wie es für andere erneuerbare Energien bereits existiert. Die Schweizerische Vereinigung für Geothermie (SVG) hat daraufhin das Mandat erhalten, dieses Netzwerk aufzubauen und dadurch die indirekte Förderung der Geothermie durch Information, Marketing und Weiterbildung sicherzustellen. Dieses Mandat ist Bestandteil des Programms EnergieSchweiz worin die Eidgenossenschaft die Ziele bis 2010 festgelegt hat. ** Siehe Lexikon Seite 4 3 Info - Geothermie - Nr. 1 - Okt. 2001 Welche Ziele werden angestrebt, und mit welchen Mitteln? H.G.: Im Allgemeinen soll in der Schweiz der Kenntnisstand über die Geothermie und deren Anwendung erhöht und deren Einbindung bei den Praktikern verbessert werden. Dazu wurden vier Informationszentren eröffnet (Westschweiz, Tessin und Deutschschweiz). Zusätzlich zu Info Geothermie werden technische Blätter zu den verschiedenen Typen von geothermischen Anlagen herausgegeben. Informationen und Weiterbildungsmaterial werden ebenfalls auf der neuen Website verfügbar sein (www.geothermalenergy.ch). Was wird der Stellenwert der Geothermie in der Schweiz um 2005 sein? H.G.: Parallel zur Wind- und Sonnenenergie soll die Geothermie umfassend als eine einheimische und erneuerbare Energiequelle von hohem Wert erkannt sein. Grosse Hoffnung besteht in der Realisation einer ersten Pilotanlage des Typs Deep Heat Mining sowie die Verwendung des Warmwassers aus den künftigen Tunnels des Alpentransits. Kontakte & Auskünfte Regionale Infozentren Nord-Schweiz Ost-Schweiz Dr. Werner Leu Geoform Anton Graff-Str. 6 8401 Winterthur Tel 062 823 37 33 - Fax 062 823 27 06 [email protected] Tel 052 203 49 26 - Fax 052 203 08 57 [email protected] Veranstaltungen 8.11 – 11.11.2001: 3. Schweizerische Hausbau- und Minergie-Messe , BEA, Bern Besuchen Sie den Stand der Schweizerischen Vereinigung für Geothermie (Halle 130-Stand 35) Ausgewählte Seiten im Internet Förderung der Geothermie: www.geothermal-energy.ch Projekt Deep Heat Mining (DHM): www.dhm.ch Fördergemeinschaft Wärmepumpen Schweiz (FWS): www.fws.ch Brunnen, erstellt mit einem Gerät, bestehend aus einem Rotationssystem von Gestängen, an dessen Ende sich ein Bohrmeissel befindet. Geostruktur Konstruktion im Untergrund oder in Kontakt mit ihm (Pfähle, Wände, Platten), um ein Bauwerk zu tragen. Grundwasser Das Wasser eines Aquifers. Hot Dry Rock Technologie (HDR) Erzeugung eines geklüfteten Reservoirs in einem tiefliegenden, heissen, aber trockenen Gesteinsvolumen. Durch eine Bohrung wird Kaltwasser injiziert während am anderen Ende des Reservoirs durch eine zweite Bohrung Wasser entnommen wird, das durch den Fels aufgeheizt wurde. Eine WP bringt Energie von niederer Temperatur auf ein höheres Temperaturniveau. Diese Umwandlung benötigt zwar Elektrizität, aber die Gesamtenergie, die die WP verlässt, ist grösser als die, die von der WP verbraucht wird. Was macht die Geothermie in erster Linie attraktiv? Die Erdwärme ist immer verfügbar und ist weder vom Klima noch von der Saison abhängig. Zudem ist die Erdwärme praktisch überall verfügbar und muss nicht gespeichert werden: die Erde selber dient als Speicher. Eine Anlage zur Erdwärmenutzung benötigt nur sehr wenig Platz auf der Erdoberfläche, da der wichtigste Teil der Anlage sich unsichtbar im Untergrund befindet. Italiano Firma / Institution: Name / Vorname: Adresse: PLZ / Ort: Tel / Fax: Oktober 2001 / Nr. 1 Erscheint 3 mal pro Jahr in deutsch französisch und italienisch Diesen Coupon schicken an Schweizerische Vereinigung für Geothermie (SVG): Herausgeber: Sekretariat: H. Rickenbacher, Dufourstr.87, CH-2502 Biel Tel. + Fax 032 341 45 65 oder [email protected] Redaktion: Schweizerische Vereinigung für Geothermie SVG François-D. Vuataz [email protected] Redaktionskomitee: Harald Gorhan, Thomas Kohl, Thomas Mégel, Daniel Pahud, Jules Wilhelm Ubersetzung: Thomas Mégel Satz/ Grafik: Stéphane Cattin Druck: Cighélio Sàrl, Neuchâtel Impressum Info - Geothermie (3x Jahr) Bohrung Info - Geothermie Gratis - Abonnement Durchlässiges, wassergesättigtes Gesteinsvolumen, aus dem mittels eines Brunnens Wasser gefördert werden kann. Häufig gestellte Frage !!! Hotline !!! Français Aquifer Wärmepumpe (WP) Dr. Mark Eberhard Eberhard & Partner AG Geologie - Energie - Umwelt Schachenallee 29 - 5000 Aarau Deutsch **Lexikon