Von A wie Aloe bis Z wie Zink – Gesundheit jenseits der ART Michael Latzke, Arzt, Berlin Begriffsdefinition Komplementär (lat.,frz.) :sich gegenseitig ergänzend Alternativ (lat.) :wahlweise, zwischen 2 Möglichkeiten die Wahl lassen Geschichte der „Komplementären“ HIV-Medizin Beginn der HIV-Behandlung : Retrovir (AZT), ab 1987 auf dem Markt, initial als Monotherapie Forschung nach neuen Substanzen lief auf Hochtouren Entwicklung vieler Substanzen; in vitro wirksam, in vivo sehr toxisch Z.B. Phytotherapeutika wie „Compound Q“ , „Bitter Melon“ und Hypericin hochdosiert Klinisch wenig erfolgreich wg. NW, Applikationsweise , Unwirksamkeit etc. Gefahren komplementärer Therapien Cytochrom P 450 – Inhibitoren Interaktionsproblematik z.B. bei Proteaseinhibitoren Z.B. Hypericin ( Johanniskraut ) Z.B. Allicin ( Knoblauchextrakt ) Andere ( Echinacin, Kava-Kava, Ginseng, Mistel et al. ) Gefahren komplementärer Therapien Table 3. Complementary Medicines With Harmful Effects Product Borretsch Toxizität Potentielle Lebertoxizität durch toxische Alkaloide Rohrpalme Enthält Beta-isoasarone, kann Krampfanfälle auslösen, nierentoxisch (Calamus) Chaparral Akute Hepatitis, Leber- und Nierenversagen Huflattich Hepatotoxizität, Phototoxizität Beinwell Kann Thrombosen auslösen Ephedra Erhöhter Blutdruck, Arrhythmien, Herzversagen, Psychose, Gamander Hepatitis, Leberzellnekrose Gemeines Kreuzkraut Kann Thrombosen auslösen Sassafras Halluzinationen, Erbrechen, Tachykardie, Stupor, Lähmung Was kann man mit komplementären Therapien erreichen? ART als Grundlage der Behandlung unerlässlich Reduktion von Akut- und Langzeitnebenwirkung von ART Steigerung von Wohlbefinden und Lebensqualität Wichtig: Regulierung von allgemeinen Lebensumständen! Akut- und Langzeitnebenwirkungen von ART Akutwirkungen von ART,z.B. bei Therapiebeginn Symptome wie : Schwäche, Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfälle, Leistungsminderung Teilweise nur transient (vorübergehend) Gut mit komplementären Therapien zu beeinflussen Akut- und Langzeitnebenwirkungen von ART Langzeitnebenwirkungen bei langjähriger medikamentöser HIV-Therapie Fettstoffwechselstörungen Lipodystrophie, Lipoatrophie-Syndrom Mitochondriale Toxizität Polyneuropathie-Syndrom Andere Stoffwechselstörungen Beispiele Komplementärer Therapien Klassische Homöopathie Darmnosoden Nahrungsergänzungsmittel (Aminosäuren und andere) Vitamine und Spurenelemente Phytotherapie TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) Anthroposophische Medizin Ayurvedische Medizin Darmsanierung Andere Klassische Homöopathie : Prinzip Hahnemann : Similium similibus curentur Ganzheitsprinzip: Die Summe der Symptome Arzneimittelfindung Arzneimittelgabe Auswahl der zu verabreichenden Potenz CAVE: Unkontrollierte Selbstmedikation! Einige Fallbeispiele Bewährte Indikationen (Beispiele: Diarrhoe, Übelkeit et al.) Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom : Diarrhoe Mittel (I) : Ferrum : Diarrhoe ohne Beeinträchtigung (D12) Veratrum album : D. mit Kreislaufbeschwerden, Kollaps, Neigung zu kaltem Schweiss, Verl. kalte Getränke (D4) Arsenicum album : Lebensmittelvergiftung, brennender Schmerz, scharfer Stuhl,<Mitternacht, Kälte, > Wärme Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom : Diarrhoe Mittel (II) : Chamomilla : wäßrige, schleimige Stühle, grün, Gemüt: zornig, < Trost Colocynthis : nach jeder Nahrung/Getränk D.,Koliken im Bauch,>Wärme, Krümmen,Folge v.Ärger, Verdruß Ant.c. : ständiges Aufstossen, D. wechselt mit Verstopfung, Zunge weißl. belegt, Sommerdiarrhoe, Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom : Diarrhoe Mittel (III) : Aloe : akute D. mit viel Blähungen und unfreiwilligem Stuhlabgang Merc. corr.: Kolitis und D. mit ständigen Krämpfen, brennende Stühle, < nachts, Stuhl übelriechend,blutig Podophyllum : Stuhl „wie aus Spundloch“,gallertiger Schleim, übelriechend,<morgens, > Reiben des Bauches Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom : Diarrhoe Mittel (IV) : Arg. nit.: Blähungen, geräuschvoll, wie gehackter Spinat, Flüssigkeiten gehen durch, < Aufregung, geistige Anstrengung Carbo veg.:Brennen, Nässe aus dem Rektum, Schmerz nach dem Stuhlgang, Schwäche, Mangel an Lebenswärme,Blähungen, > Abgang v. B. Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom: Übelkeit, Gastritis Mittel (I): Nux vomica : Magenbrennen, Sodbrennen und Übelkeit morgens, S. ½ h nach dem Essen, Verstopfung,Hämorrhoiden, Gereiztheit, Zorn Ars. alb.: Brennschmerz, Ekel vor dem Essen, geruchsempfindlich, grosser Durst, kann nur in kleinen Schlucken trinken, ängstlich, < Mitternacht Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom: Übelkeit, Gastritis Mittel (II): Antimon. Crud.: Aufstossen, ausgeprägtes Völlegefühl, Wechsel Durchfall/Verstopfung, mürrisch, weißlich belegte Zunge Pulsatilla: Druck im Magen, Übelkeit, 2 h pp, durstlos, weinerlich, besser in frischer Luft Trost bessert Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom: Übelkeit, Gastritis Mittel (III): Anacardium: Nüchternschmerz, > Essen, < morgens, Ärger, Mundtrockenheit, Pflockgefühl, reizbar -> Magenschmerz, fluchen Ignatia: Magenkrämpfe, alles zieht sich zusammen, Übersäuerung, Süßverlangen, verschlossen, seufzen, Schlucken fester Speisen > als Flüssigkeiten Bewährte Indikationen in der Homöopathie (NW ART) Symptom: Übelkeit, Gastritis Mittel (IV): Mandragora: Magen druckempfindlich, aufgetrieben, Widerwillen Fett und Alkohol, > Essen, Rückwärtsbeugen Arg. nit.: nagende Magenschmerzen, Splitterschmerz, unmittelbar n.d. Essen, oder Nüchternschmerz > Essen, Meteorismus, knalliges Aufstoßen, Süßverlangen, > Druck Darmnosoden Homöopathische Mittel, die aus Darmbakterien hergestellt werden Können ergänzend zu einem konstitutionellen Mittel gegeben werden Einsatz ist aber auch alleine möglich Es besteht stets eine Beziehung zu anderen homöopathischen Mitteln Darmnosoden (Bach) Bacillus dysenteriae = Shigella dysenteriae Bacillus gaertner = Salmonella enteritides Bacillus mutabile = pathogene E. coli Bacillus proteus = Proteus vulgaris und –mirabilis Poly Bowel = dynamisierte Mischung von verschiedenen Darmbakterien Darmnosoden (Paterson) Bacillus morgan = Morganella morgagnii Bacillus 7 = bacillus asiaticus, enterobacter cloacae und e. freundii Bacillus 10 Sycotic coli = gemischte Enterokokken Nahrungsergänzungsmittel (z.B.Aminosäuren) Aminosäuren -> wichtige immunologische Bedeutung Mangel- und Überernährung -> negativer Effekt auf die Immunlage Hormone kontrollieren den Proteinstoffwechsel Wichtigstes Hormon im anabolen Stoffwechsel ist das Insulin Nahrungsergänzungsmittel (z.B.Aminosäuren) Katabole Stoffwechsellage -> Abbau von Proteinen Ursache : Stress, OPs, schwere Infektionen V.a. Abfall von Glutamin und Cystein Proteinmangel bewirkt Abfall der Lymphozytenzahl sowie eine Beeinträchtigung der Funktion Nahrungsergänzungsmittel (z.B.Glutamin) Höchste Konzentration im Plasma und Muskelgewebe Wichtig für die Lymphozytenentwicklung und Differenzierung der B-Zellen Katabole Krankheitszustände -> Glutaminmangel Körper stellt nicht ausreichend Glutamin zur Verfügung, bei metabolischem Streß steigt die intestinale Aufnahme, der Glutaminpool nimmt ab Bei HIV-positiven Patienten : abnormal erniedrigte Glutaminwerte im Plasma Substitution durch Glutamin in Pulverform Nahrungsergänzungsmittel (Cystein) Cystein (N-Acetylcystein) : Disulfidbrücken wichtig für Funktion von Proteinen und Enzymen CG-Mangelsyndrom Stickstoffverlust des Organismus, wird über die Nieren als Ammoniak ausgeschieden Wirkt gegen Skelettmuskelabbau Nahrungsergänzungsmittel (Andere) Taurin: erhöht die Aktivität von NK-Zellen sowie die Freisetzung von Interleukin-2 Arginin: Immunstimulation bei Gabe im Grammbereich Threonin: Bindeglied zwischen Protein- und Kohlehydratanteil bei Glykoproteinen, bei Malabsorption stark erniedrigt Carnitin: besteht aus Methionin und Lysin; Carrier von Fettsäuren in die Mitochondrien Nahrungsergänzungsmittel (Uridin) Mitochondrien : Zellorganellen (Kraftwerk der Zelle) Mitochondriale Toxizität:Funktion der Zellorganellen ist stark eingeschränkt Zellteilungsrate sinkt, Zellfunktionen nehmen ab, Zelltod (Apoptose) nimmt zu Mit. Tox. wird durch Medikamente bedingt, v.a. NRTI (DDI, aber auch AZT) Z. B.Mitochondriale Toxizität: Uridin (Mitocnol)– vielversprechende Substanz? Die Folgen der mtDNA-Depletion manifestieren sich klinisch an zahlreichen Zielorganen (Abbildung 1): Abbildung 1: Manifestationsorte mitochondrialer Toxizität. Die klinische Relevanz der mit Fragezeichen versehenen Organsysteme ist noch unklar. Nahrungsergänzungsmittel (Uridin) Ausmass der mit. Tox. wird noch durch Komedikation verstärkt - Ribavirin, Allopurinol, Hydroxyurea - Ibuprofen, Valproinsäure, ASS - Absetzen NRTI häufig notwändig (Lipoatrophie) - Rückgang der Lipoatrophie durch NRTI-freie Therapie (z.B. Doppel-PI) Nahrungsergänzungsmittel (Uridin) Neuer Ansatz: Therapie der mitochondrialen Toxizität unter beibehaltener ART Gabe von Uridin bzw. Uridinvorläufersubstanzen (Mitocnol ) Die Spiegel mitochondrialer DNA werden angehoben Z. B.Mitochondriale Toxizität: Uridin (Nucleomaxx) – eine vielversprechende Substanz? Nahrungsergänzungsmittel (Uridin) Randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie (Sutinen, Walker et al. 2007): Lipoatrophie verbessert sich unter fortgesetzter Therapie mit d4T bzw. AZT Substitution von Uridin war effektiver als Austausch NRTIs Tierversuch: Knochenmarkstoxizität von AZT unter Uridin deutlich reduziert Dosierung in Studien. 2 x 500 mg/Tag, muss noch weiter evaluiert werden Komplementäre Therapien – Möglichkeiten, die Nebenwirkungen der HAART wirksam alternativ zu behandeln (?) Diskussion Fragen Anmerkungen