1 Noncompaction Kardiomyopathie / Links-Ventrikuläre Non-Compaction Kardiomyopathie (MIM ID 604169, 609470, 605906, 613424, 613426, 601494, 615092, 615373, 611878, 615396) Allgemeines Bei der Non-Compaction Kardiomyopathie oder Links-Ventrikuläre Non-Compaction Kardiomyopathie (LVNC) handelt es sich um eine Erkrankung, welche bei der typischer Weise die linke Herzkammer unter Aussparung der Kammerscheidewand eine vermehrte Trabekularisierung bei verminderter Dicke der kompakten Herzwand zeigt. Etwa 44 Prozent der Patienten weisen eine Häufung in der Familie auf. Es können isolierte, aber auch mit angeborenen Herzfehlern kombinierte Formen auftreten. Die Ratio von nicht-kompaktem zu kompaktem Myokard beträgt mindestens 2:1. Zu den von den LVNC betroffen Herzregionen zähen überwiegend die Herzspitzenregion sowie die Seitenwand. Hierbei kann die linke Herzkammer normalgroß, verkleinert oder auch vergrößert sein. Die systolische Funktion der linken Herzkammer ist normal oder erniedrigt, allerdings oft mit regionaler Betonung der besonders trabekularisierten Wandabschnitte. Krankheitsbild/Indikation Zu den Symptome in fortgeschrittenen Fällen zählen Luftnot bei Belastung, aber auch in Ruhe, sowie meist belastungsunabhängige Brustschmerzen, Bewusstlosigkeiten, Schwindel sowie Herzstolpern. Des Weiteren besteht eine Neigung zu Thrombenembolien sowie ein erhöhtes Risiko des plötzlichen Herztodes. Klassisch wird die Herzschwäche der LVNC medikamentös behandelt. Ergänzt werden kann dies durch die Versorgung mit automatischen Defibrillatoren, biventrikulären Stimulationssystemen (CRT) sowie so genannten Assist Devices, mechanischen Herzunterstützungssystemen. Genetik Die Erkrankung folgt einem autosomal-dominanten Erbgang. Betroffen können folgende Gene sein. DTNA (601239) ist auf 18q12.1 lokalisiert und kodiert für das Protein Dystrobrevin, Alpha. Es bindet an Dystrophin in den Costameren von Skelettmuskel. Hierdurch wird das Cytoskelett der Muskelfaser mit der extrazellulären Matrix durch die Zellmembran verbunden um die Stabilität zu erhöhen. Das Gen besteht aus 22 Exons. Das Gen LDB3 (605906) kodiert für das Protein Lim Domain-Binding 3 und ist auf 10q22.2q23.3 lokalisiert. Das Protein besitzt eine so genannte PDZ Domäne. Proteine mit dieser Domäne interagieren miteinander während der Zytoskelett Ausbildung oder mit anderen Proteinen, die in der Vernetzung von Membranproteinen eine Rolle spielen. Das Gen besteht aus 13 Exons. ACTC1 (102540) ist auf 15q14 lokalisiert und kodiert für das Protein Actin, Alpha, Cardiac Muscle 1. Actin wird in Muskelgewebe gefunden und macht einen Großteil der Proteine aus, die für die kontraktilen Elemente verantwortlich sind. Das Gen besteht aus 7 Exons. Das Gen MYH7 (160760) kodiert für das Protein Myosin, Heavy Chain 7, Cardiac Muscle, Beta und ist auf 14q12 lokalisiert. Das Gen besteht aus 40 Exons. Das Gen TNNT2 (191045) kodiert für das Protein Troponin T2, Cardiac und ist auf 1q32 lokalisiert. Das Protein befindet sich in den dünnen Filamenten der quergestreiften Muskulatur und reguliert die Muskelkontraktion durch Veränderung der intrazellulären Kalziumkonzentration. Das Gen besteht aus 16 Exons. Das Gen MIB1 (608677) kodiert für das Protein Mindbomb, Drosophila, Homolog Of, 1 und ist auf 18q11 lokalisiert. Das Protein ist in der Regulation der Apoptose beteiligt. Das Gen besteht aus 21 Exons. 2013 INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE GENETIK UND MOLEKULARE MEDIZIN – MOLEKULARGENETISCHE DIAGNOSTIK DRES. A. & H. JUNG – PAUL-SCHALLÜCK-STR. 8 – D-50939 KÖLN 2 PRDM16 (605557) ist auf 1p36 lokalisiert und kodiert für das Protein PR Domain-Containing Protein 16. Es fungiert als Transkriptions-Co-Regulator und reguliert die Entwicklung der braunen Adipozyten im braunen Fettgewebe. Das Gen besteht aus 17 Exons. Das Gen TPM1 (191010) kodiert für das Protein Tropomyosin 1 und ist auf 15q22 lokalisiert. Es gehört zur Gruppe der Aktin-bindenden Proteine und ist an der Ausbildung des kontraktilen Systems in glatter und gestreifter Muskulatur beteiligt sowie im Zytosklett von nicht-Muskelzellen. Das Gen besteht aus 9 Exons. MYBPC3 (600958) ist auf 11p11 lokalisiert und kodiert für das Protein Myosin-Binding Protein C, Cardiac. Das Protein ist Myosin-assoziiert und ist in Regionen der A Banden in quergestreifter Muskulatur zu finden. Das Gen besteht aus 15 Exons. Eine Übersicht aller möglichen betroffenen Gene ist in Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: Mögliche betroffene Gene bei der LVNC LVNC Typ 1 Typ 2* MIM 604169 609470 Gen DTNA MIM 601239 Locus 18q12.1 11p15 Exons 22 Typ 3 605906 LDB3 605906 10q22.2-q23.3 13 Typ 4 613424 ACTC1 102540 15q14 7 Typ 5 613426 MYH7 160760 14q12 40 Typ 6 601494 TNNT2 191045 1q32 16 Typ 7 615092 MIB1 608677 18q11 21 Typ 8 615373 PRDM16 605557 1p36 17 Typ 9 611878 TPM1 191010 15q22 9 Typ 10 615396 MYBPC3 600958 11p11 35 * zum jetzigen Zeitpunkt noch keine ursächlichen Gene identifiziert Diagnostik Aus Lymphozyten das peripheren Blutes wird zunächst die genomische DNA isoliert. Anschließend wird die DNA mittels Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) amplifiziert und es werden alle Exons der Gene DTNA, LDB3, ACTC1, MYH7, TNNT2, MIB1, PRDM16, TPM1 und MYBPC3 inklusive der Intron/Exonspleißregionen sequenziert und hinsichtlich Mutationen analysiert. Darüber hinaus wird mittels MLPA (multiplex ligation-dependent probe amplification) eine Deletions- bzw. Duplikationssuche in den Genen MYH7 und MYBPC3 durchgeführt. Untersuchungsmaterial 2-4 ml EDTA-Blut Dauer der Untersuchung je Stufe 2-6 Wochen Literatur Texte in Anlehnung an: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/GeneTests/review?db=GeneTests GeneTests™ http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1116 GeneReviews™ 2013 INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE GENETIK UND MOLEKULARE MEDIZIN – MOLEKULARGENETISCHE DIAGNOSTIK DRES. A. & H. JUNG – PAUL-SCHALLÜCK-STR. 8 – D-50939 KÖLN 3 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed PubMed http://www.ncbi.nlm.nih.gov/omim Online Mendelian Inheritance in Man® (OMIM®) http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/index.php?lng=EN orphan.net (The portal for rare diseases and orphan drugs) Stollberger, C., Finsterer, J., Blazek, G. Left ventricular hypertrabeculation/noncompaction and association with additional cardiac abnormalities and neuromuscular disorders. Am. J. Cardiol. 90: 899902, 2002. Maron, B. J., Towbin, J. A., Thiene, G., Antzelevitch, C., Corrado, D., Arnett, D., Moss, A. J., Seidman, C. E., Young, J. B. Contemporary definitions and classification of the cardiomyopathies: an American Heart Association scientific statement from the Council on Clinical Cardiology, Heart Failure and Transplantation Committee; Quality of Care and Outcomes Research and Functional Genomics and Translational Biology Interdisciplinary Working Groups; and Council on Epidemiology and Prevention. Circulation 113: 1807-1816, 2006. Monserrat, L., Hermida-Prieto, M., Fernandez, X., Rodriguez, I., Dumont, C., Cazon, L., Cuesta, M. G., Gonzalez-Juanatey, C., Peteiro, J., Alvarez, N., Penas-Lado, M., Castro-Beiras, A. Mutation in the alpha-cardiac actin gene associated with apical hypertrophic cardiomyopathy, left ventricular noncompaction, and septal defects. Europ. Heart J. 28: 1953-1961, 2007. Ichida, F. Left ventricular noncompaction. Circ. J. 73: 19-26, 2009. 2013 INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE GENETIK UND MOLEKULARE MEDIZIN – MOLEKULARGENETISCHE DIAGNOSTIK DRES. A. & H. JUNG – PAUL-SCHALLÜCK-STR. 8 – D-50939 KÖLN