B Die europäische Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe B.4 Kennzeichnung 49. Welche Alternativen sind bei der Kennzeichnung von Lebensmittelzusatzstoffen zu unterscheiden? Bei der Frage der Kennzeichnung von Lebensmittelzusatzstoffen sind drei unterschiedliche Ausgangssituationen zu unterscheiden: • Lebensmittelzusatzstoffe können als solche an Weiterverarbeiter oder auch den Endverbraucher abgegeben werden. Die Kennzeichnung solcher Zusatzstoffe wird unmittelbar durch die Regelungen der Zusatzstoffverordnung geregelt. Entsprechende Regelungen finden sich derzeit noch in der ZVerkV. • Lebensmittelzusatzstoffe können in Lebensmitteln enthalten sein, die in Fertigpackungen an den Endverbraucher abgegeben werden. Die Kennzeichnung von Lebensmitteln in Fertigpackungen unterliegt grundsätzlich den Vorschriften der LMKV. Diese enthält auch spezielle Vorschriften für die Kennzeichnung von Zusatzstoffen. Zudem kann eine Kenntlichmachungspflicht nach § 9 ZZulV bestehen (siehe hierzu Frage 50). • Schließlich sind Lebensmittelzusatzstoffe auch vielfach in Lebensmitteln enthalten, die als lose Ware oder in Gaststätten oder Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung vertrieben werden. Für diese Lebensmittel ist die Kenntlichmachungspflicht nach § 9 ZZulV von besonderer Bedeutung. Diese trifft grundsätzlich lose Ware ebenso wie Lebensmittel, die in Fertigpackungen vertrieben werden. Im Hinblick auf Lebensmittel in Fertigpackungen können die meisten der nach § 9 Abs. 1 ZZulV kenntlich zu machenden Angaben jedoch nach § 9 Abs. 8 Nr. 2 ZZulV entfallen, wenn auf der Umhüllung oder der Fertigpackung ein Verzeichnis der Zutaten im Sinne der LMKV angegeben ist. Für Ihre tägliche Arbeit: Im Hinblick auf die Kennzeichnung von Lebensmittelzusatzstoffen ist also sorgfältig zu unterscheiden, ob diese als solche an Weiterverarbeiter oder Endverbraucher abgegeben werden oder als Zutaten eines Lebensmittels Verwendung finden. Des Weiteren kommt es unter anderem darauf an, ob die Lebensmittel in einer Fertigpackung vertrieben werden, die dem Anwendungsbereich der LMKV unterliegt. § §§ 6 LMKV, § 9 ZZulV, Artikel 21–24 Zusatzstoffverordnung Fragen & Antworten Zusatzstoffe und Enzyme 49 B Die europäische Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe 50. Was ist der Unterschied zwischen Kennzeichnung und Kenntlichmachung? Die Unterscheidung zwischen den Begriffen der Kennzeichnung und der Kenntlichmachung ist eine nationale Besonderheit in Deutschland (vgl. z. B. § 9 Abs. 1 ZZulV, § 11 Abs. 2 LFGB). Im Gemeinschaftsrecht gibt es eine entsprechende Unterscheidung nicht; insbesondere greift die Zusatzstoffverordnung den Begriff der Kenntlichmachung nicht auf. Insofern stellt sich die Frage, wie sich der Begriff der Kenntlichmachung von dem Begriff der Kennzeichnung unterscheidet. Unter der Kennzeichnung versteht man im Lebensmittelrecht die gesetzlichen, insbesondere die in der LMKV und der Fertigpackungsverordnung sowie in Produktverordnungen vorgeschriebenen Elemente der Pflichtkennzeichnung. Grundsätzlich erfolgt die Kennzeichnung verwendeter Zusatzstoffe im Verzeichnis der Zutaten nach § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 LMKV. Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 der ZZulV ordnet hingegen die ergänzende Kenntlichmachung von enumerativ aufgeführten Zusatzstoffklassen an (Ziffern 1 bis 8). So ist beispielsweise bei Lebensmitteln ein Gehalt an Farbstoffen durch die Angabe „mit Farbstoff“ kenntlich zu machen. Hiermit ist also nicht die Kennzeichnung des Farbstoffes in der Zutatenliste gemeint. Die Kenntlichmachung erfolgt i. d. R. außerhalb des Zutatenverzeichnisses. Im Hinblick auf Lebensmittel, die in nach der LMKV kennzeichnungspflichtigen Fertigpackungen vertrieben werden, hat die Kenntlichmachungspflicht außerhalb des Zutatenverzeichnisses jedoch nur geringe Bedeutung, da die nach § 9 Abs. 1 ZZulV kenntlich zu machenden Angaben nach Abs. 8 Nr. 2 ZZulV in den meisten Fällen entfallen können, wenn auf der Umhüllung oder der Fertigpackung ein Zutatenverzeichnis im Sinne der LMKV angegeben ist. Erforderlich ist die Kenntlichmachung eines Zusatzstoffes zusätzlich zu seiner Kennzeichnung in der Zutatenliste nur in den Fällen des § 9 Abs. 2 ZZulV, nämlich wenn Süßungsmittel verwendet werden. Außerhalb des Zusatzstoffrechts wird der Begriff der Kenntlichmachung zudem in § 11 Abs. 2 LFGB verwendet. Unter dem Begriff der Kenntlichmachung im Sinne des § 11 Abs. 2 LFGB werden ebenfalls Angaben verstanden, die den Verbraucher neben den Pflichtkennzeichnungselementen über die Abweichungen eines Lebensmittels von einem Standard oder besondere Umstände informierten. Nach früher herrschender Ansicht waren die im Rahmen der Kennzeichnung vorgeschriebenen Angaben (z. B. Verkehrsbezeichnung, Zutatenliste) nicht als ausreichende Kenntlichmachung anerkannt. Dieser Auffassung, dass bei abweichender Zusammensetzung eines Lebensmittels eine zusätzliche Kenntlichmachung in Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung erforderlich sei, hat der Europäische Gerichtshof eine Absage erteilt, da dies einen Verstoß gegen die in Artikel 28 EG-Vertrag niedergelegte Warenverkehrsfrei- 50 Behr’s Verlag, Hamburg B Die europäische Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe heit darstellen kann (EuGH-Urteil vom 26.10.1995 – C-51/94, Slg. 1995, Seite I-03599). Die früher vertretene, grundsätzliche Unterscheidung der Begrifflichkeiten der Kennzeichnung und des Kenntlichmachens kann in dieser Form also nicht mehr aufrechterhalten werden. Eine Kenntlichmachung besonderer Umstände als Bestandteil der Kennzeichnung eines Lebensmittels ist immer dort von Bedeutung, wo die normalen Kennzeichnungselemente zur sachgerechten Verbraucherinformation nicht ausreichen, um eine Irreführung auszuschließen. Ob ein Umstand in diesem Sinne kenntlich gemacht ist, muss anhand der Gesamtaufmachung des Lebensmittels beurteilt werden und entzieht sich damit einer generellen Beantwortung. Dies ist stets im Einzelfall zu überprüfen. Für Ihre tägliche Arbeit: Die Kenntlichmachungspflicht im Hinblick auf die Angaben nach § 9 Abs. 1 ZZulV hat damit insbesondere Bedeutung für den Vertrieb loser Ware oder den Vertrieb von Lebensmitteln in Gaststätten oder Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung, da diese Lebensmittel i. d. R. nicht in einer mit einem Zutatenverzeichnis versehenen Lebensmittelfertigpackung an den Verbraucher abgegeben werden. § § 9 ZZulV, § 11 Abs. 2 LFGB 51. Wie erfolgt die Kenntlichmachung der Angaben nach § 9 Abs. 1 ZZulV? Die Art und Weise, wie die Angaben nach Abs. 1 kenntlich gemacht werden müssen, regelt § 9 Abs. 6 ZZulV: • Die Kenntlichmachung muss gut sichtbar, in leicht lesbarer Schrift und unverwischbar vorgenommen werden (§ 9 Abs. 6 ZZulV). • Bei loser Ware erfolgt die Kenntlichmachung auf einem Schild, welches auf oder neben dem Lebensmittel anzubringen ist (§ 9 Abs. 6 Nr. 1 ZZulV). Gleiches gilt für Lebensmittel in nicht kennzeichnungspflichtigen Fertigpackungen und Umhüllungen nach § 1 Abs. 2 LMKV (vgl. § 9 Abs. 6 Nr. 2 ZZulV). • Bei der Abgabe von Lebensmitteln im Versandhandel ist eine Kenntlichmachung in den Angebotslisten erforderlich (§ 9 Abs. 6 Nr. 4 ZZulV). Fragen & Antworten Zusatzstoffe und Enzyme 51 B Die europäische Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe • Bei der Abgabe von Lebensmitteln in Gaststätten erfolgt die Kenntlichmachung auf Speise- und Getränkekarten (§ 9 Abs. 6 Nr. 5 ZZulV). Gleiches gilt nach § 9 Abs. 6 Nr. 6 ZZulV für die Abgabe von Lebensmitteln in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung. Auch hier erfolgt die Kenntlichmachung in Speisekarten oder in Preisverzeichnissen, soweit keine solchen ausgelegt sind oder ausgehändigt werden, in einem sonstigen Aushang oder einer schriftlichen Mitteilung. In Gaststätten und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung gestattet § 9 Abs. 6 Satz 3, dass die Kenntlichmachung der vorgeschriebenen Angaben in Fußnoten erfolgt, wenn bei der Verkehrsbezeichnung des Lebensmittels auf diese hingewiesen wird. Für Ihre tägliche Arbeit: Bei der Art und Weise der Kenntlichmachung der Angaben des § 9 Abs. 1 ZZulV ist also zwischen loser Ware, Lebensmitteln in nicht nach der LMKV kennzeichnungspflichtigen Umhüllungen oder Fertigpackungen, Lebensmitteln in nach der LMKV kennzeichnungspflichtigen Fertigpackungen, der Abgabe von Lebensmitteln im Versandhandel, der Abgabe von Lebensmitteln in Gaststätten sowie der Abgabe von Lebensmitteln in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung zu unterscheiden. § § 9 Abs. 6 ZZulV 52. Was muss nach § 9 Abs. 1 ZZulV kenntlich gemacht werden? Eine Kenntlichmachungspflicht ordnet § 9 Abs. 1 ZZulV nur im Hinblick auf bestimmte Angaben an. Danach ist der Gehalt an Zusatzstoffen in Lebensmitteln bei der Abgabe an Verbraucher wie folgt kenntlich zu machen: • bei Lebensmitteln mit einem Gehalt an Farbstoffen die Angabe „mit Farbstoff“; • bei Lebensmitteln mit einem Gehalt an Zusatzstoffen, die zur Konservierung verwendet werden, durch die Angabe „mit Konservierungsstoff“ oder „konserviert“; diese Angaben können durch folgende Angaben ersetzt werden: a) „mit Nitritpökelsalz“ bei Lebensmitteln mit einem Gehalt an Natrium oder Kaliumnitrit, auch gemischt und in Mischungen mit Kochsalz, jodiertem Kochsalz oder Kochsalzersatz, 52 Behr’s Verlag, Hamburg