Provenienzanalyse an paläozoischen Metasedimenten der Ostalpen mit Schwerpunkt in der Nördlichen Grauwackenzone - Petrographie, Glimmerchemie, 40Ar/39Ar-Datierungen - Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.) vorgelegt der Mathematisch-Naturwissenschaftlich-Technischen Fakultät (mathematisch-naturwissenschaftlicher Bereich) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg von Frau Claudia Panwitz geb. am 17.12.1973 in Wolfen Gutachter: 1. Prof. Dr. Helmut Heinisch 2. Dr. Jan Wijbrans Tag der Promotions-Verteidigung: Halle (Saale), 10.01.2006 urn:nbn:de:gbv:3-000009828 [http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=nbn%3Ade%3Agbv%3A3-000009828] Dank Es ist die geistige Verknüpfung von Fakten und Daten zu einem Gesamtbild, weshalb ich die folgenden Seiten mein Eigentum nennen darf. Doch was hätte ich ohne diese Fakten und Daten tun können? Nichts! Deshalb möchte ich mich zuerst bei allen Laborleitern bedanken, mit denen die Zusammenarbeit immer unkompliziert und aufbauend für mich verlief. Vielen Dank für die Ausdauer von Frank Syrowatka, der am Institut für Materialwissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg für die gelungenen Mikrosonde-Ergebnisse verantwortlich ist. Die Leiter der Gasmassenspektometer-Labors zur 40Ar/39Ar-Altersdatierung, Dr. Robert Handler, Institut für Geologie und Paläontologie der Paris-Lodron-Universität Salzburg, und Dr. Jan Wijbrans, Faculteit der Aard- en Levenswetenschappen der Vrije Universiteit Amsterdam – vielen Dank für Eure Hilfe. Dem Land Sachsen-Anhalt danke ich für finanzielle Zuschüsse, um die Ar-Datierungen durchzuführen. Ohne geistige und handwerkliche Obhut meines Betreuers Prof. Dr. Helmut Heinisch, der meiner Meinung nach die Nördliche Grauwackenzone sein Wohnzimmer nennen darf, wäre die Arbeit in dieser Breite nie gelungen. Ganz lieben Dank für die Mitwirkung, Assistenz und Unterstützung an Dr. Georg Büttner, Dr. Thomas Röckel, Dr. Hiltrud Müller-Sigmund, Herrn Dieter Baldámus, Frau Schnerch, Dorothee Wolter und Gerald Berthold. Zusammenfassung Für die vorliegende Arbeit wurden aus dem alpinen Paläozoikum im Westabschnitt der Nördlichen Grauwackenzone schwachgradig metamorphe klastische Sedimentgesteine untersucht. Anhand der Sedimentpetrographie sowie der chemischen Analyse und 40Ar/39ArDatierung enthaltener detritischer Hellglimmer war die Provenienz des klastischen Detritus abzuleiten. Alle drei Untersuchungsmethoden erbrachten unabhängig voneinander ähnliche Aussagen zum Aufbau des Liefergebiets der klastischen Sedimentgesteine. Damit konnten die paläozoische Entwicklung der Nördlichen Grauwackenzone detaillierter entschlüsselt und bisher noch offene Fragen beantwortet werden. Die klastischen Abfolgen der Nördlichen Grauwackenzone können mehr als 2000 m Mächtigkeit erreichen. Ihre Sedimentation umfasst den Zeitraum vom Ordovizium bis in das Karbon. Anhand der Untersuchungen zur Petrographie erwiesen sich die untersuchten Sandsteine als quarzbetonte Grauwacken oder Subgrauwacken. Ihr Matrixanteil ist hoch, Quarz überwiegt deutlich gegenüber Feldspat- und Gesteinsklasten. Der überwiegende Teil der Modalanalysen zeigt für das klastische Material die Herkunft aus einem kontinentalen Bereich („Continental Block Provenance“). Nur wenige Proben aus den stratigraphisch jüngsten Bereichen der klastischen Abfolgen belegen die Herkunft ihres Detritus aus einem in Abtragung befindlichen Orogen („Recycled Orogen Provenance“). Anhand der chemischen Zusammensetzung der analysierten detritischen Hellgimmer lassen sich keine wesentlichen Veränderungen innerhalb der stratigraphischen Abfolgen erkennen. Alle Hellglimmer können als Muskovite bezeichnet werden, deren Natrium-, Magnesium-, Eisen- und Titangehalte etwas variieren. Die Streubreite der chemischen Zusammensetzung zeigt die Ableitung der Muskovite vor allem aus regionalmetamorph geprägten Gesteinen, aber auch teilweise aus magmatischen Gesteinen. Echte Hochdruck-Hellglimmer wie Phengite wurden nicht nachgewiesen. Mit Hilfe der 40Ar/39Ar-Datierungen an detritischen Muskoviten wurde das Alter der Gesteine der Liefergebiete für die klastischen Abfolgen der Nördlichen Grauwackenzone ermittelt. Diese erbrachten in allen stratigraphischen Abfolgen fast ausschließlich neoproterozoische Altersdaten, im Wesentlichen zwischen 800 Ma und 600 Ma. Untergeordnet sind mesoproterozoische, kambrische und ordovizische Muskovite enthalten. Damit kann das Liefergebiet als panafrikanisch/cadomisch geprägtes Hinterland charakterisiert werden. In einer Probe wurde ein devonischer Muskovit mit 396 ± 17 Ma ermittelt, und in einer Probe aus den stratigraphisch jüngsten Bereichen der siliziklastischen Abfolgen wurden detritische Muskovite mit 40Ar/39Ar-Altern um 330 Ma nachgewiesen. Aufgrund des nur geringen oder fehlenden Anteils an Gesteinsklasten sowie dem nicht Vorhandensein von Hochdruckglimmern in den klastischen Gesteinsabfolgen der Nördlichen Grauwackenzone ist für den gesamten Sedimentationszeitraum die Lage an einem aktiven Kontinentalrand auszuschließen. Vom Ordovizium bis in das Karbon ist die Position des Ablagerungsraumes benachbart zu einem panafrikanisch/cadomisch geprägten Kontinent anzunehmen. Damit kann zwanglos eine Position des Sedimentationsraumes der Nördlichen Grauwackenzone am Gondwana-Nordrand postuliert werden. Die Lage an einem kleineren Terrane wie von SCHÄTZ et al. (2002) oder von VON RAUMER et al. (2002) gefordert, wird aufgrund der großen Sedimentmächtigkeiten für unwahrscheinlich gehalten. Erst ab dem Unterkarbon wird die Nähe des Ablagerungsraumes zu einem variscisch geprägten Liefergebiet erkennbar. Dies konnte anhand der ermittelten 40Ar/39Ar-Alter um 330 Ma nachgewiesen werden und doku-mentiert die Kollision aller Gondwana-Fragmente zum Superkontinent Pangäa. Eine ähnliche Entwicklung wird auch für das Paläozoikum der Karnischen Alpen vorgeschlagen, aus dem für vorliegende Arbeit vergleichende Analysen durchgeführt wurden. I Abstract For this work low grade metamorphic clastic sediments from the Alpine Paleozoic of the Western part of Northern Greywacke Zone were investigated. By means of the sedimentary petrography as well as the chemical analysis and 40Ar/39Ar dating of detrital white micas contained the provenance of the clastical detritus was to be deduced. All three methods applied yielded independently similar results concerning the composition of the source area of these clastic sediments. Thus it was possible to decode the Paleozic evolution of the Northern Greywacke Zone in more detail and to answer up to now unsolved questions. The clastic sequences of the Northern Greywacke Zone can reach more than 2000 m of thickness. The period of sedimentation reaches out from the Ordovician to the Carboniferous. By means of petrological studies the sandstones investigated revealed as quartz rich greywackes or subgreywackes. The content of matrix is high, quartz is clearly predominating over feldspar and lithic clasts. The majority of the modal analyses carried out show the provenance of the clastic material from a continental block. Only few samples from the youngest stratigraphical sections of the clastic rocks prove their provenance from a recycled orogen. By means of the chemical composition of the detrital white micas analysed no essential changes with the stratigraphic record are recognised. All white micas investigated can be characterized as muscovites with slightly varying contents of Na, Mg, Fe, and Ti. The spread of their chemical composition shows a derival predominantly from regional metamorphic rocks and partly from magmatic rocks. Real high pressure white micas like phengites have not been recorded. By means of the 40Ar/39Ar dating of detrital muscovites the age of the rocks in the source area was determined. These yielded in all stratigraphic sequences mostly exclusively Neoproterozoic ages, mainly between 800 Ma and 600 Ma. Only a few muscovites record Mesoproterozoic, Cambrian and Ordovican ages. Therefore the source area can be characterised as a Panafrican/Cadomian imprinted hinterland. In one sample a muscovite of Devonian age was determined and in another sample, from the youngest stratigraphical position of the siliciclastic rocks, detrital muscovites with 40Ar/39Ar-ages with about 330 Ma were proved. Because of the minor or lacking amount of lithic clasts as well as the absence of high pressure micas within the clastic sequences of the Northern Greywacke Zone, a position at an active margin can be excluded for the whole period of sedimentation. From the Ordovician persisting until the Carboniferous the depositional setting for the sediments of the Northern Greywacke Zone must be close to a Panafrican/Cadomian continent. Therefore easily the position of the sediment basin at the northern margin of Gondwana can be postulated. The position at a minor terrane as postulated by SCHÄTZ et al. (2002) or VON RAUMER et al. (2002) is concerned as less possible regarding the huge thickness of sediments. A vicinity of the depositional basin to a variscan source area is not visible before the lower Carboniferous. This was possible to prove by the measured 40Ar/39Ar- ages around 330 Ma which documents the collision of all Gondwana fragments building up the supercontinent Pangäa. A similar evolution is proposed also for the Paleozoic of the Carnic Alps where comparative investigations were carried out in this work. II Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung Abstract Inhaltsverzeichnis 00I 0 II 0III 1. Einleitung 1.1 Bisher durchgeführte Untersuchungen in der Nördlichen Grauwackenzone 1.2 Problemstellung 1.3 Art und Umfang der eigenen Untersuchungen 001 002 004 005 2. Kurzer Überblick über die Varisciden in Europa und die Alpidische Gebirgsbildung 2.1. Varisciden in Europa 2.2. Alpidische Gebirgsbildung 2.2.1. Deckenbau der Alpen 007 007 010 012 3. Geologie der Arbeitsgebiete 3.1. Schwach metamorphes Paläozoikum im Ost- und Südalpin 3.1.1. Paläozoikum der Kitzbüheler Grauwackenzone und Permoskyth an der Basis Nördlichen Kalkalpen 3.1.2. Paläozoikum der Karnischen Alpen 015 016 4. Probennahme 4.1. Profile 4.1.1. Profile in der Nördlichen Grauwackenzone und der Basis der Nördlichen Kalkalpen 4.1.2. Profile in den Karnischen Alpen 026 026 5. Petrographie der klastischen Sedimentgesteine 5.1. Klastische Metasedimentgesteine der Nördlichen Grauwackenzone 5.2. Klastische (Meta-) Sedimentgesteine der Karnischen Alpen 5.3. Postvariscische Sedimentgesteine 5.4. Zusammenfassung und Interpretation 039 039 044 048 050 6. Aufbereitung der siliziklastischen Gesteinsproben und Separation der detritischen Hellglimmer 054 7. Chemische Zusammensetzung der detritischen Muskovite 7.1. Grundlagen 7.1.1. Physikalische Grundlage 7.1.2. Prinzipieller Geräteaufbau von REM und Mikrosonde 7.1.3. Unterschiede von REM und Mikrosonde 7.2. Analytik 7.2.1. Probenvorbereitung 7.2.2. Messbedingungen 7.3. Auswertungsmethoden 7.3.1. Korrekturverfahren 7.3.2. Stöchiometrische Vorüberlegungen 7.4. Geologische Bildungsbedingungen und Kristallchemie von Muskovit 7.5. Ergebnisse 058 058 058 061 061 063 063 064 065 065 066 067 070 017 022 026 030 III 7.5.1. Ergebnisse der Mikrosonde-Analysen 7.5.1.1. Detritische Muskovite der Nördlichen Grauwackenzone 7.5.1.2. Detritische Muskovite der Karnischen Alpen 7.5.1.3. Detritische Muskovite der postvariscischen Abfolgen 7.5.1.4. Metamorphe Muskovite aus dem Thurntaler Quarzphyllit Komplex 7.5.2. Vergleichbarkeit von REM- und Mikrosonde-Analysen 7.6. Zusammenfassung und Interpretation 7.6.1. Zusammenfassung der Daten 7.6.2. Interpretation 070 071 074 077 080 082 084 084 086 8. 40Ar/39Ar-Altersdatierungen an detritischen Muskoviten 8.1. Grundlagen zur 40Ar/39Ar-Altersdatierung 8.1.1. Allgemeine physikalische Grundlage von Altersdatierungen 8.1.2. 40Ar/39Ar-Altersdatierung 8.2. Analytik 8.2.1. Probenvorbereitung 8.2.2. Messbedingungen 8.2.3. Auswertung 8.3. Ergebnisse 8.3.1. Vorbemerkung 8.3.2. Detritische Muskovite der Nördlichen Grauwackenzone 8.3.3. Detritische Muskovite der Karnischen Alpen 8.3.4. Detritische Muskovite der postvariscischen Abfolgen 8.4. Zusammenfassung und Interpretation 092 092 092 093 096 096 097 098 099 100 102 110 112 114 9. Geodynamik der Nördlichen Grauwackenzone 9.1. Zusammenfassung der Ergebnisse 9.1.1. Sandsteinpetrographie 9.1.2. Chemische Zusammensetzung der detritischen Muskovite 9.1.3. 40Ar/39Ar-Alter der detritischen Muskovite 9.2. Diskussion 9.2.1. Zur Frage der Liefergebiete 9.2.2. Geodynamische Entwicklung der NGZ 9.3. Schlussfolgerungen 123 123 123 124 124 125 125 126 139 10. Literaturverzeichnis 140 Anhang Anhang 1: Probenliste aller entnommenen Proben 001 Anhang 2: Zusammenfassung der Sedimentpetrographie 002 Anhang 3: Tabelle 1: Probenliste der REM- und Mikrosonde-Analysen Tabelle 2: Ergebnisse der REM-Analysen Tabelle 3: Ergebnisse der Mikrosondeanalysen 007 007 009 032 IV Anhang 4: Tabelle 1: Probenliste der 40Ar/39Ar-Datierungen Tabelle 2: Ergebnisse der 40Ar/39Ar-Datierungen 064 064 065 Anhang 5: 40Ar/39Ar-Altersdiagramme aller analysierten Proben 073 V