Universität Paderborn Warburger Str. 100 33098 Paderborn WS 2007/2008 Seminararbeit zur Zahlentheorie Die Gaußschen Zahlen Tatjana Linkin, Svetlana Krez 20. November 2007 INHALTSVERZEICHNIS 1 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Primelementzerlegung in den Gaußschen Zahlen 3 3 Anwendung des Zerlegungsgesetzes 6 4 Pythagoräische Tripel 6 1 1 EINLEITUNG 2 Einleitung Thema dieser Seminarausarbeitung lautet Gaußsche Zahlen. Wir richten uns nach dem Buch von A.Schmidt (Einführung in die Algebraische Zahlentheorie, Springer Verlag 2007). Unsere Seminararbeit haben wir in drei Abschnitte aufgeteilt. Im ersten Teil geht es um den Ring der Gaußschen Zahlen und um die Zerlegung von Primelementen in diesem Ring. Der zweite Teil präsentiert eine wichtige Anwendung des im ersten Teil formulierten Zerlegungsgesetzes. Der Begriff der pythagoräischen Tripel wird im letzten Abschnitt erklärt. Die Nummerierung in unserer Ausarbeitung entspricht der Nummer des Vortrags in der Veranstaltung. 2 2 PRIMELEMENTZERLEGUNG IN DEN GAUSSSCHEN ZAHLEN 3 Primelementzerlegung in den Gaußschen Zahlen In diesem Abschnitt wollen wir uns mit dem Ring der Gaußschen Zahlen und einigen seiner Eigenschaften beschäftigen. Insbesondere interessiert uns die Primelementzerlegung in diesem Ring. Das Ziel wird die Formulierung des Zerlegungsgesetzes in Z [i] sein. Die Darstellung einer komplexen Zahl sollte dem Leser bekannt sein. Eine komplexe Zahl der Form a + ib, a, b ∈ Z heißt Gaußsche Zahl. Die Menge dieser Zahlen ist bezüglich Additon und Multiplikation abgeschlossen und bildet daher einen Ring. Nämlich den Ring Z [i] = {a + ib, a, b ∈ Z} der Gaußschen Zahlen. Wir wissen bereits, dass Z [i] euklidisch ist, mit der Norm auf Z [i] als euklidische Normfunktion. Insbesondere ist Z [i] faktoriell, also besitzt jede Nichteinheit ungleich Null, bis auf Einheiten und Reihenfolge, eine eindeutige Zerlegung in ein Produkt irreduzibler Elemente. Als Erstes wenden wir uns der Einheitengruppe von Z [i] zu. Wir wiederholen den Begriff der Norm. Definition 5.1. Für jede komplexe Zahl z = a + ib, a, b ∈ R heißt N (z) = |z|2 = z z̄ = a2 + b2 die Norm von z. Insbesondere ist die Norm multiplikativ. Betrachtet man die Norm einer Gaußschen Zahl, so sieht man leicht ein, dass die Norm stets eine nichtnegative ganze Zahl ist. Der nächste Satz zeigt uns, wie wir Einheiten in Z [i] bestimmen können. Satz 5.2. Die Einheiten in Z [i] sind genau die Elemente der Norm 1. Beweis: Die Behauptung lautet: Z [i]× = {±i, ±1}. Sei u eine Einheit in Z [i], dann existiert ein v mit uv = 1. Dann gilt N (uv) = N (u)N (v) = N (1) = 1. Hieraus folgt N (u) = N (v) = 1. Sei jetzt u ∈ Z [i] mit 1 = N(u) = uū, so ist u eine Einheit. Setzt man u = a + ib, a, b ∈ Z, so impliziert 1 = N (u) = a2 + b2 , dass u ∈ {±i, ±1}. 2 PRIMELEMENTZERLEGUNG IN DEN GAUSSSCHEN ZAHLEN 4 Nächster wichtiger Punkt dieses Abschnitts ist die Charakterisierung der Primelemente in Z [i]. Dabei interessiert uns insbesondere, ob eine Primzahl p ∈ Z auch in Z [i] prim bleibt oder in mehrere Primfaktoren zerfällt. Bemerkung 5.3. In einem faktoriellen Ring ist jedes irreduzible Element auch Primelement. Siehe dazu Vortrag 4. über euklidische und faktorielle Ringe. Lemma 5.4. Sei z ∈ Z [i] mit N (z) = p, wobei p eine Primzahl ist, dann ist z Primelement in Z [i]. Beweis: Ist z = ab, dann folgt p = N (z) = N (a)N (b). Nach Voraussetzung ist p eine Primzahl. Dies impliziert N (a) = 1 oder N (b) = 1. Laut Satz 5.2. ist dann a oder b eine Einheit. Damit ist z irreduzibel und mit Bemerkung 5.3. folgt, dass z Primelement in Z [i] ist. Beispiel 5.5. Wegen N (1 + i) = N (1 − i) = 2 sind (1 + i) und (1 − i) nach dem vorherigen Lemma Primelemente und 2 = (1 + i)(1 − i) ist eine Primelementzerlegung von 2 in Z [i]. Satz 5.6. Sei z ∈ Z [i] Primelement. Dann gilt genau einer der beiden Fälle: (a) N (z) = p2 für eine Primzahl p, wobei z und p assoziiert sind. (b) N (z) = z z̄ = p ist eine Primzahl. Umgekehrt ist jede Primzahl p entweder Primelement in Z [i] oder von der Form p = z z̄ mit einem Primelement der Norm p. Beweis: Sei p = z1 · · · zn eine Primelementzerlegung der Primzahl p in Z [i]. Dann gilt p2 = N (p) = N (z1 ) · · · N (zn ). Nach Satz 5.2. gilt N (zj ) > 1 für j = 1, . . . , n. Folglich ist n ≤ 2. Im Fall n = 1 gilt p = z1 und damit ist p ein Primelement. Im Fall n = 2 gilt p = N (z1 ) = z1 z¯1 . Sei nun z ein Primelement in Z [i]. Dann teilt z die natürliche Zahl N(z) und deshalb auch eine Primzahl p. Ist dieses p Primelement in Z [i], dann folgt z und p sind assoziiert und N (z) = N (p) = p2 . Gilt aber p = z1 z¯1 mit einem Primelement z1 der Norm p, so ist, wegen der Eindeutigkeit der Primelementzerlegung, z assoziiert zu z1 oder z assoziiert zu z¯1 , das heißt also z z̄ = N (z) = N (z1 ) = p. Dies zeigt dann (b). 2 PRIMELEMENTZERLEGUNG IN DEN GAUSSSCHEN ZAHLEN 5 Der folgende Satz zeigt uns, wann welcher Fall eintritt. Satz 5.7. Eine Primzahl p ist Primelement in Z [i] genau dann, wenn p kongruent 3 modulo 4 ist. Beweis: Wir setzen p 6= 2 voraus, weil 2 nach Beispiel 5.5 eine Primelementzerlegung in Z [i] besitzt. Und wir nehmen an, dass p kein Primelement ist. Mit dem eben bewiesenen Satz hat p die Form p = z1 z¯1 für ein Primelement z1 . Nun setzen wir z1 = a + ib, wobei a und b ganze Zahlen sind, dann folgt p = a2 + b2 . Aufgrund der oben gemachten Annahme, müssen wir jetzt p ≡ 3 mod 4 ausschließen. Uns ist bekannt, dass p eine ungerade Primzahl ist, welche als Summe zweier Quadrate dargestellt wird. Das bedeutet, dass eine der Zahlen a, b eine gerade Zahl ist und die andere eine ungerade. Quadrat einer geraden ganzen Zahl ist immer kongruent 0 modulo 4 und Quadrat einer ungeraden ganzen Zahl ist immer kongruent 1 modulo 4. Hieraus folgt p ≡ 1 mod 4. Dies zeigt eine Richtung. Ist p ≡ 1 mod 4, so existiert nach dem 1. Ergänzungssatz zum quadratischen Reziprozitätsgesetz eine ganze Zahl x mit x2 ≡ −1 mod p. Dann gilt p | (x2 + 1) = (x + i)(x − i), aber p teilt keine der Faktoren. Also ist p kein Primelement. Als Zusammenfassung der letzten beiden Sätze erhalten wir das Zerlegungsgesetz in Z [i]. Zerlegungsgesetz in Z [i] 5.8. Eine Primzahl p ∈ Z ist in Z [i] (a) Produkt zweier assoziierter Primelemente ⇔ p = 2, (b) Produkt zweier nicht assoziierter Primelemente ⇔ p ≡ 1 mod 4, (c) Primelement ⇔ p ≡ 3 mod 4. Beispiel 5.9. Man bestimme die Primelementzerlegung der Zahl 30 in Z [i]. Lösung: Als Erstes Zerlegung der Zahl 30 in Z: 30 = 2 · 3 · 5. Danach bestimme für jeden Primfaktor die Zerlegung in Z [i]. Die Zerlegung der Zahl 2 haben wir in Beispiel 5.5 gesehen. Die Zahl 3 ist in Z [i] irreduzibel, 3 ANWENDUNG DES ZERLEGUNGSGESETZES 6 besitzt daher die triviale Zerlegung, 3 = 3 · 1. Der Faktor 5 lässt sich in Z [i] als Produkt der Zahlen (2+i) und (2−i) darstellen. Somit sieht die Zerlegung der Zahl 30 in Z [i] wie folgt aus 30 = (1 + i)(1 − i) · 3 · (2 + i)(2 − i). 3 Anwendung des Zerlegungsgesetzes Satz 5.9. Eine natürliche Zahl n ist genau dann Summe zweier Quadratzahlen, wenn in ihrer Primfaktorzerlegung jede Primzahl kongruent 3 modulo 4 in gerader Vielfachheit vorkommt. Beweis: Eine natürliche Zahl ist genau dann Summe zweier Quadrate, wenn sie als Norm einer Gaußschen Zahl z ∈ Z[i] vorkommt. Sei nun n = N (z) und z = z1 · z2 · .. · zr eine Primelementzerlegung von z in Z[i]. ⇒ n = N (z) = N (z1 )·N (z2 ) · .. · N (zr ). Nach Satz 5.5. und dem Zerlegungsgesetz 5.7., für ein Primelement zj ∈ Z[i], j = 1, ..., r gilt: N (zj ) = 2, eine Primzahl kongruent 1 modulo 4 oder das Quadrat einer Primzahl kongruent 3 modulo 4. lr+1 · .. · plnn eine Primelementzerlegung von n Sei nun n = pl11 · .. · plrr · pr+1 mit l1 , .., lr ungeraden Exponenten und lr+1 , .., ln geraden Exponenten. ⇒pi 6≡ 3(mod4) für alle i = 1, .., r. lr+1 · ... · plnn ) Dann ist n = (p1 · ... · pr ) (pl11 −1 · ... · plrr −1 )(pr+1 | {z } (k)2 d.h n = (p1 · ... · pr ) · (k)2 Nach dem Zerlegungsgesetz 5.7. finden wir Primelemente zj ∈ Z[i] mit N (zj ) = pj für j = 1, ..., r ⇒ n = N (z) mit z = z1 · z2 · ... · zr · k Damit ist n als Norm einer Gaußschen Zahl z als Summe zweier Quadrate darstellbar. 4 Pythagoräische Tripel Definition 5.10. Ein Tripel ganzer Zahlen (a, b, c) mit a2 + b2 = c2 heißt pythagoräisches T ripel. Ein solches Zahlentripel nennt man primitiv, wenn a, b, c > 0, ggT (a, b, c) = 1 und a gerade ist. 4 PYTHAGORÄISCHE TRIPEL 7 Bemerkung 5.11. 1. Mit (a, b, c) sind auch die Tripel (±a, ±b, ±c), und für jedes d ∈ Z auch (da, db, dc) pythagoräische Tripel. 2. Im folgendem nehmen wir an, dass a, b, c > 0 sind 3. a und b sind nicht gleichzeitig ungerade und c ist ungerade Beweis: 3) Annahme: Seien a, b beide ungerade mit a = 2k+1 und b = 2l+1 mit k, l ∈ N ⇒ a2 + b2 = (2k + 1)2 +(2l + 1)2 =4k2 +4k+1+4l2 +4l+1 = 2(2k 2 +2k+2l2 +2l+1) ⇒ c ist eine garade Zahl. Sei nun c = 2m eine garade Zahl mit m ∈ N ⇒ c2 = (2m)2 = 4m2 . d.h. 2(2k 2 + 2k + 2l2 + 2l + 1) = 4m2 Wenn man nun die Gleichung durch 2 kürzt bekommt man 2k 2 + 2k + 2l2 + 2l + 1 = 2m2 dies ist ein Widerspruch, denn auf der linken Seite steht eine ungerade Zahl und rechts eine gerade Zahl. Das heißt a und b können nicht gleichzeitig ungerade sein. Wir haben die Gleichung a2 + b2 = c2 gegeben, indem wir die Gleichnung durch c2 teilen, werden wir zunächst auf die Frage nach den rationalen Lösungen der Gleichung X 2 + Y 2 = 1 geführt. Dies wir suchen 2 bedeutet 2 alle Punkte auf der Einheitskreislinie {(x, y) ∈ Q x + y = 1} . Wir interpretieren diese Punkte als komplexe Zahlen. Die Menge socher komplexen Zahlen ist abgeschloßen unter Addition, Multiplikation und Division und bildet daher einen Körper. Dieser heißt K örper der rationalen Gaußschen Zahlen und wird mit Q[i] = {x + iy |x, y ∈ Q} bezeichnet. Satz 5.12.(Hilberts Satz 90 für Q[i]/Q). Eine rationale Gaußsche Zahl z ∈ Q[i] hat genau dann die Norm 1, wenn sie von der Gestalt z = y · y −1 für ein von Null verschiedenes y ∈ Q[i] ist. Beweis: Ist z von der angegebenen Gestalt, so gilt N (z) = z · z = y y · = 1. y y 4 PYTHAGORÄISCHE TRIPEL 8 i Ist z = −1, so gilt z = −i . Ist z = 6 −1, so gilt mit N (z) = 1 z(1 + z) = z + z · z = 1 + z. Für y = 1 + z hat z die gewünschte Eigenschaft. Jetzt sind wir in der Lage das Hauptergebnis zu formulieren, welches eine vollständige Auflistung aller pythagoräischen Zahlentripel beinhaltet. Satz 5.13. Ist (a, b, c) ein primitives pythagoräisches Tripel, so existieren eindeutig bestimmte ganze Zahlen A > B > 0, ggT (A, B) = 1, A und B nicht beide ungerade mit a = 2AB, b = A2 − B 2 , c = A2 + B 2 . (1) Umgekehrt ist für jedes solche Paar A, B das Tripel (a, b, c) ein primitives pythagoräische Tripel. Beweis: Seien A, B mit angegebenen Eigenschaften gegeben. 1. Dann rechnet man die Gleichung a2 + b2 = c2 nach. d.h. (2AB)2 + (A2 − B 2 )2 = (A2 + B 2 )2 2. a, b, c > 0, da A > B > 0 3. Es bleibt zu zeigen, dass ggT (a, b, c) = 1 ist. Dazu nehmen wir an, dass es eine Primzahl p gibt mit p |a , p |b und p |c . ⇒ p |(b + c) d.h. es gilt p 2A2 ⇒ p |(c − b) und es gilt p 2B 2 . Wegen ggT (A, B) = 1 verbleibt nur die Möglichkeit, dass p = 2 ist. Aber A und B sind nicht beide ungerade also ist c ungerade. Dies ist ein Widerspruch, dass p |c . ⇒ ggT (a, b, c) = 1. Sei nun (a, b, c) ein primitives pythagoräische Tripel. Unser Ziel ist eindeutig bestimmte ganze Zahlen zu finden A, B mit: 1. A > B > 0 2. ggT (A, B) = 1 3. A und B beide nicht ungerade 4 PYTHAGORÄISCHE TRIPEL 9 Sei z = cb + ac i. Dann gilt N (z) = 1. Nach Satz 5.12. existieren α, β ∈ Q mit b a α + βi α2 − β 2 2αβ + i=z= = 2 + 2 i. (2) 2 c c α − βi α +β α + β2 Da ac 6= 0 ⇒ α, β 6=0. Durch geeignete Multiplikation von α und β mit einer rationalen Zahl erreicht man, dass α und β ganzzahlig, teilerfremd und nicht negativ sind. Es bleibt zu zeigen, dass α > β und beide nicht ungerade sind. Da cb > 0 ⇒ α > β. Um zu zeigen, dass α und β beide nicht ungerade sind, nehmen wir an sie wären beide ungerade mit α = 2k + 1 und β = 2l + 1 k, l ∈ N 2αβ 2(2k + 1)(2l + 1) 2(4kl + 2k + 2l + 1) = = α2 + β 2 (2k + 1)2 + (2l + 1)2 2(2k 2 + 2l2 + 2k + 2l + 1) Dieser Bruch ist durch 2 kürzbar und danach unkürzbar. Wegen ac = α2αβ 2 +β 2 folgt hieraus a = αβ und dies ist ein Widerspruch, denn a ist als gerade vorausgesetzt. Somit haben wir zwei ganze Zahlen gefunden, die uns gewünschte Eingeschaften erfüllen. 4 PYTHAGORÄISCHE TRIPEL 10 Wenn wir jetzt in (2) für α = A und für β = B setzen, dann bekommen wir a, b und c wie in (1). Schließlich bleibt noch die Eindeutigkeit von A und B zu zeigen. Dazu nehmen wir an, dass es noch ein à mit gegebenen Eigenschaften gibt. D.h. b + c = 2à und b + c = 2A ⇒ A = Ã. Analog zeigt man die Eindeutigkeit von B.