Weitere - Auswege

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Neuer Wirkmechanismus für
Medikamente gegen
Angsterkrankungen identifiziert
Die angstlösende Substanz macht weder müde noch zeigt sie ein
Abhängigkeitspotential
Bericht: Max-Planck-Gesellschaft
J
eder siebte Bundesbürger entwickelt im Laufe seines Lebens eine Angsterkrankung, die therapiert werden muss. Gängige angstlösende Medikamente (Anxiolytika) basieren auf der
Wirkstoffklasse der Benzodiazepine. Diese beruhigen die Patienten und verringern rasch die
Angstgefühle. Unerwünschte Nebenwirkungen, wie Müdigkeit,
Medikamententoleranz
und
Entzugsprobleme
machen eine langfristige Einnahme jedoch problematisch. Wissenschaftler um Rainer Rupprecht, Fellow am
Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie, konnten
nun erstmals den Nachweis erbringen, dass über einen
neuartigen Mechanismus auf der Grundlage von Neurosteroiden, welche sich vom Hormon Progesteron ableiten,
neue Anxiolytika entwickelt werden können. Ein solches
Medikament zeigte im Tierexperiment sowie in einer klinischen
Studie
deutlich
weniger
Nebenwirkungen.
(Science Express 18. Juni 2009)
Wenn Angstgefühle ein normales Maß übersteigen und
ohne erkennbaren Grund auftreten, kann eine Angsterkrankung vorliegen. Betroffene leiden meist erheblich im
privaten und beruflichen Leben. Neben Psychotherapie
Abb.:
Aufgrund der Bindung von XBD173 am
Translokatorprotein-18 in der mitochondrialen Membran wird die Aufnahme der
Neurosteroid-Vorstufe Cholesterol verstärkt und erhöhte Mengen an Neurosteroiden gebildet. Diese Neurosteroide verändern die Funktion eines Rezeptors an
der postsynaptischen Membran von Nervenzellen. Dies hemmt die Signalweiterleitung und führt auf Verhaltensebene zur
angstlösenden Wirkung.
Bild: Max-Planck-Institut für Psychiatrie
AUSWEGE – 25.6.2009
und Antidepressiva, welche erst nach längerer Zeit wirken, können Benzodiazepine meist kurzfristig und schnell
die Angst dämpfen. Bei längerer Einnahme treten jedoch
erhebliche
Nebenwirkungen
wie
Toleranzentwicklung,
Abhängigkeit und Entzugsprobleme auf.
Auf der Suche nach neuen Wirkmechanismen von Antidepressiva und Anxiolytika forschen Florian Holsboer und
Rainer Rupprecht vom Münchner Max-Planck-Institut für
Psychiatrie seit Jahren daran, wie Neurosteroide, die
Neuer Wirkmechanismus für Medikamente gegen Angsterkrankungen identifiziert
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neuronale Kommunikation im Gehirn beeinflussen. In Zusammenarbeit mit der Klinik für Psychiatrie
und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München und dem Pharmakonzern Novartis
in Basel, untersuchten sie nun die Wirkung einer neuen Substanzklasse. Die Substanz XBD173 beeinflusste dabei positiv die Synthese von körpereigenen Neurosteroiden und bewirkte so die Dämpfung neuronaler Kommunikation, wie die Wissenschaftler mithilfe von Gehirngewebe der Maus
nachweisen konnten. Auch auf der Verhaltensebene zeigte XBD173 im Tiermodell eine angstlösende Wirkung, ohne dass sedierende Effekte, wie sie vergleichsweise bei Benzodiazepinen auftraten,
beobachtet werden konnten. "Ich bin hoch erfreut, dass unsere bereits vor Jahren entwickelte Hypothese, durch Beeinflussung von körpereigenen Neurosteroiden angstlösende Wirkungen zu erzielen, heute ihre wissenschaftliche Bestätigung erfährt," sagt Florian Holsboer zu diesen neuesten
Befunden.
Um die Wirkung von XBD173 erstmals beim Menschen zu prüfen, konzipierten beteiligte Ärzte
eine klinische Studie, bei der 70 gesunde, freiwillige Versuchspersonen getestet wurden. Den Probanden wurde das das Neuropeptidfragment CCK-4 gespritzt, das für zwei bis fünf Minuten eine
kurze Angst- und Panikattacke auslöste. Erhielten die Probanden XBD173 war die Angst nicht mehr
entsprechend auslösbar. Auch das Benzodiazepin Alprazolam dämpfte die Angstgefühle. Hier berichteten die Versuchsteilnehmer jedoch - im Gegensatz zu XBD173 - über unerwünschte Müdigkeit
nach Einnahme und Entzugssymptome nach Absetzen des Präparats.
Die Forscher haben somit über die Stimulierung der Neurosteroidsynthese mittels des Translokator-Proteins 18 einen neuen Mechanismus zur Behandlung von Angsterkrankungen entdeckt, der
ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als Benzodiazepine aufweist. Darüber hinaus wurden die Rahmenbedingungen definiert, wie solche Studien auch an gesunden Versuchspersonen durchgeführt
werden können. "Der erfolgreiche Einsatz eines experimentell induzierbaren Angstmodells bei gesunden Probanden erleichtert zukünftig die Entwicklung neuartiger Anxiolytika, da Wirkstoffprüfungen in ihrer frühen Phase nicht unbedingt am Patienten durchgeführt werden müssen", sagt Rainer
Rupprecht. Dabei sei ihm bewusst, dass die Erkenntnisse, die an Gesunden gewonnen werden,
nicht 1:1 auf Patienten übertragen werden könnten. "Sie ersetzen nicht die nötigen Zulassungstests an Patientenkollektiven."
Barbara Abrell
Max-Planck-Gesellschaft
zur Förderung
der Wissenschaften e.V.
Referat für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
Quelle: http://www.mpg.de
Originalveröffentlichung:
Rainer Rupprecht, Gerhard Rammes, Daniela Eser, Thomas C. Baghai, Cornelius Schüle, Caroline Nothdurfter,
Thomas Troxler, Conrad Gentsch, Hans O. Kalkman, Frederique Chaperon, Veska Uzunov, Kevin H. McAllister,
Valerie Bertaina-Anglade, Christophe Drieu La Rochelle, Dietrich Tuerck, Annette Floesser, Beate Kiese, Michael
Schumacher, Rainer Landgraf, Florian Holsboer, Klaus Kucher
Translocator Protein (18 kDa) as Target for Anxiolytics Without Benzodiazepine-Like Side Effects
Science (2009), Online-Vorabpublikation Science Express 18. Juni 2009
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Barbara Meyer, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München
Tel.: +49 89 30622-616
Fax: +49 89 30622-348
E-Mail: [email protected]
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Neuer Wirkmechanismus für Medikamente gegen Angsterkrankungen identifiziert
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