Transgen oder Nicht Transgen: Biotechnologie bei Pflanzen 10.000 Jahre Domestikation von Pflanzengenen Petra Bauer, Molekulare Pflanzenbiologie und Botanik http://www.uni-saarland.de/fak8/botanik/ Ernährung Futtermittel Rohstoffe Bioreaktor Arzneimittel Kosmetik Zierpflanzen Erwünschte Merkmale bei Kulturpflanzen Gene bestimmen die Merkmale • Größe und Form • Ertrag • Verarbeitung • Qualität • Robustheit Wilder Einkorn Wie erhält man Kulturpflanzen mit neuen Merkmalen … ? Mutation und Selektion Mutante Gene Mutagen Beispiele für Mutation und Selektion: Aus Wildkraut wird Kohl Brassica oleracea - Kohlvarianten Aus Wildmais wird eine der ertragreichsten Kulturpflanzen Teosinte, Vorfahr von Mais 5-6 Haupt-Domestikationsgene von Mais Wie erhält man Kulturpflanzen mit neuen Merkmalen … ? Mutation und Selektion Mutante Gene Gentechnische Veränderung Transgene Transgene Pflanzen Agrobacterium tumefaciens: Gallentumorkrankheit Transgene Pflanzen in der Forschung und in der Anwendung Maiszünsler Bacillus thuringiensis Anbau in USA (in Mio. ha) Wie erhält man Kulturpflanzen mit neuen Merkmalen … ? Gentechnische Veränderung Mutation und Selektion Transgene Mutante Gene Kreuzung mit Wildpflanzen und Selektion Wildgene Genbanken: Konservierung von wertvollen Pflanzenressourcen Reis Mais, Weizen Kartoffel Kreuzung mit Wildpflanzen und Selektion Wildreis resistent Oryza nivara X Kulturreis anfällig Oryza sativa anfällig Reis infiziert mit einem Virus: („Grassy Stunt Virus“) Kulturreis resistent Oryza sativa Züchtung durch Einkreuzung von Wildgenen Nach 7 Rückkreuzungen: 0,42 % Wildgene (ca. 150 Wildgene) !! 6X X X Rückkreuzung Anfällig Kultursorte Resistent Wildpflanze r r a r Merkmale können durch Gendiagnostik in den Nachkommen verfolgt werden A B D C Biotechnologie in Pflanzen wird an Modellpflanzen erprobt Arabidopsis thaliana • www.tair.de Modellpflanzen = Pflanzen, die sich leicht bearbeiten lassen Pflanzengene, die wir essen … Grobe Angaben, ca. pro Maiszelle • • • • 0-2 Transgene 150 übertragene Wildgene 40.000 Gene 1.000.000 Transposons und Retrotransposons 10.000 Jahre ist es her, daß eine der wichtigsten Revolutionen in der Menschheitsgeschichte begann, nämlich der Übergang zu Ackerbau und Viehzucht. Anfangs kultivierten die Menschen noch Wildpflanzen, wie sie sie in der Natur vorfanden. Diese Wildpflanzen waren alles andere als praktisch. Schon bald erkannten die Menschen damals, dass bestimmte pflanzliche Merkmale auf die Nachkommen weitergegeben werden also vererbt werden konnten. Man begann, Saatgut gezielt auszuwählen und durch Kreuzung zu verändern. Wildpflanzen wurden somit zu Kulturpflanzen domestiziert, und seither stetig weitergezüchtet. Es gibt heute keine Kulturpflanze, die nicht von Menschen erlesen wurde. Heute nutzen wir eine große Vielfalt von Pflanzen. Pflanzen sind nicht nur wichtigster Rohstoff für die Ernährung und die Futtermittelproduktion. An Bedeutung nehmen Pflanzen auch zu als Rohstofflieferant für andere Zwecke, Öle, Baumwolle, Fasern, zum Beispiel. Da Pflanzen die Energie zur Herstellung der Rohstoffe durch die Photosynthese selber gewinnen, sind Pflanzen eines der preiswertesten Systeme zur Produktion überhaupt. Was ist Züchtung? Züchtung ist die gezielte Auslese von erwünschten Merkmalen. Da die Merkmale von Genen bestimmt werden, ist Züchtung die gezielte Auslese von Genen. Mit jedem Züchtungsvorgang daher die Gene der Pflanze verändert. Welche Merkmale spielen bei der Züchtung eine Rolle ? Schon in der Steinzeit achtete man auf Größe, Form, Ertrag der kultivierten Pflanzen. Zum Beispiel unterschied sich der erste domestizierte Weizen von seiner Wildform durch die Stabilität der Ährenachse. Die Ähren fielen nun nicht mehr auseinander und lagen zerstreut auf dem Boden, was die Ernte erheblich vereinfachte. Wichtige Eigenschaften sind auch die leichte Verarbeitung, z.B. das Herauslösen der Körner durch Dreschen, die Qualität, zum Beispiel Backqualität beim Brotweizen, oder auch die Robustheit gegenüber Schädlingsbefall, ungünstige klimatische Bedingungen oder schlechte Böden. Welche Methoden zur Züchtung gibt es? Drei Methoden werden vorgestellt. Zum einen besteht die Möglichkeit, daß man neuartige Gene durch Mutation erhält, d.h. das Gen wird verändert. Solche Mutationen können spontan auftreten und von Landwirten im Feld entdeckt werden. Dies war über Jahrtausende der Fall. Heute wird den Mutationen häufig nachgeholfen, indem Pflanzensamen mit mutagenen Stoffen oder mutagener Strahlung behandelt werden. Dadurch werden sehr viele Mutationen in die Nachkommen eingeführt und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, daß man eine neue interessante Eigenschaft findet. Klassisches Beispiel für Mutationen : Die eßbaren Varianten des Wildkohl, Brassica oleracea, ist alles eine Spezies, aber eben mit unterschiedlichen Mutationen. Die Mutationen betreffen Gene, die zum Beispiel bei der Blattentwicklung wichtig sind, Weißkohl hat stark vergrößerte Blätter, oder bei der Ausbildung von Blüten und Blütenständen, der Blumenkohlkopf ist ein riesiger gestauchter Blütenstand. Ein historisches Beispiel für Mutation und Selektion : Vor etwa 6000 Jahren entdeckten die Urindianer Mexikos eine Maisvariante, die besonders viele Körner bildete, die obendrein leicht zugänglich waren. Es gilt heute als sehr wahrscheinlich, daß Teosinte, eine enge Verwandte und immer noch in Mexiko beheimatete Wildmaissorte, Vorfahr von Mais ist. Die Körnerausbeute ist niedrig und Körner von Teosinte sind fest von einer Schale umschlossen, fast nicht aufzuschließen. Umso mehr verwundert es, daß es nur wenige, nämlich nur 5-6 Gene sind, die hauptsächlich an der Domestikation von Mais beteiligt waren. Und es sind diese sechs Gene, hier in rot auf den 10 Chromosomen von Mais eingezeichnet, die das Aussehen der Pflanzen beeinflussen, also die verringerte Ausbildung von Seitentrieben, die Ausbildung von getrennten männlichen und weiblichen Blütenständen, die Anzahl der Körner oder die Ausbildung der Schalen. Eine weitere Methode, um Kulturpflanzen mit neuen Eigenschaften zu erhalten, ist die gentechnische Veränderung. Dabei werden neue fremdartige Gene in die Pflanze übertragen, so dass die Pflanze neue Eigenschaften erhält, durch das Transgen. Die eleganteste Methode zur Herstellung von transgenen Pflanzen nutzt einen einzigartigen Spezialfall der Natur aus. Es gibt nämlich Bakterien, Agrobacterium tumefaciens, die Pflanzen als Schädlinge befallen. Die befallenen Pflanzen bilden dann Gallentumoren aus. Das einzigartige ist, dass diese Bakterien beim Befall der Pflanze ein Teilstück ihrer Erbsubstanz kopieren, in die Pflanzenzelle einführen und dort auch noch in die Chromosomen der Pflanze einbauen. Dadurch erhalten diese Pflanzenzellen ein Stück Bakterien-DNA und erhalten transgene Zellen. Die transgenen Zellen beginnen dann sich zu vermehren und diese Gallen zu erzeugen. Wir wissen, wie die Bakterien-Erbinformation übertragen wird, und können die Bakterien Erbinformation verändern, so dass die von uns gewünschten Gene von Agrobacterium in die Pflanzenchromosomen eingeschleust werden. Im Labor und in der Forschung sind transgene Pflanzen mit verschiedensten Eigenschaften sehr nützlich und werden routinemäßig hergestellt. Aber auch in der Anwendung in der Landwirtschaft sind transgene Pflanzen weltweit immer weiter verbreitet, vor allem Mais, Soja, Baumwolle und Raps. Beispiel: BT Mais enthält ein Protein aus Bakterien, das ganz spezifisch für bestimmte Insekten giftig ist. Ein weit verbreiteter Schädling beim Mais ist der Maiszünsler, weshalb in Gegenden, wo er vorkommt, viel mit Insektiziden gespritzt wird. BT Mais ist eine Alternative. Es gibt noch eine dritte Methode zur Verbesserung von Pflanzen, nämlich das Einkreuzen von Wildgenen. Da Wildpflanzen oft mit extrem ungünstigen Umweltbedingungen zurecht kommen müssen, haben Wildpflanzen ein großes Reservoir an nützlichen Gene für die Robustheit. Um Wildpflanzen und deren Wildgene zu bewahren, sammelt man sie weltweit in sog. Genbanken, und lagert sie dort als Samen zum Beispiel ein. Beispiele für internationale Genbanken sind das Cimmyt in Mexiko für Mais und Weizensammlungen, das internationale Kartoffelzentrum in Peru oder das Reiszentrum IRRY auf den Philippinen. Beispiel für die Einkreuzung von Wildgenen: Vor etwa 30 Jahren verwüstete ein Virus viele Reisfelder in Südostasien. Am internationalen Reisinstitut suchte man in 6000 Wildreislinien nach resistenten Linien. Die Wildpflanze wurde mit Kulturreis gekreuzt und schließlich erhielt man den resistenten Kulturreis. Detailliertes Schema der Einkreuzung von Wildgenen in Kulturpflanzen: Die F1 Pflanze ist eine Hybridpflanze. Wird sie weiter vermehrt kommt es zu Chromosomenaustauschen zwischen den beiden unterschiedlichen Chromosomen (Rekombination). Alle Nachkommen der F1 Hybridpflanze sind daher anders, nicht mehr alle Nachkommen werden die gewünschten Eigenschaften der Wildpflanze haben, sondern müssen getestet und ausgewählt werden. Nach insgesamt 7 Rückkreuzungen mit der Kulturpflanze erhält man eine resistene Kulturpflanze, die von der Wildpflanze fast nur noch den Resistengenbereich enthält. Mit jeder Rückkreuzung verliert die Kulturpflanze die Hälfte, 50%, der Wildgene, kommt man nach 7 Rückkreuzungen bei 0,42 % Wildgenen heraus. Bei den Informationen, die wir aus der biotechnologischen Pflanzengenanalyse haben, wären das also etwa 150 Gene aus der Wildpflanze, die in der Kulturpflanze verbleiben. Vereinfachung in der Züchtung: Mit Pflanzengensequenzen und der Lage von Genen auf den Chromosomen kann im Genlabor eine Art ein Gendiagnostiktest unter den Nachkommen durchgeführt werden. Diejenigen Nachkommen werden ausgewählt, welche den Genabschnitt mit gewünschtem Merkmal tragen. Die grün umrandete Pflanze enthält Merkmale A, B, C aus rotem Elternteil und D aus blauem Elternteil. Diese gendiagnostische Analyse kann den Züchtungsprozeß um Jahre beschleunigen. Was hat das alles jetzt mit der Grundlagenforschung zu tun? Im Labor machen wir eigentlich das gleiche wie die Züchter, wir mutieren Gene, stellen transgene Pflanzen her und kreuzen mit Wildpflanzen, mit dem Unterschied, daß wir keine Kulturpflanzen nehmen, sondern sehr häufig Modellpflanzen. Wir züchten also unsere eigenen Laborlinien. Modellpflanzen sind Pflanzen, die besonders leicht bearbeitet werden können. Die best untersuchte Pflanze überhaupt ist Arabidopsis. Wir haben nicht nur die vollständige Sequenz in einer Datenbank, sondern auch viele andere Informationen in Datenbanken und gesammeltes (im Labor fürs Labor gezüchtetes) Samenmaterial in Arabidopsis Genbanken. Überblick über die Gene in Mais, eine unserer wichtigsten Kulturpflanzen. Mais hat etwa 40.000 Gene. Transposons und Retrotransposons sind instabile Gene oder Teile von Genen, die sich auf den Chromosomen der Pflanzen selbst vermehrt haben und ihre Position dort weiter verändern können.