Ethik im Fundraising Nicht jede Fundraisingmethode ist ethisch, nicht alles was ethisch geboten ist, generiert Spenden. Aktionsraum des Fundraisings Lothar Schulz Ethik Ethik des des FundFundrairaisings sings ejw 13.10.08 Wirtschaftsethische Vernunft 1 Ethik im Fundraising In Kürze: -Theologischer Befund -Philosophischer Befund -Soziologischer Befund -Ethik im Alltag des Fundraisers -Rolle des Vorstandes/Kuratoriums etc. -Rolle des Fundraiser Lothar Schulz ejw 13.10.08 2 Was sagt die Bibel zum Thema Ethik? 1. Die Bibel kennt keine systematische Ethik. Das Alte Testament gibt Christen einen Wert mit auf den Lebensweg, der im Neuen Testament von Jesus bestätigt wird: Liebe Deinen Nächsten, denn er ist wie du. (Übersetzung von Martin Buber) 2. Dieses Thema nimmt Markus auf (Mark.12/28): Wer ist mein Nächster? Es folgt die Geschichte vom Barmherzigen Samariter. 3. Die Bibel beschreibt einen Ethos für bestimmte Lebenssituationen: die zehn Gebote. Lothar Schulz ejw 13.10.08 3 Was sagt die Bibel zum Thema Ethik? 4. Die Bergpredigt wird häufig als eine ethische Anweisung gesehen, was sehr problematisch ist. Weder bei Markus noch bei Johannes ist sie zu finden, verschiedene Aussagen widersprechen sich. 5. Ethisches Verhalten bei Paulus: 1. Kor. 13,13 : Glaube, Liebe, Hoffnung Philipper 4,5 : Eure Lindigkeit lasset kund sein allen Menschen Jacobus 2,26 : Der Glaube ohne Werke ist tot Lothar Schulz ejw 13.10.08 4 Philosophisches (praxisbezogenes)Kurzseminar (1) Ethik (griech: ethos: Sitte, Gewohnheit, Stall) Moral ( lat.: mores: Sitte, Wert) Ethos ist die Reflexion auf die Handlungsanweisung Moral. Aristoteles ( 400 v. Chr.): „Das was man soll und das was man tut, sind nur schwer in Übereinstimmung zu bringen“, Apostel Paulus: Das Gute, was ich gerne tun möchte, tue ich nicht, sondern das Böse. Wenn die Moral heißt, es muss sich rechnen, wenn die Moral besagt, dass den Geschickten, Qualifizierten und Smarten die Welt gehört, wie muss dann die Ethik des Fundraisers aussehen? Lothar Schulz ejw 13.10.08 5 Philosophisches Kurzseminar (2) Teleologische Ethik (griechisch: telos): Endpunkt, letztes Ziel, Grenze, Vollkommenheit, Erfolg, höchstes Ziel) Begründer: Aristoteles (384-322): Alle Handlungen sind gut, die das Leben gelingen lassen. Hedonistische Ethik (griechisch: hedonee): In sich selbst verliebt sein. Begründer Epikur (341-271): Gut ist eine Handlung, wenn sie Menschen ins Wohlbefinden führt (möglichst durch Askese). Deontologische Ethik ( griechisch: deon): Pflicht, Schuldigkeit, das Erforderliche, wie es sich geziemt. Begründer Kant (1724-1804): Handele nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. Utilitaristische Ethik (lateinisch: utilitas): Nutzen, Vorteil verschaffen, tauglich sein für etwas. Begründer: John Stuart Mill (1806-1873): Der Zweck heiligt die Mittel. Folgen einer Handlung sollten überwiegend gut sein. Lothar Schulz ejw 13.10.08 6 Die Akteure im zwischenmenschlichen, höchst dynamischen, Interaktionsprozess Ziele der Organisation ethisch/unethisch Klienten, „Kunden“, „Betreute“ Zielgruppe emotional „kuschelig“/abstossend Management der Organisation, Nutzer Ethisch „sauber“/ „undurchsichtig“, Qualifikationsbedarf Ethisch/unethisch, ehrliche Ansprache Stifter/SpenderIn, Mitglieder Lothar Schulz ejw 13.10.08 7 Spender/Stifter Spendenorganisation Interne Faktoren Prozess Ergebnis Bedürfnisweckung Bedürfnisbefriedigung Lösung von Konflikten Menschen Bedürfnisweckung Bedürfnisbefriedigung Lösung von Konflikten Lothar Schulz Menschen Externe Faktoren ejw 13.10.08 8 Spender/Spenderin/Stifter (Mit-)Produzent Konsument Durch diese Doppelrolle (Mimesis-Verschmelzung) gewinnen folgende Merkmale bei der Spenden einsammelnden Organisation erhebliche Bedeutung: -Vertrauenswürdigkeit -Authentizität im Verhalten -Einfühlungsvermögen -Fähigkeit zuzuhören Lothar Schulz ejw 13.10.08 9 Bedürfnisweckung -Anerkennung -Gut sein -Liebe geben (Kindchen Schema) -sinnvolles Tun -frei entscheiden können -wertvolles Mitglied der Gesellschaft -soziales Prestige/Werte setzen Bedürfnisbefriedigung -Vertrauen -Abbau von Zweifel (cognitive Dissonanz) -öffentliche Anerkennung -Erfolgserlebnisse -Glaubwürdigkeit -Information Lothar Schulz ejw 13.10.08 Konflikte lösen -Appetenz-Appetenz Konflikt (Wem helfe ich) -Reaktanz-Abbau (Wie gehe ich mit projizierten Vorurteilen um) -Angst nehmen (Appetenz-Aversion Konflikte lösen) -wie werden die finanziellen Mittel verwaltet 10 Ethik im Alltag des Fundraisers 1. Berufliche Verpflichtungen. Loyalität, Professionalität, Glaubwürdigkeit, Kompetenzen, Gesetzestreue, keine Beziehungen persönlich ausnutzen. 2. Spendenakquisition und Verwaltung. Sparsame Verwaltung, Zweckbindung beachten, Vision und Mission spiegeln sich wider in den Projekten, genaue steuerliche Informationen Verwendungsnachweise führen. 3. Fundraising-Kommunikation. Datensicherheit, keine vertraulichen Informationen an die Wettbewerber, Buchhaltung in Vier-Sparten-Rechnung. 4. Vergütung des Fundraisers. Keine Erfolgshonorare, Bonus ja. 5. Bill of Rights für Spender. Gläserne Taschen, Publizitätspflicht. 6. Wie werden Spendengelder angelegt? Keine spekulativen Geschäfte, Pflichten eines ehrbaren Kaufmanns. Lothar Schulz ejw 13.10.08 11 ....wenn es notwendig ist, ist es ethisch, ....wenn es legal ist, ist es erlaubt, ....ich mache es doch nur für die Einrichtung, ....es hat doch niemanden weh getan, ....es kann gar nicht falsch sein, jeder tut es, ....es ist schon in Ordnung, persönlich habe ich nichts davon, ....meine Urteilsfähigkeit wird dadurch nicht beeinflusst, ich werde weiterhin objektiv sein können. Lothar Schulz ejw 13.10.08 12 Ethische „Fallgruben“ Der Lebenshintergrund des Spenders und die Werte der Einrichtung passen nicht zueinander. Fragwürdige Verwendung des gespendeten Geldes. Quid pro quo: Für Spende wird Gegenleistung erwartet. Habgier auf Kosten des Spenders. Persönliche Vorteile für den Fundraiser. Fragwürdige Methoden, um an Informationen über Spender zu kommen. Lothar Schulz ejw 13.10.08 13 Bei problematischen Entscheidungen: Folgen Sie dieser Strategie (1): 1. Definieren Sie Ihr Problem: Worüber muss entschieden werden? 2. Formulieren Sie Alternativen: Bewerten Sie diese Alternativen. 3. Untersuchen Sie jede vernünftige Alternative: Gibt es Wertekonflikte? 4. Werten Sie Ihre verfügbaren Informationen aus: Wer wird von Ihrer Entscheidung betroffen sein, unterscheiden Sie zwischen Tatsachen, Spekulationen, Wünschen, ideologischem Beton, Vorurteilen; klären Sie Widersprüche, bewerten Sie Informationsquellen und Konsequenzen. Lothar Schulz ejw 13.10.08 14 Bei problematischen Entscheidungen: Folgen Sie dieser Strategie (2): 5. Vergleichen Sie Kosten und Gewinn: Vielfach werden Risiken verniedlicht (ist doch für eine gute Sache) und der langfristige Schaden unterschätzt; eine „unethische“ Entscheidung bringt gewöhnlich unmittelbare Vorteile, kann aber langfristig sehr teuer kommen. 6. Entscheiden Sie nach bestem Wissen und Gewissen. Machen Sie den 20 Uhr – Nachrichten-Test. Achten Sie auf vier Faktoren, die ethische Entscheidungen beeinflussen: Verführbarkeit (unterschätzen Sie nie den Einfluss von Macht, Sex, und Geld) Rechthaberei, Selbstbetrug, Selbstschutz. 7. Verwirklichen Sie Ihre Entscheidung in geplanten Schritten. 8. Beobachten Sie aufmerksam, welche Konsequenzen Ihre Entscheidung nach sich zieht, seien Sie offen für Veränderungen. Lothar Schulz ejw 13.10.08 15 Ethik für Fundraiser Ratschläge von Marion Gräfin Dönhoff. 1. Noch so hehre menschliche Ziele rechtfertigen nicht jedes Mittel. 2. Der menschliche Anstand ist wichtiger, als die Reinheit irgend einer Lehre. 3. Ungehemmte Selbstverwirklichungen in einer egoistischen Raffgesellschaft darf nicht oberster Zweck des Lebens sein. 4. Vage Visionen sind kein Ersatz für konkretes Wollen. 5. Wer das Bewahrenswerte erhalten will, muss das Veränderungsbedürftige und das Veränderungswürdige herausfinden. Lothar Schulz ejw 13.10.08 16 Kernpunkte der Selbstverpflichtung der Mitglieder des Deutschen Spendenrates Wir werden alles unterlassen, was die Würde der Menschen herabsetzt. Wir unterlassen Werbung, die gegen die guten Sitten und anständigen Gepflogenheiten verstößt. Wir werden unsere Werbemaßnahmen so gestalten, dass aus diesen weder eine Belästigung oder Nötigung entsteht noch die freie Entscheidung zur Spende oder Mitgliedschaft beeinträchtigt wird. Wir verwenden die uns anvertrauten Spenden sparsam und unter strikter Beachtung der Zweckbindung. Wir verpflichten uns zur ordnungsgemäßen Buchführung und Berichterstattung. Lothar Schulz ejw 13.10.08 17 Was würde Mutter sagen? Was würden meine Nachbarn sagen? Wie würde der SPIEGEL das kommentieren? Wie würde BILD darüber berichten? Wie würde sich das in den ARD 20 Uhr Nachrichten anhören? Was würde Emmanuel Kant dazu sagen? (Kategorischer Imperativ) Lothar Schulz ejw 13.10.08 18