Vorlesung 1

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Psychiatrie
Vor 1
Psychiatrie umfasst die Erforschung, Diagnostik und Therapie
psychischer Krankheiten des Menschen. Im Zusammenwirken
biologischer und psychosozialer Faktoren und deren
Auswirkungen auf das psychopathologische Erscheinungsbild
liegt das Wesen der Psychiatrie.
Psychologie: Lehre von den normalen seelischen Vorgängen
Psychopathologie: Sie beschäftigt sich mit der Beschreibung
abnormen Erlebens, Befindens und Verhaltens
Biologische Psychiatrie: Unter diesem Begriff werden
Forschungsansätze zusammengefasst, die sich biologischer
Methoden bedienen.
Sozialpsychiatrie: Epidemiologie und Soziologie seelischer
Krankheiten.
Psychosomatische Medizin: Lehre von körperlich in
Erscheinung tretenden Krankheiten, die seelisch bedingt oder
mitbedingt sind.
Epidemiologische Feldstudien
ermitteln die Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen in der
Allgemeinbevölkerung
Epidemiologische Untersuchungen bestimmter
Versorgungssituationen (z. B. Klientel von Ärzten der
Primärversorgung oder Allgemeinkrankenhäusern) zeigen die
große Versorgungsrelevanz psychischer Störungen. Etwa 30%
der Patienten von Allgemeinärzten haben eine psychische
Erkrankung. Besonders häufig sind dabei depressive
Erkrankungen, Angsterkrankungen sowie Alkoholismus.
Prävalenz psychischer Störungen bei „somatisch kranken"
Patienten während eines stationären Aufenthaltes im
Allgemeinkrankenhaus erhielten ca. 20-45 % aller Patienten
eine psychiatrische Diagnose
Auch aus ökonomischen Erwägungen ist eine bessere
Versorgung psychisch Kranker wichtig. So stehen z. B. die
Depressionen mit wenigen anderen körperlichen Erkrankungen
an der Spitze der gesundheitsbedingten ökonomischen
Belastungsfaktoren.
Besonderheiten der Psychiatrie
Die Tatsache, dass das Gespräch im Zentrum diagnostischer und
therapeutischer Maßnahmen steht, ist für einen in der somatischen
Medizin ausgebildeten Arzt von besonderer Bedeutung und Schwierigkeit.
Das Gespräch wird ergänzt durch die genaue Verhaltensbeobachtung.
Durch diese Beobachtung können wir eine Reihe von Symptomen, die
als Verhaltensauffälligkeiten in Erscheinung treten, erkennen.
Schwieriger ist es Symptome zu erkennen, die sich auf der
Erlebensebene abspielen. Gestik, Mimik und Bewegungsabläufe sagen
etwas über das Erleben aus.
Das Gespräch gibt die Möglichkeit, Informationen über das Erleben eines
anderen und über seine Motivation zu erhalten. Der Wahrheitsgehalt dieser
Informationen ist jedoch unsicher, ggf. bleibt nur die Orientierung an der
Indikatorfunktion der Sprache und des Verhaltens.
Gespräche und Verhalten werden durch die Persönlichkeit des
Untersuchers und die emotionale Interaktion zwischen Patient und
Untersucher mitgeprägt, so dass der Untersuchungsprozess in weit
stärkerem Maße subjektiven Beobachtungsfehlern ausgesetzt ist.
Das Problem der Stigmatisierung, unter dem besonders psychisch Kranke zu
leiden haben.
Vergangenheit und Gegenwart der Psychiatrie
Psychische Erkrankungen wurden schon in der griechisch-römischen Antike
beschrieben und analog zu den körperlichen Erkrankungen als eine Störung
im Gleichgewicht der Säfte erklärt, z. B. die Depression durch ein
Überwiegen der schwarzen Galle („Melancholie").
Im Mittelalter kam es auch zu inhumaner Verwahrung psychisch Kranker in
Gefängnissen oder Verfolgung durch die Inquisition. Im 17. und 18. Jh.
wurden psychisch Kranke zusammen mit Behinderten, Armen,
Landstreichern und Prostituierten als Asoziale in Zuchthäusern
untergebracht.
Im Zuge der Aufklärung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es
allmählich zu einer Humanisierung in der Behandlung (Abb. 1.7).
Die von Pinel (1745-1826) und seinem Schüler Esquirol (1772-1840)
begründete französische Psychiatrie-Tradition beinhaltete eine Form des
Umgangs mit den Kranken, die gekennzeichnet ist durch Zuwendung und
Milde. Allerdings umfasst diese Behandlung auch eine Reihe aus heutiger
Sicht barbarischer Behandlungsmethoden
Ähnliche, stark sozialpsychiatrisch orientierte Impulse gingen von der
englischen „Non-restraint"-Bewegung aus (z. B. Conolly 1794-1866).
Hippokrates
Galenus
The French Revolution and Pinel's Moral Treatment of the
Mentally Ill
Pinel
Esquirol
Griesinger
Die deutsche Psychiatrie des 19. Jahrhunderts war in zwei
Lager gespalten: Die „Psychiker" sahen Geisteskrankheiten als
Erkrankungen der körperlosen Seele an, während die
„Somatiker" naturwissenschaftlich argumentierten.
Griesinger (1810-1865) erklärte psychische Erkrankungen als
Erkrankungen des Gehirns und erkannte gleichzeitig die
Notwendigkeit sozialpsychiatrischer Behandlungsaspekte
Kraepelin (1856-1926) begründete eine Systematik
psychischer Erkrankungen auf der Basis der Beobachtung
des Gesamtverlaufs. Er unterschied exogene und endogene
Psychosen und beschrieb die „Dementia praecox". Eine
Vereinheitlichung der psychiatrischen Krankheitslehre erfolgte
vor 20 Jahren mit dem psychiatrischen Teil der „ICD".
Die deskriptive phänomenologische Psychiatrie, z. B. durch
Jaspers (1883-1969) und Schneider (1887-1967), bemühte
sich um eine intensive Systematisierung der Psychopathologie.
Kreapelin
Bleuler
Kretschmer
Charcot
Janet
Charcot 1825-1893
Freud (1856-1936) entwickelte mit seiner Lehre
von unbewussten und neurotischen
Verarbeitungsprozessen die Grundzüge der
Psychoanalyse als Erklärungsansatz für
neurotische Störungen sowie als Therapieform.
Im Gefolge der Lehren von Pawlow (1849-1936)
und Skinner (1904-1990) über die
Konditionierbarkeit bzw. das Erlernen von
Verhaltensmustern entwickelte sich die
Verhaltenstherapie.
Freud
Pawlow
Skinner
Jung
Adler
Ferenczi
Im 20. Jahrhundert führten neue somatische
Behandlungsmethoden zu besseren therapeutischen
Möglichkeiten in der Psychiatrie, z. B.:
-1917 Behandlung der progressiven Paralyse mit Fieberschüben
durch Infektion mit Malariaerregern, durch Wagner-Jauregg.
-1937 Einführung der Elektrokrampftherapie durch Cerletti und
Bini.
-Ab ca. 1950 Entwicklung der Psychopharmaka (1949 Lithium
durch Cade, 1952 Chlorpromazin durch Delay und Deniker,
1954 Meprobamat durch Berger, 1957 Imipramin durch Kuhn,
1961 Benzodiazepine durch Sternbach).
Zunehmend gewann der biologische Forschungsansatz in der
Psychiatrie an Bedeutung, wobei die Klärung genetischer,
neuropathologischer, neurophysiologischer und
neurochemischer Fragen im Vordergrund steht.
Wagner-Jauregg
Cerletti
Szasz
Laing
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