VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 1 Die Idee "Feld" Feld: Begriff und Wirklichkeit Vorbemerkung: Was ist Wirklichkeit? Wir ahnen es – auch wenn wir Begriffe, Modelle, Gesetze, exakte Mathematik auf die beobachteten Phänomene legen, die manchmal gut "passen" und uns auch suggerieren, wir hätten damit eine "Erklärung" gefunden – auch dann ahnen wir, dass uns die eigentliche Wirklichkeit verborgen bleibt. Wir können das tiefere Wesen der Dinge, ihre Wahrheit nicht erfassen. In diesem Sinn gibt es für uns wahrscheinlich keine Wahrheit, wir leben in der Ungewissheit. Die Gesetze, die "Erklärungen" sind auch immer vorläufig, nie endgültig, sie können, wie der Wissenschaftsphilosoph Karl Popper meinte, immer "falsifiziert" werden. So ist es auch mit dem Begriff "Feld": Wir sagen mit grosser Selbstsicherheit: Das ist ein elektrisches Feld, oder ein Gravitationsfeld, oder ein Schallfeld und tun so als ob wir genau wüssten, was der tiefere Grund für diese Erscheinungen sei, was sie im tiefsten Grunde seien. Was meint das Herkunftswörterbuch zum Wort "Feld"? Es habe die indogermanische Wurzel pel(e), was flach, eben, breit, ausgebreitet habe – also unserer jetzigen Bedeutung durchaus entspricht. Sie ist in vielen Sprachen zu finden: field, polje, palma... Im Bertelsmann steht (neben der militärischen und landwirtschaftlichen Bedeutung): "Eine physikalische Grösse, der an jeder Stelles des Raumes ein bestimmter Wert zugeordnet ist." Ich würde eher sagen: Ein Gebiet des Raumes, dem man an jeder Stelle eine messbare Grösse zuordnen kann. Diese Grösse kann manchmal mit nur einer Zahl erfasst werden, z.B. ein Temperaturfeld. Es gibt aber Grössen, bei denen man 2,3 oder gar 9 Zahlen braucht, um sie festzulegen. (Beispiel: Das ebene Feld der Windgeschwindigkeit in einem Gebiet). Es gibt aber weiter gehende Verwendungen des Begriffes "Feld": So hat Rupert Sheldrake "morphogenetische" Felder postuliert, um damit erstaunliche Erscheinungen und Prozesse zu "erklären". 1. Wagenschein und der Feldbegriff Ich will Sie mit Ausschnitten aus einem der bekannteren Texte von Martin Wagenschein, "Das grosse Spüreisen", bekanntmachen und das entsprechende Phänomen oder Experiment etwa so zeigen wie er‘s beschreibt. Es ist zwar nicht mehr das reine Naturphänomen, es ist bereits ein artifizielles Experiment- aber nicht mit einem Material, welches so in den Physiksammlungen vorhanden ist und durch seine Form schon ausdrückt, wozu es zu dienen hat. Ein schlichtes grosses Sägeblatt wie dieses hier ist kein "Belehrungsapparat", eine kleine zugespitzte und grün-rot lackierte Nadel oder ein solcher Hufeisenmagnet schon eher - Wagenschein spricht bei solchem hergestelltem Experimentiergerät ironisch von "PropagandaLack" und die kleinen Kompassnadeln nennt er auch „die Beamten des Erdmagnetismus, die da in ihrem Gehäuse sitzen in dem die Dienstvorschrift schon angeschrieben ist.“ Aus: Martin Wagenschein:“Naturphänomene sehen und verstehen“, Klett 1980, S.15/16 "Das grosse Spüreisen“ Immer schon hatte ich eine Geringschätzung gehabt für diese kleinen Magnetnadeln, wie sie mit ihren zugespitzten und bezeichneten Enden so schnell und dienstfertig die vorgeschriebene Haltung annehmen. (..) Ohne diese Abneigung ganz zu durchschauen, eigentlich nur, weil mir die Nadeln zu klein schienen, kam ich auf den Gedanken, einmal eine ganz große zu machen, als VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 2 Die Idee "Feld" mir ein fast einen Meter langes Stahlblatt in die Hand fiel. Ob es wohl magentisiert, aufgehängt oder auf eine Spitze gesetzt, dem Ruf des magnetischen Erdfeldes folgen würde? (...) Ich drehe es in die Ost-West-Richtung, damit es dem Erdfeld recht deutlich in die Quere kommt und ihm lange Hebelarme anbietet, beruhige es zu vollem Stillstand, lasse los und warte. Es hängt unbeweglich, passiv, und mit seinen ergeben niedergebeugten Enden wie horchend da. Ob der ferne kanadische Pol es erreicht, und sein noch fernerer antarktischer Bruder? Ob es empfindlich genug ist, das Gefälle zu spüren, das, zwischen ihnen ausgespannt, uns alle durchdringt, auch uns magnetisch Unbegabte, daß wir uns ein Bild machen müssen und uns feine graue Fäden ausdenken, die wie parallele Telegraphendrähte zwischen Nord und Süd gespannt dieses Zimmer und die Stadt, das ganze weite Land, Wald und Feld, durchspinnen, deren Existenz aber nichts anderes ist als nur dies: allerorten dieses pünktliche Gehorchen solcher, in ihrer Beweglichkeit befreiter und begünstigter Magnete, wie dieses Stahlband einer ist, dessen Einschwenken wir jetzt erwarten. (...) Wie ist es nur möglich? Wie ist es nur möglich, daß das Stück Eisen den fernen Ruf erspürt?" Und es spürt ihn. Nach einem leisen Erzittern setzt es sich in ein zögerndes Drehen, (...) es steigert sich, es steckt ein Wille, ein Ziel dahinter, wie ein Karussell kommt der Balken langsam in Fahrt und schleudert sich nach wenigen Sekunden gestreckten Laufes durchs Ziel. Das Ziel, das unsere Spannung wie einen unsichtbaren Wegweiser in den Raum hinein erwartet hat und unsere Phantasie wie eingebrannt fast sieht: dort über dem Wald steht nachts der Polarstern. Dorthin deutete das Eisen, als es in höchster Fahrt war, und wenn es alles richtig zugeht, dann müßte es jetzt langsam zögern. (...) In dem Augenblick, da es zitternd einhält, und dann wieder ganz so langsam wie am Anfang umkehrt, die Nase am Boden wie ein witternder Hund, ist unser letzter Zweifel vergangen:. Es ist kein Windstoß, (...) es ist der Magnetismus des Erdballs (über dessen Herkunft bekanntlich noch niemand etwas Zuverlässiges weiß). Überall, im dichten Wald, auf Bergesspitzen und in den Bergwerken, bei Tag und bei Nacht, würden Tausende solcher drehbarer Magnete, verteilte man sie überall hin, genauso wie dieser hier ihr schwingendes Spiel beginnen und nach einer guten Weile stille stehen, alle gehorsam in der Nord-SüdStellung zur Ruhe gekommen." (...) 2. Shmuel Sambursky: Über die Wichtigkeit des Feldbegriffs Nun eine Leseprobe aus einem Buch, welches eigentlich eine chronologische Sammlung von Originaltexten von der Antike bis in die Zeit der Quantenmechanik ist. Hier allerdings kein Originaltext, sondern ein Ausschnitt aus der Einleitung des Autors. Es geht hier auch um die Wichtigkeit des Feldbegriffs. Aus ShmuelSambursky: „Der Weg der Physik“, Artemis 1975, S.34/35 Von Beginn des 19.Jahrhunderts an tritt die allmähliche Entfaltung eines einheitlichen physikalischen Weltbildes immer deutlicher in Erscheinung. Dieses Bild enthält sowohl beobachtbare Tatsachen als wissenschaftliche Konstruktionen, die beide als gleichberechtigte Elemente der physikalischen Realität angesehen werden müssen, vor allem wenn man daran denkt, daß wissenschaftliche Beobachtungen und theoretische Deduktionen auch in anderen Gebieten als dem der Mechanik sich gegenseitig zu stützen und zu bestätigen begannen. Optik, Elektrizität, Magnetismus und Wärmevorgänge entwickelten sich in relativ kurzer Zeit zu konsistenten und systematischen Gebieten der Physik. Ober diese Erfolge hinaus wurde es immer klarer, daß mehrere dieser Teilgebiete der Realität mitein-ander verquickt sind. So verband sich die Lehre von den Wärmeerscheinungen mit der Mechanik zur Thermodynamik, die Theorien der Elektrizität und des Magnetismus verschmolzen zum Elektromagnetismus, und wesentliche Eigenschaften des Lichts fanden ihre Erklärung im VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 3 Die Idee "Feld" Rahmen der Theorie elektromagnetisclier Phänomene. Man kann mit Recht schon die Tatsache dieser sukzessiven Verschmelzung von Tellbildern in ein Bild von zunehmend allgemeiner Gültigkeit als eine Bestätigung der synthetischen Methode der physikalischen Wissenschaften betrachten und in ihr eine Verifizierung der Prinzipien sehen, auf denen diese Wissenschaften fundiert sind. Aus demselben Grunde wurde es auch immer unwahrscheinlicher, daß eines der wesentlichen Gesetze der Physik widerlegt werden könne, ohne daß diese Widerlegung nicht auch alle anderen Gesetze in Mitleidenschaft ziehen würde. In der Tat kann man die moderne Naturwissenschaft mit einem Gebäude vergleichen, das baufällig wird, wenn man auch nur einen seiner Ecksteine beseitigt. Im Zusammenhang damit sei daran erinnert, daß dieser Prozeß der Vereinheitlichung und Konsolidierung in bedeutendem Maße durch die wachsende Mathematisierung der Physik gefördert wurde, denn eine geglückte mathematische Formulierung kann innere logische Zusammenhänge aufdecken und ihre Darstellung in einer vorher unbekannten Form ermöglichen. Während in der griechischen Antike und später bis zum Ende des 17. Jahrhunderts Geometrie und Proportionenlehre die einzigen mathematischen Hilfsmittel der Naturwissenschaft waren, führte die Entdeckung der Infinitesimalrechnung und ihrer vielfachen mathematischen Anwendungen zu einer enormen Bereicherung der Mathematik und ihrer Etablierung als der Sprache der Physik, die ihren deduktiven Überlegungen am besten angepaßt ist. Differentialgleichungen, die Variationsrechnung und andere Zweige der höheren Mathematik, die im 18. und 19.Jahrhundert entwickelt wurden, bildeten das Rückgrat der mathematischen Physik. Mathematische Ableitungen und Analogien ergänzten in wachsendem Maße die bildlichen Analogien mechanischer Modelle und verdrängten sie schließlich. Selbstverständlich war Faradays intuitives Erfassen des Kraftfeldes von ungeheuerer Bedeutung; in ihm erstanden der dynamische Kontinuumsbegriff der Stoiker und die Ätherhypothesen des 17. Jahrhunderts zu neuem Leben, jedoch mit einer Präzision und Tiefe der Konzeption, die die jener Lehren bei weitem übertraf Aber erst dank der mathematischen Sprache von Maxwells Gleichungen erhielt die Idee des elektromagnetischen Feldes mit allen ihren Implikationen und Konsequenzen ihre endgültige Fassung, und auch vielen anderen Gebieten des physikalischen Denkens wurde der Stempel des modernen Kontinuumbegriffs aufgeprägt. So fand Einstein in seiner speziellen Relativitätstheorie eine mathematische Bestätigung für den Zusammenhang von Energie und Impuls in seiner neuen Mechanik durch den Umstand, daß derselbe Zusammenhang auch für das elektromagnetisehe Feld Maxwells gilt. Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung der Mathematik als Sprache der Physik ist der Satz von der Äquivalenz von Masse und Energie, wohl das wichtigste Resultat der speziellen Relativitätstheorie. Dieser Satz erhielt seine feste Fundierung in jener mathematischen Darstellung, die mit soviel Klarheit und Eleganz durch Hermann Minkowski gegeben wurde. Eine sehr eigene Weise, die mysteriöse Fernwirkung von Feldern, z.B. der Gravitation, zu erklären fand Descartes mit seiner Wirbeltheorie. Es muss gesagt werden, dass er auch die Existenz des leeren Raumes, des Vakuums, verneinte. Seine Wirbel in einer „subtilen Materie“ bildeten den fast verzweifelten Versuch, eine mechanistische Erklärung für die Fernwirkung. VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 Die Idee "Feld" 4 3. Geschichtliches zum elektromagnetischen Feld Aus: Roman Sexl, Was die Welt zusammenhält, dva, Stuttgart, 1982 Barocke Kuriositäten Bei Aristoteles hatte alles seinen "natürlichen" Ort, zu dem es strebte, und die Welt war wohl geordnet. Magnetische und elektrische Erscheinungen störten dann diese Harmonie. Augustinus schrieb z.B. in "Der Gottesstaat": "Vom Magnetstein wissen wir, dass er das Eisen mit wunderbarer Gewalt an sich zieht. Als ich dies das erste Mal sah, kam es mir ganz unheimlich vor." Die wunderbaren Eigenschaften, die man dem Magnesia-Stein zuschrieb, verführten die Medizin, ihn für Heilzwecke zu verwenden – und der Magnetkompass war ebenfalls eine nützliche Anwendung. Kurios hingegen blieb zu Beginn die Reibungselektrizität, welche beim Reiben von bestimmten Stoffen wie Bernstein oder Schwefel entstand. Sie diente in der Barockzeit zur Ergötzung der höfischen Gesellschaft oder wurde, später, an Jahrmärkten gezeigt. Romantische Naturphilosophie Aus: Roman Sexl, Was die Welt zusammenhält, dva, Stuttgart, 1982 Zu Beginn des 19.Jahrhunderts war Jena eines der bedeutendsten geistigen Zentren der Welt und Mittelpunkt der deutschen Romantik. Der Weltgeist des Absoluten durchwehte von hier aus in den Philosophien Fichtes, Schellings und Hegels den Kosmos, Novalis und Friedrich Schiller bereicherten die Welt der Literatur, Schlegel übertrug Shakespeares Dramen ins Deutsche und seine Frau Caroline begeisterte sich so lange an Schellings Philosophie, bis sie ihren Urheber heiratete. Wenige Kilometer weiter, an der Universität Halle, sammelte Achim von Arnim zusammen mit Clemens Brentano »Des Knaben Wunderhorn« und beschäftigte sich mit den Wundem der Mathematik und Philosophie. In dieser Atmosphäre des Geistes wiederholte der einundzwanzigjährige Johann Wilhelm Ritter (1776-1810) im Jahre 1797 die Voltaschen Experimente. Begeistert, aber unsystematisch gelang ihm manches in Wochen, wozu Volta Jahre gebraucht hatte. Die Welt verdankt Ritter den ersten Akkumulator und ausführliche Untersuchungen zur Zersetzung von Wasser durch elektrische Ströme, die zur Begründung der Elektrochemie führten. Die rationale Weltauffassung, die in Frankreich mit der Revolution durchbrach, entsprach dem mechanistischen Weltbild, das wohl am klarsten in Laplaces Vorstellung von einem Dämon zum Ausdruck kam, der das gesamte Weltgeschehen vorhersehen könne. Diesem Geiste der Aufklärung stand in Deutschland die romantische Naturphilosophie gegenüber. Sie vertrat eine organische Naturauffassung, in der alle Kräfte wir würden heute Energien sagen - nur Aspekt einer einzigen Kraft waren, der Kraft des Weltgeistes. Deshalb sollten alle Naturerscheinungen, wie Licht, Elektrizität, Magnetismus, chemische Kräfte und die Wärme miteinander verknüpft sein. Der Däne Hans Christian Örsted (1777-1851) lernte diese Naturauffassung im ersten Dezennium des 19. Jahrhunderts in Jena kennen, wo er bei Schelling studierte und mit Ritter befreundet war. Bei seiner Rückkehr nach Kopenhagen nahm sich Örsted vor, den Zusammenhang zwischen Elektrizität und Magnetismus aufzuklären. Für einen derartigen Zusammenhang lagen einige Anhaltspunkte vor. Als nämlich zwei Schiffe auf dem Weg von England nach Südamerika im Jahre 1675 in ein Gewitter gerieten, zerschmetterte ein Blitz den Mast eines Schiffes, während das andere unbeschädigt blieb. Zum Erstaunen aller wendete das getroffene Schiff bald, und machte Anstalten nach England zurückzukehren. Der Grund dafür war bald gefunden: Der Blitz hatte die Magnetpole aller Schiffskompasse umgekehrt. Ein anderer Bericht besagte, »daß ein Blitz, welcher in die Werkstatt eines Schuhmachers in Schwaben einschlug, dort alle Werkzeuge so stark magnetisierte, daß der arme Handwerker sie nicht mehr gebrauchen konnte. Er hatte fortwährend damit zu schaffen, seinen Hammer, seine Zange, sein Messer von Nägeln, Nadeln VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 und Pfriemen zu befreien, welche sich auf dem Werktisch daran hingen«. Im Jahre 1820 entdeckte Örsted bei einer Vorlesung durch Zufall den gewünschten Effekt: eine Magnetnadel wurde durch einen stromführenden Draht abgelenkt, wobei die Kräfte auf ihre Pole nicht etwa einer Abstoßung oder Anziehung durch den Draht entsprachen, sondern eine Drehung rund um den Draht hervorzurufen suchten. Der Weltgeist hatte sich bewährt! Elektrizität und Magnetismus zeigten tatsächlich einen Zusammenhang und waren somit als verschiedene Aspekte einer einzigen Kraft anzusehen. Zumindest hatte Örsted gezeigt, daß bewegte elektrische Ladungen magnetische Kräfte hervorrufen können. Nunmehr war noch die Umkehrung zu suchen. Konnte auch Magnetismus elektrische Ströme erzeugen? Die Antwort auf diese Frage führt uns nach England. Vom Weltgeist zum Feld Die vor allem in Deutschland verbreitete romantische Naturphilosophie hatte in allen Kräften den Ausdruck eines umfassenden Weltgeistes gesehen. Auch in England gab es eine entsprechende Strömung, den »Dynamismus«, der in Michael Faraday (17911867) einen eifrigen Verfechter fand. Faraday hatte sich als Buchbinderlehrling in den Inhalt einiger naturwissenschaftlicher Bücher vertieft und fand auch eine Möglichkeit, den berühmten Abendvorlesungen an der Royal Institution in London beizuwohnen. Der Chemiker Humphrey Davy war der Vortragende und Faraday schickte ihm alsbald eine sorgfältig ausgearbeitete Mitschrift der Vorlesungen zu. Wenig später wurde er in die Royal Institution gebeten und zum Assistenten Davys ernannt. Im Herbst 1813 ging Davy mit seinem neuen Mitarbeiter auf eine eineinhalb Jahre währende Europareise, die ihn über Paris zunächst nach Italien führte, wo er die Bekanntschaft Alessandro Voltas machte und einen Diamanten des Herzogs von Toscana mit Hilfe eines Brennspiegels zu Kohlendioxyd verbrannte. Nach seiner Rückkehr nach England begann er an der Royal Institution eine der berühmtesten Versuchsreihen in der Physikgeschichte. Zunächst wiederholte Faraday die Experimente von Örsted, die so großes Aufsehen erregt hatten, da die Kraft zwischen Strom und Magnetnadel nicht etwa eine anziehende oder abstoßende war, sondern vielmehr eine Drehung hervorrief. Damit war das einfache Bild der Natur, das man sich aufgrund von Newtons Physik gemacht hatte, zumindest erschüttert. Nicht alle Kräfte waren analog zur Gravitation und zu der von Coulomb gemessenen Kraft zwischen zwei Ladungen! Bald gelang es Faraday auch, den ersten Elektromotor zu bauen. Dazu hängte er eine Magnetnadel frei 5 Die Idee "Feld" drehbar in einen Trog mit Quecksilber und schickte durch diese Anordnung Strom aus einer Voltaschen Säule. Sogleich begann sich der Pol der Magnetnadel um den Stromleiter zu drehen. Damit waren die ersten Grundlagen der Elektrotechnik gelegt, wenn auch dieser erste Motor noch keinerlei praktischen Zwecken dienen konnte. Convert Magnetism into Electricity-verwandle Magnetismus in Elektrizität! Diese Eintragung findet sich bereits im Jahre 1822 in Faradays ausführlichen Notizbüchern, in denen er alle seine Experimente festhielt. Wie konnte man Magnetismus in Elektrizität verwandeln, also mit Hilfe von Magnetnadeln elektrische Ladungen oder Ströme hervorrufen? Für Faraday war es selbstverständlich, daß ein derartiger Effekt existieren mußte, denn alle Kräfte sollten ineinander umwandelbar sein: »Seit langem habe ich, vermutlich mit vielen anderen Freunden der Naturkunde, die an Überzeugung streifende Meinung gehegt, daß die verschiedenen Formen, unter denen die Kräfte der Materie auftreten, einen gemeinschaiflichen Ursprung haben, oder, mit anderen Worten, so in direktem Zusammenhange und gegenseitiger Abhängigkeit stehen, daß sie gleichsam ineinander verwandelt werden können und äquivalente Kräfte in ihren Wirkungen besitzen. In neueren Zeiten sind die Beweise für ihre Umwandelbarkeit in beträchtlichem Maße gehäuft und es ist der Anfang gemacht zur Bestimmung ihrer äquivalenten Kräfte.« Diese Umwandelbarkeit der Kräfte war die »feste, auf philosophische Betrachtungen gestützte Überzeugung« Faradays, die ihm in den folgenden Jahren den Mut gab, dem gesuchten Effekt auf immer neue Arten nachzuspüren. Freilich konnte sich Faraday in all den Jahren nicht nur mit Elektrizität und Magnetismus beschäftigen, da er als Assistent Davys vor allem Probleme der Chemie bearbeiten mußte, wobei ihm neben vielen anderen Ergebnissen im Jahre 1823 die Entdeckung des Benzols gelang. Am 29. August 1831 trat das entscheidende Ereignis ein, das Elektrizität und Magnetismus vereinte: Faraday entdeckte die elektromagnetische Induktion. Seine Experimente zeigten, daß die Veränderung magnetischer Felder elektrische Ströme hervorrufen kann. Bewegt man beispielsweise einen Draht durch das Feld eines Magneten, so entsteht zwischen den Drahtenden eine elektrische Spannung, und ein Strom beginnt zu fließen, wenn der Stromkreis geschlossen wird. Dies ist das Prinzip des Generators, der in den nächsten Jahrzehnten zur wichtigsten Quelle elektrischer Ströme wurde und die Voltasche Säule (die „Batterie“) ablöste. Die von Faraday entdeckte Induktion wurde aber auch zur Grundlage des Transformators. Örsted hatte entdeckt, daß elektrische Ströme von Magnetfeldern umgeben sind. Ändert sich der VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 Strom, so ändert sich das Magnetfeld. Diese Veränderung des magnetischen Feldes kann wiederum in einem benachbarten Drahtstück einen Strom hervorrufen. Eine derartige 6 Die Idee "Feld" Anordnung war es auch, mit der Faraday 1831 erstmals Induktionsvorgänge beobachtete, wie die obige Figur zeigt. 4. Einstein – von der speziellen zur allgemeinen Relativitätstheorie Den Artikel Einsteins, aus dem der nun folgende Ausschnitt stammt, wurde 1916 geschrieben. Er ist immer noch gut geeignet, um die Notwendigkeit einer Verallgemeinerung der speziellen Relativitätstheorie zu begründen Der Ausschnitt befasst sich mit dem Gravitationsfeld, der Raumstruktur und dem elektromagnetischen Feld. Aus: Albert Einstein: Mein Weltbild, S. 143-147, zitiert in: Karòly Simonyi, Kulturgeschichte der Physik“, S.421/422 Dunkel waren zunächst die mechanischen Eigenschaften des Äthers. Da kam H.A.LORENTZ' große Erkenntnis. Alle damals bekannten Phänomene des Elektromagnetismus ließen sich deuten auf Grund zweier Annahmen: Der Äther sitzt fest am Raum, d. h., er kann sich überhaupt nicht bewegen. Die Elektrizität sitzt fest auf den beweglichen Elementarteilchen. Man kann heute seine Erkenntnis so aussprechen: Physikalischer Raum und Äther sind nur verschiedene Ausdrücke für ein und dieselbe Sache; Felder sind physikalische Zustände des Raumes. Denn wenn dem Äther kein besonderer Bewegungszustand zukommt, so scheint kein Grund dafür vorzuliegen, ihn neben dem Raum als ein Wesen besonderer Art einzuführen. Eine solche Denkweise lag aber den Physikern noch fern. Denn ihnen galt nach wie vor der Raum als ein starres, homogenes Etwas, das keiner Veränderung bzw. Zustände fähig war. Nur RIEMANNs Genie, unverstanden und einsam, rang sich schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zur Auffassung eines neuen Raumbegriffes durch, nach welchem dem Raum seine Starrheit abgesprochen und seine Anteilnahme am physikalischen Geschehen als möglich erkannt wurde. Diese gedankliche Leistung ist um so bewunderungswürdiger, als sie der Faraday-Maxwellschen Feldtheorie der Elektrizität voranging. Nun kam die spezielle Relativitätstheorie mit ihrer Erkenntnis der physikalischen Gleichwertigkeit aller Inertialsysteme. Im Zusammenhang mit der Elektrodynamik bzw. dem Gesetz der Lichtausbreitung ergab sich die Untrennbarkeit von Raum und Zeit. Bis dahin war nämlich stillschweigend Voraussetzung, daß das vierdimensionale Kontinuum des Geschehens in objektiver Weise sich in Zeit und Raum spalten lasse, d. h., daß dem "Jetzt" in der Welt des Geschehens eine absolute Bedeutung zukomme. Mit der Erkenntnis der Relativität der Gleichzeitigkeit wurden Raum und Zeit in ähnlicher Weise zu einem einheitlichen Kontinuum verschmolzen, wie vorher die drei räumlichen Dimensionen zu einem einheitlichen Kontinuum verschmolzen worden waren. Der physikalische Raum wurde so zu einem vierdimensionalen Raum ergänzt, der auch die zeitliche Dimension enthält. Der vierdimensionale Raum der speziellen Relativitätstheorie ist ebenso starr und absolut wie der Raum NEWTONS. Die Relativitätstheorie ist ein schönes Beispiel für den Grundcharakter der modernen Entwicklung der Theorie. Die Ausgangshypothesen werden nämlich immer abstrakter, erlebnisferner. Dafür aber kommt man dem vornehmsten wissenschaftlichen Ziele näher, mit einem Mindestmaß von Hypothesen oder Axiomen ein Maximum von Erlebnisinhalten durch logische Deduktion zu umspannen. Dabei wird der gedankliche Weg von den Axiomen zu den Erlebnisinhalten bzw. zu den prüfbaren Konsequenzen ein immer längerer, subtilerer. Immer mehr ist der Theoretiker gezwungen, sich von rein mathematischen, formalen Gesichtspunkten beim Suchen der Theorien leiten zu lassen, weil die physikalische Erfahrung des Experimentators nicht zu den Gebieten der höchsten Abstraktion emporzuführen vermag. An die Stelle vorwiegend induktiver Methoden der Wissenschaft, wie sie dem jugendlichen Stande der Wissenschaft entsprechen, tritt die tastende Deduktion. Ein solches theoretisches Gebäude muß schon weit ausgearbeitet VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 7 Die Idee "Feld" sein, um zu Folgerungen zu führen, die sich mit der Erfahrung vergleichen lassen. Gewiß ist auch hier die Erfahrungstatsache die allmächtige Richterin. Aber ihr Spruch kann erst aufgrund großer und schwieriger Denkarbeit erfolgen, die erst den weiten Raum zwischen den Axiomen und den prüfbaren Folgerungen überbrückt hat. Diese Riesenarbeit muß der Theoretiker leisten in dem klaren Bewußtsein, daß dieselbe vielleicht nur das Todesurteil seiner Theorie vorzubereiten berufen ist. Man soll den Theoretiker, der solches unternimmt, nicht tadelnd einen Phantasten nennen; man muß ihm vielmehr das Phantasieren zubilligen, da es für ihn einen anderen Weg zum Ziel überhaupt nicht gibt. Es ist allerdings kein planloses Phantasieren, sondern ein Suchen nach den logisch einfachsten Möglichkeiten und ihren Konsequenzen. Diese Captatio benevolentiae war nötig, um den Zuhörer oder Leser geneigter zu machen, den nun folgenden Ideengang mit Interesse zu verfolgen, es ist der Gedankengang, der von der speziellen zur allgemeinen Relativitätstheorie und von da zu ihrem letzten Sproß, der einheitlichen Feldtheorie, geführt hat. Bei dieser Darlegung läßt sich der Gebrauch mathematischer Symbole allerdings nicht ganz vermeiden. Wir beginnen mit der speziellen Relativitätstheorie. Diese gründet sich noch direkt auf ein empirisches Gesetz, jenes der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. Sei P ein Punkt im Vakuum, P entfernter unendlich benachbarter. In P gehe zur Zeit t ein Lichtimpuls aus und gelange nach P' zur Zeit t + dt. Dann ist 2 = c2dt2 Sind dx1, dx2, dx3 ict ein, so nimmt obiges Gesetz von der Konstanz der Lichtausbreitung die Form an: ds2 = dx12 + dx22 + dx32 + dx42 Da diese Formel einen realen Sachverhalt ausdrückt, so wird man der Größe ds eine reale Bedeutung zuschreiben dürfen, auch dann, wenn die benachbarten Punkte des vierdimensionalen Kontinuums so gewählt sind, daß das zugehörige ds nicht verschwindet. Dies drückt man etwa so aus, daß man sagt: Der vierdimensionale Raum (mit imaginärer Zeitkoordinate) der speziellen Relativitätstheorie besitzt eine euklidische Metrik. Daß man eine solche Metrik eine euklidische nennt, hängt mit folgendem zusammen: Die Setzung einer solchen Metrik in einem dreidimensionalen Kontinuum ist der Setzung der Axiome der euklidischen Geometrie völlig äquivalent. Die Definitionsgleichung der Metrik ist dabei nichts anderes als der auf die Koordinatendifferentiale angewandte Pythagoreische Lehrsatz. In der speziellen Relativitätstheorie sind nun solche Änderungen der Koordinaten (durch eine Transformation) gestattet, da auch in den neuen Koordinaten die Größe ds2 (Fundamentalinvariante) sich in den neuen Koordinatendifferentialen durch die Summe der Quadrate ausdrückt. Solche Transformationen heißen Lorentz-Transformationen. Die heuristische Methode der speziellen Relativitätstheorie ist durch folgenden Satz gekennzeichnet: Es sind nur solche Gleichungen als Ausdruck von Naturgesetzen zulässig, die bei Koordinatenänderung durch Anwendung einer Lorentz-Transformation ihre Gestalt nicht ändern (Kovarianz der Gleichungen gegenüber Lorentz-Transformationen). Durch diese Methode wurde die notwendige Verknüpfung von Impuls und Energie, von elektrischer und magnetischer Feldstärke, von elektrostatischen und elektrodynamischen Kräften, von träger Masse und VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 8 Die Idee "Feld" Energie erkannt und dadurch die Zahl der selbständigen Begriffe und Grundgleichungen der Physik vermindert. Diese Methode wies über sich selbst hinaus: Ist es wahr, daß die die Naturgesetze ausdrückenden Gleichungen nur gegenüber Lorentz-Transformationen kovariant sind, gegenüber anderen Transformationen aber nicht? Nun, so formuliert hat die Frage eigentlich keinen Sinn, da ja jedes Gleichungssystem in allgemeinen Koordinaten ausgedrückt werden kann. Man muß fragen: Sind nicht die Naturgesetze so beschaffen, daß sie durch die Wahl irgendwelcher besonderer Koordinaten keine wesentliche Vereinfachung erfahren? Daß unser Erfahrungssatz von der Gleichheit der trägen und schweren Masse es nahelegt, auf diese Frage mit ja zu antworten, sei nur beiläufig erwähnt. Erhebt man die Äquivalenz aller Koordinatensysteme für die Formulierung der Naturgesetze zum Prinzip, so gelangt man zur allgemeinen Relativitätstheorie, wenn man am Satz der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit bzw. an der Hypothese von der objektiven Bedeutung der euklidischen Metrik wenigstens für unendlich kleine Teile des vierdimensionalen Raumes festhält. Dies bedeutet, daß für endliche Gebiete des Raumes die (physikalisch sinnvolle) Existenz einer allgemeinen Riemannschen Metrik vorausgesetzt wird gemäß der Formel ds2 g dx dx wobei die Summation über alle Indexkombinationen von 11 bis 44 zu erstrecken ist. Die Struktur eines solchen Raumes unterscheidet sich in einer Beziehung ganz prinzipiell von der eines euklidischen Raumes. Es sind nämlich die Koeffizienten g , einstweilen beliebige Funktionen der Koordinaten x1 bis x4 und die Struktur des Raumes ist erst dann wirklich bestimmt, wenn diese Funktionen g , wirklich bekannt sind. Man kann auch sagen: Die Struktur eines solchen Raumes ist an sich völlig unbestimmt. Näher bestimmt wird sie erst dadurch, dass das metrische Feld zugleich das Gravitationsfeld sei. Da das Gravitationsfeld durch die Konfiguration von Massen bestimmt ist und mit diesem wechselt, so ist auch die geometrische Struktur dieses Raumes von physikalischen Faktoren abhängig. Der Raum ist also gemäss dieser Theorie - genau wie es Riemann geahnt hatte – kein absoluter mehr, sondern seine Struktur hängt von physikalischen Einflüssen ab. Die (physikalische) Geometrie ist keine isolierte, in sich geschlossene Wissenschaft mehr wie die Geometrie Euklids. Das Problem der Gravitation war so auf ein mathematisches Problem reduziert: Es sollen die einfachsten Bedingungsgleichungen gesucht werden, die VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 9 Die Idee "Feld" beliebigen Koordinatentransformationen gegenüber kovariant sind. Dies ist ein wohlumgrenztes Problem, das sich wenigstens lösen liess. Über die Bestätigung dieser Theorie durch die Erfahrung will ich hier nicht reden, sondern sogleich dartun, warum sich die Theorie mit diesem Erfolg nicht endgültig zufriedengeben konnte. Die Gravitation war zwar auf die Raumstruktur zurückgeführt, aber es gibt doch neben dem Gravitationsfeld auch noch das elektromagnetische Feld. Dieses muss zunächst als ein von der Gravitation unabhängiges Gebilde in die Theorie eingeführt werden. In die Bedingungsgleichung für das Feld mussten additiv Glieder aufgenommen, die der Existenz des elektromagnetischen Feldes gerecht wurden.. Es war aber für den theoretischen Geist unerträglich, dass es zwei voneinander unabhängige Strukturen des Raumes gäbe, nämlich die metrischgravitationelle und die elektromagnetische. Es drängt sich die Überzeugung auf, dass beide Feldarten einer einheitlichen Struktur des Raumes entsprechen müsste 5. Einheit in der Vielfalt Auch wenn ich Gefahr laufe, bei Ihnen einen esoterischen Nachgeschmack zu hinterlassen, will ich doch von Feldern sprechen, welche am Rand der Wissenschaft aufscheinen. Ich will dies anhand eines Artikels tun, den ich in einem Buch gefunden habe, welches vor ganz Kurzem erschienen ist: Einheit in der Vielfalt Moderne Wissenschaft und östliche Weisheit im Dialog Der Artikel stammt von Rupert Sheldrake, demjenigen der die Existenz von morphogenetischen Feldern postuliert hat. Ich nehme sein Beispiel der Schneeflocke, um den Grundgedanken klar zu machen. Es ist faszinierend, dass jede Schneeflocke von jeder anderen verschieden ist. Dies könnte man dem Zufall zuschreiben – aber dass eine Flocke in sich fast vollkommen symmetrisch und ihre Arme gleich sind, das lässt sich gemäss Sheldrake "nur" durch ein übergeordnetes Organisationsprinzip verstehen, sodass jeder der Arme mit den anderen in Beziehung steht. Wie, das ist ein Rätsel und so kommt Sheldrake dazu, Felder zu postulieren, welche diese Organisation leiten. Dies ist nach ihm auch und vor allem bei Lebensstrukturen der Fall, wobei hier noch dazu kommt, dass im Fliessen der Evolution jedes Lebewesen seinen Beitrag an ein kollektives Gedächtnis leistet, dem es auch die Anleitung zu seiner Werdung entnommen hat. Die klassische Wissenschaft lehnt ein Gedächtnis im Universum ab, weil sie einem mechanistischen Credo folgt, bei dem Gesetze die Formung von Strukturen bewirken und nicht ein organisches Gedächtnis. Diese organische Weltsicht ist also weitgehend verloren gegangen. Für Newton war der gravitationserfüllte Raum etwas Organisches, von Gott erfülltes – denn sonst konnte er sich die Fernwirkung der toten Materie nicht erklären. Auch Faraday und Gilbert dachten organisch, wenn sie sich elektrische und magnetische Erscheinungen vorstellten. Morphogenetische Felder sollten, platonisch gesehen, durch mathematische Gesetze beschrieben werden können – was aber nicht sein kann, weil sie ja evolutionären Charakter haben. Die in allen Zellen gleich vorhandene DNS erklärt das Wachsen und dessen polaren Charakter nicht. Das DNS-Denken ist Ausdruck VHS-KURS Ideengeschichte der Physik 21.Juni 05 10 Die Idee "Feld" eines mechanistischen Weltbildes. Auch die Psychologie z.B. ist in einem materialistischen Modell der Welt verwurzelt und wir werden als Subjekte auf unser Gehirn reduziert. Der Geist ist aber viel weiträumiger als unser Gehirn – dies wird auch durch entsprechende Experimente belegt. Wir wissen nicht, wie der Embryo wächst und sich differenziert – so ist es erlaubt, eine neue Art von Feldern zu postulieren, welche dieses Werden anleiten. Der Begriff des Feldes ist also sehr praktisch – ob er aber wirklich etwas klärt, erklärt, aufklärt? Ob er nicht nur ein Wort, fast eine Floskel ist, welche auf das Nichtverstehbare gelegt wird, das kann diskutiert werden. (...)