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Vorhofflimmern, familiäres
(MIM ID 608583, 608988, 607554, 611493, 611494, 612201, 612240, 613055, 613980, 614022,
614049, 614050, 615377, 615378)
Allgemeines
Das Auftreten von Vorhofflimmern kann paroxysmal, permanent sowie persistierend sein und
ist gekennzeichnet durch eine Vorhofschlagfrequenz zwischen 400 und 600 Schlägen pro
Minute mit meist unregelmäßiger Überleitung im AV-Knoten. Hierdurch kank eine absolute
Kammerarrhythmie mit Frequenzen zwischen 100 und 150/min, in Einzelfällen auch höher,
erreicht werden. Hierbei hängt die Kammerfrequenz von der AV- Überleitung ab und kann
bei manchen Patienten auch regelmäßig sein. Im EKG lässt sich Vorhofflimmern anhand
fehlender P-Wellen nachweisen.
Vorhofflimmern ist die häufigste Rhythmusstörung in Deutschland und betrifft etwa 0,5% der
erwachsenen Bevölkerung sowie bis zu 10% der über 70 jährigen.
Krankheitsbild/Indikation
Die Symptome des Vorhofflimmerns können sehr vielfältig sein und reichen von Schwitzen
über Atemnot bis hin zu Herzrasen. Zu Beginn der Erkrankung äußert sich das
Vorhofflimmern zumeist anfallsartig. Dies wird auch als „paroxysmal“ bezeichnet. Diese
ersten Warnzeichen können dann im weiteren Verlauf der Erkrankung zunehmend stärker
werden. In Folge dessen können dann die akuten Anfälle der Herzrhythmusstörung häufiger
auftreten sowie länger andauern. Die Episoden von Vorhofflimmern werden vo den
betroffenen Patienten insbesondere in Ruhephasen oder nach Stresssituationen intensiver
wahrgenommen. Kann das Flimmern der Vorhöfe über ein Jahr festgestellt werden, so wird
die Erkrankung als „permanent“ bezeichnet.
Durch die ungleichmäßige Pumpleistung resultiert ein ungleichmäßiger Blutflusses in den
Vorhöfen wodurch die Gefahr besteht, dass das Blut verklumpt und sich Blutgerinnsel bilden
können. Werden diese Thromben losgelöst und mit dem Blutstrom ins Gehirn transportiert,
so besteht das Risiko, dass dort eine Arterie verstopfen wird und es so zu einen Schlaganfall
kommt.
Genetik
Die Erkrankung folgt einem autosomal-dominanten Erbgang. Zu den möglichen betroffenen
Gene gehören:
Das Gen KCNQ1 (607542) kodiert für den Ionen-Kanal Potassium Channel, Voltage-Gated,
KQT-Like Subfamily, Member 1 und ist auf 11p15.5-p15.4 lokalisiert. Hierbei handelt es sich
um einen spannungsabhängigen kardialen Kalium-Kanal bei dem Mutationen zu einer
Veränderung der elektrischen Eigenschaften der Herzzellen führen. Das Gen besteht aus 16
Exons.
Das Gen KCNE2 (603796) kodiert für einen Kanal mit der Bezeichnung Potassium Channel,
Voltage-Gated, ISK-Related Subfamily, Member 2 und ist auf 21q22.11 lokalisiert. Das Gen
besteht aus 8 Exons.
NPPA (108780) ist auf 1p36-p35 lokalisiert und kodiert für das Protein Natriuretic Peptide
Precursor A. Es wird bei erhöhtem Druck sowie Überdehnung der Herzvorhofwand
ausgeschüttet. Durch die Freisetzung wird vermehrt Wasser über die Nieren ausgeschieden
wobei es im Zuge dessen zur Natriumausscheidung kommt. Somit hast das Protein eine
Blutdruck regulierende, insbesondere senkende, Wirkung. Das Gen besteht aus 3 Exons.
Das Gen KCNA5 (176267) kodiert für einen Kalium Kanal mit der Bezeichnung Potassium
Channel, Voltage-Gated, Shaker-Related Subfamily, Member 5 und ist auf 12p13.32 lokalisiert. Es
ist ein Schlüssenprotein in der Funktion der pulmonaren Gefäße, da es an der Regulation
des Membranpotentials beteiligt ist sowie der pulmonaren Vasokonstriktion unter
hypoxischen Bedingungen. Das Gen besteht aus 1 Exons.
 2013 INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE GENETIK UND MOLEKULARE MEDIZIN – MOLEKULARGENETISCHE DIAGNOSTIK
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KCNJ2 (600681) ist auf 17q24.3 lokalisiert und kodiert für den Kalium Kanal Potassium
Channel, Inwardly Rectifying, Subfamily J, Member 2. Der Kanal spielt eine wichtige Rolle in der
Signalkette während der Entwicklung sowie später in der Kontrolle der Zell-Erregbarkeit von
Skelett- und Herzmuskel. Das Gen besteht aus 2 Exons.
SCN5A (600163) ist auf 3p22.2 lokalisiert und kodiert für eine Untereinheit eines Natrium
Ionen-Kanals mit der Bezeichnung Sodium Channel, Voltage-Gated, Type V, Alpha Subunit.
Das Protein ist hauptsächlich in Herzmuskelzellen zu finden. Es liegt eine autosomalrezessive Vererbung mit compound heterozygous Mutationen zu Grunde. Das Gen besteht
aus 28 Exons.
Das Gen GJA5 (121013) kodiert für das Protein GAP Junction Protein, Alpha-5 und ist auf
1q21.1 lokalisiert. Durch die Ausbildung von GAP Junctions in der Zellmembran ist es
möglich eine Diffusion von niedermolekularen Molekülen, wie z.B. Ionen, zu erzielen. Das
Gen besteht aus 2 Exons.
ABCC9 (601439) ist auf 12p12.1 lokalisiert und kodiert für Protein ATP-Binding Cassette,
Subfamily C, Member 9. Es ist an dem transmembran Transport von ATP in Herz- sowie
Skelettmuskulatur beteiligt. Das Gen besteht aus 38 Exons.
Das Gen SCN1B (600235) kodiert für eine Untereinheit des Natrium Kanals Sodium Channel,
Voltage-Gated, Type I, Beta Subunit und ist auf 19q13 lokalisiert. Der Kanal ist essentiell für die
Weiterleitung von Aktionspotentialen in quergestreifter Muskulatur und neuronalem Gewebe.
Das Gen besteht aus 6 Exons.
Das Gen SCN2B (601327) kodiert für eine Untereinheit des Natrium Kanals Sodium Channel,
Voltage-Gated, Type II, Beta Subunit und ist auf 11q23 lokalisiert. Das Gen besteht aus 4
Exons.
Tabelle 1: Mögliche betroffene Gene beim ATFB
ATFB
Typ 1*
MIM
608583
Gen
MIM
Locus
10q22-q24
Exons
Typ 2*
608988
Typ 3
Typ 4
Typ 5*
607554
611493
611494
KCNQ1
KCNE2
607542 11p15.5-p15.4
603796
21q22.11
4q25
16
2
Typ 6
Typ 7
Typ 8*
612201
612240
613055
NPPA
KCNA5
108780
176267
1p36-p35
12p13.32
16q22
3
1
Typ 9
Typ 10
Typ 11
Typ 12
Typ 13
Typ 14
613980
614022
614049
614050
615377
615378
KCNJ2
SCN5A
GJA5
ABCC9
SCN1B
SCN2B
600681
600163
121013
601439
600235
601327
17q24.3
3p22.2
1q21.1
12p12.1
19q13
11q23
2
28
2
38
6
4
6q
* bisher kein ursächliches Gen identifiziert
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Diagnostik
Aus Lymphozyten das peripheren Blutes wird zunächst die genomische DNA isoliert.
Anschließend wird die DNA mittels Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) amplifiziert und es
werden alle Exons der Gene KCNQ1, KCNE2, NPPA, KCNA5, KCNJ2, SCN5A, GJA5,
ABCC9, SCN1B und SCN2B inklusive der Intron/Exonspleißregionen sequenziert und
hinsichtlich Mutationen analysiert. Darüber hinaus wird mittels MLPA (multiplex ligationdependent probe amplification) eine Deletions- bzw. Duplikationssuche in den Genen KCNQ1,
KCNE2, KCNJ2 und SCN5A durchgeführt.
Untersuchungsmaterial
2-4 ml EDTA-Blut
Dauer der Untersuchung
je Gen 2-5 Wochen
Literatur
Texte in Anlehnung an:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/GeneTests/review?db=GeneTests GeneTests™
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1116 GeneReviews™
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed PubMed
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/omim Online Mendelian Inheritance in Man® (OMIM®)
http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/index.php?lng=EN orphan.net (The portal for rare diseases and
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Brugada, R., Tapscott, T., Czernuszewicz, G. Z., Marian, A. J., Iglesias, A., Mont, L., Brugada, J.,
Girona, J., Domingo, A., Bachinski, L. L., Roberts, R. Identification of a genetic locus for familial atrial
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Ellinor, P. T., Lunetta, K. L., Glazer, N. L., Pfeufer, A., Alonso, A., Chung, M. K., Sinner, M. F., de
Bakker, P. I. W., Mueller, M., Lubitz, S. A., Fox, E., Darbar, D., and 50 others. Common variants in
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