Facts aus der Geschichte des Elektromagnetimus Seite 1/4 Informationen zur Förderung des Technikinteresses in der Schule Einführung Ohne Anwendung des Phänomens Magnetismus würde die Menschheit vermutlich noch in einer rein mechanischen Welt leben: Dampfmaschinen, Gaslicht und mechanische Rechenmaschinen würden das Zeitalter kennzeichnen. Das Wissen über Universum und Mikrokosmos verdanken die Menschen hauptsächlich elektromagnetischen Geräten und Einrichtungen. Allerdings kam diese Revolution spät. Es war die Erfindung der Magnetnadel, die am Anfang der elektromagnetischen Wende stand. Der Kompass half nicht nur, Amerika zu entdecken, sondern führte die Menschheit auch auf eine neue Zivilisationsstufe (PhäGes, S.58). Was den Magnetismus betrifft, so war seit Gilberts «de Magnete» fast überhaupt kein Fortschritt erzielt worden (vgl. PhäGes, S.59 Magnetfelder). Nur die Vermutung, dass zwischen der Elektrizität und dem Magnetismus irgendein Zusammenhang existiere, wurde verstärkt. Francois Arago erkannte 1820, dass eine Stromspule Eisen magnetisiert. Aber aus dieser Erkenntnis konnte vorerst niemand eine vernünftige Folgerung ziehen. Auch die Frage, was eigentlich Elektrizität sei, blieb immer noch offen. Quellen (Text und Bilder) + Albert Kloos: Geschichte des Magnetismus. Vde-Verlag Gmbh. Berlin, 1994 + Phänomenales Gestalten: Schwachstrom und Magnetismus (abgekürzt PhäGes), 2006 Die Entdeckung Oersteds Bild 1: Oersted Bild 2: Ampère und Arago Genau zwanzig Jahre nach der überraschenden Nachricht aus London über Voltas Erfindung der Batterie (1800), wurden die Naturwissenschafter durch eine Mitteilung aus Kopenhagen, gemäss welcher ein Zusammenhang zwischen Elektrizität und Magnetismus gefunden war, wieder einmal auf das Höchste erregt. Die Schrift wurde von Oersted auf knapp zwei Seiten zusammengefasst. «Man bringe ein geradliniges Stueck des Drahtes in horizontaler Lage ueber eine frei sich bewegende Magnetnadel» ging in die Geschichte der Naturwissenschaft als die Entdeckung des Elektromagnetismus ein. Dass der elektrische Strom nicht direkt, sondern erst durch das hervorgerufene magnetische Feld auf die Magnetnadel wirkt, war Oersted noch nicht klar. Ähnlich wie im Falle von Galvanis Entdeckung der «thierischen Electricitaet» ist auch Oersteds erster elektromagnetischer Versuch von einer Legende umhüllt. So wie nicht Galvani selbst, sondern seine Frau ganz zufällig die Froschschenkelzuckungen entdeckt haben soll, so soll auch ein unbeteiligter Zuschauer bei Oersteds physikalischer Demonstration die Bewegung der Magnetnadel zufällig als erster bemerkt haben (vgl. Experimentierkarte 07, PhäGes S. 73). Die Franzosen Ampère und Arago wiederholten die Entdeckung von Oersted (vgl. Bild 2). «Als ich die Versuche Herrn Ampère zeigte, hatte er, kurz bevor, die wichtigste Entdeckung gemacht, dass zwei geradlinige, parallel nebeneinander sich befindende bewegliche Drähte, durch welche zwei electrische Ströme hindurch gehen, sich anziehen, wenn diese Ströme einerlei Richtung haben, dagegen sich abstossen, wenn die Richtungen der beiden Ströme einander entgegengesetzt sind.» Facts aus der Geschichte des Elektromagnetimus Seite 2/4 Informationen zur Förderung des Technikinteresses in der Schule Elektromagnete Bild 3: Elektromagnet Obwohl Francois Arago schon 1820 erkannt hatte, dass eine Stromspule Eisen magnetisiert, dauerte es doch noch fünf Jahre, bis der erste brauchbare Elektro-Magnet konstruiert wurde. Die Luftspulen verhielten sich zwar grundsätzlich wie Magnete, wiesen aber ohne einen festen Eisenkern keine Tragkraft auf. Es war der Engländer William Sturgeon, der 1825 den ersten brauchbaren Elektromagneten herstellte, welcher bei Stromeinspeisung schwere Eisenstangen tragen konnte und ohne Strom die Last augenblicklich verlor. Dem Amerikaner Henry gelang es kurze Zeit später, einen Hufeisenmagnet für Lasten von 1000 kg zu wickeln, vermutlich brauchte er zur Isolation der Kupferdrähte das Hochzeitskleid seiner Frau (vgl. PhäGes, S. 58 Starker Elektromagnet und Experimentierkarte 08, S. 73). Die Tragkraft der Elektro–Magnete übertraf nun die Kraft sowohl der grössten Naturmagnete (100 kg) als auch der leistungsstärksten künstlichen Magnete (125 kg). Der Entdecker des Elektromagnetismus, Oersted, beteiligte sich erstaunlicherweise nicht an der Weiterentwicklung der von ihm begründeten Lehre. Er zog sich aus der Physik zurück und widmete sich der Philosophie und der Soziologie. Magnetische Induktion oder der Ursprung der heutigen Stromerzeugung Bild 4: Faraday Bild 5: Die erste Spule von Faraday François Arago meldete am 7. März 1825, er habe gefunden, dass eine unter der Magnetnadel gedrehte Kupferscheibe die Nadel aus der Ruhelage bringt. Sie werde in Richtung der Rotation abgelenkt. Der Effekt ging als «Rotationsmagnetismus» in die Geschichte der Physik ein. Im Gegensatz zum Elektro-Magnetismus, dessen Grundwirkungen die Forscher Ampère, Biot und Savart mathematisch beschrieben hatten, gab es für den Effekt des Rotationsmagnetismus keine entsprechende Theorie. Zudem kannte man jetzt den Elektro-Magnetismus, aber die Umkehrung, nämlich die Erzeugung von Elektrizität mit Hilfe eines Magneten, die Magneto-Elektrizität blieb ein Wunschtraum. Die Elektrochemie war weiter die einzige Quelle des stationären elektrischen Stroms. Die Lage änderte sich 1831. Am 24. November gab in London Michael Faraday (1791 – 1867) bekannt, er habe entdeckt, wie man durch gewöhnlichen Magnetismus Elektrizität erzeugen kann. Er könne auch den Rotationsmagnetismus von Arago erklären. Zur ersten Beobachtung, der «Induktion», wie Faraday den Effekt nannte, kam es am 29. August. Der Versuch wurde wie folgt durchgeführt: «Ein Kupferdraht von 203 Fuss Länge, um eine grosse Holzwalze gewickelt, und zwischen seinen Windungen ein zweiter ähnlicher Draht gleicher Länge. Der eine dieser Schraubendrähte wurde mit dem Galvanometer, der andere mit der Batterie verbunden.» Und dann die Überraschung: «Im Moment der Verbindung des Drahts mit der Batterie war eine plötzliche Wirkung auf das Galvanometer sichtbar. Eine ähnliche Wirkung zeigte sich, als diese Verbindung aufgehoben wurde. Faraday erkannte: «Die Resultate liessen mich vermuten, dass der Voltasche Strom, Facts aus der Geschichte des Elektromagnetimus Seite 3/4 Informationen zur Förderung des Technikinteresses in der Schule der durch den einen Draht geht, wirklich in dem zweiten Draht einen ähnlichen Strom erregt, der aber nur von augenblicklicher Dauer ist.» Und dann experimentierte Faraday mit einer an das Galvanometer angeschlossenen Spule. Und wieder: Bei Annäherung eines Elektro-Magneten oder eines Stahlmagneten zur Spule wich die Magnetnadel des Galvanometers kurzzeitig aus der Ruhelage ab. Im Gegensatz zu Oersted spielte Faraday auch in den nachfolgenden Jahren bei der Erforschung der elektro-magnetischen Induktion die Hauptrolle. Der Versuch lässt sich mit der Experimentierkarte 12 Faradeys Stromgenerator (vgl. PhäGes S. 75 und 59 magnetische Induktion) nacherfinden. Die Entdeckung Faradays hat die Welt verändert wie nie zuvor. Nach dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion funktioniert die überwiegende Mehrheit der modernen elektrotechnischen Maschinen und Geräte, von den Staubsaugern über die Zündspulen der Automobile bis hin zu den grössten Kraftwerken. Erste Elektromotoren Bild 6: Lenz und Jacobi Bild 7: Motor Jakobi Bild 8: Erster Stromgenerator Die Rotationsapparate der zwanziger Jahre, die nach der Erfindung von Faraday in verschiedenen Formen von den Physikern hergestellt wurden, waren kleine Modelle, die eigentlich nur zur Demonstration der elektro – dynamischen Kräftewirkung dienten (vgl. PhäGes, S. 74 Experimentierkarten 09 und 10). Die Konstruktion des ersten elektro-magnetischen Drehmotors geht auf Professor Jacobi (1801 – 1874) zurück. Der Motor drehte mit 300 Umdrehungen pro Minute und lieferte die Kraft «von einem halben Mann.» 1838 veröffentlichte die Sozietät der Wissenschaft zu Haarlem die Preisfrage: «Ob sich beweisen lässt, dass elektromagnetische Kraft zur Bewegung geeignet ist». Und Karl Friedrich Gauss, einer der grössten Mathematiker aller Zeiten, schrieb in Bezug auf den Elektromagnetismus 1838: «Erhebliche mechanische Wirkungen sind von dieser Art Vorrichtung gewiss nicht zu erwarten. Ich zweifle, dass sie nur die Kraft einer Maus erreichen können.» Ganz unbegründet war sein Pessimismus nicht. Was das grösste Problem dieser Entwicklungsphase darstellte, war eine geeignete Energiequelle. Die zur Verfügung stehenden Batterien waren zu schwach, um grössere Leistungen liefern zu können. (Bemerkung: Dies gilt, zumindest was das Elektroauto betrifft, eigentlich bis heute.) Die Entwicklung blieb nicht stehen. Noch im selben Jahr, 1838, konnte in St. Petersburg Heinrich Friedrich Emil Lenz nachweisen, dass bei den elektromagnetischen Maschinen die Motor – Generator – Funktion umkehrbar ist. Jeder Motor kann prinzipiell auch wie ein Generator und jeder Generator wie ein Motor arbeiten (vgl. PhäGes Experimentierkarte 11, S. 75 und Motor und Generator S. 61). Facts aus der Geschichte des Elektromagnetimus Seite 4/4 Informationen zur Förderung des Technikinteresses in der Schule Erste praktische Anwendung Bild 9: Moresapparat In der Telegrafie fand der Elektro-Magnetismus seinen ersten praktischen Anwendungsbereich. Erst jetzt, bei der elektro-magnetischen Nachrichtenübertragung, zeigte sich, dass die jahrhundertelange Freizeitbeschäftigung der Liebhaber der elektrischen und magnetischen Phänomene auch für den gewöhnlichen Bürger etwas bringen kann. 1838 wurde der Schreibtelegraf von Samuel Morse (1791 – 1872) in den USA zum Patent angemeldet. Die Morse-Schrift setzte sich aus Punkten und Strichen zusammen. Morse war von Beruf her ein Kunstmaler (später Berufsfotograf), und erst 1832 begann er sich mit der elektromagnetischen Telegrafie zu beschäftigen. Die erste Telegrafenlinie nach Morses System wurde in den USA zwischen Washington und Baltimore im Mai 1844 fertig gestellt (vgl. PhäGes S.11 Erfindung der Telegrafie und Do-it-Aufgabe Morseanlage S.34). Forscherfragen + Heutige Gebrauchsgegenstände (vgl. Foto) funktionieren mit hilfe der magnetischen Induktion. Versuche zu erklären, wie die batterielosen Geräte funktionieren. + Lies im Buch den Abschnitt Magnetische Induktion und evtl. das ganze Kapitel Aus der historischen Forschung (PhäGes S. 58f). Bereite ein Kurzreferat vor mit allen Meilensteinen. Bild 10: Faradays Anwendungen + Recherchiere im Internet über den Forscher Samuel Morse. + Vergleiche den Apparat von Samuel Morse (Bilkd 9) mit einer möglichen heutigen Umsetzung im technischen Gestalten. Was ist ähnlich, was unterscheidet sich stark? + Wie wurde die Welt aussehen, wenn der Zusammenhang Elektrizität – Magnetismus resp. die Entdeckung Faradeys 1831 nicht erfunden wäre? Diskutiere mit einem Partner und schreibe deine Ideen und Vermutungen auf. Bild 11: Moresgerät © do-it-werkstatt.ch 2010