1 Meinhard-Wilhelm Schulz Repetitorium Linguae Latinae Latein zum Selberlernen textus: www.argiletum.eu 2 Meinhard-Wilhelm Schulz Repetitorium Linguae Latinae Latein zum Selberlernen Ein Internet-Kurs zum Erlernen der lateinischen Sprache © Meinhard-Wilhelm Schulz, Seeheim-Jugenheim 2016 Publikation auf www.argiletum.eu durch textus: VerlagsService Dr. Helmut Schareika, Gau-Algesheim a. Rh. Zur freien persönlichen oder unterrichtlichen Benutzung. Die gewerbliche Nutzung oder die Übernahme in andere Web-Sites ist untersagt. Die Verantwortung für den Gesamtinhalt trägt allein der Verfasser. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 3 Inhaltsübersicht Einführung........................................................................................ 9 Dieser Lateinkurs ist verfasst… ........................................................................................9 Die Aussprache des Lateinischen.....................................................................................9 1. Teil: Ein Lehrgang...................................................................... 11 L 1 O-Deklination; die 3. Person Präsens ...........................................................11 L 2 Die o-Deklination auf -us (≈ maskulin; männlich – m.)....................................................................................12 L 3 Die o-Deklination auf -um ≈ Neutrum – n..................................................13 L 4 Erste Beispiele zur Konjugation ....................................................................14 L 5 ...eine doppelte Katastrophe!..........................................................................16 L 6 Die A-Deklination ...........................................................................................17 L 7 »Schule« in Germanien ...................................................................................18 Grammatik........................................................................................................................20 L 8 Imperfekt (3. Person) als Beschreibung eines Zustandes ...........................20 L 9 Die römischen Götter......................................................................................22 L 10 Im Folgenden geht es um diese vier Dinge: ..............................................23 L 11 Kimbern und Teutonen.................................................................................26 Übersetzungstechniken ...................................................................................................27 Der Ablativ der Zeit (ablativus temporis) auf die Frage wann ..................................28 Der Akkusativ der Ausdehnung steht auf folgende Fragen:......................................28 wie lang, wie weit, wie hoch und tief, wie breit .........................................................28 L 12 Der komplette Präsens-Stamm ....................................................................29 Futur Aktiv von esse .......................................................................................................31 L 13 Der Präsens-Stamm der a - e - i - Konjugationen ...................................31 2. Der Konjunktiv Präsens Aktiv der a-e-i-Konjugation............................................32 L 14 Der Indikativ Imperfekt Aktiv der a-e-i-Konjugation ...............................................................................................33 Der Konjunktiv Imperfekt der a-e-i Konjugation........................................................34 Die Formen von posse ≈ können...................................................................................35 6. Die Formen von prōdesse ≈ nützen ..........................................................................35 Futur Aktiv der a - e - i Konjugationen.......................................................................36 Der Imperativ (Befehlsform)...........................................................................................36 Der Präsens-Stamm Passiv der a - e - i Konjugationen.............................................37 Der Indikativ Präsens Passiv..........................................................................................37 Der Konjunktiv Präsens Passiv; Bildung: Stamm + a + Endung .............................37 Der Indikativ Imperfekt Passiv: Kennsilbe -ba ............................................................38 Der Konjunktiv Imperfekt Passiv; Kennsilbe -re .........................................................38 Futur I. Passiv ..................................................................................................................39 textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 4 Der Perfekt-Stamm Aktiv komplett ..............................................................................39 ī – istī – it – imus – istis – ērunt.......................................................................39 Perfekt Konjunktiv Aktiv ...............................................................................................40 Plusquamperfekt Aktiv Indikativ ..................................................................................41 Das Plusquamperfekt Aktiv Konjunktiv .......................................................................41 Das Futur II. Aktiv (Perfekt-Futur)................................................................................42 Der Perfekt-Stamm Passiv..............................................................................................43 Perfekt Passiv Indikativ ..................................................................................................43 Perfekt Passiv Konjunktiv ..............................................................................................44 Plusquamperfekt Passiv Indikativ .................................................................................44 Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv .............................................................................45 Futur II. Passiv (Perfekt-Futur) ......................................................................................46 Infinitiv der Vorzeitigkeit Passiv (Inf. Perfekt Passiv)................................................47 Partizip Perf. Passiv der Vorzeitigkeit (PVP) Neutr. Singular + esse........................47 »Schulszene«.....................................................................................................................48 Zum Fragesatz..................................................................................................................49 Zum Konjunktiv...............................................................................................................50 Ornamenta Corneliae – Cornelias Schmuck.................................................................50 Grammatik........................................................................................................................51 Imperarativ – Befehlsform..............................................................................................52 Der alte Pauker und der Herr Direktor..........................................................................52 Grammatik zu Satz 5 und Satz 6 ..................................................................................53 Besuch in Pompeji – Übung zu den Zeiten der Vergangenheit ................................54 Konjunktiv Perfekt Aktiv (Erinnerung) ........................................................................56 Kleine »Schulszene«.........................................................................................................56 Grammatische Ergänzungen und Wiederholungen zum Text...................................57 Futur I. – Wiederholung .................................................................................................57 Ein Unglücksprophet in Köln (Futur-Aktiv-Übung) ...................................................58 ut/nē; quod und cum ......................................................................................................59 Der Raub der Sabinerinnen ............................................................................................61 Zur zeitlichen Folge von Futur I. und Futur II. (Perfekt-Futur) ................................63 Drohungen........................................................................................................................64 Perfekt/Plusquamperfekt/Futur II. Passiv.....................................................................65 Die regelmäßige lateinische Stammform......................................................................66 Wir wiederholen alle Formen von esse ≈ sein.............................................................67 Perfekt Passiv Indikativ Wiederholung ........................................................................67 Perfekt Passiv Konjunktiv (Zusammenfassung) ..........................................................68 Plusquamperfekt Passiv Indikativ (Zusammenfassung) .............................................68 Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv (Zusammenfassung)..........................................69 Futur II. (Perfektfutur) Passiv (Zusammenfasung) ......................................................69 Das Partizip im Kontext: Besuch in einer villa Romana ............................................70 Grammatische Erläuterungen ........................................................................................73 Die Personalpronomina (erste und zweite Person)......................................................74 textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 5 Personalpronomen der ersten und zweiten Person.....................................................75 Demonstrativpronomen als Ersatz für das Personalpronomen ................................76 ille, illa, illud ≈ jener, jene, jenes ..................................................................................77 iste, ista, istud ≈ dieser da, diese da, dieses da (Deklin. wie is, ea, id) .....................77 Einladung an einen Freund............................................................................................80 Die 3. Person reflexiv (Singular und Plural) ................................................................81 Markus und seine Freunde .............................................................................................82 ...noch einmal: Markus und seine schlauen Freunde..................................................83 Deklinationsbeispiel ........................................................................................................83 Das Possessivpronomen..................................................................................................84 Das Possessivpronomen im Singular ............................................................................85 Deklinationsbeispiele ......................................................................................................85 suus ≈ sein (eigen); ihr; reflexiv....................................................................................86 Beispielsätze zum Gebrauch des Possessivpronomens ...............................................87 Die konsonantische Deklination....................................................................................88 Die konsonantische Deklination: Endungen................................................................89 Deklinations-Beispiele ....................................................................................................90 Die gallischen Druiden (Priester) ...................................................................................92 Cloelia ...............................................................................................................................94 Relativpronomen / adjektivisches Interrogativpronomen..........................................96 Das Relativpronomen im Sprachgebrauch ...................................................................97 Kombinationsmodell 2: feminin....................................................................................99 Kombinationsmodell feminin Plural ...........................................................................100 Kombinationsmodell 3: neutrum.................................................................................100 Kombinationsmodell neutrum Plural..........................................................................101 Der Relativische Anschluss ..........................................................................................101 c.) neutrum als Kombinationsmodell ..........................................................................104 Das adjektivische Interrogativpronomen....................................................................105 Das adjektivische Interrogativpronomen feminin.....................................................106 Das adjektivische Interrogativpronomen neutrum....................................................107 Jetzt jede Menge Lesestücke zur Abwechslung und Übung ....................................109 a. Dē Corvō atque Vulpe...............................................................................................109 b.) Dē Baiīs (achte auf das Imperfekt des Zustandes!) ..............................................110 c.) De Puerīs (beachte das Präsens der spannenden Erzählung!) ............................111 d.) Dē Simonide (diesmal alle Tempora durcheinander)...........................................112 Einschub: Misch- und i-Deklination...........................................................................114 g.) De exercitū Romānō (Vorsicht: U-Deklination*)..................................................120 h.) Dē stultitiā Cervī ......................................................................................................122 Das Partizip Präsens Aktiv der Gleichzeitigkeit (PPA/PGA) ....................................124 Die Endungen des PGA.................................................................................................125 PPA/PGA im Einzelfall .................................................................................................126 PGA/PPA der i-Konjugation mit Substantiv der e-Deklination.............................127 PGA/PPA der e-Konjugation mit Substantiv der a-Deklination .............................127 textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 6 De Rusticō Cantante – PGA-Übung ............................................................................129 Der Präsens-Stamm Passiv...........................................................................................130 Präsens Passiv Indikativ ...............................................................................................130 Imperfekt Passiv Indikativ............................................................................................131 Futur I. Passiv ................................................................................................................132 Der Konjunktiv Präsens Passiv ....................................................................................133 Sonderform: Konjunktiv Präsens der a-Konjugation ...............................................134 Der Konjunktiv Imperfekt Passiv.................................................................................135 Die konsonantische Konjugation.................................................................................137 Präsens Aktiv Indikativ der konsonantischen Konjugation.....................................138 Präsens Aktiv Konjunktiv der konsonatischen Konjugation ...................................138 Präsens Passiv der konsonatischen Konjugation ......................................................139 Imperfekt Aktiv der konsonantischen Konjugation..................................................139 Imperfekt Passiv der konsonantischen Konjugation.................................................140 Futur der konsonatischen Konjugation ......................................................................140 Perfekt-Stamm der konsonantischen Konjugation ...................................................141 Tabellarische Gesamtübersicht.....................................................................................143 Infinitive .........................................................................................................................143 Die kurzvokalische i-Konjugation...............................................................................144 Der Infinitiv Präsens der kurzvokalischen i-Konjugation........................................144 Der Sonderfall facere, tun, machen, … .......................................................................148 Sonderform īre ≈ gehen................................................................................................150 Das Supīn .......................................................................................................................152 De Romānīs in Galliā ....................................................................................................153 Das Gerundium ..............................................................................................................153 Kleines Lesestück zum Gerundium..............................................................................154 Das Gerundīvum ............................................................................................................155 Gerundīvum mit konsonatischer Deklination kombiniert........................................156 Gerundīvum mit A-O-Deklinationen kombiniert ......................................................156 Gerundīvum mit ad ≈ zu, zum, zur usw. und mit in ................................................157 Das Gerundium mit causā ≈ wegen, um ... willen, um ... zu ...................................157 Gerundīvum mit obigem causā....................................................................................157 Verwechslungsgefahr Gerundium / Gerundīvum......................................................158 Gerundīvum mit dem Dativ der Person (Kombinationsmodell) .............................158 Das verneinte Gerundivum ≈ nicht dürfen ................................................................160 Die Partizipien in Überblick und Vergleich ...............................................................162 PGA mit Ablativ – sog. ablativus absolutus Aktiv ...................................................163 Der nominale Ablativus absolutus der Gleichzeitigkeit ...........................................165 2.) Das Partizip (Perfekt) Passiv (PVP/PPP) der Vorzeitigkeit .................................166 Das PNA in der umschreibenden Konjugation mit esse...........................................172 König Midas (Ablativus absolutus grün; PGA und PVP blau)..............................173 Akkusativ mit Infinitiv – accusativus cum infinitivo – a.c.i. ..................................175 Der a.c.i. nach Verben der Wahrnehmung:................................................................176 textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 7 a.) mit Infinitiv der Gleichzeitigkeit Aktiv .................................................................176 b.) mit Infinitiv der Vorzeitigkeit Aktiv......................................................................176 Der Infinitiv Passiv der Vorzeitigkeit – Modell für den a.c.i. ..................................178 Die Deponentien ............................................................................................................197 Caesars erste Expedition nach Britannien..................................................................208 Caesar fällt unter die Seeräuber ..................................................................................209 posse ≈ können..............................................................................................................211 Der Nominativ mit Infinitiv (n.c.i.) .............................................................................212 Infinitive und Stammformen der obigen Verben ......................................................213 Der Verrat des Pausanias: ............................................................................................214 Konjunktiv Präsens .......................................................................................................216 Indikativ Imperfekt........................................................................................................217 Infinitiv (Perfekt) Aktiv der Vorzeitigkeit ..................................................................222 Nach velle, nōlle, mālle steht der a.c.i........................................................................222 ferre, ferō, tulī, lātum ≈ tragen – bringen..................................................................223 Dē librīs Sibyllīnīs .........................................................................................................228 īre, eō, iī – gehen...........................................................................................................229 fierī und Komposita von facere ...................................................................................233 Streik der Flötenspieler .................................................................................................234 Die Adjektive der i-Deklination (Zusammenfassung)...............................................236 Das adjektivische Adverb .............................................................................................237 Die Komparation (Vergleich)........................................................................................238 Der Superlativ ohne Vergleich (Elativ) .......................................................................242 Zur Deklination des Komparativs................................................................................243 dominō severiōrī............................................................................................................243 Die zwei Möglichkeiten der lat. Komparation ...........................................................244 2. Teil: reine Lektüre mit Erläuterungen .................................... 245 1. Vercingetorix, Caesar und Labienus.......................................................................245 2. Miltiades, dux Atheniensium...................................................................................250 Grammatik etc. zu Miltiades ........................................................................................251 3. Boduognatus, Caesar und Labienus........................................................................253 Übersetzungsvorschlag .................................................................................................255 Zur Grammatik ..............................................................................................................256 4. Galliens Teile und seine Bewohner.........................................................................257 Übersetzungsvorschlag .................................................................................................258 Grammatik......................................................................................................................259 5. Krieg, Ackerbau und Lebensweise der Sueben......................................................259 Grammatik......................................................................................................................261 6. Die germanischen Reiter (aus dem Gallischen Krieg)...........................................262 Kommentar.....................................................................................................................263 Grammatik......................................................................................................................264 textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 8 8. Die Priester (Druiden) der Gallier ............................................................................268 Grammatik......................................................................................................................271 9. Opferungen und Götter bei den Galliern ...............................................................272 10. Das Telefon der Gallier...........................................................................................277 11. Götter, Religon und hartes Leben der Germanen ...............................................279 Grammatik ....................................................................................................................282 12. Elche in Germanien ................................................................................................283 Grammatik......................................................................................................................285 14. Germanen bestürmen das Lager in Caesars Abwesenheit .................................288 15. Vercingetorix: Reiter und die Taktik der verbrannten Erde ..............................290 16. Caesar holt germanische Reiter zu Hilfe; Plan des Vercingetorix ....................293 17. Die vermeidbaren reiterlichen Niederlagen des Vercingetorix .........................295 18. Die endgültige Niederlage der Gallier ..................................................................302 Grammatik......................................................................................................................305 Zum Verfasser ................................................................................................................309 textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 9 Einführung Dieser Lateinkurs ist verfasst verfasst… 1.) ... für alle Lernenden, die ihr Latein ohne fremde Hilfe von Grund auf wiederholen möchten und/oder sich auf das Latinum bzw. eine Lateinprüfung z.B. in den Universitäts-Fächern Theologie, Germanistik und Geschichte vorbereiten (müssen), und... 2.) ... für alle gestressten Eltern, die im Bemühen, ihrem hoffnungsfrohen Nachwuchs zu einem ebenso guten Latinum zu verhelfen, wie sie es dereinst absolviert haben, an gewisse pädagogische Grenzen stoßen und die Dinge dennoch nicht unbedingt einem auf ihr Geld erpichten Nachhilfelehrer zuschanzen wollen... 3.) ... sowie auch für solche Eltern, die früher einen Bogen ums gute alte Latein gemacht haben und jetzt sehen, wie ihre Sprösslinge, die aus gutem Grund und gut beraten diese Sprache gewählt haben, ein klein Wenig zusätzlicher Hilfe und Beratung bedürfen... 4.) ... und last not least für alle, die mutig genug sind, das Lernen der lateinischem Sprache selbst und ohne Lehrer in die Hand zu nehmen. Besonders für diese Gruppe vorab einige wenige Hinweise: Die Aussprache des Lateinischen Latein spricht und liest man (im Wesentlichen) wie Deutsch. Dabei verzichtet man aber bei der Schreibung auf diejenigen Konsonanten, die darauf hinweisen, wann ein Vokal lang gesprochen wird (ah; ie; oh usw.; der Römer würde z. B. so schreiben: Si fil tif ≈ sie fiel tief). In unserer Ausgabe wird deshalb immer wieder – wenn auch nicht grundsätzlich-sklavisch – mit einem Längestrich (z.B. delēre – sprich: delehre) darauf hingewiesen, wann ein Vokal lang zu sprechen ist. Außerdem werden sp und st norddeutsch ausgesprochen: s-p und s-t. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 10 Die Römer haben für unsere drei Buchstaben u – v – w nur einen gemeinsamen Buchstaben, das v. Sie würden also unser gutes altes Deutsch folgendermaßen schreiben: VMSONST ≈ umsonst; VANDERN ≈ wandern usw. Das lateinische i ist der gemeinsame Buchstaben für unsere i + j. Also: Iulius ≈ Julius; iam (schon): »jámm«. Der Buchstabe c wird wie k gesprochen; – ae ~ ä (eigentlich aber: a-e); Caesar hieß demnach richtig gesprochen: Ka-esar oder Ka-isar (davon unser Wort Kaiser, weil sich Caesars Name auf seine Thronfolger vererbte). Wörter mit qu- gesprochen wie Quatsch, Quark, Quelle und Qualle. Weiterhin betonen die Römer fast immer die zweitletzte Silbe, auf jeden Fall (fast, ganz selten) nie die letzte Silbe. Dazu folgende Beispiele (mit dem sonst im Lateinischen nicht vorhandenen Akzent versehen): magíster ≈ Lehrer; Románus ≈ Römer; hórtus ≈ Garten; amíca ≈ Freundin; cása ≈ Hütte, Haus usw. Flankierend zu unserem Repetitorium ist – immer wieder zum Nachschlagen – eine der vielen angebotenen Systemgrammatiken zu Rate zu ziehen und das Vokabular aus einem beliebigen Grund- und Aufbauwortschatz zu erlernen und zu festigen. Unser Repetitorium ist in zwei Teile gegliedert: 1. Lehrgang zum Selberlernen oder Wiederholen 2. Lektürestücke, vor allem Caesar im Original Mehr ist vorab nicht zu wissen. Viel Vergnügen und Erfolg! BONAM FORTVNAM ! Jugenheim, im Sommer 2012 – der Verfasser P.S. Unser Lehrgang sollte auch ein kleiner Sprachkurs Deutsch sein … textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 11 1. Teil: Ein Lehrgang L1 O-Deklination; die 3. Person Präsens Zu Anfang lernen wir zunächst die komplette O-Deklination (lateinisch: declinātio; declināre ≈ biegen, beugen) kennen. Sie hat ihren Namen vom Ende des Wort-Stammes, der ursprünglich in allen Fällen (casus ≈ Fall; Plural: casūs ≈ Fälle) auf o endete; teilweise hat sich aber das o zum verwandten und ähnlich klingenden u verändert, und vor dem gelegentlichen i in der Endung ist es ganz ausgefallen. Außerdem lernen wir hier, dass die lateinischen Vokabeln auf -us männlich / maskulin (m.) und die auf -um sächlich / neutrum (n.) sind. Das bedeutet aber nicht, dass sie auch im Deutschen maskulin sein müssen: Römer wie Deutsche haben – außer bei Personen – das keiner Logik unterliegende grammatische Geschlecht. Dass nun freilich das Mädchen bei uns (ein) Neutrum ist, gilt unübersehbar aber nur für die Grammatik (und findet sich bei diesen Wesen auch bei manchen Ausdrücken im Lateinischen)! Dazu folgende Beispiele auf -us (m.): stilus ≈ der Stift – locus ≈ die Stelle – equus ≈ das Pferd. Das Setzen in die einzelnen Fälle (casūs) nennen wir die Deklination / deklinieren (declināre ≈ biegen, beugen). Zusätzlich zu den vier bekannten Fällen (casūs) im Deutschen kennen wir im Lateinischen einen fünften Kasus. Singular ≈ Einzahl – Plural ≈ Mehrzahl – dominus ≈ der/ein Herr (Wortart: Substantiv) – māgnus ≈ groß (Wortart: Adjektiv) – das Lateinische kennt keinen Artikel (bei uns: der, die, das ≈ bestimmter Artikel / einer, eine, eines ≈ unbestimmter Artikel). Nur der Zusammenhang zeigt uns, welcher Artikel richtig ist. Grundsätzlich gilt: Ist die Person oder Sache bekannt, steht der bestimmte Artikel; ist sie unbekannt, steht der unbestimmte, z.B.: Ein Mann tritt ein. Der (dieser) Mann setzt sich hin und verspeist seine unvermeidliche Bratwurst. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 12 L 2 Die o-Deklination auf -us (≈ maskulin; männlich – m.) Casus (Singular) Nominativ ≈ N Genitiv ≈ G Dativ ≈ D Akkusativ ≈ AK Ablativ ≈ AB (nicht im Deutschen) Casus (Plural) Nominativ ≈ N Genitiv ≈ G Dativ ≈ D Akkusativ ≈ AK Ablativ ≈ AB (nicht im Deutschen) ... auf die Frage: Deklination Lateinisch wer oder was wessen wem wen oder was asin-us magn-us asin-i magn-i asin-ō magn-ō asin-um magn-um womit, wodurch, (wo, wann u.a.) asin-ō magn-ō wer, was wessen wem wen, was asin-i magn-i asinōrum magnōrum asin-īs magn-īs asin-ōs magn-ōs womit, wodurch, (wo, wann u.a.) asin-īs magn-īs Deklination Deutsch: maskulin der/ein großer Esel des/eines großen Esels dem/einem großen Esel den/einen großen Esel durch den/einen großen Esel mit dem/einem großen Esel die großen Esel /große Esel der großen Esel /großer Esel den großen Eseln/großen Eseln die großen Esel /große Esel textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae das ein 13 durch die großen E./durch große E. mit den großen E./ mit großen E. Leider stimmt das Geschlecht (Genus) im Lateinischen und Deutschen nicht immer überein: dieWährend eine locus arduus ≈ , steile Stelle und equus bellus ≈ , hübsche(s) Pferd im Lateinischen genau so wie dominus dekliniert wird, müssen wir im Deutschen noch tüchtig üben: Singular feminin – deutsch die/eine steile Stelle der/einer steilen Stelle der/einer steilen Stelle die/eine steile Stelle durch die/eine steile Stelle Plural feminin – deutsch N G D AK AB Singular neutrum – deutsch das/ein schönes Pferd des/eines schönen Pferdes dem/einem schönen Pferd das/ein schönes Pferd durch das/ein schönes Pferd L3 die steilen Stellen/steile Stellen der steilen Stellen/steiler Stellen den steilen Stellen/steilen Stellen die steilen Stellen/steile Stellen durch die steilen Stellen/ durch steile S. Plural neutrum – deutsch N G D AK AB die schönen Pferde/schöne Pferde der schönen Pferde/schöner Pferde den schönen Pferden/schönen Pferden die schönen Pferde/schöne Pferde durch die schönen P./durch schöne P. Die o-Deklination auf -um ≈ Neutrum – n. Regel 1: Auch hier gilt: Das Geschlecht (lat. génus) muss im Lateinischen und Deutschen nicht übereinstimmen: pilum acutum der ≈ spitze Speer – periculum novum die ≈ neue Gefahr – tectum altum das ≈ hohe Dach. Dafür sehen wir (ganz logisch), dass Adjektiv und Substantiv in Kasus (Fall) – Numerus (Zahl) und Genus (Geschlecht) stets übereinstimmen müssen: die sogenannte KNG – Kongruenz. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 14 Regel 2: Außerdem beachten wir: Im Lateinischen und Deutschen sind beim Neutrum der Nominativ und der Akkusativ immer gleich; im lateinischen Nominativ und Akkusativ Plural lautet die Endung immer -a. das hohe Dach ein hohes Dach tect-um alt-um tect-ī alt-ī tect-ō alt-ō tect-um alt-um tect-ō alt-ō Casus die hohen Dächer hohe Dächer N tect-a alt-a G tect-ōrum alt-ōrum D tect-īs alt-īs AK tect-a alt-a AB tect-īs alt-īs Regel: Außerdem haben wir jetzt endgültig festgestellt, dass bei der O-DeDativ und klination Ablativder immer gleich sind; bei den folgenden Deklinationen wird es zumindest beim Plural so bleiben. L4 Erste Beispiele zur Konjugation Vorbemerkungen: Unter Konjugation (Verb: konjugieren; von lateinisch »coniungere« ≈ mit Person und Zeit »verbinden«) versteht man folgendes: Ein Verb (≈ Tätigkeitswort), das wir zunächst vom Infinitiv (lat. »infinītus ≈ unbestimmt«) her kennen (z.B. laudā-re – loben; monē-re – mahnen; audī-re – hören) wird nun mit Person und Zeit »verbunden«. In der ersten Lerneinheit begegnet uns zunächst nur die 3. Person (er, sie, es / sie – Plural) Präsens ≈ Gegenwart der normalen Verben (z.B. loben) und des Hilfsverbs esse ≈ sein; esse ≈ sein nennen wir »Hilfsverb«, weil es meist kein vollständiges Prädikat bilden kann und auf die »Hilfe« eines Substantivs oder Adjektivs (oder auf beides) angewiesen ist: a.) Satzbau mit esse – sein Satzteil: Subjekt Satzteil: Prädikat, bestehend aus: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 15 Iulius amīcī Julius die Freunde Iulius amicī Julius Die Freunde und Hilfsverb PrädikatsNomen stupidus est stupidī sunt ist dumm. sind dumm. camēlus stupidus est camēlī stupidī sunt ist ein dummes Kamel. sind dumme Kamele. Merke: est ≈ er / sie / es ist – sunt ≈ sie sind b.) Satzbau mit Vollverb (a.) Subjekt Dativ-Objekt (wer/was?) (wem?) Marcus Markus Romānī Die Römer Luciō dem Lucius Germānīs den Germanen Akkusativ-Objekt Prädikat (was (wen? Was?) macht das Subjekt?) camēlum monstra-t das/ein Kamel zeig-t equōs monstra-nt (die) Pferde zeig-en c.) Satzbau mit Vollverb (b.) Subjekt (wer oder was) Marcus Markus Romānī Die Römer Akk. – Obj. Genitiv – Attribut (wen od. was) (wessen) equum das Pferd equōs (die) Pferde Prädikat (was tut das Subjekt) amic-ī equita-t des/seines Freundes reite-t German-ōrum equita-nt der Germanen reit-en Merke: andere Satzstellung der Römer: Subjekt vorn; Prädikat hinten! Regel: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 16 Endung -t ≈ er, sie, es Endung -nt ≈ sie (Plural) laudat = er / sie / es lobt monet = er / sie / es mahnt audit = er / sie / es hört laudant = sie loben monent = sie mahnen audiunt = sie hören Merke: Die Stämme der Verben enden wahlweise auf : a / e / i L5 ...eine doppelte Katastrophe! 1 Rhēnus fluvius est. 2. Rhēnus et Moenus et Danūvius fluviī sunt. 3 Campus rusticī ad Danuvium sītus est. 4 Rusticus campum ad Danūvium situm aratrō arat. 5 Paulatim Danūvius intumescit et campum rusticī inundat. 6 Rusticus filiōs auxiliō vocat. 7 Filiī rusticī hortum vallō altō circumdant; campōs relinquunt. 8 Etiam servī rusticō parent et filiīs rusticī auxiliō veniunt. 9 Servī rusticī multōs equōs servant et in locum altum ducunt, nam fluvius valla alta superat et hortum inundat. 10 Tum etiam vicum rusticōrum vastat. 11 Rusticī magnō in periculō sunt et aedificia servāre non possunt. 12 Rusticī in periculīs amicōrum auxilium exspectant, sed frustra: 13 Amīcī in oppidō habitant et in vicum venīre non possunt, nam incendium magnum tectum aedificiī amicorum dēlet. fluvius: Fluss hortus: Garten amīcus: Freund et: und vallum: Wall auxilium: Hilfe campus: Feld altus, um: hoch exspectāre: erwarten sītus, um: gelegen, liegend circumdāre: umgeben frustra: vergeblich arāre: pflügen; arātrum: Pflug relinquere: verlassen oppidum: Stadt paulātim: allmählich servus: Sklave habitāre: wohnen; leben intumescere: anschwellen parēre: gehorchen incendium: Brand, Feuer inundāre: überschwemmen venīre: kommen māgnus, um: groß filius: Sohn servāre: retten tectum: Dach; Haus auxilium: Hilfe posse: können aedifīcium: Gebäude vocāre: rufen periculum: Gefahr delēre: zerstören Übersetzung: 1 Der Rhein ist ein Fluss. 2 Rhein, Main und Donau sind Flüsse. 3 Das Feld des Bauern ist an der Donau gelegen. 4 Der Bauer pflügt das an der Donau liegende (gelegene) Feld mit dem Pflug. 5 Allmählich schwillt die Donau an und überschwemmt das Feld des Bauern. 6 Der Bauer ruft seine Söhne zu Hilfe. 7 Die Söhne des Bauern umgeben textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 17 den Garten mit einem hohen Wall; die Felder verlassen sie. 8 Auch die Sklaven des Bauern gehorchen und kommen den Söhnen des Bauern zu Hilfe. 9 Die Sklaven des Bauern retten viele Pferde und führen sie an einen hohen Platz, denn der Fluss überwindet die hohen Wälle und überschwemmt den Garten. 10 Dann verwüstet er auch das Dorf der Bauern. 11 Die Bauern sind in großer Gefahr und können ihre Gebäude nicht retten. 12 In den Gefahren erwarten die Bauern die Hilfe der Freunde, aber vergeblich: 13 Die Freunde leben in der Stadt und können nicht ins Dorf kommen, denn ein großes Feuer zerstört das Dach des Hauses der Freunde. Regel 1: Der Ablativ steht auf die Frage womit/wodurch (Ablativ des Mittels oder Werkzeuges – ablativus instrumentī): Romani gladiō et pilō /gladiīs et pilīs pugnant ≈ die Römer kämpfen mit Schwert (gladius) und Speer (pilum) / mit Schwertern und Speeren. Regel 2: Der Ablativ steht auch auf die Frage wo (Ablativ des Ortes – ablativus locī): Amici in oppido / in oppidīs sunt ≈ die Freunde sind in der, einer Stadt / in (den) Städten. Regel 3: Der Akkusativ steht auch auf die Frage wohin/in welche(r) Richtung/wo hinein, oft mit in: Rusticī in campum/in campōs veniunt ≈ die Bauern kommen auf das, ein Feld/ auf die Felder. Regel 4: Der Akkusativ steht immer bei ad: Campus ad fluvium/ad fluviōs situs est ≈ das / ein Feld ist beim Fluss / bei den Flüssen gelegen, liegt beim Fluss / bei den Flüssen. Regel 5: Genitiv-Kette: Ein Genitiv ist jeweils vom vorherigen abhängig: Tectum aedificiī amicōrum ≈ das Dach des Hauses der Freunde. Übung: Wir deklinieren Substantive jeweils mit einem zugehörigem Adjektiv lateinisch und deutsch: vīcus novus: das neue Dorf / ein neues Dorf; vallum altum: der hohe Wall / ein hoher Wall. L6 Die A-Deklination textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 18 Nach der O-Dekl. auf -us (m.); -um (n.) lernen wir die A-Deklination mit dem auf -a endenden Wortstamm kennen. Substantive und Adjektive der A-Deklination sind weiblich ≈ feminin (f.; wieder nur grammatisches Geschlecht): silva – der Wald; insula – die Insel; puella – das Mädchen. Bei den Adjektiven wird das bisherige -us (m.) oder -um (n.) durch -a (f.) ersetzt; hier als Beispiel insula magna – die/eine große Insel: insul-a magn-a insul-ae magn-ae N G insul-ae magn-ae insul-am magn-am insul-ā magn-ā D AK AB insul-ae magn-ae insul-ārum magnārum insul-īs magn-īs insul-ās magn-ās insul-īs magn-īs ...beachten und merken: 1.) Die Endung -ae kommt dreimal vor; nur der Zusammenhang zeigt, welche grammatische Aufgabe welche Form hat. 2.) Beim Dativ und Ablativ Plural fällt vor der Endung -īs wiederum der Stammvokal aus (diesmal a): rusticīs (von rusticus) – oppidīs (von oppidum) und insulīs (von insula) haben also hier die gleiche Endung und können nur unterschieden werden, wenn man das Wort kennt (naturgemäß durch Vokabel-Lernen, leider!). 3.) Das Adjektiv hat also drei Nominativ-Endungen: magnus – magna – magnum: hortus magnus (m.) ≈ großer Garten – insula magna (f.) ≈ große Insel – monstrumum magnum (n.) ≈ großes Monster. L7 »Schule« in Germanien 1 Iulia filia Marcī Iuliī est. 2 Iuliae servae duae sunt, et Flava et Afra; serva Flava Iuliae tābulam et stīlum in scholam portat. 3 Iulia cum Flavā et puellīs vicīnīs in scholam properat. 4 Ibi puellae magistram salutant. 5 Magistra puellās re-salutat et māgnam puellārum industriam laudat. 6 Tum magistra discipulīs dē vītā Germanōrum horridā narrat: 7 »In Germāniā multae atque magnae sunt silvae. 8 In silvīs bestiae magnae vivunt: et ursae et lupī et urī. 8 Germānī bestias foveīs altīs captant et necant. 9 Germānīs agricultura nota nōn est; vaccās autem multās alunt. Vaccae Germa- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 19 nōrum parvae sunt. 10 Germānī multum caseō et lacte et carne vivunt. 11 Germānī Freae deae captās bestiās immolāre solent. 12 Līberī Germanōrum scholam non visitant: Tōtā in Germaniā nulla est schola, nullum gymnasium«. Iulia: Julia filia: Tochter M. Iulius: M. Julius serva: Sklavin duae (f. Plural): zwei Flava; Afra: Namen puella: Mädchen vicīnus, a, um: benachbart schola: Schule properare: eilen magistra: Lehrerin salutāre: grüßen re-salutāre: wiedergr. māgnus, a, um: groß industria: Fleiß laudāre: loben vita: Leben Germānī: die Germanen horridus, a, um: scheußlich narrāre: erzählen multī, ae, a (Plural): viele silva: Wald bestia: wildes Tier ursa: Bär lupus: Wolf urus: Auerochse fovea: Fallgrube altus, a, um: hoch/tief captāre: fangen necāre: töten agricultura: Landwirtschaft notus, a, um: bekannt vacca: Kuh alere: ernähren parvus, a, um: klein caseus: Käse lacte et carne: v. Milch u. Fleisch Frea dea: die Göttin Freya captus, a, um: gefangen immolāre: opfern solēre: pflegen, immer tun līberī (Plural): die Kinder visitāre: besuchen totus, a, um: ganz nullus, a, um: kein Übersetzung: Julia ist die Tochter des Markus Julius. 2 Der Julia sind ≈ gehören zwei Sklavinnen – Julia hat zwei Sklavinnen, sowohl Flava (»die Blonde«) als auch Afra (»die Afrikanerin«); die Sklavin Flava trägt der Julia die Schreibtafel und den Stift in die Schule. 3 Julia eilt mit Flava und den benachbarten Mädchen (Nachbarmädchen) in die Schule. 4 Dort grüßen die Mädchen die Lehrerin. 5 Die Lehrerin grüßt die Mädchen zurück und lobt ihren großen Fleiß. 6 Dann erzählt die Lehrerin den Schülerinnen über das primitive Leben der Germanen: 7 »In Germanien gibt es viele und große Wälder. 8 In den Wäldern leben große wilde Tiere: sowohl Bären als auch Wölfe und Auerochsen. 8 Die Germanen fangen die wilden Tiere in tiefen Fallgruben und töten sie. 9 Den Germanen ist kein Ackerbau ≈ sie haben keinen Ackerbau (keine »Agrikultur«), aber sie ernähren – halten viele Kühe. Die Kühe der Germanen sind klein. 10 Die Germanen leben viel von Käse, Milch und Fleisch. 11 Die Germanen pflegen der Göttin Freya die gefangenen Tiere – gefangene Tiere zu opfern. 12 Die Kinder der Germanen besuchen nicht die Schule ≈ besuchen keine Schule: In ganz Germanien gibt es keine Schule, kein Gymnasium.« textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 20 Grammatik 1.) »Iuliae duae servae sunt ≈ Der Julia (Dativ-Objekt) sind bzw. gehören (Prädikat) zwei Sklavinnen« (Subjekt): esse + Dativ ≈ gehören, haben, besitzen: »Julia hat / besitzt zwei Sklavinnen«. 2.) »In Germaniā silvae sunt ≈ In Germanien gibt es Wälder«: esse als Vollverb und damit vollständiges Prädikat in der Bedeutung von vorhanden sein. 3.) »Magistra māgnam puellarum industriam laudat ≈ Die Lehrerin lobt den großen Fleiß der Mädchen«; der im Lateinischen ziemlich beliebte gesperrte Ausdruck kann nicht wörtlich übersetzt werden; eine Umstellung der Reihenfolge im Deutschen ist erforderlich. 4.) In Satz 6 heißt es: »Magistra discipulīs narrat«: discipulīs kann sowohl der Dativ-Ablativ Plural maskulin (von discipulus) wie auch feminin (von discipula) sein, weil ja das Stamm-o und das Stamm-a vor -īs ausfällt. Der Zusammenhang macht aber folgendes klar: a.) Wir fragen: »Wem erzählt sie« – also Dativ! b.) Es ist nur von Mädchen die Rede; daraus ergibt sich ganz genau, dass es Dativ Plural feminin ist: »den/ihren Schülerinnen«. L8 Imperfekt (3. Person) als Beschreibung eines Zustandes Nun tauchen wir in die Vergangenheit ein. Dabei ist folgendes zu beachten: In vielen Sprachen gibt es zwei verschiedene Zeiten der einfachen Vergangenheit; bei uns im Deutschen das Präteritum (ich lobte) und das Perfekt (ich habe gelobt); im Englischen das past tense (I worked) und das present perfect (I have worked). Auch das Lateinische besitzt zwei Formen der Vergangenheitsbildung, das Imperfekt (Ausdruck des Zustandes oder der Dauer einer Handlung) und das Perfekt (es kommt später) als Haupttempus der Erzählung. Außerdem: Wir haben bisher nur das Aktiv (von lat. agere ≈ handeln; also: man handelt selbst) durchgenommen; das Passiv (von lat. patī ≈ leiden; man muss die Handlung eines anderen »erleiden«). Konjugationsbeispiel textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 21 3. Person Präsens Aktiv laudat ≈ er/sie/es lobt monet ≈ er/sie/es mahnt audit ≈ er/sie/es hört est ≈ er/sie/es ist laudant ≈ sie loben monent ≈ sie mahnen audiunt ≈ sie hören sunt ≈ sie sind 3. Person Imperfekt Aktiv laud-ā-ba-t ≈ er/sie/es lobte; hat gelobt mon-ē-ba-t ≈ er/sie/es mahnte; hat ge- mahnt aud-iē-ba-t ≈ er/sie/es hörte; hat gehört erat ≈ er/sie/es war; ist gewesen laud-ā-ba-nt ≈ sie lobten, haben gelobt mon-ē-ba-nt ≈ sie mahnten, haben gemahnt aud-iē-ba-nt ≈ sie hörten, haben gehört erant ≈ sie waren, sie sind gewesen 1.) Das Imperfekt (tempus imperfectum ≈ unvollendete Zeit) beschreibt den Zustand (oder die Dauer einer Handlung; manchmal auch eine versuchte Handlung) und wird im Deutschen mit Präteritum (z.B. er lobte) oder mit Perfekt (er hat gelobt) wiedergegeben. Also z.B. laborābat ≈ a.) er arbeitete (gemeint: immer); b.) er arbeitete (gemeint: lange Zeit); c.) er versuchte zu arbeiten. Was richtig ist, muss aus dem Zusammenhang ermittelt werden. 2.) Im Lateinischen wird die Imperfekt-Tempus-Kennsilbe -ba eingeschoben; im deutschen Präteritum die Tempus-Kennsilbe -te. 3.) Das deutsche Perfekt wird mit den Hilfsverben haben / sein und dem Partizip gebildet bzw. daraus zusammengesetzt, z.B.: Er ist gekommen und hat uns begrüßt. Sein steht nur bei Verben der Bewegung, z.B. kommen, gehen, eilen... Sonst steht haben. Im sog. Schriftdeutschen steht das Präteritum (z.B. ich lobte) als HauptTempus des Erzählens, während es bes. im Süddeutschen allmählich aus der gesprochenen Sprache durch das sogenannte Perfekt (z.B. ich habe gelobt) verdrängt wird; unser Perfekt steht bei Handlungen, die a.) bis an die Gegenwart heranreichen oder die b.) Allgemeingültigkeit besitzen: a.) Ich habe gerade tief Luft geholt. b.) Der Pauker: Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht immer schwätzen sollst. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 22 L9 Die römischen Götter 1 Iup(p)iter summus dominus deōrum deārumque Romanōrum erat. 2 Romani deīs templa magna aedificabant. 3 Mars, ūnus e filiīs summī deī, deus bellōrum atque agricultūrae erat. 4 Mercurius, nuntius deōrum, mandata divīna nuntiābat et viās bonās monstrābat. Itaque arae Mercuriī plerumque in viīs erant. 5 Animās quoque mortuōrum ad inferōs portābat. 6 Bacchus uvās et vinum bonum donābat. 7 Neptūno, dominō Oceanī, Romānī multōs taurōs coronīs ornātōs in arīs immolābant. 8 Feminae Romanae aram Vestae, deae focī, ornābant. 9 Multōs quoque aliōs deōs Romānī multīs in templīs adorābant. Iuppiter: Jupiter summus, a, um: höchster -que (angehängt): und aedificāre: bauen validus, a, um: stark Mercurius: Merkur nuntius: Bote mandātum: Auftrag divīnus, a, um: göttlich nuntiare: melden certus, a, um: sicher, bestimmt via: Weg monstrāre: zeigen itaque: daher, deshalb plerumque: meistens anima: Seele quoque (nachgestellt): auch mortuus, a, um: gestorben, tot ad (beim Akkusativ): zu, an, bei inferus, a, um: unterirdisch, unten inferī, ae, ae (Pl.): die Unterwelt deportare: herab-, hinabtragen Bacchus: Bacchus uva: Weintraube bonus, a, um: gut donāre: schenken Neptunus: Neptun oceanus: Ozean multī, ae, a (Pl.): viele taurus: Stier Vesta: Vesta focus: Herd, Feuerstelle alius, alia, aliud: ein anderer Jupiter war der höchste Herr der Götter und Göttinnen. 2 Die Römer bauten den Göttern große Tempel. 3 Mars, einer der Söhne des höchsten Gottes, war der Gott der Kriege und der Landwirtschaft. 4 Merkur, der Bote der Götter, meldete die göttlichen Aufträge und wies gute Wege. Daher standen die Altäre des Merkur meist an Wegen. 5 Er brachte auch die Seelen der Verstorbenen in die Unterwelt. 6 Bacchus schenkte die Trauben und guten Wein. 7 Neptun, dem Herrn des Ozeans, opferten die Römer viele mit Kränzen geschmückte Stiere ≈ viele Stiere, die mit Kränzen geschmückt waren, auf den Altären. 8 Die röm. Frauen schmückten den Altar der Vesta, der Göttin des Herdes. 9 Auch viele andere Götter beteten die Römer in vielen Tempeln an. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 23 ...unbedingt beachten: Subjekt Mars, Mars, Mercurius, Merkur, (nachgestellte) Apposition (d.h. Beifügung) filius summī deī, der Sohn des höchsten Gottes, nuntius deōrum, der Bote der Götter, Dativ-Objekt (nachgest.) Apposition (d.h. Beifügung) Neptunō, dominō oceanī, Dem Neptun, dem Herrn des Ozeans, Prädikat ≈ Prädikatsnomen und Hilfsverb magnus deus erat. war ein großer Gott deus clārus erat war ein berühmter Gott Subjekt mit Akk.-Objekt und Prädikat Romānī taurōs immolābant. opferten die Römer Stiere. ...zur Übersetzung gesperrter Ausdrücke: Romānī taurōs multōs coronīs ornatōs Neptunō immolābant. Die Römer viele mit Kränzen geschmückte Stiere dem Neptun opferten. Die Römer opferten Neptun viele mit Kränzen geschmückte Stiere; die Römer opferten Neptun viele Stiere, die mit Kränzen geschmückt waren – die sie mit Kränzen geschmückt hatten. L 10 Im Folgenden geht es um diese vier Dinge: 1.) Substantive und Adjektive auf -er: Sie haben im Nominativ Singular maskulin die Endung -us verloren; einige verkürzen dann ab dem Genitiv Singuar das -er zu -r. Wir müssen daher beim Einüben der entsprechenden Substantive immer den Genitiv mitlernen. Bei den Adjektiven zeigt es sich schon ab dem Nominativ Singular feminin, wenn das -er auf den Nominativ Singular maskulin beschränkt ist (s.u.): puer, (Gen.) puerī ≈ Junge ager, (Gen.) agrī ≈ Acker textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 24 pīger, pigra, pīgrum ≈ faul puer piger et malus magister piger et iratus ancilla pigra et mala monstrum pigrum ≈ der faule und böse Junge ≈ der faule, wütende Lehrer ≈ die faule und böse Dienerin ≈ das faule Ungeheuer Singular: der faule, böse Casus Plural: die faulen bösen Jungen Junge N puer piger et malus G puerī pigrī et malī D puerō pigrō et malō puerum pigrum et malum AK AB puerō pigrō et malō der/ein faule(r) Lehrer magister piger magistrī pigrī magistrō pigrō magistrum pigrum magistrō pigrō puerī pigrī et malī puerōrum pigrōrum malōrum puerīs pigrīs et malīs puerōs pigrōs et malōs puerīs pigrīs et malīs Casus die faulen Lehrer; faule L. N G D AK AB magistrī pigrī magistrōrum pigrōrum magistrīs pigrīs magistrōs pigrōs magistrīs pigrīs Völlig normal, wie gehabt, verlaufen hingegen die Deklinationen von a.) puella pigra (feminin) und b.) monstrum pigrum (neutrum; Modelle: s.o.). 2.) Wir lernen den Kausal-Satz kennen: Er benennt sich nach dem lateinischen Substantiv causa ≈ der Grund. Lateinische Kausalsätze werden z.B. durch quod oder quia ≈ weil, da (ja) eingeleitet. Weil ein Kausalsatz nicht selbständig existieren kann (z.B: ..., weil sie belämmert waren), gehört er zu den sog. Nebensätzen. Nebensätze müssen sich an einen selbständigen Satz ≈ einen Hauptsatz anlehnen, z.B.: Romānī multōs deōs adorābant, quod/quia piī erant ≈ die Römer beteten viele Götter an, weil / da sie (ja) fromm waren. 3.) Wir lernen weitere Präpositionen kennen. Diese meist ganz kurzen Vokabeln haben ihren Namen von der Tatsache, dass sie jeweils vor dem zugehörigen Ausdruck stehen (lat. prae-ponere ≈ voranstellen; lat. praepositiō ≈ Voranstellung): in ≈ in, auf, an: in casam (Akkusativ) ≈ in die Hütte (hinein): Frage wohin? – in campīs (Ablativ) ≈ auf den Feldern: Frage textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 25 wo? – cum (Ablativ) ≈ mit ... zusammen – ad ≈ bei, hin ... zu (Akkusativ): Frage wohin, in welche(r) Richtung? Regel: Die lateinischen Präpositionen stehen grundsätzlich nur beim Akkusativ oder beim Ablativ. 4.) Wir lernen die 3. Person Singular und Plural des lat. Perfekts kennen; Perfekt kommt von perfectus, a, um ≈ vollendet. Das Perfekt bezeichnet die einmalige, oft nur kurze Handlung in der Vergangenheit und entspricht meist dem deutschen Präteritum. Das Perfekt ist in lateinischen Texten das häufigste Tempus der Vergangenheit, nämlich das allgemeine Tempus der Erzählung. Vgl. Imperfekt: Tempus der Vergangenheit als Ausdruck der Dauer, der Wiederholung oder des Versuches. In der unten folgenden Tabelle sehen wir die regelmäßige Bildung des Perfekt (3. Person) dieser Verben, deren Stämme auf -a; -e; -i enden (A-Konjugation: laudā-re; E-Konjugation: monē-re; I-Konjugation: audī-re): An den Präsensstamm wird ein v angehängt (V-Perfekt); so entsteht der Perfekt-Stamm: lauda wird zu laudav, audi zu audiv. Bei der E-Konjugation haben die meisten Verben im Perfekt das -e des Stammes verloren, z.B. monēre – mahnen, so dass für uns aus dem v ein weicheres u wird (die Römer machten gar keinen Unterschied; für sie gab es nur den Großbuchstaben V für unsere Buchstaben u, v, w; die kleinen lateinischen Buchstaben stammen erst aus der Zeit um 800). Nur folgende E-Verben haben das -e im Perfekt behalten und besitzen daher das sog. V-Perfekt: delēre ≈ zerstören; flēre ≈ weinen; plēre ≈ füllen (mit implere; explere; complere ≈ hineinfüllen, ausfüllen, voll füllen). 3. Pers. Singular Perfekt Aktiv laudāv-it delēv-it monu-it audīv-it 3. Pers. Plural Perfekt Aktiv laudāv-ērunt delēv-ērunt monu-ērunt audīv-ērunt Übersetzung jeweils mit Präteritum oder mit sogenanntem Perfekt er, sie, es lobte, hat gelobt er, sie, es zerstörte, hat zerstört er sie es mahnte, hat ge- /ermahnt er, sie, es hörte, hat gehört Übersetzung jeweils mit Präteritum oder mit sogenanntem Perfekt sie lobten, sie haben gelobt sie zerstörten, sie haben zerstört sie er-mahnten, sie haben ge- / ermahnt sie hörten, sie haben gehört textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 26 L 11 Kimbern und Teutonen 1. Magister puerīs et puellīs de Cimbrīs Teutonīsque narrāvit: 2 »Quia caelum Germāniae asperum erat, Cimbrī Teutonīque cum feminīs atque līberīs e patriā in Germania sītā in Galliam ēmigrāvērunt et (per) multōs annōs Galliam vastāvērunt. 3 Mediā in Galliā pulchrā nova domicilia aedificāvērunt. 4 Annīs posterīs nōn modo cum Gallīs sed etiam cum Romānīs crebrīs proeliīs pugnāvērunt. 5 Ā Romānīs agrōs provinciae Romānae finitimōs postulāvērunt. 6 Tum Gaius Marius, quī copiīs Romānīs praeerat, populum Romānum ē māgnīs periculīs servavit. 7 Statim māgnās Romanōrum copiās comparavit et Germānōs asperīs bellīs apud Aquās Sextiās et apud Vercellās plānē vīcit«. Cimbrī, orum: die Kimbern Teutonī, orum: die Teutonen, beides german. Völker quia: weil caelum: Himmel, Klima cum (Präp. m. Abl.): mit patria: Vaterland, Heimat ē-migrāre: aus-wandern Gallia: Gallien per (Präp. m. Akk.): durch annus: Jahr vastāre: verwüsten pulcher, -ra, -rum: schön domicilium: Wohnsitz collocāre: auf-schlagen postea (Adverb): später non modo: nicht nur sed etiam: sondern auch Galli, orum: die Gallier creber, crebra, crebrum: häufig proelium: Kampf, Gefecht pugnāre: kämpfen ā; (vor Vokalen:) ab (beim Abl.): von provincia: Provinz Romānus, a, um: römisch provincia Romāna: heutige Provence finitimus, a, um: benachbart postulāre: fordern Gaius Marius: Name qui (Relativpronomen): welcher, der copia: Menge copiae, ārum (f. Plural): Truppen prae-esse: voranstehen populus: Volk servāre: retten statim: sofort comparāre: beschaffen pugnāre: kämpfen pugna: Kampf pugnus: Faust asper, era, erum: hart bellum: Krieg apud: bei Aquae Sextiae: Name einer Stadt (heutiges Aix) Vercellae: Name einer Stadt in Oberitalien planē (Adverb): völlig vincere, (Perfect) vīcit: besiegen, schlagen Der Lehrer erzählte den Jungen und Mädchen von den Kimbern und Teutonen. 2 »Weil das Klima Germaniens rau war, wanderten die Kimbern und Teutonen mit ihren Frauen und Kindern aus ihrer in Germanien liegenden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 27 Heimat nach Gallien aus und verwüsteten viele Jahre lang Gallien. 3 Mitten im schönen Gallien errichteten sie neue Wohnstätten. 4 In späteren Jahren kämpften sie nicht nur mit den Galliern sondern auch mit den Römern in zahlreichen Schlachten. 5 Von den Römern forderten sie die benachbarten Äcker der römischen Provinz. 6 Da rettete G. Marius, der den römischen Truppen voran stand, das römische Volk aus großen Gefahren. 7 Sofort stellte er große Truppen der Römer auf und besiegte die Germanen in harten Kriegen bei Aquae Sextiae und Vercellae völlig«. Übersetzungstechniken Im lateinischen Satz steht sehr oft das Subjekt am Satzanfang, das Prädikat am Schluss. Ist das Subjekt bereits bekannt, kann es am Satzanfang durch z.B. is, ea, id ≈ dieser, diese, dieses ersetzt werden, meist steht aber dann gar kein Subjekt mehr da. Das Prädikat findet sich immer noch am Satzende. In seiner Endung steckt das Subjekt: z.B. -t ≈ er/sie/es. So kann man sich den Satzkern (Subjekt + Prädikat) oft leicht zusammensuchen. Bei dieser Methode besteht aber die Gefahr, dass man irgendein Wort vergisst, das in der Sperrung zwischen Subjekt und Prädikat steckt. Es gibt noch eine andere Methode, nämlich, den Satz wie ein Römer zu verstehen, der geduldig auf das Prädikat warten musste. In diesem Falle benutzen wir das deutsche Perfekt (haben/sein), das dann in einer zweiten Übersetzung meist durch das schönere Präteritum zu ersetzen ist. Nehmen wir als Beispiel den Satz 1: »Der Lehrer hat den Jungen und den Mädchen erzählt«. Im Satz 2 gehen wir so vor, nachdem unser erster Versuch (»Die Kimbern haben…« zu Unstimigkeiten geführt hatte): »Die Kimbern und Teutonen sind .... ausgewandert«. Deutsch-Regel: Das Perfekt wird mit dem Hilfverb haben gebildet; Verben der Bewegung bilden es mit dem Hilfsverb sein: Er ist nach Hause gegangen und hat dort gearbeitet: Wann steht das Präteritum, wann das sogenannte Perfekt in der guten deutschen Übersetzung? a.) Das Präteritum ist das Haupt-Tempus der Erzählung und entspricht ca. dem lateinischen Perfekt und dem Englischen past tense: laboravit textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 28 ≈ er, sie, es arbeitete ≈ he, she, it worked: »Hänsel und Gretel verirrten sich im Wald. Da war es finster und bitter, bitter kalt«. b.) Das deutsche Perfekt steht bei Handlungen, die bis in die Gegenwart hinein reichen, die besonders betont sind und allgemeine Gültigkeit haben; es ähnelt damit dem lateinischen Imperfekt und dem englischen present perfect: »Wie oft habe ich das schon gesagt!« – »Warum hast du deine Vokabeln nicht gelernt?!« – Aber: »Wo warst du letzte Woche?« Vgl. im Englischen (es war gerade eben erst): »Where have you been (just in moment)?« – außerdem bei ever / never: »Have you ever been in London?« »No, I have never been there.« – aber bei Zeitangabe und wenn es länger her ist: »Where were you last year?« c.) Im süddeutschen Sprachgebiet ist das Präteritum nicht/kaum im Gebrauch und wird meist durch das Perfekt ersetzt; allerdings verlangt es der Deutschunterricht auch dort in der Schriftsprache: Der Süddeutsche sagt: »Wo bist du letztes Jahr gewesen? Was hast du da gemacht?« Er muss schreiben: »Wo warst du? Was machtest du?« Der Ablativ der Zeit (ablativus temporis) auf die Frage wann Beispiele: annō posterō: im folgenden Jahr – annīs posterīs: in den folgenden Jahren – autumnō: im Herbst (von: autumnus ≈ der Herbst). Regel: Auf die Frage »wann« steht im Lateinischen der reine Ablativ (≈ Ablativ ohne jede Präposition). Im Deutschen benutzen wir auf dieselbe Frage den Dativ mit Präposition (Beispiele s.o.). Der Akkusativ der Ausdehnung steht auf folgende Fragen: wie lang, wie weit, wie hoch und tief, wie breit Im Lateinischen steht auf obige Fragen reine der Akkusativ: Marcus multās horās laborāvit ≈ Markus arbeitete viele Stunden (lang) – Augustus multōs annōs regnābat ≈ Augustus regierte viele Jahre (lang / hindurch). textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 29 L 12 Der komplette Präsens-Stamm In unserer folgenden Lerneinheit behandeln wir den kompletten Präsensstamm des Hilfsverbs esse, d.h. Präsens (Gegenwart), Imperfekt (Vergangenheit) und Futur (Zukunft); dann Präsens, Imperfekt und Futur der a – e – i –Verben: Dazu lernen wir zunächst die vollständigen Personal-Endungen des lateinischen Verbs kennen: - ō * oder -m ich 1. Pers. Sing. -s -t du er/sie/es 2. Pers. Sing. 3. Pers. Sing. -mus -tis -nt wir ihr sie 1. Pers. Plur. 2. Pers. Plur. 3. Pers. Plur. *) -ō (1. Pers. Sing.) steht bei allen Vollverben (z.B. laudare) nur im Indikativ Präsens und teilweise im Futur; in allen anderen Situationen steht -m als Endung der ersten Person Singular. Die Tempora (lat. tempus n. ≈ Zeit; tempora ≈ Zeiten) Präsens und Imperfekt werden wir im Indikativ (Wirklichkeitsform) und im Konjunktiv (Möglichkeitsforn / Wunschform) durchnehmen. Das tempus futurum (Futur) entzieht sich der üblichen Einteilung, da man bei Aussagen, welche die Zukunft betreffen, nicht genau wissen kann, ob sie irgendwann einmal wirklich werden oder nicht. Das Verbum esse ≈ sein besitzt als Stamm nur die Buchstaben s – es und benötigt Zwischen- oder Sprechvokale, um Stamm und Endung zusammenzufügen (Latein liebt Vokale; Konsonanten reiben sich): Indikativ Präs. s-u-m e - s* e-s-t s - u - mus Übersetzung ich bin du bist er, sie, es ist wir sind textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 30 e - s - tis s - u - nt ihr seid sie sind *) Ist aus dem s des Stammes duund dem s der Endung für Konjunktiv Präsens s-i–m s-i–s s-i–t s - i – mus s - i – tis s - i – nt Übersetzung ich sei, soll sein, möchte sein usw. du seist, sollst sein, möchtest sein usw er, sie, es sei, soll sein, möchte sein usw. wir seien, sollen sein, möchten sein usw. ihr seiet, sollt sein, möchtet sein usw. sie seien, sollen sein, möchten sein usw. Indikativ Imperfekt eram eras erat eramus eratis erant Deutsche Übersetzung ich war, ich bin gewesen du warst, bist gewesen er,sie, es war, ist gewesen wir waren, sind gewesen ihr wart, seid gewesen sie waren, sind gewesen Konjunktiv Imperf. essem essēs Deutsche Übersetzung ich wäre, ich würde sein* du wärest, du würdest sein er, sie, es wäre, würde sein wir wären, wir würden sein ihr wäret, ihr würdet sein sie wären, sie würden sein esset essēmus essētis essent textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae formiert. 31 *) Die Formen ich würde, du würdest... sind wenig schönes Alltagsdeutsch. Man vgl. den Beginn eines Liedes: »Wenn ich ein Vöglein wär(e)« ≈ »wenn ich ein Vöglein sein würde...« Futur Aktiv von esse ero eris ich werde sein du wirst sein erimus eritis wir werden sein ihr werdet sein erit er/sie/es wird sein erunt sie werden sein Merke: Im Deutschen benötigen wir das Futur nur a.) bei Betonung der Zukunft oder, wenn eine Verwechslung möglich ist; b.) wenn der Zusammenhang klar ist, nehmen wir einfaches Präsens: a.) »Ich werde pünktlich sein, das schwöre ich!« b.) »Morgen schlafe ich aus«: Aus dem »morgen« geht die Zukunft klar hervor und muss nicht noch zusätzlich betont werden. Die Römer sind da genauer und müssen bei zukünftiger Handlung jedesmal streng das Futur benutzen: »Eritis sicut Deus ≈ ihr werdet sein wie Gott«. L 13 Der Präsens-Stamm der a - e - i Konjugationen 1. Der Indikativ Präsens Aktiv der a-e-i-Konjugation laud--o* laudā-s lauda-t laudā-mus ich lob-e du lob-st er, sie, es lob-t wir lob-en laudā-tis ihr lob-t mone-o monē-s mone-t monēmus monē-tis ich mahne du mahnst er mahnt wir mahnen ihr mahnt textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 32 lauda-nt sie lob-en mone-nt sie mahnen *) entstanden aus lauda-o. audī-o ich höre audī-s du hörst audi-t er hört audī-mus wir hören audī-tis ihr hört audi-unt* sie hören *) Die 3. Pers. Pl. der i-Verben schaltet hier ein u ein: aud:junt 2. Der Konjunktiv Präsens Aktiv der a-e-i-Konjugation Bildung: Präsens-Stamm plus (Buchstabe) a plus Endung (erste Tabelle) außer bei der A-Konjugation (zweite Tabelle); hier gilt: Präsens-Stamm minus (Buchstabe) a plus (Buchstabe) e plus Endung. Die in den folgenden Tabellen angegebene Übersetzung ist allerdings problematisch, weil bei einigen Sätzen im Lateinischen der Konjunktiv verlangt wird, wo im Deutschen der Indikativ vorherrscht oder genügt. ich möge, soll, kann hören; mahnen du mögest, sollst, kannst hören; mahnen er, sie, es möge, soll, kann hören; mahnen wir mögen, sollen, können hören; mahnen ihr möget, sollt, könnt hören; mahnen sie mögen, sollen, können hören; mahnen audi-a-m audi-ā-s moneam moneās audi-a-t moneat audi-āmus audi-a-tis audi-a-nt moneāmus laud-e-m laud-ē-s laud-e-t ich möge, soll, kann loben du mögest, sollst, kannst loben er, sie, es möge, soll, kann loben moneatis moneant textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 33 laud-ē-mus wir mögen, sollen, können loben laud-ē-tis ihr möget, sollt, könnt loben laud-e-nt sie mögen, sollen, können loben Der Konjuntiv bei Wunsch/Aufforderung/Verbot: Pax maneat semper ≈ der Friede möge, soll immer bleiben ≈ immer bleibe der Friede! Discipulī bene audiant ≈ die Schüler sollen, mögen gut zuhören! Iudex audiat etiam alteram partem ≈ der Richter möge/soll auch die andere Partei hören ≈ der Richter höre auch die andere Partei! Amemus parentes ≈ wir mögen, sollen, wollen die Eltern lieben ≈ lasst uns die Eltern lieben! Nē hostēs patriam nostram dēleant ≈ die Feinde mögen, sollen nicht unsere Heimat zerstören! Nē audiamus unam tantum partem ≈ Wir wollen, sollen nicht nur eine Partei hören ≈ laßt uns nicht nur auf eine Partei hören! Cur Romānōs laudem ≈ warum soll(te) ich die Römer loben? Konjunktiv nach indirekten Fragesätzen; im Deutschen steht hier Indikativ: 1.) Nescio, cur venias ≈ ich weiß nicht, warum du kommst. 2.) Interrogo te, cur nihil audias ≈ ich frage dich, warum du nichts hörst. 3.) Romānīs notum minime est, cur Germānī numquam pacem laudent ≈ den Römern ist es unbekannt (wie wissen nicht), warum die Germanen niemals den Frieden loben. L 14 Der Indikativ Imperfekt Aktiv der a-e-i-Konjugation Regel: Das lateinische Imperfekt ist Ausdruck der andauernden, wiederholten oder versuchten Handlung der Vergangenheit. Es wird mit der zwischen Stamm und Endung geschalteten Kennsilbe -ba- gebildet und je nach Fall mit Präteritum oder Perfekt übersetzt; mehr dazu s.u.! laudā-ba-m laudā-ba-s laudā-ba-t lauda-bā-mus audi-ē-ba-m* audi-ē-ba-s audi-ē-ba-t audi-e-bā-mus monēbam monēbas monēbat monebāmus textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 34 lauda-bā-tis laudā-ba-nt audi-e-bā-tis audi-ē-ba-nt monebātis monēbant *) Die i-Verben wie z.B. audīre schwächen ihren Stamm im Imperfekt ab, indem das Stamm-i kurz wird, zum j wird; daher benötigen wir den Sprechvokal -e vor der Endung; also sprich: aud-jebam, audjebas… Alte Regel: Das Präteritum ist Tempus der Erzählung; das Perfekt erscheint, wenn die Handlung gerade eben erst geschehen ist, oder wenn sie zeitlose Gültigkeit hat, also: Einst verirrten sich die Kinder im Wald (Präteritum). Aber: Jemand kommt hereingehastet und sagt atemlos: »Ich habe gerade den Teufel gesehen (Perfekt)«. Die Mutter tobt: »Wie oft habe ich dir nicht schon gesagt, dass man nicht auf die Herdplatte fasst (Perfekt)«. laudabam (Imperfekt) heißt also: 1.) ich lobte (habe gelobt) ≈ lange Zeit oder immer wieder; bzw. ich wollte loben, versuchte, zu loben. Der Zusammenhang alleine verrät uns, was richtig oder angemessen ist. Der Konjunktiv Imperfekt der a-e-i Konjugation Bildung mit der zwischengeschalteten Kennsilbe -re laudā-re-m laudā-rē-s laudā-re-t laudā-rē-mus laudā-rē-tis laudā-re-nt monē-re-m monē-rē-s monē-re-t monē-rē-mus monē-rē-tis monē-re-nt audīrem audīrēs audīret audīrēmus audīrētis audīrent ich würde, sollte, könnte loben, mahnen usw. du würdest, solltest, könntest… er würde, sollte, könnte... wir würden, sollten, könnten... ihr würdet, solltet, könntet... sie würden, sollten, könnten.... textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 35 Die Formen von posse ≈ können Merke: Posse ist aus pot + esse zusammengesetzt; für die Konjugation gilt die lat. Regel: t vor s fällt aus; in unseren Fall wird das s schnell gesprochen und so zum doppelten s (wie in der deutschen Rechtschreibung): Indikativ Präsens ≈ ich kann usw.: possum, potes, potest, possumus, potestis, possunt. Konjunktiv Präsens ≈ ich soll, möge können, ich könne: possim, possīs, possit, possīmus, possītis, possint. Indikativ Imperfekt ≈ ich konnte / habe gekonnt: poteram, poterās, poterat, poterāmus, poterātis, poterant. Konjunktiv Imperfekt ≈ ich würde, sollte können; ich könnte: possem, possēs, posset, possēmus, possētis, possent. Futur I. ≈ ich werde können; ich kann (künftig; in der Zukunft): pot-erō, pot-eris, pot-erit, pot-erimus, pot-eritis, pot-erunt. 6. Die Formen von prōdesse ≈ nützen Prōd-esse ist aus prō + esse zusammengesetzt; immer wenn zwei Vokale aufeinanderstoßen, wird das d als Sprechhilfe dazwischengestellt: Indikativ Präsens ≈ ich nütze: prōsum, prōdes, prōdest, prōsumus, prōdestis, prosunt Konjunktiv Präsens ≈ ich möge, soll nützen, ich nütze!: prō-sim, prō-sīs, prō-sit, prō-sīmus, prō-sītis, prō-sint Indikativ Imperfekt ≈ ich nützte; habe genützt: prōderam, prōderās, prōderat, prōderāmus, prōderātis, prōderant Konjunktiv Imperfekt ≈ ich würde, sollte, könnte nützen: prōdessem, prōdessēs, prōdesset, prōdessēmus, prōdessētis, prōdessent textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 36 Futur I. ≈ ich werde nützen, ich nütze (künftig) usw: prōderō, prōderis, prōderit, prōderimus, prōderitis, prōderunt. Futur Aktiv der a - e - i Konjugationen laudā-b-o laudā-b-is* laudā-b-it laudā-b-imus laudā-b-itis laudā-b-unt ich werde loben… monē-b-o monē-b-is* monē-b-it monē-b-imus monē-b-itis monē-b-unt ich werde mahnen... audi-a-m** audi-ē-s audi-e-t audi-ē-mus audi-ē-tis audi-e-nt ich werde hören... *) Das Futur der a-e-Kunjugationen wird mit Hilfe des Buchstabens b gebildet (an den Stamm angehängt). Abgesehen von der 1. Person Singular benötigt die Endung den vorgeschalteten Sprechvokal i - i - i - i - u. Regel: Zwei Konsonanten stoßen einander meistens ab. Also wird zwischen zwei Konsonanten häufig ein Sprech-Vokal eingefügt. **) Die i-Konjugation bildet das Futur in der 1. Person Singular mit Hilfe des an den Stamm angefügten Buchstabens a; alle übrigen Personen dann mit Hilfe des e. Beachte: Die Form audiam ist doppelt besetzt: a.) 1. Person Singular Konjunktiv Präsens ≈ ich soll, möge hören; b.) 1. Person Futur Aktiv ≈ ich werde hören: Zusammenhang beachten! Der Imperativ (Befehlsform) Der lateinische Imperativ wird im Singular mit dem reinen Wortstamm und im Plural mit der angehängten Imperativ-Endung -te gebildet: laudā, laudā-te ≈ lobe, lobt! – audī, audī-te ≈ höre, hört! – monē, monē-te ≈ mahne, mahnt! – es, es-te ≈ sei, seid! textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 37 Der Präsens-Stamm Passiv der a - e - i Konjugationen (esse ≈ sein; posse ≈ können; prodesse ≈ nützen: haben kein Passiv) Regel: Alle Formen des lat. Passivs werden genau wie das soeben behandelte Aktiv gebildet; man muss nur die Aktiv-Endungen (o/m; s; t; mus; tis; nt) durch die Passiv-Endungen -or/-r; -ris; -tur; -mur; -mini; -ntur ersetzen; das ist schon alles. Der Indikativ Präsens Passiv laud-or* laudā-ris laudā-tur laudā-mur laudā-mini laudā-ntur mone-or monē-ris monē-tur monē-mur monē-mini mone-ntur audi-or audī-ris audī-tur audī-mur audī-mini audi-untur ich werde gelobt… du wirst gelobt… er/sie/es wird gelobt wir werden gelobt… ihr werdet gelobt… sie werden gelobt… *) laudor ist entstanden durch Kürzung aus lauda-or Der Konjunktiv Präsens Passiv; Bildung: Stamm + a + En- dung lauder* laudēris laudētur laudēmur laudēmini laudentur mone-a-r mone-ā-ris mone-ā-tur mone-āmur mone-ā-mini mone-antur audi-a-r audi-ā-ris audi-ā-tur audi-āmur audi-ā-mini audi-antur *) lauder usw. ist entstanden aus lauda-a-r textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 38 Übersetzung z.B: ich soll/möge gelobt werde usw. Der Zusammenhang bietet oft bessere Möglichkeiten; manchmal ist der Indikativ richtig. Der Indikativ Imperfekt Passiv: Kennsilbe -ba ich wurde gelobt* laudā-bā-ris monē-bā-ris audi-ē-bā-ris du wurdest gelobt laudā-bā-tur monē-bā-tur audi-ē-bā-tur er/sie/es wurde... wir wurden gelaudā-bā-mur monē-bā-mur audi-ē-bālobt mur laudā-bā-mini monē-bā-mi- audi-ē-bā-mi- ihr wurdet gelobt ni ni sie wurden gelaudā-ba-ntur monē-ba-ntur audi-ē-balobt ntur *) Der Inhalt im deutschen Kontext entscheidet i.d.R., was richtig ist: ich wurde gelobt (s.o.) bzw. ich bin gelobt worden. **) Bei der i-Konjugation wird das eigentlich lange i auch hier zum stimmlosen j (die Römer haben für i und j nur einen gemeinsamen Buchstaben, eben das i). Nach der Regel, dass sich zwei aufeinander folgende Vokale stören, schaltet der Römer hier ein e zwischen den Stamm audiund das Imperfekt-Kennzeichen -ba; sprich also: aud-je-bar usw. laudā-ba-r monē-ba-r audi-ē-ba-r** Der Konjunktiv Imperfekt Passiv; Kennsilbe -re laudā-re-r laudā-rē-ris laudā-rē-tur laudā-rē-mur laudā-rē-mini laudā-re-ntur monē-rē-r monē-rē-ris monē-rē-tur monē-rē-mur monē-rē-mini monē-re-ntur audī-re-r audī-rē-ris audī-rē-tur audī-rē-mur audī-rē-mini audī-re-ntur Übersetzung: ich würde/sollte/könnte gelobt werden usw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 39 Futur I. Passiv Kennzeichen b (a-e-Konjugationen) oder a-e (i-Konjugation) laudā-b-or laudā-b-e-ris* laudā-b-i-tur laudā-b-i-mur laudā-b-i-mini laudā-b-u-ntur monē-b-or** monē-b-e-ris monē-b-i-tur monē-b-i-mur monē-b-i-mini monē-b-u-ntur audi-a-r*** audi-ē-ris audi-ē-tur audi-ē-mur audi-ē-mini audi-e-ntur Übersetzung: ich werde gelobt werden, du wirst gelobt werden… *) Nach der Regel: Zwei aufeinander folgende Konsonanten stören sich, muss ein Sprechvokal dazwischen geschaltet werden; hier in der Reihenfolge: – e – i, i, i – u. **) Bildung genau wie bei der a-Konjugation (laudāre). ***) audiar hat zwei Bedeutungen: 1.) Erste Person Konjunktiv Präsens ≈ ich soll, möge gehört werden; 2.) obiges Futur; die richtige Übersetzung ergibt wieder einmal nur der Inhalt, Zusammenhang. Der Perfekt-Stamm Aktiv komplett Perfekt Indikativ Aktiv der a – e – i Konjugationen So wird das Perfekt Aktiv gebildet: Man nehme den Präsens-Stamm, hänge ein v an und bilde so den Perfekt-Stamm, dem man die neu zu erlernenden Perfekt-Endungen anfüge (esse hat den Perfekt-Stamm -fu): ī – istī – it – imus – istis – ērunt A-Konjugation: laudā-v-ī; laudā-v-istī; laudā-v-it; laudā-v-imus; laudā-v-istis; laudā-v-ērunt ≈ ich lobte; ich habe gelobt – du lobtest, hast gelobt – er lobte, hat gelobt… (je nach Zusammenhang im Deutschen). textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 40 I-Konjugation: audī-v-ī; audī-v-istī; audī-v-it, audī-v-imus; audī-v-istis, audī-v-ērunt ≈ ich habe gehört, hörte – du hast gehört, hörtest… Die E-Konjugation hat zwei Typen: Bei den meisten Verben fällt das Stamm-e aus, so dass das v (Römer haben für u und v den selben Buchstaben) für uns zum u wird; also: aus mone wird zunächst kurz mon: mon-u-ī, mon-u-istī, mon-u-it, mon-u-imus, mon-u-istis, mon-uērunt ≈ ich habe gemahnt, mahnte – du hast gemahnt, mahntest… Nur die Verben delēre ≈ zerstören; flēre ≈ weinen und plēre ≈ füllen haben das e behalten und konjugieren wie die obigen laudāre und audīre: flē-v-ī, flē-v-istī, flē-v-it, flē-v-imus, flē-v-istis, flē-v-ērunt ≈ ich habe geweint, weinte – du hast geweint, weintest – sie hat geweint, weinte… esse > fu-ī, fu-istī, fu-it, fu-imus, fu-istis, fu-ērunt – ich bin gewesen, ich war; du bist gewesen, warst; sie ist gewesen, war; wir sind gewesen… Perfekt Konjunktiv Aktiv Bildung: Perfekt-Stamm + erim, eris, erit, erimus, eritis, erint A-Konjugation: laudā-v-erim – laudā-v-eris – laudā-v-erit – laudā-v-érimus – laudā-v-éritis – laudā-v-erint Die Übersetzung erfolgt meist im Indikativ, s.o.; gelegentlich auch mit: ich könnte, ich sollte gelobt haben usw. bzw. …sollte, könnte ich gelobt haben usw. Ebenso wird auch unten bei den Formen von audire; monēre und delēre übersetzt. I-Konjugation: audī-v-erim, audī-v-eris, audī-v-erit, audī-vérimus, audī-v-éritis, audī-v-erint E-Konjugation 1: mon-ú-erim, mon-ú-eris, mon-ú-erit, monu-érimus, mon-u-éritis, mon-ú-erint E-Konjugation 2: delē-v-erim, delē-v-eris, delē-v-erit, delē-vérimus, delē-v-éritis, delē-v-erint esse: fu-erim, fu-eris, fu-erit, fu-érimus, fu-éritis, fu-erint textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 41 Plusquamperfekt Aktiv Indikativ Bildung: Perfekt-Stamm + eram, eras, erat, eramus, eratis, erant A-Konjugation: laudā-v-eram, laudā-v-erās, laudā-v-erat, laudā-v-erāmus, laudā-v-erātis, laudā-v-erant ≈ ich hatte gelobt, du hattest gelobt, er/sie/es hatte gelobt, wir hatten gelobt, ihr hattet gelobt… I-Konjugation: audī-v-eram, audī-v-erās, audī-v-erat, audī-verāmus, audī-v-erātis, audī-v-erant ≈ ich hatte gehört, du hattest… E-Konjugation 1: monu-eram, monu-erās, monu-erat, monuerāmus, monu-erātis, monu-erant ≈ ich hatte gemahnt… E-Konjugation 2: flē-v-eram, flē-v-erās, flē-v-erat, flē-v-erāmus, flē-v-erātis, flē-v-erant ≈ ich hatte geweint, du hattest geweint… esse: fu-eram, fu-erās, fu-erat, fu-erāmus, fu-erātis, fu-erant ≈ ich war gewesen, du warst gewesen, er war gewesen, wir waren gewesen Merke: Die Handlung im Plusquamperfekt ereignet sich grundsätzlich vor jeder anderen Handlung im Satzgefüge; sie ist vorzeitig. Das Plusquamperfekt Aktiv Konjunktiv Perfekt-Stamm + issem, issēs, isset, issēmus, issētis, issent A-Konjugation: laudā-v-issem, laudā-v-issēs, laudā-v-isset, laudā-v-issēmus, laudā-v-issētis, laudā-v-issent ≈ ich hätte gelobt, du hättest gelobt, er/sie/es hätte gelobt, wir hätten gelobt, ihr hättet gelobt, sie hätten gelobt. I-Konjugation: audī-v-issem, audī-v-issēs, audī-v-isset, audī-vissēmus, audī-v-issētis, audī-v-issent ≈ ich hätte gehört, du hättest… textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 42 E-Konjugation 1: mon-u-issem, mon-u-issēs, mon-u-isset, monu-issēmus, mon-u-issētis, mon-u-issent ≈ ich hätte gemahnt… E-Konjugation 2: delē-v-issem, delē-v-issēs, delē-v-isset, delē-vissēmus, delē-v-issētis, delē-v-issent ≈ ich hätte zerstört, du hättest… esse: fu-issem, fu-issēs, fu-isset, fu-issēmus, fu-issētis, fu-issent ≈ ich wäre gewesen, du wärst gewesen, sie wäre gewesen, wir wären… Das Futur II. Aktiv (Perfekt-Futur) Es wird mit dem Perfekt-Stamm und den Endungen ero eris erit erimus eritis erint gebildet und besitzt ab der 2. Person Singular die gleichen Endungen wie Konjunktiv Perfekt Aktiv; also: Vorsicht! Handlungen im Futur II. ereignen sich stets vor Futur I. (vorzeitig): Si te audīvero, te monēbo – wenn ich dich gehört haben werde ≈ wenn ich gehört habe, werde ich dich mahnen ≈ mahne ich dich. Sī Germāniam remigrāverimus, cervisiam Germānam potābimus ≈ wenn wir nach Germanien zurückgewandert sein werden, werden wir germanisches Bier trinken ≈ wenn wir nach Germanien zurück kommen, trinken wir germanisches Bier. A-Konjugation: laudā-v-erō, laudā-v-eris, laudā-v-erit, laudā-vérimus, laudā-v-éritis, laudā-v-erint ≈ (wörtlich) ich werde gelobt haben, du wirst g.h.; er wird g.h., wir werden g.h., ihr werdet g.h., sie werden g.h. – es finden sich i. D. schönere Übersetzungsmöglichkeiten. I-Konjugation: audī-v-erō, audī-v-eris, audī-v-erit, audī-v-érimus, audī-v-éritis, audī-v-erint ≈ ich werde gehört haben; du wirst g.h. E-Konjugation 1: mon-u-erō, mon-u-eris, mon-u-erit, mon-uérimus, mon-u-éritis, mon-u-erint ≈ ich werde gemahnt haben E-Konjugation 2: delē-v-erō, delē-v-eris, delē-v-erit, delē-v-érimus, delē-v-éritis, delē-v-erint ≈ ich werde zerstört haben usw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 43 esse: fu-erō, fu-eris, fu-erit, fu-érimus, fu-éritis, fu-erint ≈ ich werde gewesen sein, du wirst gewesen sein, sie wird gewesen sein… Der Perfekt-Stamm Passiv Die Römer haben im Perfekt-Stamm Passiv keine für sie typische Form (Stamm + Tempuszeichen + Endung). Sie müssen wie im Deutschen mit den Partizip der Vorzeitigkeit Passiv (PVP) alias Partizip Perfekt Passiv (PPP) und den Formen von esse ≈ sein arbeiten, z.B. laudātus sum ≈ ich bin gelobt worden; laudātī sumus ≈ wir sind gelobt worden. Das Partizip der Vorzeitigkeit Passiv (PVP/PPP) laudāre laudā-tus, a, um gelobt (worden), einer der gelobt worden ist audīre audī-tus, a, um gehört (worden), einer, der g. worden ist monēre mon-i-tus, a, um gemahnt (worden), einer der gemahnt… plēre plē-tus, a, um gefüllt (worden), einer, der gef. worden ist Perfekt Passiv Indikativ Beachte: Beim Plural (sumus, estis, sunt) muss das PVP (PPP) ebenfalls in den Plural gesetzt werden; esse selbst hat naturgemäß kein Passiv. laudātus, a, um sum laudātus, a, um es laudātus, a, um est laudātī, ae, a sumus laudātī, ae, a estis laudātī, ae, a sunt ich wurde gelobt, ich bin gelobt worden du wurdest gelobt, du bist gelobt worden er/sie/es wurde gelobt, ist gelobt worden wir wurden gelobt, wir sind gelobt worden ihr wurdet gelobt, ihr seid gelobt worden sie wurden gelobt, sie sind gelobt worden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 44 audītus, a, um sum audītus, a, um es audītus, a, um est audītī, ae, a sumus audītī, ae, a estis audītī, ae, a sunt ich wurde gehört… ich bin gehört worden... monitus, a, um sum delētus, a, um sum monitus, a, um es delētus, a, um es monitus, a, um est delētus, a, um est monitī, ae, a sumus delētī, ae, a sumus monitī, ae, a estis delētī, ae, a estis monitī, ae, a sunt delētī, ae, a sunt ich wurde gemahnt; ich wurde zerstört… ich bin gemahnt worden; zerstört worden… Perfekt Passiv Konjunktiv laudātus, a, um sim laudātus, a, um sis laudātus, a, um sit laudātī, ae, a simus laudātī, ae, a sitis laudātī, ae, a sint monitus, a, um sim monitus, a, um sis monitus, a, um sit monitī, ae, a simus monitī, ae, a sitis monitī, ae, a sint audītus, a, um sim audītus, a, um sis audītus, a, um sit audītī, ae, a simus audītī, ae, a sitis audītī, ae, a sint delētus, a, um sim delētus, a, um sis delētus, a, um sit delētī, ae, a simus delētī, ae, a sitis delētī, ae, a sint Merke: Der lateinische Konjunktiv Perfekt ist auch im Passiv nicht eindeutig übersetzbar; also entscheidet stets der Zusammenhang. Plusquamperfekt Passiv Indikativ textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 45 laudātus, a, um eram laudātus, a, um erās laudātus, a, um erat laudātī, ae, a erāmus den laudātī, ae, a erātis laudātī, ae, a erant den monitus, a, um eram monitus, a, um erās monitus, a, um erat monitī, ae, a erāmus den monitī, ae, a erātis monitī, ae, a erant den ich war gelobt worden du warst gelobt worden er/sie/es war gelobt… wir waren gelobt worihr wart gelobt worden sie waren gelobt worich war gelobt worden du warst gelobt worden er/sie/es war gelobt… wir waren gelobt worihr wart gelobt worden sie waren gelobt wor- audītus, a, um eram audītus, a, um erās audītus, a, um erat audītī, ae, a erāmus audītī, ae, a erātis audītī, ae, a erant delētus, a, um eram delētus, a, um erās delētus, a, um erat delētī, ae, a erāmus delētī, ae, a erātis delētī, ae, a erant Merke: Die Handlung im Plusquamperfekt ereignet sich grundsätzlich vor jeder anderen Handlung im Satzgefüge; sie ist vorzeitig. Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv laudātus, a, um essem laudātus, a, um essēs laudātus, a, um esset laudātī, ae, a essēmus laudātī, ae, a essētis laudātī, ae, a essent ich wäre gelobt worden du wärst gelobt worden er/sie/es wäre gelobt worden wir wären gelobt worden ihr wärt gelobt worden sie wären gelobt worden audītus, a, um essem audītus, a, um essēs audītus, a, um esset audītī, ae, a essēmus audītī, ae, a essētis audītī, ae, a essent ich wäre gehört worden du wärst gehört worden er/sie/es wäre gehört worden wir wären gehört worden ihr wärt gehört worden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 46 sie wären gehört worden monitus, a, um essem monitus, a, um essēs monitus, a, um esset monitī, ae, a essēmus monitī, ae, a essētis monitī, ae, a essent ich wäre gemahnt worden delētus, a, um essem delētus, a, um essēs delētus, a, um esset delētī, ae, a essēmus delētī, ae, a essētis delētī, ae, a essent ich wäre zerstört worden Regel: Der Konjunktiv des Plusquamperfektes Aktiv und Passiv tritt meistens in Bedingungssätzen und Ausrufen des Wunsches auf – dazu folgende Beispiele: Sī tē laudāvissem, ab amīcō nōn vituperātus essem – wenn ich dich gelobt hätte, wäre ich nicht vom Freund getadelt worden. A magistrīs monitī essēmus, sī tabulam delevissēmus – wir wären von den Lehrern ermahnt worden, wenn wir die Tafel zerstört hätten. Utinam bene audivissem! – Oh, hätte ich doch nur gut zugehört! Utinam ā magistris laudātī essētis! Oh, wäret ihr doch nur von den Lehrern gelobt worden! Futur II. Passiv (Perfekt-Futur) Bildung: Partizip Perfekt Passiv der Vorzeitigkeit (PVP) + Futur von esse (≈ erō, eris, erit, erimus, eritis, erunt). laudātus, a, um erō laudātus, a, um eris laudātus, a, um erit laudātī, ae, a erimus laudātī, ae, a eritis laudātī, ae, a erunt audītus, a, um erō audītus, a, um eris ich werde gelobt worden sein du wirst gelobt worden sein er/sie/es wird gelobt worden sein wir werden gelobt worden sein ihr werdet gelobt worden sein sie werden gelobt worden sein ich werde gehört worden sein du wirst gehört worden sein textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 47 audītus, a, um erit audītī, ae, a erimus audītī, ae, a eritis audītī, ae, a erunt er/sie/es wird gehört worden sein wir werdeb gehört worden sein ihr werdet gehört worden sein sie werden gehört worden sein monitus, a, um erō monitus, a, um eris monitus, a, um erit monitī, ae, a erimus monitī, ae, a eritis monitī, ae, a erunt delētus, a, um erō delētus, a, um eris delētus, a, um erit delētī, ae, a erimus delētī, ae, a eritis delētī, ae, a erunt ich werde gem. worden sein ich werde zerstört worden sein Beispiel: Sī ab amīcō meō laudātus erō, valdē gaudēbō – wenn ich von meinem Freund gelobt worden sein sein werde, werde ich mich freuen ≈ wenn ich (künftig) von meinem Freund gelobt werde, werde ich mich freuen, freue ich mich; oder Akktiv: Sollte mein Freund mich loben, werde ich mich freuen, freue ich mich. Infinitiv der Vorzeitigkeit Passiv (Inf. Perfekt Passiv) Zunächst wollen wir diesen Infinitiv nur in der unpersönlichen Form durchnehmen; mit Bezug auf eine Person werden wir obigen Infinitiv beim a.c.i. später noch einmal durchnehmen; seine Bildung erfolgt so: Partizip Perf. Passiv der Vorzeitigkeit (PVP) Neutr. Singular + esse A-Konjugation: laudātum esse ≈ gelobt (worden) sein laudātum esse semper iuvat ≈ gelobt (worden) zu sein, macht immer Freude/Vergnügen. I-Konjugation: audītum esse ≈ gehört (worden) sein textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 48 Semper ab omnibus audītum esse, magnum est gaudium ≈ immer von allen angehört worden zu sein, ist ein großes Vergnügen E-Konjugation 1: mónitum esse ≈ gemahnt (worden) sein Cottidiē ā magistrīs mónitum esse, horribile est ≈ tagtäglich von den Lehrern ermahnt worden zu sein, ist grässlich. E-Konjugation 2: dēflētum esse ≈ beweint (worden) sein Post mortem dēflētum esse non prōdest ≈ nach dem Tode beweint worden zu sein, nützt nichts (mehr). »Schulszene« 1 Magister intrat: »Ego meīs discipulīs contentus sum atque semper contentus erō. 2 Etiamne tu contenta es, Iulia? 3 Etiamne vōs magistrō contentī estis, discipulī?« 4 Discipulī respondent: »Nōs semper magistrīs nostrīs contentī sumus, semper contentī erāmus, semper contentī erimus.« 5 Magister: »Crās in museō erimus. Etiam discipulī aliī cum magistrīs in museō erunt. 6 Ibi cunctī probī sītis! Aliī quoque probī sint! Nōn modo in gymnasiō sed etiam in museō meīs discpipulīs contentus sim! 7 Nuper enim cum aliīs discipulīs im museō eram. Discipulī aliī probī nōn erant. 8 Director museī irātus erat et clamābat: ‘Utinam in gymnasiō essetis! Utinam nē tam improbī essetis!’ 9 Utinam nē director hodiē irātus sit; utinam meīs discipulīs contentus sit«. 10 Discipulī autem probī nōn erant – ut solitī erant! Et director et magister irātī erant. 11 Marcus: »Nesciō, cur magistrī semper tam saevī sint«. 12 Magister: »Nōn iam vobiscum in museum meābō«. 13 Tum in gymnasium properābant. 14 Ibi aliōs magistrōs illudēbant : »Magistrī nihil timent nisī discipulōs!« intrāre: eintreten – contentus, a, um: zufrieden – discipulus, a: SchülerIn – repsondēre: antworten – nōs: wir – semper: immer – crās: morgen – museum? – non modo ... sed etiam: nicht nur, sondern auch – aliī, aliae: andere – cunctī, ae, a: alle – probus, a, um: anständig, gut erzogen, wohlerzogen – nuper: neulich – irātus, a, um: wütend – clamāre: schreien, rufen – utinam: oh, dass doch; oh, möge doch (Ausdruck des Wunsches) – improbus, a, um: nicht anständig, ungezogen – solitus, a, um: gewohnt (an etwas) – et ... et: sowohl ... als auch – saevus, a, um: grausam – non iam: nicht mehr textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 49 – vobiscum: mit euch (zusammen) – meāre: gehen – properāre: eilen – illudere: verspotten – nihil … nisī: nichts … außer Übersetzung: Der Lehrer tritt ein: »Ich bin mit meinen Schülern zufrieden und werde immer zufrieden sein. 2 Bist auch du zufrieden, Julia? 3 Seid auch ihr mit dem Lehrer zufrieden, Schüler?« 4 Die Schüler antworten: »Wir sind mit unseren Lehrern immer zufrieden; wir waren immer zufrieden; wir werden immer zufrieden sein«. 5 Der Lehrer: »Morgen werden wir im Museum sein ≈ morgen sind wir im Museum. Auch andere Schüler werden mit ihren Lehrern im Museum sein. 6 Dort sollt ihr alle anständig sein. Auch die andern sollen wohlerzogen sein! Nicht nur im Gymnasium sondern auch im Museum möchte ich mit meinen Schülern zufrieden sein. 7 Neulich war ich nämlich mit anderen Schülern im Museum. Die anderen Schüler waren nicht anständig. 8 Der Direktor des Museums war wütend und schrie (mehrfach; Imperfekt der wiederholten Handlung): ‘Oh, wäret ihr doch im Gymnasium! Oh, wärt ihr doch nicht so ungezogen!’ 9 Oh, möge der Direktor heute nicht wütend sein! Oh, möge er mit meinen Schülern zufrieden sein!« 10 Die Schüler waren aber nicht anständig – wie sie es pflegten ≈ immer taten. Sowohl der Direktor als auch der Lehrer waren wütend. 11 Marcus: »Ich weiß nicht, warum die Lehrer immer so grausam sind«. 12 Der Lehrer: »Ich werde nicht mehr mit euch ins Museum gehen«. 13 Dann eilten sie ins Gymnasium. 14 Dort verspotten sie die anderen Lehrer: »Lehrer fürchten nichts außer Schüler!« Zum Fragesatz 1.) Die Wortfrage, eingeleitet durch ein Fragewort (im Lateinischen ganz wie im Deutschen): cur/quandō Marcus venit ≈ warum/wann kommt Markus? Ā ā Ē ē Ī ī Ō ō Ū 2.) Die Satzfrage; es wird mit dem ganzen Satz gefragt: Venitne Marcus in Gymnasium ≈ kommt Markus ins Gymnasium? Im Deutschen wird umgestellt: Aus »Markus kommt« wird »kommt Markus?« Weil aber im Lateinischen die Worstellung frei ist, hat »Marcus venit« und »venit Marcus« etwa den gleichen Sinn und bleibt ein einfacher Aussagesatz: »Markus kommt; es kommt Markus«. Daher muss der Römer die allgemeine Satzfrage durch Anhängen des Fragepartikels -ne kennzeichnen. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 50 Zum Konjunktiv 1.) Der Konjunktiv als Ausdruck des Wunsches (Optativ – von optāre ≈ wünschen): utinam ≈ »oh dass doch« (Erstübersetzung) – (utinam) nē ≈ »oh dass doch nicht« (Erstübers.): Nē magistrī tam saevī sint ≈ oh dass die Lehrer doch nicht so grausam seien – sind; oh, mögen die Lehrer doch nicht so grausam sein. (Zweitübersetzung; Vorschlag): Hoffentlich sind die Lehrer (diesmal) nicht so grausam (wie sonst). 2.) Der Konjunktiv als Ausdruck der Aufforderung oder des abgeschwächten Befehles (der Hortativ – von hortārī ≈ mahnen, auffordern): magistrī probī sint ≈ die Lehrer sollen anständig sein, sollen sich anständig benehmen. Der Hortativ ist ein verstärkter Optativ. 3.) Der Konjunktiv in den indirekten Fragesätzen: Zunächst zum Vergleich ein direkter Fragesatz: »Cur Marcus improbus est ≈ Warum ist Markus (so) unverschämt?« Latein und Deutsch arbeiten mit gleicher Grammatik. Nun machen wir diesen Fragesatz abhängig oder indirekt, machen ihn zum indirekten Fragesatz: Jemand antwortet auf obige Frage so: »Nescio, cur Marcus improbus sit ≈ ich weiß nicht, warum M. frech ist«. »Nescio, cur magistrī tam saevī sint ≈ ich weiß nicht, warum die Lehrer so grausam sind«. Während wir also im Lateinischen den Konjunktiv benötigen, genügt im modernen Deutsch meist der Indikativ. Aber bei Wilhem Busch heißt es in »Max und Moritz« noch so: »Jeder weiß, was ein Maikäfer für ein Vogel sei«. Der Konjunktiv um des Reimes willen? Aber aus dem gleichen Werk: »Wann und wo und wie es sei, ...alles macht der Schneider Böck«. Zwei Beispiele für indirekte Fragesätze finden sich auch im folgenden Lesestück fett gedruckt: Ornamenta Corneliae – Cornelias Schmuck (Vorbemerkung: Achte genau auf das -ae ≈ Genitiv oder Dativ Singular oder sogar Nominativ Plural; doch dies kommt hier nicht vor) 1 Amīca Corneliae, clarae fēminae Romanae ornamenta sua monstrāvit. Corneliae autem nulla ornamenta erant. 2 Filiī Corneliae momentō aberant. 3 Amīca Corneliam interrogāvit, ubī filiī sint/essent. 3 Cornelia: »Nesciō, ubī sint. Mox aderunt«. 4 Paulō post filiī Corneliae intrāvērunt et Corneliam et amīcam Corneliae salutāvērunt. 5 Cornelia amicae filiōs monstrāvit: »Pue- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 51 rī«, inquit, »meī ornamenta mea sunt«. 6 Tum amīca Corneliae: »Ego beāta essem, sī tam bonī filiī mihī essent«. ornamentum: Schnuck – amīca: Freundin – fēmina: Frau – monstrāre: zeigen – nullus, a, um: kein – ubi: wo – mox: bald – adesse: da sein – paulō post: bald darauf – intrare: eintreten – salutāre: grüßen – inquit (eingeschoben): er/sie/es sagt(e) – beātus, a, um: glücklich – mihī: mir Die/eine Freundin der Cornelia (Genitiv; wessen?), einer berühmten römischen Frau, zeigte ihre Schmuckstücke der Kornelia (Dativ, wem?), einer berühmten römischen Frau. Der Cornelia waren aber keine Schmuckstücke ≈ sie hatte keine Schmuckstücke. 2 Die Söhne der Cornelia waren im Moment nicht da. 3 Die Freundin fragte Cornelia, wo die Söhne seien. 3 Cornelia: »Ich weiß nicht, wo sie sind. Bald werden sie da sein«. 4 Kurz darauf traten Cornelias Söhne ein und grüßten Cornelia und die Freundin der Cornelia. 5 Cornelia zeigte die Söhne ihrer Freundin und sagte: »Meine Jungen sind mein Schmuck (der Schmuck ≈ kollektiver Singular ≈ alle Schmuckstücke). 6 Darauf sagte Cornelias Freundin (Genitiv, wessen?) die Freundin zu Cornelia (Dativ; zu wem?): »Ich wäre glücklich, wenn mir so gute Söhne wären ≈ wenn ich so gute Söhne hätte«. Grammatik 1.) Zum indirekten Fragesatz: Zweimal lautet er »..., ubi sint«. Beim ersten Mal ist es aber indirekte Rede statt der direkten, in der es heißen müsste: »Wo sind deine Söhne?« Bei indirekter Rede muss auch im Deutschen der Konjuktiv gewählt werden: »…, wo die Söhne seien«. Beim zweiten Mal ist es direkte Rede; jetzt steht im Deutschen nur der Indikativ: »…, wo sie sind«. 2.) esse mit Dativ: »Corneliae (Dativ) nulla ornamenta erant ≈ der Cornelia waren keine Schmuckstücke ≈ sie hatte keine; besaß keine; ihr gehörten keine«: »Beata essem, sī mihī filiī essent ≈ ich wäre glücklich, wenn mir Söhne wären ≈ wenn ich Söhne hätte, besäße; wenn mir Söhne gehörten«: esse mit Dativ ≈ gehören, besitzen, haben 3.) Bedingungssatz (Kondizionalsatz; condicio ≈ Bedingung): sī / nisī ≈ wenn / wenn nicht: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 52 »Beata essem, sī mihī filiī essent«: Hier liegt Konjunktiv vor, weil es sich um betonte Nicht-Wirklichkeit handelt: Sie hat keine Söhne, aber vielleicht bekommt sie ja noch welche? Die Bedingung ist (theoretisch) erfüllbar (Konjunktiv Imperfekt). Ganz anders hier: »Magister Marcum laudāvisset, nisī tabulam delēvisset – der Lehrer hätte Marcus gelobt, wenn er die Tafel nicht zerstört hätte«: Die Tafel ist hin; das Lob muss ausbleiben; die Bedingung ist nicht (mehr) erfüllbar (Konjunktiv Plusquamperfekt). Imperarativ – Befehlsform laudāre = loben A-Konjugation Wortstamm laudā monēre = mahnen E-Konjugation Wortstamm monē audīre = hören I-Konjugation Wortstamm audī esse = sein Wortstamm es lateinischer Singular der einfache Wortstamm laudā – monē – audī – es ! lateinischer Plural Endung -te laudāte, monēte, audīte, este ! deutscher Singular Endung -e lobe, mahne, höre, sei ! deutscher Plural Endung -t lobt, mahnt, hört, seid ! Der alte Pauker und der Herr Direktor Magister vetus: 1 »Tacitī este, ō discipulī! 2 Librōs vestrōs aperīte! 3 Attenta es, Iulia! 4 Monstrā Carolō vocābula! 5 Audīte verba magistrī! Laetō animō este! 6 Purgā tābulam, Claudia! 7 Timēte magistrōs! 8 Ō, aperīte fenestrās! 9 Finīte pensum! 10 Venī ad tabulam, Iulia! 11 Ubi est creta? 12 Monstrā mihī cretam? 13 Cur Iulia non dicit, ubī creta sit? 14 Date mihī cretam, ō puerī malī! 15 O director, multā puerōs malōs et puellās malās! 16 Verberā eōs virgā!« textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 53 Director ad magistrum vetustum: 1 »Finī lectiōnem! 2 Es bonus magister! 3 Persuadē (persuadēre mit Dativ) discipulīs tuīs bonīs verbīs! 4 Nōn licet discipulōs virgā verberāre.« 5 Et ad discipulōs: »Parēte magistrīs! 6 Discipulī nōn scholae sed vītae discunt. 7 Discite ergo vītae!« 8 Discipulī rident atque nōn parent. 9 Nunc etiam dominus director saevit. Der alte Pauker: 1 »Seid still, Schüler! 2 Öffnet eure Bücher! 3 Sei aufmerksam, Julia! 4 Zeige Karl die Vokabeln! 5 Hört (auf) die Worte des Lehrers! Seid frohen Mutes (wohlgemut)! 6 Reinige die Tafel, Claudia! 7 Fürchtet die Lehrer! 8 Oh, öffnet die Fenster! 9 Beendet die Aufgabe! 10 Komm zur Tafel, Julia! 11 Wo ist die Kreide? 12 Zeige mir die Kreide! 13 Warum sagt Julia nicht, wo die Kreide ist (indirekter Fragesatz; Konjunktiv im Latein)? 14 Gebt mir die Kreide, ihr bösen Jungs! 15 Oh, Direktor, bestrafe die bösen Jungen und Mädchen! 16 Schlage sie mit der Rute!« Der Direktor zum alten Pauker: »Beende den Unterricht! 2 Sei ein guter Lehrer! 3 Überzeuge deine Schüler mit guten Worten! 4 Es ist nicht erlaubt, Schüler mit der Rute zu schlagen.« 5 Und zu den Schülern: »Gehorcht den Lehrern! 6 Die Schüler lernen nicht für die Schule sondern für das Leben. 7 Lernt also fürs Leben!« 8 Die Schüler lachen und gehorchen nicht. 9 Nun tobt auch der Herr Direktor. Grammatik zu Satz 5 und Satz 6 5.) »Laetō animō (Ablativ) este ≈ seid (Menschen) frohen Mutes (Nominativ: laetus animus)!« Ähnlich geht: »Marcus vir magnō ingeniō (Ablativ) est ≈ Markus ist ein Mann von großem Verstand (Nominativ: magnum ingenium)«: Beidesmal gibt dieser Ablativ die Beschaffenheit, die Qualität an (lat. qualitās, (Gen.) qualitātis). Es ist der sogenannte Ablativus Qualitatis auf die Frage: wie beschaffen, wie zusammengesetzt usw. Der Ablativus Qualitatis kann jederzeit durch den Genitivus Qualitatis ersetzt werden (die Fragestellung bleibt dabei vollkommen gleich): »Marcus vir magnī ingeniī est«. Auch die Übersetzung ist gleich: »Markus ist (und bleibt) ein Mann von großen Verstand ≈ Markus ist hochintelligent«. 6.) »Discipuli non scholae sed vitae discunt – nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen die Schüler«, sagen die Lehrer gerne, obwohl es der römische Philosoph Seneca umgekehrt meinte: Zweifellos sind scholae und vitae Dative: Während der Dativ im Deutschen nur auf die Frage »wem« steht, erscheint er im Lateinischen zusätzlich noch auf die Fragen: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 54 »für wen oder was; wozu«; zum »wozu« folgendes Beispiel: »auxilio (Dativ) venire officium est ≈ zu Hilfe kommen ≈ helfen ist Pflicht«. Besuch in Pompeji – Übung zu den Zeiten der Vergangenheit 1 Marcus narrat: Nuper cum amicīs meīs Pompeiōs visitāvi, oppidum, in quō ōlim Graecī et Romānī habitāverant. 2 Magister nōbis multa dē oppidō clarō narrāvit: 3 »Audīte, ō discipulī, Pompeīs, ubi olim pulchra templa erant, hodie tantum ruinae exstant. 4 Clārum erat māgnum Pompeiōrum amphitheatrum; ibī incolae Pompeiōrum ludīs gladiatoriīs interfuērunt.« 5 Magister ruinas amphitheatrī monstrāvit; ibī ōlim gladiatōrēs pugnāverant vel bestias necāverant; magister caveam intrāvit, ubī spectatōrēs ōlim „iugulā, verberā, necā!” clamāverant. 6 Libenter Pompeīs erāmus; per multās viās Pompeiōrum errāvimus. 7 Deinde ruinās Herculaneī spectāvimus, quō in oppidō Romānī ōlim atque Graecī habitāverant. 8 Deinde in patriam remigrāvimus. 9 Iulius Marcum narrāre audit et clāmat: »Utinam ego quoque Pompeīs fuissem et villās antiquās Romanōrum spectāvissem. Quam libenter semper in Italia essem!« 10 Multī discipulī clamant: »Sī Romānī essēmus, iam semper in Italiā fuissemus!« narrāre: erzählen – nuper: neulich – cum (m. Abl.): zusammen mit – Pompeī, (Gen.) -ōrum: Pompeji – visitāre: besuchen – oppidum, in quō: Stadt, in der – habitāre: wohnen 2 clārus, a, um: berühmt – exstāre: vorhanden sein, stehen 3 Pompeīs (reiner Ablativ): in Pompeji – ōlim: einst – pulcher, chra, chrum: schön – tantum: nur – ruinae, arum: Ruinen, Trümmer 4 incola: Einwohner – ludus gladiatōrius: Gladiatorenspiel – inter-esse: dabei sein, teilnehmen 5 gladiatōrēs: die Gladiatoren – pugnare: kämpfen – necāre: töten – cavea: Tribüne – intrāre: betreten – spectatōrēs: die Zuschauer – iugulāre: erwürgen – verberāre: zuschlagen – necāre: töten – clamāre: schreien 6 libenter: gerne – vīa: Straße – per: durch – errāre: irren 7 Herculaneum: Herkulaneum (Stadt, wie Pompji vom Vesuv verschüttet) – quō in oppidō: in welcher Stadt – patria: Heimat 8 remigrāre: zurückkehren 9 narrāre: erzählen – quoque (nachgestellt): auch – quam: wie, wie sehr – libenter: gerne Markus erzählt: Neulich habe ich zusammen mit meinen Freunden Pompeji besucht, die Stadt, in der einst Griechen und Römer gelebt hatten. 2 Der Lehrer erzählte uns viel über die berühmte Stadt: 3 »Hört, Schüler, in Pompeji, wo einst schöne Tempel waren, stehen heute nur noch Ruinen. 4 Berühmt war das große textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 55 Amphitheater von Pompeji; dort waren Pompejis Einwohner bei den Gladiatorenspielen dabei«. 5 Der Lehrer zeigte uns die Ruinen des Amphitheaters, wo einst die Gladiatoren gekämpft hatten oder Tiere getötet hatten; der Lehrer ging auf die Tribüne, wo die Zuschauer einst “erwürge ihn, schlag zu, töte ihn” gerufen hatten. 6 Gerne waren wir in Pompeji. Durch viele Straße von Pompeji irrten wir. 7 Dann besichtigten wir die Ruinen von Herculaneum, in welcher Stadt einst Römer und Griechen gewohnt hatten. 8 Dann kehrten wir in die Heimat zurück.’ 9 Julius hört Markus erzählen (wie Markus erzählt) und ruft: »Oh, wäre ich doch auch in Pompeji gewesen und hätte die alten Häuser betrachtet. Wie gerne wäre ich immer in Italien!« 10 Viele Schüler rufen: »Wenn wir Römer wären, wären wir schon immer in Italien gewesen.« Grammatik 1) cum amicīs ≈ mit den Freunden zusammen: cum + Ablativ ≈ mit ... (zusammen). 1) Pompeiōs (Akkusativ) ≈ nach Pompeji: Auf die Frage wohin stehen im Lat. die Namen von Städten im reinen Akkusativ; im Deutschen steht die Präposition: nach ... Stadt ... 2) multa (Nominativ/Akkusativ Neutrum Plural) ≈ viele Dinge – in der Regel übersetzen wir nur mit viel und nennen dies kollektiven ≈ sammelnden Singular. Weiteres Beispiel: »Der Mensch an sich ist feige«. Gemeint sind aber alle Menschen. 3) Pompeīs (auch in 6 und 9: reiner Ablativ) ≈ in Pompeji: Auf die Frage wo stehen Städtenamen im Lokativ ≈ Casus des Ortes – von locus ≈ Ort. Bei Städtenamen auf -us und -a entspricht dieser Lokativ dem reinen Genitiv: Romae ≈ in Rom – Corinthī ≈ in Korinth; alle übrigen Städtenamen stehen auf die Frage wo im reinen Ablativ (s.o. z.B. Pompeīs). Im Deutschen steht die Präposition in + Dativ. 4) Achte auf die Stellung: clarum ... Pompeiōrum amphitheatrum ≈ das berühmte Amphitheater von Pompeji; auch die umgekehrte Folge ist möglich: amphitheatrum ... Pompeiōrum clarum. Der Römer liebt solche gesperrten Ausdrücke, die das zugeordnete Wort wie eine Klammer umschließen: magnus Germanōrum populus ≈ das große Volk der Germanen; oder: populus Germanōrum magnus – nova Troianōrum patria ≈ die neue Heimat der Trojaner. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 56 Konjunktiv Perfekt Aktiv (Erinnerung) 2. Pers. Singular du -erim -eris Endungen des Konjunktivs Perfekt Aktiv -erimus -eritis 1. Pers. Plural wir 2. Pers. Plur. ihr 1. Pers. Singular ich A-Konjugation -erint I-Konjugation audī-vE-Konjugat. 1 mon-uE-Konjugat. 2 delē-vesse f-u- laudā-v- 3. Pers. Sing. er/sie/es -erit -erint 3. Person Plur. sie erim, -eris, -erit, -erimus, -eritis, erim, -eris, -erit, -erimus, -eritis, -erint erim, -eris, -erit, -erimus, -eritis, -erint erim, -eris, -erit, -erimus, -eritis, -erint erim, -eris, -erit, -erimus, -eritis, -erint Kleine »Schulszene« Magister Iulium interrogat: »Ubī fuistī? Nesciō, ubī fūeris. Fuistīne in piscinā an in silvīs? Fuistīne cum amīcā in theatrō. Cur nōn laborāvistī?« Discipulus respondet: »Tibī nōtum sit, cur nōn laborāverim. Piger sum. Cum amīcā in silvīs ambulāvī. Ambulāre iuvat, laborāre nōn iuvat.« Sed Marcus dicit: »Nōn credō. Ignōtum est, cur Iulius non laborāverit. Plerumque sedulus est. Nesciō, cur cum amīcā per silvās errāverit.« Magister Marcum vehementer increpat: »Tacē, asine stupide! Utinam nē clamāvissēs. Nesciō minimē, cur clamāveris.« Der Lehrer fragt Julius: »Wo warst du / wo bist du gewesen? Ich weiß nicht, wo du warst / wo du gewesen bist. Warst du im Schwimmbad oder in den Wäldern? Warst du mit der Freundin im Theater? Warum hast du nicht gearbeitet?« Der Schüler antwortet: »Es sollte dir bekannt sein, warum ich nichts gearbeitet habe: Ich bin faul; ich bin mit der Freundin in den Wäldern spazieren gegangen; spazieren gehen macht Spaß, arbeiten macht keinen Spaß.« Aber Markus sagt: »Das glaube ich nicht; es ist unbekannt, warum Julius nichts arbeitete / gearbeitet hat; meistens ist er fleißig. Ich weiß nicht, warum er mit der Freundin durch die Wälder irrte/geirrt ist.« Der Lehrer beschimpft Julius heftig: »Schweige, du Esel! Wenn du doch nur nichts gerufen hättest; ich weiß gar nicht, warum du gerufen hast.« textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 57 Grammatische Ergänzungen und Wiederholungen zum Text 1.) fuistīne ≈ warst du? bist du gewesen? Angehängtes -ne macht die Frage kenntlich; Antwort: ja / nein! Wir nennen das eine Entscheidungsfrage oder Satzfrage. 2.) ambulāre iuvat ≈ spazieren gehen (≈ das Spazieren) macht Spaß. Frage: Wer oder was macht Spaß? Der Infinitiv als Subjekt und als Substantiv; außerdem: iuvat ≈ es macht Spaß; die Personen ≈ er und sie scheiden (logisch) aus; hier liegt ein unpersönlicher Ausdruck vor, im Deutschen immer durch es... eingeleitet: pulchrum est ≈ es ist schön – iucundum est ≈ es ist angenehm – horribile est ≈ es ist scheußlich – impossibile est ≈ es ist unmöglich usw. 3.) utinam nē clamāvisses ≈ hättest du doch nicht gerufen! Der Konjunktiv Plusquamperfekt als Ausdruck des unerfüllbaren Wunsches: Markus hat leider hineingerufen. Das lässt sich nicht mehr rückgängig machen; der Herzenswunsch des Lehrers bleibt unerfüllt. Futur I. – Wiederholung 1.) esse – sein erō eris erit ich werde sein ich bin künftig du wirst sein du bist künftig er/sie/es wird s. er/sie/es ist künftig erimus eritis erunt wir werden sein wir sind künftig ihr werdet sein sie werden sein ihr seid künftig sie sind künftig 2.) Das b – Futur von laudare und monere laudābō et monēbō laudābis et monēbis ich werde loben und mahnen du wirst loben und mahnen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 58 laudābit et monēbit laudābimus et monēbimus laudābitis et monēbitis laudābunt et monēbunt er/sie/es wird loben und mahnen wir werden loben und mahnen ihr werdet loben und mahnen sie werden loben und mahnen 3.) Das a / e – Futur der i – Konjugation audiam ich werde hören crās audiam ich du wirst hören audiēs crās audiēs du er/sie/es wird hören crās audiet audiet sie audiēmus wir werden hören crās audiēmus wir ihr werdet hören audiētis crās audiētis ihr sie werden hören audient crās audient sie morgen höre morgen hörst morgen hört morgen hören morgen hört morgen hören Ein Unglücksprophet in Köln (Futur-Aktiv-Übung) 1 Mediō in forō Coloniae vir ignōtus clamavit: 2 »Mīserī estis, ō incolae Coloniae! Mīserī eritis! 3 Nam Germānī saevī mox advolābunt et Coloniam expugnābunt. 4 Mox mortuī eritis. 5 Nam Germanī vōs cunctōs trucidābunt et in Rhenum iactābunt. 6 Templa deōrum atque deārum delēbunt. 7 Cunctīs in Coloniae viīs saevient atque super cadavera vestra salient. 8 Fugientēs pīlīs ferient atque necābunt. 9 Vae Coloniae!« mediō in forō: mitten auf dem Marktplatz – Colonia: Köln – vir, (Gen.) viri: Mann – ignōtus, a, um: unbekannt – clamāre: schreien – mīser, mīsera, mīserum: arm – incola: Einwohner – saevus, a, um: grausam – cunctī, ae, a: alle – trucidāre: abschlachten – iactāre: werfen – delēre: zerstören – via: Weg – saevīre: toben – super: über – cadavera: die Leichen – salīre: sprin- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 59 gen – fugientēs: die Fliehenden – pīlum: Speer – ferīre: treffen – necāre: töten – vae (mit Dativ): wehe Mitten auf dem Marktplatz von Köln schrie ein unbekannter Mann: »Ihr seid arm dran, ihr Einwohner von Köln. Ihr werdet arm dran sein! Denn die grausamen Germanen werden bald herbeieilen ≈ eilen herbei und werden K. erobern ≈ und erobern Köln. Bald werdet ihr tot sein ≈ bald seid ihr tot. Denn die G. werden euch alle abschlachten und in den Rhein werfen. Sie werden die Tempel der Götter und Göttinnen zerstören. Auf allen Straßen Kölns werden sie toben und über eure Leichen springen. Die Fliehenden werden sie mit Speeren treffen und töten. Wehe dir, Köln!« ut/nē; quod und cum 1.) Neu ist hier der verneinte Imperativ mit nē; dazu folgende Regel: nē + zweite Person Perfekt Konjunktiv ≈ verneinter Imperativ (das Perfekt hat hier gar nichts mit Vergangenheit zu tun; warum dann formales Perfekt verwendet wird, wissen nur die alten Römer alleine): Kon. A E-1 E-2 I 2. Pers. Sing. nē laudāveris nē monueris ne flēveris nē audīveris deutsch lobe nicht! mahne nicht! weine nicht! höre nicht! 2. Pers. Plural nē laudāvéritis nē monuéritis nē flēvéritis nē audīvéritis deutsch lobt nicht! mahnt nicht! weint nicht! hört nicht! 2.) Erinnerung: der Imperativ: laudā/laudāte ≈ lobe/lobt; audī/audīte ≈ höre/hört; monē/monēte ≈ mahne/mahnt; es/este ≈ sei/seid! 3.) ...ist die Einleitung des Nebensatzes neu, den wir mit ut ≈ dass/damit – nē (ut nōn) ≈ dass nicht/damit nicht beginnen. Ut und nē stehen mit Konjunktiv; im Deutschen steht meist nur der Indikativ. Welche die angemessene Übersetzung (dass oder damit usw.) ist, zeigt jeweils erst der Zusammenhang: a.) optō ut / ne venias ≈ ich wünsche, dass du (nicht) kommst. b.) edō ut vīvam, non vīvō ut edam ≈ ich esse, damit ich lebe, ich lebe nicht, damit ich esse ≈ ich esse, um zu leben, ich lebe nicht, um zu essen: um zu an Stelle von damit. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 60 Merke: In beiden Sätzen wird eine Absicht oder eine Zielvorstellung zugrunde gelegt; wir sprechen von Finalsatz – finis ≈ Ziel, Absicht. c.) Marcus tam/ita/sic horribilis erat, ut cunctī eum timērent ≈ Marcus war so grässlich, dass ihn alle fürchteten. Iulius ita amābilis erat, ut socii eum nōn timērent ≈ Julius war so liebenswert, dass ihn die Kameraden nicht fürchteten. Hier stehen ut / ut … non in der Folge des Wortes so ≈ lat. tam/ita/sic/adeo: Konsekutivsatz – von consecutio ≈ die Folge. 4.) ...ist der Kausalsatz (causa ≈ der Grund; die Ursache) neu, eingeleitet durch die Konjunktion quod + Indikativ ≈ weil; da (ja): Marcus Iulium verberāvit, quod Iulius Marcum increpāverat ≈ Marcus verprügelte den Julius, weil / da Julius den Markus beleidigt hatte. Zum cum causale s. hier Nr. 5.! 5.) …die Konjunktion cum + Konjunktiv ≈ als / weil; in der Bedeutung als ist das cum ein Mittel der einfachen Erzählung; das cum historicum ≈ cum der Erzählung; in der Bedeutung weil / da gibt es wie das obige quod einen Grund an: Wir nennen es das cum causale ≈ cum des Grundes oder der Ursache; kausál heißt begründend. Übrigens: Es ist überflüssig zu fragen, warum die Römer das eine weil mit Indikativ, das andere mit Konjunktiv verbinden; da sie noch keine so furchtbar schlauen Lateinlehrer hatten wie wir heutzutage, ist ihnen die Tatsache womöglich gar nicht aufgefallen... 6.) Das vielseitige cum kann nämlich auch die Bedeutung obwohl / obgleich haben (ist aber relativ selten) und steht dann ebenfalls mit dem Konjunktiv: a.) Marcus, cum magister eum punīvisset (Konjunktiv Plusquamperfekt), gaudēbat ≈ Markus, obwohl der Lehrer ihn bestraft hatte, freute sich ≈ Obwohl der Lehrer Markus bestraft hatte (Indikativ), freute der sich (trotzdem). – Hier erkennen wir das obwohl am inneren Gegensatz zwischen den beiden Sätzen: Markus hätte sich nämlich eigentlich ärgern müssen, oder? textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 61 b.) Imperator, cum inimīcōs vīcisset (Konjunktiv Plusquamperfekt), lacrimābat ≈ Der Feldherr, obwohl er... ≈ Obwohl der Feldherr die Feinde besiegt hatte (Indikativ), weinte er: Hätte der gute Mann nicht jubeln müssen? Oder dachte er an die vielen Toten aus den eigenen Reihen, die er vor sich liegen sah? Dann sollten wir allerdings mit: Als der Feldherr… übersetzen, also mit dem cum historicum der obigen Nr. 5. 7.) Nun folgen zwei Bedeutungen des cum + Indikativ in der Bedeutung von 1.) (jedesmal), wenn und 2.) (genau, exakt zu dem Zeitpunkt), als... a.) Cum in gymnasium veniō (Indikativ Präsens), magistrōs videō ≈ Wenn (≈ jedesmal wenn; immer wenn) ich ins Gymnasium komme, sehe ich die Lehrer. b.) Marcus, cum in scolam properāvit (Indikativ Perfekt), Iulium amīcum spectāvit ≈ Markus, gerade im Moment, als er... ≈ Gerade in dem Augenblick (Moment), als Markus in die Schule eilte, sah er seinen Freund Julius ≈ Als Markus in die Schule eilte, sah er Julius, seinen Freund. Der Raub der Sabinerinnen 1 Ōlim Romānī Neptunō, deō Oceanī, ludōs parāverant. Propter inopiam feminārum Sabinōs et filiās Sabinōrum ad ludōs invitaverant. 2 Cum spectacula cunctorum oculōs occupārent, subitō Romānī advolavērunt et filiās Sabinōrum raptāvērunt. 3 Tum Sabinī irātī populōs finitimōs auxiliō vocāvērunt et Romanōs incusāvērunt. 4 Unus ex Sabinīs: »Cur«, inquit, »filiās nostrās raptāvistis? Tu, Romule, hospitium violāvistī. 5 Inimīcōs nostrōs propter iniuriās multābimus. 6 Deōs orābimus, ut nōbis adsint. 7 Quod hospitium violāvistis ≈ cum hospitium violāveritis, Romānī, Iupiter vōs multābit, nam Iupiter hospitium violātum vindicat. 8 Utinam legātōs vestrōs repudiāvissemus! 9 Sī numquam nōs invitāvissētis, filiae nostrae oppidum vestrum nōn spectāvissent. 10 Nōs hospitium numquam violāvissēmus, Romule! 11 Nē excusāveritis factum vestrum, Romāni! Nē excusāveris culpam tuam, Romule*!« 12 Deinde Sabinī bellum parāvērunt, sed Romānī interea animōs Sabinārum multīs donīs placāverant atque eās in matrimōnium duxerant. 13 Itaque filiae Sabinōrum bellum inter patrēs et ma- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 62 rītōs prohibuērunt, cum Sabinī valde iratī essent. 14 Paulō post Sabinī et Romānī ūnus erant populus, cum adhūc inimīcī fuissent. ōlim: einst – ludus : Spiel – parāre: bereiten – propter: wegen – inopia: Mangel – invitāre: einladen – raptāre: rauben 2 spectaculum: Schauspiel – cuncti, ae, a: alle – oculus: Auge – occupare: besetzen – subitō: plötzlich – advolāre: herbeieilen 3 tum: dann – irātus, a, um: wütend – populus finitimus: Nachbarvolk – auxiliō vocāre: zu Hilfe rufen – incusāre: beschuldigen 4 ūnus, a, um: ein – parāre: bereiten – propter: wegen – inopia: Mangel – ex: aus, von – cur: warum – inquit: sagte – noster, tra, trum: unser – tu: du – hospitium: Gastrecht – violare: verletzen 5 inimicus: Feind – propter (b. Akk.): wegen – iniuria: Unrecht – multāre: bestrafen 6 orāre: beten, bitten – nōbis: uns – adesse: beistehen 7 vos: euch – multāre: bestrafen – nam: denn – hospitium: Gastrecht – violātus, a, um: verletzt – vindicāre: bestrafen, rächen 8 legātus: Gesandter – vester, tra, trum: euer – repudiāre: abweisen 9 sī: wenn – numquam: niemals – invitāre: einladen – oppidum: Stadt 11 excusāre: entschuldigen – factum: Tat – culpa: Schuld 12 deinde: dann – bellum: Krieg – parāre: vorbereiten – sed: aber – interea: inzwischen – animus: Geist, Sinn, Herz – Sabina: Sabinerin – multi, ae, a: viele – dōnum: Geschenk – placāre: besänftigen – eās: sie (fem. Akk. Pl.) – in matrimōnium dūcere (Perf. duxī): in die Mutterschaft führen ≈ heiraten 13 itaque: daher – patrēs: die Väter – marītus: Ehemann – prohibēre: verhindern – valdē: sehr – iratus, a, um: wütend 14 paulō post: kurz darauf – adhūc: noch, bisher – inimīcus: Feind Übers.: Einst bereiteten die Römer dem Neptun, dem Gott des Meeres, Spiele vor. Wegen dem Mangel an Frauen luden sie die Sabiner und die Töchter der Sabiner zu den Spielen ein. 2 Als die Spiele aller Augen besetzten ≈ bannten, stürmten die Römer plötzlich herbei und raubten die Töchter der Sabiner. 3 Da riefen die Sabiner wütend die Nachbarvölker zu Hilfe und klagten die Römer an: 4 Einer der Sabiner sprach: “Warum habt ihr unsere Töchter geraubt? Romulus, du hast das Gastrecht verletzt! 5 Wir werden unsere Feinde wegen ihres Unrechts bestrafen. 6 Wir werden die Götter bitten, dass sie uns beistehen ≈ uns beizustehen 7 Weil ihr das Gastrecht verletzt habt, Römer, wird Jupiter euch bestrafen, denn Jupiter rächt das verletzte Gastrecht. 8 Oh, hätten wir doch eure Boten abgewiesen! 9 Wenn ihr uns niemals eingeladen hättet, hätten unsere Töchter eure Stadt nicht erblickt. 10 Wir hätten das Gastrecht niemals verletzt, Romulus! 11 Entschuldigt eure Tat nicht, Römer! Entschuldige deine Schuld nicht, Romulus!” 12 Dann bereiteten die Sabiner den Krieg vor, aber die Römer hatten inzwischen die Herzen der Sabinerinnen mit vielen Geschenken besänftigt und sie geheiratet. 13 Daher verhinderten die Töchter der Sabiner den Krieg zwischen den Vätern und den Ehemännern, textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 63 obwohl die Sabiner sehr wütend waren. 14 Bald darauf waren Sabiner und Römer ein Volk, obwohl sie kurz zuvor noch Feinde gewesen waren. Zur zeitlichen Folge von Futur I. und Futur II. (PerfektFutur) Wenn Handlungen in der Zukunft liegen, benutzen wir im Lateinischen stets das Futur (tempus futurum ≈ Zukunft). Sollten zwei oder mehr Handlungen des Futur nacheinander ablaufen, gibt es zumindest im Hauptsatz weder im Lateinischen noch im Deutschen ein Problem: Die einzelnen Sätze werden einfach durch Wegweiser wie dann – danach – darauf – hinterher – schließlich – zuletzt usw. miteinander verknüpft. Dadurch wird die zeitliche Abfolge innerhalb des Textes klar und deutlich. So kommen wir also problemlos mit Futur I. aus: Crās ad cāsam amīcī properābō. Ibī amicum salutābō ac de-inde in hortō amīcī ambulābo. Postrēmō domum revolābō ac domī cenābō ≈ Morgen werde ich zum Haus des Freundes eilen. Dort werde ich den Freund grüßen und dann im Garten des Freundes lustwandeln. Zuletzt werde ich nach Hause zurückeilen und zu Hause speisen. Da unser Satz schon durch das morgen als Futur gekennzeichnet ist, genügt es auch, alles im einfachen Präsens zu übersetzen: Morgen eile ich zum Haus des Freundes. Dort grüße ich den Freund und... Was aber geschieht, wenn nicht zeitgleiche künftige Handlungen, die aufeinander folgen, auf Hauptsatz und Nebensatz verteilt sind? Regel: Die Handlung Nr. 1 steht im Nebensatz. Die darauf Handlung Nr. 2 findet sich im Hauptsatz: folgende Wenn ich dich morgen treffe (Nr. 1), dann grüße ich dich (Nr. 2). Wiederum konnten wir im Deutschen auf das umständliche Futur verzichten, da das Futur durch morgen und die zeitliche Abfolge durch das wenn klar gemacht werden. So umständlich klingt derselbe Satz, wenn wir jetzt das deutsche Futur II. und Futur I. bilden: Wenn ich dich morgen getroffen habe/getroffen haben werde (Futur II.), werde ich dich grüßen (Futur I.): Futur II. komt vor Futur I. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 64 Das Lateinische aber in seiner Genauigkeit muss hier exakt, ohne wenn und aber, die Zeiten Futur I. und Futur II. bilden, z.B.: Sī discipulum laudāvero, discipulus gaudēbit ≈ Wenn ich den Schüler gelobt habe(n werde), wird er sich freuen ≈ wenn ich ihn lobe, freut er sich. Der Römer bildet das Futur II. vom Perfekt aus, genau wie der Deutsche, wenn er es unbedingt will. An den Perfekt-Stamm werden, wie wir schon sahen, die Endungen erō – eris – erit – erimus – eritis – erint angehängt; hier zur Wiederholung noch einmal alles in Kürze: PerfektStamm laudāvaudīvmonudelēvfu- Endung Futur II. vollständig z.B. laudāre deutsch -erō -eris -erit -erimus -eritis -erint laudāverō laudāveris laudāverit laudāvérimus laudāvéritis laudāverint ich werde gelobt haben du wirst gelobt haben er/sie/es wird gelobt haben wir werden gelobt haben ihr werdet gelobt haben sie werden gelobt haben Vorsicht Verwechslung / Doppelbesetzung: Das Futur II. Aktiv entspricht formal, abgesehen von der ersten Person Singular, dem Konjunktiv Perfekt Aktiv ≈ laudav-erim, -eris, -erit, -erimus, -eritis, -erint. Drohungen 1 Sabīnī iratī clamāvērunt: » Ō, Romānī, sī hospitium violāveritis, Iuppiter vōs multābit. 2 Sī nōs amicōs tractāveritis, semper grātī erimus. 3 Ō, Rōmule, sī hospitium servāveris, amīcī tuī erimus. 4 Cum ludōs Neptunī finīveris, unā cum filiīs nostrīs domum remigrābimus. 5 Nē filiās nostrās raptāveritis, Romānī! Sī filiās nostrās raptāveritis, Romānī, inimīcī nostrī eritis. 6 Sī vicīnōs nostrōs ad arma vocāverimus, contra vōs pugnābimus. 7 Sī vōs fugāverimus, Romam delēbimus.« textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 65 clamāre: schreien – hospitium: Gastreche – violāre: verletzen – multāre: bestrafen 2 tractāre: behandeln – gratus, a, um: dankbar 3 servāre: beachten 4 finīre: beenden – unā cum: zusammen mit – domum: nach Hause – remigrāre: zurückkehren – raptāre: rauben – inimīcus: Feind 6 vicinus: Nachbar – noster, tra, trum: unser – arma, ōrum (Neutrum Plural): Waffen – vocāre: rufen – contra: gegen – pugnāre: kämpfen 7 fugāre: in die Flucht schlagen – delēre: zerstören Die Sabiner schrien wütend: »Römer, wenn ihr das Gastrecht verletzt haben werdet – habt, wird euch Jupiter bestrafen ≈ bestraft euch Jupiter. 2 Wenn ihr uns als Freunde behandelt haben werdet ≈ behandelt, werden wir immer dankbar sein ≈ sind wir immer dankbar. 3 Romulus, wenn du das Gastrecht einhältst, werden wir deine Freunde sein. 4 Wenn du die Spiele des Neptunus beendet hast, werden wir zusammen mit unseren Töchtern nach Hause zurückkehren. 5 Raubt nicht unsere Töchter, Römer (Vorsicht: Es liegt der verneinte Imperativ mit Konjunktiv Perfekt vor)! Wenn ihr unsere Töchter geraubt habt, Römer, werdet ihr unsere Feinde sein. 6 Wenn wir unsere Nachbarn zu den Waffen gerufen haben, werden wir gegen euch kämpfen. 7 Wenn wir euch in die Flucht geschlagen haben, werden wir Rom zerstören«. Perfekt/Plusquamperfekt/Futur II. Passiv 1.) Zunächst muss geklärt werden, was man unter Aktiv und Passiv versteht: a.) Aktiv kommt von lat. agere ≈ handeln; aktiv bedeutet also handelnd ≈ irgendjemand tut irgendetwas, z. B. Marcus fällt / fällte einen Baum. Marcus tut / tat etwas... b.) Passiv kommt von lat. patī ≈ (er-)leiden, (er-)dulden, ertragen; also lässt jemand eine fremde Handlung über sich ergehen, man erleidet sie sozusagen, z.B. Der Baum wird / wurde gefällt, ob er wollte, oder nicht... textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 66 2.) Warum wenden wir uns zunächst der Perfekt-Passiv-Gruppe (Perfekt – Plusquamperfekt – Futur II.) zu? Antwort: Weil sie (ausnahmsweise) fast genau so wie das Deutsche gebildet wird und somit leicht zu lernen ist: Man nimmt das Partizip Perfekt Passiv der Vorzeitigkeit (PVP) und die entsprechenden Formen des Hilfsverbs esse-sein: ich bin gelobt worden usw.; ich war gelobt worden usw.; ich wäre gelobt worden usw.; ich werde gelobt worden sein usw. 3.) Was ist ein Partizip? Der Weg führt über das Lateinische: particeps (Gen. participis) ≈ teilnehmend, teilhaftig an. Woran nimmt dieses Wort teil? An zwei verschiedenen Wortarten: a.) Es ist ein Adjektiv, z.B. der gefangene Wolf. Man kann es wie ein Adjektiv deklinieren: des gefangenen Wolfes, dem gefangenen Wolf, den gefangenen Wolf usw. b.) Es ist von einem Verb abgeleitet, hier von fangen; es besitzt ein festes Zeitverhältnis, wie wir an folgendem Beispiel erkennen können: Der gefangene Wolf heult (Präsens) / heulte (Präteritum) / wird heulen (Futur). Ganz gleich, welche Zeit wir wählen, bevor er heult, muss er noch gefangen werden. Das Partizip gefangen ist also automatisch vorzeitig und hat so manchen Nebensinn, den man beim Übersetzen berücksichtigen kann: Der Wolf heult (erst), wenn – nachdem – weil (und unter gewissen Umständen sogar) obwohl er gefangen worden ist/wurde. Unser Partizip der Vorzeitigkeit Passiv (PVP) hat es sozusagen in sich. 4.) Wir bilden das PVP von der sogenannten Folge der Stammformen her: loben, lobte, gelobt; oder ein starkes Verb: reißen, riss, gerissen. 5.) Bevor wir das lateinische Partizip der Vorzeitigkeit Passiv (PVP) kennen lernen, müssen wir sehen, wie man die lat. Stammformen bildet: Die regelmäßige lateinische Stammform Aufeinander folgen: Infinitiv Präsens Aktiv – 1. Person Präsens Aktiv – 1. Person Perfekt Aktiv, das sog. Supinum bzw. das PVP. A-Konjugation laudāre – laudō – laudāvī – laudātum (laudātus, a, um) I-Konjugation audīre, audīō, audīvī, audītum (audītus, a, um) textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 67 E-Konjug. I. monēre, moneō, mónuī, mónitum (mónitus, a, um) E-Konjug. II delēre, deleō, delēvī, delētum (delētus, a, um) esse esse, sum, fuī, kein Passiv Wir wiederholen alle Formen von esse ≈ sein Präsens Indikativ: sum, es, est, sumus, estis, sunt ≈ ich bin, du bist, er ist, wir sind, ihr seid, sie sind b.) Präsens Konjunktiv: sim, sīs, sit, sīmus, sitis, sint ≈ ich sei, du seist, er sei, wir seien, ihr seiet, sie seien – ich soll sein, du sollst sein usw. c.) Imperfekt Indikativ: eram, eras, erat, erāmus, erātis, erant ≈ ich war, du warst, er war, wir waren, ihr wart, sie waren – ich bin gewesen usw. d.) Imperfekt Konjunktiv: essem, essēs, esset, essēmus, essētis, essent ≈ ich wäre, du wärest, er wäre usw. e.) Futur I.: erō, eris, erit, erimus, eritis, erunt ≈ ich werde sein, du wirst sein, er wird sein usw. f.) Futur II.: fuerō, fueris, fuerit, fuerimus, fueritis, fuerint ≈ ich werde gewesen sein, du wirst gewesen sein, sie wird gewesen sein… g.) Perfekt Indikativ: fuī, fuisti, fuit, fuimus, fuistis, fuērunt ≈ ich war / ich bin gewesen, du warst, bist gewesen usw. h.) Perfekt Konjunktiv: fuerim, fueris, fuerit, fuérimus, fuéritis, fuerint: wird meist wie g.) übersetzt i.) Plusquamperfekt Indikativ: fueram, fuerās, fuerat, fuerāmus, fuerātis, fuerant ≈ ich war gewesen, du warst gewesen, er war gewesen usw. k) Plusquamperf. Konjunktiv: fuissem, fuissēs, fuisset, fuissēmus, fuissētis, fuissent ≈ ich wäre gewesen, du wärest gewesen, er wäre gewesen usw. l.) Imperativ: es ≈ sei! este ≈ seid! a.) Perfekt Passiv Indikativ Wiederholung A-Sing. laudātus, a, um sum, es, est – ich bin gelobt worden, wurde g. I-Sing. audītus, a, um sum, es, est – ich bin gehört worden, wurde g. E-1-Sing. mónitus, a, um sum, es, est – ich bin gemahnt worden, wurde g E-2-Sing. delētus, a, um sum, es, est – ich bin zerstört worden, wurde z. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 68 A-Plur. I-Plur. E-1-Plur. E-2-Plur. laudātī, ae, a sumus, estis, sunt – wir sind gelobt worden… audītī, ae, a sumus, estis, sunt – wir sind gehört worden… mónitī, ae, a sumus, estis, sunt – wir sind gemahnt worden… delētī, ae, a sumus, estis, sunt – wir sind zerstört worden… Perfekt Passiv Konjunktiv Part. Perf. Pass. laudātus, a, um audītus, a, um mónitus, a, um delētus, a, um laudātī, ae, a audītī, ae, a mónitī, ae, a delētī, ae, a esse sim sīs sit (Zusammenfassung) Person deutsche Übersetzung 1. P. Sing. in der Regel wie oben 2. P. Sing. beim Indikativ* 3. P. Sing. sīmus 1. P. Plur. sītis 2. P. Plur. 3. P. Plur. sint in der Regel wie oben beim Indikativ *) z.B. beim indirekten Fragesatz, der im Latein mit Konjunktiv stehen muss, während er im Deutschen meist im Indikativ steht: Nescīmus, cur laudatī / audītī / monitī sīmus ≈ wir wissen nicht, warum wir gelobt / gehört / gemahnt wurden / worden sind. Plusquamperfekt Passiv Indikativ Part. Perf. Pass. laudātus, a, um audītus, a, um mónitus, a, um delētus, a, um laudātī, ae, a audītī, ae, a mónitī, ae, a delētī, ae, a esse eram eras erat Person 1. P. Sing 2. P. Sing. 3. P. Sing. eramus 1. P. Plur. eratis 2. P. Plur. 3. P. Plur. erant (Zusammenfassung) deutsche Übersetzung ich war gelobt, gehört, gemahnt worden,* du warst gelobt worden, sie war gelobt worden wir waren gelobt worden, ihr wart gelobt usw. worden, sie waren gelobt worden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 69 *) Eine Möglichkeit, das gelegentlich schwerfällige Passiv zu vermeiden: Man hatte mich gelobt, gehört, gemahnt usw. Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv Part. Perf. Pass. laudātus, a, um audītus, a, um mónitus, a, um delētus, a, um laudātī, ae, a audītī, ae, a mónitī, ae, a delētī, ae, a esse essem essēs esset Person 1. P. Sing. 2. P. Sing. 3. P. Sing. essēmus 1. P. Plur. essētis 2. P. essent Plur. 3. P. Plur. (Zusammenfassung) deutsche Übersetzung ich wäre gelobt, gehört, gemahnt worden* du wärst ge… worden, er/sie/es wäre ge… worden wir wären ge… worden ihr wär(e)t ge… worden sie wären ge... worden *) Man hätte mich, dich, ihn/sie, uns, euch, sie gelobt, gehört, gemahnt. Regel: Der Konjunktiv Plusquamperfekt (Aktiv/Passiv) ist Ausdruck der Nicht-Wirklichkeit oder nicht erfüllbaren Bedingung: »Sī lupus necātus esset, agnus raptus nōn esset. Utinam lupus ā rusticīs captus esset! ≈ wenn der Wolf getötet worden wäre, wäre das Lamm nicht geraubt worden. Wenn doch der Wolf von den Bauern gefangen worden wäre!« Armes Lämmchen, oder? Lesen wir weiter: »Sī agnus ā lupō devorātus nōn esset, a rusticīs mactātus esset, et rusticī agnum edissent ≈ Wenn das Lamm nicht vom Wolf gefressen worden wäre, wäre es von den Bauern geschlachtet worden, und die Bauern hätten das Lamm verspeist«: Sīc est vīta – so ist das Leben! Futur II. (Perfektfutur) Passiv Part. Perf. Pas. laudātus, a, um audītus, a, um esse erō eris Person 1. P. Sing. (Zusammenfasung) deutsche Übersetzung ich werde gelobt, gehört, gemahnt worden sein* textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 70 mónitus, a, um delētus, a, um laudātī, ae, a audītī, ae, a mónitī, ae, a delētī, ae, a *) 2. P. Sing. 3. P. Sing. erimus 1. P. Plur. eritis 2. P. erunt Plur. 3. P. Plur. erit du wirst ge… worden sein er/sie wird ge... worden sein wir werden ge… worden sein ihr werdet ge... worden sein sie werden ge... worden sein Man wird mich gelobt, gehört, gemahnt haben. Merke: Das Futur II. Passiv ist relativ selten und wird z.B. so gebraucht: »Cum ab amico laudatus erō, gaudēbō ≈ wenn ich vom Freund gelobt worden sein werde, werde ich mich freuen«. Weil das im Deutschen so aber niemand sagt, übersetzen wir nur: »Wenn mich der Freund lobt, freue ich mich«. Durch das Wörtchen wenn ist nämlich der gesamte Zeitablauf klar, so dass wir uns mit dem einfachen Präsens zufrieden geben können / müssen / sollten, während das Lateinische exakt an der Zeitenfolge festhält. Außerdem ist es inhaltlich ziemlich das Gleiche, wenn ich sage: »Ich werde vom Freund gelobt« oder »der Freund lobt mich«: Passiv kann ins Aktiv umgewandelt werden, Aktiv wiederum ins Passiv, jedenfalls meistens... Das Partizip im Kontext: Besuch in einer villa Romana 1 Multī convīvae villam opulentī virī per vestibulum intrāvērunt. 2 Deinde ātrium amplum spectāvērunt: Atrium multīs cubiculīs circumdātum erat. 3 Quattuor columnae tectum atriī portābant. 4 Supra medium ātrium tec- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 71 tum erat apertum: lacūna erat mediō in tectō. Romānī lacūnam tectī compluvium appellābant. 5 Hodie imber per lacūnam cadēbat, et aqua impluviō reservāta est. 6 In alīs simulacra deōrum collocāta erant. 7 Post ātrium erat tablīnum. 8 Per tablīnum nunc peristylum spectātum est; convīvae per tablīnum in peristylum meāvērunt et ibī per ūnam hōram ambulāvērunt. 9 Peristylum ā virō opulentō circa hortum aedificātum erat. 10 Convīvae et porticum bene aedificātam et hortum multīs rosīs ornātum laudābant. 11 Sexaginta columnae tectum peristylī portābant. 12 In hortō multae statuae collocātae erant; convīvae statuās mediō in hortō collocātās laudāvērunt. 13 Imprīmīs autem ā convīvīs pictūra pugnae clarae Alexandrī Magnī laudāta est; artifex pugnam Alexandrī apud Issum pugnātam variīs lapillīs formāverat. 14 Convīvae pavimentum tesselatum pugnā Alexandrī ornātum stupuērunt. 15. Ūnus ex convīvīs clamāvit: »Utinam mea villa quoque pugnā Alexandrī ornāta esset! 16 Nisī villa mea iam pictūrā magnā Minotaurī ā Theseō necātī ornāta esset, ego libenter Alexandrī pugnam meō in ātriō vidērem. 17 Sī nova mea villa erit aedificāta, vestibulum novae villae pictūrā canis saevī ornābō. 18 Litterās quadrātās vidēbitis: CAVĒ CANEM!’ 19 Villa mea nova mox aedificāta erit. Optō, ut proximō annō aedificāta erit.« 20 Tum cunctōs convīvās in villam novam nōndum aedificātam invitāvit. 21 Dominus autem: »Antequam nova tua villa aedificāta erit, nōbis necesse erit cenāre. Quārē vōs invitō, ut cenēmus«. 22 Convīvae cum dominō in triclinium magnificum multīs pictūrīs in murīs ornātum meāvērunt atque ibī cenāvērunt. 23 Post cenam in exedrā post hortum sīta dē negōtiīs disputāvērunt. conviva (m.): Gast – opulentus, a, um: reich – vestibulum: Eingangshalle 2 ātrium: Atrium; mitllere Halle der Villa – amplus, a, um: weit, groß – cubiculum: Schlafzimmer – circumdāre: umgeben 3 quattuor: vier – columna: Säule – tectum: Dach – portāre: tragen 4 supra (b. Akk.): oberhalb, über – medius, a, um: mittlerer – apertus, a, um: offen – lacuna: Lücke – mediō in tectō: mitten im Dach – compluvium: das Kompluvium, der Regeneinfall – appellāre: nennen 5 hodie: heute – imber: Regen – cadere: fallen – aqua: Wasser – reservāre: aufheben 6 ala: Flügel – simulacrum: Abbild – collocāre: aufstellen 7 tablīnum: Arbeitszimmer 8 peristylum: Säulenhalle – spectāre: betrachten – meāre: gehen – ūna hōra: eine Stunde lang – ambulāre: spazieren gehen 9 circa hortum: um den Garten herum – aedificāre: bauen 10 porticus, ūs f.: Säulenhalle – bene: gut – rosa: Rose – ornāre: schmücken 11 sexaginta: 60 – columna: Säule – tectum: Dach – portāre: tragen 12 hortus: Garten – collocāre: aufstellen 13 imprīmīs: besonders – pictūra: Bild – pugna: Schlacht – clārus, a, um: berühmt – Alexander Magnus: Alexaner d. Gr. – artifex: Künstler – apud Issum: bei Isssos (333 v. Chr.) – pugnāre: kämpfen – varius, a, um: verschieden – lapillus: Steinchen – formāre: gestalten 14 pavi- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 72 mentum tesselātum: Mosaikfußboden – stupēre: bestaunen 15 clamāre: schreien, rufen – quoque (nachgestellt): auch 16 nisī: wenn nicht – Minotaurus: der Minotaurus, ein Fabelwesen, halb Stier, halb Mensch – necāre: töten – libenter: gern 17 sī: wenn – novus, a, um: neu – vestibulum: s.o. – canis saevus: wilder Hund 18 litterae quadrātae: Blockschrift – cavē canem: hüte dich vor dem Hund 19 proximus annus: nächstes Jahr 20 tum: dann – cunctī, ae, a: alle – nōndum: noch nicht – invitāre: einladen 21 dominus: Hausherr – antequam: bevor – nōbis: uns – necesse est: es ist nötig – cenāre: essen – quārē: daher – vōs: euch – invitāre: einladen 22 magnificus, a, um: großartig – murus: Mauer, Wand – meāre: gehen – ibī: dort 23 post: nach – exedra: die Exedra, ein überdachter Freisitz am hinteren Ende des Gartens – situs, a, um: gelegen, liegend – negotium: Geschäft – disputāre: diskutieren. Übersetzung: Die vielen Gäste traten durch das Vestibulum in die Villa eines rei- chen Mannes ein. 2 Dann betrachteten sie das weite Atrium: Es war von Schlafzimmern umgeben. 3 Vier Säulen trugen das Dach des Atriums. 4 Mitten über dem Atrium war das Dach offen: Eine Lücke war mitten im Dach. Die Römer nannten die Lücke des Daches Kompluvium. 5 Heute fiel Regen durch die Lücke, und das Wasser wurde im Impluvium aufgefangen. 6 An den Flanken waren Götterbilder aufgestellt. 7 Hinter dem Atrium war das Tablinum – Arbeitszimmer. 8 Durch das Tablinum hindurch wurde nun die Säulenhalle (Peristyl) betrachtet – betrachtete man...; die Gäste gingen durch das Tablinum ins Peristyl und dort eine Stunde lang durch den Garten spazieren. 9 Das Peristyl war vom reichen Mann rund um den Garten gebaut worden. 10 Die Gäste lobten sowohl die gut gebaute Säulenhalle – die Säulenhalle, die gut gebaut war; weil sie gut gebaut war, als auch den mit vielen Rosen geschmückten Garten – den Garten, der mit vielen Rosen geschmückt war; weil er mit vielen Rosen geschmückt war. 11 Sechzig Säulen trugen das Dach des Peristyls. 12 Im Garten waren viele Statuen aufgestellt. Die Gäste lobten die mitten im Garten aufgestellten Statuen ≈ die Statuen, die mitten im Garten aufgestellt waren. 13 Besonders aber wurde von den Gästen das Bild der berühmten Schlacht Alexanders des Großen gelobt; der Künstler hatte die Schlacht Alexanders, die bei Issos geschlagene ≈ die bei Issos geschlagen worden war, mit verschiedenen Mosaiksteinchen geformt. 14 Die Gäste bestaunten den mit der Alexanderschlacht geschmückten Mosaikfußboden ≈ den Mosaikfußboden, der mit ... geschmückt war – weil er ... geschmückt war. 15 Einer der Gäste rief: »Oh, wäre doch auch meine Villa mit der Alexanderschlacht geschmückt. 16 Wenn meine Villa nicht schon mit einem großen Bild des von Theseus getöteten Minotaurus geschmückt wäre, würde ich gerne die Alexanderschlacht in meinem Atrium sehen. 17 Wenn meine neuen Villa errichtet sein wird – errichtet ist, werde ich die Eingangshalle meiner neuen Villa mit dem Bild eines bösen Hundes schmücken. 18 Ihr werdet eine Blockschrift (viereckige Buchstaben) sehen: Hüte dich vor dem Hund – Vorsicht, bissiger Hund! 19 Meine neue Villa wird bald errichtet sein – bald fertig sein. Ich hoffe, dass sie im nächsten Jahr gebaut sein textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 73 wird – gebaut ist«. 20 Dann lud er alle Gäste in seine noch nicht erbaute Villa ein – in seine Villa, obwohl sie noch gar nicht erbaut war. 21 Der Hausherr aber (sagte): »Bevor deine neue Villa erbaut sein wird – gebaut ist, wird es uns nötig sein zu essen – werden wir was essen müssen. Daher lade ich euch ein, dass wir essen – zum essen ein«. 22 Die Gäste gingen mit dem Hausherrn zusammen ins großartige, mit vielen Bildern an den Wänden geschmückte Speisezimmer – in das großartige Speisezimmer (Triklinium), das mit vielen Bildern an den Wänden geschmückt war, und dort speisten sie. 23 Nach dem Essen diskutierten sie in der hinter dem Garten gelegenen Exedra – in der Exedra, die hinter dem Garten lag, über die Geschäfte. Grammatische Erläuterungen a.) mediō in hortō ≈ (wörtlich) im mittleren Garten ≈ mitten im Garten; ähnlich in Satz 4: suprā medium ātrium ≈ mitten über dem Atrium. b.) convīvae et porticum bene aedificātam et hortum multīs rosīs ornātum laudābant ≈ die Gäste lobten sowohl ... als auch... Man darf das erste et unübersetzt lassen: Sie lobten Säulenhalle und Garten. Porticus ist f. (Ausnahme): porticus ornāta ≈ die geschmückte Säulenhalle. c.) In unseren Lesestück kommen viele gesperrte Ausdrücke vor, zwei davon oben in b.) demonstriert; im lat. Text oft farbig hervorgehoben: Zuerst kommt i.d.R. das Substantiv und viel später das zugehörige Partizip, das sogenannte Participium coniunctum ≈ verbundenes Partizip oder ein Adjektiv: Beides muss sich in Kasus, Numerus und Genus (Fall, Zahl, Geschlecht) nach dem Substantiv richten (KNG-Kongruenz); so z.B. in Satz 4: hortus multīs rosīs ornātus ≈ der/ein mit vielen Rosen geschmückter Garten; oder: weil der Garten... Diesen netten Garten kann man deklinieren: Genitiv: hortī multīs rosīs ornatī ≈ des mit vielen Rosen geschmückten Gartens usw. Da die lat. Wortstellung frei ist, kann das Part. coniunctum auch so auftreten: Ornātum floribus ab hortulānō nostrō bonō peristylum ≈ das mit Blumen von unserem guten Gärtner geschmückte Peristyl. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 74 Die Personalpronomina (erste und zweite Person) Zunächst eine kleine Wiederholung: Eigentlich sind alle Wörter, die man deklinieren (also vom Nominativ in den Genitiv, Dativ, Akkusativ und Ablativ setzen) kann, Nōmina (lat. nōmen, (Plural) nōmina n. ≈ der Name, die Namen). Im engeren Sinne sind aber für uns nur Substantive (Hauptwörter, z.B. der Freund) und Adjektive Nomina (Adjektive ≈ Eigenschaftswörter, z.B. gut, schlecht usw.; sie stehen auf die Frage wie). Deutschlehrer benutzen die Bezeichnung Nōmen recht oft nur für das Substantiv. Dies ist problematisch, weil man jedes Adjektiv substantivieren kann: gut wird zu der Gute, das Gute usw. Dichter widmen ihr Werk dem Schönen, Guten und Edlen, oder auch nicht... Wenn wir in einer Geschichte (z.B. von Fuchs und Wolf) immer wieder von denselben Personen erzählen, ist es stilistisch unschön, jeden zweiten Satz z.B. mit ...und der Wolf zu beginnen. Wir ersetzen den Namen – das Nōmen durch ein Prō-Nōmen (prō ≈ für) ≈ Für-Wort; Ersatzwort. Statt z.B. Wolf sagen wir dann er oder dieser oder jener. So besitzt jede Person zunächst ein passendes Personal-Pronomen, wie wir schon beim Konjugieren festgestellt haben. Während wir im Lateinischen meist darauf verzichten können, weil die Person in der Endung steckt (nämlich als Teil des Subjekts: ō / m ≈ ich; s ≈ du; t ≈ er/sie/es; mus ≈ wir; tis ≈ ihr; nt ≈ sie (z.B. laudāmus ≈ wir loben), mussten wir das Personalpronomen beim Übersetzen ständig verwenden, zum Glück als native speaker (doch wohl) ohne (größere) Probleme. Manchmal benutzen die Römer das Personalpronomen aber trotzdem, obwohl es doch schon in der Endung steckt, um es zu betonen: Ego laudō ≈ ich persönlich lobe; dagegen: laudō nur ≈ ich lobe. Steht das Personalpronomen aber nicht im Nominativ (als Subjekt), kann es nicht mehr in der Endung stecken und muss auch im Lateinischen erscheinen; dazu folgen unten die entsprechenden Tabellen, zunächst nur zur 1. und 2. Person: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 75 Personalpronomen der ersten und zweiten Person 1. P. S. ego meī* mihī mē ā mē** mēcum deutsch 2. P. S. deutsc h ich tu du meiner* tuī* deiner* mir tibī dir mich tē dich von mir ā tē** von dir mit mir tēcum mit dir 1. P. Plur. deutsch nōs nostrī* nostrum wir unser* unter uns 2. Person Pl. vōs vestrī* vestrum nōbis nōs ā nōbis** nobíscum uns uns von uns mit uns vōbis vōs ā vōbis** vobíscum Casus Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ deutsch Casus ihr euer* unter euch euch euch von euch mit euch Nom. Gen. Dativ Akk. Ablativ *) Die eine Form des Genitivs der Personalpronomina ist nur in altertümlichen Redewendungen enthalten, z.B.: Memor sīs et miserēre meī, tuī, nostrī, vestrī ≈ Bitte, gedenke und erbarme dich meiner / deiner / (seiner; ihrer) / unser / euer. Solch würdevolle Sprache begegnet uns im Alltag nicht mehr. Es ist klassische Kirchen- und edle Literatursprache. Dagegen gibt es für nōs (≈ wir) und vōs (≈ ihr) einen Genitiv mit der Bedeutung: von uns / von euch – unter uns / unter euch: Quis nostrum aut vestrum Gymnasium frequentat ≈ wer von uns, unter uns oder wer von euch, unter euch besucht das Gymnasium? **) Zum Ablativ: Er kommt meist nur in der Form von mir, dir, uns, euch oder in der Form mit mir, dir, uns, euch Von vor: heißt lateinisch ā (vor Vokalen: Mit ab); heißt cum (mit Ablativ) und wird nur an das Pronomen angehängt; sonst steht es vor dem Bezugswort: mēcum ≈ mit mir; tēcum ≈ mit dir; nobíscum ≈ mit uns; vobíscum ≈ mit euch; aber (Normalfall): cum amīcō ≈ mit dem Freund (zusammen). textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 76 Demonstrativpronomen als Ersatz für das Personalpronomen Auch bei der dritten Person gilt, dass ihr Nominativ in der Regel in der lateinischen Endung -t ≈ er, sie, es bzw. -nt ≈ sie (Plural) steckt: lobarat ≈ er/sie/es arbeitet; laborant ≈ sie arbeiten. Was aber, wenn die Person stark betont wird? Dann muss ich im Lateinischen und Deutschen jeweils das Demonstrativpronomen (demonstrāre ≈ zeigen; man zeigt sozusagen auf Person oder Sache) einsetzen: dieser, diese, dieses arbeitet; dieser da, diese da, dieses da arbeitet; (oder etwas abgeschwächt): jener, jene, jenes hat heute gar keine Lust zu arbeiten... Das lat. Personalpronomen der 3. Person ersetzen wir oft durch das Demonstrativpronomen, das dann meist abgeschwächt mit er, sie, es übersetzt wird: Marcus intrat; eum / hunc / istum (s. Tabellen unten) laudamus ≈ Marcus tritt ein; diesen ≈ ihn loben wir. Iulia aegrota est; eam / hanc /istam medicus curat ≈ Julia ist krank; diese ≈ sie pflegt der Arzt. Das Demonstrativpronomen lässt sich selbständig (wie ein Substantiv) deklinieren (is ≈ dieser); oder es lässt sich zusammen mit einem Substantiv (wie ein Adjektiv) deklinieren (is dominus ≈ dieser Herr). Bei den Formen ist zu beachten, dass die Pronomina teilweise – im Plural sogar durchgängig die Endungen der A-O-Deklination behalten haben. is, ea, id ≈ dieser, diese, dieses is, ea, id eius, eius, eius (sprich e-jus) eī, eī, eī (sprich e--ī) eum, eam, id eō, eā, eō N G e ī (iī), eae, ea eōrum, eārum, eōrum N G D Akk Ab eīs (iīs), eīs (iīs), eīs (iīs) D Akk eōs, eās, ea eīs (iīs), eīs (iīs), eīs (iīs) Ab dieser, diese, dieses dieses, dieser, dieses dessen, deren, dessen* diesem, dieser, diesem diesen, diese, dieses z.B. mit diesem usw. diese, diese, diese dieser, dieser, dieser deren, deren, deren** diesen, diesen, diesen diese, diese, diese z.B. mit diesen usw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 77 hic, haec, hoc ≈ dieser, diese, dieses hic, haec, hoc huius, huius, huius (sprich hu-jus) huic, huic, huic hunc, hanc, hoc hōc, hāc, hōc Nominativ hi, hae, haec Genitiv hōrum, hārum, hōrum Dativ hīs, hīs, hīs Akkusativ hōs, hās, haec Ablativ hīs, hīs, hīs *) Die Kinder dieses Mannes, dieser Frau sind frech ≈ dessen / deren (≈ seine / ihre) Kinder sind frech: Zusammenhang beachten! **) Die Kinder dieser Leute sind frech ≈ deren (≈ ihre) Kinder sind frech: Die beste Übersetzung ergibt sich aus dem Zusammenhang. ille, illa, illud ≈ jener, jene, jenes ille, illa, illud illīus, illīus, illīus illī, illī, illī illum, illam, illud illō, illā, illō Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ jener, jene, jenes jenes oder dessen usw. jenem, jener, jenem jenen, jene, jenes z.B. mit jenem illī, illae, illa illōrum, illārum, illōrum illīs, illīs, illīs illōs, illās, illa illīs, illīs, illīs Nominativ Genitiv jene, jene, jene jener oder deren Dativ Akkusativ Ablativ jenen, jenen, jenen jene, jene, jene z.B. mit jenen iste, ista, istud ≈ dieser da, diese da, dieses da (Deklin. wie is, ea, id) iste, ista, istud istīus, istīus, istīus istī, istī, istī Nominativ istī, istae, ista Genitiv istōrum, istārum, istōrum Dativ istīs, istīs, istīs textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 78 istum, istam, istud istō, istā, istō Akkusativ istōs, istās, ista Ablativ istīs, istīs, istīs Es folgen praktische Deklinationsbeispiele: haec femina huius feminae huic feminae hanc feminam hāc feminā Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ diese Frau dieser Frau dieser Frau diese Frau z.B. mit dieser Frau hae feminae hārum feminārum hīs feminīs hās feminās hīs feminīs Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ diese Frauen dieser Frauen diesen Frauen diese Frauen z.B. mit diesen Frauen is vir eius virī eī virō eum virum eō virō Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ dieser Mann dieses/diesen Mannes diesem Mann diesen Mann z.B. mit diesem Mann eī/iī virī eōrum virōrum eīs/iīs virīs eōs virōs eīs/iīs virīs Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ diese Männer dieser Männer diesen Männern diese Männer z.B. mit diesen Männern illud monstrum illīus monstrī illī monstrō illud monstrum illō monstrō Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ jenes Ungeheuer jenes Ungeheuers jenem Ungeheuer jenes Ungeheuer mit jenem Ungeheuer illa monstra Nominativ jene Ungeheuer textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 79 illōrum monstrōrum illīs monstrīs illa monstra illīs monstrīs Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ jener Ungeheuer jenen Ungeheuern jene Ungeheuer mit jenen Ungeheuern Merke: Kasus, Numerus und Genus (KNG) müssen übereinstimmen, aber die formale Endung darf durchaus verschieden sein. In den obigen Beispielen haben wir strikt darauf geachtet, dass das grammatische Geschlecht im Lateinischen und Deutschen übereinstimmt; dass dies nicht immer so sein muss, belegen folgende Beispiele: is – hic – ille porcus maskulin dieses – jenes Schwein neutrum ea – haec – illa pictura feminin dieses – jenes Bild neutrum id – hoc – illud oppidum neutrum diese – jene Stadt feminin Bei Schwierigkeiten der deutschen Deklination unseres Demonstrativpronomens sollte man mit dem ganzen Satz fragen: Nominativ: Wer ist da? Dieser, jener Mann – diese, jene Frau – dieses, jenes Monster. Genitiv: Wessen Haare sind rot? Die Haare dieses, jenes Mannes – dieser, jener Frau – dieses, jenes Monsters. Dativ: Wem gebe ich einen guten Rat? Diesem, jenem Mann – dieser, jener Frau – diesem, jenem Monster. Akkusativ: Wen oder was sehe ich? Ich sehe diesen, jenen Mann – diese, jene Frau – dieses, jenes Monster. Ablativ: Mit wem spiele ich Schach? Mit diesem, jenem Mann – mit dieser, jener Frau – mit diesem, jenem Monster. Nominativ: Wer ist da? Diese, jene Männer – diese, jene Frauen – diese, jene Ungeheuer. Genitiv: Wessen Haare sind blond: Die Haare dieser, jener Männer – dieser, jener Frauen – dieser, jener Ungeheuer. Dativ: Wem klaue ich alles? Ich klaue alles diesen, jenen Männern – diesen, jenen Frauen – diesen, jenen Ungeheuern. Akkusativ: Wen sperre ich ein? diese, jene Männer – diese, jene Frauen – diese, jene Ungeheuer. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 80 Ablativ: Mit wem gehe ich spazieren? Mit diesen, jenen Männern – diesen, jenen Frauen – mit diesen, jenen Ungeheuern. Merke: Wie unsere obigen Beispiele zeigen, ist die deutsche Deklination hier im Singular vertrackt und könnte Deutsch lernende Ausländer zur Verzweiflung treiben; der Plural hingegen ist vereinheitlicht, so dass man für alle drei Geschlechter nur eine jeweils einzige Endung lernen muss, die oben an unserem kleinen Beispiel stets rot markiert ist. Einladung an einen Freund 1 Marcus Iunius ad amīcum: »Hanc villam Gaius Rufus eiusque* servī mihī aedificāvērunt. 2 Hōc in oppidō nulla villa meam villam superat. 3 Cum (≈ weil mit Konjunktiv) amicus meus semper fueris, ego tē invitō, ut eam inspiciās. 4 Eō annō multa magnifica aedificia incendiō oppidī magnō delēta sunt. Ea rē-aedificārī necesse est. 5 Illō incendiō etiam Neptūnī templum vastātum est. Eius columnae altae flammīs altīs vastātae sunt. 6 Incolae oppidī id templum statim rē-aedificāvērunt. 7 Cum etiam mea villa flammīs istīs altīs vastāta esset, istam novam aedificāvī. 8 Illī** sunt et magnum atrium et magnificum peristylum exedrā amplā ornātum. 9 Venī et vidē!« 10 Amicus Marcī Iuniī mox villam visitat atque eam laudat. Imprīmīs eius columnās magnificās stupet. *) sein. **) tig? eius ist Genitiv m./f./n. und bezieht sich auf Rufus, also: dessen, illī kann Dativ Singular m./f./n. sowie m. Plural sein; was ist rich- Übersetzung: M. Junius zum Freund: »Diese Villa haben mir Gaius Rufus und dessen ≈ seine Sklaven erbaut. 2 In dieser Stadt übertrifft keine Villa meine Villa. 3 Weil du immer mein Freund warst, lade ich persönlich (ego) dich ein, dass du diese ≈ sie anschaust. 4 In diesem Jahr sind viele großartige Gebäude durch den großen Brand der Stadt zerstört worden. Diese ≈ sie wiederaufgebaut zu werden ≈ sie wiederaufzubauen, ist notwendig. 5 Durch diesen Brand ist auch der Neptun-Tempel zerstört worden. Dessen ≈ seine hohen Säulen sind durch die hohen Flammen verwüstet worden. 6 Die Bewohner der Stadt haben diesen Tempel sofort wieder aufgebaut. 7 Weil auch meine Villa durch diese hohen Flammen da verwüstet worden war, habe ich diese neue da gebaut. 8 Jener sind (Dativ) ≈ jener gehören ≈ jene hat sowohl ein großes Atrium als auch ein großartiges mit einer wei- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 81 ten Exedra geschmücktes Peristyl ≈ ein Peristyl, das durch eine weite Exedra geschmückt ist. 9 Komm und sieh!« 10 Der Freund des Marcus Junius besichtigt bald / danach die Villa und lobt diese ≈ sie. Besonders deren ≈ ihre großartigen Säulen bestaunt er. Die 3. Person reflexiv (Singular und Plural) Bisher haben wir erfahren, dass man im Lateinischen die 3. Person des Personalpronomens i.d.R. durch das Demonstrativpronomen ersetzt: Demonstrare heißt zeigen; hinzeigen. Es wird immer auf eine andere als die handelnde Person gezeigt; handelnde Person und Demonstrativpronomen sind verschieden; ein Beispiel für nicht reflexiv: Magister Marcum vituperat. Marcus magistrum odit, quod is semper vituperat ≈ Der Lehrer tadelt Markus: Markus hasst den Lehrer, weil dieser ≈ er immer tadelt. Er ≈ der Lehrer und nicht Markus! Was ist nun aber, wenn die handelnde Person (in der 3. Person) und das folgendes Personalpronomen übereinstimmen, wenn jemand den Zeigefinger gegen sich selbst zurück biegt und auf sich selbst zeigt? Dann ändert sich zunächst einmal auch im Deutschen die Form: Er/sie/es schadet sich – er/sie/es betrachtet sich im Spiegel – sie schaden sich (selbst) – sie alle betrachten sich (selbst) im Spiegel. Wir besitzen also auch im Deutschen dieses Pronomen, das sich auf die handelnde 3. Person zurückbezieht, undeklinierbar im Wort sich (Singular und Plural zugleich). Zurückgezogen, bzw. zurückgebogen heißt lateinisch aber reflexus, a, um (von: re-flectere ≈ zurück biegen). Wir nennen es daher das Reflexivpronomen. Das Reflexivpronomen existiert eigentlich nur im Dativ und Akkusativ (im Lateinischen auch im Ablativ) als Objekt. Der Genitiv des Reflexivpronomens ist äußerst selten, so gut wie ausgestorben und kann hier daher übergangen werden: Das Reflexivpronomen (lateinisch – deutsch; m. f. n.) Singular Singular sich sibī sich sē Kasus Dativ Akkusativ Plural sibī sē Plural sich sich textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 82 ā sē sēcum *) von sich mit sich Ablativ ā sē* sēcum** von sich mit sich ā se und **) sēcum wie beim Personalpronomen: ā mē ≈ von mir / mēcum ≈ mit mir – a tē, tēcum ≈ von dir, mit dir – ā nobis, nobiscum ≈ von uns, mit uns – ā vobis, vobiscum ≈ von euch, mit euch. Markus und seine Freunde 1 Marcus nōn labōrat. Marcus itaque nocet sibī. 2 Marcus cum gaudiō sē in speculō videt et sēcum cogitat: »Quam bellus sum!« 3 Marcus numquam ā sē vituperātus est. 4 Etiam amīcī Marcī nōn labōrant et itaque sibī nocent. 5 Marcī amīcī sē in silvās abdunt et nōn in gymnasium veniunt. 6 Iī stupidī puerī sēcum cogitant: »Quam callidī sumus!« nocēre: schaden – speculum: Spiegel – cogitāre: denken – bellus, a, um: hübsch – numquam: niemals – vituperāre: tadeln – silva: Wald – abdere: verstecken – schola: Schule – callidus, a, um: schlau, gewitzt Marcus arbeitet nicht. Marcus schadet daher sich. 2 Marcus sieht sich mit Freude im Spiegel und denkt bei sich: »Wie hübsch bin ich!« 3 Marcus wurde (noch) nie von sich selbst getadelt. 4 Auch die Freunde des Marcus arbeiten nicht und schaden daher sich. 5 Die Freunde des Marcus verbergen sich in den Wäldern (wörtlich: tun sich weg in die Wälder hinein) und kommen nicht in das Gymnasium. 6 Diese dummen Jungen denken bei sich: »Wie schlau wir sind!« Beim Übersetzen des obigen Textes haben wir uns vielleicht gefragt, ob man nicht auch noch das Pronomen (3. Person Singular und Plural) selbst (als Betonung) hinzufügen darf, das ebenfalls im Deutschen nicht dekliniert werden kann; Antwort: jederzeit möglich. Aber dieses Pronomen muss (leider) im Lat. voll dekliniert werden (wie ein Adjektiv; die KNG-Regel ist zu beachten; oder wie ein selbständiges Substantiv), obwohl es grundsätzlich mit selbst oder mit persönlich – er selbst ≈ er persönlich) übersetzt werden muss, ganz gleich ob Singular oder Plural, ganz gleich ob maskulin, feminin oder neutrum: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 83 selbst ipse ≈ er, sie, es (Deklination wie ille, illa, illud) ipse, ipsa, ipsum ipsīus, ipsīus, ipsīus ipsī, ipsī, ipsī ipsum, ipsam, ipsum ipsō, ipsā, ipsō Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ ipsī, ipsae, ipsa ipsōrum, ipsārum, ipsōrum ipsīs, ipsīs, ipsīs ipsōs, ipsās, ipsa ipsīs, ipsīs, ipsīs ...noch einmal: Markus und seine schlauen Freunde 1 Marcus ipse non labōrat. Marcus nocet sibī ipsī. 2 Marcus cum gaudiō sē ipsum in speculō videt et cum sē ipsō cogitat: »Quam bellus ego ipse sum!« 3 Marcus numquam ā sē ipsō vituperātus est. 4 Etiam amīcī ipsī nōn labōrant et sibī ipsīs nocent. 5 Marcī amīcī sē ipsōs in silvās abdunt et ipsī nōn in scholam veniunt. 6 Iī puerī ā sē ipsīs numquam vituperātī sunt. 7 Illī puerī sē ipsōs numquam vituperant; etiam illae puellae sē ipsās numquam vituperant; puellae ā sē ipsīs numquam vituperātae sunt. 8 Semper sē ipsas in speculō vident et cottidie clamant: »Quam bellae sumus ipsae!« Marcus persönlich arbeitet nicht. Marcus schadet sich selbst. 2 Marcus sieht sich selbst mit Vergnügen im Spiegel und denkt bei sich selbst: »Wie schön bin ich persönlich!« 3 Marcus wurde noch nie von sich selbst getadelt. 4 Auch die Freunde persönlich arbeiten nichts und schaden sich selbst. 5 Die Freunde des Marcus verbergen sich selbst in den Wäldern und kommen persönlich nicht zur Schule. 6 Diese Jungen wurden noch nie von sich selbst getadelt. 7 Jene Jungen tadeln sich niemals selbst; auch jene Mädchen tadeln sich niemals selbst; die Mädchen wurden von sich aus persönlich nie getadelt. 8 Immer sehen sie sich selbst im Spiegel und rufen täglich: »Wie hübsch sind wir selbst – persönlich doch!« Deklinationsbeispiel Nominativ: Marcus ipse adest – Markus selbst (persönlich) ist anwesend. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 84 Genitiv (selten): Pecunia Marcī ipsīus abest – das Geld des Markus selbst ≈ von Markus persönlich ist fort. Dativ: Marcō ipsī pecuniam dāmus – (dem) Markus selbst (persönlich) geben wir das Geld. Akkusativ: Marcum ipsum invitāmus – wir laden Markus selbst (ihn persönlich) ein. Ablativ: Cum Marcō ipsō ambulāmus – mit Markus selbst (mit ihm persönlich) machen wir einen Spaziergang. Nominativ: amīcī ipsī adsunt – die Freunde selbst (persönlich) sind da. Genitiv: Pecunia amicōrum ipsōrum abest – das Geld der Freunde selbst (von ihnen persönlich) ist fort. Dativ: amicīs ipsīs pecunia raptātur – den Freunden selbst (ihnen persönlich) wird das Geld geklaut. Akkusativ: amicōs ipsōs invitāmus – wir laden die Freunde selbst (sie persönlich) ein. Ablativ: cum amicīs ipsīs cenāmus – wir speisen mit den Freunden selbst. Das Possessivpronomen Besitzansprüche werden sprachlich durch das Possessivpronomen (possidere ≈ besitzen) kenntlich gemacht: mein – dein – sein / ihr –– unser – euer – ihr. Das Possesivpronomen verhält sich dabei sprachlich wie ein Adjektiv: Es wird nach der Kongruenzregel (Kasus, Numerus und Genus müssen übereinstimmen – KNG-Regel) neben einem Substantiv dekliniert: mein Haus, meines Hauses, meinem Haus, mein Haus / meine Häuser, meiner Häuser, meinen Häusern, meine Häuser usw. Bei dem Possesivpronomen, das der 3. Person zugeordnet ist (sein / ihr – ihr) stehen wir vor der gleichen Schwierigkeit wie oben beim Personalpronomen: Ist es reflexiv oder nicht? »Otto betritt sein Haus«. Ist es sein eigenes Haus (reflexiv) oder das Haus eines anderen (nicht reflexiv)? Wie üblich sind wir im Deutschen damit zufrieden, wenn wir es aus dem Inhalt heraus erkennen: »Otto sieht Karls Haus. Er betritt sein Haus ≈ Karls Haus«. Der Römer hingegen ist auf größere Genauigkeit erpicht und muss sagen: »Otto sieht Karls Haus. Er betritt dessen (eius, huius, istīus, illīus) Haus«. Feminin geht so: »Otto sieht textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 85 Omas Haus. Er betritt deren (lat. erneut: eius...), also ihr Haus«. Im Plural: »Otto sieht die Pferde der Nachbarn. Er mag deren (lat. ≈ eōrum, hōrum, istōrum, illōrum), also ihre Pferde«. Wenn es die Pferde der Freundinnen gewesen wären, dann natürlich deren ≈ eārum, hārum, istārum, illārum (Genitiv feminin Plural), also: ihre Gäulchen. Zum Glück ist der Gebrauch des Possessivpronomens, das der 1. und 2. Person zugeordnet ist, im Lateinischen und Deutschen völlig gleich. Das Possessivpronomen im Singular der 1. Pers. Sing. zugeordnet me-us, a, um ≈ mein der 2. Pers. Sing. zugeordnet tu-us, a, um ≈ dein der 3. P. Sing. zugeordnet; reflexiv su-us, a, um ≈ sein / ihr der 1. Pers. Plural zugeordnet noster, nostra, nostrum ≈ unser der 2. Pers. Plural zugeordnet vester, vestra, vestrum ≈ euer der 3. Pl. zugeordnet; reflexiv suus, sua, suum ≈ ihr (Plural) Die Deklination des Possesivpronomens erfolgt wie die der Adjektive nach der o / a – Deklination (-us, -a, -um) – auch im Plural. Deklinationsbeispiele Sing. villa mea villae meae Sing. deutsch Plural mein Haus villae meae meines Hauses villārum meārum Plural deutsch meine Häuser meiner Häuser textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 86 villae meae meinem Haus villīs me-īs villam meam mein Haus villās meās durch m. Haus villīs me-īs villā meā unser Freund unseres Freundes unserem Freund amicus noster amicī nostrī amicō nostrō amicum nostrum unseren Freund mit unserem F. amicō nostrō meinen Häusern meine Häuser mit meinen Häusern unsere Freunde amicī nostrī -ōrum nostrōrum unserer Freunde amicīs nostrīs amicōs nostrōs amicīs nostrīs unseren Freunden unsere Freunde mit unseren Frdn. suus ≈ sein (eigen); ihr; reflexiv oppidum suum oppidī suī oppidō suō oppidum suum oppidō suō oppida sua oppidōrum suōrum oppidīs suīs oppida sua oppidīs suīs amica sua amicae suae amicae suae amicam suam Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ seine – ihre/ihre* Stadt seiner – ihrer/ihrer Stadt seiner – ihrer/ihrer Stadt seine – ihre/ihre Stadt mit seiner – ihrer/ihrer Stadt Nominativ seine – ihre/ihre Städte* Genitiv seiner – ihrer/ihrer Städte Dativ seinen – ihren/ihren Städten Akkusativ seine – ihre/ihre Städte Ablativ mit seinen/ihren Städten Nominativ seine – ihre/ihre* Freundin Genitiv seiner – ihrer/ihrer Freundin Dativ seiner – ihrer/ihrer Freundin Akkusativ seine – ihre/ihre Freundin textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 87 amicā suā Ablativ amicae suae Nominativ seine, ihre/ihre* Freundinnen Genitiv seiner, ihrer/ihrer* Freund. Dativ seinen, ihren/ihren Freund. Akkusativ seine, ihre/ihre Freundinnen Ablativ mit seinen, ihren/ihren Fr. amicārum suārum amicīs suīs amicās suās amicīs suīs mit seiner - ihrer Freundin *) zum deutschen Problem sein – ihr / ihr (reflexiv ≈ z.B. auf das Subjekt zurückbezogen): 1.) Otto trifft seine (eigene) Freundin ≈ Ottos Freundin; sein bezieht sich auf die 3. Person Singular m. 2.) Oma trifft ihre (eigene) Freundin ≈ Omas Freundin; ihr bezieht sich auf die 3. Person Singuar f. 3.) Das Monster frisst seine (eigene) Freundin auf ≈ des Monsters Freundin; sein bezieht sich auf die 3. Person Singular n. 3.) Alle mögen ihre (jeweils eigene) Freundin (≈ die F. aller): ihr bezieht sich auch auf die 3. Person Plural m. f. und n. – eben auf alle. Beispielsätze zum Gebrauch des Possessivpronomens Marcus amīcum visitat ≈ M. besucht einen Freund – M. besucht den Freund – M. besucht seinen Freund. Iulia amīcam invitat ≈ Julia lädt eine Freundin, die Freundin, ihre Freundin ein. Germanī equos diligēbant ≈ Die Germanen liebten Pferde, die Pferde, ihre Pferde. Bei diesen drei Möglichkeiten muss der Zusammenhang die richtige Übersetzung bringen. 2.) Marcus amīcum suum visitat ≈ Markus besucht seinen (eigenen) Freund. Iulia amīcās suās invitat ≈ Julia lädt ihre (eigenen) Freundinnen ein. Germani equōs suōs diligēbant ≈ die Germanen liebten ihre (eigenen) Pferde. 1.) textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 88 Diesmal ist der Sinn ganz eindeutig: nicht den Freund eines anderen, den eigenen Freund, nicht die Pferde anderer Völker, sondern nur die eigenen, usw. Regel: Das Possesivpronomen wird im Lateinischen nur zur besonderen Betonung verwendet; es kommt daher relativ selten vor. Wenn das Besitzverhältnis nicht reflexiv ist, steht der Genitiv des Demonstrativpronomens, wie wir schon oben gesehen haben: 1.) Marcus eius amīcum visitat ≈ M. besucht dessen/deren ≈ seinen/ihren Freund (≈ den Freund eines oder einer anderen). 2.) Marcus a.) eōrum amīcum visitat ≈ M. besucht deren ≈ ihren Freund (≈ den Freund anderer; diese Gruppe ist maskulin, wie jede Gruppe, in der mindestens ein einziges männliches Wesen enthalten ist. 3.) Iulia amīcās eārum visitat ≈ Julia besucht deren (feminin Plural) Freundinnen ≈ sie besucht die Freundinnen anderer Frauen; diesmal sind alle Mitglieder der Gruppe weiblichen Geschlechtes. 4.) Gallī equōs eōrum diligēbant ≈ die Gallier liebten deren ≈ ihre Pferde; sie liebten die Pferde anderer, bekanntlich besonders die der Römer. Hätten sie aber ihre eigenen, also die gallischen Pferde geliebt, müsste der Satz so lauten: Gallī suōs equōs diligēbant; wären sie ganz allgemein auf Pfere versessen, nur so: Gallī equōs vehementer diligēbant ≈ die Gallier liebten Pferde heftig, sehr. Die konsonantische Deklination Wie der Name schon sagt, enden die Wortstämme der Substantive der konsonantischen Deklination auf verschiedene Konsonanten. Es kommen alle drei Genera (m. f. und n.) vor, die sich in der Endung nicht unterscheiden. Adjektive gibt es in dieser Deklination nicht (nur vier Ausnahmen). Wir unterscheiden verschiedene Gruppen der Substantive: 1.) Substantive, deren Stamm auf –or/-er/-ōs/-l endet, sind i.d.R. maskulin: senator (Gen. senatōris) – carcer, carceris (Kerker) – flōs, flōris (Blume) – consul, consulis. Der Nominativ ist (außer bei -ōs, -ōris; Stamm endet auf -or) zugleich der Wortstamm. 2.) Substantive, die auf -tas; -o; -s; -x enden, sind meist feminin textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 89 a.) dignitas, -tātis ≈ Würde: Im Nominativ ist das t ausgefallen, nach der Regel: Dental (≈ d oder t; Zahnlaut) fällt vor s aus, weil es zusammen mit s den für Römer unaussprechlichen Buchstaben z ergäbe. Der Stamm lautet hier also: dignitat. b 1) multitudo, - tūdinis (die Menge); Stamm: multitudin. b 2) imago, -ginis (Bild); Stamm: imagin. b 3) orātio, oratiōnis (Rede); Stamm: oratiōn. Das -n des Stammes ist im Nominativ ausgefallen, weil es die Römer vermutlich nicht gesprochen haben. Übrigens: Fast alle Wörter auf -iōn sind lateinisch. c 1) laus, audis (Lob); Stamm: laud. Wie in b 1) ist im Nominativ der Dental (hier d) ausgefallen, Regel: s.o. c 2) virtus, virtūtis (Tapferkeit; Tugend; Tatkraft usw.); im Nominativ ist vor s schon wieder der Dental ausgefallen, Regel: s.o. d 1) lex, lēgis (Gesetz); Stamm lēg. Hier lautet die Regel: Guttural (≈ g oder k/c ≈ Gaumenlaut) verbindet sich mit s zum Buchstaben x: g + s ≈ x oder: k/c + s ≈ x; wir müssen den Genitiv kennen (lernen), um zu wissen, ob unser Fall d 1.) (mit g) eintritt, oder der Fall d 2.), der unten folgt: d 2) pax, pācis (Friede); Stamm: pac. 3.) Subst. auf -men; (Gen.) -minis sind grundsätzlich Neutrum: nōmen, -minis (Name); Stamm: nōmin – sēmen, -minis (Same); Stamm: sēmin – flūmen, flūminis (Fluss) – bitūmen, bitūminis (Erdpech, Asphalt). Die konsonantische Deklination: Endungen m. variabel -is -ī -em -e Singular f. variabel -is -ī -em -e n. variabel -is -ī wie Nom. -e*** Casus Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ Kasus m. -ēs -um f. -ēs -um n. -a -um Casus Nominativ Genitiv textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 90 -ibus -ēs* -ibus Plural -ibus -ēs* -ibus -ibus -a* -ibus** Dativ Akkusativ Ablativ Kasus *) Nominativ und Akkusativ Plural sind bei der konsonantischen Deklination immer gleich. **) Der Dativ und Ablativ Plural sind immer gleich (übrigens bei allen lateinischen Deklinationen). ***) Das -e im Ablativ Singular ist kurz und unbetont; es verdankt sein Dasein vielleicht der großen Vokal-Liebe der antiken Römer. Beachte: Abgesehen von der bekannten Neutrum-Regel (Nom. u. Akk. sind immer gleich und enden im Plural immer auf -a) besitzt die konsonantische Deklination (Substantive) nur eine gemeinsame Endung. Wenn wir jetzt im Folgenden mit Beispielen deklinieren, nehmen wir sogleich Adjektive der o/a Deklination hinzu, um zu zeigen, dass sich das Adjektiv zwar in Kasus, Numerus, Genus (KNG) nach dem Substantiv richtet, es aber seine eigene Deklination beibehält. Das ist uns bisher nicht aufgefallen, weil wir nur ideal zum Adjektiv auf -us, -a, -um passende Substantive hatten, wie z.B. dominus, femina, monstrum. Jetzt wird das parallele Deklinieren schwieriger; zur Not dekliniert man erst das Substantiv herunter; dann das Adjektiv oder umgekehrt. Deklinations-Beispiele senator magnus (m. – Stamm: senator): der/ein große(r) Senator senator magnus senatōris magnī senatōrī magnō senatōrem magnum senatōre magnō Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ senatōrēs magnī senatōrum magnōrum senatōribus magnīs senatōrēs magnōs senatōribus magnīs Ebenso geht: cōnsul novus ≈ der/ein neuer Konsul flumen altum (n. – Stamm: flumin): der/ein tiefe(r) Fluss textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 91 flūmen altum* flūminis altī flūminī altō flūmen altum* flūmine altō Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ flūmina alta* flūminum altōrum flūminibus altīs flūmina alta* flūminibus altīs Ebenso geht: nōmen nōtum ≈ bekannter Name *) Beim Neutrum sind Nom. und Akkusativ immer gleich lex nova (f. – Stamm: leg): das/ein neue(s) Gesetz lex nova lēgis novae lēgī novae lēgem novam lēge novā Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ lēgēs novae lēgum novārum lēgibus novīs lēgēs novās lēgibus novīs imago bella (f. – Stamm: imagin) das/ein hübsche(s) Bild imagō bella imaginis bellae imaginī bellae imaginem bellam imagine bellā Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ imaginēs bellae imaginum bellārum imaginibus bellīs imaginēs bellās imaginibus bellīs Ebenso geht: altitūdo magna (Stamm altitūdin) – große Höhe laus māgna (f. – Stamm laud) – das/ein große(s) Lob laus magna laudis magnae laudī magnae laudem magnam laude magnā Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ das große Lob des großen Lobes dem großen Lob das große Lob mit dem großen Lob laudēs magnae laudum magnārum laudibus magnīs Nominativ Genitiv die großen Lobsprüche der großen Lobsprüche Dativ den großen Lobsprüchen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 92 laudēs magnās laudibus magnīs Akkusativ Ablativ die großen Lobsprüche mit den gr. Lobsprüchen virtus (St.: virtūt) f. ≈ Tugend – aetas (St.: aetat) f. ≈ Zeitalter virtus virtūtis virtūtī virtūtem virtūte virtutēs virtūtum virtūtibus virtūtēs virtūtibus N G D A Ab aetas aetātis aetātī aetātem aetāte aetātēs aetātum aetātibus aetātēs aetātibus magnitūdō (f. – Stamm: magnitudin) ≈ die Größe magnitūdo magnitūdinis magnitūdinī die Größe der Größe der Größe magnitūdinēs magnitūdinum magnitūdinibus magnitūdinem magnitūdine die Größe magnitūdinēs die Größen der Größen den Größen die Größen m.d. Größe magnitūdinibus mit den Gr. amplitūdo (f. – Stamm: amplitūdin) ≈ die Weite amplitūdo amplitūdinis amplitūdinī amplitūdinem amplitūdine die Weite der Weite der Weite die Weite m. d. Weite amplitūdinēs amplitūdinum amplitūdinibus amplitūdinēs amplitūdinibus die Weiten der Weiten den Weiten die Weiten m.d. Weiten Die gallischen Druiden (Priester) 1 Gaius Iulius Caesar in suīs commentariīs »Dē Bellō Gallicō« haec ferē narrat: 2 »Tōtā in Galliā duo ordinēs hominum in summō honōre ac laude sunt, et ordo equitum et ordo druidum. 3 Plebs autem paene in numerō servōrum habētur. 4 Equitēs bella curant. 5 Druidēs autem religiōnibus intersunt et sacrificia publica et privata procurant. 6 Māgna est apud drui- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 93 dēs potestās: 7 Sī nex patrāta est, sī dē heriditāte aut de līmite controversia est, druidēs eīs in rebus iudicēs sunt. 8 Cunctīs druidibus ūnus praeest, quī summam inter eōs habet auctoritātem. 9 Post eius principis mortem reliquī druidēs novum suum principem suffrāgiō creant. 10 Nonnumquam etiam armīs dē locō principis pugnant. 11 Certō annī tempore in regiōne Galliae mediā in locō consecratō dē salūte publicā, dē lēgibus, dē bellō ac pāce, dē controversiīs diiudicant. 12 Cunctī Gallī decretīs druidum obtemperant.« Vorbemerkung: Vokabeln der konson. Dekli. werden mit Nom. + Gen. + Genus angegeben – haec (Neutr. Plur.): diese Dinge, dies – tōtus, a, um: ganz – duo, duae, duo: zwei – ordo, ordinis m.: Stand, Klasse – summus, a, um: der höchste – honos, honōris m.: Ehre – laus, laudis f.: Lob, Ansehen – equēs, equitis: Reiter, Ritter – druidēs, druidum m.Pl.: die Druiden – plebs, plēbis f.: das Volk – paene: fast – religio, religiōnis f.: Religion – interesse: dabei sein, sich kümmern um – sacrificium: Opfer – procurāre ≈ curare: kümmern um – apud (m. Akk:): bei – potestas, potestātis f.: Macht – nex, necis f.: Mord – hereditas, -tātis: Erbschaft – limes, limitis m.: Genze – controversia: Streit – iudex, iudicis m.: Richter – praeesse: voranstehen – auctoritas, -tātis: Ansehen, Einfluss – princeps, principis: der Erste, der Führer – mors, mortis f.: Tod – suffragium: Abstimmung – creāre: schaffen, wählen – nonnumquam: manchmal – pugnāre: kämpfen – tempus, temporis n.: Zeit regio, regiōnis f.: Gegend – salus, salūtis f.: Heil, Wohl – lex, lēgis f.: Gesetz – pax, pācis f.: Friede – controversia: Streit – di-iudicāre: entscheiden – decrētum: Beschluss – cunctī, ae, a: alle – obtemperāre: gehorchen. Übers.: Gaius Iulius Caesar erzählt in seinen Kommentaren über den »Gallischen Krieg« etwa folgendes: 2 »In ganz Gallien sind zwei Klassen von Menschen in höchster Ehre und höchsten Ansehen, der Stand der Ritter und der Druiden. 3 Die Plebs aber wird fast zur Zahl der Sklaven gerechnet. 4 Die Ritter kümmern sich um die Kriege. 5 Die Druiden aber kümmern sich um die Religion und besorgen öffentliche und private Opfer. 6 Große Macht liegt bei den Druiden. 7 Wenn ein Mord begangen ist, wenn über eine Erbschaft oder Grenze ein Streit besteht, sind die Druiden in diesen Dingen die Richter. 8 Allen Druiden steht einer voran, der unter ihnen die höchste Autorität besitzt. 9 Nach dem Tod dieses Führers wählen die übrigen Druiden einen neuen Führer durch Abstimmung. 10 Manchmal kämpfen sie auch mit Waffen um den Platz des Führers. 11 Zu einer bestimmten Zeit des Jahres richten sie in einer mittleren Gegend Galliens an heiligem Ort über das öffentliche Wohl, über die Gesetze, über Krieg und Frieden und über Streitigkeiten. 12 Alle Gallier gehorchen den Beschlüssen der Druiden«. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 94 Cloelia 1 PORSENNA, rex Etruscōrum, ōlim copiīs magnīs Romānōs fugāverat atque multōs obsidēs postulāverat, inter eōs etiam puellās. 2 Una ex obsidibus, Cloelia, virgō egregia, erat. 3 Cum Etruscōrum castra haud procul ā rīpā Tiberis sita essent, Cloelia noctū custōdēs frustrāvit et ūnā cum ceterīs virginibus trāns flūmen natāvit. 4 Ubi (postquam) Cloeliae fuga rēgī nuntiāta est, rex īrā inflammātus Romanīs imperāvit, ut virginem statim ad Etruscōrum castra reportārent. 5 Romani, nē iram rēgis excitārent, voluntātī Porsennae paruērunt. 6 Tum rex virtūte virginis magnā commōtus, puellae libertātem donāvit eīs verbīs: »Cum īram meam placāveris, libertātem tibī dōnō. 7 Amor patriae parentumque tibī magnō honōrī erit.« 8 Romānī virginī statuam collocavērunt. ōlim: einst – copiae: Truppen – fugāre: in die Flucht schlagen – obses, obsidis m./f.: Geisel – puella: Mädchen – Cloelia: Name – virgo, virginis f.: Jungfrau – egregius, a, um: hervorragend – Etruscī: die Etrusker – castra, castrōrum (n.Pl.): Lager – haud ≈ nōn – procul: fern – rīpa: Ufer – Tiberis, Tiberis: Tiber – situs, a, um: gelegen, liegend – custos, custōdis m.: Wächter – frustrāre: täuschen – ceterī, ae, a: die übrigen – trāns: über, hinüber – flūmen, minis n.: Fluss – natāre: schwimmen – ubi (m. Indikativ Perfekt): sobald – postquam (m. Ind. Perf.): nachdem – rex, regis m.: König – nuntiāre: melden – inflammāre: entflammen – ira: Zorn – irā (Abl.) inflammātus, a, um: zornentflammt – imperāre, ut: befehlen, dass – reportare: zurückbringen – excitāre: entfachen – voluntas, voluntātis f.: Wille – parēre: gehorchen – virtus, virtūtis f.: Tüchtigkeit, Tatkraft – commōtus, a, um: bewegt – libertas, libertātis f.: Freiheit – donāre: schenken – eīs verbīs (Abl.): mit diesen Worten – placāre: besänftigen – amor: Liebe – patria: Vaterland – parentēs (Pl.), parentum: die Eltern – honor / honos, honōris m.: Ehre – collocāre: aufstellen Übersetzung: Porsenna, der König der Etrusker, hatte einst mit großen Truppen die Römer in die Flucht geschlagen und viele Geiseln verlangt, unter diesen auch Mädchen. 2 Eine von den Geiseln war Cloelia, eine ausgezeichnete Jungfrau. 3 Weil das Etruskerlager nicht weit vom Ufer des Tibers lag, täuschte Cloelia nachts die Wächter und schwamm zusammen mit den übrigen Jungfrauen über den Fluss. 4 Sobald/Nachdem Cloelias Flucht dem König gemeldet worden war, befahl der König den Römern zornentflammt, die Jungfrau sofort zum Lager der Etrusker zurückzubrin- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 95 gen. 5 Damit die Römer nicht den Zorn des Königs entfachten ≈ um nicht ... zu entfachen, gehorchten sie Porsennas Willen. 6 Darauf schenkte der König, durch die große Tapferkeit der Jungfrau bewegt, dem Mädchen die Freiheit mit diesen Worten: »Weil du meinen Zorn besänftigt hast, schenke ich dir die Freiheit. 7 Deine Liebe zu Vaterland und Eltern wird dir zu großer Ehre dienen ≈ viel Ehre bringen«. 8 Die Römer stellten der Jungfrau eine Statue auf. 3.) Cum castra haud procul essent... ≈ weil das Lager nicht fern war: cum causale mit Konjunktiv. 4,1.) Viele Vokabeln mit gleicher Bedeutung: ubī; ut oder ut prīmum; cum oder cum prīmum; simul, simulac, simulatque ≈ sobald – mit Indikativ Perfekt; im Deutschen steht eher Plusquamperfekt: Sobald Cloelias Flucht gemeldet worden war... (Temporalsatz). 4,2.) postquam ≈ nachdem – steht ebenfalls mit Indikativ Perfekt, im Deutschen wieder meist im Plusquamperfekt: Nachdem Cloelias Flucht gemeldet worden war ... (Temporalsatz; tempus ≈ die Zeit). 4,3.) ..., ut ...reportārent: ..., dass sie zurückbrächten ≈ sie zurückzubringen. Ut nach Ausdrücken des Verlangens, Wünschens und Befehlens ≈ dass (mit Konjunktiv). 4,4.) nē (mit Konj.) ≈ dass nicht, damit nicht: ne īram excitārent ≈ damit sie nicht den Zorn entfachten ≈ um … nicht zu entfachen. 7.) tibī māgnō honōrī est: Hier liegt ein doppelter Dativ vor (1. Dativ der Person; 2. Dativ der Sache) mit esse als Prädikat vor: Dir ist es ≈ dient es… zu einer großen Ehre/zu großer Ehre ≈ es ist für dich eine große Ehre: Regel: esse mit doppeltem Dativ ≈ dienen zu; gereichen zu. Nach der Erstübersetzung sollte man ein besseres Deutsch finden: • Mihī schola gaudiō nōn est ≈ mir gereicht die Schule nicht zur Freude ≈ sie macht mir keine Freude, kein Vergnügen. • Bella nōbis horrōrī sunt ≈ Kriege gereichen uns zum Entsetzen ≈ wir finden Kriege entsetzlich, scheußlich. • Legiōnēs Romānīs defensiōnī patriae erant ≈ die Legionen dienten den Römern zum Schutz ihrer Heimat (diesmal kann man es stehen lassen). textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 96 7.) amor patriae et parentum ≈ Liebe zum Vaterland und zu den Eltern. Hier liegt ein sogenannter Genitivus Objectivus vor, den es im Deutschen kaum gibt, eine Art von Genitivobjekt also, das im Folgenden noch einmal näher erklärt wird: Genitivus subjectivus Genitivus objectivus Die Person/Sache im Genitiv ist sozusagen eine handelnde Person (trotz Genitiv), also das Subjekt einer Handlung. Nur der Zusammenhang sagt, ob der (viel häufigere) Genitivus Subjektivus vorliegt. Die Person/Sache im Genitiv ist sozusagen das Objekt einer Handlung; sie ist Passiv, tut selbst nichts. Nur der Zusammenhang zeigt, ob der seltenere Genitivus Objectivus vorliegt. »amor magnus amicī ≈ die große Liebe des Freundes« ≈ der Freund liebt selbst; ist Subjekt zu Liebe. »amor magnus amicī ≈ die große Liebe zum Freund«: Unser Freund wird geliebt; ist Objekt. »amor magnus parentum ≈ die »amor magnus parentum ≈ die große Liebe zu den Eltern« ≈ große Liebe der Eltern« ≈ die El- die Eltern werden geliebt; sie tern lieben selbst, sind Subjekt sind Objekt der Liebe ihrer Kinder Liebe, die sie den Kindern ge- der. ben. Aber: amor patriae ≈ die Liebe zum Vaterland, die Heimat-Liebe dēsīderium Rhodī ≈ Sehnsucht nach Rhodos dēsīderium vītae aeternae ≈ das Verlangen nach ewigem Leben Da abstrakte Dinge und leblose Gegenstände nicht selbst aktiv werden können, ist hier der Genitivus Objectivus eindeutig geboten. Relativpronomen / adjektivisches Interrogativpronomen Warum gleich zwei neue Pronomina (prō-nōmen, -nōminis n. ≈ Fürwort, d.h. Ersatzwort, Stellvertreterwort)? Weil sie im Lateinischen die gleiche Form haben – teilweise auch im Deutschen: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 97 1.) Interrogativpronomen: Welcher Mann, welche Frau, welches Kind arbeitet im Garten oder treibt sich in der Gegend herum? 2. Relativpronomen (in Form einer Antwort auf 1.): Der Mann, welcher (≈ der) faul, die Frau, welche (≈ die) dumm und das Kind, welches ≈ das) frech ist, arbeitet im Garten oder treibt sich herum. Deklination des Relativ- und Interrogativpronomens Singular quī cuius cuī quem quō quōcum quae** cuius cuī quam quā quācum Plural quī quōrum quibus quōs quibus quibuscum quae quārum quibus quās quibus quibuscum quod cuius cuī quod quō quōcum quae* quōrum quibus quae quibus quibuscum Casus N. G. D. Ak. Ab. Casus N. G. D. Ak. Ab. *) Beim Neutrum sind Nominativ und Akkusativ immer gleich und im Plural enden sie immer auf -a. Die einzigen Ausnahmen sind: hī, hae, haec und oben unser quī, quae, quae. Verwechslungsgefahr: quae kommt insgesamt 4 x vor; es gilt also, stets den Zusammenhang zu beachten. Das Relativpronomen im Sprachgebrauch Obige Tabelle hilft uns leider nur begrenzt weiter, so dass wir im Folgenden Beispiele mit Übersetzung erarbeiten müssen. Dabei wollen wir darauf achten, dass zufällig das Genus – Geschlecht im Lateinischen und Deut- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 98 schen übereinstimmt, damit alles unmittelbar auch auf Deutsch geübt wird, obwohl bekanntlich das grammatische Geschlecht beider Sprachen nicht immer übereinstimmt. Weiterhin ist zu beachten, dass jeder Satz in der linken Hälfte der Tabelle mit jedem Satz in der rechten Tabellenhälfte zu kombinieren ist. Da wir aber über 5 Casūs – Fälle im Singular und 5 Casūs im Plural verfügen, ergeben sich insgesamt 50 Kombinationen, jeweils 25 im Singular und jeweils 25 im Plural; zählen wir die Übersetzung hinzu, ergeben sich exakt 100 Partikel; Gelegenheit, freche Pennäler zur Strafarbeit, dies schriftlich auszuformulieren, zu verdonnern: Kombinationsmodell 1: maskulin Singular lat. – deutsch Singular lateinisch – deutsch Hīc Marcus venit, quī semper laetus est Hier kommt Markus, der (welcher) immer fröhlich ist Hīc soror venit Marcī, cuius capillī rubrī sunt Hier kommt die Schwester dessen Haare rot sind des Markus, Lucius Marcō dōnum dat, cuī Gaius osculum nōn dat Lucius gibt dem Markus ein Geschenk, dem (welchem) Gaius keinen Kuss gibt Lucius Marcum salūtat, quem libenter visitāmus Lucius grüßt den Markus, den (welchen) wir gerne besuchen Lucius cum Marcō labōrat, ā quō salutātī sumus; quōcum ambulāmus Lucius arbeitet mit Markus, von dem (welchem) wir gegrüßt wurden; mit dem (welchem) wir spazieren Plural lateinisch – deutsch Plural lateinisch – deutsch Hic veniunt puerī, hier kommen die Jungen, quī stupidī sunt die (welche) dumm sind textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 99 Veniunt sorōrēs puerōrum, Es kommen die Schwestern der Jungen, quōrum capillī rūbrī sunt deren Haare rot sind Dōna damus puerīs, Geschenke geben wir den Jungen, quibus parentēs dōna nōn dant denen (welchen) die Eltern keine Geschenke geben Amicī vident puerōs, Freunde sehen die Jungen, quōs cunctī libenter visitant die (welche) alle gerne besuchen Puellae territae sunt a puerīs Die Mädchen wurden von den Jungen erschreckt, Puellae cum puerīs ambulant, Die Mädchen spazieren mit den Jungen, ā quibus nullus alius territus est von denen (welchen) kein anderer erschreckt wurde quibuscum magistrī nōn ambulant mit denen (welchen) die Lehrer nicht spazieren gehen Kombinationsmodell 2: feminin Singular lateinisch – deutsch Singular lateinisch – deutsch Hic advolat capra, Hier eilt die Ziege herbei, quae stupida est die (welche) dumm est Magna est stultitia caprae, cuius pellis varia est Groß ist die Dummheit der Ziege, deren Fell bunt ist Rusticus pabulum dat caprae, Der Bauer gibt Futter der Ziege, cuī nēmō osculum dat. der niemand einen Kuss gibt Rusticus vendit capram, Der Bauer verkauft die Ziege, quam liberī nōn diligunt die die Kinder nicht mögen Rusticus cum caprā forum petit, Der Bauer geht mit der Ziege zum Marktplatz, ā quā liberī rusticī numquam delectātī sunt – von der die Kinder des Bauern nie erfreut wurden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 100 Kombinationsmodell feminin Plural lateinisch – deutsch lateinisch – deutsch Hic advolant caprae, Hier eilen die Ziegen herbei, quae stupidae sunt die (welche) dumm sind Magna est stultitia caprārum, Groß ist Dummheit der Ziegen, quārum pellis varia est deren Fell gescheckt ist Rusticus pabulum dat caprīs, Der Bauer gibt das Futter den Ziegen, quibus nēmō osculum dat denen keiner einen Kuss gibt Rusticus vendit caprās, Der Bauer verkauft die Ziegen, quās liberī diligunt die (welche) die Kinder lieben Rusticus forum petit cum caprīs, a quibus rusticī numquam delectātī sunt von denen die Bauern nie erfreut wurden Der Bauer eilt zum Marktplatz mit den Ziegen, Kombinationsmodell 3: neutrum Singular Singular Bestiās silvae territat monstrum, Die Tiere des Waldes erschreckt das Ungeheuer, quod horribile est das (welches) grässlich ist Dentes acuti sunt monstrī, Zähne des Ungeheuers sind spitz, cuius pellis rubra est dessen Fell rot ist Obviam imus monstrō, cuī semper agnī immolantur Wir gehen dem Ungeheuer ent- dem (welchem) immer Schafe gegen, geopfert werden Fugamus monstrum, Wir vertreiben das Ungeheuer, quod nēmō necāre audit textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 101 das (welches) keiner zu töten wagt Agricolae ā monstrō territī sunt, Die Bauern wurden vom Monster erschreckt, ā quō etiam puellae devorātae sunt von dem sogar Mädchen aufgefressen wurden Kombinationsmodell neutrum Plural Plural Plural Bestiās territant monstra, quae horribilia sunt. Tiere (Akk.-Objekt) erschrecken die (welche) grässlich sind. die Monster (Subjekt), Acutī sunt dentēs monstrōrum, Spitz sind die Zähne der Ungeheuer, quōrum pellēs rubrae sunt. deren Felle rot sind. Monstrīs obviam properamus, Wir eilen den Monstern entgegen, quibus equī immolantur. denen Pferde geopfert werden. Fugamus monstra, Wir vertreiben die Ungeheuer, quae nēmo necāre audit. die (welche) niemand zu töten wagt. Rusticī ā monstrīs territī sunt, Die Bauern wurden von den Monstern erschreckt ā quibus caprae devorātae sunt. von denen die Ziegen verschlungen wurden. Der Relativische Anschluss Zunächst gehen wir vom normalen Relativsatz aus: Magister intrat, quem semper territāmus ≈ der Lehrer tritt ein, den (welchen) wir immer in Schrecken versetzen. Jetzt zerlegen wir es in zwei selbständige Sätze: a.) maskulin als Kombinationsmodell textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 102 Quī nobis iucundus nōn est. Magister Molitor inDieser/der/er ist uns unangenehm. trat: Cuius capillī sunt rubrī. Lehrer Müller tritt Dessen (seine) Haare sind rot. ein: Cuī nihil credimus. Diesem/dem/ihm glauben wir nichts. Quem nōn libenter vidēmus Diesen /den/ihn sehen wir nicht gern. A quō territī sumus. Von diesem/dem/ihm wurden wir erschreckt. Quōcum libenter ambulāmus Mit diesem/dem/ihm spazieren wir gerne Magistrī intrant: Quī nobis iucundī non sunt. Diese/die/sie sind uns unangenehm Lehrer treten ein: Quōrum capillī rubrī sunt. Deren/ihre Haare sind rot. Quibus nihil credimus Diesen/denen/ihnen glauben wir nichts Quōs non diligimus Diese/die/sie lieben wir nicht. Ā quibus territī sumus. Von diesen/denen/ihnen wurden wir erschr. Quibuscum saepe ambulāmus Mit diesen/ihnen/denen spazieren wir oft. b.) feminin als Kombinationsmodell Hīc venit amīca: Quae semper ridet. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 103 Hier kommt die Freundin: Diese/sie lacht immer. Hīc est casa amīcae: Hier ist das Haus der F.: Cuius capillī sunt rubrī. Deren/ihre Haare sind rot. Dōnum dāmus amīcae: Geschenk geben wir der F.: Cuī nullus equus est. Dieser ist ≈ gehört kein Pferd. Vidēmus amīcam: Wir sehen die Freundin: Quam multī amant. Diese/sie lieben viele. Ambulāmus cum amīcā: Quācum libenter cantāmus. Wir gehen m.d.F. spazieren: Mit dieser/der/ihr singen wir gerne. Hīc veniunt amīcae: Hier kommen Freundinnen: Quae semper vehementer rident. Diese/sie lachen immer heftig. Hīc sunt casae amīcarum: Quārum capillī nīgrī sunt. Hier sind die Häuser der Fr.: Deren/ihre Haare sind schwarz. Oscula dāmus amīcīs: Küsse geben wir den Frdn.: Quibus nullae caprae sunt. Diesen/ihnen gehören keine Ziegen. Vidēmus amīcās: Quās puerī amant Wir sehen die Freundinnen: Diese/sie (≈ Akk.) lieben die Jungen. Ambulāmus cum amīcīs: Wir spazieren mit den Frdn.: Quibuscum nēmō cantat. Mit diesen/ihnen singt niemand. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 104 c.) neutrum als Kombinationsmodell Singular Singular Pilum est acutum: Das Geschoss ist scharf: Quod ā Romānīs factum est. Dieses/das wurde v.d. Römern gemacht Ferrum pilī est acutum: Eisen des Pilums ist scharf: Cuius fabrica in Itāliā est. Dessen/seine Werktstatt ist in Italien. Faber pilō ferrum adaptat: Schmied passt dem Pilum das Eisen an: Cuī scūtum legionāriī obstat. Diesem/dem steht der Schild des Legionäres entgegen. Legionarius pilum iactat: Legionär wirft das Pilum: Quod sibilāre audīmus. Dieses/das hören wir zischen (pfeifen). Inimīcus pilō necātus est: Der Feind wurde durch das Geschoss getötet: Quō iam multī inimīcī necātī sunt. Durch dieses/das wurden schon viele Feinde getötet. Plural Plural Pīla sunt acuta: Die Geschosse sind scharf: Quae ā Romānīs sunt fabricāta. Diese/die wurden v.d. Römern gemacht. Ferrum pīlōrum est acutum: Quōrum fabrica in Itāliā sīta est. Eisen der Geschosse ist Deren/ihre Werkstatt liegt in Italien. scharf: Faber pīlīs ferrum adaptat: Der Schmied passt den Geschossen das Eisen an: Quibus scuta legionariōrum obstant. Diesen/denen stehen die Schilde der Legionäre entgegen Legionāriī pīla iactant: Legionäre werfen Geschosse: Quae in pugnā sibilāre audīmus. Diese/die hören wir im Gefecht pfeifen. Inimīcī pīlīs necāti sunt: Quibus multī iam Germānī necātī sunt. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 105 Die Feinde wurden durch die Geschosse getötet: Durch diese/die wurden schon viele Germanen getötet. Regel: Beim Relativen Anschluss wird das lateinische Relativpronomen mit dem deutschen Demonstrativpronomen übersetzt; das Kombinationsmodell des Relativsatzes gilt auch für den Relativen Anschluss. Das adjektivische Interrogativpronomen Es besitzt die gleichen Formen (quī, quae, quod ≈ welcher, welche, welches), wird aber wie ein Adjektiv benutzt und richtet sich in Kasus –Numerus – Genus (KNG) nach dem Bezugswort; dazu Tabellen mit Beispielen (wiederum achten wir rein aus Übungsgründen darauf, dass das Genus ≈ Geschlecht in Latein und Deutschen »zufällig« übereinstimmt: Singular maskulin Qui taurus advolat ? N Welcher Stier ist stürmt herbei? Cuius taurī aurēs magnae sunt? G Die Ohren welches/n Stiers sind groß? Cuī taurō pābulum dāmus? D Welchem Stier geben wir Futter? Quem taurum amāmus? Ak Welchen Stier lieben wir? Ā quō taurō venatōrēs necā- Ab Von welchem Stier wurden tī sunt? die Jäger getötet? Plural maskulin Quī taurī advolant? N Welche Stiere stürmen herbei? Quōrum taurōrum aurēs magnae sunt? G Die Ohren welcher Stiere sind groß? Quibus taurīs pabulum dāmus? D Welchen Stieren geben wir Futter? Quōs taurōs diligimus? Ak Welche Stiere lieben wir? textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 106 Ab Von welchen Stieren wurden die armen Jäger getötet? Ā quibus taurīs venatōrēs miserī necātī sunt? Regel: Das adjektivische Interrogativpronomen unterliegt der KNG-Regel: Substantiv + Adjektiv stimmen in Kasus-Numerus-Genus überein. Das adjektivische Interrogativpronomen feminin Quae vacca in pratō est? N Welche Kuh ist auf der Wiese? Cuius vaccae pellis varia est? G Das Fell welcher Kuh ist bunt? Cuī vaccae pābulum dāmus D Welcher Kuh geben wir Futter? Quam vaccam diligitis? A Welche Kuh liebt ihr? Ā quā vaccā herba devorā- Ab Von welcher Kuh wurde das ta est? Gras aufgefressen? Quae vaccae in prātō sunt? N Welche Kühe sind auf der Weide? Quārum vaccārum cornua sunt acūta? G Die Hörner welcher Kühe sind spitz? Quibus vaccīs rusticī pābu- D lum dant? Welchen Kühen geben die Bauern Futter? Quās vaccās in pratum ve- A nīre vidēmus? Welche Kühe sehen wir auf die Wiese/Weide gehen? Ā quibus vaccīs herba devorāta est? Ab Von welchen Kühen wurde das Gras aufgefressen? textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 107 Das adjektivische Interrogativpronomen neutrum Singular Quod ōmen dīrum est? N Welches Vorzeichen ist grässlich? Cuius ōminis verba clara G Welchen Vorzeichens Worte ≈ die sunt? Worte welchen Vzs. sind deutlich? Cuī ōminī credimus? D Welchem Vorzeichen glauben wir? Quod ōmen timēmus? A Welches Vorzeichen fürchten wir? Quō ōmine territī sumus? A Durch welches Vorzeichen wurden wir erschreckt? Plural Quae ōmina dīra sunt? N Welche Vorzeichen sind grässlich? quōrum ōminum verba nōta sunt G Die Worte welcher Vorzeichen sind bekannt? Quibus ominibus horribi- D Welchen grässlichen Vorzeichen glauben wir? libus credimus? Quae ōmina timēmus? A Welche Vorzeichen fürchten wir? Quibus ōminibus territī sumus? A Durch welche Vorzeichen wurden wir erschreckt? Substantivisches Interrogativpronomen (Wiederholung) Quis/quid pensum facit? N Wer/was macht die Aufgabe? Cuius pensum est accurātum? G Wessen Aufgabe ist sorgfältig? Cuī dōnum dāmus? D Wem geben wir ein Geschenk? Quem/quid in forō vidēmus? A Wen/was sehen wir a.d. Forum? textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 108 Ā quō territī sumus? Ab Vom wem wurden wir erschreckt? Das substantivische Interrogativpronomen kann in Singular und Plural vorkommen; nur der Zusammenhang zeigt, was richtig ist: 1.) Antworten im Singular: a.) wer oder was: Otto macht seine Hausaufgaben – wessen: Ottos Hausaufgabe ist sorgfältig gemacht – wem: Dem Otto soll(t)en wir ein Geschenk machen – wen oder was: wir sehen den Otto und seinen Dackel auf dem Marktplatz – von wem: Von Ottos bellendem Dackel wurden wir gebissen, na sowas! 2.) Antworten im Plural: wer oder was: Die Jungen machen keine Hausaufgaben – wessen: Die Hausaufgaben der Erstklässler sind o.k. – wem: Den Balltretern droht eine Niederlage – wen oder was: Wir sehen mindestens fünf Omas zusammen mit fünf Dackeln – von wem: Von diesen fünf Dackeln werden die Omas ins Bein gebissen... Zum Vergleich: allgemeiner Fragesatz, eingeleitet durch Fragewort Quandō Rōmam properās? Wann eilst du nach Rom? Quō properās? Wohin eilst du? Cur Rōmam properās? Warum eilst du nach Rom? Ubī hērī fuistī? Wo warst du gestern? …und die Satzfrage – Entscheidung: ja – nein (Wiederholung) lateinische Frage erwartete Antwort Übersetzung Properāsne mēcum Rōmam? ja oder nein (Antwort offen) Eilst du mit mir nach Rom?? Nōn-ne Rōmam properās? ja !!! (auch nein möglich) Du eilst doch wohl nach Rom?! textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 109 Num Rōmam properās?! nein !!! (auch ja möglich) Du eilst doch wohl nicht nach Rom?! Jetzt jede Menge Lesestücke zur Abwechslung und Übung a. Dē Corvō atque Vulpe 1 Corvus aliquandō caseum dē fenestrā dēportāverat et cum praedā suā in arborem altam nemoris propinquī volāverat. 2 Vulpes autem corvum procul vīderat et appropinquāvit, ut blandīs verbīs illum temptāret. 3 Cum nītorem pennārum et decus māgnum corporis laudāvisset, clamāvit: »Tē statim nōmine rēgis avium appellārem, sī tibī etiam vox bella esset.« 4 Tum corvus, cum rostrum aperīret, ut vōcem suam monstrāret, caseō privātus est. 5 Vulpes dolōsa avidīs dentibus praedam pinguem asportāvit. 6 Ita blanditiae vulpis corvō magnō fuērunt dētrimentō. 1 corvus: Rabe – vulpēs, vulpis f.: Fuchs – aliquandō: einst, einmal – caseus: Käse – fenestra: Fenster – dēportāre: wegholen – praeda: Beute – arbor f.: Baum – altus, a, um: hoch/tief – nemus, moris n.: Wald – propinquus, a, um: benachbart – volāre: fliegen 2 procul: von fern, fern – vidēre, (Perf.) vīdī, vīsum: sehen – appropinquāre: sich nähern – blandus, a, um: schmeichlerisch – temptāre: versuchen, auf die Probe stellen 3 nitor: Glanz – penna: Feder – decus, oris n.: Zier(de) – corpus, oris n.: Körper, Leib – clamāre: rufen – statim: sofort – nōmen, minis n.: Name – rex, rēgis: König – avis, avis: Vogel – appellāre: nennen – vox, vōcis f.: Stimme – bellus, a, um: hübsch, nett 4 rostrum: Schnabel – aperīre: öffnen – monstrāre: zeigen – privāre (mit Ablativ der Trennung ≈ Separativ): berauben 5 dolōsus, a, um: listig – dens, dentis m.: Zahn – praeda: Beute – pinguis, pingue: fett – asportāre: wegschleppen 6 blanditiae (f.Pl.): Schmeicheleien – detrimentum: Schaden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 110 Einst hatte (Endung -erat) ein Rabe einen Käse vom Fenster(sims) weggeschleppt und war (volāverat; Plusquamperfekt) mit seiner Beute auf den Baum eines benachbarten Waldes geflogen. 2 Der Fuchs aber hatte (-erat) den Raben von fern gesehen und eilte (jetzt Perfekt mit der Endung -vit) herbei, damit er... ≈ um jenen mit schmeichlerischen Worten in Versuchung zu führen. 3 Als er den Glanz der Federn und die große Zierde des Körpers gelobt hatte (diesmal Konjunktiv cum Plusquamperfekt wegen ≈ als), rief er: »Ich würde dich sofort mit dem Namen des Königs der Vögel grüßen ≈ ich grüßte dich sofort ..., wenn dir auch eine hübsche Stimme wäre ≈ gehörte ≈ wenn du eine ... hättest.« 4 Darauf ist* der Rabe, als er den Schnabel öffnete cum(Konj. wieder wegen ), des Käses beraubt worden ≈ er wurde beraubt. 5 Der listige Fuchs hat* mit gierigen Zähnen die fette Beute fortgetragen ≈ er trug sie fort. 6 So gereichten** die Schmeicheleien des Fuchses dem Raben zu großem Schaden ≈ so führten die Schm. des Fuchses zu einem großen Schaden ≈ verursachen einen großen Schaden... *) In den Sätzen 4 und 5 sehen wir, dass man mit Formen von haben/sein Wort für Wort übersetzen kann, um dann zur reinen Freude des Deutschlehrers das korrekte Präteritum herzustellen. **) esse mit doppelten Dativ ≈ dienen zu; gereichen zu: Nach der wörtlichen Übersetzung folgt stets angemessenes Deutsch. b.) Dē Baiīs (achte auf das Imperfekt des Zustandes!) 1 In urbe Romā aestate* caelum hominibus salūbre nōn erat, quod circum urbem loca palustria erant. 2 In iīs campīs palustribus neque aura neque aqua salūbris erat. 3 Itaque Romānī divitēs aestāte Baiās**, in oppidum celebre Campaniae, migrābant. 4 Ibī illī Romānī divitēs in villīs magnificīs habitābant, et hominēs equestris et senatoriī ordinis***. 5 Autumnō* Rōmam** remigrābant. 6 Hodiē regio Baiārum ōlim celebrium deserta atque vasta est. 7 Sīc trānsit glōria mundī. *) aestate/autumnō ≈ im Sommer/im Herbst: Auf die Frage wann steht der reine Ablativ (Abl. der Zeit), also Ablativ ohne eine Präposition, wie sie im Deutschen nötig ist: im Sommer… **) Baiās/Rōmam ≈ nach Bajä/nach Rom: Auf die Frage wohin stehen Städte-Namen im reinen Akkusativ, also ohne Präposition. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 111 ***) equestris et senatoriī ordinis ≈ von ... Stand: Genitivus Qualitatis auf die Frage: wie beschaffen? Kann durch den Ablativus Qualitatis ersetzt werden: senatoriō ordine – von senatorischem Stand. Baiae, ārum (f.Pl.): Bajae – urbs, urbis f.: Stadt – aestas, tātis f.: Sommer – caelum: Klima, Himmel – salūber, bris, bre: gesund – circum + Akk.: rund herum – loca (n.Pl.): Plätze – palustris, tre: sumpfig 3 divēs, (Gen.) divitis: reich, der Reiche – oppidum: Stadt – celeber, bris, bre: berühmt – Campānia: Kampanien – magnificus, a, um: großartig – habitāre: wohnen – equester, tris, tre: ritterlich – senatōrius, a, um: senatorisch – ordo, dinis m.: Stand, Klasse 5 autumnus: Herbst – remigrāre: zurückwandern 6 hodiē: heute – regio, ōnis f.: Gegend – desertus, a, um: verlassen – vastus, a, um: öde, leer 7 transīre: vergehen – gloria: Rum – mundus: die Welt Übersetzung: Im Sommer war in der Stadt Rom das Klima für* die Menschen (hominibus) nicht gesund, weil rings um die Stadt sumpfige Plätze waren ≈ lagen. 2 An/bei diesen sumpfigen Feldern war weder die Luft noch das Wasser gesund. 3 Daher wanderten reiche Römer im Sommer nach Bajä, einer berühmten Stadt Kampaniens. 4 Dort lebten jene reichen Römer in großartigen Villen, sowohl Menschen von ritterlichem wie auch senatorischem Stand ≈ Leute aus dem Ritterstand und aus der Senatoren-Klasse. 5 Im Herbst kehrten sie nach Rom zurück. 6 Heute ist die Gegend des einst berühmten Bajae öd und leer. 7 So vergeht der Ruhm der Welt. Der Dativ steht im Lateinischen auch auf die Frage: für wen/wozu. *) c.) De Puerīs (beachte das Präsens der spannenden Erzäh- lung!) 1 Magister intrat et clamōrem horribilem audit. 2 Discipulī rīdent atque rīdent. 3 Magister ad tābulam spectat et sē ipsum in tabulā pictum videt: 4 Nāsus eī est* longus et ridiculus; aurēs sunt magnitūdine** aurium Elephantōrum; dentēs acutī sanguine sunt coopertī. 5 Magister videt pictūram et rīdet. 6 Postrēmō vocat: »Sunt puerī; puerī puerīlia*** tractant.« 7 Tum picturam Marcī discipulī pingit: 8 Marcō pictō magnus et crassus nasus est. 9 Marcus saevit: »Et Magistrī puerīlia tractant«. *) eī est nasus ≈ ihm ist eine Nase ≈ er hat eine Nase: esse + Dativ ≈ gehören; haben. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 112 **) magnitudine (Ablativ) ≈ von der Größe von: Ablativus Qualitatis auf die Frage: von welcher Beschaffenheit, Qualität; vgl. Genitivus Qualitatis: sunt magnitudinis: sie sind von der Größe von... ***) puerī puerī puerīlia: 3 x selber Wortbeginn: eine bes. Alliteration. puer, puerī: Junge, Kind – procax, cācis: frech 1 clamor: Geschrei 2 ridēre: lachen 3 tābula: Tafel – pictus, a, um: gemalt 4 longus, a, um: lang – ridiculus, a, um: lächerlich – auris, is f.: Ohr – dens, ntis m.: Zahn – acūtus, a, um: spitz – sanguis, sanguinis m.: Blut – coopertus, a, um: bedeckt 5 pictūra: Gemälde – vocāre: rufen – puerīlis, is, e: kindisch; puerīlia (n.Pl.): kindisches Zeug – tractāre: machen, anstellen – et (vorangestellt): auch Übersetzung: Der Lehrer tritt ein und hört ein grässliches Gebrüll. 2 Die Schüler lachen und lachen. 3 Der Lehrer schaut auf die Tafel und sieht sich selbst an die Tafel gezeichnet: 4 Er hat eine lange und lächerliche Nase; seine Ohren sind von der Größe der Ohren von Elefanten ≈ sind so groß wie Elefantenohren; seine spitzen Zähne sind mit Blut bedeckt. 5 Der Lehrer sieht das Bild und lacht. 6 Zuletzt ruft er: »Das sind Kinder! Kinder machen halt kindisches Zeug.« 7 Dann malt er ein Bild des/seines Schülers Marcus. 8 Dem gemalten Marcus ist ≈ der gemalte Marcus hat eine große, dicke Nase. 9 Marcus tobt: »Auch Lehrer machen Kindisches!« d.) Dē Simonide (diesmal alle Tempora durcheinander) 1 Simonidēs, poēta illustris Graecōrum, in multīs urbibus Asiae omnium cīvium amōrem canticīs suīs conciliāverat et summam hominum admiratiōnem excitāverat. 2 Itaque multīs honōribus ornātus erat et divitiās sibī māgnās parāverat. 3 Cum aliquandō in patriam navigāret, in marī altō tempestate vehementī in summum periculum subitō vocātus est. 4 Ceterī, etiam nautae, anxiī erant et dē bonīs suīs sollicitī. 5 Unus Simonidēs bona sua non curāvit. 6 Interrogātus dē causa animī suī constantis: »Nōn est«, inquit, »cur dē fortūnā meā anxius sim, nam omnia mea mēcum portō.« 7 Cum nautae naufragī ad litus natāvissent, praedōnēs statim aderant et naufrāgōs infelicēs omnibus bonīs privāvērunt. 8 Simonides autem ā cīve divite urbis propinquae invitātus et veste novā et nummīs multīs donātus est, textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 113 nam ille cīvis carmina clara poetae nōn ingnorābat: 9 Brevī tempore Simonidēs arte suā excellentī damnum reparābat. Hilfen: Simonides: Dichter (565 – 468 v. Chr.) – poēta m.: Dichter – omnis, omne: jeder; Plural: alle – civis, is m: Bürger – canticus: Lied – conciliāre: verschaffen – summus, a, um: höchster – admiratiō, iōnis f.: Bewunderung – excitāre: erregen 2 ornāre: schmücken – divitiae, ārum: Reichtümer 3 aliquandō: einmal, einst – patria: Heimat – navigāre: segeln – mare, is n.: Meer (Abl. mari) – tempestās, tis f.: Sturm – vehemens, ntis: heftig – summus, a, um: höchster – periculum: Gefahr – vocāre: rufen – ceterī, ae, a: die übrigen – nauta m.: Seemann – anxius, a, um: ängstlich – bona (n.Pl.): Hab und Gut – sollicitus, a, um: beunruhigt 5 ūnus (prädikativ): als einziger – curāre (Akk.): kümmern um 6 cōnstāns, ntis: standhaft, fest – nōn est: es gibt keinen Grund – omnia mea (n.Pl.): all mein Besitz – portāre: tragen 7 naufrāgus, a, um: schiffsbrüchig – litus, oris n.: Küste – natāre: schwimmen – praedō, ōnis m.: Räuber – infelix, icis: unglücklich – privāre (mit Abl. der Trennung ≈ Separativ): berauben 8 civis, civis m.: Bürger – dives, divitis: reich – invitāre: einladen – vestis, vestis f.: Kleid, Bekleidung – nummus: Münze – donāre: beschenken – carmen, minis n.: Lied, Gedicht – clārus, a, um: berühmt – ignorāre: nicht kennen, ignorieren 9 brevis, breve: kurz – ars, artis f.: Kunst – excellēns, entis: herausragend – damnum: Schaden – reparāre: wieder gut machen, wiederherstellen Übersetzung: Simonides, ein berühmter Dichter der Griechen, hatte sich in vielen Städten Asiens aller Bürger Zuneigung durch seine Lieder beschafft und höchste Bewunderung der Menschen erregt. 2 Daher war er mit vielen Ehrungen geschmückt worden und hatte sich große Reichtümer erworben. 3 Als er eines Tages in die Heimat segelte, wurde er auf hoher See durch einen heftigen Sturm plötzlich in höchste Gefahr gerufen – gebracht. 4 Die Übrigen – sogar die Seemänner – waren ängstlich und um ihr Hab und Gut besorgt. 5 Als einziger kümmerte sich Simonides nicht um sein Eigentum. 6 Gefragt nach dem Grund seines standhaften Sinnes ≈ als man ihn fragte, warum er so unerschütterlich sei, sagte er: »Es gibt keinen Grund, warum ich um meinen Besitz besorgt sein sollte. Denn all das Meine trage ich bei mir.« 7 Als die schiffbrüchigen Seeleute an die Küste geschwommen waren, waren Plünderer zur Stelle und beraubten die unglücklichen Schiffbrüchigen sofort all ihrer Habe. 8 Simonides aber wurde von einem reichen Bürger der benachbarten Stadt eingeladen, mit einem neuen Gewand und mit vielen Münzen beschenkt, denn jener Bürger kannte die be- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 114 rühmten Lieder des Dichters nicht nicht ≈ ganz genau. 9 In kurzer Zeit brachte Simonides durch seine herausragende Kunst den Schaden wieder in Ordnung. Erläuerungen zu den einzelnen Sätzen: 1a.) Simonides, poeta ... Graecōrum ≈ Simonides, ein Dichter der Griechen: nachgestellte Apposition – eine Beifügung. 1b.) neue Deklinationen mit fast gleichen Endungen: civium: Genitiv Plural – marī: Ablativ Singular (die Tabellen folgen unten). 3.) cum historicum mit Konjunktiv ≈ als; ebenso in Satz 7. 7.) omnibus bonīs privāre ≈ Ablativus Separativus der Trennung: aller Güter berauben: Der Besitzer wird von ihnen getrennt. 8.) nōn ignorābat ≈ er kannte nicht nicht ≈ er kannte ganz genau: doppelte Verneinung bedeutet besondere Bestätigung, wie z.B. bei Wendungen wie nicht schlecht – diese Stilfigur heißt Litotes. Einschub: Misch- und i-Deklination 1.) Alle Substantive auf Nominativ-Singular -is und -es (mit dem gemeinsamen Genitiv Singular -is) bilden den Genitiv Plural auf -ium; statt nur -um; ansonsten gehen sie nach der konsonantischen Deklination (sogenannte Mischdeklination); z.B. hostis, hostis m. ≈ Feind (unten unser Deklinationsmuster) – nubes, nubis f. ≈ Wolke 2.) Alle Substantive, deren Stamm auf zwei Konsonaten endet, gehen ebenso: z.B. urbs, urbis f. (Stamm urb) ≈ Stadt – arx, arcis f. ≈ Burg (Stamm: arc) – ars, artis f. ≈ Kunst (Stamm art). Die Mischdeklination besitzt keine Neutra. 3.) Fast reine i-Deklination haben: turris (fem.) ≈ Turm (s. unten) – vīs (fem.) ≈ Kraft, Masse – mare (neutr.) ≈ Meer (s. unten in Tabelle). Mischdeklination: z.Vergl. rechts die konsonatischen Endungen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 115 Singular Plural hostis hostis hostī hostem hostēs hostium hostibus hostēs hoste hostibus kons. Sing. m. f. n. m. f. n ≈ variabel is – is – is ī–ī–ī em – em – variabel e–e–e kons. Pl. m. f. n. ēs – ēs – a um – um – um ibus – ibus – ibus ēs – ēs – a ibus – ibus – ibus Die i-Deklination (vgl. oben rechts die konsonant. Endungen) f. Singular turris turris turrī turrim turrī f. Plural turrēs turrium turribus turrēs oder turrīs turribus n. Singular máre* máris márī máre* n. Plural mária* márium máribus mária* márī máribus *) Alte Regel: Beim Neutrum sind Nom. und Akk. immer gleich. Vīs – die Kraft; Masse; Menge Singular: vīs – die Kraft – kein Genitiv vorhanden – kein Dativ vorhanden – vim – die Kraft (wen?) – vī – mit der Kraft, durch die Kraft. Plural: vīrēs – die Kräfte – vīrium – der Kräfte – vīribus – den Kräften – vīrēs – die Kräfte – vīribus – mit den Kräften, durch die Kräfte. e.) Dē Coriolānō 1 Ōlim Romānī Coriolōs, oppidum Volscōrum, oppugnābant. 2 Tum in Romanōrum exercitū erat quidam Gnaeus Marcius, vir magnae fortitudinis. 3 In obsidiōne Coriolōrum semper in primīs ordinibus pugnābat atque aliquō diē prīmus vallum oppidī superāvit tam fortī animō, ut Romanī eum postea ‘Coriolānum’ appellārent. 4 Paulō ante plebeī Romanī ex urbe emigrāverant et Montem Sācrum occupāverant, ut senātus eīs sua iura concēderet. 5 Inter condiciōnes fuit, ut plēbī suī essent magistratūs sacrosanctī, quibus iūs auxiliī contra patrēs esset. 6 Agrī plebeiōrum iīs autem temporibus incultī erant, ut annō proximō* nullum plebeīs frumentum aderat. 7 Tum Coriolānus, »si annōnam veterem«, inquit, »habēre volunt, iūs prīstinum patribus textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 116 reddant. Cur ego vīdeo tribūnōs plēbis tamquam sub iugum missus?« 8 Propter animum eum plebī infestum ā plebe damnātus est et ad Volscōs in exīlium migrāvit; ibī patriae bellum parāvit. 9 Mox magnīs Volscōrum copiīs, quōrum dux erat, agrōs Romanōrum vastāvit. 10 Tum senatōrēs precibus plebis obtemperavērunt et legātōs publicōs dē pāce ad Coriolānum mīsērunt, sed legātī infectā rē rediērunt. 11 Etiam pontificēs Romānī ā Coriolāno repudiātī sunt et maestō animō Rōmam rediērunt. 12 Postrēmō Veturia, māter Coriolānī atque Volumnia, uxor Coriolānī, cum parvīs līberīs ad Volscōrum castra migravērunt, ut precibus animum Coriolānī crudēlem mutārent. 13 Cum Coriolānus mātrī obviam properāret, illa irāta clamāvit: »Priusquam complexum accipiam**, sciam, utrum ad hostem an ad fīlum vēnerim**!?« 14 Deinde uxor et līberī Coriolānī flevērunt. 15 Tum Coriolānus, »constantiā vestrā«, inquit, »atque amore patriae superāvistis contumaciam animī meī.« 16 Tum copiae Volscōrum ā Coriolānō in Volscōrum patriam reportātī*** sunt. 17 Plerīque scriptōrēs haec reportant: Volscī irātī Coriolānum traditōrem necāvērunt. 18 Fabius Pictor autem, optimus scriptor rērum, haec reportat: »Coriolānus usque ad senectūtem apud Volscōs vivēbat atque saepe clamābat: 19 ‘Sēnī mihī exilium multō atrōcius est’«. ōlim: einst – Coriolī (Pl.): Name – Volscī: Volsker – oppugnāre: belagern 2 tum: damals – exercitus, ūs: Heer – quidam: ein gewisser – Marcius: Name – fortitūdō, -inis: Tapferkeit 3 obsidio, ōnis f.: Belagerung – in primīs ordinibus: in den ersten Reihen – pugnāre: kämpfen – aliquō diē: eines Tages – prīmus (prädikativ): als erster – vallum: Wall, Mauer – superāre: überwinden – tam: so – fortis, forte: tapfer – fortī animō: Ablativus Qualitatis – ut: so dass – postea: später – Coriolānus: Beiname – appellāre: nennen 4 paulō ante: kurz zuvor – plebeius: Plebejer – emigrāre: auswandern – M. Sacer: der Heilige Berg – occupāre: besetzen – iūs, iūris n.: Recht – concēdere: zugestehen 5 inter (Akk.): bei, zwischen – condicio, ōnis f.: Bedingung – plebs, plēbis f.: die Plebs – magistratus, ūs m.: Beamter – sacrosanctus, a, um: heilig und unantastbar – iūs auxiliī: Recht auf Hilfe – patrēs, um (Pl.): Senatoren 6 tempus, oris n.: Zeit – incultus, a, um: unbestellt – proximus, a, um: der nächste – nullus, a, um: kein – frumentum: Getreide – adesse: da sein 7 sī: wenn – annōna: Getreidepreis – vetus, veteris: alt, früher – volunt: sie wollen – iūs prīstinum: altes Recht – reddant: sie sollen zurückgeben – cur: warum – tamquam: als ob, wie – sub iugum missus: unters Joch geschickt ≈ unterjocht 8 propter: wegen – textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 117 infestus, a, um: feindlich – damnāre: verurteilen – bellum parāre: Krieg vorbereiten 9 mox: dann – copiae (f.Pl.): Truppen – quōrum: deren – dux, ducis: Führer – vastāre: versüsten 10 precēs, precum (f.Pl.): Bittten – obtemperāre: gehorchen – legātus: Botschafter – publicus, a, um: staatlich – pax, pācis f.: Friede – misī: ich schickte, habe geschickt – infectā rē (Ablativ): unverrichteter Dinge – redīre: zurückkehren 11 pontifex, ficis: Priester – repudiāre: ablehnen – maestus, a, um: traurig – redīre: zurückkehren 12 postremō: zuletzt – Veturia: Name – Volumnia: Name – uxor: Ehefrau – liberī: Kinder – crudēlis, crudele: grausam – mutāre: ändern 13 māter, mātris: Mutter – obviam properāre: entgegen eilen – irātus, a, um: zornig – priusquam: bevor – complexus: Umarmung – accipere: annehmen – scīre: wissen – ūtrum .. an: ob ... oder 14 flēre, (Perf.) flēvī: weinen 15 constantia: Standhaftigkeit – amor patriae (Gen. Objectivus): Liebe zum Vaterland – superāre: überwinden – contumācia: Verstocktheit 16 cōpiae: Truppen – reportāre: zurückbringen 17 Plerīque: die meisten – scriptor rerum: Schreiber der Dinge ≈ Historiker – haec (n.Pl.): dieses, folgendes – reportāre: berichten – traditor: Verräter 18 Fabius Pictor: Name – optimus, a, um: der beste – usque ad: bis zu – senectus, tūtis f.: Greisenalter – apud: bei 19 senex, sēnis: Greis – multō atrōcius: um vieles (Ablativ) ≈ noch schrecklicher Übersetzung: Einst belagerten die Römer Corioli, eine Stadt der Volsker. 2 Damals war im Heer der Römer ein gewisser Gnaeus Marcius, ein Mann von großer Tapferkeit. 3 Bei der Belagerung von Corioli kämpfte er immer in den ersten Reihen und überwand eines Tages als erster den Stadtwall mit so tapferem Geiste, dass die Römer ihn später ‘Coriolanus’ nannten. 4 Kurz zuvor waren die römischen Plebejer aus der Stadt abgewandert und hatten den Heiligen Berg besetzt, damit der Senat ihnen ihre Rechte zugestehe. 5 Unter den Bedingungen war, dass dem Volk eigene heilige und heilige ≈ hochheilige Beamte seien ≈ gehören sollten, denen das Recht auf Hilfe gegen die Senatoren wäre ≈ gehören sollte ≈ die das Recht ... haben sollten. 6 Die Felder der Plebejer waren aber in dieser Zeit unbestellt (geblieben), so dass im kommenden Jahr für die Plebejer kein Getreide vorhanden war ≈ zur Verfügung stand. 7 Da sagte Coriolanus: »Wenn sie den alten Getreidepreis haben wollen, sollen sie den Senatoren das alte Recht zurückgeben. Warum sehe ich die Volkstribunen wie ein unter das Joch Geschickter ≈ als ob ich unterjocht wäre?« 8 Wegen diesem der Plebs feindlichen Sinn, wurde er von der Plebs verurteilt und ging zu den Volskern ins Exil; dort bereitete er dem Vaterland den Krieg vor. 9 Bald verwüstete er mit großen Truppen der Volsker, deren Führer er war, die Felder der Römer. 10 Die Senatoren folgten den Bitten der Plebs und schickten textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 118 öffentliche Gesandte über den Frieden zu C., aber die Boten kehrten unverrichteter Dinge zurück. 11 Auch die römischen Priester wurden von C. abgewiesen und kehrten traurigen Sinnes ≈ traurig nach Rom zurück. 12 Zuletzt wanderten Veturia, Coriolans Mutter und Volumnia, Coriolans Gattin, ins Lager, um mit Bitten den grausamen Sinn des Coriolan zu ändern. 13 Als Coriolan der Mutter entgegen eilte, rief jene zornig: »Bevor ich die Umarmung annehme, möchte – will ich wissen, ob ich zum Feind oder zum Sohn gekommen bin«. 14 Dann weinten seine Frau und seine Kinder. 15 Da sagte Coriolan: »Durch eure Standhaftigkeit – Beharrlichkeit – Festigkeit und eure Vaterlandsliebe habt ihr den Trotz meines Sinnes ≈ meinen Trotz besiegt.« 16 Darauf wurden die Truppen der Volsker von C. ins Vaterland der Volsker zurücktransportiert. 17 Die meisten Historiker berichten folgendes: Die wütenden Volsker ≈ die Volsker voller Zorn haben den Verräter getötet. 18 Fabius Pictor aber, der beste Historiker, berichtet folgendes: »C. lebte noch bis ins Greisenalter bei den Volskern und rief oft aus: 19 ‘Für einen alten Mann ist das Exil noch viel grausamer’«. *) annō proximō ≈ im nächsten oder im letzten Jahr: Auf die Frage wann steht der reine Ablativ ≈ Ablativus temporis. **) accipiam (2. Person: accipies) – sciam (2. Person sciās): zunächst Futur: ich werde annehmen – dann Konjunktiv Präsens Aktiv: ich möchte wissen – vēnerim (Konjunktiv Perfekt): ich bin gekommen (deutsch: Indikativ); Regel: Der indirekte Fragesatz steht im Lateinischen im Konjunktiv, in Deutschen (meist) im Indikativ. ***) reportāre oder referre heißt eigentlich zurückbringen, bedeutet dann aber auch berichten – von referre: referat ≈ er, sie, es soll berichten; > Referat, referieren. Von reportāre kommt der Report(er). f.) Dē Ursā, Marcō Luciōque 1 Duo amīcī, et Lucius et Marcus, cum densam silvam intravissent*, procul ursam māgnam observābant. 2 Subitō ursa appropinquāvit. 3 Marcus timore magnō permōtus** sē in ramīs arboris occultāvit. 4 Lucius autem, quī arborem ascendere nequīvit, mortem ante oculōs habuit. 5 Sed magister aliquandō puerīs dē ursīs mirifica narrāverat: »Ursae numquam corpora mortuōrum vel cadāvera dēvorant.« 6 Quārē Lucius sē mortuum simulāvit et tamquam cadaver humī iacuit. 7 Ursa dēnique appropinquāvit et omnia membra puerī pertractāvit. 8 Dēnique dēmigrāvit. 9 Terrore liberātī puerī domum properāvērunt. 10 Tum Marcus, quī sē in ramīs arboris occultāve- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 119 rat, Lucium interrogāvit, quid ursa eī in aurem susuravisset***. 11 Lucius respōndit: 12 »Ego quidem numquam cum tam timidō et anxiō amīcō per silvās migrārem.« ursa: Bär (ursula: Bärchen) – dēnsus, a, um: dicht – silva: Wald – intrāre: betreten – procul: von fern – observāre: beobachten 2 subitō: plötzlich – appropinquāre: sich nähern 3 timor: Furcht – permovēre, mōvī, mōtum: bewegen – ramus: Zweig – arbor: Baum – occultāre: verbergen 4 ascendere: besteigen – nequīre: nicht können – mors, rtis f.: Tod – ante (m. Akk.) vor – oculus: Auge 5 aliquandō: einmal – mirifica (n.Pl.): Wunderbares, Wundersames – narrāre: erzählen – numquam: niemals – corpus, oris n.: Körper – mortuus, a, um: tot – vel: oder/bzw. – cadāver, eris n.: Leiche – devorāre: fressen 6 quārē: daher – simulāre: sich (ver)stellen – tamquam: wie, als ob – hūmī: am Boden – iacēre: liegen 7 dēnique: schließlich – appropinquāre: sich nähern – membrum: Körperteil – pertractāre: untersuchen 8 dēmigrāre: abwandern 9 liberāre: befreien – domum: nach Hause 10 interrogāre: fragen – quid: was – auris: Ohr – susurāre: flüstern 11 respondēre, respōndī, respōnsum: antworten 12 egō quidem: ich jedenfalls – numquam: niemals – tam: so – timidus, a, um: furchtsam – anxius, a, um: ängstlich – migrāre: wandern Übersetzung: Zwei Freunde, Lucius und Markus, als sie in den dichten Wald eingetreten waren ≈ Als die beiden Freunde L. und M. ..., beobachtete sie von fern einen großen Bären. 2 Plötzlich näherte sich der Bär. 3 Marcus, von großer Furcht bewegt ≈ Weil Markus große Frucht hatte, versteckte er sich in den Zweigen eines Baumes. 4 Lucius aber, der nicht auf den Baum klettern konnte, hatte den Tod vor Augen. 5 Aber der Lehrer hatte den Jungen einmal Wundersames über die Bären erzählt: »Bären oder Bärinnen fressen niemals die Körper der Toten bzw. Leichen«. 6 Daher stellte Lucius sich tot und lag wie eine Leiche am Boden. 7 Schließlich kam der Bär herbei und untersuchte alle Körperteile des Jungen. 8 Endlich wanderte er ab. 9 Die vom Schreck befreiten Jungen eilten nach Hause. 10 Da fragte Markus, der sich in den Zweigen des Baumes versteckt hatte, Lucius, was ihm der Bär ins Ohr geflüstert habe/hätte. 11 Lucius antwortete: 12 »Ich jedenfalls würde niemals mit einem so furchtsamen und ängstlichen Freund durch die Wälder wandern«. *) cum intrāvissent (lateinisch: Konjunktiv Plusquamperfekt) ≈ als sie betreten hatten (deutsch: Indikativ Plusquamperfekt): Regel: Das Cum Historicum der Erzählung hat immer den Konjunktiv, das deutsche als hingegen meist nur den Indikativ zur Folge. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 120 **) Marcus timōre ... permōtus: Participium Coniunctum – es bildet eine Klammer, einen gesperrten Ausdruck, den wir im Deutschen als schwerfällig ansehen und am besten durch einen Nebensatz ersetzen: der von Furcht bewegte Markus ≈ als /weil Markus Furcht hatte; wäre er aber nicht auf den Baum geklettert, müssten wir übersetzen: Obwohl er Furcht hatte, kletterte er nicht auf den Baum usw. ***) ...interrogāvit, quid susurāvisset ≈ er fragte, was er geflüstert hätte: indirekte Rede in einem abhängigen/indirekten Fragesatz; in direkter Rede fragte Markus: »Quid susurāvit ≈ was hat er geflüstert?« Nebensätze stehen bei indirekter Rede im Konjunktiv, auch im Deutschen!! Die indirekten Fragesätze stehen im Lateinischen aber grundsätzlich im Konjunktiv: nescio, quis vēnerit (hier: Konj. Perfekt) ≈ ich weiß nicht, wer gekommen ist. Es liegt jetzt keine indirekte Rede mehr vor; daher steht im Deutschen (meist) nur der Indikativ. g.) De exercitū Romānō (Vorsicht: U-Deklination*) 1 Exercitus* Romānus audāciā et fortitūdine omnibus temporibus** admiratiōnem māgnam habēbat. 2 Militēs in itīnere permultōs labōrēs tolerābant. 3 Saepe parvus Romanōrum exercitus* magnōs hostium exercitūs* fugāvit. 4 Militēs Romanōrum permultās terrās peragrāvērunt et innumerābilēs urbēs aut obsidiōne aut expugnatiōne occupāvērunt. 5 Exercitūs* Romānī tēlīs et armīs egregiīs, sevērā disciplīnā militārī, impetū* acrī multīs exercitibus* hostium interitum* parāvērunt. 6 Optimum bellī apparātum* sēcum habēbant. 7 Auxilia, imprīmīs sociōrum equitātus,* in cornibus* exercitūs* pugnābant. 8 Cum hostēs appropinquābant, militēs Romanōrum ad pugnam parātī erant. 9 In conspectū* hostium castra collocābant et vallō fossāque firmābant. 10 Ad portās militēs in statiōne erant, ut hostium adventum* nuntiārent. Hilfen: exercitus*: Heer – audācia: Kühnheit – fortitūdō, dinis f.: Tapferkeit – admirātiō: Bewunderung 2 miles. militis: Soldat – iter, itineris n.: Weg, Marsch, Reise – permultī, ae, a: sehr viele – labor: Arbeit – tolerāre: ertragen 3 saepe: oft – parvus, a, um: klein – fugāre: in die Flucht schlagen. 4 terra: Land – peragrāre: durchziehen – innumerābilis, e: unzählbar – obsidio, ōnis f.: Belagerung – expugnātiō: Eroberung – occupāre: ein- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 121 nehmen – tēlum: Angriffswaffe – arma, ōrum (n.Pl.): Waffen – egregius, a, um: hervorragend – sevērus, a, um: streng – militāris, e: militärisch – acer, acris, acre: scharf – interitus*: Untergang – parāre: bereiten 6 optimus, a, um: der beste – apparatus*: Ausrüstung 7 auxilia, orum: Hilfstruppen – imprīmīs: besonders – socius: Bundesgenosse – equitatus*: Reiterei – cornū*: Horn, Heeres-Flügel – pugnāre: kämpfen 8 cum (mit Indikativ): wenn – appropinquāre: sich nähern – pugna: Kampf – parātus, a, um: bereit 9 conspectus*: Anblick – castra, ōrum n. (Pluralwort): Lager – collocāre: aufschlagen – vallum: Wall – fossa: Graben – firmāre: festigen 10 porta: Tor – statio, ōnis f.: Wache, Posten – adventus*: Ankunft – nuntiāre: melden Übersetzung: Das römische Heer hatte zu allen Zeiten aufgrund seiner Kühnheit und Tapferkeit große Bewunderung. 2 Die Soldaten erduldeten auf dem Marsch sehr viele Mühen. 3 Oft schlug ein kleines Römerheer große Heere der Feinde in die Flucht. 4 Die Soldaten der Römer durchzogen sehr viele Länder und nahmen zahllose Städte durch Belagerung oder Erstürmung ein. 5 Die römischen Heere bereiteten mit ihren ausgezeichneten Angriffswaffen und (sonstigen) Waffen, mit ihrer strengen militärischen Disziplin, mit ihrem scharfen Angriff vielen Heeren der Feinde den Untergang. 6 Sie hatten die beste Kriegsausrüstung (Ausrüstung des Krieges) bei sich. 7 Die Hilfstruppen, besonders die Reiterei der Bundesgenossen, kämpften auf den Flügeln des Heeres. 8 Wenn sich die Feinde näherten, waren die Soldaten der Römer zum Kampf bereit. 9 Im Anblick der Feinde schlugen sie ihr Lager auf und festigten es mit Wall und Graben. 10 An den Toren standen die Soldaten auf Wache, damit sie ... meldeten ≈ um die Ankunft der Feinde zu melden. *) Sternchen-Substantive des Textes gehen nach der U-Deklination (mit gleich. Nom. Sing. wie die O-Deklin.: dominus, dominī ≈ der Herr – aber fructus, fructūs – die Frucht: Die U-Stämme enden auf u. **) omnibus temporibus ≈ zu allen Zeiten: Auf die Frage wann steht Im Lateinischen reiner Ablativ (ablativus temporis). Die U-Deklination hat folgende Endungen im Maskulin: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 122 Nominativ -us -ūs Genitiv -ūs -uum Dativ Akkusativ -uī -um -ibus -ūs Ablativ Numerus -ū -ibus Singular Plural ...so gehen z.B. fructus, ūs ≈ Frucht; exercitus, ūs ≈ Heer usw. – fast alle Substantive der U-Deklination auf -us sind m. – gramm. Geschlecht. Ausnahmen sind domus – Haus und manus – Hand – sind feminin. U-Deklination Neutra; nur: cornū ≈ Horn, Heeresflügel; genū ≈ Knie cornū cornūs Nomina- Genitiv tiv cornua cornuum cornu(ī) Dativ cornū cornū Akkusativ Ablativ cornibus cornua cornibus Zu beachten: In Dativ und Ablativ Plural verliert das U-Substantiv vor der Endung -ibus das den Stamm sonst beschließende u – fruct-ibus. h.) Dē stultitiā Cervī 1 Cervus aliquī in aquā effigiem1) suam spectāvit et cornua2) ramōsa laudāvit, crūrum autem nimiam tenuitātem3) vituperāvit. 2 Subitō canēs4) venatōrum3) adsunt et cervus raptim fugae sē mandat. 3 Dum (quamdiu – donec) in planitiē1) erat, cursū2) celerī periculum vitābat. 4 Ubī vērō in silvam densam intrāvit, cornibus2) impedītus praeda mox fuit canum.4) 5 Tum fortūnam malam suam deplorāvit et clamāvit: 6 »O, mē stultum! 7 Vituerāvī ea, quae mihī usuī2) erant – laudāvī ea, quae mihī perniciē-ī1) fuērunt«. Hilfen: cervus: Hirsch – aliquī: irgendein – effigiēs, ēī f.: Abbild – ramōsus, a, um: verzweigt – crūs, crūris n.: Bein, Schenkel – nīmius, a, um: allzu groß, allzu sehr – tenuitās, tātis f.: Dünne, Schlankheit 2 canis, canis: Hund – venātor: Jäger – raptim: hektisch – fugae sē mandāre: sich der Flucht anvertrauen 3 dum, donec, quoad, quamdiu ≈ solange – planitiēs, ēī f.: Ebene – cursus, ūs: Lauf – celer, is, e: schnell – periculum: Gefahr – vitāre: meiden 4 ubī (mit Perfekt Indikativ): sobald, sowie – vērō: aber – densus, a, um: dicht – impedīre: behindern – praeda: Beute – mox: bald 5 textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 123 fortūna mala: böses Geschick – deplorāre: beweinen, beklagen 6 ō mē stultum: ach, ich Tor! (Akkusativ des Ausrufes) 7 vituperāre: tadeln – usus, ūs: Nutzen, Vorteil – perniciēs, ēī f.: Verderben, Untergang Übersetzung: Irgendein Hirsch sah im Wasser sein Spiegelbild; er lobte sein verzweigtes Geweih (»Hörner«), die allzu große Dünnheit seiner Schenkel aber tadelte er. 2 Plötzlich sind die Hunde der Jäger zur Stelle, und der Hirsch vertraut sich Hals über Kopf (»hektisch«) der Flucht an. 3 Solange er in der Ebene war, mied er die Gefahr durch seinen schnellen Lauf. 4 Sobald er aber in den dichten Wald eintrat, war er – durch die Hörner ≈ das Geweih behindert – bald eine Beute der Hunde ≈ war er bald eine Beute der Hunde, weil ihn sein Geweih behinderte. 5 Da beweinte er sein böses Geschick und rief: 6 »Oh, ich Tor! 7 Ich habe das (ea ≈ Neutrum Plural) getadelt, was (quae ≈ Neutrum Plural; also wörtlich: diese Dinge, welche...) mir zum Nutzen/Vorteil war (doppelter Dativ) ≈ was vorteilhaft/gut für mich war; ich habe das gelobt, was mit zum Verderben war, zum Verderben gereichte (doppelter Dativ) ≈ was mich ins Verderben/ins Unglück/in den Untergang gestürzt hat.« Umseitig zur Grammatik E-Deklination (meist f.) mit den Endungen: 1.) Singular: ēs – e-ī – e-ī – em – ē Plural: ēs – ērum – ēbus – ēs – ēbus rēs f. ≈ die Sache rēs Nomin. re-ī Genitiv re-ī Dativ rēs rērum rēbus rem Akkus. rēs 2.) U-Deklination: s. o. in g.! 3.) Konsonatische Deklination m./f. 4.) rē Ablativ rēbus Mischdeklination (m. oder f.) ≈ Substantive, die scheinbar konsonatisch sind: a.) Substantive auf -is und -es (Nom. und Gen. Sing. sind gleich lang): hostis, hostis ≈ Feind; b.) Substantive mit zwei Konsonanten am Stammende: urbs, urbis: Stadt; Stamm: urb; zum Vergleich der konsonatischen Deklination und der Mischform unten Tabelle der End- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 124 ungen, die zeigt, wie minimal die Unterschiede eigentlich sind (senator et hostis – der Senator und der Feind): variabel -ēs Nom. -is / -es -is -um Gen. -is -ī -ibus Dat. -ī -em -ēs Akk. -em -e -ibus Abl. -e -ēs -ium -ibus -ēs -ibus konson. Sing. konson. Plural Casus Misch. Singular Misch. Plural senator et hostis – senatōris et hostis – senatōrī et hostī – senatōrem et hostem – senatōre et hoste / senatōrēs et hostēs – senatōrum et hostium – senatōribus et hostibus – senatōrēs et hostēs – senatōribus et hostibus Grammatik zu Satz 7: usuī esse ≈ zum Nutzen, Vorteil dienen; esse mit Dativ auf die Frage wozu – mihī perniciē-ī fuērunt ≈ sie waren ≈ gereichten mir zum Verderben: esse + doppelter Dativ (1. Dativ der Person: mihī; 2. Dativ der Sache: perniciē-ī) ≈ dienen/gereichen zu; anschließend ist aus dem Zusammenhang heraus ein gutes Deutsch zu erstellen; Vorschlag für obiges Beispiel: Das führte mich ins Verderben; das stiftete mir Unheil; das riss mich in den Abgrund usw. Das Partizip Präsens Aktiv der Gleichzeitigkeit (PPA/PGA) Zunächst wollen wir uns rasch erinnern, was ein Partizip (participium) überhaupt ist: Von der Wortart her ist es ein Adjektiv, das gemeinsam mit einem Substantiv dekliniert wird: der gefangene Wolf, des gefangenen Wolfes, dem gefangenen Wolf usw. (von: fangen); die meckernde Ziege, der meckernden Ziege, der meckernden Ziege, die meckernde Ziege usw. (von: meckern). Das Partizip ist also ein Verbal-Adjektiv (ein vom Verb abgeleitetes Adjektiv) das ein Zeitverhältnis mit sich herumschleppt. 1.) Beim schon bekannten Partizip Perfekt Passiv der Vorzeitigkeit (PPP/PVP) war dies die Vorzeitigkeit: discipulus multātus saevit ≈ der bestrafte Schüler tobt ≈ nachdem – weil er bestraft worden ist bzw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 125 worden war! Das Toben folgt auf die Bestrafung, und sollte der Affe sich gar noch darüber gefreut haben, hieße die Übersetzung dann so: Obwohl er bestraft worden war, freute er sich (innerer Gegensatz). 2.) Beim Partizip Präsens Aktiv der Gleichzeitigkeit (PPA/PGA) liegen die im Partizip und Vollverb ausgedrückte Handlung immer in der gleichen Zeit, das Partizip ist gleichzeitig: Der grinsende Lehrer betritt das Klassenzimmer. Grinsend betritt er das Zimmer ≈ während – indem er grinst, kommt dieser Sadist herein. Natürlich lassen sich auch andere Kombinationen finden: Der eindringende Gestank verpestet/verpestete die Luft ≈ während – indem / wenn / weil er eindringt, verpestet/verpestete er die Luft. Wenn der Gestank die Luft wider Erwarten gar nicht verpestet hätte, müssten wir so übersetzen: Obwohl er eindrang, verpestete er die Luft (überhaupt) nicht. 3.) Beim deutschen PPA/PGA endet der Wortstamm auf -nd – beim lateinischen auf -nt, auch wenn der Nominativ Singular die Endung -ns hat: Hier gilt die Regel: Im Lateinischen fällt der Dental-Zahnlaut (d/t) vor s aus, weil d / t + s ≈ z. Das Z ist aber ein für Römer unaussprechlicher Konsonant; auch das H sprach er nicht oder kaum: Wenn also ein antiker Römer Deutsch lernen sollte, sagte er gewiss statt zum Zirkus ziehen – sum Sirkus sie‘en. Die Endungen des PGA m. -n-s -ntis -ntī -ntem -nte f. -n-s -ntis -ntī -nte m -nte n. -n-s -ntis -ntī -n-s * Kasus Nomin. Genitiv Dativ Akkus. m. -ntēs -ntium -ntibus -ntēs f. -ntēs -ntium -ntibus -ntēs n. -ntia* -ntium** -ntibus -ntia* -nte Ablativ -ntibus -ntibus -ntibus *) alte Regel: Nominativ und Akkusativ Neutrum sind immer gleich und im Plural enden sie auf -a. **) Bis auf die Endungen -ia / -ium (statt -a / -um) wird das PGA nach der konsonantischen Deklinination dekliniert, es geht also textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 126 nach der sogenannten Mischdeklination, da die beiden Endungen -ia und -ium ja eigentlich zur i-Deklination gehören. PPA/PGA im Einzelfall laudans, laudantis lobend, der… lobende monens, monentis mahnend, der… mahnende audiens, audien- hörend, der… hörende tis* einer, der lobt usw. während jmd. mahnt indem er/sie/es hört *) Das -i des Stammes wird zum j abgeschwächt, so dass man den Sprechvokal e (unbetont) benötigt. PGA/PPA der a-Konjug. mit Substantiv der konsonant. Deklination cursor properān-s cursōris properantis cursōrī properantī cursōrem properantem cursōre properante Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ der, ein eilende(r) Bote des, eines eilenden Boten dem, einem eilenden Boten den, einen eilenden Boten Ablativ Singular Casus mit dem, einem eilenden Boten Übersetzungsvorschlag Plural: Nominativ die eilenden Boten eilende Boten der eilenden Boten cursōrum properantium Genitiv eilender Boten cursōribus properanti- Dativ den eilenden Boten eilenden Boten bus Akkusativ die eilenden Boten cursōrēs properantēs eilende Boten cursōribus properanti- Ablativ mit den eilenden Boten mit eilenden Boten bus cursōrēs properantēs textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 127 PGA/PPA der i-Konjugation mit Substantiv der e-Deklination spēs veniens* speī venientis speī venientī spem venientem spē veniente Nominativ die kommende Hoffnung kommende Hoffnung Genitiv der kommenden Hoffnung kommender Hoffnung Dativ der kommenden Hoffnung kommender Hoffnung Akkusativ die kommende Hoffnunung kommende Hoffnung Ablativ mit der kommenden Hoffnung mit kommender Hoffnung Nominativ die kommenden Hoffnungen kommende Hoffnungen der kommenden Hoffnungen spērum venientium Genitiv kommender Hoffnungen spēbus venientibus Dativ den kommenden Hoffnungen kommenden Hoffnungen Akkusativ die kommenden Hoffnungen spēs venientēs kommende Hoffnungen spēbus venientibus Ablativ mit den kommenden Hoffnungen mit kommenden Hoffnungen spēs venientēs *) veniens: sprich venjens – das Stamm-ī wird zu j abgeschwächt. PGA/PPA der e-Konjugation mit Substantiv der a-Deklination casa ardēns casae ardentis casae ardentī Nominativ die brennende Hütte eine brennende Hütte Genitiv der brennenden Hütte einer brennenden Hütte Dativ der brennenden Hütt einer brennenden Hütte textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 128 casam ardentem casā ardente Akkusativ die brennende Hütte eine brennende Hütte Ablativ mit der brennenden Hütte mit einer brennenden Hütte Nominativ die brennenden Hütten brennende Hütten der brennenden Hütten casārum ardentium Genitiv brennender Hütten Dativ casīs ardentibus den brennenden Hütten brennenden Hütten Akkusativ die brennenden Hütten casās ardentēs brennende Hütten Ablativ casīs ardentibus mit den brennenden Hütten mit brennnenden Hütten casae ardentēs PGA/PPA der e-Konjugation mit Neutrum der u-Deklination genū dolens genūs dolentis genu(ī) dolentī genū dolens* genū dolente Nominativ das schmerzende Knie ein schmerzendes Knie Genitiv des schmerzenden Knies eines schmerzenden Knies Dativ dem schmerzenden Knie einem schmerzenden Knie Akkusativ das schmerzende Knie ein schmerzendes Knie Ablativ mit dem schmerzenden K. durch ein schmerzendes K. Plural Nominativ die schmerzenden Knie schmerzende Knie der schmerzenden Knie genuum dolentium Genitiv schmerzender Knie genua dolentia textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 129 genibus dolentibus Dativ den schmerzenden Knien schmerzenden Knien Akkusativ die schmerzenden Knie genua dolentia schmerzende Knie genibus dolentibus Ablativ mit den schm…den Knien mit schmerzenden Knien De Rusticō Cantante – PGA-Übung 1 Rusticus Marcus agrōs semper arat cantāns: 2 »Cantāns«, inquit, »libenter labōrō – nōn cantāns labor mihī est arduus.« 3 Per multōs annōs rusticī vicīnī Marcum semper cantantem arāre vidērunt atque audivērunt – vocantēs*: 4 »Marcus cantat arāns et arat cantāns. Etiam nūper arāvit cantāns aut cantāvit arāns.« 5 Marcus vicīnōs haec clamāre audīvit et eīs respōndit: »Laborāte etiam vōs cantantēs! Cantantibus laborāre iūvat. Cantantēs ubīque libenter laborāre vidētis. Cur nōn arātis cantantēs?« 6 Proximō dī-ē vidēmus omnēs rusticōs eius vīcī laborāre cantantēs. Vidēmus multitūdinem rusticōrum cantantium atque libenter laborantium. 7 Semper cantantēs laborābunt. *) gesperrter Ausdruck ≈ Participium Coniunctum rusticus: Bauer – cantāre: singen 3 arāre: pflügen – libenter: gerne – laborāre: arbeiten – labor: Arbeit – arduus, a, um: steil, schwer 5 vicīnus, a, um: benachbart, Nachbar – vidēre, vīdī, vīsum: sehen – vocāre: rufen – nūper: neulich – haec: dies (Neutrum Plural von hic, haec, hoc) – clamāre: schreien – audīre: hören – respondēre, respōndī, respōnsum: antworten – iuvat: er, sie, es macht Spaß, Freude – ubique: überall – vidēre: sehen – cur: warum 6 proximus, a, um: der nächste – diēs, ēī m.: Tag – omnēs, omnia: alle – vicus: Dorf – multitūdō, dinis f.: Menge – laborābunt: Futur! Übersetzung: Vom singenden Landwirt: 1 Bauer Markus pflügt seine Äcker immer singend ≈ während er dabei singt... 2 »Singend ≈ indem ich singe«, sagt(e) er, »arbeite ich gerne – nicht singend ≈ wenn ich nicht singe, ist mir – wird mir die Arbeit beschwerlich.« 3 Durch viele Jahre hindurch sahen und hörten die Nachbarbauern Marcus immer singend pflügen ≈ pflügen und singen zugleich ≈ beim Pflügen singen, rufend ≈ …, textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 130 wobei sie riefen ≈ und sie riefen: 4 »Marcus singt pflügend und pflügt singend. Auch neulich pflügte er singend und sang pflügend.« 5 Marcus hörte die Nachbarn dies rufen und antwortete diesen ≈ ihnen: »Arbeitet auch ihr singend ≈ Singt auch ihr zur Arbeit! Singenden macht die Arbeit Freude ≈ Wenn man singt, macht die Arbeit Freude. Die Singenden seht ihr überall gerne arbeiten ≈ Überall seht ihr Leute, die gerne arbeiten, weil sie dabei singen. Warum pflügt ihr nicht singend ≈ Warum singt ihr nicht beim Pflügen?« 6 Am nächsten Tag sahen wir alle Bauern dieses Dorfes singend arbeiten ≈ ??? Wir sahen eine Menge singender und gerne arbeitender Bauern ≈ eine Menge Bauern, die gerne arbeiteten, weil sie dabei sangen. 7 Sie werden immer singend arbeiten ≈ bei der Arbeit singen, und wenn sie nicht gestorben sind, singen sie noch heute... Der Präsens-Stamm Passiv Zum Präsens-Stamm gehören die Tempora ≈ Zeiten Präsens – Imperfekt – Futur, die alle jeweils denselben Wortstamm haben: laudā; monē; audī. Wenn wir nun also das Passiv bilden wollen, müssen wir die bisherigen Tempora nur in der Endung umbauen: Man muss die Aktiv-Endung durch eine hier neu zu lernende Passiv-Endung ersetzen. bekannt: Aktiv-Endungen (Personen-Endungen) -ō oder -s -t -mus -tis -m ich du er/sie/es wir ihr -or oder -ris -tur -mur -minī -r neu: Passiv-Endungen (Personen-Endungen) -nt sie -ntur Präsens Passiv Indikativ Regel: Im Deutschen wird das Passiv mit dem Hilfverb werden und dem Partizip Perf. der Vorzeitigkeit – PPP/PVP (z.B. gelobt) gebildet: laud-or* laudāris laudātur laudāmur laudāminī laudantur ich werde gelobt du wirst gelobt er/sie/es wird gelobt wir werden gelobt ihr werdet gelobt sie werden gelobt textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 131 *) laudor ist aus lauda-or zusammengezogen worden; vgl. im Aktiv: laudo aus lauda-o. moneor monēris monētur ich werde gemahnt du wirst gemahnt er/sie/es wird gem. monēmur wir werden gemahnt monēminī ihr werdet gemahnt monentur sie werden gemahnt ich werde gehört du wirst gehört er/sie/es wird ge. wir werden geaudīmur hört audīminī ihr werdet gehört audiuntur sie werden gehört audior audīris audītur Imperfekt Passiv Indikativ Zur Erinnerung: Das lateinische Imperfekt steht vor allem bei lang andauernder, wiederholter oder versuchter Handlung. Im Deutschen wird das Imperfekt-Passiv mit dem Präteritum des Hilfsverbs werden und dem Partizip Perfekt der Vorzeitigkeit – dem PPP/PVP – gebildet (ich wurde gelobt); es kann bei Bedarf auch mit dem sog. Perfekt (Indikativ) übersetzt werden (z.B. ich bin gelobt worden): ich wurde gelobt ich bin gelobt worden du wurdest gelobt laudabāris du bist gelobt worden er/sie/es wurde gelobt laudabātur er/sie/es ist gelobt w. wir wurden gelobt laudabāmur wir sind gelobt worden ihr wurdet gelobt laudabāminī ihr seid gelobt worden laudābar monēbar audiēbar* monebāris audiebāris monebātur audiebātur monebāmur audiebāmur monebāminī audiebāminī textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 132 laudabántur sie wurden gelobt monebántur sie sind gelobt worden audiebántur *) Beim Imperfekt der i-Konjugation wird das i des Wortstammes zu j abgeschwächt (Halbkonsonant – Halbvokal; die Römer schreiben beides wie i), so dass ein e als Sprechvokal oder Bindevokal zwischen Stamm und Endung erscheinen muss (merke: Römer lieben Vokale). Zur Erinnerung das Imperfekt Aktiv: laudā-bam, laudā-bās, -bat, -bāmus, -bātis, -bant – ich lobte, ich habe gelobt; du lobtest, du hast gelobt; er, sie, es lobte, hat gelobt; wir lobten, wir haben gelobt; ihr lobtet, ihr habt gelobt; sie lobten, sie haben gelobt. Regel: Bei der Bildung des Imperfekts – Passiv wird nur die aktive Personen-Endung durch die passive ersetzt. Futur I. Passiv Die Bildung des Futur I. Passiv erfolgt nach dem Modell des Futur I. Aktiv: Die a- und e-Konjugationen bilden das Futur mit b – alle übrigen Konjugationen mit a (1. Person Singular) und e (alle übrigen Personen); das Modell in der folgenden Tabelle zeigt die Endungen, die den Stämmen lauda (a-Konjugation), mone (e-Konjugation) und audi (i-Konjugation) angehängt werden müssen; a- und e-Konjugation gehen gleich; die Übersetzung lautet wörtlich: ich werde gelobt/gemahnt/gehört werden… a-Konjug. e-Konjug. deutsch i-Konjug. -ā-b---or -ē-b---or ich werde ge… werden -i-a-r** -ā-b-e-ris* -ē-b-e-ris* du wirst ge… werden -i-ē-ris -ā-b-i-tur -ē-b-i-tur er … wird ge… werden -i-ē-tur -ā-b-i-mur -ē-b-i-mur wir werden ge… werden -i-ē-mur -ā-b-i-minī -ē-b-i-minī ihr werdet ge… werden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae -i-ē-minī 133 -ā-b-untur -ē-b-u-ntur sie werden ge… werden -i-e-ntur *) Das Tempuszeichen b benötigt vor den konsonantischen Endungen den Sprechvokal e–i–i–i–u. **) Das i des Stammes wird hier wieder einmal zum stimmlosen j; sprich: aud-jam; aud-jēs (siehe auch unten in Nr. 3). So war es z.B. schon beim Imperfekt: audiēbam ≈ aud-jēbam ≈ ich hörte; audiēbar ≈ aud-jēbar ≈ ich wurde gehört usw. Ich werde gelobt werden ≈ laudābor, laudāberis, laudābitur, laudābimur, laudābimini, laudābuntur – achte auf die zweite Person Singular (auch bei der e-Konjugation): Der Sprechvokal lautet hier -e; warum? Weil die Römer vermutlich eher ein dem i klanglich nah verwandtes e gesprochen und (bei anderen) gehört haben. Ich werde gemahnt werden ≈ monēbor, monēberis, monēbitur, monēbimur, monēbiminī, monēbuntur Ich werde gehört werden ≈ audiar, audiēris, audiētur, audiēmur, audiēminī, audientur Merke: Die Übersetzung mit 2 x werden (ich werde gelobt werden) ist dann überflüssig und gilt als unschön, wenn das Futur aus dem Text hervorgeht; dann benutzen wir (wie bei Futur I. Aktiv) das einfache Präsens: 1.) laudābor ≈ ich werde gelobt werden: kein Textzusammenhang: Futurbildung ist nötig. 2.) crās laudābor ≈ Morgen werde ich gelobt: nur Präsens erforderlich, da morgen das Futur klar ausweist. 3.) Durch man kann das gesamte Futur I. Passiv vermieden werden: laudābor ≈ man wird mich loben – crās laudābor ≈ morgen lobt man mich; oder noch schöner: »Heute back‘ ich, morgen brau‘ ich, übermorgen hol‘ ich der Königin ihr Kind.« (Gebrüder Grimm). Der Konjunktiv Präsens Passiv Der Konjunktiv Präsens Passiv wird nach dem Muster des Konjunktiv Präsens Aktiv gebildet; es müssen wieder nur die Aktiv-Endungen durch die Passiv-Endungen ersetzt werden; zunächst schauen wir uns die Bildung bei der e-Konjugation und der i-Konjuation an: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 134 mone-a-r ich möge/soll gemahnt werden audi-a-r mone-ā-ris du mögest/sollst gemahnt werden audi-ā-ris mone-ā-tur er, sie, es möge/soll gemahnt werden audi-ā-tur mone-ā-mur wir mögen/sollen gemahnt werden mone-ā-minī ihr möget/sollt gemahnt werden audi-ā-mur audi-ā-minī mone-a-ntur sie mögen/sollen gemahnt werden audi-a-ntur e-Konjug. i-Konjug. reine Hilfsübersetzung *) In den Sätzen mit ut/nē ≈ dass; damit – dass nicht steht im Lateinischen der Konjunktiv, im Deutschen meist der Indikativ; außerdem kann man es mit hoffentlich usw. im Indikativ übersetzen: utinam nē audiātur ≈ er möge/soll nicht gehört werden ≈ hoffentlich wird er nicht gehört; hoffentlich hört man ihn nicht; optō ut moneātur ≈ ich hoffe, dass er gemahnt wird; dass man ihn mahnt; ≈ ich hoffe, er wird gemahnt – man mahnt ihn hoffentlich. **) audiāris: Statt du sollst gehört... werden kann man den deutschen Konjunktiv bilden: Du werdest gehört; audiātur: er, sie, es werde gehört. Bei allen übrigen Formen fällt der Konjunktiv I. von werden leider mit dem Indikativ zusammen: audiātur et altera pars: Man höre auch die andere Partei; auch die Gegenpartei soll man anhören. Sonderform: Konjunktiv Präsens der a-Konjugation Bildung: Das ursprüngliche a des Stammes wird zu e verändert; die aKonjugation kann den Konjunktiv nämlich nicht mit a bilden, weil ihr Stamm bereits auf -a endet (laudāre hat den Stamm laudā): Übersetzung übrigens wie oben; berühmter Gruß der katholischen Priester: Laudētur Iesus Christus – gelobt sei Jesus Christus: laude-r – laudē-ris – laudē-tur – laudē-mur – laudē-minī – laude-ntur Ich soll gelobt werden, du sollst gelobt werden usw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 135 Der Konjunktiv Imperfekt Passiv a-Konjugation Behelfsübersetzung laudā-re-r ich würde/sollte/konnte gelobt werden laudā-rē-ris du würdest/solltest/konntest gelobt werden laudā-rē-tur er/sie/es würde/sollte/konnte gelobt werden laudā-rē-mur wir würden/sollten/konnten gelobt werden laudā-rē-minī ihr würdet/solltet/konntet gelobt werden laudā-re-ntur sie würden/sollten/konnten gelobt werden e-Konjugation i-Konjug. Behelfsübersetzung monē-re-r audī-re-r ich würde gemahnt-gehört werden monē-rē-ris audī-rē-ris du würdest gemahnt-gehört werden monē-rē-tur audī-rē-tur sie würde gemahnt-gehört werden monē-rē-mur audī-rēmur wir würden gemahnt-gehört werden monē-rē-minī audī-rē-mi- ihr würdet gemahnt-gehört werden nī monē-re-ntur audī-rentur sie würden gemahnt-gehört werden a.) Marcus, sī punīrētur, maestus esset ≈ Wenn M. bestraft würde, wäre er traurig ≈ wenn man ihn strafte, wäre er traurig. Iulius, nisī punīrētur, laetus esset ≈ Wenn J. nicht bestraft würde, wäre er fröhlich: sī/nisī ≈ wenn/wenn nicht leiten den Bedingungssatz ein. b.) Coniurātī constituērunt: Caesar necārētur, quī rem publicam delēvisset ≈ Die Verschwörer beschlossen: Caesar sollte ermordet werden, der er ≈ weil er die Republik zerstört hatte/hätte: Das Relativpronomen quī, quae, quod ≈ welcher, welche, welches im Sinne von weil steht mit Konjunktiv; sogenannter finaler Relativsatz – es drückt eine Absicht, ein Vorhaben, eine Zielvorstellung aus. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 136 c.) Etiam innocentēs punīrentur, sī iudicēs bonī nōn essent ≈ auch Unschuldige könnten bestraft werden ≈ könnte man bestrafen, wenn es keine guten Richter gäbe: esse als Vollverb ≈ vorhanden sein. d.) Multa animālia ā nōbis vidērentur, sī maiōra essent ≈ viele Lebewesen könnten von uns gesehen werden, wenn sie größer wären. Animālia minima ā nōbis vidērentur, sī nōbis oculī bonī essent ≈ die winzigsten Lebewesen könnten von uns gesehen werden, wenn wir gute Augen hätten: esse + Dativ ≈ gehören, haben, besitzen; hier drückt der Konjunktiv eine typische Nicht-Wirklichkeit aus. e.) Servī, cum a dominīs vexārentur, seditiōnem fecērunt ≈ Die Sklaven, als/weil sie... ≈ als/weil die Sklaven von den Herren gequält wurden, machten sie einen Aufstand (cum ≈ als, da, weil – cum historicum der Erzählung oder cum causale des Grundes – mit lateinischem Konjunktiv; im Deutschen steht aber meist Indikativ). f.) Dominī, cum ā servīs territārentur, amīcōs auxiliō vocābant ≈ Als, weil die Herren von den Sklaven terrorisiert wurden, riefen sie Freunde zu Hilfe: vocābant kann auch heißen: wollten – versuchten sie Freunde zu Hilfe zu rufen: Imperfekt des Versuches. g.) Germānī, cum ā Romānīs ē Galliā fugārentur, in patriam trāns Rhēnum remigrābant ≈ Als/weil die Germanen von den Römern aus Gallien vertrieben wurden, kehrten sie über den Rhein in die Heimat zurück; oder: wollten sie – versuchten sie zurückkehren: Imperfekt des Versuches: Etliche Barbaren sollen im Rhein nämlich ertrunken sein... h.) Cum Germānī ā Caesare superārentur, in patriam remigrābant ≈ Als/weil die Germanen von Caesar besiegt wurden, wollten bzw. versuchten sie in die Heimat zurückzukehren. i.) Germānī, cum ā Caesare superārentur, laetō animō erant ≈ Obwohl die Germanen von Caesar besiegt wurden, waren sie frohen Mutes: cum concessivum bei innerem Gegensatz (s.a. k.). k.) Caesar, cum ā Germanīs vehementer peterētur, animum non summīsit ≈ Obwohl Caesar heftig von den Germanen angegriffen wurde, ließ er den Mut nicht sinken (wörtlich: schickte er den Mut nicht nach unten). l.) Magistrī discipulīs libenter odiō sunt, dum ab eīs metuerentur – (wörtlich) die Lehrer dienen den Schülern gerne zum Hass – lassen den Hass der Schüler gerne über sich ergehen, wenn sie nur von ihnen gefürchtet werden: dum – dummodo ≈ wenn nur mit Konjunktiv; im Deutschen Indikativ; davor: esse + 2 x Dativ ≈ dienen zu. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 137 Die konsonantische Konjugation Einführung: Neben den Verben, deren Stämme auf die lang zu sprechenden Vokale -ā, -ē, und -ī enden ( z.B. laudāre, monēre, audīre), gibt es eine sehr umfangreiche Gruppe von Verben, deren Stämme auf irgend einen Konsonanten enden. (Zur Wiederholung: Vokal ≈ selbsttönender Laut: a – e – i – o – u; Konsonant ≈ Mittöner – Konsonanten müssen sich an die Vokale anlehnen und finden sich in all den übrigen Buchstaben des Alphabets wieder.) Vokale und Konsonanten folgen im Lateinischen ähnlichen Regeln wie im vom Latein geprägten Deutschen; aber im Einzelnen gelten folgende beiden Grundregeln für das Latein: a.) Vokale müssen in der Regel durch Konsonanten voneinander getrennt werden; zwei Vokale hintereinander sind zu vermeiden (Ausnahme z.B. Caesar, was sich aber korrekt so spricht: Ka – esar oder Ka – isar). b.) Konsonanten sind durch Vokale voneinander zu trennen (Ausnahme bei schnell gesprochenen Konsonanten: posse ≈ können). Aus den obigen Regeln ergibt sich, dass wir die meist konsonatischen Personalendungen (Aktiv: o/m; s; t; mus; tis; nt; Passiv: or/r; ris; tur; mur; mini; ntur) nicht direkt an einen konsonantischen Stamm anfügen können. Zwischen den Konsonanten des Stammes und den Konsonanten der Endung muss ein Sprechvokal eingefügt werden, denn der Vokale liebende Römer (und Italiener) verlangt dies, während unser konsonantenreicheres Deutsch auch ohne diese Sprechvokale auskäme. Wie es im Einzelnen aussieht, kann man den folgenden Tabellen entnehmen. Zuvor aber wollen wir den Infinitiv Präsens der Gleichzeitigkeit der konsonantischen Konjugation kennen lernen (viele Beispiele): Zwischen dem konsonantischen Wortstamm und der bekannten Aktiv-Endung -re schiebt sich als Sprechvokal ein stimmloses -e. Die Passiv-Endung, die wir bisher als -rī kennen (laudārī, monērī, audīrī ≈ gelobt, gemahnt, gehört werden), wird auf ein langes -ī verkürzt und kann dann als Vokal gut auf einen zwischengeschalteten Sprechvokal verzichten: Aktiv: reg-e-re ≈ leiten – tang-e-re ≈ berühren – frang-e-re ≈ zerbrechen – laed-e-re ≈ verletzen – redd-e-re ≈ zurück geben – consum-e-re ≈ verbrauchen usw. Passiv: reg-ī ≈ geleitet werden – tang-ī ≈ berührt werden – frang-ī ≈ zerbrochen werden – laed-ī ≈ verletzt werden – redd-ī ≈ zurückgegeben werden – consum-ī ≈ verbraucht werden usw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 138 Präsens Aktiv Indikativ der konsonantischen Konjugation Stam m Sprechvokal Endung deutsch reg reg reg reg reg reg --i i i i ō* u** s t mus tis nt ich leite du leitest er/sie/es leitet wir leiten ihr leitet sie leiten *) Wegen der vokalischen Endung -ō benötigen wir hier keinen Sprechvokal **) Den Sprechvokal -u (nur für die 3. Person Plural) kennen wir schon von sunt ≈ sie sind; und auch schon von audiunt ≈ sie hören. Präsens Aktiv Konjunktiv der konsonatischen Konjugation Stam m reg reg reg reg reg reg * Endung Behelfs-Übersetzung a** ā a ā ā a m s t mus tis nt ich soll/möge leiten du sollst/mögest leiten er/sie/es soll/möge leiten wir sollen/mögen leiten ihr sollt/mögt leiten sie sollen/mögen leiten *) Konjunktiv-Kennzeichen a **) Wegen Konjunktivkennzeichen -a kein Sprechvokal. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 139 Präsens Passiv der konsonatischen Konjugation Stam m Sprechvokal --reg reg e reg i reg i reg i reg u Indikativ Endung Stamm Konjunktiv-Z. Endung or ris tur mur minī ntur reg a reg ā reg ā reg ā reg ā reg a Konjunktiv r ris tur mur minī ntur ich werde geleitet, du wirst ge… ich soll/möge geleitet werden, du… Imperfekt Aktiv der konsonantischen Konjugation Stamm Impf.-Zeich. Endung Stamm Impf.-Zeich. Endung reg reg reg reg reg reg ēba* ēba ēba ēba ēba ēba m s t mus tis nt reg reg reg reg reg reg ere erē ere erē erē ere m s t mus tis nt Imperfekt Aktiv Indikativ Imperfekt Aktiv Konjunktiv ich leitete, du leitetest, er leitete… ich habe geleitet, du hast geleitet… ich würde/sollte leiten, du würdest/könntest/solltest leiten... *) kleine Erinnerung: Das Imperfekt-Kennzeichen -ēba sollte uns schon längst von der i-Konjugation her bekannt sein, bei welcher das vokali- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 140 sche i im Imperfekt zum halbkonsonantischen j abgeschwächt wird: audiēbam – ich hörte, audiēbās – du hörtest usw. Imperfekt Passiv der konsonantischen Konjugation Stamm reg reg reg reg reg reg Impf.-Zeich. ēba* ēbā ēbā ēbā ēbā ēba Endung Stamm Impf-Zeich. Endung r ris tur mur mini ntur reg reg reg reg reg reg ere erē erē erē erē ere Imperfekt Passiv Indikativ r ris tur mur minī ntur Imperfekt Passiv Konjunktiv Ich wurde geleitet, du wurdest... ich würde/sollte/könnte geleiIch bin geleitet worden… tet werden, du würdest... Futur der konsonatischen Konjugation Stamm Futur-Zeich. Endung Stamm FuturZeich. Endung reg reg reg reg reg reg a ē ē ē ē e m s t mus tis nt reg reg reg reg reg reg a ē ē ē ē e r ris tur mur minī ntur Futur Aktiv Futur Passiv ich werde leiten, du wirst leiten, er/sie/es wird leiten … ich werde geleitet werden, du wirst geleitet werden… Typ 1 der Futur-Bildung: a- und e-Konjugation ≈ B-Futur: laudābo, laudābis, laudābit, laudābimus, laudābitis, laudābunt. monēbo, monēbis, monēbit, monēbimus, monēbitis, monēbunt. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 141 Typ 2 der Futur-Bildung: i + konsonant. Konjugation ≈ A-E-Futur: audiam, audiēs, audiet, audiēmus, audiētis, audient – ich werde hören regam, regēs, reget, regēmus, regētis, regent – ich werde leiten Der Imperativ rége – lenke, leite! régite – lenkt, leitet! Perfekt-Stamm der konsonantischen Konjugation Die konsonantische Konjugation hat keine regelmäßige Perfektbildung. Die wichtigsten Stammformen müssen also gelernt werden (z.B. aus einer Grammatik); vgl. unser springen, sprang, gesprungen. Abgesehen von der unregelmäßigen Stammbildung bleiben uns die altbekannten Endungen für die Tempora Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II. (Perfekt-Futur) erhalten. Diese sollen im Folgenden wiederholt und dann an unserem konsonantischen Beispiel durchkonjugiert werden: a.) Endungen Indikativ Perfekt Aktiv: ī – istī – it – īmus – istis – ērunt – (dazu ein konsonantisches Beispiel; regere bildet den PerfektStamm rex): rexī – rexistī – rexit – rexīmus – rexistis – rexērunt ich leitete, ich habe geleitet – du leitetest, du hast geleitet usw. b.) Bildung des Indikativ Perfekt Passiv: Man nehme das Partizip Perfekt der Vorzeitigkeit Passiv (PVP – z.B. laudātus, -a, -um ≈ gelobt) und kombiniere es mit sum – es – est – sumus – estis – sunt ≈ ich bin, du bist, er/sie/es ist, wir sind, ihr seid, sie sind; das Partizip der Vorzeitigkeit Passiv von regere lautet: rectus, a, um; also: rectus, a, um sum – rectus, a, um es – rectus, a, um est rectī, ae, a sumus – rectī, ae, a estis – rectī, ae, a sunt ich wurde geleitet, ich bin geleitet worden – du wurdest geleitet, du bist geleitet worden; er, sie, es wurde geleitet, ist geleitet worden usw. c.) Bildung des Konj. Perf. Aktiv: Man hänge an den Perfekt-Stamm die Endungen erim – eris – erit –– erimus – eritis – erint an: réx-erim – réxeris – réxerit – rexérimus – rexéritis – réxerint Eine Übersetzung des Konjunktivs Perfekt wollen wir uns auch diesmal versagen; der jeweilige Zusammenhang nur hilft uns weiter. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 142 Konjunktiv Perfekt Passiv: Kombiniert werden Partizip der Vorzeitigkeit Passiv mit dem Konjunktiv Präsens von esse: rectus, a, um sim – rectus, a, um sīs – rectus, a, um sit rectī, ae, a sīmus – rectī, ae, a sītis – rectī, ae, a sint Wie beim Konjunktiv Perfekt Aktiv kann eine Übersetzung nur aus dem Zusammenhang heraus gewonnen werden. e.) Plusquamperfekt Aktiv Indikativ: Perfekt-Stamm + eram, erās… rexeram – rexerās – rexerat – rexerāmus – rexerātis – rexerant Ich hatte geleitet, du hattest geleitet, er/sie/es hatte geleitet, wir hatten geleitet, ihr hattet geleitet, sie hatten geleitet. d.) f.) Plusquamperfekt Passiv Indikativ: PVP + eram, erās, erat… rectus, a, um eram – rectus, a, um erās – rectus, a, um erat rectī, ae, a erāmus – rectī, ae, a erātis – rectī, ae, a erant Ich war geleitet worden, du warst g. worden, er/sie/es war g. worden, wir waren g. worden, ihr wart g. worden, sie waren g. worden. g.) Plusquamperfekt Aktiv Konjunktiv: Perfekt-Stamm + issem, issēs, isset, issēmus, issētis, issent: rexíssem – rexíssēs – rexísset – rexissēmus – rexissētis – rexíssent ≈ ich hätte geleitet, du hättest geleitet, er/sie/es hätte geleitet, wir hätten geleitet, ihr hättet geleitet, sie hätten geleitet. h.) Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv: PVP + essem, essēs… rectus, a, um éssem – rectus, a, um éssēs – rectus, a, um ésset rectī, ae, a essēmus – rectī, ae, a essētis – rectī, ae, a éssent ≈ ich wäre geleitet worden, du wärst g. worden, er/sie/es wäre g. worden, wir wären g. worden, ihr wärt g. worden, sie wären g. worden. i.) Futur II. (Perfekt-Futur) Aktiv: Perfekt-Stamm + erō, eris, erit, erimus, eritis, erint (außer 1. Pers. Sing. gleich dem Konj. Perfekt in c.): réxero – réxeris – réxerit – rexérimus – rexéritis – réxerint ≈ ich werde geleitet haben, du wirst geleitet haben, er/sie/es wird geleitet haben, wir werden g. haben, ihr werdet g. haben, sie werden g. haben k.) Futur II. Passiv: PVP + erō, eris, erit, erimus, eritis, erunt: rectus, a, um erō – rectus, a, um eris – rectus, a, um erit rectī, ae, a erimus – rectī, ae, a eritis – rectī, ae, a erunt textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 143 ich werde geleitet worden sein; du wirst geleitet worden sein; er/sie/es wird geleitet worden sein; wir werden geleitet worden sein; ihr werdet geleitet worden sein; sie werden geleitet worden sein; dies ist nur eine wörtliche Übersetzung; im Zusammenhang finden sich bessere Lösungen. Tabellarische Gesamtübersicht rectus, a, um sum rectus, a, um es rectus, a, um est rectī, ae, a sumus rectī, ae, a estis rectī, ae, a sunt rexerō rexeris rexerit rexérimus rexéritis rexerint rectus, a, um erō rectus, a, um eris rectus, a, um erit rectī, ae, a erimus rectī, ae, a eritis rectī, ae, a erunt Ind. Perf. Ak- Indikativ Perf. Passiv tiv Futur II. Aktiv Futur II. Passiv rexī rexistī rexit reximus rexistis rexērunt rexeram rectus, a, um eram rexíssem rexerās rectus, a, um erās rexíssem rexerat rectus, a, um erat rexísset rexerāmus rectī, ae, a erāmus rexissēmus rexerātis rectī, ae, a erātis rexissētis rexerant rectī, ae, a erant rexíssent Ind. Pusquam-Perfekt Aktiv Indikativ PlusquamPerfekt Passiv Plusquampf. Aktiv Konj. rectus, a, um éssem rectus, a, um essēs rectus, a, um esset rectī, ae, a essēmus rectī, ae, a essētis rectī, ae, a éssent Plusquamperfek Passiv Konjunktiv Infinitive 1.) Präsens Aktiv; gleichzeitig: regere lenken, leiten 2.) Präsens Passiv; gleichzeitig: regī geleitet werden 3.) Perfekt Aktiv; vorzeitig: rexisse geleitet haben 4.) Perfekt Passiv; vorzeitig: rectum esse geleitet worden sein Für den Akkusativ mit Infinitiv (a.c.i – in Deutschen zum dass-Satz zu ändern) benötigen wir den Infinitiv Nr. 4 allerdings in folgender Form: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 144 rect-um rect-am rect-um esse Singular rect-ōs rect-ās rect-a esse Plural kurz: rectum, am, um, ōs, ās, a esse Existimō... ≈ Ich glaube, ... ...virum rectum esse m. ≈ ...dass der Mann geleitet wurde, ...feminam rectam esse f. ≈ ...dass die Frau geleitet wurde, ...monstrum rectum esse n. ≈ ...dass das Monster geleitet wurde, ...virōs rectōs esse m. ...feminās rectās esse f. ...monstra recta esse n. ≈ ...dass die Männer geleitet wurden, ≈ ...dass die Frauen geleitet wurden, ≈ ...dass die Monster geleitet wurden. Die kurzvokalische i-Konjugation Vorbemerkung: Die normale i-Konjugation (Typ audīre) wies bereits Schwankungen zwischen langem und kurzem -i auf: 1.) Die 3. Person Präsens Plural heißt audiunt ≈ sie hören. Wie das der Endung -nt vorgelagerte u beweist, wird das i hier als j gesprochen: aud-junt! Ebenso im Passiv: audiuntur ≈ aud-juntur. 2.) Der gesamte Konjunktiv Präsens verwendete ein kurzes i: audiam ≈ aud-jam – audiar (Passiv) ≈ aud-jar. 3.) Der gesamte Indikativ Imperfekt verwendet ein kurzes i: audiēbam ≈ aud-jēbam (ich hörte) – audiēbar ≈ aud-jēbar (ich wurde gehört), während der Konjunktiv das lange ī behält: audīrem ≈ ich würde hören – audīrer ≈ ich würde gehört werden. 4.) Das gesamte Futur verwendet ein kurzes i: audiam, audiēs usw ≈ aud-jam, aud-jēs usw. So ist der Unterschied zur sog. kurzvokalischen i-Konjugation, die jetzt folgt, nicht groß. Zur ihr gehören nur wenige Verben, die zu lernen sind. Der Infinitiv Präsens der kurzvokalischen i-Konjugation... …gleicht äußerlich dem Infinitiv der konsonantischen Verben. Wenn man also die 1. Person Präsens Aktiv nicht hinzu lernt, ist eine Unterschei- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 145 dung gar nicht möglich: capere, capio (kurzvokalische i-Konjugation) – legere, lego (konsonantische Konjugation; kein i vor der Personalendung): Infinitiv Präsens Aktiv der reinen i-Konjugation Infinitiv Präsens Passiv der reinen i-Konjugation audīre ≈ hören audīrī ≈ gehört werden Infinitiv Präsens Aktiv der kurzvokal. i-Konjugation Infinitiv Präsens Passiv der kurzvokal. i-Konjugation cápere* ≈ fangen cápī ≈ gefangen werden *) capere mit ganz kurzem e; sprich: káppere Die wichtigsten Verben der kurvokalischen i-Konjugation parere, pariō, peperī, partum: gebären, hervorbringen fodere, fodiō, fōdī, fossum: graben, durchbohren fugere, fugiō, fūgī: fliehen capere, capiō, cēpī, captum: fassen, nehmen, fangen facere, faciō, fēcī, factum: machen (facere hat viele Komposita, z.B. interficere, -ficio, -fēcī, -fectum: töten) rapere, rapiō, rapuī, raptum: rauben, raffen cupere, cupiō, cupīvī, cupitum: begehren, wünschen, wollen Indikativ Präsens Aktiv (immer mit kurzen i): capio, capis, capit, capimus, capitis, capiunt ≈ ich fange, du fängst… Konjunktiv Präsens Aktiv (immer mit kurzem i): capiam, capias, capiat, capiāmus, capiātis, capiant ≈ (Behelfsübersetzung) ich soll/möge fangen, du sollst, mögest fangen usw. Futur I. Aktiv (immer mit kurzem i): capiam, capiēs, capiet, capiēmus, capiētis, capient: ich werde fangen, du wirst fangen, er/sie/es wird fangen, wir werden fangen usw. Indikativ Imperfekt Aktiv (immer mit kurzem i): textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 146 capiēbam, capiēbās, capiēbat, capiēbāmus, capiēbātis, capiēbant: ich fing, ich habe gefangen; du fingst, du hast gefangen usw. Konjunktiv Imperfekt (immer kurzes e; z. Vgl. langvokalische i-Konjugation: audīrem…): cáperem, cáperēs, cáperet, caperēmus, caperētis, cáperent: ich würde/sollte/könnte fangen; ich finge, du fingest, er finge, wir fingen… Indikativ Präsens Passiv (immer kurzes i/e): capior, caperis, capitur, capimur, capimini, capiuntur: ich werde gefangen, du wirst gefangen usw. Konjunktiv Präsens Passiv (immer kurzes i): capiar, capiāris, capiātur, capiāmur, capiāmini, capiantur: ich soll/möge gefangen werden usw. Futur I. Passiv (immer kurzes i): capiar, capiēris, capiētur, capiēmur, capiēmini, capientur: ich werde gefangen werden, du wirst gefangen werden usw. Indikativ Imperfekt Passiv (kurzes i): capiēbar, capiēbāris, capiēbātur, capiēbāmur, capiēbāmini, capiēbantur: ich wurde gefangen, du wurdest gefangen usw. Konjunktiv Imperfekt Passiv: cáperer, caperēris, caperētur, caperēmur, caperēmini, caperéntur: ich würde gefangen werden, du würdest gefangen werdenn usw. Perfekt Aktiv Indikativ (capere hat den Perfekt-Stamm cēp-): cēpī, cēpistī, cēpit, cēpimus, cēpistis, cēpērunt ≈ ich fing, ich habe gefangen; du fingst, du hast gefangen, er/sie/es fing, hat gefangen usw. Perfekt Aktiv Konjuntiv: cēperim, cēperis, cēperit, cēperimus, cēperitis, cēperint – die Übersetzung des Konjuktivs Perfekt unterliegt wie immer dem Zusammenhang. Perfekt Passiv Indikativ (das PPP/PVP von capere: captus, a, um): captus, a, um sum – es – est ≈ ich wurde gefangen, bin gef. worden… textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 147 captī, ae, a sumus – estis – sunt ≈ wir wurden gefangen, wir sind gefangen worden; du wurdest gefangen, du bist gefangen worden usw. Perfekt Passiv Konjunktiv: captus, a, um sim – sīs – sit – captī, ae, a sīmus – sītis – sint – auch hier unterliegt die Übersetzung dem Zusammenhang. Plusquamperfekt Aktiv Indikativ: cēperam, cēperas, cēperat, cēperāmus, cēperātis, cēperant ≈ ich hatte gefangen, du hattest gefangen, er/sie/es hatte gefangen usw. Plusquamperfekt Aktiv Konjunktiv: cēpissem, cēpissēs, cēpisset, cēpissēmus, cēpissētis, cēpissent ≈ ich hätte gefangen, du hättest gefangen, er/sie/es hätte gefangen usw. Plusquamperfekt Passiv Indikativ: captus, a, um eram – erās – erat ≈ ich war gefangen worden usw. captī, ae, a erāmus – erātis – erant ≈ wir waren gefangen worden usw. Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv: captus, a, um essem – essēs – esset ≈ ich wäre gefangen worden usw. captī, ae, a essēmus – essētis – essent ≈ wir wären gefangen worden… Futur II. Aktiv (Perfekt-Futur): cēperō, cēperis, cēperit, cēperimus, cēperitis, cēperint ≈ (wörtlich) ich werde gefangen worden sein, du wirst gefangen worden sein usw. Bis auf die 1. Person Singular formal gleich dem Konjunktiv Perfekt. Futur II. Passiv (Perfekt-Futur): captus, a, um erō – eris – erit ≈ (wörtl.) ich werde gefangen worden sein captī, ae, a erimus – eritis – erunt ≈ wir werden gefangen worden sein... Imperativ: cape ≈ fange! capite ≈ fangt Partizip Präsens Aktiv der Gleichzeitigkeit capiens, capientis usw. (s.o. bei Mischdeklination) (m.) venator capiens, venatōris capientis – der fangende Jäger textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 148 (f.) (n.) ter ancilla gallinam capiens – die ein Huhn fangende Magd monstrum homines capiens – ein Menschen fangendes Mons- Der Sonderfall facere, tun, machen, … …wird im Aktiv nach der obigen kurzvokalischen i-Konjugation konjugiert. Ihm fehlt aber der Präsensstamm im Passiv und wird dort durch die Formen von fīerī (≈ Infinitiv der Gleichzeitigkeit Präsens Passiv) ≈ gemacht werden, werden, entstehen ersetzt: Präsens Indikativ fīō ≈ ich werde* fis ≈ du wirst fit ≈ er/sie/es wird fīmus ≈ wir werden fītis ≈ ihr werdet fīunt ≈ sie werden *) werde gemacht, entstehe Imperfekt Indikativ fiēbam ≈ ich wurde* fiēbās ≈ du wurdest fiēbat ≈ er wurde Präsens Konjunktiv fiam ≈ ich soll werden* fiās ≈ du sollst werden fiat ≈ er, sie, es soll w. fiāmus ≈ wir sollen w. fiātis ≈ ihr sollt werden fiant ≈ sie sollen werden *) ich möge werden – ich werde Imperfekt Konjunktiv fīerem ≈ ich würde werden* fīerēs ≈ du würdest werden fīeret ≈ er/sie/es würde werden fiebāmus ≈ wir wurden fierēmus ≈ wir würden werden fiebātis ≈ ihr wurdet fierētis ≈ ihr würdet werden fiēbant ≈ sie wurden fīerent ≈ sie würden werden *) ich bin gemacht wor*) sollte/würde gemacht werden, ich bin entstanden den, ich sollte/würde entsteusw. hen Futur I.: fīam, fīēs, fīet, fīēmus, fīētis, fīent ≈ ich werde (gemacht) werden, ich werde entstehen, du wirst (gemacht) werden, du wirst entstehen, er, sie, es wird (gemacht) werden/entstehen, wir werden... textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 149 Perfekt Aktiv Indikativ (Perfekt-Stamm fēc): fēcī, fēcistī, fēcit, fēcimus, fēcistis, fēcērunt ≈ ich machte, habe gem. Perfekt Aktiv Konjunktiv: fēcerim, fēceris, fēcerit, fēcerimus, fēceritis, fēcērint Perfekt Passiv Indikativ: factus, a, um sum, es, est; factī, -ae, -a sumus, estis, sunt ≈ ich wurde (gemacht), ich bin (gemacht) worden… Das Perfekt Passiv Konjunktiv: factus, a, um sim, sīs, sit; factī, -ae, -a sīmus, sītis, sint Plusquamperfekt Passiv Indikativ: factus, a, um eram, erās, erat; factī, -ae, -a erāmus, erātis, erant ≈ ich war gemacht worden, du warst… Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv: factus, a, um essen, esses, esset; factī, -ae, -a essēmus, essētis, essent ≈ ich wäre gemacht worden, du wärest... Futur II. Aktiv: fēcero, fēceris, fēcerit, fēcerimus, fēceristis, fēcerint ≈ ich werde gemacht haben, du wirst gemacht haben… Futur II. Aktiv ist bis auf die 1. Person Singular mit dem Konjunktiv Perfekt Aktiv gleich. Futur II. Passiv factus, a, um erō, eris, erit; factī, -ae, -a erimus, eritis erunt ≈ ich werde gemacht worden sein usw. (reine Behelfsübersetzung) Ein Richter: »fīat iustitia – pereat mundus ≈ es geschehe Gerechtigkeit, es gehe die Welt zugrunde ≈ auch wenn darüber die Welt untergeht.« Die ältesten Automarken sind lateinischen Ursprungs: Der Herr sprach: »Fiat lux – es werde Licht.« – Dann: »Mercedem suam iam habent – sie haben schon ihren Lohn« (auf Erden; später holt sie aber der Teufel). textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 150 Sonderform īre ≈ gehen Es folgt scheinbar den Regeln der i-Konjugation (Typ: audīre). Dennoch hat īre seine Besonderheiten: Zunächst einmal ist es sehr kurz und besteht nur aus dem Stamm ī. Das ist zu wenig, um z.B. das a-e-Futur der normalen ī-Konjugation zu bilden (audiam, audiēs... ≈ ich werde hören, du wirst hören usw.). Zweitens können sich die Römer bei īre offenbar nicht entscheiden, ob der Stamm ein i oder ein (klanglich nahe verwandtes) e ist. Indik. Präsens e-ō ich gehe i-s du gehst i-t er geht ī-mus wir gehen ī-tis ihr geht e-unt sie gehen Konjunktiv Präsens Futur I mit b e-am ich soll gehen ībō ich werde gehen e-ās du sollst geībis du wirst gehen hen e-at er soll gehen ībit er wird gehen e-āmus wir sollen gehen e-ātis ihr sollt gehen e-ant sie sollen gehen Imperfekt Indikativ mit -ba ībam ich ging, bin gegangen ībās du gingst, bist gegangen ībat er/sie ging, ist gegangen ībāmus wir gingen, sind gegang. ībātis ihr gingt, seid gegangen ībant sie gingen, sind gegangen ībimus wir werden gehen ībitis ihr werdet gehen ībunt sie werden gehen Imperfekt Konjunktiv mit -re īrem ich würde gehen, sollte gehen īrēs du würdest, solltest gehen īret er/sie würde, sollte gehen īrēmus wir würden, sollten gehen īrētis ihr würdet, solltet gehen īrent hen* sie würden, sollten ge- Schöner deutscher Konjunktiv anstelle der obigen Umschreibung: ich ginge, du ging(e)st, er ging(e), wir gingen, ihr ging(e)t, sie gingen. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 151 Imperativ: ī ≈ geh! īte ≈ geht! Das PGA/PPA (Partizip der Gleichzeitigkeit Aktiv) von īre: ī-ens, (Gen.) e-untis ≈ gehend: Ab Gen. Singular kippt das e zum u: rusticus īens – der gehende Bauer – rusticī euntis – des gehenden Bauern capra īens – die gehende Ziege – caprae euntis – der gehenden Ziege monstrum īens– das gehende M. – monstrī euntis – des gehenden M’s. taurus iens taurī euntis taurō euntī taurum euntem taurō eunte Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ der/ein gehender Stier des/eines gehenden Stieres dem/einem gehenden Stier den/einen gehenden Stier mit dem/einem gehenden Stier taurī euntēs taurōrum euntium taurīs euntibus taurōs euntēs taurīs euntibus (die) gehenden Stiere der gehenden S./gehender Stiere (den) gehenden Stieren (die) gehenden Stiere mit (den) gehenden Stieren Nominativ legio iens legiōnēs euntēs Genitiv legiōnis euntis legiōnum euntium Dativ legiōnī euntī legiōnibus euntibus Akkusativ legiōnem euntem legiōnēs euntēs Ablativ legiōne eunte legiōnibus euntibus die gehende Legion, der gehenden Legion, der gehenden Legion… die gehenden Legionen, der gehenden Legionen, den gehenden Legionen monstrum iens monstrī euntis monstrō euntī monstrum iens monstrō eunte Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ monstra euntia monstrōrum euntium monstrīs euntibus monstra euntia monstrīs euntibus das/ein gehende(s) Ungeheuer, des/eines gehenden Ungeheuers, dem/einem gehenden Ungeheuer, das/ein gehende(s) Ungeheuer, mit dem/einem gehenden Ungeheuer / (die) gehende(n) Ungeheuer, der gehenden Unge- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 152 heuer – gehender Ungeheuer, (den) gehenden Ungeheuern, (die) gehende(n) Ungeheuer, mit (den) gehenden Ungeheuern. Genau genommen ist Latein leichter als Deutsch, oder?! Das Supīn Das Supīn wird aus dem Partizip der Vorzeitigkeit (Perfekt) Passiv (PVP) abgeleitet. Zur Wiederholung hier die Stammformen mit PVP bei sämtlichen bisherigen Konjugationen in der Reihenfolge a, e, i, kurvokalische iKonjugation, konsonatische Konjugation: A E1 E2 ī i kon. laudāre – laudō – laudāvī – laudātus, a, um lernen: laudātum monēre – moneō – monuī – monitus, a, um lernen: monitum delēre – deleō – dēlēvī – dēlētus, a, um lernen: delētum audīre – audīō – audīvī – audītus, a, um lernen: audītum capere – capiō – cēpī – captus, a, um lernen: captum legere – legō – lēgī – lectus, a, um lernen: lectum Supin I. ist mit dem Neutrum des PVP identisch: laudātum, monitum, delētum, audītum, lectum, captum. Es wird grundsätzlich mit um zu übersetzt; dazu Beispiele: Romānī impetum faciunt expugnātum Die Römer machen einen Angriff, um zu erobern. Romānī venērunt Galliam expugnātum Die Römer kamen, um Gallien zu erobern. Deutsch-Regel: Bei Erweiterung um ein Objekt wird um und zu getrennt. Supin II. gleicht formal dem Supin I. minus m: laudatū, monitū, delētū, audītū, lectū, captū. Es wird nur mit zu übersetzt und ist lediglich in bestimmten Redewendungen nach wenigen Adjektiven vorhanden; dazu Beispiele: Magister: Hoc est terribile et horribile audītū et factū et lectu. Das ist ja schrecklich und grässlich zu hören, zu tun und zu lesen. Id est incredībile dictū ≈ das ist ja unglaublich zu sagen. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 153 De Romānīs in Galliā Romānī Galliam intravērunt eam regiōnem expugnātum. 2 Gallī autem Caesarī resistēbant optantēs ut Romānī ē patriā propulsārī possent. 3 Caesar ā Nerviīs paene victus dixit: »Incredibile vīsū* et audītū!« 4 Caesar Vercingetorigem tandem cēpit eum in triumphō per Rōmam ductum. 5 Postquam** Vercingetorix mediam per Rōmam ductus est, Romānī clamāvērunt: »Incredibile vīsū!« Ille enim nōn flēvit. *) **) vīsus, a, um ≈ PVP von: vidēre, video, vīdī, vīsum ≈ sehen. postquam im Lat. mit Perfekt – im Deutschen mit Plusquamperfekt Die Römer in Gallien: Die Römer betraten Gallien, um dieses Gebiet zu erobern. 2 Die Gallier aber leisteten Caesar Widerstand, wünschend ≈ weil sie wünschten, dass die Römer aus der Heimat vertrieben werden könnten. Der von den Nerviern (im 2. Kriegsjahr) fast besiegte Caesar sagte: »Unglaublich zu sehen und zu hören!« 4 Caesar fing ≈ nahm gefangen endlich den Vercingetorix, um ihn im Triumphzug durch Rom zu führen. 5 Nachdem Vercingetorix mitten durch Rom geführt worden war, riefen die Römer: »Unglaublich zu sehen«: Jener hat nämlich nicht geweint – er weinte nämlich nicht. Das Gerundium Das Gerundium ist der deklinierte oder substantivierte Infinitiv. Im Nominativ entspricht er also exakt dem Infinitiv (Präsens) Aktiv der Gleichzeitigkeit: laudāre ≈ das Loben; monēre ≈ das Mahnen; audīre ≈ das Hören; legere ≈ das Lesen; capere ≈ das Fangen; īre ≈ das Gehen. Ab dem Genitiv Singular wird der Wortstamm um -nd erweitert. Das Gerundium lässt sich komplett im Singular deklinieren: Nom . Gen. laudandī monendī Dat. laudandō monendō laudandum monendum Akk laudāre monēre audīre das Hören audiendī* audiendō audiendum des Hörens dem Hören? das Hören textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 154 laudandō monendō capere capiendī* capiendō capiendum capiendō legere legendī legendō legendum legendō Abl. audiendō Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ durch das Hören īre** e-undī e-undō e-undum e-undō das Gehen des Gehens dem Gehen? das Gehen durch Gehen *)Beide Formen der i-Konj.: audiendī – capiendī: Das Stamm-i wird ab Genitiv Singuar stimmlos, wie j gesprochen: aud-jendī – cap-jendī. **) īre hat den Stamm ī oder e – vgl. Indikativ Präsens: eō, is, it, īmus, ītis, eunt ≈ ich gehe, de gehst, sie geht, wir gehen, ihr geht, sie gehen. Nominativ natāre iuvat ≈ (das) Schwimmen macht Freude. Genitiv ars amandī rāra est ≈ die Kunst des Liebens ist selten. Dativ kommt so gut wie nie vor Akkusativ ad pugnandum properēmus (Konjunktiv Präesens) ≈ wir wollen / lasst uns zum Kämpfen – in den Kampf eilen. Ablativ docendō discimus ≈ durch (das) Lehren lernen wir. Kleines Lesestück zum Gerundium In stadiō dicitur: 1 »Currere iuvat; salīre iucundum est. 2 Quandō erit inītium currendī et saliendī? 3 Ad currendum et ad pila atque ad discōs iaciendum* hūc vēnimus; incipiāmus!«** In amphitheatrō dīcitur: 1 »Quandō summa rūdis sīgnum ad pugnandum dābit? 2 Cur gladiatōrēs nōndum ad pugnandum venērunt? 3 Quandō tandem inītium erit pugnandī? 4 Cur gladiatōres tam timidī sunt et non ad moriendum veniunt?« Im Stadion wird gesagt/sagt man: 1 »Das Rennen macht Spaß; das Springen ist angenehm. 2 Wann wird der Anfang des Rennens und Springens sein? Wir sind zum Rennen und zum Werfen der Speere und Diskusscheiben hierher gekommen. Wir wollen – lasst uns anfangen.« Im Amphitheater wird gesagt/sagt man: 1 »Wann wird der oberste Schiedsrichter das textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 155 Zeichen zum Kämpfen geben? 2 Warum sind die Gladiatoren noch nicht zum Kämpfen gekommen? 3 Wann wird endlich der Anfang des Kämpfens sein? 4 Warum sind die Gladiatoren so ängstlich und kommen nicht zum Sterben – um zu sterben?« *) Wir übersetzen: »zum Werfen der Speere und der Diskusscheiben« (Genitiv) – der Römer fragt: »Wen oder was wirft man?« Also muss »Speere ≈ pila (Akk. Pl. neutr.) und Diskusscheiben – discōs (Akk. Pl. mask.)« im Lateinischen im Akkusativ stehen; z.B. im Singular: »Athleta stadium intravit ad lanceam (diesmal Akk. f. Sing.) iaciendum ≈ der Athlet betrat das Stadion zum Schleudern des Speeres. **) in-cipere kommt von capere; daher liegt der Konjunktiv Präsens Aktiv des Wunsches/der Aufforderung vor: capiāmus – wir wollen fangen/nehmen > in-cipiāmus ≈ wir wollen anfangen. Das Gerundīvum Das Gerundīvum ist sprachlich mit dem Gerundium verwandt. Während aber das Gerundium ein Verbal-Substantiv ist, ist das Gerundīvum ein vom Verb abgeleitetes Adjektiv – Verbal-Adjektiv. Es wird daher wie ein Adjektiv behandelt und ist der KNG-Regel unterworfen, d.h. es richtet sich in Kasus, Numerus und Genus nach dem Bezugswort. Im Gegensatz zu den üblichen Adjektiven besitzt das Gerundīvum noch Eigenschaften, die auf seine Abstammung vom Verb hinweisen: Es ist Passiv und besitzt den Nebensinn der Notwendigkeit (müssen/sollen). Gerundivum-Bildung: Verb-Stamm + -ndus, -nda, -ndum laudāre: laudandus, -nda, -ndum ein zu lobender; einer, der gelobt werden soll/muss monēre: monendus, -nda, -ndum ein zu mahnender; einer, der gemahnt werden soll/muss audīre: audi-endus, -nda, -ndum ein zu hörender; einer, der gehört werden soll/muss legere: legendus, -nda, -ndum ein zu lesender; einer, der gelesen werden soll/muss capere (kurzvok. i): capi-endus, -nda, -ndum ein zu fangender; einer, der gefangen werden soll/muss senator laudandus ≈ der zu lobende Senator; der/ein S., der gelobt werden muss; ein Senator, den man loben muss; ein lobenswerter Senator. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 156 urbs amanda ≈ die zu liebende Stadt; die/eine Stadt, die geliebt werden soll/muss; die/eine S., die man lieben soll/muss; eine liebenswerte Stadt monstrum necandum ≈ das/ein zu tötendes Monster; das/ein Monster, das getötet werden soll/muss; das/ein M., das man töten soll/muss Gerundīvum mit konsonatischer Deklination kombiniert senator laudandus N senatōris laudandī senatōrī laudandō senatōrem laudandum senatore laudandō G D A A senatōrēs laudandī N senatōrum laudandōrum senatōribus laudandīs G senatōrēs laudandōs A senatōribus laudandīs A D der lobenswerte Senator ein lobenswerter Senator des/eines lobenswerten Senators dem/einem lobenswerten Senator den/einen lobenserten Senator mit dem/einem lobenswerten Sen. die lobenswerten Senatoren lobenswerte Senatoren der lobenswerten Senatoren lobenwerter Senatoren den lobenswerten Senatoren lobenswerten Senatoren die lobenswerten Senatoren lobenswerte Senatoren mit den lobenswerten Senatoren mit lobenswerten Senatoren Gerundīvum mit A-O-Deklinationen kombiniert Nominativ Genitiv feminae amandae Dativ feminae amandae Akkusativ feminam amandam Ablativ feminā amandā die zu liebende ≈ liebenswerte Frau femina amanda monstrum necandum monstrī necandī monstrō necandō monstrum necandum monstrō necandō das zu tötende Ungeheuer textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 157 Nominativ feminārum amandārum Genitiv feminae amandae feminīs amandīs feminās amandās feminīs amandīs monstra necanda monstrōrum necandōrum Dativ monstrīs necandīs Akkusativ monstra necanda Ablativ monstrīs necandīs Die zu liebende Frau – der zu liebenden F. – der zu liebenden F. – die zu liebende F. – mit der zu liebenden F. --- die zu liebenden Frauen – der zu lieb. F. – den zu lieb. F. – die zu lieb. F. – mit den zu liebenden F. Gerundīvum mit ad ≈ zu, zum, zur usw. und mit in Romāni in Galliam expugnandam invasērunt ≈ die Römer drangen in das zu erobernde Gallien ein ≈ sie drangen ... ein, um es zu erobern. Germāni Rhēnum transī-ērunt et ad/in Coloniam delendam venērunt ≈ die Germanen überquerten den Rhein und kamen zum/in das zu zerstörenden Köln ≈ sie kamen, um Köln zu zertören. Regel: Das Gerundivum mit ad/in wird mit um ... zu übersetzt. Das Gerundium mit causā ≈ wegen, um ... willen, um ... zu Fabricam intrāmus lobōris causā / laborandī (Gerundium) causā ≈ wir betreten die Werkstatt um der Arbeit willen / des Arbeitens (Gerundium) wegen ≈ um zu arbeiten. – Edimus vivendī (Gerundium) causā, non vivimus edendī (Gerundium) causā ≈ wir essen des Lebens wegen; wir leben nicht des Essens wegen ≈ wir essen, um zu leben. Wir leben nicht, um zu essen Regel: Gerundium mit causā + Genitiv ≈ um … willen, um … zu Gerundīvum mit obigem causā Romānī Galliae expugnandae causā māgnum exercitum paravērunt. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 158 Die Römer haben um des zu erobernden Galliens willen ≈ um Gallien zu erobern ein großes Heer aufgestellt; die Römer stellten ein großes Heer auf, um Gallien zu erobern. Romānī multōrum magnōrum oppidōrum expugnandōrum causā exercitum paravērunt māgnum ≈ die Römer haben der vielen zu erobendenden großen Städte wegen ein großes Heer aufgestellt ≈ die Römer stellten ein großes Heer auf, um viele große Städte zu erobern. Ein alter Polizist zum Gauner Ede: Multa (n. Plural) tuōrum nefandōrum consiliōrum reprimendōrum causā fēcī ≈ viel(es) deiner gottlosen zu unterdrückenden Pläne wegen habe ich gemacht ≈ ich habe viel unternommen, um deine gottlosen Pläne zu vereiteln. Regel: Gerundīvum mit nachgestelltem causā + Genitiv ≈ um ... zu Verwechslungsgefahr Gerundium / Gerundīvum Romānī venērunt ad oppidum expugnandum; expugnandum kann... 1.) Gerundium sein: Die Römer kamen zum Erobern der/einer Stadt (im Deutschen Genitiv; wessen?); bessere Übersetzung: Sie kamen, um sie zu erobern: Der Römer fragt bei erobern wen oder was? Daher steht im Lateinischen der Akkusativ: oppidum ≈ die Stadt. 2.) Es kann aber auch Gerundīvum sein: Die Römer kamen zu der zu erobernden Stadt, zu der/einer Stadt, die erobert werden musste/sollte ≈ die Römer kamen, um sie zu erobern. In beiden Fällen kommen wir zur gleichen Übersetzung mit um ... zu. Wahrscheinlich hätte ein Römer über unsere Grammatik gestaunt... Gerundīvum mit dem Dativ der Person (Kombinationsmodell) Dativ der handelden Person Neutrum des Gerundivums Übersetzung wörtlich Übersetzung frei textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 159 mihī laudandum est tibī audiendum est e-ī / illī / huic tacendum est sibī* nōbis vōbis e-īs / illīs / hīs sibī* legendum est capiendum est pugnandum est mir ist es ein zu Lobendes ich muss/soll loben dir ist es ein zu Hörendes du musst/sollst hören ihm, ihr, ihm ist es ein zu Schweigendes er, sie, es muss schweigen – er selbst*/persönl.* soll schweigen uns ist es ein zu Lesendes wir müssen/sollen lesen euch ist es ein zu Fangendes ihr müsst fangen ihnen ist es ein zu Fangendes sie müssen fangen sie selbst*/pers. sollen fangen *) Bei der dritten Person unterscheiden wir zwischen reflexiv (sibī ≈ Singular und Plural in einem Wort) und nicht reflexiv: e-ī usw. (Singular) und e-īs usw. (Plural). Dazu folgende Beispiele: 1.) Marcus credit sibī tacendum esse ≈ Marcus glaubt, er (persönlich) müsse schweigen (a.c.i.); also: Markus muss schweigen! Er selbst/er persönlich! Das ist reflexiv gemeint. 2.) Marcus credit: e-ī (oder illī; huic; istī) tacendum est ≈ M. glaubt: Er/sie/es muss schweigen (Hauptsatz); damit sind andere Personen gemeint, nicht Markus, z.B. Luciō, Iuliae et monstrō (m. / f. / n.) tacendum est ≈ Lucius, Julia und das Monster müssen schweigen. 3.) Romānī credunt sibī pugnandum esse ≈ die Römer glauben, sie (sie selbst/persönlich) müssten kämpfen (a.c.i.); also sollen die Römer selbst kämpfen, sonst niemand ≈ reflexiv! 4.) Romānī credunt e-īs; illīs; hīs pugnandum esse ≈ die R. glauben, sie (das sind andere und keine Römer) müssten kämpfen (a.c.i.), z.B. Gallīs pugnandum esse ≈ (wörtlich) ..., dass es den Galliern ein zu Kämpfendes sei; dass die Gallier kämpfen müssten; die G. müssten k. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 160 Das verneinte Gerundivum ≈ nicht dürfen 1.) Dē gustibus nōn est disputandum. Über die Geschmäcker ist es ein nicht zu Diskutierendes. Über Geschmäcker darf – kann man nicht diskutieren. »Geschmacksache«, sprach der Affe und biss in die Seife. 2.) Magistrīs nōndum discipulōs verberandum est. Den Lehrern ist es ein die Schüler nicht mehr zu Verprügelndes. Lehrer dürfen Schüler nicht mehr verprügeln. 3.) Discipulīs examen absolventibus codicēs vicinōrum nōn sunt inspiciendae: Den eine Prüfung ablegenden Schülern sind die Hefte der Nachbarn keine zu inspizierenden – Schüler dürfen bei einer Prüfung nicht in die Hefte der Nachbarn Einblick nehmen – sie dürfen nicht spicken. Arion Arīon, clārus fidicēn Graecus, diu apud tyrannum Corinthī vixerat. 2 Aliquandō cupidō in Italiam navigandī eum incessit, ut clārās urbēs viseret. 3 Ibī cantandō maximās pecuniās brevī tempore habuit. 4 Tum desidērio patriae iterum visendae adductus Corinthum remigrāre constituit. 5 Nautās Corinthiōs delēgit. 6 Iī autem in altō marī navigantēs consilium Arionis interficiendī in-iērunt, ut pecuniam eī raperent. 7 Arion eōrum consilia mala cognoscens nautās implorāvit, nē sē interficerent. 8 At nautae pecūniam eius rapere cupientēs constituērunt Arionem in mare praecipitāre. 9 Arion orāvit ut sibī licērent carmen ūnum cantāre, priusquam sē in mare praecipitārent. 10 Huic desideriō nautae assensum dedērunt. 11 Deinde Arion sē ipsum in mare praecipitāvit. 12 Delphīnus autem carmine pulchrō Arionis allectus ad-natāvit eumque dorsō suō ad oppidum Taenarum portāvit. 13 Inde Arion Corinthum petīvit et tyrannō dē nautārum improbitāte narrāvit. 14 Paulō post nautae malī Corinthum venērunt. 15 A tyrannō interrogāti sunt, quid dē Arione audivissent. 16 Nautae respondērunt: »Arion in Italia est et valet.« 17 At inter haec verba Arion intrāvit. 18 Tyrannus dixit: »Malīgnī nautae morte sunt puniendī«. Nautae morte affectī sunt. 19 Ad Taenarum autem antiquīs temporibus monumentum Arionis erat: Artifex delphīnum hominem dorsō portantem fēcerat. Grammatische Erläuterungen: 2 cupido Italiam navigandī (Gerundium): die Lust des nach Italien Fahrens ≈ die Lust, nach Italien zu fahren 3 can- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 161 tandō (Gerundium): durch Singen 4 desiderium patriae visendae ≈ die Sehnsucht nach dem zu besuchenden Vaterland (Genitivus obiectivus mit Gerundivum) ≈ die Sehnsucht, die Heimat zu besuchen. 5 consilium Arionis interficiendī ≈ der Plan des zu tötenden Arions (Gerundivum) ≈ der Plan, Arion zu töten 7 Arion ... cognoscens (Participium coniunctum; gesperrter Ausdruck) ≈ der ... erkennende Arion... 8 ebenso: nautae ... cupientes ≈ die ... wollenden Seeleute; beachte: nauta ist maskulin (natürliches Geschlecht); also: nauta malus ≈ der böse Seemann 9 sibī ≈ ihm: reflexiv; bezieht sich auf Arion zurück; ebenso sē ≈ ihn. 12 Delphīnus ... allectus ≈ der ... herbeigelockte Delphin; Participium coniunctum wie in Satz 7 18 nautae sunt puniendī ≈ die Seeleute sind zu bestrafende (Gerundivum) ≈ müssen bestraft werden. 19 delphīnum ... portantem ≈ den ... tragenden Delphin (Participium coniunctum wie in Satz 7 und Satz 12). Übersetzungshilfen: Arīon: Name – clārus, a, um: berühmt – fidicēn: Sänger – diu: lange – apud: bei – tyrannus: Herrscher – Corinthus: Korinth – vivere, vixī: leben 2 aliquandō: einmal – cupido, dinis: Lust – navigāre: segeln – incēdere, incessī: eindringen – urbs: Stadt – vīsere: besichtigen 3 ibī: dort – maximus, a, um: größter – pecunia: Geld – brevī tempore: in kurzer Zeit 4 tum: dann – desidērium: Verlangen – ad-ducere, duxī, ductum: veranlassen – remigrāre: zurückgehen – constituere, constituī, constitūtum: bschließen. 5 deligere, delēgī delectum: auswählen 6 in altō marī: auf hoher See – consilium inīre: Plan fassen – interficere, fēcī, fectum: töten – rapere, rapiō, rapuī: rauben 7 cognoscere, cognōvī, cognitum: erkennen – implorāre: anflehen 8 constituere, constituī, constitūtum: beschließen – praecipitāre: stürzen 9 orāre: bitten – carmen, carminis n.: Lied – priusquam: bevor 10 desidērium: Wunsch – assensus, ūs: Zustimmung 11 deïnde: dann 12 allectus, a, um: angelockt – ad-natāre: herbeischwimmen – dorsum: Rücken – Taenarus: Name – portāre: tragen 13 improbitas: Schlechtigkeit – narrāre: erzählen. 14 paulō post: kurz darauf 16 valēre: gesund sein 18 malīgnus, a, um: bösartig – punīre: bestrafen – mors, mortis: Tod – afficere, afficio, affēcī, affectum: versehen mit 19 monumentum: Denkmal – artifex: Künstler Übersetzung: Arion, ein berühmter griechischer Sänger, hatte lange Zeit beim Herrscher von Korinth gelebt. 2 Eines Tages überkam ihn die Lust, nach Italien zu reisen, um berühmte Städte zu besichtigen. 3 Dort besaß er durch Singen in kurzer Zeit größte Gelder. 4 Dann, vom Verlangen, die Heimat wieder zu sehen, ergriffen, beschloss er, nach Korinth zurückzugehen. 5 Er wählte korinthische Seeleute aus. 6 Diese aber, auf hoher See segelnd, fassten den Plan, Arion zu ermor- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 162 den, um sein Geld zu rauben. 7 Arion, deren Pläne erkennend, flehte die Seeleute an, ihn nicht zu töten. 8 Aber die sein Geld rauben wollenden Seemänner beschlossen, Arion ins Meer zu stürzen. 9 Arion bat, dass sie ihm erlaubten, ein einziges Lied zu singen, bevor sie ihn ins Meer stürzten. 10 Diesem Verlangen gaben die Seemänner ihre Zustimmung. 11 Darauf stürzte sich Arion selbst ins Meer. 12 Ein Delphin aber, von Arions schönem Lied herbeigelockt, schwamm herbei und trug ihn auf seinem Rücken zur Stadt Tainaron. 13 Von dort ging Arion nach Korinth und erzählte dem Herrscher von der Schlechtigkeit der Seeleute. 14 Bald darauf kamen die bösen Seeleute nach Korinth. 15 Sie wurden vom Herrscher gefragt, was sei von Arion gehört hätten. 16 Die Seeleute antworteten: »Arion ist in Italien; es geht ihm gut.« 17 Aber während dieser Worte trat Arion ein. 18 Der Herrscher sagte: »Die bösartigen Seemänner müssen mit dem Tode bestraft werden.« Die Seeleute wurden mit dem Tode bestraft. 19 Bei Tainaron aber war in alten Zeiten ein Denkmal des Arion: Der Künstler hatte einen Delphin gemacht, der auf dem Rücken einen Menschen trug (einen ... tragenden D.). Die Partizipien in Überblick und Vergleich 1. Das Partizip (Präsens) Aktiv der Gleichzeitigkeit (PGA/PPA) a-Konjugation laudans laudantis laudantī laudantem, laudans* laudante Casus Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ e-Konjugation monens monentis monentī monentem, monens* monente laudantēs, laudantia** laudantium*** laudantibus laudantēs, -ntia laudantibus Nominativ monentēs, monentia Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ monentium*** monentibus monentēs, monentia monentibus i-Konjugation audiens audientis audientī Casus Nominativ Genitiv Dativ konson. Konjugation legens legentis legentī textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 163 audientem, audiens* audiente Akkusativ Ablativ legentem, legens* legente audientēs, audientia** audientium*** audientibus audientēs, audientia audientibus Nominativ legentēs, legentia Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ legentium*** legentibus legentēs, legentia legentibus *) Das PGA/PPA hat nur eine Endung für m. / f. / n. – aber Nominativ und Akkusativ Neutrum sind immer gleich. **) Das PGA/PPA hat in Nominativ und Akkusativ Neutrum Plural die Endung -ntia; von der i-Deklination. ***) Das PGA/PPA hat im Genitiv Plural m. / f. / n. die Endung -ntium; ebenfalls von der i-Deklination. Regel: Das PGA ist immer Ausdruck der gleichen Zeit: Rusticus arāns cantat / cantāvit ≈ der Bauer pflügt singend – hat singend gepflügt: Singen und das Pflügen erfolgen gleichzeitig; man könnte also auch sagen: Der Bauer singt pflügend; hat pflügend gesungen, aber im Partizip steckt eher die Nebenhandlung; in unserem Fall: Das Pflügen ist seine eigentliche Aufgabe, das Singen eine fröhliche Dreingabe. PGA mit Ablativ – sog. ablativus absolutus Aktiv Regel: Auf die Frage wann steht der reine (präpositionslose) Ablativ. Von dieser Regel ausgehend setzen wir den rusticus arāns – den pflügenden Bauern in den Ablativ und fragen uns etwa folgendes: Wann erscheinen seine Freunde; wann erschienen sie? Wann sind sie erschienen? Wann waren sie erschienen? Wann werden sie erscheinen? Rusticō arante amīcī appārent / amīci apparu-ērunt/apparuerant / apparēbunt: Während der Bauer pflügt / pflügte, erscheinen / erschienen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 164 seine Freunde, waren seine Freunde erschienen, werden sie erscheinen. Je nach Textzusammenhang kann während auch durch andere Konjunktionen ersetzt werden: wenn / weil / obwohl; dazu diese Beispiele: Romānīs Galliam intrantibus Gallī arma cepērunt ≈ während / als / weil die Römer Gallien betraten, ergriffen die Gallier die Waffen. b.) Lupīs in vīcum penetrantibus rusticī fugiunt / fugērunt/fugient ≈ während / als / weil /wenn die Wölfe ins Dorf eindringen / eindrangen, fliehen / flohen die Bauern / werden die Bauern fliehen. c.) Magistrīs apparentibus discipulī tacent / tacēbant /tacēbunt ≈ während / als / weil / wenn / (hehehe!) obwohl die Lehrer erscheinen / erschienen, schweigen / schwiegen die Schüler/ werden sie schweigen. d.) Magistrīs apparentibus discipulī procācēs fenestram saxō delevērunt ≈ während / als / obwohl die Lehrer erschienen, zerstörten die unverschämten Schüler das Fenster mit einem Stein. a.) e.) Alexandrō Magnō ad Issum veniente rex Persarum magnō exercitū impetum in Graecōs fēcit ≈ während / als Alexander d. Gr. nach Issos kam, machte der König der P. mit seinem gr. Heer einen Angriff. f.) Cuniculīs in hortum penetrantibus et holera vorantibus hortulānus nihil agens rīsit ≈ während / als / obwohl die Kaninchen in den Garten eindrangen und das Gemüse fraßen, lachte der nichts machende Gärtner ≈ machte der Gärtner nichts und lachte (auch noch)... g.) Rhēnō fluviō agrōs inundante accolae nōn fugērunt ≈ obwohl der (Fluss) Rhein die Felder überschwemmte, flohen die Anwohner nicht. h.) Rhenō Coloniam inundante multī incolae (incola ist maskulin; natürliches Geschlecht) omnia bona amisērunt ≈ während / als / weil der Rhein Köln überschemmte, verloren viele Einwohner alle Besitztümer ≈ allen Besitz; ihr gesamtes Hab und Gut. i.) Philosophīs philosophiam docentibus nemo auscultat ≈ während / wenn die Philosophen Philosophie lehren, hört niemand zu. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 165 k.) Aliis hominibus philosophiam docentibus nemo auscultat ≈ während / auch wenn, selbst wenn andere Leute Philosophie lehren, hört niemand zu. l.) Gubernatōribus re-ī publicae loquentibus multī rīdent ≈ während / wenn / weil Leiter des Staates (Politiker) sprechen, lachen viele. m.) Gubernatoribus re-ī publicae forte nullās oratiōnēs habentibus cunctī / omnēs stupent ≈ wenn die Leiter des Staates / die Politiker zufällig (einmal) keine Reden halten, staunen alle. n.) Duōbus litigantibus tertius gaudet ≈ wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. o.) Magistrō maximē saeviente nemō obtemperāvit – obwohl der Lehrer aufs Heftigste tobte, gehorchte niemand (warum denn auch). p.) Magistrō maximē saeviente subitō omnēs obtemperāvērunt – weil der Lehrer aufs Heftigste tobte, gehorchten plötzlich alle (na sowas). q.) Magistrō maximē saeviente omnēs statim parent, annōn – wenn der Lehrer aufs Heftigste tobt, gehorchen alle sofort, oder auch nicht. r.) Discipulīs Gymnasiī omnēs fenestrās saxis delentibus dominus director vehementer rīsit – obwohl die Schüler alle Fenster des Gymnasiums mit Steinen zerstörten, lachte der Herr Direktor heftig. Der nominale Ablativus absolutus der Gleichzeitigkeit Weil das Verbum esse kein PGA/PPA besitzt, kann man auch nicht auf die obige Weise den Ablativus Absolutus mit esse bilden ≈ während irgendjemand irgendetwas ist / war / sein wird. Die Römer machen es sich da einfach und stellen das schlichte Nomen (Substantiv/Adjektiv) in den Ablativ und denken sich das fehlende Partizip dazu; hier Beispiele: Caesare duce ≈ als Caesar Führer war, unter Caesars Führung – Antoniō Romanōrum cōnsule ≈ als Antonius Konsul der Römer war, unter dem Konsulat des Antonius – dominō Molitōre directore ≈ als Herr Müller Direktor war – Vespasiāno Caesare Augustō ≈ als Vespasianus Kaiser Augustus war, unter dem Kaiser Vespasian – Domitiānō Vespasiānī filiō tyrannō ≈ als Vespasians Sohn Domitianus Gewaltherrscher war ≈ unter der textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 166 Gewaltherrschaft des Domitianus – Caesare et Bibulō consulibus – als Caesar und Bibulus Konsuln waren ≈ unter dem Konsulat des Caesar und des Bibulus: Weil Herr Bibulus (auf Deutsch: Trinker; Säufer) aber gar nichts zu sagen hatte, spöttelten die Römer so: Iuliō et Caesare consulibus – als Julius und Caesar Konsuln waren; unter dem Konsulat von Julius und Caesar. 2.) Das Partizip (Perfekt) Passiv (PVP/PPP) der Vorzeitigkeit A: laudātus, a, um ≈ gelobt (worden); einer, der gelobt wor- den ist E 1: monitus, -a, -um ≈ gemahnt (worden), einer, der … ist E 2: delētus, -a, -um (und flētus, a, um – plētus, a, um) I: audītus, -a, -um ≈ gehört (worden); einer, der gehört wor- den ist I-kurvokalisch: z.B. captus, -a, -um ≈ gefangen (worden) K: lectus, -a, -um ≈ gelesen (worden); einer, der gelesen wor- den ist. Zum Gebrauch des PVP/PPP Das PVP/PPP kann als passives vorzeitiges Verbal-Adjektiv sowie mit Hilfe von esse ≈ sein zur Konjugation der Tempora (Zeiten) Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II. (Perfekt-Futur) Passiv verwendet werden. Dazu im Folgenden Beispiele: a.) Das PVP/PPP als Adjektiv: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 167 Oppidum expugnātum ardet / ardēbat ≈ die eroberte Stadt brennt / brannte: wörtliche Übersetzung, d.h. das lateinische Partizip wird durch das gleiche deutsche Partizip Perfekt Passiv der Vorzeitigkeit ersetzt; man kann das PVP/PPP aber auch mit Nebensätzen übersetzen:) Nachdem – weil die Stadt erobert wurde / worden war, brennt / brannte sie (Temporalsatz; Kausalsatz); Die Stadt, die erobert wurde / worden war, brennt / brannte (Relativsatz). Nach der Eroberung... (Substantivischer Ausdruck); oppidum expugnātum nōn ardet / ardēbat ≈ Obwohl die Stadt ... brannte sie nicht (Konzessivsatz bei innerem Gegensatz). Merke: Man muss immer darauf achten, dass der Nebensatz vorzeitig zum Hauptsatz ist; in unserem Beispiel: zuerst die Eroberung; dann, danach erst das alles zerstörende Feuer! b.) Das Perfekt Passiv, gebildet aus dem PVP/PPP + sum, es, est... laudātus, a, um / monitus, a, um / audītus, a, um / lectus, a, um sum – es – est. ich bin, du bist, er/sie/es ist gelobt, gemahnt, gehört, gelesen worden laudātī, ae, a / monitī, ae, a / audītī, ae, a / lectī, ae, a sumus – estis – sunt. wir sind / ihr seid / sie sind gelobt, gemahnt, gehört, gelesen worden c.) Plusquamperfekt Passiv aus PVP/PPP + eram, erās, erat... laudātus, a, um / monitus, a, um / audītus, a, um / lectus, a, um eram – erās – erat ich war, du warst, er... war gelobt, gemahnt, gehört, gelesen worden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 168 laudātī, ae, a / monitī, ae, a / audītī, ae, a / lectī, ae, a erāmus – erātis – erant wir waren, ihr wart, sie waren gelobt, gemahnt, gehört, gelesen worden d.) Futur II. Passiv (Perfektfutur) aus PVP/PPP + erō, eris, erit... laudātus, a, um / monitus, a, um / audītus, a, um / lectus, a, um erō – eris – erit ich werde, du wirst, er/sie/es wird gelobt, gemahnt, gehört, gelesen worden sein* laudātī, ae, a / monitī, ae, a / audītī, ae, a / lectī, ae, a erimus – eritis – erunt wir werden, ihr werdet, sie werden gelobt, gemahnt, gehört, gelesen worden sein* *) wörtliche Übersetzung; im Zusammenhang muss ein gefälligeres Deutsch gesucht werden, z.B.: Sī laudātus erō, gaudēbō ≈ (wörtlich) wenn ich gelobt worden sein werde, werde ich mich freuen ≈ wenn man mich lobt / gelobt hat / loben wird, freue ich mich / werde ich mich freuen. Futur II. ist immer vorzeitig zu Futur I. In unserem Beispielsatz: zuerst das Lob, dann die Freude (logisch). e.) Infinitiv (Perfekt) Passiv der Vorzeitigkeit, unpersönlich: laudātum esse / monitum esse / audītum esse / lectum esse ≈ gelobt, gemahnt, gehört, gelesen (worden) sein laudātum esse iuvat ≈ gelobt (worden zu) sein, macht Freude f.) PVP/PPP nach wann ? im Ablativus absolutus der Vorzeitigkeit 1. Lupō necātō rusticī gaudent / gaudēbant ≈ nachdem (als/weil) der Wolf getötet worden ist / war, freuen / freuten sich die Bauern; über die Tötung des Wolfes freuen / freuten sich die Bauern: Wieder fragen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 169 wir mit wann; wann freuten sie sich? Nachdem der Wolf tot war! Also erst die Jagd, dann die Feier. Das PVP/PPP ist immer vorzeitig. 2. Lupīs necātīs rusticī gaudent / gaudēbant /gaudēbunt ≈ nachdem (als/weil/wenn) die Wölfe getötet worden waren/sind... s.o. 3. Galliā expugnātā Caesar Rōmam redi-it ≈ nachdem, als, weil Gallien erobert worden war, kehrte Caesar nach Rom zurück; nach der Eroberung Galliens kehrte Caesar nach Rom zurück. 4. Casīs novīs aedificātīs rusticī de-īs immolavērunt ≈ nachdem / als / weil neue Hütten (casa ≈ Hütte) erbaut worden waren, opferten die Bauern den Göttern; nach dem Errichten neuer Hütten... 5. Scutō abiectō mīles fūgit ≈ nachdem der Schild weggeworfen war, floh der Soldat ≈ nachdem der Soldat seinen Schild weggeworfen hatte, floh er; er warf seinen Schild fort und floh dann. 6. Māgnō urbis Rōmae incendiō tandem exstinctō Romānī multōs mortuōs sepelivērunt ≈ nachdem / als der große Brand der Stadt Rom endlich gelöscht (exstinguere, exstinxī, exstinctum) worden war, beerdigten die Römer viele Tote. 7. Discipulīs ā magistrō severō linguae Latinae iterum atque iterum monitīs subitō director apparuit ≈ nachdem, als die Schüler vom strengen Lehrer der lateinischen Sprache wieder und wieder ermahnt worden waren, erschien plötzlich der Direktor. 8. Galliā planē victā atque Gallīs pacātīs Caesar minimē statuit Rōmam redīre ≈ obwohl Gallien gänzlich besiegt worden war und die Gallier unterworfen worden waren, beschloss Caesar, keineswegs nach Rom zurückzukehren. 9. Nuntiīs pācis ab hostibus missīs Caesar statuit, sibī noctū impetum esse faciendum (Gerundivum) ≈ obwohl Boten des Friedens von den Feinden geschickt worden waren, beschloss Caesar, ihm sei ein Angriff in der Nacht ein zu machender ≈ er müsse nachts angreifen. 10.Multīs poculīs potātīs Caesar dixit, sibī nōn iam potandum esse (Gerundivum) ≈ nachdem, als viele Becher getrunken waren, sagte Caesar, ihm sei es ein nicht mehr zu trinkendes ≈ er dürfe nichts mehr trinken; nachdem, als Caesar viele Becher geleert hatte, sagte er, er dürfe jetzt textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 170 nichts mehr trinken; nach Leeren vieler Becher sagte Caesar, er dürfe nichts mehr trinken: Sē esse ēbrium (a.c.i) – er sei betrunken. 11.Multīs poculīs potātīs Caesar equum conscendit et contra Helvetiōs equitāvit ≈ nachdem / obwohl viele Becher getrunken worden waren, stieg Caesar aufs Pferd und ritt gegen die Helvetier ≈ nachdem / obwohl Caesar viele Becher geleert hatte, stieg er auf sein Pferd und... 12.Impetū nocturnō factō Helvetiī ā Romānīs caesī sunt (caedere, caesī, caesum ≈ niedermachen, abschlachten) ≈ nachdem der / ein nächtliche(r) Angriff erfolgt war, wurden die Helvetier von den Römern niedergemacht; nach Durchführen des / eines nächtlichen Angriffs...; die Römer griffen nachts an und erschlugen die Helvetier. 13.Caesar maximīs bellīs confectīs copiās in hiberna duxit ≈ nachdem die größten Kriege beendet worden waren, führte Caesar die Truppen ins Winterlager ≈ nachdem Caesar ... hatte, führte er... 14.Germānī armīs abiectīs trāns Rhēnum in Germāniam fugērunt ≈ nachdem die Waffen weggeworfen worden waren, flohen die Germanen über den Rhein nach Germanien ≈ nachdem die Germanen ihre Waffen weggeworfen hatten, flohen sie...; die Germanen warfen die Waffen weg und flohen über den Rhein. 15.Caesar rē frumentāriā comparātā castra mōvit ≈ nachdem die Getreide-Sache ≈ der Proviant besorgt worden war, bewegte Caesar das Lager ≈ marschierte Caesar weiter ≈ nachdem Caesar sich mit Proviant eingedeckt hatte, ließ er die Truppen weitermarschieren; Caesar versorgte sich mit Proviant und marschierte dann weiter. 16.Castrīs hostium expugnatīs bellum erat finītum ≈ nachdem / weil / als das Lager der Feinde erobert worden war, war der Krieg beendet; nach der Einnahme des Lagers fand der Krieg sein Ende, oder? Castrīs hostium expugnatīs bellum nōndum erat finītum: Obwohl das Lager der Feinde eingenommen war, war der Krieg noch nicht beendet; trotz der Eroberung des feindlichen Lagers... Das Partizip Futur Aktiv (PNA/PFA) der Nachzeitigkeit Das PNA/PFA als Ausdruck der Nachzeitigkeit wird aus dem Stamm des PVP/PPP oder des Supinums entwickelt, also aus den Grundformen lau- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 171 dātum / monitum / audītum / lectum. Die Endung -um wird dabei durch die Endung -ūrus, ūra, ūrum ersetzt: laudatūrus, ūra, ūrum; monitūrus, ūra, ūrum; auditūrus, a, um; lectūrus, a, um ≈ loben, mahnen, hören, lesen werdend einer / jemand, der loben, mahnen, hören, lesen wird, oder, der gerade loben ... will eine, die loben, mahnen, hören, lesen wird, die gerade loben... will eines, das loben… wird, das gerade loben... will Das PNA ist Ausdruck der unmittelbar bevorstehenden Zukunft 1. Miles pugnatūrus pīlō ab inimīcō iactō necātur / necātus est ≈ der gerade kämpfen wollende Soldat wird / wurde durch einen vom Feind geschleuderten Speer getötet ≈ Gerade wollte der Soldat kämpfen, aber da ... ≈ als der Soldat gerade kämpfen wollte, wurde er... 2. Magister intratūrus discipulōs fenestram delēre videt ≈ der eintreten wollende Lehrer sieht die Schüler das / ein Fenster zerstören ≈ als der Lehrer eintreten will... ≈ beim Eintreten... 3. Vidēmus magistrum intratūrum ≈ wir sehen den eintreten wollenden Lehrer; den L., der gerade eintreten will; den L. beim Hereinkommen. 4. Magistrō intratūrō terrēmur ≈ durch den gerade eintreten wollenden Lehrer... ≈ vom Lehrer, der gerade eintreten will, werden wir erschreckt, vor ihm haben wir Angst... 5. In ancillam gallīnīs pabulum datūram gallus impetum fēcit ≈ auf die den Hühner Futter geben wollende Magd machte der Hahn einen Angriff ≈ der Hahn griff die Magd an, als sie gerade den Hennen das Futter streuen wollte. 6. Georgius fortis dracōnī advolatūrae pīlō restitit ≈ der tapfere Georg leistete dem anstürmen wollenden Drachen mit dem Speer Wiederstand ≈ als der Drache (gerade) anstürmen wollte, leistete ihm der tapfere Georg (genannt: der Drachentöter) mit dem Speer Wiederstand... und brachte den letzten noch lebenden Drachen um, die rote Liste missachtend. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 172 Das PNA in der umschreibenden Konjugation mit esse laudat- ūrus, monit- ūrus, audit- ūrus, lect- ūrus, laudat- ūrī, monit- ūrī, audit- ūrī, lect- ūrī, a, a, a, a, um um um um ae, a ae, a ae, a ae, a sum sum sum sum – – – – sumus sumus sumus sumus es es es es – est – est – est – est – estis – estis – estis – estis – – – – –– –– –– –– – erās – erās – erās – erās – – – – erat erat erat erat erāmus erāmus erāmus erāmus – – – – erātis erātis erātis erātis eram eram eram eram sunt sunt sunt sunt –– –– –– –– – – – – erant erant erant erant ich bin/war ein loben wollender ≈ ich will/wollte loben, mahnen... du willst/wolltest (gerade) loben, mahnen, hören, lesen er/sie/es will/wollte (gerade) loben, mahnen, hören, lesen wir wollen/wollten (gerade) loben, mahnen, hören, lesen ihr wollt/wolltet (gerade) loben, mahnen, hören, lesen sie wollen/wollten (gerade) loben, mahnen, hören, lesen 1. Miles pugnatūrus erat, cum pilō ab inimīcō iactō necātus est ≈ der Soldat wollte gerade kämpfen, da wurde er durch einen vom Feind geschleuderten Speer getötet. 2. Magistra intratūra est, cum discipulās fenestram delēre videt ≈ die Lehrerin will gerade eintreten, da sieht sie die Schülerinnen das / ein Fenster zerstören – wie die Schülerinnen es zerstören. 3. Ancilla gallīnīs pabulum datūra erat; subitō gallus impetum in eam fecit ≈ Die Magd wollte den Hennen gerade das Futter geben; plötzlich machte der Hahn einen Angriff auf sie, griff er sie an. 4. Draco advolatūra erat; eam eques fortis minimē timuit ≈ Der Drache war schon dabei anzustürmen; stürmte soeben an; er wollte gerade anstürmen; doch der tapfere Ritter fürchtete ihn keineswegs. 5. Feriae adventūrae erant ≈ die Ferien waren dabei zu kommen ≈ es war kurz vor Ferienbeginn: Ferias adventūrās maximē diligimus ≈ die gerade heran kommenden Ferien lieben wir sehr. 6. Tonitrus imbrēs ventūrōs indicat ≈ der Donner kündet gerade kommen wollende; werdende ≈ unmittelbar bevorstehende Regenfälle an. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 173 König Midas (Ablativus absolutus grün; PGA und PVP blau) 1 Silēnum titubantem annīs vinōque aliquandō agricolae ad rēgem Mīdam duxērunt. 2 Quī adventū Silēnī cognitō per decem diēs noctēsque festum agere constituit. 3 Deinde Silēnum deō Bacchō ab eō educātō reddidit. 4 Tum Bacchus Silēnō receptō Midae permīsit, ut aliquid optāret. 5 Sed rex ardens cupiditāte divitiārum stultā clamāvit: »Effice, ut omnia, quae tetigerō, in aurum vertātur«. 6 Deus haec Midae permīsit. 7 Rex virgam de arbore detractam manibus tenuit, quae statim aurea facta est. 8 Etiam saxa, frumentum, omnia, quae tetigit, in aurum mutāta sunt. 9 Etiam sella rēgis aurea facta est. Rex gaudiō exsultābat. 10 Sed, eheu! etiam cibī, quōs Midas edere voluit, aureī factī sunt, ubī ōs vel dentēs rēgis eōs tetigērunt. 11 Territus nunc rex stultitiam intellexit. 12 Stultitiā intellectā manūs ad caelum tendens deum Bacchum orāvit, ut sē (Reflexivpronomen: ihn, den Midas) dōnō malō liberārētur. 13 Deus e-ī respōndit: »Vade ad Pactolī flūminis fontem! Ibi corpus demerge! 14 Corpore aquīs submersō malum effugiēs«. 15 Midas mandatō acceptō corpus in flumen demersit. 16 Tum vīs aurea in flumen cessit. 17 Antīquīs temporibus illud flumen multum aurī secum duxit. Silēnus: Name; Lehrer des Gottes Bacchus – titubāre: schwanken – aliquandō: einst – rex, rēgis: König – Midas, Midae m.: Name eines Königs – ducere, duxī, ductum: führen 2 quī (relativer Anschluss): dieser – adventus, ūs: Ankunft – cognoscere, cognōvī, cognitum: erkennen – per decem diēs noctēsque: zehn Tage und Nächte lang – festum agere: ein Fest veranstalten – constituere, constituī, constitūtum: beschließen, festsetzen 3 de-inde: dann – educāre: erziehen – reddere, reddidī, reditum: zurückgeben 4 recipere, recēpī, receptum: aufnehmen – permittere, permīsī, permissum: erlauben, gestatten – aliquid: irgendetwas – optāre: wünschen 5 ardēre: brennen – cupiditas, tātis: Gier – stultus, a, um: dumm – divitiae (f.Pl.): Reichtümer – clamāre: schreien – efficere, effēcī, effectum: bewirken – omnia, aurum: Gold – vertere: wenden, verwandeln 7 virga: Zweig – arbor: Baum – quae (n.P.): alles, was – tetigerō: Futur II. von tangere, tangō, tetigī, tactum: berühren – dētrahere, trahō, traxī, tractum: herunterholen – manus, ūs f.: Hand – tenēre: halten – statim: sofort – aureus, a, um: golden, aus Gold – facere, faciō, fēcī, factum: machen 8 saxum: Stein textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 174 – frumentum: Korn – omnia, quae (n. Pl.): alles, was – mutāre: verwandeln 9 sella: Stuhl, Sessel – gaudium: Freude – exsultāre: jubeln 10 eheu: ach – cibus: Speise – edere: essen – ubī: sobald; im Lat. mit Perfekt; in Deutschen mit Plusquamperfekt – ōs, ōris n.: Mund – dens, dentis m.: Zahn 11 terrēre: erschrecken – stultitia: Dummheit – intellegere, lexī, lectum: erkennen 12 caelum: Himmel – tendere, tetendī, tentum: strecken – orāre: bitten – dōnum: Geschenk – liberāre: befreien 13 respondēre: antworten – vadere: gehen – fons, fontis m.: Quelle – dēmergere: untertauchen 14 submergere, mersī, mersum: untertauchen – malum: das Übel – effugere, effugiō, effūgī: entkommen 15 mandatum Auftrag – accipere, cipiō, cēpī, ceptum; annehmen, vernehmen 16 vīs: Kraft – aureus, a, um: golden – cedere, cessī: gehen 17 antīquus, a, um: alt Den durch die Jahre ≈ sein Alter und den Wein schwankenden Silenus führten einst Bauern zu König Midas. 2 Dieser beschloss, nachdem die Ankunft des Silenus erkannt worden war ≈ nachdem er seine Ankunft zur Kenntnis genommen hatte, zehn Tage und Nächte lang ein Fest zu machen ≈ zu feiern. 3 Dann gab er Silenus dem von diesem erzogenen Gott Bacchus zurück ≈ dem Gott Bacchus, der von ihm erzogen worden war 4 Darauf erlaubte Bacchus, nachdem Silenus aufgenommen worden war ≈ nachdem er S. wieder bei sich aufgenommen hatte dem Midas, dass er sich etwas wünschte ≈ sich etwas zu wünschen. 5 Aber der König, brennen vor Gier nach Reichtümern ≈ der vor Gier nach Geld nur so brannte, schrie: Bewirke ≈ mache, dass alles, was ich berührt haben werde ≈ ich berühre, in Gold verwandelt wird. 6 Dies erlaubte der Gott dem Midas. 7 Der König hielt einen von einem Baum gezogenen Zweig in Händen ≈ hielt einen Zweig in Händen, den er von einem Baum heruntergeholt hatte: Dieser / er ist sofort zu Gold geworden. 8 Auch Steine, Getreide, alles, was er berührte, wurde zu Gold verwandelt. 9 Selbst der Sessel des Königs wurde zu Gold verwandelt. Der König jubelte vor Freude. 10 Aber, ach! Auch die Speisen, die Midas essen wollte, wurden zu Gold, sobald Mund oder Zähne des Königs sie berührt hatten. 11 Entsetzt erkannte der König jetzt seine Torheit. 12 Nachdem die Dummheit erkannt war ≈ nachdem er sie erkannt hatte, die Hände zum Himmel hebend ≈ hob er seine Hände zum Himmel und bat den Gott Bacchus, dass er von dem schlimmen Geschenk befreit würde ≈ ihn vom bösen Geschenk zu befreien. 13 Der Gott antwortete ihm: »Gehe zur Quelle des Flusses Paktolus! Tauche dort deinen Körper ein! 14 Nachdem der Körper in den Wassern untergetaucht worden ist ≈ wenn du deinen Körper im Wasser untertauchst, wirst du dem Üben entfliehen ≈ entkommst du dem Übel.« 15 Nachdem der Auftrag angenommen worden war, tauchte Midas ≈ Nachdem Midas den Auftrag angenommen hatte, tauchte er seinen Körper in den Fluss. 16 Da ging die Goldkraft in den Fluss über. 17 In alten Zeiten führte dieser Fluss viel des Goldes ≈ viel Gold mit sich. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 175 Akkusativ mit Infinitiv – accusativus cum infinitivo – a.c.i. Einführung: Der a.c.i. war früher eine weit verbreitete Konstruktion, die aber in den modernen Sprachen weitgehend ausgestorben ist. Darin besteht also das Problem beim Übersetzen lateinischer Texte: Der a.c.i. kommt häufig vor und kann meist nicht wörtlich wiedergegeben werden. Dennoch kennt auch das Deutsche oder Englische noch Reste davon: Subjekt Markus Markus Marcus Marcus Prädikat hört sieht expects wants Akkusativ den Vogel den Freund him him Infinitiv singen kommen to come to work Markus hört den Vogel singen ≈ hört, wie/dass der Vogel singt Markus sieht den Freund kommen ≈ M. sieht, wie/dass der Fr. kommt Markus erwartet, dass er kommt – Markus wünscht, dass er arbeitet. Lord Nelson: England expects erverybody to do his duty – England erwartet, dass jeder seine Pflicht tut. Im Deutschen steht der a.c.i. nach Verben der Wahrnehmung. Im Englischen steht der a.c.i. nach wenige Verben wie to want; to expect. Wie wir bereits an den obigen Beispielen gesehen haben, ersetzt der a.c.i. einen jeweiligen Nebensatz; der a.c.i. ist damit im Satzgefüge ein Objekt (≈ ein Satzteil) auf die Frage (z.B.) wen oder was hört Markus, was erwarten Markus und England? Wenn wir den a.c.i. durch einen Dass-Satz ersetzen, sollten wir wissen, dass der Satzteil a.c.i. damit durch einen Objektsatz ersetzt / übersetzt / wiedergegeben wird / werden kann / werden muss (je nach Zusammenhang). Der Akkusativ des a.c.i wird im Dass-Satz zum Subjekt – er ist ein Subjekts-Akkusativ. Der zugehörige Infinitiv enthält eine vollständige Handlung, z.B. indem der Vogel ja tatsächlich singt usw. Wir könnten ihn Prädikats-Infinitiv nennen. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 176 Der a.c.i. nach Verben der Wahrnehmung: a.) mit Infinitiv der Gleichzeitigkeit Aktiv Subjekt Prädikat Marcus audit – videt audīvit – vīdit hört – hörte sieht – sah Akkusativ Infinitiv avem amīcum den Vogel den Freund dass der Vogel dass der Freund cantāre* venīre* singen kommen singt kommt *) ...nicht vergessen: Der sog. Infinitiv Präsens ist Ausdruck der Gleichzeitigkeit: Wenn Markus die Ohren aufsperrt, hört er im selben Moment den Vogel singen usw. Sollten wir Wort für Wort übersetzen und keinen Dass-Satz verwenden, fällt uns kein Unterschied auf; der lateinische a.c.i. wird nämlich zum deutschen a.c.i. Was aber ist, wenn wir von etwas hören usw., das schon früher geschehen ist? Dazu die nächste Tabelle: b.) mit Infinitiv der Vorzeitigkeit Aktiv Subjekt Marcus Prädikat Akkusativ Infinitiv audit audīvit hört, hörte, amīcum amīcum dass der Freund der Freund venisse* venisse gekommen ist/sei. ist/sei gekommen. *) Jetzt verwenden wir den Infinitiv der Vorzeitigkeit (Perfekt) Aktiv, der immer vorzeitig zum Prädikat des Hauptsatzes (hier: audit – audīvit) ist. In diesem Fall besitzen wir im Deutschen keinen a.c.i. mehr und müssen zunächst den Dass-Satz verwenden (…, textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 177 dass der Freund gekommen ist), den man aber in einer zweiten Übersetzung vermeiden kann, wie oben zu sehen ist. c.) Der a.c.i. im Passiv nach Verben der Wahrnehmung c 1) Der a.c.i der Gleichzeitigkeit mit Infinitiv der Gleichzeitigkeit Subjekt Marcus amicī Freund e Prädikat Akkusativ Infinitiv audit audīvit hört hörte amīcum et amicam amīcōs et amicās dass der Freund/die Freundin dass die Freunde/Freundinnen vocārī gerufen wird gerufen wurde gerufen werden gerufen wurden vocārī vident vidērunt sehen sahen magistrōs et magistrās dass die Lehrer /Lehrerinnen gerufen werden gerufen wurden c 2) a.c.i. der Vorzeitigkeit (Bildung: PVP/PPP + esse): Kombi-Modell Satzkern Akkusativ Infinitiv magister videt magister vīdit Marcum dass Markus magistrī vīdent mag. vīdērunt Iuliam dass Julia magister audit mag. audīvit monstrum dass das Monster taurōs dass die Stiere laudātum – monitum esse gelobt – gemahnt worden ist/sei laudātam – monitam esse gelobt – gemahnt worden ist/sei laudātum – monitum esse gelobt – gemahnt worden ist/sei laudātōs – monitōs esse gelobt worden sind/seien magistrī audiunt textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 178 mag. audīvērunt Lehrer sieht, Lehrer sah, Lehrer sehen, Lehrer sahen, Lehrer hört, Lehrer hörte, Lehrer hören Lehrer hörten, gemahnt worden sind/seien caprās dass die Ziegen laudātās – monitās esse gelobt worden sind/seien gemahnt worden sind/seien monstra laudāta – monita esse dass dieMonster gelobt worden sind/seien gemahnt worden sind/seien Der Infinitiv Passiv der Vorzeitigkeit – Modell für den a.c.i. Bisher haben wir nur den unpersönlichen Infinitiv (Perfekt) Passiv der Vorzeitigkeit kennen gelernt: laudātum esse ≈ gelobt worden sein; monitum esse ≈ gemahnt worden sein; audītum esse ≈ gehört worden sein; lectum esse ≈ gelesen worden sein. Jetzt benötigen wir ihn für den a.c.i in maskulin, feminin, neutrum. Weil jedes Partizip wie ein Adjektiv benutzt wird, müssen wir das PVP/PPP (laudātus, a, um; monitus, a, um; audītus, a, um; lectus, a, um) aber in den Akkusativ stellen: In der Tabelle wird der Infinitiv Passiv der Vorzeitigkeit (Perfekt) in der oben geübten Form für den a.c.i. vorgestellt: a-Konj. e-Konj. i-Konj. kons. K. laudātum, -tam, -tum laudatōs, -tās, -ta monitum, -tam, -tum monitōs, -tās, -ta delētum, -tam, -tum delētōs, -tās, -ta audītum, -tam, -tum audītōs, -tās, -ta lectum, -tam, -tum lectōs, lectās, lecta esse ≈ laudatum, am, um esse esse ≈ laudatōs, ās, a esse esse ≈ monitum, am, um esse esse ≈ monitōs, ās, a esse esse ≈ delētum, am, um esse esse ≈ delētōs, ās, a esse esse ≈ audītum, am, um esse esse ≈ audītōs, ās, a esse esse ≈ lectum, am, um esse esse ≈ lectōs, ās, a esse textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 179 deutsch gelobt, gemahnt, zerstört, gehört, gelesen (worden) sein Regel: Der a.c.i steht im Lateinischen nach sämtlichen Verben des Sagens, Meinens, Glaubens, Denkens usw. Beispiele: dīcere, dīcō, dixī, dictum ≈ sagen, reden – vocāre ≈ rufen – clamāre ≈ schreien – existimāre und credere, credō, credidī, creditum ≈ glauben, halten für – cogitāre ≈ denken. a.) a.c.i der Gleicheitigkeit Aktiv nach Verben des Sagens... Marcus dicit, credit, cogitat* Romānī dicunt, credunt, cogitant Markus sagt, glaubt, denkt, Römer sagen, glauben, denken, Iulium Iuliam monstrum (dass) Julius, Julia, das Monster Marcus dixit, credidit, cogitāvit** Markus sagte, glaubte, dachte, Romānī dixērunt, credidērunt, cogitāvērunt Römer sagten, glaubten, dachten, Germanōs caprās monstra (dass) Germanen, die Ziegen, die Ungeheuer laborāre, delēre, salīre arbeitet, zerstört, springt arbeite, zerstöre, springe laborāre, delēre, salīre arbeiteten, zerstörten, hüpften *) und **): Sämtliche Sätze in der linken Spalte können mit jedem a.c.i. in der mittleren und rechten Spalte kombiniert werden. b.) Der a.c.i. der Vorzeitigkeit Aktiv nach Verben des Sagens... textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 180 Dieser a.c.i. wird mit dem Infinitiv (Perfekt) der Vorzeitigkeit Aktiv gebildet. Dieser Infinitiv ist immer Ausdruck der Vorzeitigkeit; die mit ihm ausgedrückte Handlung geschieht also vor der Handlung des eigentlichen regierenden Verbs (meist das Verb des Hauptsatzes). Die lateinischen Grund-Formen lauten (Wiederholung): a-Konjugation: laudāvisse; e-Konjugation: monuisse – delēvisse i-Konjugation: . audīvisse; kons Konjugation: z.B. lēgisse. Umseitig eine weitere Tabelle zum munteren Kombinieren Marcus dicit, credit, cogitat Markus sagt, glaubt, denkt, Romānī dicunt, credunt, cogitant Die Römer sagen, glauben, denken, Marcus dixit, credidit, cogitāvit Markus sagte, glaubte, dachte, Romānī dixērunt, credidērunt, -tāvērunt Die Römer sagten, glaubten, dachten, taurum capram monstrum laboravisse delevisse nocuisse mugivisse dass der Bulle dass die Ziege dass das Monster taurōs caprās monstra gearbeitet, zerstört, geschadet, gebrüllt habe laboravisse delevisse nocuisse mugivisse dass die Bullen, dass die Ziegen dass die Ungeheuer gearbeitet, zerstört, geschadet, gebrüllt hätten c.) a.c.i. der Gleichzeitigkeit Passiv nach Verben des Sagens... Mit Hilfe des Infinitiv Passiv der Gleichzeitigkeit (laudārī, monērī, audīri, legī (die konson. Konjugation nur mit -ī); Kombinationsmodell: Marcus dicit, credit, cogitate Marcus sagt, glaubt, denkt, taurum capram monstrum verberārī, monērī audīrī, regī textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 181 Romānī dicunt, credunt, cogitant Die Römer sagen, glauben, denken, dass der Bulle dass die Ziege dass das Monster taurōs caprās monstra Marcus dixit, credidit, cogitāvit Marcus sagte, glaubte, dachte, Romānī dixērunt, dass die Bullen credidērunt … dass die Ziegen Die Römer sagten, dass die Monster glaubten, dachten geschlagen, ermahnt, gehört, regiert werde (wird) verberārī, monērī, audīrī, regī geschlagen, ermahnt, gehört, regiert würden (werden) d.) Der a.c.i. der Vorzeitigkeit Passiv nach Verben des Sagens... …gebildet mit Infin. der Vorzeitigkeit Passiv; Kombinationsmodell: Subjekt – Prädikat magister dicit magister dixit Subjekts-Akkusativ Marcum dass Markus magistrī dicunt magistrī dixērunt Iuliam dass Julia Der Lehrer sagt, Der Lehrer sagte, monstrum dass das Ungeheuer Die Lehrer sagen, die Lehrer sagten, taurōs dass die Bullen Prädikats-Infinitiv laudātum; monitum esse gelobt – gemahnt worden ist/sei laudātam - monitam esse gelobt – gemahnt worden ist/sei laudātum - monitum esse gelobt – gemahnt worden ist/sei laudātōs – monitōs esse gelobt – gemahnt worden sind/seien textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 182 caprās dass die Ziegen monstra dass die Ungeheuer laudātās – monitās esse gelobt – gemahnt worden sind/seien laudata – monita esse gelobt – gemahnt worden sind/seien Ebenso: audītum, am, um esse / auditōs, ās, a esse ≈ ...gehört worden sei / seien – lectum, am, um esse / lectōs, ās, a esse ≈ ...gelesen worden sei / seien usw. Caesar minimē credere potuit legionāriōs suōs optimōs ā Gallīs dēvictōs esse et exclamāvit sē nihil de eā clāde audīvisse ac audīre velle. Caesar konnte keinesfalls glauben, dass seine besten Legionäre von den Galliern völlig besiegt worden waren – seien und rief aus, dass er selbst nichts von dieser Niederlage gehört habe/hätte und nichts hören wolle. Der a.c.i mit Pronomen a.) mit Demonstrativpronomen, gleichzeitig: 3. Person nicht reflexiv: magister dicit magister dixit magister credit magister credidit Der Lehrer sagt Der L. sagte, Der L. glaubt Der L. glaubte, magistrī dicunt magistrī dixērunt magistrī cre- eum, eam, id hunc, hanc, hoc illum, illam, illud laudāre et laudārī loben und gelobt werden dass dieser, diese, dieses dass er, sie, es dass jener, jene, jenes dass er, sie, es monēre et monērī mahnen und gemahnt werden eōs, eās, ea hōs, hās, haec illōs, illās, illa audīre et audīrī hören und gehört werden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 183 dunt m. credidērunt Die Lehrer sagen Die L. sagten, Die L. glauben Die L. glaubten, dass diese dass sie dass jene dass sie legere et legī lesen und gelesen werden Merke: Der sogenannte Infinitiv Präsens ist immer Ausdruck der Gleichzeitigkeit, sowohl im Aktiv wie im Passiv. Im obigen Kombinationsmodell haben wir das Demonstativpromonem substantivisch gebraucht; es geht aber auch adjektivisch; Beispiele: Magister credit hunc/eum/illum puerum stupidum esse. Der Lehrer glaubt, dieser/jener Junge sei dumm. Magister credit, hanc/eam/illam capram flavam stultissimam esse. Der L. glaubt, diese, jene blonde Ziege sei sehr dumm, die dümmste. Magister credit, hoc/eum/illum monstrum stupidum esse. Der Lehrer glaubt, dieses/jenes Ungeheuer sei dumm. b.) mit Demonstrativpronomen, vorzeitig: 3. Person nicht reflexiv: magister dicit magister dixit m. credit m. credidit eum, eam, id hunc, hanc, hoc illum, illam, illud Der Lehrer sagt Der L. sagte, Der L. glaubt Der L. glaubte, dass dieser, diese, dieses dass jener, jene, jenes magistrī dicunt magistrī dixērunt eōs, eās, ea hōs, hās, haec laudāvisse laudātum, am, um esse gelobt hat gelobt worden** ist monuisse monitum, am, um esse gemahnt hat gemahnt worden ist audīvisse audītōs, ās, a esse gehört haben textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 184 m. credunt illōs, illās, illa m. credidērunt Die Lehrer sagen dass diese / dass sie Die L. sagten, dass jene / dass sie Die L. glauben Die L. glaubten, gehört worden sind lēgisse lectōs, ās, a esse gelesen haben gelesen worden** sind Statt dieser, diese, dieses und jener, jene, jenes kann man meist mit er, sie, es übersetzen; außerdem hier wieder einmal der Hinweis, dass das grammatische Geschlecht im Lateinischen und Deutschen oft nicht übereinstimmt: ea silva (feminin) ≈ dieser Wald (maskulin). Statt gelobt worden ist / sind usw. kann man mit gelobt wurde(n) – wurde(n) gelobt usw. übersetzen. Merke: Der Infinitiv Perfekt (Aktiv und Passiv) ist Ausdruck der Vorzeitigkeit zum regierenden Verb; er ist der klassische Infinitiv der Vorzeitigkeit. Beispiele mit adjektivisch gebrauchtem Demonstrativpronomen: Magister credit hunc/eum/illum puerum stupidum fuisse. Der Lehrer glaubt, dieser/jener Junge sei dumm gewesen. Magister credit, hanc/eam/illam capram stupidam fuisse. Der Lehrer glaubt, diese, jene Ziege sei dumm gewesen. Magister credit, hoc/eum/illum monstrum stupidum fuisse. Der Lehrer glaubt, dieses/jenes Ungeheuer sei dumm gewesen. c.) a.c.i der Gleichzeitigkeit mit Personalpronomen 1. und 2. Person magister dicit m. dixit*** m. credit m. credidit Der Lehrer sagt Der L. sagte, Der Lehrer glaubt Der L. glaubte, mē dass ich laudāre et laudārī* lobe und gelobt werde** tē dass du monēre et monērī mahnst und gemahnt wirst textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 185 magistrī dicunt m. dixērunt m. credunt m. credidērunt Die Lehrer sagen Die L. sagten, Die Lehrer glauben Die L. glaubten, nōs dass wir audīre et audīrī hören und gehört werden vōs dass ihr legere et legī lest und gelesen werdet *) Im Lateinischen kann jeder Infinitiv mit jeder Person kombiniert werden. **) Weil der a.c.i. im Deutschen zum Dass -Satz wird, muss das Verb des Dass-Satzes zur Person passen. Daher Zusatzaufgabe: Kombiniere sämtliche rechts stehenden lat. Infinitive mit sämtlichen in der Mitte stehenden Personen und übersetze dann korrekt auf diese Person bezogen alle lat. Infinitive! ***) In der linken Spalte steht nur die dritte Person Singular und Plural. Genauso gut können wir aber jede beliebige Person einsetzen. Daher folgende weitere Aufgabe: Kombiniere die rechten Spalten mit folgenden Hauptsätzen, die in der linken Spalte zu ergänzen sind: Ego dicō / dixi ≈ ich sage / sagte – tu dicis / dixisitī ≈ du sagst, sagtest – nōs dicimus / diximus ≈ wir sagen, sagten – vōs dicitis / dixistis ≈ ihr sagt, sagtet. d.) a.c.i. der Vorzeitigkeit mit Personalpronomen (1. und 2. Person) magister dicit m. dixit m. credit m. credidit Der Lehrer sagt Der L. sagte, mē (m./f./n.) dass ich tē (m./f./n.) laudvisse et laudatum, am, um esse* gelobt habe und gelobt worden bin – sei monuisse et monitum, am, um esse textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 186 Der L. glaubt Der L. glaubte, magistrī dicunt m. dixērunt m. credunt m. credidērunt Die Lehrer sagen Die L. sagten, Die L. glauben Die L. glaubten, dass du nōs (m./f./n.) dass wir vōs (m./f./n.) dass ihr gemahnt hast und gemahnt worden bist – seist audivisse et auditōs, ās, a esse** gehört haben und gehört worden sind – seien legisse et lectōs, ās, a esse gelesen habt und gelesen worden seid – (seiet) – wärt *) Im Singular (mē ≈ dass ich – tē ≈ dass du) muss das Partizip des Infinitivs Passiv in allen drei Genera ≈ Geschlechtern ebenfalls im Singular stehen (KNG-Regel), denn im Personalpronomen ich, du, wir, ihr stecken alle drei Genera ≈ Geschlechter! Ich, sagt nämlich ein Mann, eine Frau und auch das Kind über sich selbst. **) Im Plural (nōs ≈ dass wir – vōs ≈ dass ihr) muss das Partizip des Infinitivs Passiv in allen drei Genera in den Plural gehen (nach der bekannten KNG-Regel): Nōtum est, nōs feminās amatās esse; …nōs puerōs amatōs esse; …nōs monstra amata esse ≈ es ist bekannt, dass wir Frauen, wir Jungen, wir Ungeheuer geliebt worden sind, dass wir geliebt wurden. Dagegen im Singular: Notum est, mē feminam amatam esse; …tē puerum amatum esse ≈ es ist bekannt, dass ich, eine Frau, geliebt worden bin; dass ich geliebt wurde; dass du, ein Junge, geliebt worden bist; dass du geliebt wurdest. e.) a.c.i. der Gleichzeitigkeit mit 3. Pers. Sing. u. Plural reflexiv Merke: Das Reflexivpronomen lautet im Akkusativ maskulin, feminin und neutrum einheitlich sē; hier ein Kombinationsmodell: 1.) Singular textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 187 dominus dicit dominus dixit dominus credit dominus credidit sē* laudāre et laudārī monēre et monērī capra dicit capra dixit capra credit capra credidit sē monstrum clāmat monstrum clamāvit sē audīre et audīrī tangere et tangī lobe und gelobt werde Der Herr sagt, Der Herr sagte, Der Herr glaubt, Der Herr glaubte, dass er (selbst) Die Ziege sagt, Die Ziege sagte, Die Ziege glaubt, Die Ziege glaubte, dass sie (selbst) werde Das Monster schreit, Das Monster schrie, dass es (selbst) mahne und gemahnt höre und angehört werde berühre und berührt werde *) Das Reflexivpronomen: Singular und Plural sind gleich; es besitzt keinen Nominativ (er steckt nämlich schon in der Endung, z.B. laudat ≈ er/sie/es lobt); sein Gen. ≈ suī (kommt nur sehr selten vor); Dat. ≈ sibī; Akk. ≈ sē; Abl. ≈ ā sē / sēcum; die jeweilige Übersetzung ergibt sich aus dem Zusammenhang: a.) nocet sibī ≈ er/sie/es schadet sich (selbst; persönlich). vulnerat sē ≈ er/sie/es verletzt sich (selbst; persönlich). spectat sē in speculō ≈ er/sie/es betrachtet sich (selbst) im Spiegel textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 188 exspectat ā sē nullum artificium magnum ≈ er erwartet von sich (selbst) kein bedeutendes Kunstwerk. deliberat sēcum ≈ er/sie/es überlegt mit/bei sich (persönlich). b.) ...in der indirekten Rede (Nebensatz) und im indirekten Fragesatz ...beides im Lateinischen mit Konjunktiv: Marcus nēscit, cur Lucius sibī dōnum det ≈ Markus weiß nicht, warum Lucius ihm ≈ dem Markus ein Geschenk gibt. Marcus Lucium interrogāvit, cur sibī dōnum det ≈ Markus fragte den Lucius, warum er ihm ≈ dem Markus ein Geschenk gebe. Iulia interrogāvit, cur Marcus sibī dōnum det ≈ Julia fragte, warum Markus ihr ≈ der Julia ein Geschenk gebe. Romānī nēsciunt, cur Germānī sē petant ≈ die Römer wissen nicht, warum die Germanen sie ≈ die Römer angreifen. Romānī Germānōs interrogavērunt, cur sē petant ≈ die Römer fragten die Germanen, warum sie ≈ die Germanen sie ≈ die Römer angriffen. g.) Das Reflexivpronomen in der indirekten Rede – Hauptsatz: Hier gilt die Regel, dass nach Verben des Sagens... der a.c.i. steht, der zunächst mit einem Dass-Satz zu übersetzen ist. Das zu erlernen, dient(e) die obige Tabelle. Im zweiten Anlauf ist dann der Dass-Satz vermeidbar: Magister dicit se ā discipulīs vexārī: Der Lehrer sagt, dass er (selbst) von den/seinen Schülern gequält werde. Der Lehrer sagt, er (persönlich) werde von den/seinen Schülern gequält. 2.) Plural (Kombinationsmodell) dominī dicunt dominī dixērunt dominī credunt dominī credidērunt sē laudāre et laudārī monēre et monērī textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 189 audīre et audīrī caprae dicunt caprae dixērunt caprae credunt caprae credidērunt sē monstra clāmant monstra clamāvērunt sē Die Herren sagen, Die Herren sagten, Die Herren glauben, Die Herren glaubten, dass sie* (selbst) Die Ziegen sagen, Die Ziegen sagten, Die Ziegen glauben, Die Ziegen glaubten, dass sie (selbst) Die Ungeheuer schreien, Die Ungeheuer schrien, dass sie (selbst) tangere et tangī loben und gelobt werden mahnen u. gemahnt werden hören und angehört werden berühren u. berührt werden Merke: Im Plural kennen sowohl Latein (a.c.i.) wie auch Deutsch (beim Dass-Satz) nur eine einzige Form für das Reflexivpronomen: sē – sie. f.) a.c.i. der Vorzeitigkeit mit Akkusativ des Reflexivpronomens Singular dominus dicit sē laudāvisse et laudātum esse textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 190 dominus dixit dominus credit dominus credidit monuisse et monitum esse audīvisse et audītum esse regisse et rectum esse domina dicit domina dixit domina credit domina credidit laudāvisse et laudātam esse monuisse et monitam esse audīvisse et audītam esse regisse et rectam esse monstrum clāmat monstrum clamāvit monstrum affirmat monstrum affirmāvit Der Herr sagt, Der Herr sagte, Der Herr glaubt, Der Herr glaubte, Die Herrin sagt, Die Herrin sagte, Die Herrin glaubt, Die Herrin glaubte, Das Monster schreit, Das Monster schrie, Das Monst. beteuert, Das Monst. beteuerte sē sē dass er (selbst) laudāvisse et laudātum esse monuisse et monitum esse audīvisse et audītum esse regisse et rectum esse gelobt habe u. gelobt worden sei dass sie (selbst) gemahnt habe u. gem. worden sei dass es (selbst) gehört habe u. gehört worden sei gelenkt habe u. gelenkt worden sei textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 191 Plural (Kombinationsmodell) dominī dicunt dominī dixērunt dominī credunt dominī credidērunt dominae dicunt dominae dixērunt dominae credunt dominae credidērunt monstra clāmant monstra clamāvērunt monstra affirmant monstra affirmāvērunt Die Herren sagen, Die Herren sagten, Die Herren glauben, Die Herren glaubten, sē laudāvisse et laudātōs esse monuisse et monitōs esse audīvisse et audītōs esse regisse et rectōs esse sē laudāvisse et laudātās esse monuisse et monitās esse audīvisse et audītās esse regisse et rectās esse sē laudāvisse et laudāta esse monuisse et monita esse audīvisse et audīta esse regisse et recta esse dass sie (selbst) gelobt hätten und gelobt worden seien gemahnt hätten und ge- Die Herrinnen sagen, Die Herrinnen sagten, Die Herrinnen glauben, Die Herrinnen glaubten, Die Monster schreien, Die Monster schrien, Die Monster beteuern Die Monster beteuerten dass sie (selbst) mahnt worden seien gehört hätten und gehört dass sie (selbst) worden seien gelenkt hätten und gelenkt worden seien textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 192 g.) Der a.c.i verbunden mit Pronomen und esse – fuisse a.) mit dem Personalpronomen im Akkusativ (Kombinationsmodell) dominus dicit dominus dixit dominī credunt dominī credidērunt domina dicit domina dixit dominae credunt dominae credidērunt Der Herr sagt, Der Herr sagte, Die Herren glauben, Die Herren glaubten, mē tē nōs vōs stultum asinum esse stultam capram esse stultum monstrum esse stultōs asinōs esse stultās caprās esse stulta monstra esse dass ich ich ein dummer Esel sei ich eine dumme Ziege sei ich ein dummes Monster sei Die Herrinn sagt, dass du Die Herrinn sagte, Die Herrinnen glauben, Die Herrinnen glaubten, dass wir du ein dummer Esel seist du eine dumme Ziege seist du ein dummes Monster seist dumme Esel seien/wären dumme Ziegen seien/wären dumme Monster seien/wären dumme Esel seiet/wäret dass ihr dumme Ziegen seiet/wäret dumme Monster seiet/wäret Merke: Erst beim beigefügten Adjektiv kann man das Genus des Personalpronomens erkennen; z.B.: ich Dummkopf ≈ ego stupidus – maskulin; ego stupida – feminin – ego stupidum – neutrum (gibt’s das?) textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 193 b.) mit dem Reflexivpronomen im Akkusativ (sē) magister dicit magister dixit Der Lehrer sagt, Der Lehrer sagte, magistra credit magistra credidit Die Lehrerin glaubt, Die Lehrerin glaubte, sē dass er stupidum esse stupidum fuisse dumm sei dumm gewesen sei sē dass sie capram esse capram fuisse eine Ziege sei eine Z. gewesen sei monstrum clamat monstrum clamāvit Das Moster schreit Das Monster schrie sē magistrī dicunt magistrī dixērunt Die Lehrer sagen Die Lehrer sagten sē stupidōs esse dass sie m. stupidōs fuisse dumm seien dumm gewesen seien magistrae credunt magistrae credidrunt Die Lehrinnen glauben Die Lehrerinnen glaubten sē dass sie f. caprās esse caprās fuisse Ziegen seien Z. gewesen seien monstra clamant monstra clamāvērunt Die Monster schreien Die Monster schrien sē dass sie n. cara esse cara fuisse lieb seien lieb gewesen seien dass es carum esse carum fuisse lieb sei lieb gewesen sei textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 194 g.) ...mit dem Demonstrativpronomen im Akkusativ Kombinationsmodell magister dicit magister dixit Der Lehrer sagt, Der Lehrer sagte, eum, hunc illum virum dass dieser Mann dass jener Mann stupidum esse stupidum fuisse dumm sei dumm gewesen sei magistra credit magistra credidit Die Lehrerin glaubt, Die Lehrerin glaubte, eam, hanc, illam feminam dass diese Frau dass jene Frau capram esse capram fuisse eine Ziege sei eine Z. gewesen sei monstrum clamat monstrum clamāvit Das Moster schreit Das Monster schrie id, hoc, illud animal dass dieses Tier dass jenes Tier carum esse carum fuisse lieb sei lieb gewesen sei magistrī dicunt magistrī dixērunt Die Lehrer sagen Die Lehrer sagten eōs, hōs, illōs virōs dass diese Männer dass jene Männer stupidōs esse stupidōs fuisse dumm seien dumm gewesen seien magistrae credunt magistrae credidērunt Die L.innen glauben Die L.innen glaubten eās, hās, illās feminās dass diese Frauen dass jene Frauen caprās esse caprās fuisse Ziegen seien Z. gewesen seien textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 195 monstra clamant monstra clamāvērunt Die Monster schreien Die Monster schrien ea, haec, illa animalia dass diese Tiere dass jene Tiere cara esse cara fuisse lieb seien lieb gewesen seien d.) ...mit Nomina (das Nomen tritt als Substantiv und Adjektiv auf): …bei gleicher Deklination: Magister dicit / dixit Marcum virum strenuum esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, Marcus sei ein tüchtiger Mann (gewesen) Magister dicit / dixit Iuliam amandam feminam esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, Julia sei eine liebenswerte Frau (gewesen) Magister dicit / dixit id monstrum dirum idolum esse / fuisse Der L. sagt / sagte, dieses Monster sei ein grässliches Gespenst (gewesen) Magister dicit / dixit puerōs illōs bonōs et amandōs esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, jene Jungen seien gut und liebenswert (gewesen) Magister dicit / dixit eās feminās amicās Romanorum esse / fuisse Der L. sagt / sagte, diese Frauen seien Freundinnen der Römer (gewesen) Magister dicit / dixit haec monstra dira idola esse / fuisse Der L. sagt / sagte, diese Monster seien grässliche Gespenster (gewesen) … und bei verschiedener Deklination: Magister dicit / dixit eum consulem virum strenuum esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, dieser Konsul sei ein tüchtiger Mann (gewesen) Magister dicit / dixit eam altidudinem arduam esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, diese Anhöhe sei steil (gewesen) Magister dicit / dixit id nōmen dirum esse / fuisse Der L. sagt / sagte, dieser Name sei grässlich (gewesen) textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 196 Magister dicit / dixit consulēs illōs amandos esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, jene Konsuln seien liebenswert (gewesen) Magister dicit / dixit hās/eās altidudinēs arduās esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, diese Anhöhen seien steil (gewesen) Magister dicit / dixit haec/ea nomina dira esse / fuisse Der Lehrer sagt / sagte, diese Namen seien grässlich (gewesen) h.) Der a.c.i. nach bestimmten Verben a.) iubēre, -eō, iussī, iussum ≈ befehlen mit a.c.i. (aber imperāre ≈ befehlen mit ut / nē mit Konjunktiv nach der Regel: Verben des Wünschens, Verlangens und Befehlens haben den ut / nē Satz zur Folge: optō et imperō, ut / nē serō veniātis ≈ ich wünsche und befehle, dass ihr / dass ihr nicht zu spät kommt); iubēre ist also eine Ausnahme. Das Gleiche gilt für die Verben in b.) und c.); auch verbieten und wollen gehören nämlich zu den Verben des Wünschens und Verlangens: Imperātor iubet / iussit militēs impetum facere ≈ der Feldherr befiehlt / befahl, dass die Soldaten einen Angriff machen – er befiehlt / befahl den Soldaten, einen Angriff zu machen – er lässt / ließ die Soldaten einen Angriff machen. Das deutsche Verb lassen ≈ befehlen hat einen deutschen a.c.i. zur Folge: iubeō tē venīre ≈ ich lasse dich (Akkusativ) kommen (Infinitiv). Marcus casam novam aedificārī iubet / iussit ≈ Marcus befiehlt / befahl, dass ein neues Haus gebaut werde ≈ Marcus lässt / ließ ein neues Haus bauen. b.) vetāre ≈ verbieten: Imperator vetat militēs impetum facere ≈ der Feldherr verbietet, dass die Soldaten einen Angriff machen; er verbietet ihnen, einen Angriff zu machen; magistrī saepe vetant discipulōs fenestrās claudere ≈ die Lehrer verbieten oft, dass die Schüler die Fenster schließen; sie verbieten ihnen, die Fenster zu schließen (Vorsicht, Erstickungsgefahr). textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 197 c.) cupere, cupiō, cupīvi, cupitum ≈ wollen, wünschen; velle ≈ wollen; nōlle ≈ nicht wollen: Imperātor cupit / vult / nōn vult militēs impetum facere ≈ der General verlangt /will /will nicht, dass die Soldaten einen Angriff machen; magistrī semper volunt discipulōs pēnsa facere ac fenestrās aperīre nec eās delēre ≈ die Lehrer wollen immer, dass die Schüler ihre Aufgaben (pēnsum ≈ die Aufgabe) machen, die Fenster öffnen und sie nicht zerstören, aber leider Gottes... Die Deponentien a.) Zunächst Passiv von lavāre, lāvī, lautum ≈ waschen Präsens Passiv Übersetzung mit reinem Passiv lāvor ich werde gewaschen* lavāris du wirst gewaschen lavātur er, sie, es wird gewaschen lavāmur wir werden gewaschen lavāminī ihr werdet gewaschen lavantur sie werden gewaschen Präsens Passiv Übersetzung mit Mediopassiv lāvor*** ich wasche mich, ich bade** lavāris du wäschst dich, du badest lavātur er, sie, es wäscht sich, badet lavāmur wir waschen uns, wir baden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 198 lavāminī ihr wascht euch, ihr badet lavantur sie waschen sich, sie baden *) Das jeweilige Subjekt wird von einer dritten Person gewaschen. Das Subjekt bleibt Passiv; es tut nichts. **) Das jeweilige Subjekt wird von sich selbst gewaschen, es ist Aktiv und Passiv zugleich. ***) ebenso: sollicitor, sollicitāris... ≈ ich werde beunruhigt; ich bin beunruhigt; ich rege mich auf – du wirst beunruhigt; du bist unruhig; du regst dich auf usw. b.) Ähnlich gehen die sog. Deponentien (depōnēns, deponentis ≈ das Ablegende): Die im Lateinischen durchaus häufigen Deponentien haben aber irgendwann die aktive Form ganz abgelegt und besitzen nur noch die passive Form mit aktiver Bedeutung, ganz so, als gäbe es oben nur das Passiv von lavāre, also nur lavārī in der reinen Bedeutung von baden. Wann und warum die Deponentien ihre aktive Form verloren haben, weiß man nicht; die vermutlich ziemlich rasch sprechenden Römer waren sich des Problems wohl kaum bewusst. Regel: Die Deponentien sind Verben mit passiver Endung und aktiver Bedeutung. Merke: Es gibt Deponentien aller Konjugationen (a; e, i; kons. Deponentien): hortārī ≈ mahnen; rērī ≈ glauben; potīrī ≈ erobern; vescī ≈ sich ernähren (am sich ist hier das Mediopassiv noch zu erkennen, obwohl es keine aktiven Formen/Endungen von vescī gibt). Präsens Indikativ a-Konjug. deutsch hortor* hortāris hortātur ich mahne du mahnst er, sie, es mahnt e-Konju. reor rēris rētur deutsch ich glaube du glaubst er/sie/es glaubt textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 199 hortāmur hortāminī hortantur wir mahnen ihr mahnt sie mahnen rēmur rēminī rentur wir glauben ihr glaubt sie glauben *) aus horta-or zusammengeschmolzen i-Konjug. potior deutsch ich erlange potīris du erlangst potītur potīmur er/sie/es erlangt wir erlangen potīminī ihr erlangt potiuntur sie erlangen deutsch ich ernähre mich vesceris du ernährst dich vescitur er... ernährt sich vescimur wir ernähren uns vesciminī ihr ernährt euch vescuntur sie ernähren sich kons. Kj. vescor Konjunktiv Präsens a-Konjug. deutsch horter* ich soll/möge mahnen** hortēris du sollst/mögest mahnen er/sie/es soll/möge m. wir sollen/mögen mahnen hortēminī ihr sollt/mögt mahnen hortētur hortēmur hortentur sie sollen/ mögen mah- deutsch ich soll glauben reāris du sollst glaub. reātur er/sie/es soll g. reāmur wir sollen glaub. reāmi- ihr sollt glauben nī reantur sie sollen e-Konj. rear textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 200 nen i-Konjug. potiar potiāris kons. Kj. vescar vescāris potiātur potiāmur vescātur vescāmur potiāminī vescāminī potiantur vescantur glaub. Übersetzungsvorschläge ich soll/möge erlangen/mich ernähren du sollst/mögest erlangen/dich ernähren er soll/möge erlangen/sich ernähren wir sollen/mögen erlangen/uns ernähren ihr sollt/möget erlangen/euch ernähren sie sollen/mögen erlangen/sich ernähren *) Der lateinische Konjunktiv Präsens wird mit dem Buchstaben -a gebildet; weil die A-Konjugation am Stamm-Ende bereits ein a hat, wird das Stamm-A durch -e ersetzt. **) Statt obiger Übersetzung kann es auch heißen: ich mahne, du mahnest, er mahne, wir mahnen, ihr mahnet, sie mahnen (Indikativ und Konjunktiv im Deutschen z.T. formen-gleich); Beispiele: a.) Er soll den Stift zur Hand nehmen ≈ er nehme den Stift zur Hand. b) Der Mensch soll edel und gut handeln ≈ er handele edel und gut! Merke: Außer in der dritten Person Singular ist der Konjunktiv Präsens im Deutschen kaum noch im Gebrauch. Imperfekt Indikativ a-Konjuga- deutsch e-Konj. deutsch tion textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 201 hortābar hortabāris hortabātur hortabāmur hortabāminī hortabantur ich mahnte ich habe gemahnt du mahntest du hast gemahnt er, sie, es mahnte er, sie, es hat gem. wir mahnten wir haben gem. ihr mahntet ihr habt gemahnt sie mahnten sie haben gemahnt i-Konjugat. konson. Kj. potiēbar vescēbar potiebāris potiebātur potiebāmur potiebāminī rēbar rebāris rebātur rebāmur rebāminī rebantur ich glaubte ich habe gegelaubt du glaubtest du hast geglaubt. er/sie/es gaubte er/sie/es hat geglaubt wir glaubten wir haben geglaubt ihr glaubtet ihr habt geglaubt sie glaubten sie haben geglaubt deutsch ich erlangte / ich ernährte mich ich habe erlangt / habe mich ernährt du erlangtest / du ernährtest dich vescebāris du hast erlangt / hast dich ernährt er/sie/es erlangte / sie ernährte sich vescebātur er/sie/es hat erlangt / sich ernährt wir erlangten / wir ernährten uns vescebāmur wir haben erlangt / haben uns ernährt ihr erlangtet / ihr ernährtet euch vescebāminī ihr habt erlangt / habt euch ernährt textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 202 potiebantur vescebantur sie erlangten / sie ernährten sich sie haben erlangt / haben sich ernährt Imperfekt Konjunktiv a-Konjugat. Übersetzungsvorschläge e-Konj. ich würde, sollte, könnte mahnen – glauben* du würdest, solltest, könntest mahnen – hortārēris glbn. er würde, sollte, könnte mahnen – glauhortārētur ben hortārēmur wir würden, sollten, könnten mahnen – glbn. hortārēmi- ihr würdet, solltet, könntet mahnen – glauben nī hortārentur sie würden, sollten, könnten mahnen – glbn. hortārer rērer rērēris rērētur rērēmur rērēminī rērentur i-Konjug. Übersetzungsvorschläge kons. Konj. potīrer potirēris ich würde, sollte, könnte erlangen du würdest, solltest, könntest erlangen er würde, sollte, könnte erlangen wir würden, sollten, könnten erlangen ihr würdet, solltet, könntet erlangen sie würden, sollten, könnten erlangen vescerer vescerēris potirētur potirēmur potirēminī potirentur textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae vescerētur vescerēmur vescerēminī vescerentur 203 Futur I. ich werde mahnen du wirst mahnen hortāberis er/sie/es wird hortābitur m. hortābimur wir werden mahn. hortābiminī ihr werdet mahn. sie werden hortābunmahn. tur hortābor B-Futur deutsch (wörtlich) rēbor potiar vescar rēberis rēbitur potiēris potiētur vescēris vescētur rēbimur potiēmur vescēmur rēbiminī potiēminī rēbuntur potientur vescēminī vescentur B-Futur A-E-Futur A-E-Futur Crās hortābor ≈ morgen werde ich mahnen ≈ morgen mahne ich. Perfekt indikativ hortātus, a, um sum hortātus, a, um es hortātus, a, um est hortātī, ae, a sumus hortātī, ae, a estis hortātī, ae, a sunt ratus, a, um sum*) ratus, a, um es ich mahnte, ich habe gemahnt du mahntest, du hast gemahnt er, sie, es mahnte, er, sie, es hat gemahnt wir mahnten, wir haben gemahnt ihr mahntet, ihr habt gemahnt sie mahnten, sie haben gemahnt ich glaubte, habe gegl. du glaubtest, hast gegl. potītus, a, um sum potītus, a, um es textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 204 ratus, a, um est ratī, ae, a sumus ratī, ae, a estis ratī, ae, a sunt er glaubte, hat geglaubt wir glaubten, haben ggl. ihr glaubtet, habt gegl. sie glaubten, haben ggl. potītus, a, um est potītī, ae, a sumus potītī, ae, a estis potītī, ae, a sunt *) Die unregelmäßigen Stammformen: rērī, reor, ratus sum ≈ glauben, meinen, halten für; es ist kein Perfektstamm von vescī vorhanden. Perfekt Konjunktiv Zur Erinnerung: Er wird meist mit Indikativ übersetzt, z.B. bei indirekten Fragesätzen usw. Seine Bildung erfolgt ähnlich wie der Indikativ; wir vertauschen nur das sum ... (Indikativ Präsens) durch sim, sīs, sit, sīmus, sītis, sint (Konjunktiv Präsens von esse): hortātus, a, um sim, sīs, sit hortātī, ae, a sīmus, sītis, sint potītus, a, um sim, sīs, sit potītī, ae, a sīmus, sītis, sint ratus, a, um sim, sīs, sit ratī, ae, a sīmus, sītis, sint Nēsciō, cur magister mē hortātus sit et mihī ratus nōn sit ≈ ich weiß nicht, warum mich der Lehrer gemahnt und mir nicht geglaubt hat; mich mahnte, mir nicht glaubte (indirekter Fragesatz, abhängig von nēsciō). Perfekt-Futur bzw. Futur II. Die Bildung erfolgt ähnlich der des Perfekt, jetzt natürlich mit dem Futur von esse: erō, eris, erit, erimus, eritis, erunt hortātus, a, um potītus, a, um ratus, a, um erō, eris, erit hortātī, ae, a erō, eris, erit potītī, ae, a erō, eris, erit ratī, ae, a textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae erimus, eritis, erunt erimus, eritis, erunt erimus, eritis, erunt 205 ich werde gemahnt erworben geglaubt haben du wirst gemahnt erworben geglaubt haben er... wird gemahnt erworben geglaubt haben wir werden gemahnt erworben geglaubt haben ihr werdet gemahnt erworben geglaubt haben sie werden gemahnt erworben geglaubt haben Auch hier gilt, dass das Futur II. nur in Ausnahmefällen, insbesondere bei Verwechslungsgefahr wortgetreu zu übersetzen ist: Sī magister discipulōs hortāverit (Futur II.), illī tacēbunt (Futur I.). Wenn der Lehrer die Schüler ermahnt haben wird, werden sie schweigen ≈ wenn der Lehrer die Schüler ermahnt hat, schweigen sie ≈ wenn der Lehrer die Schüler mahnt, schweigen sie (vielleicht; hoffentlich). Der Indikativ Plusquamperfekt... …geht ähnlich wie Perfekt und Futur II., diesmal mit den Formen: eram, erās, erat, erāmus, erātis, erant (Imperfekt Indikativ von esse): hortātus, a, um eram, erās, erat hortātī, ae, a erāmus, erātis, erant potītus, a, um eram, erās, erat potītī, ae, a erāmus, erātis, erant ratus, a, um eram, erās, erat ratī, ae, a erāmus, erātis, erant ich hatte gemahnt, du hattest gemahnt, er/sie/es hatte gemahnt wir hatten gemahnt, ihr hattet gemahnt; sie hatten gemahnt Der Konjunktiv Plusquamperfekt... textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 206 …wird mit den Formen des Imperfekt Konjunktiv von esse gebildet: hortātus, a, um essem, essēs, esset hortātī, ae, a essēmus, essētis, essent potītus, a, um essem, essēs, esset potītī, ae, a essēmus, essētis, essent ratus, a, um essem, essēs, esset ratī, ae, a essēmus, essētis, essent ich hätte gemahnt, du hättest gemahnt, er/sie/es hätte gemahnt wir hätten gemahnt, ihr hättet gemahnt; sie hätten gemahnt Die Infinitive der Deponentien a.) Infinitiv der Gleichzeitigkeit (Präsens Aktiv): hortārī; rērī; potīrī; vescī ≈ mahnen; glauben; erobern; sich ernähren b.) Infinitiv der Vorzeitigkeit; Partizip für den a.c.i. im Akkusativ: hortātum, am, um esse hortātōs, ās, a esse gemahnt ha- ben potītum, am, um esse potītōs, ās, a esse erworben haben Audiō directorem saepe hortātum esse. Ich höre, dass der Direktor oft ermahnt hat – hätte. Audiō magistram saepe hortātam esse Ich höre, dass die Lehrerin oft ermahnt hat – hätte. Audiō id monstrum linguam Latīnam docēns saepe hortātum esse. Ich höre, dass dieses Latein lehrende Monster oft ermahnt hat – hätte. Audiō magistrōs saepe hortātōs esse. Ich höre, dass die Lehrer oft ermahnt haben – hätten. Audiō magistrās saepe hortātās esse. Ich höre, dass die Lehrerinnen oft ermahnt haben – hätten. Audiō ea monstra linguam Latīnam docentia saepe hortāta esse. Ich höre, dass diese Latein unterrichtenden Monster oft ermahnt hätten. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 207 Der Imperativ... …der Deponentien hat im Singular die Endung -re; im Plural die Endung -minī (Vorsicht: kann mit der 2. Pers. Plural Präsens verwechelt werden, z.B. hortāminī ≈ 1.) mahnt!! 2.) ihr mahnt. hortāre rēre potīre vescere hortāminī rēminī potīminī vesciminī mahne, mahnt! glaube, glaubt! erobere, erobert! ernähre dich, ernährt euch! Deponentien mit dem Objekt in Ablativ utī, utor, ūsus sum ≈ gebrauchen miles gladiō ūsus est – der Soldat benutzte das Schwert. Magistra librō crassō ūsa est – die Lehrerin verwendete ein dickes Buch. Monstrum dentibus ūsum est – das Monster gebrauchte seine Zähne. fruī, fruor, frūctus sum ≈ genießen Romānī multis cibis frūctī sunt – die Römer genossen viele Speisen. Magistrae horrore discipulorum fructae sunt Die Lehrerinnen genossen das Entsetzen – das Grauen der Schüler. Monstra horribilia sanguine hominum fructa sunt. Die grässlichen Monster genossen das Blut von Menschen. fungī, fungor, functus sum ≈ verwalten Marcus consulatū functus est – Marcus verwaltete das Konsulat. potīrī, potior, potītus sum ≈ erobern, gewinnen, erwerben usw. Romānī multīs oppidīs potītī sunt – die Römer eroberten viele Städte. vescī, vescor (kein Perfekt-Stamm) ≈ sich ernähren Romānī frumentō vescēbantur – die Römer ernährten sich von Getreide. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 208 Caesars erste Expedition nach Britannien 1 Exiguā parte aestatis reliquā Caesar tamen in Britanniam proficiscī statuit. 2 Ad omnia cognoscenda Gaium Volusenum cum nave longā praemittit. 3 Huic mandat, ut exploratīs omnibus rēbus ad sē quam prīmum revertātur. 4 Ipse cum omnibus copiīs in Morīnōs proficiscitur. 5 Volusēnus nave ēgredī ausus nōn est et quintō diē ad Caesarem revertit. 6 Tum Caesar idoneum ventum ad navigandum nactus est et ancorās solvit. 7 At Britannī praemissīs equitibus reliquīs copiīs secutī sunt Romanōsque ē navibus ēgredī prohibēbant. 8 Sīc militibus et dē navibus dēsiliendum et in fluctibus consistendum et cum hostibus pugnandum erat. 9 Caesar clamāvit: »Dēsilite, militēs, et hostēs aggredimini!« 10 Quod cum clamāvisset, ipse dē nave dēsiluit. 11 Tum militēs universī dē navibus dēsiluērunt. 12 Sīc victoriam assecutī sunt et Britannōs in fugam coniēcērunt. 1. exiguus, a, um: klein – pars: Teil – aestas: Sommer – reliquus, a, um: übrig; Gramm.: exiguā ... reliquā: nominaler Ablativus Absolutus ≈ als nur noch ... übrig war – proficiscī: aufbrechen, reisen, fahren – statuere: beschließen 2 cognoscere: erkennen; auskundschaften – navis longa: Kriegsschiff – praemittere: voschicken 3 hic: dieser – mandāre: anvertrauen; beauftragen – explorāre: erforschen; Gramm.: exploratīs...: Ablativus Absolutus der Vorzeitigkeit: nachdem... – quam prīmum: möglichst bald – revertī: zurückkehren 4 ipse: er selbst – copiae: Truppen – proficiscī: s.o. 5 navis: Schiff – ē-gredī: herausgehen – audēre, audeo, ausus sum (nur im Perfekt-Stamm ein Deponens): wagen 6 idoneus, a, um: geeignet – ventus: Wind – ad navigandum (Gerundium zu navigāre: segeln): zum Segeln – nanciscī, nanciscor, nactus sum: erlangen, erreichen, bekommen (durch Glück/Zufall) – ancora: Anker – solvere: lösen 7 at: aber – praemittere: vorschicken – equēs, equitis: Reiter – reliquī, ae, a: die übrigen – sequī, sequor, secutus sum: folgen – egredī, egressus sum: herausgehen, aussteigen – prohibēre: hindern 8 sīc: so – dē navibus dēsiliendum et in fluctibus consistendum et cum hostibus pugnandum: dreifaches Gerundivum: Es war den Soldaten ein herunter zu Springendes; ein in den Fluten zu Stehendes; ein zu Kämpfendes ≈ die Soldaten mussten... 9 clamāre: rufen – dēsilīre: herunterspringen – hostis, is: Feind – aggredī, aggressus sum: angreifen 10 quod: relativer Anschluss; das cum wird eingescho- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 209 ben: als dies... 11 universī, ae, a: alle 12 victoria: Sieg – assequī, assequor, assecutus sum: erreichen – conicere, coniciō, coniēcī, coniectum: werfen, schleudern Übersetzung: Als / obwohl nur noch ein kleiner Teil des Sommers übrig war, beschloss Caesar dennoch nach Britannien zu fahren. 2 Um alles auszukundschaften (»zu allen auszukundschaftenden Dingen«) schickte er G.V. mit einem Kriegsschiff voraus. 3 Diesem gab er den Auftrag, nach Erkundung aller Dinge (»nachdem alle Dinge erkundet waren« – Abl. absol.) möglichst bald zu ihm zurückzukehren (»dass er ... zurückkehre«). 4 Er selbst marschierte mit allen Truppen zu den Morinern. 5 Volusenus wagt es nicht, aus dem Schiff auszusteigen und kehrte am fünften Tag zu Caesar zurück. 6 Da erlangte Caesar einen zum Segeln geeigneten Wind und lichtete die Anker ≈ ließ die Anker lichten. 7 Aber die Britannen, nachdem die Reiter vorgeschickt worden waren ≈ die B. schickten die Reiter vor, folgten mit den restlichen Truppen und hinderten die Römer daran, aus den Schiffen auszusteigen. 8 So mussten die Soldaten aus den Schiffen springen, in den Fluten Stand (Halt) suchen (»fest stehen«) und mit den Feinden kämpfen. 9 Caesar rief: »Springt hinunter, Soldaten, und greift die Feinde an!« 10 Als er das gerufen hatte, sprang er selbst vom Schiff hinunter. 11 Darauf sprangen alle Soldaten von den Schiffen. 12 So erlangten sie den Sieg und warfen die Britannen in die Flucht. Caesar fällt unter die Seeräuber 1 Caesar adulescens Rhodum proficiscī statuit, ut apud Apollonium artem dicendī disceret. 2 Apollonium summum dicendī magistrum esse multī tum ratī sunt. 3 Caesar tempestātēs hiemis nōn veritus hibernīs mensibus in Rhodum traiēcit. 4 Sed praedōnēs Caesaris navem aggressī sunt. 5 Frustra nautae sē defendere conātī sunt. 6 Postrēmō pirātae nave potītī Caesarem cepērunt. 7 Sīc Caesar prope quadraginta diēs apud piratās versātus est. 8 Nam amīcōs dīmīserat, ut pecuniam ā praedōnibus postulātam apportārent. 9 Caesar saepe cum piratīs collocutus quasi per iocum eīs crūcem minātus est. 10 Pecūniā tandem solūtā Caesar sibī classem compārāvit et pirātās persecūtus est. 11 Quōs consecūtus navēs statim aggressus est. 12 Praedōnibus captīs ad portum rediit; ibi piratās crūcī affigere iussit. adulescens: junger Mann – Rhodus: die Insel Rhodos – proficiscī: reisen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 210 – statuere: beschließen – ars dicendī (Gerundium): Redekunst – discere: lernen 2 summus, a, um: höchster – dicendī: Gerundium – rērī, reor, ratus sum: glauben 3 tempestās: Sturm – hiems, hiemis: Winter – verērī, vereor, veritus sum: fürchten – hibernus, a, um: winterlich, Winter... – mensis: Monat – tra-icere, traiēcī: übersetzen, hinüberfahren 4 praedo: Seeräuber – navis: Schiff – aggredī, aggredior, aggressus sum: angreifen 5 frustra: vergebens – nauta m.: Seemann – defendere: sich verteidigen – conārī, conātus sum: versuchen 6 postrēmō: zuletzt – pirata m.: Pirat – potīrī, potior, potītus sum (mit Ablativ): erobern – capere, capiō, cēpī, captum: fangen 7 prope: fast – quadraginta diēs: 40 Tage – apud: bei – versārī, versātus sum: sich aufhalten 8 dimittere: wegschicken – pecūnia: Geld – postulāre: forden – apportāre: herbeibringen 9 saepe: oft – colloquī, collocūtus sum: sich unterhalten, sprechen mit – quasi: gleichsam – per iocum: im Scherz – crux, crūcis: Kreuz – minārī, minātus sum: (an-)drohen 10 pecunia: Geld – tandem: endlich – solvere, solvī, solūtum: zahlen; pecuniā ... solūtā (Abl. Abs.): als das Geld ... worden war – classis: Flotte – comparāre: besorgen – persequī, persecūtus sum: verfolgen 11 quōs: Relativer Anschluss: diese – consequī, consecūtus sum: einholen, erreichen – statim: sofort – aggredī, aggressus sum: angreifen 12 praedōnibus captīs (Ablativus absolutus): als die Räuber ... worden waren – portus, portūs m.: Hafen – red-īre: zrückkehren – crūcī affigere: dem Kreuz (Dativ) anheften ≈ ans Kreuz schlagen – iubēre, iussī: befehlen (mit a.c.i.) ≈ lassen: Caesar befahl, dass sie... ≈ er ließ sie... aktive Caesar beschloss als junger Mann, nach Rhodos zu reisen, damit er ≈ um bei Apollonius die Redekunst zu lernen. 2 Dass Apollonius der größte Redelehrer sei, glaubten damals viele. 3 Caesar fürchtete die Winterstürme nicht, oder: weil Caesar die Winterstürme nicht fürchtete (das Partizip Perfekt veritus, a, um hat hier Bedeutung; bei den Deponentien entfällt oft zusätzlich die Bedeutung der Vorzeitigkeit; veritus, a, um ≈ sich fürchtend), setzte er in den Wintermonaten nach Rhodos über. 4 Aber Seeräuber griffen Caesars Schiff an. 5 Vergebens versuchten die Seeleute, sich zu verteidigen. 6 Zuletzt eroberten die Piraten das Schiff (potītī ist hier wieder im Grunde nur ein Partizip Perfekt, dem die Bedeutung der Vorzeitigkeit fehlt: erobernd) und nahmen Caesar gefangen. 7 So verbrachte Caesar fast 40 Tage bei den Piraten. 8 Denn er hatte seine Freunde fortgeschickt, damit sie das von den Räubern geforderte Lösegeld herbeibrächten. 9 Caesar häufig mit den Piraten sprechend (zum Partizip Perfekt der Deponentien s. o.) ≈ oft, wenn er mit den Piraten redete, drohte er ihnen gleichsam im Scherz die Kreuzigung an. 10 Als das Geld endlich bezahlt war, besorgte sich Caesar eine Flotte und verfolgte die Piraten. 11 Diese erreichend (zum Partizip s. o.) ≈ als er textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 211 a.c.i. sie einholte, griff er die ≈ ihre Schiffe sofort an. 12 Nachdem er die Räuber gefangen (genommen) hatte (praedonibus captīs: Ablativus absolutus: nachdem sie gefangen worden waren), kehrte er zum Hafen zurück; dort befahl er, dass die Räuber ans Kreuz geheftet wurden ≈ ließ er die Räuber ans Kreuz schlagen (iubēre ≈ befehlen steht mit ≈ lassen. posse ≈ können posse ist ein Kompositum von esse, entstanden aus pot(is) + esse; beachte die Regel Dental (d – t) vor s fällt aus bzw. führt zu 2 x s: Präsens Indikativ possum, potes, potest, possumus, potestis, possunt ich kann, du kannst, er/sie/es kann, wir können, ihr könnt, sie können Präsens Konjunktiv possim, possīs, possit, possīmus, possītis, possint. ich soll/möge können, ich könne; du sollst, mögest können usw. Imperfekt Indikativ poteram, poterās, poterat, poterāmus, poterātis, poterant ich konnte/ich habe gekonnt; du konntest, du hast gekonnt usw. Imperfekt Konjunktiv possem, possēs, posset, possēmus, possētis, possent. ich könnte, sollte, würde können: Futur I. poterō, poteris, poterit, poterimus, poteritis, poterunt ich werde können, du wirst können, er wird können, wir werden können... Perfekt Indikativ potuī, potuistī potuit, potuimus, potuistis, potuērunt ich konnte, ich habe gekonnt, du konntest, du hast gekonnt usw. Perfekt Konjunktiv potúerim, potúeris, potúerit, potuérimus, potuéritis, potúerint Übersetzung nach dem Zusammenhang; oft wie Indikativ Perfekt Futur II. (Perfekt-Futur) potúerō, potúeris, potúerit, potuérimus, potuéritis, potúerint …geht ab zweiter Person Singular wie Perfekt Konjunktiv ich werde gekonnt haben, du wirst gekonnt haben usw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 212 Plusquamperfekt Indikativ potúeram, potúerās, potúerat, potuerāmus, potuerātis, potúerant ich hatte gekonnt, du hattest gekonnt, sie hatte gekonnt, wir hatten… Plusquamperfekt Konjunktiv potuissem, potuisses, potuisset, potuissēmus, potuissētis, potuissent ich hätte gekonnt, du hättest gekonnt, es hätte gekonnt, wir hätten… Der Nominativ mit Infinitiv (n.c.i.) Zunächst wollen wir uns die Formen des a.c.i. ins Gedächtnis rufen: Ein deutscher Objektsatz wird im Lateinischen zum a.c.i. als Objekt: Affirmo magistrum camēlum esse et dormīre. Ich behaupte (wen/was?), dass der Lehrer ein Kamel ist und schläft. In einer bestimmten Ausnahme freilich ist der lateinische a.c.i. das Subjekt des Satzes, nämlich nach unpersönlichen Ausdrücken (wer/was?): Constat magistrum Camelum esse et dormīre. Es steht fest (wer/was?), dass der Lehrer ein Kamel ist und schläft. Weitere unpersönliche Ausdrücke: nōtum est – es ist bekannt; verisimile est – es ist wahrscheinlich; appāret – es ist offenkundig – dēcet – es gehört sich – necesse est – es ist notwendig usw. Was aber geschieht, wenn wir das aktive Verb, dem der a.c.i. folgt, ins Passiv übertragen? Wen/was sehe, höre, sage, denke, meine ich usw. (Akkusativ); aber: Wer/was wird gesehen, gesagt usw. (Nominativ): Aktiv: Video amīcum venīre – ich sehe, dass der Freund kommt. Passiv: Amīcus venīre vidētur – der Freund wird kommen gesehen (?) Die wörtliche Übers. des n.c.i. ≈ Nominativ (amīcus) mit Infinitiv (venīre) kann nicht beibehalten werden; man muss anders übersetzen: Es sieht so aus, als käme der Freund – anscheinend kommt der Freund – der Freund kommt scheinbar – der Freund scheint zu kommen… Aktiv: Multī dīcunt, trādunt, ferunt Homērum caecum fuisse. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 213 Viele sagen, überliefern, berichten, dass Homēr blind gewesen sei. Viele sagen, überliefern, berichten, Homēr sei blind gewesen. Passiv: Homērus caecus fuisse trāditur – dicitur – fertur. Homēr wird überliefert, gesagt, berichtet, blind gewesen zu sein. Es wird überliefert, gesagt, berichtet, dass H. blind gewesen sei. Man überliefert, sagt, berichtet, Homēr sei blind gewesen. Verben im Passiv mit dem n.c.i. im Gefolge videor dicor putor existimor ich werde gesehen ≈ ich scheine man sagt von mir ≈ ich soll… man glaubt von mir ≈ ich stehe im Rufe, dass… wie putor iubeor vetor sinor ich werde aufgefordert ≈ man befiehlt mir ich werde mit dem Verbot belegt ≈ man verbietet mir ich werde gelassen ≈ man gestattet mir trāditur man überliefert, dass er/sie/es ≈ er/sie/es soll… fertur wie traditur trāduntur man überliefert, dass sie ≈ sie sollen… feruntur wie traduntur mihī vidētur es erscheint mir gut ≈ ich beschließe Infinitive und Stammformen der obigen Verben vidēre, videō, vīdī, vīsum – sehen dicere, dīcō, dixī, dictum – sagen putāre; existimāre – glauben, meinen, halten für (regelmäßig) iubēre, iubeō, iussī, iussum – befehlen vetāre, vetō, vetuī, vetitum – verbieten sinere, sinō, sīvī, situm – lassen, zulassen trādere, trādō, trādidī, trāditum – überliefern ferre, ferō, tulī, lātum – tragen, bringen, berichten, überliefern textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 214 Der Verrat des Pausanias: Graecī, quamquam numerō militum inferiōrēs erant, tamen singularī virtute Pausaniae Persās proeliō apud Plataeās commissō fugāre potuērunt. 2 Deinde Pausanias commūnī Graecōrum omnium classe ad Hellespontum missus Persās etiam eō ē marī pellere potuit. 3 Pausanias, dum eā rē parī felicitāte usus esset, superbiā suā magnā victus esse vidētur. 4 Nam (Pausanias) nōn sōlum mōrēs maiōrum, sed etiam vestimenta mutavisse traditur. 5 Vestimentīs rēgis Persārum utebātur. 6 Quīn etiam sē rēgem totīus Graeciae fore sperābat. 7 Eā dē rē (Pausanias) cum Persīs ēgisse vidētur. 8 Tum Spartās revocātus atque proditiōnis accusātus est. Proditiōnis crīmine absolūtus est; tamen magnā pecuniā multātus est. Ad classem revertī nōn potuit. 9 Tamen patriam relīquit et ad Persās profectus est, ut cum eīs agere posset. 10 Pausanias, cum Lacedaemoniī eum necāre vellent, in templum aliquod fūgit, sed sē ibī abdere nōn potuit. 11 Lacedaemoniī enim eum in templō inclūsērunt. 12 Quā rē Pausanias in templō inediā mortuus est. inferior: unterlegen – singulāris, e: einzigartig – Pausanias: Name – Plataeae: Stadt-Name – proeliō ... commissō: gesperrter Ausdruck – fugāre: in die Flucht schlagen 2 deïnde: dann – commūnis, e: gemeinsam – classis: Flott – Hellespontus: Name; MeerEnge zw. Europa u. Kleinasien – mare: Meer – pellere: vertreiben 3 pāris, e: gleich – felicitās: Glück – ūtī, ūtor, ūsus sum (Depon. m. Abl.): gebrauchen – superbia: Hochmut – vidērī (pass. zu vidēre): scheinen 4 nōn sōlum: nicht allein – mōrēs maiōrum: Sitten der Vorfahren – sed etiam: sondern auch – vestimentum: Kleid – mutāre: vertauschen – trādere: überliefern 6 quīn etiam: ja sogar – totīus ≈ Genitiv m./f./n. von tōtus, a, um: ganz (Ausnahme) – fore ≈ futurum esse – sperāre: hoffen 7 agere: verhandeln 8 tum: dann – Spartās: nach Sparta (reiner Akk. bei Städtenamen auf die Frage: wohin?) – revocāre: zurückrufen – proditio: Verrat – accusāre: anklagen – crīmen, minis n.: Vorwurf – ab-solvere, -solvī, ab-solūtum: freisprechen – pecūnia: Geld – multāre: bestrafen – revertī: zurückkehren 9 tamen: trotzdem – re-linquere, -līquī, -lictum: zurücklassen – pro-ficiscī, -fectus sum: aufbrechen – agere: verhandeln 10 Lacedaemoniī: Spartaner – necāre: töten – velle: wollen – aliquī, qua, quod: irgendein – fūgere, fūgiō, fūgī: flüchten – ibī: dort – abdere: verstecken 11 inclūdere, inclūsī: einschließen 12 inedia: Hunger – morī, morior, mortuus sum: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 215 sterben Übersetzung: Obwohl die Griechen an Zahl der Soldaten unterlegen waren, konnten sie dennoch durch die einzigartige Tapferkeit des Pausanias die Perser in der Schlacht bei Plataeae (wörtlich: in der bei P. geschlagenen Schlacht) in die Flucht schlagen. 2 Darauf konnte der mit der gemeinsamen Flotte aller Griechen zum Hellespot geschickte Pausanias ≈ Pausanias, der/nachdem er geschickt worden war, die Perser auch aus diesem Meer vertreiben ≈ darauf wurde Pausanias... geschickt und konnte... 3 Als ≈ weil P. in dieser Sache gleiches Glück gehabt hatte, scheint er durch den eigenen Hochmut besiegt worden zu sein ≈ wurde er scheinbar... 4 Denn er soll nicht nur die Sitten der Vorfahren sondern auch die Kleidung gewechselt haben ≈ die Sitten vergessen und neue Kleider angelegt... 5 Er benutzte die Kleidung des Königs / eines Königs der Perser. 6 Ja, er hoffte sogar, dass er König von ganz Griechenland sein werde ≈ zu werden. 7 Über diese Sache ≈ darüber scheint er mit den Persern verhandelt zu haben. 8 Dann wurde er nach Sparta zurückgerufen und des Hochverrates angeklagt ≈ wegen Hochverrat... Vom Vorwurf des Hochverrates wurde er freigesprochen; trotzdem wurde er mit viel Geld bestraft ≈ zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Zur Flotte konnte er nicht zurückkehren. 9 Dennoch verließ er die/seine Heimat und brach zu den Persern auf, damit er... ≈ um mit ihnen zu verhandeln. 10 Pausanias, weil ihn die Spartaner ≈ Weil die Spartaner Pausanias töten wollten, floh er in irgendeinen Tempel, konnte sich aber dort nicht verbergen. 11 Die Spartaner schlossen ihn nämlich im Tempel ein. 12 Dadurch ist Pausanias im Tempel durch ≈ an Hunger gestorben ≈ starb Pausanias den Hungertod. Grammatik Pausanias, dum...: Pausanias, während er ≈ während Pausanias; lateinische Stellung – eā rē ūtī: von dieser Sache Gebrauch machen, diese Sache benutzen; ūtī mit Ablativ – Pausanias ... victus esse vidētur: Pausanias wird gesehen, besiegt worden zu sein ≈ anscheinend/scheinbar wurde er besiegt, er schien besiegt worden zu sein; vidērī ≈ scheinen; weil man fragt: Wer oder was wurde gesehen (Passiv) muss der Nominativ mit Infinitiv (n.c.i.) an Stelle des a.c.i. stehen; wandeln wir den Satz aber ins Aktiv um, muss a.c.i. stehen, weil wir fragen: Wen oder was sehen wir: Vidēmus Pausaniam victum esse ≈ wir sehen, dass P. besiegt wurde. Der (seltenere) n.c.i. ersetzt also dann den a.c.i., wenn Verben, nach denen sonst der a.c.i steht, Passiv ins verwandelt werden 4 Pausanias ... mutavisse traditur: erneut . n.c.i : Pausanias (wer?) wird überliefert, vertauscht zu haben ≈ Pausanias soll vertauscht haben, hat angeblich vertauscht; textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 216 Verben des Berichtens werden beim n.c.i. gerne mit sollen – angeblich übersetzt 5 vestimentīs utī: Kleider (Plural) benutzten: ūtī mit Ablativ 7 Pausanias cum Persīs ēgisse vidētur: n.c.i. wie in Satz 3: Pausanias scheint verhandelt zu haben, hat anscheinend/scheinbar verhandelt (anscheinend ≈ es ist wohl wirklich so – scheinbar: es sieht nur so aus, aber man täuscht sich wohl). velle nōlle mālle ≈ wollen ≈ nicht wollen ≈ lieber wollen Indikativ Präsens volō vīs vult volumus vultis vōlunt ich will du willst er/sie will wir wollen ihr wollt sie wollen mālo māvīs ich will lieber du willst lieber māvult es will lieber nōlo nōn vīs nōn vult nōlumus nōn vultis nōlunt mālumus wir wollen lieber ich will nicht du willst nicht er/sie/es will nicht wir wollen nicht ihr wollt nicht sie wollen nicht māvultis ihr wollt lieber mālunt sie wollen lieber Konjunktiv Präsens velim velīs velit velīmus ich soll* wollen du sollst wollen er soll wollen wir sollen w. nōlim ich soll* nicht wollen nōlīs du sollst nicht wollen nōlit nōlīmus er soll nicht wollen wir sollen nicht wollen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 217 velint ihr sollt wollen sie sollen w. mālim ich soll* lieber w. mālīs du sollst lieber w. velītis mālit sie soll lieber... nolītis ihr sollt nicht wollen nōlint sie sollen nicht wollen mālīmus wir sollen lieber woll. mālītis ihr sollt lieber w. mālint sie sollen lieber w. *) Statt sollen auch mögen: ich möge/mag (nicht/lieber) wollen usw. Literarischer alter Konjunktiv Präsens: ich wolle, du wollest, er/sie/es wolle wir wollen, ihr wollet, sie wollen Der alte General zum Offizier: Er komme und wolle mir berichten! Der gute alte J. W. v. Goethe zu uns allen: Du kannst; so wolle nur! Indikativ Imperfekt volēbam volēbas volēbat volebāmus volebātis volēbant ich wollte du wolltes sie wollte wir wollten ihr wolltet sie wollten mālēbam ich wollte lieber mālebāmus nōlēbam nolēbas nolēbat nolebāmus ich wollte nicht du wolltest nicht er wollte nicht wir wollten nicht nolebātis nolēbant ihr wolltet nicht sie wollten nicht mālēbas du wolltest lieber mālebātis mālēbat er/sie wollte lieber mālēbant textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 218 wir wollten lieber ihr wolltet lieber sie wollten lieber Konjunktiv Imperfekt vellem vellēs vellet vellēmus vellētis vellent nōllem nōllēs nōllet nōllēmus nōllētis nōllent māllem māllēs māllet māllēmus māllētis māllent ich sollte, konnte, würde: wollen, nicht wollen, lieber wollen usw. du solltest, konntest, würdest: wollen, nicht wollen, lieber wollen usw. sī vellem, possem ≈ wenn ich wollte, könnte ich. Merke: Oft ist der deutsche Indikativ schöner. Futur I. volam volēs volet volēmus volētis volent nōlam mālam nōlēs mālēs nōlet mālet nolēmus malēmus nolētis malētis nōlent mālent ich werde wollen, nicht wollen, lieber wollen du wirst wollen, nicht wollen, lieber wollen er/sie/es wird wollen, nicht wollen, lieber wollen wir werden wollen, nicht wollen, lieber wollen ihr werdet wollen, nicht wollen, lieber wollen sie werden wollen, nicht wollen, lieber wollen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 219 Partizip Präsens Aktiv der Gleichzeitigkeit (PGA) vōlens, volentis ≈ wollend nōlens, nolentis ≈ nicht wollend mālle besitzt kein PGA ego linguam Latīnam nōlens vōlens discō. tu linguam Latīnam nōlens vōlens discis. is linguam Latīnam nōlens vōlens discit. nōs linguam Latīnam nolentēs volentēs discimus. vōs linguam Latīnam nolentēs volentēs discitis. multī linguam Latīnam nolentēs volentēs discunt. Ich lerne Latein wollend, nicht wollend. Ich lerne Latein, ob ich will oder nicht. Du lernst Latein wollend, nicht wollend. Du lernst Latein, ob du willst oder nicht Er lernt Latein wollend, nicht wollend. Er lernt Latein, ob er will oder nicht. Wir lernen Latein als wollende – nicht wollende Wir lernen Latein, ob wir wollen oder nicht. Ihr lernt Latein als wollende – nicht wollende Ihr lernt Latein, ob ihr wollt oder nicht Sie lernen Latein als wollende – nicht wollende Sielernen Latein, ob sie wollen oder nicht. mē tē eum nōs vōs eōs linguam Latīnam discere volentem gaudium complet. linguam Latīnam discere nolentem magister laudat. linguam Latīnam discere nolentem diligimus linguam Latīnam discere volentēs pater vituperat. linguam Latīnam discere nolentēs mater tamen amat. linguam Latīnam discere nolentēs magistrī diligunt. Mich, den Latein lernen wollenden, erfüllt Freude. Weil ich Latein lernen will, erfüllt mich Freude. Dich, den Latein nicht lernen wollenden, lobt der Lehrer. Obwohl du kein Latein lernen willst, lobt dich der Lehrer. Ihn, den Latein nicht lernen wollenden, mögen wir. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 220 Weil/obwohl er kein Latein lernen will, mögen wir ihn. Uns, die Latein lernen wollenden, tadelt der Vater. Obwohl/weil wir Latein lernen wollen, tadelt uns der Vater. Euch, die L. nicht lernen wollenden, liebt die Mutter dennoch. Obwohl ihr kein L. lernen wollt, liebt euch die Mutter dennoch. Sie, die Latein nicht lernen wollenden, lieben die Lehrer. Weil/obwohl/auch wenn sie kein L. lernen wollen, lieben sie... Perfekt Indikativ vōluī vōluistī vōluit voluimus voluistis voluērunt nōluī nōluistī nōluit noluimus noluistis noluērunt māluī māluistī māluit maluimus maluistis maluērunt ich wollte, habe gewollt usw. ich wollte nicht, habe nicht gewollt/wollen usw. ich wollte lieber, habe lieber gewollt/wollen usw. inimīcum malum punīre vōluī sed nōn potuī. Ich wollte den bösen Feind strafen, konnte es aber nicht. Ich habe den b. Feind strafen wollen aber nicht können. Perfekt Konjunktiv vōluerim vōlueris vōluerit voluérimus voluéritis voluerint nōluerim nōlueris nōluerit noluérimus noluéritis noluerint māluerim mālueris māluerit maluérimus maluéritis maluerint ab 2. Person Singular mit dem Futur II. identisch; Übersetzung meist mit deutschem Indikativ Futur II. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 221 vōluerō vōlueris vōluerit voluérimus voluéritis voluerint nōluerō nōlueris nōluerit noluérimus noluéritis noluerint māluerō mālueris māluerit maluérimus maluéritis maluerint ab 2. Pers. Sing. mit Perfekt Konjunktiv identisch ich werde (nicht, lieber) gewollt haben du wirst (nicht, lieber) gewollt haben er, sie wird (nicht, lieber) gewollt haben wir werden (nicht, lieber) gewollt haben ihr werdet (nicht, lieber) gewollt haben sie werden (nicht, lieber) gewollt haben Indikativ Plusquamperfekt vōlueram vōlueras vōluerat voluerāmus voluerātis voluerant nōlueram nōlueras nōluerat noluerāmus noluerātis noluerant mālueram mālueras māluerat maluerāmus maluerātis maluerant ich hatte (nicht, lieber) gewollt, du hattest … Konjunktiv Plusquamperfekt vōluissem vōluissēs vōluisset voluissēmus voluissētis voluissent nōluissem nōluissēs nōluisset noluissēmus noluissētis noluissent māluissem māluissēs māluisset maluissēmus maluissētis maluissent ich hätte (nicht, lieber) gewollt, du hättest … textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 222 Libenter amīcum dōnō parvō afficere vōluissem, sed amīcus dōnum accipere nōluit dīcens maius (Komparativ Neutr. Sing.) dōnum māluisset. Gerne hätte ich den Freund mit einem kleinen Geschenk ausstatten ≈ ihn mit einem kleinen Geschenk beschenken wollen, aber der Freund wollte das Geschenk nicht annehmen, sagend ≈ und sagte, ein größeres Geschenk hätte er lieber gewollt, wäre ihm lieber gewesen. Infinitiv (Perfekt) Aktiv der Vorzeitigkeit voluisse nōluisse māluisse gewollt haben nicht gewollt haben lieber gewollt haben Semper nōluisse diabolī est: Stets nicht gewollt zu haben, ist des Teufels – ist typisch Teufel. Nihil voluisse stupidum est: Nichts gewollt zu haben, ist dumm. Constat Gallōs impetum facere voluisse (a.c.i): Es steht fest, dass die Gallier einen Angriff machen wollten (Tatsache). Reus clamāvit sē inimīcum interficere nōluisse (a.c.i. ≈ Behauptung): Der Angeklagte schrie, dass er den Gegner nicht habe töten wollen. Der Angeklagte schrie, er habe den Gegner nicht töten wollen. Iudex: Constat reum interficere nōluisse (a.c.i.): Der Richter: Es steht fest, dass der Angeklagte nicht töten wollte (Tatsache: Indikativ). Nach velle, nōlle, mālle steht der a.c.i. Nach fast allen Verben des Wünschens, Verlangens, Forderns und Befehlens beginnt der lateinische Nebensatz mit ut ≈ dass; nē ≈ dass nicht/damit nicht – beide mit dem Konjunktiv in Folge; einige Verben bilden eine Ausnahme und lassen den a.c.i folgen; darunter ist uns schon iubēre, iubeō, iussī, iussum ≈ auffordern, befehlen begegnet; ebenso hat cupere, cupiō, cupīvī ≈ fordern, verlangen den a.c.i im Gefolge; und auch velle, nōlle, mālle gehören zu diesen Ausnahmen: 1.) Romānī vōlunt / nōlunt / mālunt Germānōs impetum facere ≈ textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 223 die Römer wollen (wollen nicht / wollen lieber), dass die Germanen einen Angriff machen (machten). 2.) Germānī nolēbant sē ā Romānīs petī ≈ die G. wollten nicht, dass sie (selbst; Reflexivpronomen) von den Römern angegriffen wurden ≈ wollten nicht von ihnen angegriffen (petere ≈ angreifen) werden. 3.) Cato mōrēs maiōrum servarī volēbat ≈ Cato wollte, dass die Sitten der Vorfahren bewahrt wurden ≈ wollte sie bewahrt wissen. 4.) Sī volēs, poteris ≈ wenn die wollen wirst, wirst du können ≈ wenn du willst, kannst du. 5.) Sī vellem, possem ≈ wenn ich wollte (wollen würde), könnte ich (würde ich können). 6.) Seu vēlimus, seu nōlimus, nōs omnēs laborāre debēmus ≈ ob wir wollen oder nicht wollen, wir alle müssen arbeiten. Hier braucht der Konjunktiv nach seu – sei es, dass wir arbeiten sollen... überhaupt nicht wörtlich übersetzt werden. 7.) Sī voluissēs, potuissēs ≈ wenn du gewollt hättest, dann hättest du gekonnt ≈ hättest du gewollt, hättest du gekonnt. 8.) Einen Imperativ besitzt nur nōlle: nolī, nolīte ≈ wolle nicht, wollet nicht; er kommt aber nur im Zusammenhang mit dem Infinitiv Präsens Aktiv der Gleichzeitigkeit vor: Nōlī laborāre, nolīte laborāre !! Nolī dormīre, nolīte dormīre !! Wolle / wollet nicht arbeiten ≈ arbeite nicht/arbeitet nicht!! Wolle /wollet nicht schlafen ≈ schlafe nicht / schlaft nicht!! Das ist der (irgendwie seltsame) verneinte Imperativ der Römer. ferre, ferō, tulī, lātum ≈ tragen – bringen ferre ≈ tragen ist ein Verb, das eigentlich nach der konsonatischen Konjugation gehen müsste; aber wie bereits der Infinitiv zeigt (er müsste ja nach dem alten Modell leg-e-re gehen und fer-e-re heißen), liegt hier eine Ausnahme vor: Vor den zur Endung gehörigen Buchstaben r-s-t fällt der Sprechvokal aus. Ein möglicher Grund: Die Römer haben offenbar das r (hier: des Stammes fer) recht melodisch gesprochen und nicht als reinen Konsonanten empfunden. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 224 Indikativ Praes. Aktiv ich trage du trägst er trägt wir tragen ihr tragt sie tragen ferō fers fert ferimus fertis ferunt Konjunktiv Präsens Aktiv Indikativ Imperfekt Aktiv ferēbam ferēbas ferēbat ferebāmus ich trug* du trugst er trug wir trugen ferebātis ferēbant ihr trugt sie trugen ich möge/soll tragen du sollst/mögest tragen er/sie/es soll/möge tragen wir mögen/sollen tragen feram ferās ferat ferāmus ferātis ferant ihr mögt/sollt tragen sie mögen/sollen tragen Konjunktiv Imperfekt Aktiv ich würde tragen** du würdest tragen er würde tragen wir würden tragen ferrem ferrēs ferret ferrēmus ferrētis ferrent ihr würdet tragen sie würde tragen *) alternativ nach Zusammenhang: ich habe getragen, du hast ge. usw. **) alternativ nach Zusammenhang: ich könnte/ich sollte tragen usw. Futur I. Aktiv feram ferēs feret ich werde tragen du wirst tragen er, sie, es wird tragen ferēmus ferētis ferent wir werden tragen ihr werdet tragen sie werden tragen Indikativ tulī tulistī tulit – Perfekt Aktiv ich trug, ich habe getragen du trugst, du hast getragen er trug, er/sie/es hat getragen – tulerim* tuleris tulerit textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae Konjunktiv 225 tulimus tulistis tulērunt wir trugen, wir haben getragen ihr trugt, ihr habt getragen sie trugen, sie haben getragen tulérimus tuléritis tulerint *) Übersetzung nach dem Zusammenhang, meist mit Indikativ Indikativ – Plusquamperfekt Aktiv tuleram ich hatte getragen tulissem tulerās du hattest getragen er hatte getragen wir hatten getragen ihr hattet getragen sie hatten getragen tulissēs tulerat tulerāmus tulerātis tulerant tulisset tulissēmus tulissētis tulissent – Konjunktiv ich hätte getragen du hättest getragen er hätte getragen wir hätten getrag. Ihr hättet getragen sie hätten getragen Futur II. Aktiv tulerō ich werde getragen haben* tulérimus wir werden getragen haben tuleris du wirst getragen haben tuléritis ihr werdet getragen haben tulerit er wird getragen haben tulerint sie werden getragen haben *) häufig genügt in Deutschen das Perfekt: ich habe getragen Imperativ: fer, ferte ≈ trage! tragt! Partizip der Gleichzeitigkeit Aktiv (PGA): ferens, ferentis ≈ tragend Infinitive: ferre ≈ tragen; tulisse ≈ getragen haben textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 226 Gerundium: ferre, ferendī, ferendō, ferendum, ferendō ≈ das Tragen Gerundīvum: ferendus, a, um: ein zu Tragender, einer, der getragen... ...werden soll oder muss Indikativ feror ferris fertur ferimur feriminī feruntur ich werde getragen du wirst getragen er/sie wird getragen wir werden getragen ihr werdet getragen sie werden getragen Indikativ ferēbar ferebāris ferebātur ferebāmur ferebāminī ferebantur – – ich wurde getragen du wurdest getragen er wurde getragen wir wurden getragen ihr wurdet getragen sie wurden getragen Präsens Passiv ferar ferāris feratur ferāmur ferāminī ferantur ich möge/soll getragen werden du sollst/mögest getragen werden er/sie soll/möge getragen werden wir mögen/sollen getragen werden ihr mögt/sollt getragen werden sie mögen/sollen getragen werden Imperfekt Passiv ferrer ferrēris ferrētur ferrēmur ferrēminī ferrentur Konjunktiv – – Konjunktiv ich würde/sollte/könnte getragen werden du würdest/solltest usw. getragen werden er würde/sollte/könnte getragen werden wir würden würden usw. getragen werden ihr würdet/solltet/ könntet getragen werden sie würden/sollten usw. getragen werden textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 227 Futur I. Passiv ferar ferēris ferētur ich werde getragen werden du wirst getragen werden er wird getragen werden ferēmur ferēmini ferentur wir werden getragen werden ihr werdet getragen werden sie werden getragen werden Perfekt Passiv Indikativ lātus, -a, um sum – es – est ich bin getragen worden, ich wurde getragen usw. lātī, ae, a sumus – estis – sunt Wir sind getragen worden, wir wurden getragen usw. Perfekt Passiv Konjunktiv lātus, -a, um sim – sīs – sit lātī, ae, a sīmus – sītis – sint Die Übersetzung folgt dem Zusammenhang; meist Indikativ. Plusquamperfekt Passiv Indikativ lātus, -a, um eram – erās – erat ich war getragen worden, du warst… lātī, ae, a erāmus – erātis – erant wir waren getragen worden, ihr wart… Plusquamperfekt Passiv Konjunktiv lātus, -a, um essem – essēs – esset ich wäre getragen worden, du wärst…, er wäre... lātī, ae, a essēmus – essētis – essent wir wären getragen worden, ihr wärt…, sie wären... Futur II. Passiv lātus, -a, um erō – eris – erit ich werde getragen worden sein… textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 228 lātī, ae, a erimus – eritis – erunt wir werden getragen worden sein… Infinitiv Perfekt Passiv der Vorzeitigkeit (für a.c.i.) lātum, -am, um esse – lātōs, -ās, a esse – getragen worden sein: Audiō saccōs latōs esse ≈ ich höre, dass Säcke getragen wurden. Scīō librum Tacitī dē Germānīs in linguam Tiudiscam translātam esse. Ich weiß, dass das Buch des Tacitus über die Germanen in die deutsche Sprache übertragen worden ist – ins Deutsche übertragen wurde. Dē librīs Sibyllīnīs 1 Auctōrēs Romānī referunt complurēs Sibyllās ōlim fuisse. 2 Una ex eīs Sibyllīs Sibylla Cumāna fuisse dīcitur. 3 Quā dē Sibyllā haec ferē referuntur: 4 Illa anus ignōta olim novem librōs sēcum ferens ad rēgem Tarquinium sē contulit et librōs oracula continentēs eī obtulit. 5 Rex autem anum dērīsit. 6 Tum Sibylla – tribus librīs in focum abiectīs – iterum rēgem interrogavit, utrum reliquōs librōs emeret annōn. 7 Sed rex Romanōrum multō magis rīsit atque fēminam dilirāre dixit. 8 Tum anus trēs aliōs librōs in īgnem iēcit. 9 Tum dēmum Tarquinius trēs reliquōs librōs eōdem pretiō, quod prō omnibus erat petītum, ēmit. 10 Sibylla autem Romā relictā nusquam postea vīsa esse dīcitur. 11 Librī, de quibus supra narrātum est, postea Sibyllinī librī appellātī sunt. 12 Quindecimvirī eōs consulēbant, cum Romānī bellum incipere volēbant. auctor: Historiker – referre: berichten – complurēs: mehrere – Sibylla: Sibylle; Wahrsagerin – ōlim: einst 2 Cumānus, a, um: aus Cumae stammend – dicitur: sie soll... (n.c.i.) 3 Qua: relativer Anschluss – haec ferē: etwa dies (neutrum Plural) 4 anus, ūs f.: alte Frau – ignōtus, a, um: unbekannt – novem: neun – sē con-ferre: sich hinbegeben – continēre: enthalten – offerre, obtulī, oblātum: anbieten, offerieren 5 dēridēre, derīsī: auslachen 6 focus: Feuer, Herd, Ofen – abicere: wegwerfen; librīs abiectīs: Ablativus Absolutus – utrum ... annōn: ob ... oder nicht – emere: kaufen 7 multō magis: noch viel mehr – feminam dilirāre: a.c.i. ≈ dass die textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 229 Frau spinne 8 ignis, is: Feuer 9 tum demum: da erst – eōdem pretiō: zum gleichen Preis – petere, petīvī, petītum; fordern, verlangen 10 Romā relictā: ablativus Absolutus ≈ nachdem Rom verlassen worden war – nusquam: nirdendwo – vidēre, vīdī, vīsum: sehen – vīsa esse dicitur: n.c.i. ≈ sie soll nirgendwo mehr gesehen worden sein 12 quindecimvirī: ein Zehnmännerkollegium (der Priester) – consulere: um Rat fragen – cum: immer, wenn (mit Indikativ) Die römischen Historiker berichten, es habe einst mehrere Sibyllen gegeben. 2 Eine dieser Sibyllen soll die Kumanische gewesen sein. 3 Über diese S. wird etwa folgendes berichtet: 4 Diese alte unbekannte Frau, einst neun Bücher mit sich tragend ≈ trug einst neun Bücher mit sich und begab sich zum König T. und bot ihm (diesem) die Orakel/Weissagungen enthaltenden Bücher an ≈ diese Bücher, die Weissagungen enthielten/weil sie Weissagungen enthielten an 5 Der König aber verlachte die alte Frau. 6 Darauf hat die S., nachdem drei Bücher in den Ofen geworfen worden waren ≈ sie drei Bücher ... hatte, den König erneut gefragt ≈ fragte ihn erneut, ob er die übrigen Bücher kaufe oder nicht. 7 Aber der König der Römer lachte noch viel mehr und sagte, die Frau sei verrückt. 8 Da warf die Frau drei weitere Bücher ins Feuer. 9 Dann endlich kaufte T. die restlichen drei Bücher zum selben Preis, der für alle verlangt (worden) war ≈ die sie verlangt hatte. 10 Die Sibylle aber, nachdem Rom verlassen worden war ≈ sie Rom verlassen hatte, soll später nirgendwo mehr gesehen worden sein. 11 Die Bücher aber, über die oben erzählt worden ist, wurden später die Sibyllinischen genannt. 12 Die Fünfzehnmänner befragten sie jedesmal, wenn die Römer einen Krieg beginnen wollten. īre, eō, iī – gehen Das Verb īre geht formal nach der i-Konjugation. Da sein Stamm aber lediglich aus dem Buchstaben i besteht, gibt es Probleme... Außerdem kann der verwandte Buchstabe e das Stamm-i ersetzen: Indikativ Präsens eō is it ich gehe du gehst er geht īmus ītis eunt wir gehen ihr geht sie gehen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 230 Konjunktiv Präsens eam eas eat ich soll gehen du sollst gehen er soll gehen eāmus eātis eant wir sollen gehen ihr sollt gehen sie sollen gehen Indikativ Imperfekt ībam ības ībat ich ging* du gingst er ging ibāmus ibātis ībant wir gingen ihr gingt sie gingen *) Je nach Zusammenhang auch: ich bin gegangen usw. Konjunktiv Imperfekt īrem īrēs īret ich würde gehen* du würdest gehen er/sie würde gehen irēmus irētis īrent wir würden gehen ihr würdet gehen sie würden gehen *) Es kann auch heißen: ich sollte/könnte gehen usw. Futur I. ībō ībis ībit ich werde gehen du wirst gehen er/sie wird gehen ībimus ībitis ībunt wir werden gehen ihr werdet gehen sie werden gehen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 231 Indikativ Perfekt ī-ī īstī ī-it ich ging, bin geg. du gingst, bist gg. er ging, ist geg. ī-imus īstis ī-ērunt wir gingen, sind... ihr gingt, seid geg. sie gingen, sind... Konjunktiv Perfekt ī-erim ī-eris ī-erit ī-erimus ī-eritis ī-erint Übersetzung nach Zusammenhang; häufig nur Indikativ Indikativ Plusquamperfekt ī-eram ī-erās ī-erat ich war gegangen du warst gegangen er war gegangen ī-erāmus ī-erātis ī-erant wir waren gegang. ihr wart gegangen sie waren gegangen Konjunktiv Plusquamperfekt īssem īssēs īsset ich wäre gegang. du wärst gegangen er wäre gegangen īssēmus īssētis īssent wir wären geg. ihr wärt gegangen sie wären gegn. ī-eris ī-erit Futur II. ī-erō textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 232 ich werde gegangen sein du wirst gegangen sein er/sie/ es wird gegangen sein ī-erimus ī-eritis ī-erint wir werden… ihr werdet… sie werden… Infinitive: īre ≈ gehen; īsse ≈ gegangen sein Partizip (Präsens) der Gleichzeitigkeit Aktiv (PGA): iens, (Gen.) euntis, euntī usw. ≈ gehend; einer, der geht, eine, die geht usw. Gerundium: īre, eundī, eundō, ad eundum, eundō ≈ das Gehen… Gerundīvum: eundum est ≈ es ist ein zu Gehendes; man muss gehen Ein Brief Alexanders d. Gr. (aus dem Alexanderroman) 1 Aliquō dīē dē rectā vīā dēcesserāmus. 2 Tum amīcī dixērunt: »Quō īs, ō Alexander? 3 Nē trans-īeris modum! 4 Ab-eāmus, nē in peiōra loca in-eāmus«. 5 Ego autem pergere statuī. 6 Itaque decem diēs ībāmus, et inter eos decem diēs lux nōn videbātur. 7 Et in itinere multa mōnstra obvia habuimus, bestiās sex pedibus vel tribus oculīs. 8 Quae partim avolāvērunt, partim nōs ad-iērunt. 9 Denique ex illīs locis in loca īimus, in quibus hominēs sine capitibus habitābant. 10 Oculōs in pectoribus habēbant. 11 Iterum amicī mē orābant, ut redīrem, sed nōluī. 12 Tandem ad mare īimus. 13 Sōlus praeter oram ībam, cum subitō cancer immēnsus ē mare ex-iit. 14 Militēs meī advolavērunt et pila in cancerem iecērunt, sed frustra! 15 Cancer bracchiis hastās perfrēgit. 16 Tum militēs monstrum saxīs multīs discussērunt. 17 Subito multitudo cancerum ē mare ex-īit et nōs ad-iit. 18 Tum timōre perterritī red-īimus. 18 Ego autem mēcum locutus sum: »O, Alexander, domum redī!« 19 Itaque militēs redīre iussī. 1 aliquō dīē: eines Tages – recta via: der rechte Weg – decedere, -cessī: abweichen 3 nē trans-īeris: überschreite nicht: Der verneinte Imperativ wird entweder mit nolī/nolīte gebildet (nolī-te īre ≈ gehe-t nicht) oder mit nē und der zweiten Person Perfekt Konjunktiv: nē ī-eris: gehe nicht; nē ī-eritis: gehet nicht – partim: teils – avolāre: forteilen – ad-īre: angreifen 9 dēnique: schließlich 10 oculus: Auge – pectus, oris n.: Brust 11 orāre: bitten – redire: zurückkehren 12 tandem: endlich 13 solus, a, um: allein – praeter m. Akk.: an ... entlang – ora: Küste – cancer: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 233 Krebs – immensus, a, um: riesig 14 advolāre: herbeieilen 15 bracchium: Arm – hasta: Speer perfringere, -frēgi: zerbrechen 16 saxum: Stein – discuttere, -cussī: zerschmettern 17 multitudo, -dinis f.: Menge – ad-īre: angreifen 18 red-īre: zurückkehren 19 mēcum: mit mir, zu mir – loquī, locutus sum: sprechen – iubēre, iussī: befehlen (m. a.c.i) Eines Tages waren (Plusquamperf.) wir vom rechten Weg abgekommen. 2 Da sagten meine Freunde: »Wohin gehst du, Alexander? 3 Überschreite nicht das Maß! 2 Lasst uns weggehen, damit wir nicht in schlimmere Plätze geraten.« 5 Ich aber beschloss, weiterzugehen. 6 Daher gingen wir zehn Tage lang, und innerhalb dieser zehn Tage sah man das Licht nicht. 7 Und unterwegs hatten wir viele Ungeheuer entgegenkommend ≈ kamen uns entgegen, Tiere mit sechs Füßen oder drei Augen. 8 Diese flohen teilweise, teilweise griffen sie uns an. 9 Schließlich kamen wir von diesen Plätzen an Plätze, an denen Menschen ohne Köpfe lebten. 10 Sie hatten die Augen auf der Brust. 11 Erneut baten mich die Freunde, ich sollte zurückkehren, aber ich wollte nicht. 12 Endlich kamen wir zum Meer. 13 Allein ging ich an der Küste entlang, da kam plötzlich ein riesiger Krebs aus den Meer hervor. 14 Meine Soldaten eilten herbei und warfen Speere auf den Krebs, aber vergebens! 15 Der Krebs zerbrach mit den Scheren die Speere. 16 Endlich zerschmetterten die Soldaten das Monster mit vielen Steinen. 17 Plötzlich kam eine Menge Krebse aus dem Meer hervor und griff uns an. 18 Da kehrten wir von Furcht sehr erschreckt zurück. 18 Ich aber sagte zu mir: »Alexander, kehre nach Hause zurück!« 19 Daher befahl ich den Soldaten, zurückzukehren – ließ sie umkehren. fierī und Komposita von facere Das Verb fierī ≈ werden, gemacht werden, entstehen ersetzt den fehlenden Präsens-Stamm des Verbs facere ≈ machen. Facere hat folgende Stammform: facere, faciō (Kurvokalische i-Konjugation), fēcī, factum. Obwohl die Bedeutung eher passivisch ist, wird fierī immer Aktiv konjugiert: Indikativ Präsens: fiō, fis, fit, fīmus, fītis, fiunt ≈ ich werde (gemacht), ich entstehe, du wirst (gemacht), entstehst usw. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 234 Konjunktiv Präsens: fiam, fiās, fiat; fiāmus, fiātis, fiant ≈ ich soll/möge (gemacht) werden, entstehen usw. Indikativ Imperfekt: fiēbam, fiēbas, fiēbat; fiebāmus, fiebātis, fiēbant ≈ ich wurde (gemacht), entstand; ich bin (gemacht) worden… Konjunktiv Imperfekt: fierem, fierēs, fieret; fierēmus, fierētis, fierent ≈ ich würde (gemacht) werden, entstehen usw. – ich entstünde, du entstündest, er/sie/es entstünde, wir entstünden usw. Futur I: fiam, fiēs, fiet; fiēmus, fiētis, fient ≈ ich werde (gemacht) werden, entstehen, du wirst (gemacht) werden, entstehen usw. 1.) Hominēs avarītiā malī fiunt. Die Menschen werden durch (die) Habgier schlecht. 2.) Fiat iustitia ≈ es werde/es geschehe Gerechtigkeit! Fiat lux ≈ es werde Licht! (sprach Gott). 3.) den! Omnēs hominēs bonī fiant ≈ alle Leute sollen / mögen gut wer- 4.) Mihī nōn fiat iniuria ≈ mir geschehe/widerfahre kein Unrecht! 5.) Omnia, quae Midas tetigerat, aurum fiēbant ≈ alles, was (im Lat. Plural ≈ alle Dinge, die...) Midas berührt hatte, wurde (zu) Gold. 6.) Tibicēn clarus fiēret, sī melius cantāret ≈ der Flötenspieler würde berühmt (werden), wenn er besser spielte. 7.) Tibicēn, cum horribilī modō cantāret, clārus factus nōn est ≈ weil der Flötenspieler auf grässliche Weise spielte, wurde er nicht berühmt / ist er nicht berühmt geworden. 8.) Tibicēn, cum horribilī modō cantāvisset, clārus factus nōn erat ≈ weil der Flötenspieler auf grässliche Weise gespielt hatte, war er nicht berühmt geworden. 9.) Tibicēn, sī horribilī modō cantāverit, clārus factus nōn erit ≈ wenn der Flötenspieler auf grässliche Weise gespielt hat (haben wird), wird er nicht berühmt (werden). Streik der Flötenspieler 1 Tibicinēs Romae antīquitus ius vescendī in aede Iovis habēbant. 2 Ali- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 235 quandō censōrēs id fierī vetuērunt. 3 Quō factum est, ut tibicinēs iratī Tibur agmine longō abīrent. 4 Itaque nēmo in urbe erat, quī sacrificiīs praecineret. 5 Qua rē perturbātus senatus legātōs Tibur mīsit et orāvit, ut tibicinēs Rōmam redīrent. 6 Quī nullō modō commoverī potuērunt, ut Rōmam tibiīs redīrent cantātum. 7 Tiburtinī igitur magnā difficultāte affectī dolō ūsī sunt: 8 Diē festō tibicinēs per speciem celebrandārum cantū epulārum invitant eōsque vīnō onerātōs sopiunt atque ita in plaustra somnō vinctōs coniciunt et Rōmam portant. 9 In forō Romānō dēmum ē somnō excitātī sunt. 10 Statim populī concursus fit. 11 Tibicinēs nunc Rōmae manēbant. Ius eōrum in aede vescendī restitūtum est. tibicēn, cinis: Flötenspieler – Romae (Lokativ): in Rom – antiquitus (Adv.): seit alters, schon immer – vescī (m. Abl.): sich ernähren von – aedes: Tempel – Iovis: Genitiv von Iupiter 2 aliquandō: einst – censor: Zensor – vetāre: verbieten 3 Tibur (Akk.) nach Tivoli 4 nēmo: niemand – sacrificium: Opfer – praecinere: vorspielen 5 perturbāre: verwirren – orāre: bitten 6 nullō modō: auf keine Weise – commovēre: bewegen – posse: können – tibia: Flöte – cantātum: Supin I.: um zu musizieren 7 Tiburtīnus: Einwohner Tivolis – difficultas: Schwierigkeit – affectus, a, um: versehen mit; difficultāte affectus ≈ in Schwierigkeiten geraten – dolō ūtī: eine List (Abl. bei ūtī) gebrauchen 8 dīes festus: Festtag – per speciem: unter dem Vorwand; zum Schein – celebrāre: feiern – epulae (f. Pl.): Mahl – celebrandae epulae: zu feierndes Mahl, um ein Mahl zu feiern; celebrandae cantu (durch Musik) epulae: gesperrter Ausdruck – invitāre: einladen – vinō onerātus, a, um: durch den Wein schwer ≈ betrunken – sopīre: einschläfern – plaustrum: Lastwagen – vinctus, a, um: gefesselt – conicere, coniciō: werfen – portāre: bringen 9 dēmum: erst – excitāre: aufwecken 10 concursus: Zusammenlauf 11 manēre: bleiben – iūs vescendī (Gerundium): das Recht des Essens, zu essen – re-stitūere, -stituī, -stitūtum: wiederherstellen Die F. hatten in Rom schon immer das Recht, in Jupiters Tempel zu speisen. 2 Eines Tages untersagten die Zensoren, dass dies geschehe. 3 Dadurch geschah es, dass die F. wütend in langem Zug nach Tivoli fortgingen. 4 So war niemand mehr in der Stadt, der bei den Opfern vorspielen konnte / vor den Opferungen spielen konnte. 5 Durch diese Sache ≈ dadurch verwirrt schickte der Senat Botschafter nach Tivoli und bat, dass die F. nach Rom zurückkämen. 6 Diese konnten auf keine Weise dazu bewegt werden, nach Rom zurückzukehren mit ihren Flöten, um zu spielen. 7 Die textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 236 Tiburtiner also, in eine große Schwierigkeit geraten, gebrauchten eine List: 8 An einem Festtag luden sie unter dem Vorwand eines mit Gesang zu feiernden Mahles ≈ unter den V., ein Essen müsse mit Musik verschönert werden, die F. ein, versetzten die Betrunkenen in Schlaf, warfen so die vom Schlaf gefesselten auf Lastwagen und fuhren sie nach Rom. 9 Auf dem Forum Romanum wurden sie endlich aus dem Schlaf geweckt. 10 Sofort fand ein Volksauflauf statt. 11 Die F. blieben nun in Rom. Das Recht derer ≈ ihr Recht des im Tempel Essens ≈ im Tempel zu speisen, wurde wiederhergestellt. Die Adjektive der i-Deklination (Zusammenfassung) Alle Adjektive der i-Deklination haben die gleichen Endungen; lediglich im Nominativ Singular gibt es Unterschiede: Adjektive mit einer, Adjektive mit zwei, Adjektive mit drei Endungen; aber ab dem Genitiv Singular gehen alle gleich; es gibt auch keine Unterschiede in maskulin, feminin und neutrum, wobei wieder die NeutrumRegel zu beachten ist: Nominativ und Akkusativ sind immer gleich! Weiterhin ist daran zu erinnern, dass für alle Adjektive die Regel gilt, dass Kasus, Numerus und Genus (KNG) mit dem Bezugswort übereinstimmen müssen, jedoch die Deklinations-Art abweichend sein darf, also: Nom. dominus stupidus et audax; Akk. dominum stupidum et audacem ≈ der dumme und freche Herr; den dummen und frechen Herrn. Nom. rex malus et horribilis; Abl. rēge malō et horribilī ≈ der böse und schreckliche König; durch den bösen und schrecklichn K. Adjektive der i-Dekination mit einer, zwei und drei Endungen A. einer Endung: audax, audax, audax (Gen. audācis, Stamm audāci) ≈ kühn, verwegen, frech, unverschämt A. zweier Endungen: horribilis, horribilis, horribile (Stamm horribili; Gen. horribilis) ≈ grässlich, grausam usw. A. dreier Endungen: acer, acris, acre (Gen. acris; Stamm acri) ≈ scharf textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 237 Die Endungen Nomin. Singular: Genitiv Singular: Dativ Singular: Akk. Singular: Ablativ Singular: variabel -is -ī -em, -em, Nom. -ī Nomin. Plural: Genitiv Plural: Dativ Plural Akkus. Plural: Ablativ Plural: -ēs, -ēs, -ia -ium -ibus -ēs, -ēs, -ia -ibus Das adjektivische Adverb Wir haben nur zwei Arten des lateinischen Adjektivs kennen gelernt, und dabei bleibt es; beide können zum Adverb verwandelt werden und dienen dann der näheren Bestimmung des Verbs auf die Frage: wie, auf welche Art und Weise? o-a-Deklination – Adjektiv: laetus, a, um – fröhlich; der, die, das fröhliche… piger, pigra, pigrum – faul, der, die, das faule… o-a-Deklination – Adverb: laetē – fröhlich; auf fröhliche Art und Weise pigrē – faul, auf faule Art und Weise i-Deklination – Adjektiv: acer, acris, acre – scharf; der, die, das scharfe… gracilis, gracilis, gracile – dünn, der, die, das dünne… i-Deklination – Adverb: acriter – scharf; auf scharfe Art und Weise graciliter – dünn; auf dünne Art und Weise Verkürzte Bildung der i-Deklination bei folgenden Typen: elegans, (Gen.) elegantis > eleganter – auf erlesene Art und Weise audax, (Gen.) audacis > audacter – auf kühne/verwegene Art und Weise textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 238 Legionarius audax audacter pugnat. Der kühne Legionär kämpft auf kühne Art und Weise ≈ kühn. Artifex attentus attentē laborat. Der aufmerksame Künstler arbeit in aufmerksamer Weise ≈ aufmerksam Lingua Latina vel bene vel male nobis est discenda (Gerundivum). Latein ist uns entweder auf gute oder schlechte Weise zu erlernen; wir müssen Latein gut oder schlecht lernen. bonus, a, um bildet das Adverb bene (Sonderform). malus, a, um bildet das Adverb male (Sonderform). Die Komparation (Vergleich) Das Wort Komparation kommt von latinisch comparāre ≈ vergleichen. Die Sprachen kennen aus logischen Gründen drei Stufen der Komparation: Grundstufe ≈ Positiv (ponere ≈ setzen, stellen, legen) – Steigerungsstufe ≈ Komparativ (comparāre ≈ vergleichen) – Höchststufe ≈ Superlativ (super ≈ über, drüber). Der Positiv ist die Normalform in Sätzen ohne Vergleich: Unser lieber Freund Fritz arbeitet gut. Die Aussage ist ganz klar; ein Lob wird ausgesprochen; ebenso: Die Arbeit ist gut: dickes Lob! Der Komparativ hingegen gewinnt seine Bedeutung nur aus dem Vergleich. Wenn ich also sage, Fritz ist in Latein besser als Markus, sagt das nichts über Fritzens Lateinkenntnisse. Wir müssen erst einmal wissen, was Markus auf dem Kasten hat, und es könnte ja sein, dass er gar nichts kann und sich eine glatte Sechs einhandelt; Fritz hingegen ist besser und erringt immerhin eine Fünf! Genauso wenig ist länger mehr als lang: Ein fünf Zentimeter langer Wurm ist länger als ein vier Zentimerter langer, aber besonders lang sind sie beide nicht. Ebenso schleicht eine Raupe schneller davon als eine Schnecke, aber ist sie schnell oder gar mehr als schnell? Umgekehrt gilt das auch: Gottfried ist in Latein schlechter als Friedbert. Wenn wir nichts über Friedberts Note wissen, kann Ottfried die Noten 1 minus bis 6 haben, alles ist möglich. Wenn Friedbert aber die Note Eins hätte, müssten wir uns erkundigen, um wie viel schlechter Ottfried ist; vielleicht hat er eine Eins bis Zwei; in diesem Falle wäre schlechter alles andre, nur keine Steigerung von schlecht. Der Superlativ gibt das mögliche Höchstmaß an. Der Zusammenhang erklärt, ob aus einer bestimmten Gruppe oder ganz allgemein: Der Feld- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 239 berg ist der höhste Berg (im Taunus oder im Schwarzwald). Der Everest ist der höchste Berg (der Welt). Gottfried ist der beste in Latein (aber nur aus der Klasse 8, wo keiner über eine Drei hinauskommt). Schulz ist der beste Lateiner weltweit, das ist doch klar, oder etwa nicht? …und nicht vergessen: Auch in seiner gesteigerten Form bleibt das Adjektiv ein Adjektiv und richtet sich in Kasus, Numerus und Genus nach dem Bezugswort, gemäß unserer guten alten KNG-Regel: catulus carus – das/ein liebe(s) Hündchen, catulus carior – das/ein liebere(s) Hündchen, catulus carissimus – das liebste Hündchen. Komparation der meisten Adjektive lang; der lange; ein langer... kühn, der kühne; ein kühner... leicht, der leichte; ein leichter... Positiv (Nominativ Sing.) Endung a-o-Dkl: -us, -a, -um Endung i-Deklin: variabel longus, a, um audax, audax, audax levis, levis, leve länger; der längere; ein längerer kühner; der kühnere; ein kühnerer leichter, der leichtere; ein leichterer Komparativ (Nominativ Sing.) Endung: -ior, -ior, -ius bei allen Deklinationen longior, -ior, -ius audacior, -ior, -ius levior, -ior, -ius Superlativ Endung: -issimus, -issima, -issimum – bei allen Deklinationen longissimus, -issima, -issimum – der längste, am längsten audacissimus, -issima, -issimum – der kühnste, am kühnsten levissimus, levissima, levissimum – der leichteste, am leichtesten longior – fluvius longissimus ein langer Fluss; ein längerer Fluss, der längste Fluss mons altus – mons altior – mons altissimus textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae fluvius longus – fluvius 240 ein hoher Berg; ein höherer Berg; der höchste Berg capra stulta – capra stultior – capra stultissima eine dumme Ziege; eine dümmere Ziege; die dümmste Ziege monstrum audax – monstrum audacius – monstrum audacissimum ein freches Monster, ein frecheres Monster; das frechste Monster Komparation der Adjektive auf -er Positiv (Nominativ Sing.) a-o-Dekl.: piger, -gra, -grum i-Deklin.: celer, celeris, celere piger, pigra, pigrumum faul, der faule, eine faule... celer, deleris, celere schnell, der schnelle, eine... Komparativ (Nominativ Sing.) Endung: -ior, -ior, -ius bei beiden Dekl. hinter dem Stamm pigrior, pigrior, pigrius fauler, der faulere, eine faulere... celerior, celerior, celerius schneller, ein schnellerer... am faulsten, der, die, das faulste am schnellsten, der, die, das schnellste Superlativ der Adjektive auf -er Endung: -rimus, rima, rimum bei allen Deklinationen pigerrimus, pigerrima, pigerrimum celerrimus, celerrima, celerrimum discipulus piger – discipulus pigrior – discipulus pigerrimus ein fauler Schüler; ein faulerer Schüler; der faulste Schüler cursor celer – cursor celerior – cursor celerrimus ein schneller Läufer; ein schnellerer L.; der schnellste Läufer altitudo pulcher – altitudo pulchrior – altitudo pulcherrima eine schöne Höhe; eine schönere Höhe; die schönste Höhe missile acre – missile acrius – missile acerrimum textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 241 ein scharfes Geschoss; ein schärferes G.; das schärfste Geschoss Superlativ aller Adjektive auf -ilis mit -limus, a, um Positiv: Komparativ: Superlativ: humilis, humilis, humile – niedrig, ein niedriger… humilior, humilior, humilius – niedriger, ein niedrigerer... humillimus, humillima, humillimum – am niedrigsten Wichtige Ausnahmen der Steigerung Positiv: Komparativ: Superlativ: bonus, bona, bonum – gut, ein guter, der gute… melior, melior, melius – besser; ein/der bessere… optimus, optima, optimum – am besten, der beste… Positiv: Komparativ: Superlativ: malus, mala, malum – schlecht, ein schlechter… peior, peior, peius – schlechter; ein schlechterer… pessimus, pessima, pessimum ≈ der schlechteste… Positiv: Komparativ: Superlativ: magnus, magna, magnum – groß, ein großer… maior, maior, maius – größer; der größere… maximus, maxima, maximum – der/die größte… Positiv: Komparativ: Superlativ: parvus, parva, parvum – klein, ein kleiner, der kleine minor, minor, minus ≈ kleiner; ein kleinerer... minimus, minima, minimum ≈ am kleinsten… Der Komparativ ohne Vergleich Der lateinische Komparativ ohne Vergleich gibt ein Übermaß an und wird mit ziemlich – recht übersetzt: Marcus discipulus prudentior est (Hauptsatz). Marcus ist ein ziemlich, recht kluger Schüler. Constat Iuliam capram stultiōrem essse (a.c.i.). Es steht fest, dass Julia eine recht dumme Ziege ist. Dentes monstrī periculosiōris acutī sunt (Hauptsatz). Die Zähne des ziehmlich gefährlichen Monsters sind spitz. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 242 Magistrī nostrī severiōrēs sunt (Hauptsatz). Unsere Lehrer sind recht streng. Constat amīcās nostrās caprās stultiōrēs esse (a.c.i). Es steht fest, dass unsere Freundinnen ziemlich dumme Ziegen sind. Monstris periculosiōribus dentēs sunt extrahendī (Gerundivum). Den recht gefährlichen Monstern sind die Zähne herauszuziehende ≈ den ziemlich gefährlichen Monstern muss man die Zähne ziehen. Der Superlativ ohne Vergleich (Elativ) Der lateinische Superlativ ohne Vergleich wird mit sehr übersetzt: Marcus maximus et celerrimus est; constat eum prudentissimum esse. M. ist sehr groß und sehr schnell; es steht fest, dass er sehr klug ist. Multī dīcunt Iuliam pigerrimam et pulcherrimam esse. Viele sagen, Julia ist/sei sehr faul und sehr schön. Viele sagen, Julia ist/sei stinkfaul und bildschön/wunderschön. Avia mea vetustissima est ≈ meine Oma ist sehr alt, uralt, steinalt Dentes monstrī periculosissimī sunt extrahendī. Die Zähne des sehr gefährlichen – brandgefährlichen Ungeheuers sind herauszureißende, müssen gezogen werden. Dentes monstrōrum periculosissimōrum sunt extrahendī. Die Zähne der sehr gefährlichen Ungeheuer sind herauszureißende, müssen gezogen werden. Germanī maximī et celerrimī erant; constat eōs simplicissimōs fuisse. Die Germanen waren sehr groß und sehr schnell; es steht fest, dass sie sehr primitiv – ungemein primitiv waren. Multī virī dīcunt amicās stupidissimās et pulcherrimās esse. Viele Männer sagen, ihre Freundinnen seien sehr dumm und sehr schön. Viele Männer sagen, ihre Freundinnen seien strohdumm aber bildschön. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 243 Deutsche Elative: bildschön, wunderschön, potthässlich, uralt, steinalt, blutjung, beinhart, knochenhart, stahlhart, knallhart, butterweich, saukalt, eiskalt, glühheiß, brühheiß, brandgefährlich, staubtrocken, riesengroß, klitzeklein, todsicher, saumäßig, mordsmäßig, herzensgut, grottenschlecht, hundsgemein, hundemüde, todmüde, speiübel, bienenfleißig, stinkfaul, himmelhoch, turmhoch, abgrundtief, sonnenklar, glasklar, glockenhell, pfeilschnell, blitzschnell, blitzsauber, blitzgescheit, entenlahm, bärenstark, baumstark, honigsüß, zuckersüß, messerscharf, rotzfrech, wildfremd, strohdumm, saudumm, knallrot, feuerrot, kugelrund, aalglatt u.a.m. Zur Deklination des Komparativs dominus severior magistra severior animal saevius dominī severiōris magistrae severiōris animalis saeviōris dominō severiōrī magistrae severiōrī animalī saeviōrī dominum severiōrem magistram severiōrem animal saevius dominō severiōre magistrā severiōre animalī saeviōre der strengere Herr die strengere Lehrerin das wildere Tier Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Ablativ Nominativ deutsch dominī severiōrēs magistrae severiōrēs animalia saeviōra dominōrum severiōrum magistrārum severiōrum animalium saeviōrum dominīs severiōribus magistrīs severiōribus animalibus saeviōribus dominōs severiōrēs magistrās severiōrēs animalia saeviōra dominīs severiōribus magistrīs severiōribus animalibus saeviōribus die strengeren Herren die strengeren Lehrerinnen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 244 die wilderen Tiere Die zwei Möglichkeiten der lat. Komparation 1.) mit quam ≈ als (ebenso konstruiert wie im Deutschen): Marcus maior et prudentior est quam Iulius. Marcus ist größer und klüger als Julius. Germānī saeviōrēs et robustiōrēs erant quam Romānī. Die Germanen waren wilder und kräftiger als die Römer. 2.) mit dem Ablativ des Vergleichs (abweichend vom Deutschen): Marcus maior et prudentior est Iuliō. Marcus ist größer und klüger als Julius. Germānī saeviōrēs et robustiōrēs erant Romānīs. Die Germanen waren wilder und kräftiger als die Römer. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 245 2. Teil: reine Lektüre mit Erläuterungen 1. Vercingetorix, Caesar und Labienus 1 Vercingetorix Avernus summae potentiae adulescens erat, cuius iam pater principātum totīus Galliae obtinūerat. 2 Cum Caesar Galliam expugnāret, Vercingetorix amōre patriae commōtus Galliam esse liberandam cēnsuit. 3 Quārē multōs hortātus est cives, ut Galliae liberandae causa arma caperent. 4 Tum Gallōrum principēs eī summum imperium totīus exercitūs mandāvērunt. 5 Imperiō summō oblātō magnum militum numerum ad se adducī iussit. 6 Vercingetorix constituit, quot militēs civitatibus singulīs erant mittendī. 7 Quī id facere dubitāverunt ab eō crudeliter sunt multātī; etiam oculōs eīs effodī iussit. 8 Caesar, postquam in Italiā hās rēs audīvit, statim in Galliam et ad exercitum in Belgicā positum profectus est; Titō Labienō ibī summum erat imperium – Caesare absente. 9 Postquam Caesarī imperium summum ā Labienō redditum est, Romānī multa Gallorum oppida expugnāvērunt, imprīmīs Cenabum et Avaricum. 10 Hīs in oppidīs legionāriī permultōs eōrum oppidōrum civēs crudelissimē trucidāvērunt. 11 Tandem Caesar ad urbem Gergoviam summō monte sitam pervēnit. 12 Ibī partem exercitūs Titō Labienō duce in septentriōnes contra Parisiōs mīsit; cum parte reliquā Gergoviam expugnāre conātus est. 13 Sed Vercingetorix Caesaris copiās vīcit et multōs legionariōs necāvit. 14 Tum Caesar exercitum ā Gergoviā abduxit et ad Labienum contendit, quī interim maximō proeliō Parisiōs eōrumque sociōs devīcerat. 15 Imperatōres et Caesar et Labienus nunc exercitum ē Galliā liberā ēducere conātī sunt, sed Vercingetorix cum permultīs equitibus celerior erat, quam ut Romānī eīs effugere potūerint. 16 Vercingetorix Romānōs maximīs copiīs inclusit; paulō post Romānīs fāme coactīs deditio offererenda fuisset, sed Vercingetorix nullā rē coactus dēbellāre constituit. 17 Eō proeliō Titus Labienus cum Caesaris equitibus erūpit et Gallōs in tergō aggressus est. 18 Quā rē perterritī Gallī ūnā cum dūce Vercingetorige in Alēsiam, oppidum proximum, perfugērunt. 19 Quod oppidum Romānī statim vallō fossāque circumdedērunt; frustra Gallī munitiōnēs Romanōrum perfringere conātī sunt; etiam copiae maximae ex līberā Galliā auxilio venientēs ā Romānīs repulsae sunt. 20 Tandem Vercingetorix fāme cactus deditiōnem obtulit et Caesarī vinctus est dēditus; arma Gallōrum proiciuntur; bellum est finītum: Vercingetorix postea in carcere publicō iugulātus est. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 246 Vercingetorix: Name – Avernus: der Averner; ein gall. Stammesname – principātus, ūs – Vorherrschaft – totīus: Gen. von tōtus, a, um: ganz 2 expugnāre – erobern – amōre patriae: Gen. obiectivus ≈ Liebe zur Heimat – Galliam esse liberandam (Gerundivum im a.c.i.): Gallien sei ein zu befreiendes, müsse… 3 Quārē – daher – hortārī – auffordern – Galliae liberandae causa: des zu erobernden Galliens wegen; Gerundivum + causa mit Gen. 4 princeps: Führer – summum imperium: Oberbefehl – mandāre: anvertrauen 5 imperiō oblātō (Abl. absolutus): nachdem der Befehl erhalten war – iubere, iussī: befehlen mit a.c.i 6 constituere, constituī: festsetzen – milites … mittendī: Gerundivum 7 dubitāre: zögern – crudeliter (Adv.): grausam – multāre: strafen – quīn etiam: ja sogar – oculus: Auge – effodere: ausstechen 8 Belgica: die (nordgallische) Belgica – proficiscī, profectus sum: aufbrechen – Titus Labienus: Name; Caesars Stellvertreter – Caesare absente (Abl. abs.): während Caesar abwesend war; in Caesars Abwesenheit 9 reddere, reddidī, redditum: zurückgeben – Cenabum und Avaricum: Namen 10 permultī, ae, a: sehr viele – crudelissimē (Adverb im Superlativ): aufs grausamste – trucidāre: abschlachten 11 Gergovia: Name – summus mons: Berggipfel 12 Parisiī: Name (Bewohner von Lutetia – Paris) – conārī: versuchen 14 contendere: eilen – dēvincere, dēvīcī: völlig besiegen 15 celerior erat, quam ut: er war schneller, als dass… – effugere: entkommen 16 includere, inclusī: einschließen – fames: Hunger – cogere, co-ēgī, coactum: zwingen – deditio: Übergabe; Kapitulation – offere, obtulī, oblātum: anbieten – dēbellāre: um die Entscheidung kämpfen – constituere, constituī, constitūtum: beschließen 17 erumpere, erupī, eruptum: ausbrechen – tergum: Rücken – aggredī, aggredior, aggressus sum: angreifen 18 quā rē: durch diese Sache, dadurch – perterritus, a, um: sehr erschreckt – Alesia: Stadt-Name – perfugere: flüchten 19 vallō fossāque (Abl.): mit Wall und Graben – circum-dāre, dedī, datum: umgeben – munītio: Befestigung – perfringere, frēgī, fractum: durchbrechen – conārī: versuchen – auxiliō (Dat.) venīre: zu Hilfe kommen – repellere, reppulī, repulsum: zurückschlagen 20 tandem – endlich – offerre, obtuli, oblātum: anbieten – vinctus, a, um: gefesselt – dēdere, dēditī, dēditum: aus- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 247 liefern, übergeben – prōicere: hinwerfen, niederlegen – postea: später – carcer publicus: Staatsgefängnis von Rom – iugulāre: ermorden, umbringen Übersetzung: Der Arverner V. war ein junger Mann von höchster Macht, dessen Vater schon die Vorherrschaft ganz Galliens inne gehabt hatte. 2 Als Caesar Gallien eroberte, meinte V. von Liebe zur Heimat bewegt, Gallien sei ein zu befreiendes, müsse befreit werden 3 Daher forderte er viele Bürger auf, um des zu befreienden Galliens willen zu den Waffen zu greifen 4 Darauf übertrugen ihm Galliens Führer den Oberbefehl über die ganze Armee 5 Nachdem er den Oberbefehl erhalten hatte, befahl er…ließ er eine große Zahl von Soldaten zu sich führen. 6 V. setzte fest, wie viele Soldaten den einzelnen Stämmen zu schickende waren …sie schicken mussten. 7 Diejenigen, die dies zu tun zögerten, wurden grausam von ihm bestraft; ja, er befahl sogar… er ließ ihnen die Augen ausstechen. 8 Nachdem Caesar in Italien diese Dinge gehört hatte, brach er sofort nach Gallien zum in der Belgica stationierten Heer auf; dem T. Labienus war dort… er hatte den Oberbefehl – in Caesars Abwesenheit. 9 Nachdem C. der Oberbefehl von L. zurückgegeben worden war, eroberten die Römer viele Städte der Gallier, besonders Cenabum und Avaricum. 10 In diesen Städten ermordeten die Legionäre sehr viele Bürger aufs grausamste. 11 Endlich gelangte Caesar zur auf einem Berggipfel liegenden Stadt Gergovia. 12 Dort schickte er einen Teil des Heeres unter Titus Labienus‘ Führung nach Norden gegen die Parisier; mit dem übrigen Teil versuchte er, Gergovia einzunehmen. 13 Aber Vercingetorix besiegte Caesars Truppen und tötete viele Legionäre. 14 Da zog Caesar sein Heer von Gergovia ab und eilte zu Labienus, welcher inzwischen in einer riesigen Schlacht die Parisier und ihre Bundesgenossen völlig besiegt hatte. 15 Die Feldherrn C. und L. versuchten nun, das Heer aus dem freien Gallien abzuziehen, aber V. war mit seinen sehr vielen Reitern schneller, als dass die Römer ihm hätten entkommen können. 16 V. schloss die Römer mit seinen Truppen ein; bald darauf wäre den durch Hunger gezwungenen Römern die Kapitulation eine anzubietende gewesen… hätten sie die Kapitulation anbieten müssen, aber V. beschloss, von keiner Sache gezwungen, um die Entscheidung zu kämpfen. 17 In dieser Schlacht brach L. mit Caesars Reitern aus und griff die Gallier im Rücken an. 18 Dadurch geschockt flohen die G. samt dem Führer V. in die nahe Stadt Alesia. 19 Diese Stadt umgaben die Römer sofort mit Wall und Graben; vergebens versuchten die G., die Schanzanlagen der R. zu textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 248 durchbrechen; auch riesige aus dem freien Gallien kommende Truppen wurden von den R. zurückgeschlagen. 20 Schließlich bot V. vom Hunger gezwungen die Kapitulation an und wurde C. gefesselt ausgeliefert; die Waffen der Gallier wurden niedergelegt; der Krieg war beendet; V. wurde später im Staatsgefängnis umgebracht. Zur Grammatik Satz 1 totīus ≈ Genitiv Singular m. f. n. von totus, a, um tōtī ≈ Dativ Singular m. f. n. von totus, a, um Ab Akkusativ Singular geht totus, a, um wieder nach der a-o-Deklination. Derselben Regel folgen die Adjektive: unus, a, um ≈ einer, eine, eines – solus, a, um ≈ ganz, der, die, das ganze ullus, a, um ≈ irgendeiner, -eine, -eines – nullus, a, um ≈ keiner, -e, -es Satz 2 Vercingetorix censuit Galliam esse liberandam (Gerundivum im a.c.i.) Vercingetorix meinte, Gallien sei ein zu befreiendes, müsse befreit werden Satz 3 Galliae liberandae causā ≈ um des zu befreienden Galliens wegen: Einerseits liegt wieder ein Gerundivum vor; andererseits wollen wir beachten, dass causa um willen, wegen heißt und im Lat. mit Genitiv steht: Multōrum expugnandōrum oppidōrum causā: Vieler zu erobernder Städte wegen ≈ um viele Städte zu erobern Satz 5 imperiō summō oblatō (Abl. abs. der Vorzeitigkeit mit nachdem): Nachdem der Oberbefehl erhalten war – nachdem er ihn erhalten hatte … magnus militum numerus – eine große Anzahl der/von den Soldaten ≈ eine Menge Soldaten: Hier liegt der im Deutschen wenig bekannte Teilungsgenitiv, der Genitivus partitivus vor, wenn es nur ein Teil der Gesamtmenge ist; auch im Englischen häufig: We drink a cup of tea – (wörtlich) wir trinken eine Tasse des Tees, vom Tee. Satz 7 oculōs eis effodī iussit (behauptet Caesar propagandistisch): Er befahl, dass ihnen die Augen ausgestoßen wurden; er ließ ausstechen. iubēre – befehlen, lassen steht mit a.c.i. (Ausnahme). textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 249 aber: imperāre – befehlen steht mit ut + Konjunktiv (Normalfall): Vercingetorix imperāvit, ut eīs oculī effoderentur (Konj. Imperf.) Satz 8 …postquam… audīvit – nachdem er gehört hatte: postquam im Lateinischen mit Indikativ Perfekt; in Deutschen meist mit Plusquamperfekt. Labieno summum imperium erat – dem Labienus war der... ≈ er hatte den Oberbefehl: esse + Dativ ≈ gehören, haben. Caesare absente – während Caesar abwesend war, in Caesars Abwesenheit: Ablativus absolutus der Gleichzeitgkeit vom PGA des Verbs abesse ≈ abwesend sein > absens, absentis: mē absente – in meiner Abwesenheit; tē absente – in deiner Abwesenheit; nōbis absentibus – in unserer Abwesenheit; vōbis absentibus – in eurer Abwesenheit; omnibus absentibus – in aller Abwesenheit. Satz 12 Labiēnō dūce – während/als Labienus Führer war ≈ unter Führung des Labienus: Hier fehlt das PGA von esse; wie wir oben sahen, bildet das Kompositum ab-esse das PGA absens – abwesend (seiend), aber esse selbst besitzt keines, so dass wir es oben im Geiste ergänzen müssen; ähnliche Beispiele des sog. nominalen Ablativus absolutus (Ablativus absolutus ohne ein Partizip, also nur aus Nomina bestehend): Antoniō consule als Antonius Konsul war, unter dem Konsulat des A. Caesare dictatore als Caesar Diktator war, unter Caesars Diktatur Mariō praetore als Marius Praetor war, unter der Praetur des Marius Satz 16 deditio offererenda fuisset – die Kapitulation wäre eine anzubietende gewesen ≈ man hätte die Kapitulation anbieten müssen: Gerundivum. Satz 19 …copiae maximae ex Galliā liberā auxiliō venientēs… …sehr große aus dem freien Gallien zu Hilfe kommende Truppen – sehr große Truppen, die aus dem freien Gallien zu Hilfe kamen: Das Latein liebt gesperrte Ausdrücke, hier als participium coniunctum. auxiliō – zu Hilfe; der lat. Dativ auf die Frage wozu. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 250 2. Miltiades, dux Atheniensium 1 Miltiades Atheniensis pūgnā Marathoniā parvā Gracōrum manū exercitum Persarum maximum fūdit fugavitque. 2 Persārum rex ūnā cum militibus reliquīs in navēs sē contulit et eīs imperāvit, ut Athenās navigārent et urbem Graecorum pulcherrimam aggrederentur, antequam Miltiades cum copiīs suīs redīret urbem servātum. 3 Miltiades haec cognoscens militem celerrimum Athenās currere iussit, et ille revērā ante Persās eō pervēnit clamāns adventum Persārum imminēre; tum moriens concīdit. 4 Statim ducēs Atheniensium omnēs virōs, etiam senēs veterrimōs, qui adhuc in urbe erant, moenia conscendere ac portās urbis claudere iussērunt. 5 Rex Persarum id comperiēns dē expugnatiōne urbis dēsperāvit et navēs domum revertī iussit. 6 Annō insequentī Athenienses Miltiadem insulam Parum, quae Persīs auxiliō venērat, expugnāre iussērunt, sed ille infectīs rēbus rediit. 7 Tum Atheniensēs ā Persārum rēge māgnā pecuniā corruptī Miltiadem proditiōnis accusāvērunt: Miltiades in carcerem publicum coniectus est ibīque mortuus est: Sīc trānsit glōria mundī! Miltiades: Name – Atheniensis: Athener – pūgna Marathonia: Schlacht von Marathon – manus, us f.: kleine Schar – exercitus, ūs: Heer – fundere, fudī: schlagen – fugāre: in die Flucht schlagen 2 miles, itis: Soldat – reliquī, ae, a: die übrigen – navis: Schiff – sē conferre, -tulī: sich begeben – aggredī, aggressus sum: angreifen – antequam: bevor – redīre: zurückkehren – urbs, urbis f.: Stadt – servātum: um zu retten 3 cognoscere: erkennen – celer, ris, re: schnell – Athenās: nach Athen – currere: rennen – rēverā: wirklich – ante: vor – eo: dorthin – pervenīre: gelangen – clamāre: rufen – adventus, ūs: Ankunft – imminēre: drohen – tum: dann – morī: sterben – concīdere: zusammenbrechen 4 statim: sofort – dux, dūcis: Führer – omnēs: alle – senex, senis: Greis – vetus, veteris: alt – adhuc: noch – moenia, ium (n.Pl.): Mauern – conscendere: besteigen – porta: Tor – claudere: schließen 5 comperīre: erfahren – dē … dēsperāre: an … verzweifeln – expugnātio: Eroberung – domum: nach Hause – revertī: zurückkehren 6 insequens, ntis: folgender – insula: Insel – Parus (Name): Paros – auxiliō venīre: zu Hilfe kommen – infectis rebus: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 251 unverrichteter Dinge – redīre, redeō: zurückkehren 7 tum: dann – pecunia: Geld – cor-rumpere, rūpī, ruptum: bestechen – proditio: Verrat – accusāre: anklagen – carcer, ris: Gefängnis – conicere, iēcī, iectum: werfen – morī, morior, mortuus sum: sterben Übersetzungsvorschlag Miltiades schlug und vertrieb in der Schlacht bei Marathon mit kleiner Mannschaft das riesige Perserheer. 2 Der Perserkönig begab sich zusammen mit seinen übrigen Soldaten auf die Schiffe und befahl ihnen, nach Athen zu segeln und die schönste Stadt der Griechen anzugreifen, bevor Miltiades mit seinen Truppen zurückkehrte, um die Stadt zu retten. 3 Miltiades, der dies erkannte, ließ einen sehr schnellen Soldaten nach Athen rennen, und dieser kam wirklich dort vor den Persern an und rief, die Ankunft der Perser drohe; dann brach er sterbend zusammen. 4 Sofort befahlen die Führer der Athener, dass alle Männer, die noch in der Stadt waren, sogar uralte Greise, die Mauern bestiegen und die Tore schlössen ≈ ließ sie besteigen und schließen. 5 Der dies erkennende Perserkönig ≈ als der Perserkönig dies erkannte, verzweifelte er an der Eroberung der Stadt ≈ gab er die Eroberung auf und befahl, dass… ≈ und ließ die Schiffe nach Hause zurückkehren. 6 Im folgenden Jahr befahlen die Athener Miltiades, die Insel Paros, die den Persern zu Hilfe gekommen war, zu erobern, aber jener kehrte unverrichteter Dinge zurück. 7 Darauf klagten die vom Perserkönig mit viel Geld bestochenen Athener Miltiades des Verrates an: Miltiades wurde ins Staatsgefängnis geworfen und starb dort: So vergeht der Ruhm der Welt. Grammatik etc. zu Miltiades Ein Satz 1: fūdit fugavitque – er vertrieb und schlug in die Flucht. Sachverhalt wird durch zwei Ausdrücke bekräftigt; diese Stilfigur nennt man Hendiadyoin (griech.) ≈ eins (geteilt) durch zwei. parvā manū (Ablativ): mit kleiner Schar (milit. für Hand): Stubstantive der u-Deklination (Muster: fructus, -ūs) sind maskulin; aber manus, ūs – Hand; Schar und domus, ūs – Haus sind feminin. Satz 2: Rex Persārum eis imperāvit, ut navigārent et aggrederentur (Deponens): textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 252 Der Perserkönig befahl ihnen, dass sie segeln und angreifen sollten. Sätze des Wünschens und Befehlens stehen mit ut + Konjunktiv. Miltiades rediit urbem servātum: Miltiades kehrte zurück, um die Stadt zu retten. Das Supin I. auf -tum wird mit um zu übersetzt. Satz 3: Miltiades haec cognoscens (Participium coniunctum): Der dies erkennende Miltiades: Als Miltiades dies erkannte, … Während Miltiades dies erkannte, … Weil Miltiades dies erkannte… Miltiades erkannte dies und… Miltiades militem Athenās currere iussit: M. befahl, dass ein Soldat nach Athen eilte; M. ließ einen Soldaten nach Athen eilen. iubēre – befehlen steht mit dem a.c.i. (Ausnahme). Athenās – nach Athen Städtenamen stehen auf die Frage wohin im reinen Akkusativ. Satz 4: veterrimōs ≈ die ältesten, die sehr alten, die uralten, die steinalten: vetus, (Gen.) veteris hat den Stamm veter; daher Superlativ auf -rimus. …außerdem hier und auch in Satz 5 erneut iubēre ≈ befehlen; lassen mit a.c.i (Ausnahme; s.o. zu Satz 3). Satz 6: annō insequentī ≈ im folgenden Jahr: Auf die Frage wann steht der reine Ablativ (d.h. ohne Präposition). Satz 7: …Atheniensēs ā Persārum rēge māgnā pecuniā corruptī… Gesperrter Ausdruck mit Partizip (PVP) ≈ Participium coniunctum …die vom Perserkönig mit viel Geld bestochenen Athener… …die Athener, die … bestochen worden waren; nachdem die Athener, weil die Athener mit viel Geld bestochen worden waren… Hätten die Athener ihn trotzdem freigesprochen, hieß es: …obwohl die Athener mit viel Geld bestochen worden waren, … textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 253 3. Boduognatus, Caesar und Labienus 1 Caesar ex captīvīs inveniēbat omnēs Nerviōs trāns Sabim flumen consedisse ūnā cum Atrabatibus, finitimīs suīs. 2 Nam hīs persuāserant, ut eandem bellī fortūnam experirentur. 3 Etiam Viromanduōs auxiliō venērunt. 4 Quibus rebus cognitīs Caesar exploratōrēs praemīsit, quī locum castrīs idoneum dēligerent. 5 Ipse equitatū praemissō cum legiōnibus subsequebātur. 6 Interim legiōnēs sex, quae primae advēnerant, castra munīre coepērunt. 7 Reliquī paulatim advenientēs legionāriī Nerviōs despiciēbant, quī in silvīs trāns Sabim flumen sītīs sē occultārent. 8 Nonnumquam Nerviōrum equitēs prōvolāvērunt ac cum Romanōrum equitibus, quī Sabim transgressī erant, pugnāvērunt; sed paulō post sē iterum in silvās abdidērunt. 9 Quārē Caesar aciem sibī instruendam esse nōn putāvit et legionariī securī humī sedēbant, dum commilitōnes vallum fossamque castrōrum exstruunt. 10 Subitō autem Nerviī omnibus copiīs ex silvīs provolāvērunt et impetum in equitēs Romanōrum fēcērunt. 11 Quibus facile pulsīs Nerviī Boduognatō dūce incredibilī celeritāte flūmen transīērunt et cornu dextrum Romanōrum circumvenientēs castra aggressī sunt. 12 Iam castra expugnavērunt; passim legionariī trucidābantur; longē latēque calōnēs raptim fugiēbant: Caesar ipse dextrō cornu erat ac scutum gladiumque legionāriī mortuī corripiens ipse prima aciē pugnāre conātus est, quō in locō multī iam legionāriī de salūte desperantēs defessī humī iacēbant. 13 Sinistrō cornū autem Titus Labienus cum decimā legiōne aciem Atrebatōrum ibī positōrum cito perrumperat ac iam castra Nerviōrum expugnātūrus erat, cum vīdit Caesarem eiusque legionāriōs circumventōs esse. 14 Statim cognōvit quantō in periculō exercitus eiusque dux essent. Vīdit castra Romanōrum iam esse expugnāta. 15 Quā rē cognitā milites castra Nerviōrum relinquere, flumen Sabim maximā cum velocitāte trānsire ac Nerviōs tergō aggredī iussit. 16 Labienī adventū nōn iam exspectātō tanta rerum commutatio est facta, ut etiam iī legionariī, qui dē salūte dēsperantes ac mortem exspectantēs iam humī iacebant, pugnam redintegrārent scutīs sublevatī: 17 Pugnā nunc acerrimā tōtus paene exercitus Nerviōrum delētus est; ad ūnum omnēs eōrum dūcēs trucidatī sunt, inter eōs Boduognatus, ille vir fortissimus. 18 Atrebatī autem Commiō dūce fuga salutem petiverunt ac paulō post legatōs de pāce amicitiāque ad Caesarem mīsērunt: Caesare auctore Commius rex Atrabatōrum est factus. captīvus: Gefangener – invenīre: herausfinden – Nerviī: ein belg. Stamm – Sabis (Name): heute Fluss Sambre – considere, sēdī: sich niederlassen – Atrabatēs: belg. Stamm – finitimus: Nachbar textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 254 2 persuadēre, -suasī (m. Dat.): überreden – experīrī: versuchen 3 cognoscere, -novī, cognitum: erkennen – explorātor: Späher – idoneus: geeignet – dē-ligere: auswählen. 4 Viromanduī: belg. Stamm 5 equitatus, ūs: Reiterei – prae-mittere: vorausschicken – subsequī: folgen 6 interim: inzwischen – advenīre: ankommen – castra munīre: Lager anlegen – incipere, coepī: anfangen 7 reliquī: die übrigen – paulātim: allmählich – despicere: verachten – silva: Wald – sītus, a, um: liegend, gelegen – occultāre: verbergen 8 nonnumquam: manchmal – provolāre: hervorstürmen – trāns-gredī, gressus sum: überschreiten – paulō post: bald darauf – sē ab-dere, didī: sich verstecken 9 quārē: daher – aciem instruere: Kampfreihe formieren – securus, a, um: sorglos – humī: am Boden – sedēre: sitzen – dum: während – commilito: Mitkämpfer – extruere: errichten 10 subito: plötzlich – impetus, us: Angriff 11 facile: leicht – pellere, pepulī, pulsum: vertreiben – Boduognatus: Name – dux: Führer – incredibilis, e: unglaublich – celeritas: Schnelligkeit – transīre: überschreiten – cornu dextrum: rechter Flügen – circumvenīre: umgehen 12 expugnāre: erobern – passim: überall – trucidāre: niedermachen – longē latēque: weit und breit – calo: Trossknecht – raptim: hektisch – fugere: fliehen – scutum gladiumque: Schild u. Schwert – corripere: packen – prīmā aciē (Abl.): auf vorderster Front – pugnāre: kämpfen – conārī: versuchen – dē salūte dēsperāre: an der Rettung verzweifeln; aufgeben – dēfessus, a, um: müde – iacēre: liegen 13 sinistrum cornu: linker Flügel – cito: rasch – per-rumpere, rupī: durchbrechen 14 cognoscere, cognōvī, cognitum: erkennen – quantus, a, um: wie groß – periculum: Gefahr 15 relinquere: verlassen – velocitas: Geschwindigkeit – tergum: Rücken 16 adventus, ūs: Ankunft – exspectāre: erwarten – tantus, a, um: so groß – commutātio: Wandel – mors, mortis: Tod – pugna: Kampf – redintegrāre: wieder aufnehmen, erneuern – sublevāre: stützen auf 17 acer, cris, cre: hitzig, erbittert – paene: fast – ad ūnum omnēs: alle bis auf den letzten Mann – fortis, e: tapfer 18 fuga (Abl.) salūtem petere: das/sein Heil in der Flucht suchen – auctor: Urheber – rex, rēgis: König textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 255 Übersetzungsvorschlag Caesar fand von Gefangenen heraus, dass sich alle Nervier jenseits des Flusses Sabis zusammen mit den Atrebaten, ihren Nachbarn, niedergelassen – gelagert hätten. 2 Denn sie hatten diese überredet, das gleiche Kriegsglück zu versuchen 3 Auch die Viromanduer kamen ihnen zu Hilfe. 4 Als Caesar diese Dinge erkannt hatte, schickte er Kundschafter voraus, die einen fürs Lager geeigneten Platz auswählen sollten. 5 Er selbst folgte, nachdem die Reiterei voraus geschickt war, mit den Legionen. 6 Unterdessen begannen die sechs Legionen, die als erste angekommen waren, das Lager zu befestigen ≈ errichten. 7 Die übrigen allmählich ankommenden Legionäre verachteten die Nervier, die sich ≈ weil sie sich in den jenseits des Sabis gelegenen – liegenden Wäldern versteckt hatten – versteckt hätten 8 Manchmal stürmten die Reiter der Nervier hervor und kämpften mit den Reitern der Römer, die den Sabis überquert hatten; aber kurz darauf verbargen sie sich wieder in den Wäldern. 9 Daher glaubte Caesar, er müsse keine Kampfreihe aufstellen, und die Legionare saßen sorglos am Boden, während ihre Kameraden Wall und Graben errichteten. 10 Plötzlich aber stürmten die Nervier mit allen Truppen aus den Wäldern hervor und machten einen Angriff auf die Reiter der Römer. 11 Nachdem diese mit Leichtigkeit geschlagen waren, überquerten sie unter der Führung des Boduognatus den Fluss und griffen unter Umgehung des rechten Flügels der Römer das Lager an. 12 Schon nahmen sie das Lager ein; überall wurden Legionäre abgeschlachtet; weit und breit ergriffen die Trossknechte die Flucht: Caesar selbst war auf dem rechten Flügel, und indem er Schild und Schwert eines toten Legionärs schnappten, versuchte er, an vorderster Front zu kämpfen, an welchem Platzen ≈ wo schon viele an der Rettung verzweifelnde ≈ sich aufgebende Legionäre erschöpft lagen. 13 Auf dem linken Flügel aber stand Titus Labienus mit der Zehnten Legion und hatte die dort stehende Kampfreihe der Atrebaten rasch durchbrochen und war schon dabei, das Lager der Nervier einzunehmen, als er sah ≈ da sah er, dass Caesar und seine Legionäre umzingelt waren. 14 Labienus erkannte, in welcher Gefahr das Heer und dessen ≈ sein Führer waren. Er sah, dass das Lager der Römer schon erobert war. 15 Nachdem diese Sache erkannt war ≈ als er das erkannt hatte, befahl er, dass seine Soldaten das Lager der Nervier verließen, den Fluss Sabis in größter Geschwindigkeit durchquerten und die Nervier im Rücken angriffen. 16 Durch Labienus‘ nicht mehr erwartete Ankunft geschah eine derartige Änderung der Lage, dass sogar diejenigen Legionäre, die an der Rettung verzweifelnd und den Tod erwar- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 256 tend schon am Boden lagen, den Kampf wieder aufnahmen, auf die Schilde gestützt: 17 In erbittertster Schlacht wurde nun fast das ganze Heer der Nervier vernichtet; bis auf den letzten Mann wurden ihre Führer abgeschlachtet, unter ihnen Boduognatus, jener sehr tapfere Mann. 18 Die Atrebaten aber unter der Führung des Commius suchten ihr Heil in der Flucht und schickten bald darauf Botschafter über Frieden und Freundschaft zu Caesar: Mit Caesar als Anstifter ≈ aufgrund von Caesars Eintreten wurde Commius zum König der Antrebaten gemacht. Zur Grammatik 1 Caesar inveniēbat Nerviōs consēdisse – a.c.i. der Vorzeitigkeit. Caesar fand heraus, dass sich die Nervier niedergelassen hätten. Caesar fand heraus, die Nervier hätten sich niedergelassen. 2 Nam his ≈ Atrebatīs persuāserant – denn sie hatten sie überredet. persuadēre, persuāsī, persuāsum – überreden steht mit Dativ. 4 Quibus rebus cognitīs – nachdem diese Dinge erkannt worden waren Ablativus absolutus der Vorzeitigkeit mit PVP 5 equitatu praemissō – nachem die Reiterei voraus geschickt worden war Ablativus absolutus der Vorzeitigkeit mit PVP 7 Reliquī Nervios despiciēbant, quī sē occultārent (Konj. Imperfekt) Die übrigen verachteten die Nervier, die ≈ weil sie sich versteckten. Relativsatz mit begründendem Nebensinn im Konjunktiv. 9 Caesar aciem sibī instruendam esse putāvit, … Caesar glaubte, ihm (selbst; Reflexivpronomen) sei die Front eine einzurichtende ≈ C. glaubte, er müsse die Front aufstellen, … …, dum commilitonēs vallum fossamque exstruunt (Präsens). …, während die Kameraden Wall und Graben errichteten (Präteritum). dum mit Indikativ Präsens passt sich der Zeit des Hauptsatzes an. 11 Quibus facile pulsīs – nachdem diese leicht geschlagen worden waren: quibus: relativer Anschluss; das lateinische Relativpronomen wird im Deutschen als Demonstrativpronomen wiedergegeben; nebenbei: Ablativus absolutus der Vorzeitigkeit mit PVP ≈ nachdem … worden war(en). Boduognatō dūce – während B. Führer war ≈ unter Führung des B. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 257 Nominaler Ablativus absolutus (ohne Partizip; esse hat keines). 13 Titus Labienus castra Nerviorum expugnatūrus erat: T.L. war ein das Lager der Nervier erobern wollender T.L. war gerade dabei, wollte gerade das Lager der N. erobern: Das Partizip Futur der Nachzeitigkeit Aktiv (PNA) auf -tūrus, a, um drückt die unmittelbar bevorstehende Zukunft aus: laudatūrus, a, um sum ≈ ich bin dabei zu loben, will gerade loben. laudatūrus, a, um eram ≈ ich war dabei zu loben, wollte gerade loben. Labienus vīdit legionariōs circumventōs esse: a.c.i. vorzeitig Passiv. L. sah, dass die Legionäre umzingelt waren. 14 castra esse expugnata (a.c.i. wie Nr. 13) …dass das Lager erobert sei. 15 Quā rē cognitā – Abl. abs. der Vorzeitigkeit Passiv: nachdem diese (relativer Anschluss; s.o. Nr. 11) Sache erkannt war. Labienus militēs flumen transīre et aggredī (a.c.i) iussit: L. befahl, dass die Soldaten den Fluss überquerten und angriffen ≈ L. befahl den Soldaten, …anzugreifen ≈ L. ließ seine Soldaten … angreifen: iubēre ≈ befehlen steht mit a.c.i (aber: imperāre, ut + Konjunktiv). 18 Atrebatī autem Commiō dūce… Die Atrebaten, während Commius ihr Führer war ≈ die Atrebaten unter der Führung des Commius: Nominaler Ablativus absolutus (s.o. Nr. 11). ebenso: …Caesare auctōre… …während Caesar der Urheber war, z.B. auf Anraten Caesars, unter Caesars Urheberschaft, aufgrund von Caesars Einfluss, Eintreten usw. 4. Galliens Teile und seine Bewohner Gallia est omnis divisa in partes tres; quarum unam incolunt Belgae, aliam Aquitani, tertiam ii, qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur. 2 Hi omnes lingua, institutis, legibus inter se differunt. Gallos ab Aquitanis Garunna flumen, a Belgis Matrona et Sequena dividit. 3 Horum omnium fortissimi sunt Belgae, propterea quod a cultu atque humanitate provinciae nostrae Narbonensis longissime absunt et quod minime saepe ad eos mer- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 258 catores commeant atque ea, quae ad effeminandos animos pertinent, important, et quod proximi sunt Germanis, qui trans Rhenum incolunt, quibuscum continenter bellum gerunt. 4 Qua de causa Helvetii quoque reliquos Gallos virtute praecedunt, quod fere cottidianis proeliis cum Germanis contendunt: Aut suis finibus eos prohibent aut ipsi in eorum finibus bellum gerunt. Gallia: Gallien, ein römischer Begriff – dividere: teilen – pars: Teil – incolere: bewohnen – Belgae: die Belger in Nordostgallien – Aquitānī: die Aquitanier im Gebiet vor den Pyrenäen – appellāre: nennen 2 flūmen: Fluss – Garunna; Matrona; Sequana: die Flüsse Garonne; Marne und Seine 3 fortis, e: tapfer – propterea: deswegen – provincia Narbonensis: heutige Provence; damals schon römisch – abesse: entfernt sein – cultus ac humanitas: Kultur und Bildung – longus, a, um: lang, weit – mercātor: Kaufmann – commeāre: kommen – effemināre: verweichlichen – pertinēre: sich erstrecken, beziehen auf – proximus, a, um: der nächste, sehr nahe – Germānī: die Germanen, ein bis heute umstrittener Begriff, vielleicht von Caesar erfunden – incolere: wohnen, leben – continenter: ständig 4 Helvetiī: die Helvetier in der heutigen Schweiz – quoque (nachgestellt): auch – praecēdere: übertreffen – ferē: fast, beinahe – cottidiānus, a, um: täglich – contendere: kämpfen – fīnēs (Pl.): die Grenzen ≈ das Gebiet – prohibēre: fern halten Übersetzungsvorschlag Ganz Gallien ist in drei Teile geteilt; deren einen bewohnen die Belger, den anderen die Aquitanier, den dritten diejenigen, die in ihrer eigenen Sprache Kelten, in unserer Gallier genannt werden. 2 Diese alle unterscheiden sich in Sprache, Bräuchen und Gesetzen. Die Gallier trennt von den Aquitaniern der Fluss Garonne, von den Belgern Marne und Seine. 3 Die tapfersten von ihnen allen sind die Belger, (und zwar) deswegen, weil sie von Kultur und Bildung unserer Provinz Narbonensis am weitesten entfernt sind und am wenigsten oft Kaufleute zu ihnen kommen und das, was sich auf die zu verweichlichenden Gemüter bezieht ≈ was den Menschen schlaff werden lässt, einführen, und weil sie den Germanen sehr nahe sind, welche über dem Rhein wohnen und mit denen sie ständig Krieg führen. 4 Aus (eben) diesem Grunde übertreffen auch die Helvetier die übrigen Gallier an textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 259 Tapferkeit, weil sie in fast täglichen Kämpfen mit den Germanen kämpfen: Entweder halten sie sie von ihrem Gebiet fern oder führen selbst in deren Gebiet Krieg. Grammatik …quārum ūnam incolunt Belgae… Den einen (Teil) von diesen bewohnen die Belger (Relativer Anschluss) …, deren einen (Teil) die Belger bewohnen (Relativsatz) Beide Möglichkeiten sind hier praktikabel. Hōrum omnium fortissimī sunt Belgae (Belga, ae ist maskulin): Von diesen allen sind die Belger die tapfersten (Superlativ) …quod longissimē absunt. …weil sie am weitesten (Superlativ) entfernt sind: Superlativ-Adverb, eingebunden in den Kausalsatz – weil… …ea, quae ad effeminandōs animōs pertinent (Gerundivum): …das, was (eigentlich: die Dinge, welche) sich auf die zu verweichlichenden Herzen bezieht ≈ …das, was die Menschen erschlaffen lässt. quibuscum ≈ cum quibus bellum gerunt ≈ mit welchen sie Krieg führen cum + Ablativ ≈ zusammen mit wird in folgenden Fällen angehängt: mēcum: mit mir – tēcum: mit dir – nobiscum: mit uns – vobiscum: mit euch – quōcum/quācum: mit welchem/welcher – quibuscum: mit welchen 5. Krieg, Ackerbau und Lebensweise der Sueben Sueborum gens es longe maxima et bellicosissima Germanorum omnium. 4 Hi centum pagos habere dicuntur, ex quibus quotannis singula milia armatorum bellandi causa suis ex finibus educunt. Reliqui, qui domi manserunt, se atque illos alunt. 5 Hi rursus invicem anno post in armis sunt, illi domi remanent. 6 Sic neque agricultura neque ratio ac usus belli intermittitur. 7 Sed privati ac separati agri apud eos nihil est, neque longius anno remanere uno in loco colendi causa licet. 8 Neque multum frumento, sed maximam partem lacte ac pecore vivunt multumque sunt in venationibus. 9 Quae res et cibi genere et cottidiana exercitatione et libertate vitae, quod a pueris nullo officio aut disciplina assuefacti nihil omnino contra voluntatem faciunt, et vires alit et immani corporum magnitudine homines effi- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 260 cit. 10 Atque in eam se consutudinem adduxerunt, ut locis frigidissimis neque vestitūs praeter pelles habeant quicquam, quarum propter exiguitatem magna est corporis pars apertur, et ut laventur in fluminibus. Suēbī: germ. Stammesverband oder röm. Erfindung – gens, ntis: Stamm – longē (Adv.): bei weitem – bellicosus, a, um: kriegerisch 4 centum – 100 – pagus: Kanton – quotannīs: jährlich – singula milia: einzelne Tausend ≈ je Tausend – armātus: Bewaffneter – bellāre: Krieg führen – causā (m. Gen.): um willen, wegen – finēs: Gebiet – reliquī, ae, a: die übrigen – domī: zu Hause – manēre, mansī: bleiben – alere: ernähren 5 rursus: wiederum – invicem: im Wechsel – remanēre: zurückbleiben 6 sīc: so – agricultura: Ackerbau – ratio: Taktik – usus, ūs: Gebrauch – intermittere: unterbrechen 7 ager, agri: Acker – apud: bei – nihil: nichts – longius (Komparativ-Adverb): länger – annus: Jahr – colere: anbauen – licet: es ist erlaubt 8 multum: viel – frumentum: Getreide – pars, -tis: Teil – lac, tis: Milch – pecus, pecoris n.: Vieh – vivere: leben – venatio: Jagd 9 cibus: Speise – genus, generis n.: Art – cottidiānus, a, um: täglich – exercitātio: Übung – libertas: Freiheit – vita: Leben – ā puerīs: von den Jungen an ≈ von klein auf – officium: Pflicht – assuefacere: gewöhnen – nihil: nichts – omnīno: überhaupt – voluntas: Wille – vīs, (Plur.) virēs: Kraft – alere: ernähren – immānis, e: riesig – corpus, oris n.: Körper – magnitūdo: Größe – efficiere: bewirken 10 consutūdo: Gewohnheit – frigidus, a, um: kalt – vestitus, ūs: Kleidung – pellis: Fell – exiguitas: Winzigkeit – apertus, a, um: offen, frei – lavārī: sich waschen, baden Übersetzungsvorschlag: Der Sueben-Stamm ist bei weitem der größte und kriegerischste aller Germanen. 4 Diese sollen 100 Kantone haben, aus denen sie Jahr für Jahr einzelne Tausend – je Tausend Bewaffnete des Kriegsführens wegen aus ihrem Gebiet herausführen. Die Übrigen, die zu Hause geblieben sind, ernähren sich und jene. 5 Diese sind wiederum im Wechsel im Jahr darauf unter Waffen, jene bleiben zu Hause. 6 So wird weder der Ackerbau noch die Taktik und Übung des Krieges unterbrochen. 7 Aber private und abgetrennte Äcker gibt es bei ihnen nicht, und es ist nicht erlaubt, länger als ein Jahr an einer Stelle des Anbauens wegen zu verweilen. 8 Und sie leben auch nicht viel vom Getreide, sondern größtenteils von Milch und Vieh und sind viel auf den Jagden – auf der Jagd. 9 Diese Sache ernährt aufgrund der Art der Nahrung und durch die tägliche Übung und die Ungebundenheit des Lebens, weil sie, von Klein auf an kei- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 261 ne Pflicht und Zucht gewöhnt, überhaupt nichts gegen ihren Willen tun, die Kräfte und bringt Menschen von riesiger Größe hervor. 10 Und sie haben sich in diese Gewohnheit geführt – haben sich daran gewöhnt, an kältesten – eiskalten Orten nichts an Bekleidung – keine Kleidung zu haben außer Felle, wegen deren Kleinheit – geringer Größe der größte Teil des Körpers nackt ist, und daran, dass sie in Flüssen baden – zu baden. Grammatik 3 gens longē maxima et bellicosissima Germanōrum omnium: der bei weitem größte und kriegerischste Stamm aller Germanen Super-Superlativ: a.) bei weitem b.) Superlativ c.) von allen Germanen. 4 Hī centum pagos habēre dicuntur (n.c.i.): Diese werden gesagt 100 Kantone zu haben. Diese/sie sollen 100 Kantone haben; sie haben angeblich… Man sagt, sie hätten 100 Kantone. Sie haben, wie man sagt, 100 Kantone. bellandī causā des Kriegsführens wegen; um Krieg zu führen Gerundium mit causā + Genitiv Reliquī, quī domī mansērunt, illōs alunt: Relativsatz Die Übrigen, die (welche) zu Hause geblieben sind, ernähren diese. 7 longius annō remanēre unō in locō länger als ein Jahr an einem Ort bleiben reiner Abl. des Vergleiches – Abl. des Ortes mit in 9 immanī corporum magnitūdine hominēs Menschen von riesiger Größe der Körper Der Ablativus qualitatis gibt die Beschaffenheit an. 10 locīs frigidissimīs – Ablativ auf die Frage wo? an den kältesten Stellen: Superlativ textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 262 an sehr kalten – eiskalten Stellen: Elativ ... ut laventur in fluminibus: formaler Konj. Praes. Passiv …dass sie in Flüssen gewaschen werden reines Passiv …dass sie sich in Flüssen waschen Medio-Passiv …dass sie in Flüssen baden formal. Aktiv 6. Die germanischen Reiter (aus dem Gallischen Krieg) 4, 2, 3 Germani equestribus proeliis saepe ex equis desiliunt ac pedibus proeliantur. Equos eodem remanere vestigio assuefaciunt, ad quos se celeriter, cum usus est, recipiunt. 4 Neque eorum moribus turpius quicquam aut inertius habetur quam ephippiis uti. 5 Itaque ad quemvis numerum ephippiatorum equitum quamvis pauci adire audent. 1, 48, 5 Equitibus Germanorum illud etiam est genus pugnae, quo se exercuerunt: Equitum milia sunt sex, totidem pedites velocissimi ac fortissimi, quos equites singuli singulos suae salutis causa deligunt. 6 Cum his in proeliis versantur, ad hos se equites recipiunt. Hi, si quid est durius, concurrunt. 7 Si qui eques graviore vulnere accepto de equo decadit, pedites eum circumsistunt. Si quo longius procedendum aut celerius recipiendum est, tanta est peditum celeritas, ut iubis equorum sublevati cursus equitum adaequant. 7, 65, 4 Septimo belli Gallici anno Caesar, ne ab equitibus Gallorum superaretur, legatos trans Rhenum in Germaniam mittit equitesque Germanorum arcessit et pedites, qui inter eos proeliari consueverant: Horum auxilio Gallos Vercingetorige duce ad Alesiam devicit. equestre proelium: Reiterschlacht – dēsilīre: herabspringen – proeliārī: kämpfen – remanēre: zurückbleiben – vestīgium: Stelle – assuefacere: gewöhnen an – celer, ris, re: schnell – usus, ūs (hier): Notwendigkeit – sē recipere: sich zurückziehen 4 mōs, mōris: Sitte; Brauch – turpis, e: schändlich – quicquam: irgendetwas – iners: träge – habere: halten für – ephippium: Satteldecke – utī: gebrauchen 5 quīvīs: jeder beliebige – equēs, itis: Reiter – quamvīs: obwohl – paucī, ae, a: wenige – adīre: angreifen – audēre: wagen 48, 5 genus, eris n.: Art – pugna: Kampf – exercēre: üben – milia sex: 6.000 – totidem: ebenso viele – pedes, tis: Fußsoldat – velox: schnell – fortis, e: tapfer – singulī: einzelne – salus, lūtis: Heil – dēligere: auswählen 6 proelium: Schlacht – versārī: sich aufhalten – recipere: zurückziehen – dūrus, a, um: hart textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 263 – concurrere: zusammenlaufen 7 gravis, e: schwer – vulnus, eris n.: Wunde – dēcadere: herunterfallen – circumsistere: umstellen – procēdere: vorrücken – celer, ris, re: schnell – tantus, a, um: so groß – iuba: Mähne – sublevāre: stützen – cursus, ūs: Lauf – adaequāre: angleichen 65, 4 superāre: überwinden – legātus: Bote – arcessere: zu Hilfe holen – dēvincere, vīcī, victum: völlig besiegen Übersetzungsvorschlag: Die Germanen springen in Reiterschlachten oft von den Pferden herab und kämpfen zu Fuß weiter. Die Pferde haben sie daran gewöhnt, auf der Stelle stehen zu bleiben; zu diesen ziehen sie sich rasch, wenn die Lage es erfordert, zurück. 4 Und nach ihren Bräuchen wird nichts für schändlicher oder fauler gehalten als Satteldecken zu verwenden. 5 Daher wagen sie es, eine beliebige Anzahl von Reitern mit Satteldecken anzugreifen, auch wenn sie nur wenige sind. 1, 48, 5 Die Reiter der Germanen haben ≈ kennen auch jene Art des Kampfes, in der sie sich geübt haben: Es sind 6.000 Reiter und ebenso viele sehr schnelle und sehr tapfere Fußsoldaten, die sich die einzelnen Reiter als einzelne ≈ jeden einzelnen ihres Wohlergehens wegen auswählen. 6 Mit diesen zusammen verweilen sie in den Gefechten, zu diesen ziehen sich die Reiter zurück; diese laufen zusammen – ballen sich zusammen, wenn etwas härter ist ≈ wenn es hart auf hart geht. 7 Wenn ein Reiter nach Erhalt einer schwereren Wunde vom Pferd herunter fällt, umringen ihn (schützend) die Fußsoldaten. Wenn man irgendwohin weiter vorrücken muss oder sich schneller zurückziehen muss, ist die Geschwindigkeit der Fußsoldaten so groß, dass sie auf die Mähnen der Pferde gestützt den Lauf – die Geschwindigkeit der Reiter angleichen ≈ mitgehen; mithalten. 7, 65, 4 Im siebten Jahr des Gallischen Krieges schickte Caesar, um nicht von den Reitern der Gallier geschlagen zu werden, Boten über den Rhein nach Germanien und holte Reiter der Germanen zu Hilfe und (dazu) Fußsoldaten, die es gewohnt waren, unter – zwischen diesen – gemeinsam mit diesen zu fechten: Mit deren Hilfe besiegte er die Gallier unter der Führung des Vercingetorix bei Alesia völlig. Kommentar Die Pferde der antiken Römer hatten eine Schulterhöhe von durchschnittlich nur 135 cm; die der Germanen waren noch kleiner; die Römer schnall- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 264 ten dem Ross damals nur eine Decke um den (schwitzenden; glatten) Leib und saßen (unter der Tunika verborgen) tatsächlich mit nacktem Gesäß auf; die Germanen trugen lange Hosen und hatten darum keine Satteldecke nötig. Die gemischte Taktik war früher auch den Römern bekannt und sie lernten sie jetzt wieder kennen: Der stehfeste Fußsoldat gibt der Reiterei, die stets von der möglichen Panik der wie eine Herde gemeinsam flüchtenden Pferde bedroht ist, die nötige Festigkeit; wenn sich der Fußsoldat an der Mähne des kleinen Pferdes festhält, kann er den Galopp des Rosses mitgehen, sich an der Front absetzen und wieder zurückholen lassen; eine wirkungsvolle Taktik; bei Caesar fortan üblich und erfolgreich. Grammatik 4 Nihil turpius habētur quam ephippiīs ūtī. Nichts wird für schändlicher gehalten als Satteldecken zu benutzen. turpius – Nom. und Akkusativ Neutrum des Komparativs von turpis, e habēre mit doppeltem Akkusativ ≈ halten für: Discipulī magistrum linguae Latīnae asinum habent. Die Schüler halten den Lateinlehrer für einen Esel. Im obigen Satz ist nihil Akk. 1 und turpius Akk. 2: Germānī habent nihil turpius, quam … Die G. halten nichts für etwas Schändlicheres – für schändlicher, als… Germānī ephippiīs non utuntur. Die G. machen von Satteldecken keinen Gebrauch. Die G. benutzen Satteldecken nicht, benutzen keine Satteldecken. Das Deponens ūtī, ūtor, ūsus sum ≈ gebrauchen, verwenden, benutzen stellt das Objekt des Benutzens in den Ablativ. 5 suae salūtis causā ≈ um ihres Wohlergehens willen: causā + Genitiv. 6 Hī, sī quid est durius, concurrunt. Diese ballen sich zusammen, wenn irgendetwas härter ist. Regel: nach sī – wenn und nisī – wenn nicht verkürzt der Römer das aliquid – irgendetwas zu quid – was: wenn was hart auf hart kommt… 7 sī quō ≈ sī aliqō – wenn irgendwohin; Regel wie oben bei ali-quid. longius (Komparativ) prōcedendum aut recipiendum est: Gerundivum textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 265 Es ist ein weiter Vorzurückendes oder ein Zurückzuweichenes. Man muss weiter vorrücken oder zurückweichen. Germanīs (Dat.) prōcedendum erat: Gerundivum mit Person im Dativ Den Germanen war es ein Vorzurückendes. Die Germanen mussten vorrücken. Romanīs (Dat.) recipiendum erat: Gerundivum mit Person im Dativ Den Römern war es ein sich Zurückzuziehendes. Die Römer mussten sich zurückziehen. Suum cuique – jedem das Seine 7. Die Bewohner Britanniens: 5, 12, 1 Britanniae pars interior ab iis incolitur, quos natos in insula ipsi memoriā proditum esse dicunt. 2 Maritima pars ab iis incolitur, qui praedae ac belli inferendi causa ex Belgio transiērunt et bello illato ibi remansērunt atque agros colere coepērunt. 3 In Britannia hominum est infinita multitudo. Creberrima aedificia sunt sunt ferē Gallicis similia; pecoris numerus ingens. 5 Nascitur ibi plumbum album in mediterraneis regionibus, in maritimis ferrum. Sed eius copia exigua est. Aere utuntur importato. 6 Leporem et gallinam et anserem gustare fas non putant. Haec tamen alunt animi voluptatis causa. 5, 14, 1 Ex omnibus Britannis longē sunt humanissimi, qui Cantium incolunt, quae regio est maritima omnis, neque multum a Gallica differt consuetudine. 2 Interiorēs plerique frumenta non serunt, sed lacte et carne vivunt pellibusque sunt vestiti. Omnēs vero se Britanni vitro inficiunt, quod caeruleum efficit colorem, atque hoc horribiliores sunt in pugna ascpectu. 3 Capillo sunt promisso atque omni parte corporis rasa praeter caput et labrum superius. 4 Uxorēs habent deni duodenique viri inter se comunēs, et maxime fratrēs cum fratribus, parentēs cum liberis. 5 Sed ii, qui sunt ex iis mulieribus nati, eorum habentur liberi, quo primum virgo quaeque deducta est. interior: innerer – incolere: bewohnen – nātus: geboren – memoria: Überlieferung – prōdere: überliefern 2 maritimus: am Meer gelegen – pars: Teil – praeda: Beute – bellum in-ferre, tulī, lātum: Krieg hinein tragen – transīre: hinübergehen – colere: bebauen – incipere, coepī: anfangen 3 crēber, bra, um: häufig – ferē: fast – sīmilis, e: ähnlich – pecus, oris: Vieh – ingens, ntis: gewaltig 5 nāscī: entstehen – plumbum album: Zinn – mediterrāneus: im Binnenland gelegen – ferrum: Eisen – copia: Vorrat – exīguus: klein – aes, aeris: Erz 6 lepus, oris n.: Hase – gallīna: Huhn – anser: Gans – gustāre: essen – fās: göttliches Recht – pu- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 266 tare: halten für – voluptas, tātis: Vergnügen 1 longē: bei weitem – humānus: gebildet – Cantium: Kent – differe: unterscheiden – consuetūdo: Gewohnheit 2 interiōrēs: die im Landesinnern lebenden – frumentum – Getreide – serere: säen – lac, lactis: Milch – caro, carnis: Fleisch – pellis: Fell – vestīre: bekleiden – verō: aber – vitrum: blaue Farbe – inficere: färben – caeruleus: blau – efficere: bewirken – color: Farbe – ascpectus, ūs: Anblick 3 capillus promissus: ungeschnittenes Haar – rādere, rāsī, rāsum: rasieren – praeter: außer – labrum superius: Oberlippe 4 uxor: Ehefrau – denī duodenī: je 10 oder 12 5 prīmum: zum 1. Mal – virgo: Jungfrau – dē-ducere, duxī, ductum: zuführen Übersetzungsvorschlag: 5, 12, 1 Britanniens innerer Teil wird von denjenigen bewohnt, die sagen, es werde von der Überlieferung berichtet, dass sie selbst auf der Insel entstanden seien. 2 Der am Meer gelegenen Teil wird von denjenigen bewohnt, die der Beute wegen und um des hinein zu tragenden Krieges – um eine Invasion zu machen aus Belgien hinüber gekommen seien und, nachdem der Krieg hineingetragen worden war – nach erfolgter Invasion dort geblieben seien und begonnen hätten, die Äcker anzubauen. 3 In Britannien gibt es eine unbegrenzte Menge Menschen. Die meisten Gebäude ähneln fast den gallischen; die Anzahl des Viehs ist gewaltig. 5 Es entsteht dort weißes Blei ≈ Zinn in den im Binnenland gelegenen Gegenden, in denen am Meer Eisen. Aber dessen Vorrat ist gering. Sie verwenden importiertes Erz. 6 Den Hasen, das Huhn und die Ganz zu verspeisen, halten sie nicht für (göttliches) Recht ≈ für Frevel. Diese ernähren sie nur der Freude des Geistes wegen – aus Lust an der Freude. 5, 14, 1 Von allen Britanniern sind diejenigen am gebildetsten, die Kent bewohnen; diese Gegend liegt vollständig am Meer und unterscheidet sich nicht viel von gallischer Gewohnheit – von gallischen Bräuchen. 2 Die im Landesinnern Wohnenden säen meistens kein Getreide sondern leben von Milch und Fleisch und sind in Felle gekleidet – kleiden sich in Felle. Alle Britannen aber färben sich mit Waid (blauer Farbe), was eine himmelbaue Farbe erzeugt, und so sind sie umso schrecklicher in der Schlacht durch den Anblick – und umso schrecklicher wirkt ihr Anblick in der Schlacht. 3 Sie sind von ungeschnittenem Haar – schneiden sich ihr Haar nicht und sind am gesamten Körper rasiert – rasieren sich am ganzen Körper außer (an) Kopf und obere(r) Lippe – Oberlippe. 4 Die Frauen nehmen sich jeweils 10 oder 12 Männer untereinander gemeinsam – die Männer nehmen sich jeweils 10 oder 12 gemeinsame Frauen, am meisten – häufigsten Brü- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 267 der mit Brüdern, Eltern (Väter) mit Kindern (Söhnen). 5 Diejenigen jedoch, die von diesen Frauen geboren sind, werden für desjenigen (Mannes) Kinder gehalten, dem (die Mutter) als Jungfrau zum ersten Mal zugeführt wurde. Kurzkommentar: Die antiken Ethnographen diskutierten darüber, ob die Menschen aus ihrem Land heraus entstehen könnten (Autochthone) oder Mischlinge seien; ansonsten sind Caesars Britannen noch wilde Gesellen die teilweise in der archaischen Form der Gruppen-Ehe schwelgen, wenn wir dem literarischen Meister denn unbedingt glauben wollen… Grammatik: 1 Pars ab iīs incolitur, quōs nātōs in insula ipsī memoriā prōditum esse dīcunt: in der obigen Folge unübersetzbar; daher unten in Teilen: a. pars ab iīs incolitur – der/ein Teil wird von diesen/denjenigen bewohnt b. ipsī dīcunt – sie selbst sagen, dass… + a.c.i. 1 und + a.c.i. 2 b. ipsī dīcunt – von denen sie selbst sagen, dass… c. (a.c.i. 1) memoriā prōditum esse + a.c.i 2 dass es durch die Überlieferung überliefert worden sei, dass… es sei durch ihre Überlieferung weiter gegeben worden, dass… d. (a.c.i. 2)…quōs nātōs in insulā (esse). …dass diese auf der Insel (Britannien) entstanden seien. …diese seien auf der Insel (Britannien) entstanden. 2 praedae causā – der Beute wegen, um der B. willen: causā + Genitiv auch 6: voluptātis causā – um des Vergnügens willen, zum Vergnügen bellī inferendī causā – des hineinzutragenden Krieges wegen causā + Genitiv des Gerundivums: bellum inferendum ≈ der hinein (ins Feindesland) zu tragende Krieg – die auszuführende Invasion/der durchzuführende Angriff: inferre, inferō, intulī, illātum: hineintragen: bellō illātō – nachdem der Krieg hinein getragen worden war: Ablativus absolutus der Vorzeitigkeit mit PVP 3 creberrimus, a, um – am häufigsten (Superlativ); sehr häufig (Elativ): Adjektive, deren Stamm auf -er endet (hier: crēber) bilden den Superlativ-Elativ mit -rimus, a, um – Normalfall: -issimus, a, um 5 aere utuntur importātō – sie gebrauchen eingeführtes Erz: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 268 ūtī, ūtor, ūsus sum – gebrauchen hat den Gegenstand im Ablativ. 6 Gallīnam gustāre fās nōn pūtant – putāre + 2 x Akkusativ ≈ halten für Huhn essen (Objekt 1) halten sie nicht für Recht (Objekt 2) fās ≈ gottgewolltes Recht; verneint ist es Frevel; Gottlosigkeit 5 Sed iī eōrum habentur līberī – habērī (Pass.) ≈ gehalten werden für Aber diese werden für deren Kinder gehalten: Wer (was) wird gehalten, wer (was) zu sein ≈ 2 x Nominativ Britannī eōs habent līberōs – die B. halten diese für ihre Kinder habēre (Aktiv) ≈ jemanden halten für wen ≈ 2 x Akkusativ 8. Die Priester (Druiden) der Gallier 6, 13, 4 Druides rebus divinis intersunt, sacrificia publica ac privata procurant, religones interpretantur. Ad hos magnus adulescentium numerus disciplinae causa concurrit, magnoque hi sunt apud eos honore. 5 Nam ferē dē omnibus controversiis publicis privatisque constituunt, et si quod est facinus admissum, si caedes facta, si dē hereditate, dē finibus controversia est, iidem dēcernunt, praemia poenasque constituunt. 6 Si qui aut privatus aut populus eorum decretō non stetit, sacrificiis interdicunt. Haec poena apud eos est gravissima. 7 Quibus ita est interdictum, hi numerō impiorum ac sceleratorum habentur: His omnēs dēcēdunt, aditum eorum sermonemque fugiunt, ne quid ex contagione incommodi accipiant; neque his ius redditur, neque honos ullus communicatur. 8 His autem druidibus unus praeest, qui summam inter eos habet auctoritatem. 9 Hoc mortuo is succēdit, qui ex reliquis excellit dignitate. Si sunt complurēs parēs, suffragio druidum legitur. Nonnumquam etiam armis de principatu contendunt. 10 Druides certo anni tempore in finibus Carnutum, quae regio totius Galliae media habētur, consīdunt locō consecratō. Huc undique omnēs, qui controversias habent, conveniunt eorumque decretis iudiciisque parent. 11 Disciplina druidum in Britannia reperta atque inde in Galliam translata esse existimatur. 12 Etiam nunc ii, qui diligentius eam rem congnoscere volunt, plerumque illō discendi causa proficiscuntur. 6, 14,1 Druides a bello abesse consuevērunt neque tributa una cum reliquis pendunt. 2 Tantis excitati praemiis et suā sponte multi in disciplinam conveniunt et ā parentibus mittuntur. 3 Magnum ibi numerum versuum ediscere dicuntur. Neque fās esse existimant ea litteris mandare. 4 Id mihi duābus textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 269 de causis instituisse videntur: Neque in vulgus disciplinam efferri volunt, neque eōs, qui discunt, minus memoriae studēre. 5 Imprimis druidēs haec volunt persuadēre: Non interire animās, sed ab aliis post mortem transire ad alios. Gallōs hōc maxime ad virtutem excitari putant metu mortis neglectō. 6 Druidēs multa praeterea dē sideribus atque eorum motu, de mundi ac terrarum magnitudine, dē rērum naturā, dē deorum immortalium vi ac potestate disputant et iuventuti tradunt. rēs divīnae: Gottesdienst – interesse: dabei sein – sacrificium: Opfer – procurāre: sich kümmern – interpretārī: auslegen – adulēscens: Jüngling – disciplīna: Lehre – honos, ōris: Ehre 5 ferē: fast – dē: über – controversia: Streitfall – constituere: beschließen; festsetzen – facinus: Tat – admittere: begehen – caedes: Mord – herēditas: Erbschaft – fīnis: Grenze – controversia: Streit – iidem: dieselben – dēcernere: beschließen – praemium: Belohnung – poena: Strafe 6 decrētum: Beschluss – stāre, stetī (hier): festhalten an – sacrificium: Gottesdienst – interdīcere: untersagen – gravis, e: schwer 7 impius, a, um: gottlos; Frevler – scelerātus: Verbrecher – dēcēdere: weggehen – aditus, ūs: Zutritt; Gegenwart – sermo: Gespräch – fugere, iō: flüchten; meiden – contagio: Berührung – incommodum: Nachteil; Schaden – accipere: empfangen – iūs reddere: Recht geben – communicārī: zuteil werden 8 praeesse: voran stehen – summus, a, um: höchster 9 mortuus, a, um: tot – succēdere: nachrücken – excellere: herausragen – dīgnitas: Würde; Ansehen – complurēs parēs: mehrere gleiche – suffrāgium: Abstimmung – legere: wählen – nonnumquam: manchmal – arma, ōrum: Waffen – principatus, ūs: Führung – contendere: streiten 10 finēs (Plur.): das Gebiet – Carnutēs: Stamm um Orléans – medius, a, um: mittlerer – consīdere: sich niederlassen – consecrātus, a, um: geheiligt – hūc: hierher – undique: von allen Seiten – controversia: Streit – iudicium: Urteil – parēre: gehorchen 11 disciplīna: die Lehre – reperīre, repperī, repertum: (er)finden – inde: von da – transferre, tulī, lātum: hinüber tragen; übertragen – existimāre: glauben 12 etiam nunc: noch heute – diligens, -ntis: sorgfältig – congnoscere: kennen lernen – plerumque: meistens – illō: dort hin – proficiscī: aufbrechen; reisen 6, 14, 1 abesse: fern sein – consuēscere: sich gewöhnen an – tributum: Stueruna – pendere: zahlen 2 excitāre: anstacheln – suā textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 270 sponte: von sich aus – mittere: schicken 3 versus, ūs: Vers – ēdiscere: ausswendig lernen – mandāre: anvertrauen 4 instituere: einrichten – vidērī: scheinen – vulgus: das Volk – efferre: hinaus tragen – memoria: Gedächtnis – studēre: bemühen 5 imprīmīs: besonders – persuadēre: überzeugen; lehren – interīre: untergehen – anima: Seele – mors, tis: Tod – transīre: übergehen – virtus, tūtis: Tapferkeit – excitare: anspornen – metus, ūs: Furcht – neglegere, lexī, lectum: vernachlässigen 6 praeterea: außerdem – sidus, eris: Gestirn – motus, ūs: Bewegung – rērum natura: die Natur der Dinge – immortālis, e: unsterblich – vīs, vim, vī: Gewalt – potestas: Macht Übersetzung: Die Druiden nehmen an den göttlichen Dingen teil, kümmern sich um öffentliche und private Opfer und legen die Religion aus. Bei ihnen strömt eine große Menge junger Männer der Lehre wegen zusammen, und sie stehen bei diesen in hoher Ehre. 5 Denn sie beschließen über fast alle öffentlichen und privaten Streitfälle; wenn eine Tat begangen wurde, ein Mord geschah, es einen Streit über eine Erbschaft oder Grenzen (ein Gebiet) gibt, beschließen dieselben und setzen Belohnungen und Strafen fest. 6 Wenn irgendein Privatmann oder ein Stamm ihrem Beschluss nicht folgt, schließen sie ihn vom Gottesdienst aus. Diese Strafe ist bei ihnen die schwerste. 7 Diese, denen es so verboten wurde, werden zur Zahl der Frevler und Verbrecher gezählt: Alle gehen ihnen aus dem Weg und flüchten vor ihrer Gegenwart und ihrem Gespräch, um aus der Berührung heraus keinen Schaden zu erleiden; ihnen wird auch kein Recht zuteil, oder irgendeine Ehre. 8 Diesen Druiden aber steht einer voran, der das größte Ansehen unter ihnen hat. 9 Wenn er tot ist, rückt derjenige nach, der unter den übrigen durch seine Würde hervorragt. Wenn es mehrere gleiche gibt, wird er durch Abstimmung der Druiden gewählt. Manchmal streiten sie sogar mit Waffen um die Führung. 10 Die Druiden lassen sich zu einer bestimmten Zeit des Jahres im Gebiet der Carnuten, welches für das mittlere ganz Galliens gehalten wird, an geheiligtem Ort nieder. Hierher kommen alle, die Streitfälle haben und gehorchen ihren Beschlüssen und Urteilen. 11 Die Lehre der Druiden, glaubt man, ist in Britannien erfunden worden und dort nach Gallien übertagen worden ≈ die Lehre der Druiden soll… 12 Auch jetzt noch reisen diejenigen, die die Sache sorgfältiger kennen lernen wollen um des Lernens willen dort hin – um zu... 1 Die Druiden haben sich daran gewöhnt, vom Krieg fern zu bleiben und zahlen keine Steuern mit den übrigen zusammen. 2 Durch so große Belohnungen angestachelt kommen viele von sich aus in die Lehre und werden von den Eltern geschickt. 3 Man sagt, sie lernen dort eine große Zahl Verse auswendig – sie sollen… Sie halten es für frevelhaft, dies den Buchstaben anzuvertrauen. 4 Mir scheinen sie dies aus zwei Gründen eingerichtet zu haben: Sie wol- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 271 len nicht, dass die Lehre ins gemeine Volk hinaus getragen wird und nicht, dass diejenigen, die lernen, sich weniger ums Gedächtnis bemühen. 5 In erster Linie wollen die Druiden dies einreden, dass die Seelen nicht zugrunde gehen sondern von den einen nach dem Tode zu den anderen über gehen. Die Gallier glauben, dass man dadurch am meisten zur Tapferkeit angespornt werde, wenn-nachdem die Todesfurcht vernachlässigt worden ist. 6 Die Druiden diskutieren außerdem viel über die Gestirne und deren Bewegung, über die Größe der Welt und der Erde, über die Beschaffenheit der Dinge, über Gewalt und Macht der unsterblichen Götter und geben es der Jugend weiter. Grammatik 4 disciplīnae causā – der Lehre wegen: causā + Genitiv ≈ wegen ebenso in 12: discendī causā – des Lernens wegen (Gerundium) magnō honōre sunt – sie sind von hoher Ehre, stehen in h. E. Ablativus qualitatis auf die Frage wie beschaffen usw. 5 sī quod est ≈ sī aliquod est wenn irgendetwas ist 6 sī quī privātus ≈ sī aliquī privātus wenn irgendein Privatmann Nach sī ≈ wenn fällt die verallgemeinernde Vorsilbe ali weg. 7 nē quid incommodī – damit nicht irgendetwas von Nachteil (Genitivus partitivus). Auch nach nē ≈ dass nicht/damit nicht fällt das ali weg; 9 hōc mortuō – wenn/nachdem dieser tot ist: Ablativus absolutus 11 disciplīna reperta esse existimātur Es wird geglaubt, man glaubt, die Lehre sei erfunden worden; Die Lehre soll erfunden worden sein: Nominativ mit Infinitiv (n.c.i) nach passiven Verben des Sagens, Denkens, Meinens und Glaubens: Wer oder was wird geglaubt? 3 fās ist das göttliche Recht; neque fās – nefās ist also ein Frevel. 4 id druidēs instituisse videntur Dies scheinen die Druiden eingerichtet zu haben. Eigentlich liegt ein n.c.i. vor: Die Druiden werden gesehen (wer wird gesehen?), eingerichtet zu haben, aber mit der Regel vidērī ≈ scheinen kommen wir meistens gut über die Runden. 5 …non interīre animās, sed transīre ad alios (a.c.i): …dass die Seelen nicht zugrunde gingen sondern auf andere übegingen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 272 …druidēs Gallōs excitārī putant (passiver a.c.i. der Gleichzeitigkeit): …die Druiden glauben, dass die Gallier angespornt würden 6 dē rērum naturā ≈ dē naturā rērum: über die Natur der Dinge ein geflügelter Ausdruck, der auf die Zusammensetzung der Welt zielt. 9. Opferungen und Götter bei den Galliern 6, 16, 1 Nātio est omnis Gallōrum admodum dēdita religiōnibus. 2 Ob eam causam iī, quī sunt affectī graviōribus morbīs quīque in proeliīs periculīsque versantur, aut prō victimīs hominēs immolant aut sē immolatūrōs esse vovent. Administrīs ad ea sacrificia druidibus utuntur. 3 Nam, prō vitā hominis nisī hominis vita reddātur, non posse aliter deōrum immortalium nūmen placārī arbitrantur; publicēque eiusdem generis habent institūta sacrifīcia. 4 Quīdam Gallōrum gentēs immānī magnitudine simulacra habent. Quōrum contexta viminibus membra vīvīs hominibus complent. Quibus simulacrīs succensīs circumventī flammā exanimantur hominēs. 5 Supplicia eōrum, quī in furtō aut latrōciniō sint comprehensī, gratiōra deīs immortalibus esse arbitrantur. Sed cum eius generis cōpia dēficit, etiam ad innocentium supplicia dēscendunt. 17, 1 Deōrum maximē Mercurium colunt. Huius sunt plurima simulacra. Hunc omnium inventōrem artium esse ferunt, hunc viārum atque itīnerum ducem. Hunc ad quaestus pecuniae mercaturāsque habēre vim maximam arbitrantur. Post hunc colunt Apollinem et Martem et Iovem et Minervam. 2 De hīs deīs eandem ferē opiniōnem, quam reliquae gentēs, habent: Credunt Apollinem morbōs pellere, Minervam operum atque artificiōrum inītia tradere, Iovem imperium caelestium tenēre, Martem bella regere. 3 Huic ea, quae bellō cēperint, plerumque vovent: Cum superavērunt, animalia capta immolant, reliquasque rēs in unum locum conferunt. 4 Multīs in civitatibus hārum rerum exstructōs tumulōs locīs consecrātīs conspicārī licet. 5 Neque saepe accidit, ut quisquam aut capta apud sē occultāre aut posita textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 273 tollere audēret: Gravissimum eī reī supplicium cum cruciatū constitūtum est. 18, 1 Gallī sē omnēs ab Dīte patre prognātōs esse praedicant, idque ab druīdibus prōditum esse dīcunt. 2 Ob eam causam spātia omnis temporis nōn numerō diērum, sed noctium finiunt: Diēs natālēs et mēnsum et annōrum inītia sīc observant, ut noctem diēs subsequātur. nātio omnis: ganzes Volk – admodum: recht, ziemlich – dēditus, a, um: ergeben 2 ob eam causam: aus diesem Grund – affectus, a, um; befallen – gravis, e: schwer – morbus: Krankheit – proelium: Schlacht – periculum: Gefahr – versārī: sich aufhalten – prō victimīs: als Opfertiere – immolāre: opfern – vovēre: geloben – administer: Helfer – sacrifīcium: Opfer – ūtī (m. Abl.): gebrauchen 3 vīta: Leben – reddere, didī, ditum: zurückgeben – aliter: anders – immortālis, e: unsterblich – nūmen, minis n.: göttliche Majestät – placāre: besänftigen – arbitrarī: glauben – publicē: öffentlich – idem, (Gen.) eiusdem: derselbe – genus, eris: Art – institūere: einrichten 4 quīdam: manche – gens, ntis: Stamm – immānis, e: ungeheuer; riesig – magnitūdo, dinis: Größe – simulacrum: Götterbild – contexere: zusammenflechten – vīmen, minis: Weidenrute – membrum: Körperteil – vīvus, a um: lebendig – complēre: füllen – succendere: anzünden – circumvenīre: umzingeln, einschließen – exanimāre: entseelen, töten 5 supplicium: Hinrichtung – furtum: Diebstahl – latrōcinium: Räuberei – comprehendere: ergreifen – gratus, a, um: angenehm, lieb – cōpia: Vorrat – dēficere: zur Neige gehen – innocens, ntis: unschuldig – dēscendere: herabsteigen 17, 1 colere: verehren – plurimī, ae, a: sehr viele – inventor: Erfinder – ars, artis: Kunst – ferre (hier): berichten, überliefern – mercatūra: Handel 2 opinio: Meinung, Glaube – reliquī, ae, a: die übrigen – morbus: Krankheit – pellere, pepulī, pulsum: vertreiben – opera atque artificia (Plural): Handwerk und Kunst – initium: Anfang – trādere: überliefern – Iovem: Akk. von Iupiter – imperium: Macht – caelestis: himmlisch – tenēre: halten 3 capere, iō, cēpī, captum (hier): erbeuten – plerumque: meistens – vovēre: weihen – superāre: siegen – animal: Lebewesen – immolāre: opfern – conferre: zusammentragen 4 exstruere, struxī, structum: errichten – tumulus: Hügel – consecrāre: weihen – conspicārī: erbli- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 274 cken 5 accidit: es geschieht – quisquam: irgendjemand – occultāre: verbergen – tollere: wegnehmen – audēre: wagen – gravis, e: schwer – cruciatus, ūs: Folter – constituere: festsetzen 18, 1 Dīs (Gen. Dītis) pater: Vater Dīs (Gott der Unterwelt und Finsternis) – prognātus, a, um: abstammend – praedicāre: rühmen – prōdere: überliefern 2 spātium: Raum – omnis, e: jeder – diēs: Tag – nox, noctis: Nacht – diēs natālis: Geburtstag – mēnsis: Monat – inītium: Beginn – observāre: beobachten – sub-sequī: folgen Übersetzung: Das ganze Volk der Gallier ist der Religion ziemlich ergeben. 2 Daher opfern diejenigen, die von schwereren Krankheiten befallen sind oder in Schlachten und Gefahren weilen, entweder Menschen anstelle von Opfertieren oder sie geloben, dass sie sie opfern werden. Als Helfer für diese Opfer benutzen sie die Druiden. 3 Denn sie glauben, wenn ein Menschenleben nicht durch ein Menschenleben ersetzt werde, könne die Majestät der unsterblichen Götter nicht besänftigt werden, und sie haben auch öffentlich eingerichtete Opfer derselben Art. 4 Manche Stämme der Gallier haben Götterbilder von ungeheurer Größe. Deren mit Weidenruten zusammengeflochtene Gliedmaßen füllen sie mit lebenden Menschen. Nachdem diese Standbilder angezündet worden sind, werden die vom Feuer umzingelten Menschen getötet. 5 Dass die Hinrichtungen derer, die bei Diebstahl oder Räuberei ertappt wurden, den Göttern angenehmer – ziemlich angenehm sei, glauben sie ≈ sie glauben, dass… Aber wenn deren Vorrat ausgeht, lassen sie sich sogar zur Hinrichtung Unschuldiger herab. 17, 1 Von den Göttern verehren sie am meisten Mercurius. Von diesem gibt es sehr viele Standbilder. Sie berichten – überliefern, dieser sei der Erfinder aller Künste, dieser sei der Führer der Wege und Straßen. Dass dieser zum Gelderwerb und Handel die größte Macht habe, glauben sie ≈ sie glauben, dass… Nach diesem verehren sie Apollo, Mars und Minerva. 2 Über diese Götter haben sie fast die gleiche Meinung wie die übrigen Völker: Sie glauben, Apollo vertreibe die Krankheiten, Minerva gebe die Anfänge von Kunst und Handwerk weiter, Jupiter habe die Herrschaft der Himmlischen (Götter) inne und Mars regiere die Kriege. 3 Diesem weihen sie meistens das, was sie im Krieg erbeutet haben: Wenn sie gesiegt haben, opfern sie die gefangenen Lebewesen; die übrigen Dinge tragen sie auf einem Platz zusammen 4 Bei vielen Stämmen kann man aus diesen Dingen errichtete Hügel an geweihten Plätzen erblicken. 5 Nicht oft ≈ selten nur geschieht es, dass jemand das Erbeutete entweder bei sich zu verbergen oder Aufge- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 275 schichtetes wegzunehmen wagt: Für diese Sache ≈ dafür ist die schwerste (Art der) Hinrichtung zusammen mit Folter festgesetzt. 18, 1 Die Gallier rühmen sich, sie alle stammten vom Vater Dis ab, und das sei von den Druiden so überliefert worden, sagen sie. 2 Aus diesem Grund begrenzen sie die Abstände jeder Zeit nicht nach der Zahl der Tage sondern der Nächte: Geburtstage und die Anfänge der Monate und Jahre beobachten sie so, dass auf die Nacht der Tag folge. Kurzkommentar: Kein anderer als Caesar hat die oben geschilderte un- heimliche Macht der Druiden in Gallien beendet. Wie er das zustande brachte, weiß man nicht; er selbst erwähnt diese Priester nur an obiger Stelle und sonst nur die gallischen Ritter und ihr Gefolge, mit denen er seine Kämpfe auszutragen hatte; die Priester kannten ja keinen Kriegsdienst: Um seinen römischen Lesern das Erkennen der gallischen Religion zu erleichtern, gibt er den Göttern römische Namen; wir nennen das Interpretatio Romana: Aus dem Vergleich mit den römischen Göttern heraus kommt er zur Namensgebung. Welch unheimliches Volk die Gallier aber sind, erklärt Caesar mit ihre Ursprungs-Sage, nach der sie allesamt Kinder des Gottes der Finsternis sind; daraus folgt, dass sie den Tag mit der Nacht beginnen und nicht wie die Römer mit Tagesanbruch bzw. Sonnenaufgang. Tacitus schreibt später, so machten es auch die Germanen: Der gallogermanische Brauch, den Tag um Mitternacht zu beginnen, hat sich dann später durchgesetzt: Wenn aber alle Gallier von Vater Dis und alle Germanen von Gott Mannus abstammten, wären sie reine Völker und mit den übrigen Menschen nicht vermischt oder verwandt: Diese uralte antike Theorie haben wir schon bei den Britanniern kennen gelernt; sie hat sich längst als falsch erwiesen; es gibt nämlich keine menschlichen Rassen (Plural) sondern nur eine einzige Rasse mit lokalen Typen und Formen, die meist durch Klima und Boden usw. entstanden sind. Grammatik 2 Gallī sē immolatūrōs esse vovent – a.c.i futūrī der Nachzeitigkeit Die Gallier geloben, dass sie (selbst) opfern werden ≈ zu opfern. Androhen, versprechen, geloben, schwören haben das Futur zur Folge: Ich werde … tun, das verspreche ich; da es sich um ein Verb des Sagens, Denkens, Meinens und Glaubens handelt, muss der entsprechende a.c.i. stehen, gebildet mit dem Infinitiv der Nachzeitigkeit: laudātūrum, am, um esse laudātūrōs, ās, a esse audītūrum, am, um esse audītūrōs, ās, a esse textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 276 Dass es die Gallier selbst sind, die da opfern werden, beweist uns das Reflexivpronomen (Akkusativ) sē; es gilt in Singular und Plural: …sē ≈ (nach Zusammenhang): dass er/sie/es – dass sie selbst (Plural). Gallī druidibus utuntur – die G. benutzen die D. ≈ ūtī mit Ablativ 3 nōn posse nūmen placārī arbitrantur – a.c.i. Gleichzeitigkeit Passiv Dass die göttliche Majestät nicht könne besänftig werden, glauben sie. Sie glauben, die göttliche Majestät könne nicht besänftigt werden. 4 immānī magnitūdine simulacra – Ablativus qualitatis Götterbilder von riesiger Größe Frage: Wie (sind sie) gemacht, zusammengesetzt, gebaut, gefertigt usw. quibus simulacrīs succensīs – Ablativus absolutus der Vorzeitigkeit Nachdem diese Standbilder angezündet worden sind/waren, … Quibus ist relativer Anschluss statt iīs – istīs Das Relativpronomen am Beginn eines Satzes oder Satzteiles wird mit dem Demonstrativpronomen (≈ dieser usw.) übersetzt. 2 credunt Apollinem morbōs pellere – a.c.i der Gleizeitigkeit Aktiv Sie glauben, dass Apollo (die) Krankheiten vertreibt – vertreibe. Sie glauben, Apollo vertreibe (die) Krankheiten. 3 Martī ea, quae bellō cēperint, vovent: Konjunktiv Perfekt Aktiv Sie weihen Mars das, was sie im Krieg erbeutet haben (Indikativ). Regel: Indirekte Fragesätze stehen im Lateinischen im Konjunktiv. Zum Vergleich direkter Fragesatz; auch im Latein. mit Indikativ: Quae Gallī cēpērunt – was (welche Dinge) haben die Gallier erbeutet? 1 Gallī sē ab Dīte patre prognātōs esse praedicant – a.c.i vorzeitig Die Gallier rühmem sich, dass sie (selbst) von Vater Dis abstammten. Gallī id ab druīdibus prōditum esse dīcunt – a.c.i. vorzeitig Die Gallier sagen, dies sei von den Druiden überliefert worden. 2 Gallī diēs sīc observant, ut noctem diēs subsequātur. Die Gallier beobachten so, dass auf die Nacht der Tag folgt. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 277 ut mit Konjunktiv ≈ (so) dass; gibt nach vorherigem so eine Folge an, eine Konsequenz: ut consecutīvum (consequī ≈ folgen). Magister tam irātus erat, ut Marcum vehementer punīret. Der Lehrer war so wütend, dass er Marcus heftig bestrafte. 10. Das Telefon der Gallier 7, 3, 2 Celeriter ad omnēs Galliae civitātēs fāma perfertur. Nam ubicumque māior atque illustrior incidit rest, Gallī eam clamōre per agrōs regionēsque significant. Hinc aliī deinceps excipiunt et proximīs tradunt. Ut septimō bellī annō accīdit: Nam ea, quae Cenabī oriente sōle gesta essent, ante prīmam confectam vigiliam in fīnibus Arvernōrum audīta sunt, quod est spatium milium passuum circiter centum sexaginta. celeriter (Adv.): schnell – cīvitas, civitātis: Staat; Stamm – fāma: Gerücht; Kunde – per-ferre: überbringen – ubicumque: wo auch immer – illustris, e: berühmt – incidere: sich ereignen – clāmor: Geschrei – significāre: kenntlich machen, bekannt machen – hinc: von hier (aus) – deinceps: nacheinander – excipere: aufnehmen – proximus, a, um: der nächste – trādere: überliefern, weitergeben – ut: so – septimus, a, um: siebter – accīdere, accīdī: sich erreignen – Cenabum: heutiges Orléans, wo die Einheimischen ein Massaker an den dort lebenden Römern veranstaltet hatten – oriente sōle: bei Sonnenaufgang – gerere, gessī, gestum: geschehen – prīmus, a, um: erster – con-ficere, fēcī, fectum: vollenden – vigilia: Nachtache – Arvernī: Arverner; Stamm in der Auvergne – spatium: Raum; Abstand – mīlia, (Gen.) mīlium: Plural von Tausend – passus, ūs: Doppelschritt ≈ ca. 1,50 m. – circiter: ungefähr – centum sexaginta: hundertsechzig Übersetzung: Schnell wird die Kunde/das Gerücht zu allen Stämmen Galliens gebracht. Denn wo immer eine größere und bedeutendere Sache geschieht, machen die Gallier sie mit Geschrei über Felder und Gegenden kenntlich – bekannt. Von hier aus nehmen sie andere wiederumauf und textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 278 geben sie den Nächstwohnenden weiter. So geschah es im siebten Kriegsjahr: Was in Cenabum bei Sonnenaufgang geschehen war, wurde gehört – hörten man nach Vollendung der ersten Nachtwache in den Grenzen ≈ im Gebiet der Arverner; das ist eine Strecke von ungefähr 160.000 Doppelschritt ≈ 160 Meilen ≈ ca. 240 km. Grammatik celeriter ist das Adverb zu celer, -ris, -re – schnell: gebildet mit -ter longē wäre das Adverb zu longus, a, um – lang: gebildet mit -ē Das Adverb steht auf die Frage wie, auf welche Art und Weise omnēs Galliae civitatēs – typische Stellung im Lateinischen: alle Galliens Stämme ≈ alle Stämme Galliens unregelmäßige Steigerung: māgnus, a, um: groß – māior, ior, ius: größer – maximus, a, um: der größte – parvus, a, um: klein – minor, minor, minus: kleiner – minimus, a, um: der kleinste – bonus, a, um: gut – melior, ior, ius: besser – optimus, a, um: der beste – malus, a, um: schlecht – pēior, ior, ius: schlechter – pessimus, a, um: der schlechteste – multum: viel – plūs: mehr – plūrimum: am meisten – multī, ae, a: viele – plūrēs, ēs, a: mehr – plūrimī, ae, a: die meisten – prope: nahe bei – propior, ior, ius: der nähere – proximus, a, um: der nächste septimō bellī annō – im siebten Jahr des Krieges, Kriegsjahr a. typisch lateinische Stellung: im siebten des Krieges Jahr b. Auf die Frage wann steht der reine Ablativ (also: ohne Präposition): oriente sōle: bei, während der aufgehenden Sonne – Sonnenaufgang; diesmal der reine Ablativ Singular der konsonantischen Deklination auf -e Cenabī – in Cenabum: Auf die Frage wo stehen die Städtenamen auf us, a, um im Genitiv; die übrigen im Ablativ: Carthagine – in Karthago. ante confectam vigiliam: ante + Akkusativ vor der vollendeten Nachtwache – vor dem Ende der Nachtw. (Dativ) mille passūs ≈ tausend Doppelschritt ≈ eine Meile ≈ ca. 1, 5 km. duo milia passuum ≈ zweitausend der Doppelschritte – zweitausend Doppelschritt – zwei Meilen – zwei Kilometer usw. mille – Tausend bildet den Plural milia, (Gen.) milium + Genitiv: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 279 milium passuum circiter centum sexaginta: der (wessen?) Tausend Doppelschritt ungefähr 160 – ungefähr 160.000 Doppelschritt – ca. 160 Meilen passuum ist Genitiv Plural von passus, ūs – Doppelschritt: Es handelt sich um einen Genitivus partitivus oder Teilungsgenitiv als Angabe des Teiles eines Gesamtvorrates: I drink a cup of tea: von allen Millionen Hektolitern der Welt nur eine einzige Tasse! 11. Götter, Religon und hartes Leben der Germanen 6, 21,1 Germānī multum ā consuetudinibus Gallōrum differunt, nam neque druidēs habent, quī divīnīs rebus praesint, neque sacrificiīs student. 2 Deōrum numerō eōs sōlōs dūcunt, quōs cernunt et quōrum apertē opibus iuvantur: Sōlem et Vulcānum et Lūnam. Reliquōs deōs nē famā quidem accepērunt. 3 Vīta omnis in venatiōnibus atque in studiīs reī militāris consistit; ā parvulīs laborī atque duritiae student. 4 Iī, quī diutissimē impuberēs mansērunt, maximam inter suos ferunt laudem: Hōc alī staturam, alī virēs, nervōsque confirmārī putant. 5 Intra annum verō vicēsimum feminae notiam habuisse in turpissimīs habent rēbus. 6 Cuius reī nulla est occultātio, quod et promiscuē in fluminibus perluuntur, et pellibus aut parvīs renonum tegimentīs ūntuntur, magnā parte corporis nūdā. 22, 1 Agrī culturae nōn student, maiorque pars eōrum victūs in lacte, caseō, carne consistit. 2 Neque quisquam agrī modum certum aut finēs propriōs habet. Nam magistratūs ac principēs in annōs singulōs agrōs attribuunt atque hominēs annō post aliō transīre cōgunt. 3 Germānī multās huius reī afferunt causās: nē assiduā consuetudine captī studium bellī gerendī agrī culturā commutent; nē latōs fīnēs parāre studeant potentiorēsque humiliōrēs possessiōnibus expellant; ne qua oriātur pecuniae cupiditas, quā ex rē factiōnēs nascuntur; ut animī aequitāte plēbem contineant, cum quisque suās opēs cum potentissimīs aequārī videat. 23, 9 Hospitem violāre fās non putant. Omnēs, quī quācumque dē causā ad eōs venērunt, ab iniuriā prohibent sanctōsque habent: Hīs omnium domūs patent victusque communicātur. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 280 consuetūdo, dinis: Gewohnheit – dif-ferre: s. unterscheiden – divīnus, a, um: göttlich – prae-esse: voran stehen (m. Dat.) – sacrificium: Opfer – studēre (m. Dat.): sich bemühen um 2 dūcere (hier): zählen – cernere: sehen – apertus, a, um: offen – opēs (Plur.): Macht – iuvāre: unterstützen – Sōl; Vulcānus; Lūna: Sonne; Feuergott; Mond – reliquī, ae, a: die übrigen – nē … quidem: nicht einmal – accipere: annehmen, empfangen 3 omnis, e: ganz – venātio: Jagd – rēs militāris: Kriegswesen – consistere in: bestehen in/aus – ā parvulīs: von Klein auf – duritia: Härte 4 diu: lange – diutissimē: am längsten – impūbēs, beris: ohne Geschlechtsverkehr – manēre, mansī: bleiben – laudem ferre: Lob ernten – hōc (Abl.): dadurch – alere: ernähren – statūra: Gestalt – virēs: die Kräfte – nervus: Muskel – confirmāre: kräftigen – putāre: glauben 5 intra (m. Akk.): innerhalb – vicēsimus, a, um: der zwanzigste – femina: Frau – notia: Kenntnis, (gemeint) Geschlechtsverkehr – turpis, e: schändlich – habēre (hier): rechnen zu 6 occultātio: Verbergen; Geheimnis – promiscuē: vermischt; (gemeint): gemeinsam – perluī: baden – pellis: Fell – reno: Lendenschurz – tegimentum: Bedeckung – ūtī (m. Abl.): benutzen, verwenden 22, 1 agrī cultura: des Ackers Pflege ≈ Ackerbau – victus, ūs: Lebensunterhalt – lac, lactis: Milch – caseus: Käse – caro, carnis: Fleisch – consistere in (m. Abl.): bestehen aus 2 quisquam: irgendjemand – modus certus: bestimmtes Maß – finēs (Plur.): Gebiet – proprius, a, um: eigen – magistratus, ūs: Beamter – princeps, cipis: Führer – in annōs singulōs: Jahr für Jahr – attribuere, triubuī, tribūtum: zuteilen – post: danach – aliō: anderswohin – trans-īre: übersiedeln – cōgere: zwingen 3 affere: herbei tragen – causa: Grund – nē: dass nicht/damit nicht – assiduus, a, um: andauernd – studium: Eifer – commutāre: tauschen – parāre: bereiten – studēre: s. bemühen – potentiorēs: die Mächtigeren – humiliorēs: die niedriger Gestellten – possessio: Besitz – expellere: vertreiben – orīrī: entstehen – pecuniae cupiditas: Geldgier – factio: Partei – nascī: entstehen – ut: dass/damit – aequitas: Gleichheit – plebs, plēbis: Volk – continēre: zusammen halten – quisque: jeder – opēs (Plur.): Besitz – potens, ntis: mächtig – aequārī: gleich kommen 23, 9 hospes: Gastfreund, Gast – violāre: verletzen – quācumque dē causā: aus welchem Grund auch immer – iniūria: Unrecht – prōhibēre: fernhalten – sanctus, a, um: heilig – patēre: offen stehen – victus, ūs: Nahrung – communicāre: teilen textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 281 Übersetzung: Die Germanen unterscheiden sich viel von den Gewohnheiten der Gallier, denn sie haben weder Druiden, die den göttlichen Dingen voranstehen, noch bemühen sie sich um Opfer. 2 Zur Zahl der Götter führen ≈ zählen sie nur diejenigen, die sie wahrnehmen und durch deren Machtmittel sie unterstützt werden: Sonne, Feuergott und Mond. Die übrigen (Götter) haben sie nicht einmal durch das Gerücht – die Kunde angenommen. 3 Ihr gesamtes Leben besteht aus Jagden und in kriegerischen Bemühungen; von Klein auf bemühen sie sich um Arbeit und Härte – Abhärtung. 4 Diejenigen, die am längsten ohne Geschlechtsverkehr geblieben sind, erhalten unter ihren Leuten das größte – höchste Lob: Dadurch werde die Gestalt ernährt, würden die Kräfte ernährt und die Muskeln gekräftigt, glauben sie ≈ sie glauben, dadurch werde… 5 Innerhalb des zwanzigsten Jahres ≈ bevor man zwanzig Jahre alt geworden ist, Kenntnis einer Frau ≈ Verkehr mit einer Frau gehabt zu haben, haben sie in den ≈ rechnen sie zu den schändlichsten Dingen. 6 Von dieser Sache ≈ in dieser Sache ist – gibt es keine Geheimhaltung – Geheimnis, weil sie sowohl gemeinsam in den Flüssen baden als auch (nur) Felle oder die Bedeckung kleiner Lendenschürze benutzen, wobei ein großer Teil des Körpers nackt ist. 22, 1 Um Ackerbau bemühen sie sich nicht, und der größere Teil ihrer Nahrung besteht aus Milch, Käse und Fleisch. 2 Und nicht irgendeiner ≈ und keiner hat – besitzt ein bestimmtes Maß des Ackers – an Acker oder eigene Grenzen ≈ eigenes Gebiet, denn die Beamten und Führer teilen in die Jahre ≈ Jahr für Jahr die einzelnen Äcker zu und zwingen die Menschen ≈ Leute im Jahr darauf, anderswohin überzusiedeln. 3 Die Germanen führen für diese Sache viele Gründe an: damit sie nicht von ständiger Gewohnheit ergriffen ≈ aus ständiger Gewohnheit den Eifer des zu führenden Krieges ≈ ihre große Kriegslust mit dem Ackerbau vertauschen; damit sie sich keine Mühe geben, sich ein großes Gebiet zu verschaffen und die Mächtigeren die niedriger Gestellten aus ihren Besitztümern vertrieben; damit nicht irgendeine Gier nach Geld – Geldgier entstünde, aus welcher Sache – woraus Parteien hervorgehen – hervorgingen; damit sie durch die Gleichheit des Geistes ≈ durch politische Gleichheit das Volk zusammenhielten, indem ein jeder sehen könne, dass seine Mittel – seine Besitztümer den Mächtigsten ≈ denen der Mächtigsten gleichkämen. 23, 9 Einen Gastfreund zu verletzen, halten sie für nicht göttliches Recht ≈ für Frevel – Gottlosigkeit. Alle, die aus welchem Grund auch immer zu ihnen gekommen sind – kommen, halten sie vor Unrecht fern ≈ bewahren sie vor Un- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 282 recht und halten sie für heilig: Diesen ≈ ihnen stehen aller Häuser offen und die Nahrung wird geteilt. Grammatik 1 neque … neque – weder … noch: weit gespannte Konstruktion sacrificiīs studēre: studēre wird mit Dativ konstruiert sich um Opfer (um wen?) bemühen ≈ deutscher Akkusativ 2 deōs nē famā quidem accepērunt. sie haben die Götter nicht einmal durch das Gerücht angenommen. nē … quidem ≈ nicht einmal schließt den betroffenen Ausdruck ein. 3 duritiae student – sie bemühen sich um Härte: studēre + Dativ (s.o.) 4 diu: lange – diutius: länger – diutissimē: am längsten (rein zeitlich) Hōc 1. alī staturam 2. alī virēs 3. nervosque confirmārī putant. Sie glauben, dadurch werde die Gestalt, würden die Kräfte ernährt und die Muskeln gekräftigt: Vom Satzkern putant ≈ sie glauben ist ein dreifacher passiver a.c.i. der Gleichzeitigkeit abhängig. 5 in turpissimīs habent rēbus – typische Stellung des Lateinischen Sie rechnen es zu den schändlichsten Dingen. 6 Germānī pellibus aut parvīs renonum tegimentīs ūntuntur. Die Germanen benutzen Felle oder kleine Bedeckungen von Lendenschürzen (Gen.) ≈ kleine Lendenschürze als Bedeckung – Kleidung: ūtī – benutzen, verwenden wird in Lat. mit Ablativ konstruiert. magnā parte corporis nūdā: nominaler Ablativus absolutus während ein großer Teil des Körpers nackt ist – nackt bleibt wobei ein großer Teil des Körpers nackt ist – bleibt esse besitzt kein Partizip der Gleichzeitigkeit Aktiv (PGA). 3 nē + Konjunktiv ≈ dass nicht; damit nicht im Deutschen Indikativ ut + Konjunktiv ≈ dass; so dass; damit im Deutschen Indikativ cum quisque suās opēs aequārī videat – a.c.i. gleichzeitig Passiv weil jeder sehen könne, dass seine eigenen Mittel gleichkämen. 9 hospitem violāre fās nōn putant den Gastfreund zu verletzen, halten sie für Frevel putāre – glauben, meinen – halten für – oft mit doppeltem Akkusativ: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 283 Magister Marcum asinum putat – der Lehrer hält M. für einen Esel. Marcus magistram capram putat – M. hält die Lehrerin für eine Ziege. 12. Elche in Germanien 6, 27, 1 Sunt ibī bestiae, quae appellantur alcēs. Hārum est similis caprīs figura et varietas pellium, sed magnitūdine paulō antecēdunt mutilaeque sunt cornibus. Crūra sine nōdīs articulīsque habent. 2 Neque quiētis causā procumbunt, neque, sī casū concīdērunt, erigere sē aut sublevāre possunt. 3 Hīs sunt arborēs cubilibus: Ad eās sē applicant atque ita paulum reclinātae quietem capiunt. 4 Quārum ex vestigiīs cum est animadversum ā venatōribus, quō se recipere consuēverint, omnēs eō locō arborēs aut ab radicibus subruunt aut accīdunt, tantum ut summā speciēs eārum stantium relinquātur. 5 Alcēs hūc cum sē consuetudine reclināvērunt, infirmās arborēs affligunt atque unā ipsae concīdunt. sunt: esse als Vollverb ≈ vorhanden sein – bestia: Tier – appellāre: nennen – alcēs: Elche – similis, e: ähnlich – capra: Ziege – varietas pellium: Verschiedenheit der Felle; d.h. sie sind gescheckt – paulō: um ein Wenig – antecedere: voranschreiten – mutilus, a, um: stumpf – cornu: Horn – crus: Schenkel, Bein – nōdus: Knoten – articulum: Gelenk 2 quies, quiētis: die Ruhe, das Ausruhen – procumbere: hinlegen - concīdēre: hinfallen – erigere: aufrichten – sublevāre: erheben 3 arbor: Baum – cubile: Schlafplatz – applicāre: anlehnen – paulum: ein Wenig – reclināre: zurücklehnen – capere, capiō: nehmen, fassen 4 vestigium: Spur – animadvertere, vertī, versum: erkennen – venātor: Jäger – quō: wohin – recipere, cēpī: zurückziehen – consuescere, ēvī: gewöhnen an – radix: Wurzel – subruere: untergraben – accīdere: ansägen – tantum: so viel – summā: insgesamt gesehen – speciēs, eī: Schein – stāre: stehen – relinquere: zurückbleiben 5 hūc: hierher – consuetudo, dinis: Gewohnheit – reclināre: anlehnen – infirmus, a, um: schwach – affligere: umstoßen – unā: gemeinsam – concīdere: hinfallen Es gibt dort Tiere, die Elche genannt werden. Deren ≈ ihre Gestalt ist den Ziegen ähnlich und das gescheckte Fell (falsch), aber in der Größe gehen sie ein wenig voran ≈ sind etwas größer und sind stumpf an den Hörnern ≈ haben ein stumpfes Geweih (stimmt). Beine haben sie ohne Knoten und textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 284 Gelenke ≈ ihre Beine sind ohne… (haha). 2 Und sie legen sich nicht der Ruhe wegen ≈ um auszuruhen nieder und können sich nicht, wenn sie durch Zufall hingefallen sind, erheben oder aufstehen. 3 Ihnen dienen Bäume als Ruheplätze: An diese lehnen sie sich an und so ein wenig zurückgelehnt fassen sie die Ruhe ≈ ruhen sie sich aus – schlafen sie. 4 Wenn aus deren Spuren von den Jägern bemerkt wurde ≈ wenn die Jäger aus ihren Spuren gelesen haben, wohin sie sich zurückzuziehen gewohnt haben ≈ wohin sie sich gewöhnlich zurückziehen, untergraben sie alle Bäume an diesen Platz von den Wurzeln her oder sägen sie an, so viel (jedoch nur), dass insgesamt der Schein dieser stehender zurückgelassen wird – sodass der Schein, sie stünden fest, gewahrt bleibt. 5 Wenn sich die Elche hierher nach ihrer Gewohnheit zurückgelehnt haben ≈ zurücklehnen, stürzen sie die schwachen – geschwächten Bäume um und fallen gemeinsam mit ihnen hin – zu Boden. Auch ein Caesar hat bei seiner Doktorarbeit »abgeknollt«, denn ein Jahrhundert vor ihm schrieb ein Grieche namens Agartharchides folgendes: »Gewöhnlich schläft der Elefant, wenn er sattgefressen von der Weide kommt. Er macht dies aber anders als andere Tiere. Er kann sich nämlich nicht niederknien … und so auf die Erde legen. Will er schlafen, lehnt er sich an einen Baum und schläft sich in dieser Lage aus. Der Baum … ist daher abgerieben und schmutzig… Finden sie (die Afrikaner) nun einen solchen Baum, sägen sie ihn unten am Stamm durch, und zwar so weit, dass er bei geringem Druck umstürzt. … Am Abend kommt dann der Elefant an seinen gewohnten Ruheplatz, lehnt sich mit seinem vollen Gewicht an und stürzt sofort mit dem Baum zugleich zu Boden«. Leonardo da Vinci wiederum, der als Universalgenie auch ein bedeutender Literat war, erfand das skandinavische Fabeltier Macli (B. Nardini & R. Hagelstange: Die Tierfabeln des L. d. V., Würzburg o.J. S. 36): »Es hatte die Beine aus einem Stück und musste sich deshalb, wenn es sich ausruhen wollte, an einen Baum lehnen. Es lief mit unglaublicher Geschwindigkeit, indem es die Beine gestreckt und gerade voranwarf. Die Jäger vermochten nicht, es zu fangen… In einer Mondnacht überraschten es einige Jäger im Schlaf und stellten staunend fest, dass es im Stehen schlief… Am nächsten Morgen sägten sie jenen Baum bis weit über die Mitte des Stammes an und verbargen sich gegen Abend hinter den nahen Büschen. Nach Sonnenuntergang kehrte das Tier an seinen gewohnten textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 285 Baum zurück. Es lehnte sich an, um zu schlafen. Der Stamm brach; das Tier fiel zu Boden und die Jäger ergriffen es.« Grammatik 1 sunt bestiae – es sind Tiere, es sind Tiere vorhanden, es gibt Tiere. Das Hilfsverb esse als Vollverb mit der Bedeutung vorhanden sein 2 quiētis causā – um der Ruhe willen, der Ruhe wegen, um zu ruhen causā + Genitiv ≈ um … willen, wegen 3 hīs sunt arborēs cubilibus (2 x Dativ Plural) diesen sind ≈ dienen Bäume als Ruheplätze esse mit doppeltem Dativ ≈ dienen zu – gereichen zu (wozu?) Lingua Latina discenda multīs discipulīs (Dat. 1) horrōrī est (Dat. 2). Das zu erlernende Latein dient/gereicht vielen Schülern zum Grauen. Viele Schüler packt/schüttelt beim Lateinlernen das Grauen. Übersetzungen mit gereichen/dienen zu sind provisorisch: Magistrī artium nōbis (Dativ 1) saepe gaudiō (Dativ 2) sunt. Die Lehrer der Künste – Kunstlehrer gereichen uns oft zur Freude. Wir freuen uns oft über die Kunstlehrer, haben an ihnen Freude… 4 quārum ex vestigiīs cum est animadversum… aus deren/ihren Spuren, jedesmal wenn es bemerkt wurde… jedesmal, wenn aus ihren Spuren gelesen wurde… a.) cum ≈ jedesmal, wenn steht mit Indikativ. b.) Dieses und jedes cum wird im Latein oft nach hinten verschoben: Caesar cum in Galliam vēnit – Caesar, als er ≈ als C. nach G. kam. …quō se recipere consuēverint – Konjunktiv Perfekt Aktiv …wohin sie sich zurückzuziehen gewöhnt haben …wohin sie sich gewönlich zurückziehen Indirekte Fragesätze stehen in Lateinischen im Konjunktiv. Quō se recipere consuēvērunt? – Indikativ Perfekt Aktiv Wohin ziehen sie sich gewöhnlich zurück? – direkter Fragesatz tantum, ut speciēs stantium relinquātur – ut mit Konjunktiv nur so viel, dass der Schein von Stehenden erhalten ist (Indikativ). ut nach Ausdrücken wie so, so viel, so alt, so groß, so sehr usw. gibt eine Folge, eine Konsequenz an; es ist das ut consecutivum: textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 286 ita – tam – adeo – sīc callida erat, ut omnia scīret. Konjunktiv Sie war so, der-art, -maßen schlau, dass sie alles wusste. Indikativ 13. Ur oder Auerochse: In Germāniā est genus eōrum, quī urī appellantur. Hī sunt magnitudine paulō infra elephantos, speciē et colōre et figurā taurī. 2 Magna vīs eōrum est et magna velocitas. Neque hominī neque ferae, quam conspēxerunt, parcunt. Germānī autem hōs studiōsē foveīs captōs interficiunt. 3 Hōc se labōre durant iuvenēs atque hōc genere venatiōnis exercent. Quī plūrimōs ex hīs interfecērunt – relātīs in publicum cornibus, quae omnibus sint testimoniō – magnam ferunt laudem. 4 Sed assuescere ad hominēs et mansuefierī nē parvulī quidem exceptī possunt. 5 Amplitudo cornuum et figura et speciēs multum ā nostrōrum boum cornibus differt. 6 Haec cornua studiosē conquisita ab labrīs argentō circumcludunt atque in amplissimīs epulīs prō pōculīs utuntur. magnitudo: Größe – paulō infra: (um) ein Wenig unterhalb – speciēs: Art – taurus: Stier 2 velocitas: Schnelligkeit – fera: wildes Tier, Wild – conspicere, spexī: erblicken – parcere (m. Dat.): schonen – studiōsus, a, um: eifrig – fovea: Fallgrube – interficere: töten 3 labor: Arbeit – durāre: abhärten – iuvenis: junger Mann – venātio: Jagd – plurimī, ae, a: die meisten – referre, tulī, lātum: zurückbringen – publicum: die Öffentlichkeit – cornu: Horn – testimonium: Beweis – laudem ferre: Lob erhalten 4 assuēscere: gewöhnen – mansuefierī: gezähmt warden – parvulī, ae, a: sehr kleine – excipere, io, cēpī: aufgreifen 5 amplitudo: Größe, Weite – speciēs: Art – boum: Gen. Plur. von bovis: Rind – differre: unterscheiden 6 cornu (n. – u-Deklin.): Horn – conquirere, qusīvī, quisītum: sammeln – labrum Lippe, Rand – argentum: Silber – circumcludere: umschließen – amplus, a, um: weit, groß – epulum: Festmahl – pōculum : Becher Übersetzung: In G. gibt es die Art derer, die Ur genannt werden. Diese sind in der Größe ein Wenig unterhalb der Elefanten, von Aussehen, Farbe und Gestalt des Stieres. 2 Groß ist ihre Kraft und ihre Schnelligkeit. Weder Mensch noch Wild, das sie erblickt haben, schonen sie. Die G. aber töten diese eifrig in Fallgruben Gefangenen. 3 Mit dieser Arbeit härten sich die Jünglinge ab und üben sich in dieser Art von Jagd. Die die meisten von ihnen getötet haben, erhalten großes Lob, nachdem sie die Hörner in die Öffentlichkeit gebracht haben, die allen als Beweis dienen (sollen). 4 Aber an die Menschen gewöhnen und gezähmt werden können nicht einmal ganz jung Aufgegriffene. 5 Weite der Hörner und ihre Gestalt und Art unterscheidet sich erheblich von den Hörnern unserer Rinder. 6 Diese sorgfäl- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 287 tig ausgewählten ≈ diese wählen sie aus, umschließen sie am Rand mit Silber und benutzen sie auf ihren großen Gelagen statt Bechern. Grammatik 1 Hī sunt et speciē et colōre et figurā taurī – 3 x Ablativ Diese sind von Aussehen, Farbe und Gestalt des/eines Stieres Sie haben Aussehen, Farbe und Gestalt des/eines Stieres Ablativus qualitatis auf die Frage: wie beschaffen? 2 vīs – Kraft; Macht; Gewalt; Masse Singular: Nom: vīs – kein Gen. – kein Dat. – Akk: vim – Abl: vī Plural: vīrēs, vīrium, vīribus, vīrēs, vīribus Neque hominī neque ferae parcunt: Weder Mensch noch Wild schonen sie: 2 x Dativ nach parcere 2 x Akk. nach schonen Germanī hōs studiōsē captōs interficiunt: Participium coniunctum + Adverb Die Germanen töten diese/die eifrig Gefangenen. Die Germanen fangen diese/sie mit Eifer und töten sie. 3 quī plūrimōs interfecērunt, magnam ferunt laudem ≈ iī, quī plūrimōs interfecērunt, magnam ferunt laudem. Die die meisten getötet haben, erhalten großes Lob ≈ Diejenigen, die die meisten getötet haben, erhalten großes Lob. cornua, quae omnibus sint testimoniō – esse mit 2 x Dativ die Hörner, die allen als/zum Beweis dienen (sollen) die Hörner, die für alle Leute ein Beweismittel darstellen (sollen) esse + 2 x Dativ ≈ (Hilfsübersetzung) gereichen zu; dienen zu 4 Mansuefierī nē parvulī quidem exceptī possunt. Gezähmt werden können nicht einmal sehr jung gefangene. Man kann sie nicht einmal dann zähmen, wenn man sie noch ganz jung fängt, …wenn man sie fängt, wenn sie noch ganz jung sind. nē … quidem (getrennt) ≈ nicht einmal (zusammenstehend) Man beachte ferner die kunstvolle lateinische Wortfolge, die im Deutschen nicht wiedergeben werden kann; ferner irrt Caesar; der Ur oder Auerochse ist Stammvater unseres Hausrindes und wurde darum ausgerottet. 6 prō pōculīs utuntur – sie verwenden sie an Stelle von Bechern. …einmal mehr das Verb (Deponens) ūtī mit dem Ablativ in Folge textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 288 14. Germanen bestürmen das Lager in Caesars Abwesenheit 6, 37, 1 Subitō Germānī equitēs veniunt protinusque in castra irrumpere conantur. 3 Inopinantēs nostrī perturbantur, ac vix cohors prīmum impetum sustinet. 4 Circumfunduntur hostēs ex reliquīs partibus, sī quem aditum reperīre possint. 5 Aegrē nostrī portās tuentur. 6 Tōtīs trepidātur castrīs. 7 Alius castra iam capta esse pronuntiat, alius delētō Romānō exercitū absente eiusque imperatore necātō barbarōs venisse sē trucidātum. 41, 1 Multīs legionāriīs interfectīs tamen Germānī desperātā expugnatiōne castrōrum cum praedā, quam interim in silvīs deposūerant, trāns Rhēnum sēsē recēpērunt. 2 Ac tantus fuit etiam post discessum hostium terror, ut eā nocte Gaius Volusenus, cum ā Caesare prae-missus cum equitātū in castra venisset, fidem non faceret adesse cum incolumī Caesarem exercitū: 3 Sīc omnium animōs timor Germanōrum occupāverat. 4 Quem timōrem tandem Caesaris eiusque exercitūs adventus sustulit. subitō: plötzlich – equēs, equitis: Reiter – protinus (Adv.): sofort – irrumpere: einbrechen – conārī: versuchen 3 inopinans: nichtsahnend – perturbāre: verwirren – vix: kaum – impetus, ūs: Angriff – sustinēre: aushalten 4 circumfundī (Mediopass.): einschließen – aditus, ūs: Zugang – reperīre: finden 5 aegrē: mit Mühe; kaum – tuērī: schützen 6 trepidāre: zittern 7 alius … alius: der eine … der andere – pronuntiāre: verkünden – absens, ntis: abwesend – trucidāre: abschlachten 41, 1 interficere, fēcī, fectum: töten – dēsperāre: verzweifen an, aufgeben – expugnātio: Eroberung – praeda: Beute – interim: inzwischen – silva: Wald – recipere, cipiō, cēpī: zurückziehen 2 tantus, a, um: so groß – discessus, ūs: Weggang – hostis, is: Feind – Gaius Volusēnus: Name; ein prominenter Reiterführer Caesars – fidēs, eī: Vertrauen; Glaube an – incolumis, e: unversehrt 3 occupāre: erobern, einnehmen 4 adventus, ūs: Ankunft – tollere, sustulī, sublātum: aufheben, beseitigen Caesar ist mit der Hauptarmee unterwegs; nur ein kleiner Teil ist im Lager geblieben: Plötzlich kommen (Praes. d. Spannung) germanische Reiter und versuchen sofort, ins Lager einzubrechen. 3 Unsere ahnungslosen, überrumpelten Leute geraten in Verwirrung, und kaum hält die Kohorte dem ersten Angriff stand. 4 Herum gegossen werden die Feinde auf den übrigen Seiten ≈ die Feinde umzingeln die übrigen Seiten (des Lagers), ob sie textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 289 irgendeinen Zugang finden könnten. 5 Mit Mühe schützen unsere Leute die Tore. 6 Im ganzen Lager wird gezittert, schlottert man. 7 Der eine ruft aus, das Lager sei bereits erobert, der andere, die Barbaren seien, nachdem das abwesende römische Heer vernichtet und dessen Feldherr getötet sei, gekommen, um sie abzuschlachten. 41, 1 Nachdem viele Legionäre getötet worden waren, zogen sich die G., nachdem-weil man an der Eroberung des Lagers verzweifelt hatte, sie aufgegeben hatte mit der Beute, die sie in der Zwischenzeit in den Wäldern gelagert hatten, (wieder) über den Rhein zurück. 2 Und so groß war auch nach dem Weggang – Rückzug der Feinde (noch) der Schrecken, dass in dieser Nacht G. Volusenus, als er von Caesar mit der Reiterei ins Lager vorausgeschickt wurde, keinen Glauben – Vertrauen machte ≈ keinen Glauben finden konnte, Caesar sei mit dem unversehrten Heer (bald schon) da. 3 So hatte aller Gemüter ≈ alle die Furcht vor den G. eingenommen – sich in den Köpfen aller festgesetzt. 4 Diese Furcht hob endlich die Ankunft Caesars und seines Heeres auf. 4 Circumfunduntur hostēs ex reliquīs partibus Die Feinde werden auf den übrigen Teilen, Stellen herum gegossen Die Feinde umzingeln die übrigen Seiten (des Lagers). sī quem aditum reperīre possint – Konjunktiv ob sie irgendeinen Zugang finden könnten – Konjunktiv irgendeinen Zugang ≈ aliquem aditum; aber nach sī fällt ali- weg 6 tōtīs trepidātur castrīs. Im ganzen Lager wird gezittert – unpersönliches Passiv Im ganzen Lager zittert man – schönere Übersetzung mit man 7 delētō exercitū absente eiusque imperatōre necātō – Abl. absolutus nachdem das abwesende Heer vernichtet und dessen/sein Feldherr getötet worden war: abesse bildet das PGA absens, ntis ≈ abwesend. Romānī clamavērunt barbarōs venisse sē trucidātum. Die Römer riefen, die Barbaren seien gekommen, um sie zu töten. barbarōs venisse – a.c.i. der Vorzeitigkeit Aktiv sē trucidātum – Supin I. (um … zu) mit Reflexivpronomen 1 legionariīs interfectīs ac desperātā expugnatiōne – 2 x Abl. abs. Nachdem die L. getötet waren und man die E. aufgegeben hatte 3 Romānōs timor Germanōrum occupāverat – Genitivus obiectivus Die Römer hatte die Furcht vor den Germanen eingenommen. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 290 Nur der Inhalt zeigt, dass die Germanen Objekt der Furcht sind. 15. Vercingetorix: Reiter und die Taktik der verbrannten Erde 7, 14, 1 Vercingetorix tot continuīs incommodīs adductus suōs ad concilium convocat. 2 Docet longē aliā ratiōne bellum gerendum esse atque antea gestum sit: Omnibus modīs esse studendum, ut pabulatiōne et commeātū Romānī prohibeantur. 3 Id esse facile, quod equitātū ipsī abundent et quod annī tempore – erat enim vēr – subleventur: 4 Pabulum secārī nōn iam posse: Necessāriō dispersōs hostēs pabulum et commeātum ex aedificiīs petere. Hōs omnēs cottidiē ab equitibus suīs delērī posse. 5 Itaque et oppida et vīcōs et aedificia incendī oportēre. 7 Sīc Romānōs aut inōpiam non latūrōs esse aut māgnō cum periculō longius ā castrīs processūrōs esse. 15, 1 Omnium consensū hāc sententiā probatā unō diē amplius quam vigintī urbēs Biturigum incenduntur. 2 Hoc idem fit in reliquīs civitatibus: In omnibus Galliae partibus incendia conspiciuntur. Vercingetorix: Name – tot: so viele – continuus, a, um: andauernd – incommodum: Niederlage – ad-ducere, duxī, ductum: veranlassen – concilium: Versammlung 2 docēre: unterrichten, darlegen – longē: bei weitem – alia ratio: andere Taktik – atque antea: als zuvor – pabulātio: Einholen des Pferdefutters – commeātus, ūs: Nachschub – prohibēre: verhindern, (hier) abschneiden 3 facilis, e: leicht zu tun – equitātus, ūs: Reiterei – abundāre: im Überfluss haben, (hier) hoch überlegen sein – vēr, vēris n.: Frühling – sublevāre: unterstützen 4 secāre: schneiden – necessāriō: notwendigerweise – dispergere, persī, persum: zerstreuen – aedificium: Bauernhof – petere, petīvī, petītum: anstreben – cottidiē: Tag für Tag 5 vīcus: Dorf – oportēre: notwendig sein 7 inōpia: Mangel – ferre, tulī, lātum: er-tragen – prōcēdere, cessī, cessum: vorrücken 15, 1 consensus, ūs: Übereinsimmung; Zustimmung – sententia: Meinung; Antrag – probāre: billigen – amplius: Komparativ von amplus, a, um: weit, (hier) viel – vigintī, ae, a: zwanzig – Biturigēs: Biturigen; Name eines Stammes – incendere: anzünden 2 reliquī, ae, a: die übrigen – pars, rtis f.: Teil; (hier): Gegend – incendium: Brand – conspicere, spiciō, spexī, spectum: erblicken textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 291 Übersetzung; man beachte die indirekte Rede: Vercingetorix, durch so viele andauernde Niederlagen veranlasst ruft – rief seine Leute zur Versammlung zusammen. 2 Er unterrichtete sie, dass der Krieg auf eine bei weitem andere Weise – mit ganz anderer Taktik geführt werden müsse, als er bisher geführt worden sei: Mit allen Mitteln müsse man sich bemühen – müsse man versuchen, dass die Römer von Einholen des Pferdefutters und vom Nachschub abgeschnitten würden – die Römer … abzuschneiden. 3 Dies sei leicht, weil sie selbst (den Römern) mit der Reiterei hoch überlegen seien und weil sie durch die Jahreszeit – es war nämlich Frühling – unterstützt würden – weil die Jahreszeit … sie unterstütze: 4 Es könne (nämlich) noch kein Pferdefutter gemäht werden: Notgedrungen würden die zerstreuten Feinde das Pferdefutter und den Nachschub aus den Bauernhöfen anstreben – holen wollen. Diese alle könnten Tag für Tag von der Reiterei vernichtet werden. 5 Deshalb müssten die Städte, Dörfer und Höfe niedergebrannt werden. 7 So würden die Römer entweder den Mangel nicht ertragen oder unter großer Gefahr aus dem Lager vorrücken – hervorkommen. 15, 1 Mit aller Zustimmung wurde dieser Antrag gebilligt und an einem einzigen Tag mehr als zwanzig Städte der Biturigen in Brand gesetzt. 2 Das Gleiche geschieht – geschah in – bei den übrigen Stämmen: In allen Teilen – Gegenden Galliens wurden Brände erblickt – erblickte man Feuersbrünste. 1 Vercingetorix … adductus … convocat – Konstruktion mit PVP Der veranlasste Vercingetorix ruft – rief zusammen Vercingetorix, durch … veranlasst, ruft – rief zusammen Weil V. durch … veranlasst (worden) ist/war, ruft – rief er zusammen Nachdem V. durch … veranlasst (w.) ist/war, ruft – rief er zusammen 2 docet … bellum gerendum esse: a.c.i + Gerundivum + indir. Rede Er erklärte, dass der Krieg ein zu führender sei Er erklärte, der Krieg müsse geführt werden aliā ratiōne … atque antea – auf andere Weise als zuvor nach alius bedeutet atque als – sonst heißt es und, und auch omnibus modīs esse studendum – unpersönl. a.c.i + Gerundivum Es sei ein mit sämtlichen Mittel zu Versuchendes (indir. Rede). Es müsse … versucht werden ≈ man müsse … versuchen. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 292 3 Vercingetorix: id esse facile, quod … abundent – indirekte Rede Vercingetorix: Dies sei leicht, weil sie … überlegen seien Vercingetorix: id est facile, quod … abundāmus – direkte Rede Vercingetorix: Dies ist leicht, weil wir … überlegen sind. 4 Vercingetorix: pabulum secārī nōn iam posse – indir. Rede + a.c.i Vercingetorix: Das Futter könne noch nicht gemäht werden. Vercingetorix: pabulum secārī nōn iam potest – dir. Rede – Haupts. Vercingetorix: Das Futter kann noch nicht gemäht werden. Vercingetorix: Vercingetorix: Vercingetorix: Vercingetorix: hostēs pabulum … petere – indirekte Rede – a.c.i. Die Feinde würden Futter holen, holten Futter… hostēs pabulum … petunt – dir. Rede – Hauptsatz Die Feinde … holen Futter. Vercingetorix: hōs omnēs … delērī posse – indir. Rede + a.c.i. Vercingetorix: Diese alle … könnten vernichtet werden. Vercingetorix: hī omnēs … delērī possunt – dir. Rede – Hauptsatz Vercingetorix: Diese alle … können vernichtet werden. 5 Vercingetorix: oppida incendī oportēre – indirekte Rede – 2 x a.c.i a.c.i 1: Vercingetorix dicit oportēre – V. sagt, es sei nötig, dass… a.c.i. 2: …oppida incendī – …die Städte angezündet würden. Vercingetorix: oportet oppida incendī – direkte Rede + a.c.i Vercingetorix: Es ist erforderlich, dass die Städte angezündet werden. a.c.i.-Regel: nach unpersönlichen Ausdrücken steht a.c.i. als Subjekt: constat Germanōs magnōs fuisse: Es steht fest, dass die Germanen groß waren: wer oder was steht fest? 7 Vercingetorix: Romānōs processūrōs esse – ind. Rede + a.c.i futurī Vercingetorix: Die Römer würden hervorkommen – kämen hervor. Vercingetorix: Romānī procēdent – dir. Rede – Hauptsatz im Futur Vercingetorix: Die Römer werden (demnächst) hervorkommen. a.c.i. futurī, gebildet mit Partizip der Nachzeitigkeit Aktiv; z.B.: pugnatūrum, am, um – pugnatūrōs, ās, a esse ≈ künftig kämpfen V. dicit Caesarem pugnatūrum esse – V. sagt, Caesar werde kämpfen. V. dicit Romanōs pugnatūrōs esse – V. sagt, die R. würden kämpfen. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 293 16. Caesar holt germanische Reiter zu Hilfe; Plan des Vercingetorix 7, 65, 4 Caesar, quod hostēs equitātū superiōrēs esse intellegēbat et interclūsīs omnibus itineribus nullā rē ex provinciā atque Italiā sublevārī poterat, nuntiōs trāns Rhenum in Germāniam mittit ad eās civitātēs, quās superiōribus annīs pacāverat, equitēsque ab hīs arcessit et levis armatūrae peditēs, quī inter eōs proeliārī consuēverant. 5 Eōrum adventū, quod minus idoneīs equīs utebantur, ā reliquīs equitibus Romānīs equōs sumit Germanīsque distribuit. 66, 1 Interea hostium equitēs, qui tōtī Galliae erant imperātī, conveniunt. 2 Māgnō hōrum coactō numerō Vercingetorix circiter milia passuum decem ā castrīs Romānīs consēdit. 3 Convocātīs ad concilium praefectīs equitum venisse tempus victoriae demonstrat: Fugere Romānōs Galliāque excēdere. 4 Proinde eōs agmine impedītōs adoriantur! Caesar ist nach seiner schweren Niederlage bei Gergovia zum bei Paris siegreichen Labienus gestoßen; germanische Reiter werden jetzt rekrutiert, die es verstehen, mit Fußsoldaten gemeinsam zu fechten, indem sie sich an der Pferdemähne festhalten und leichtfüßig mit springen; Caesar hatte allerdings gar keine Germanen unterworfen (Lüge; Propaganda); dann versucht Caesar, sich aus Gallien in die römische Provence durchzuschlagen; es ist ein Abzug, fast schon eine Flucht; die Legionäre schleppen all ihre Habe mit sich, jämmerlich! – superior, ior, ius: überlegen – intellegere: erkennen – inter-clūdere, clūsī, clūsum: abschneiden – iter, itineris n.: Weg – provinciā: heutige Provence; röm. Staatsgebiet – sublevāre: unterstützen – nuntius: Bote – superior (hier): früher – pacāre: unterwerfen – arcessere: zu Hilfe holen – levis armaturae peditēs: leichtbewaffnete Fußsoldaten – proeliārī: kämpfen – consuescere, consuēvī: gewöhnen 5 adventus, ūs: Ankunft – minus: weniger – idoneus, a, um: geeignet – equus: Pferd – sumere: nehmen – distribuere: verteilen 66, 1 interea: inzwischen – tōtī ≈ Dat. Sing. von tōtus, a, um (Ausnahme): ganz – convenīre, vēnī, ventum: zusammenkommen 2 cogere, coēgī, coactum: zusammenziehen – circiter: ungefähr – milia passuum decem: 10 Meilen – considere, sēdī, sessum: sich niederlassen 3 convocāre: zusammenrufen – concilium: Versammlung – praefectus: Präfekt; Offizier – victoria: Sieg – demonstrāre: darlegen, erklären – fugere, -iō, fugī: flüchten, fliehen – excedere, cessī, cessum: herausge- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 294 hen 4 proinde: daher – agmen, minis n.: Zug; Marschkolonne – impedīre: behindern – adorīrī: angreifen Übersetzung: Weil C. erkannte, dass die Feinde durch die/ihre Reiterei überlegen waren und, nachdem alle Wege abgeschnitten waren und er auf keine Weise aus der Provence und Italien unterstützt werden konnte, schickte er Boten über den Rhein nach G. und zu den Stämmen, die er in den früheren Jahren unterworfen hatte und holte Reiter von ihnen zu Hilfe sowie leichtbewaffnete Fußsoldaten, die sich daran gewöhnt hatten, unter diesen – mit ihnen gemeinsam zu fechten. 5 Weil diese bei ihrer Ankunft weniger geeignete Pferde verwendeten, nahm er den übrigen röm. Reitern die Rösser weg und verteilte sie an die G. 66, 1 Inzwischen kamen die Reiter der Feinde zusammen, die ganz Gallien befohlen waren – zu stellen hatte. 2 Nachdem von diesen eine große Anzahl zusammengezogen worden war, ließ sich V. etwa 10.000 Doppelschritte ≈ 10 Meilen vom röm. Lager entfernt nieder. 3 Nachdem die Reiteroffiziere zu einer Lagebesprechung zusammengerufen worden waren, legte er dar, dass die Zeit des Sieges gekommen sei: Die Römer flüchteten und verließen Gallien. 4 Daher sollten sie die durch die Marschkolonne Behinderten angreifen. 4 Caesar, quod … intellegēbat – typische Stellung: Caesar, weil er erkannte ≈ weil Caesar erkannte + a.c.i: hostēs equitātū superiōrēs esse dass die Feinde durch die Reiterei höhere ≈ überlegen waren… clūsīs omnibus itineribus – Abl. absolutus vorzeitig Passiv nachdem alle Wege abgeschnitten worden waren… inter- …, quī inter eōs proeliārī (Deponens) consuēverant …, die sich daran gewöhnt hatten, zwischen diesen zu fechten …, die gewöhnlich gemeinsam mit ihnen kämpften 5 minus idoneus, a, um – weniger geeignet, ungeeigneter: Komparativ equīs utebantur – sie verwendten Pferde: ūtī mit dem Objekt im Abl. 1 tōtus, a, um bildet den Gen. totīus (m.f. n.) und den Dat. tōtī (m.f.n.); in allen übrigen Casūs – Fällen geht es normal; also wie bonus, a, um. 2 māgnō coactō numerō – Abl. absolutus: nachdem … worden war 3 convocātīs praefectīs – wie oben: nachdem … worden waren Verc.: venisse tempus; fugere Romānōs – ind. Rede: 2 x a.c.i textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 295 Verc.: gekommen sei die Zeit; es flüchteten die Römer – Konjunktiv 17. Die vermeidbaren reiterlichen Niederlagen des Vercingetorix 66, 7 Conclamant Gallōrum equitēs: Sanctissimō iure iurandō confirmārī oportēre, nē ad līberōs, ad parentēs, ad uxōrem aditum habeat is equēs, quī nōn bis per agmen Romanōrum perequitāverit. 67, 1 Probātā rē atque posterō dīē in trēs partēs distribūtō maximō equitātū Romānīs duae sē aciēs ab duōbus lateribus ostendunt, tertia aciēs ā prīmō agmine iter Romanōrum impedīre coepit. 3 Consistit agmen. Impedimenta intra legiōnēs recipiuntur. Gallōrum equitēs impetum vehemens faciunt; Romānī resistere student; frustrā Gallī Romanōrum aciem perrumpere conantur: Equitēs frustra equōs in pīla contra sē porrecta agunt; legionāriīs magnum tollentibus clamōrem ac pila porrigentibus equī timōre correptī retro currunt. 5 Interim Germānī equitēs fronte Gallōrum ab dextrō latere perruptā summum iugum nanctī hostēs locō dēpellunt, fugientēs usque ad flumen, ubi Vercingetorix cum pedestribus copiīs consēderat, persequuntur complurēsque interficiunt. 6 Quā rē animadversā reliquī, nē circumvenirentur, veritī sē fugae mandant: Omnibus locīs fit caedēs magna. 68, 1 Fugātō omnī equitātū Vercingetorix copiās suās redūcī protinusque Alesiam iter facere coepit. 2 Caesar alterō dīē ad Alesiam castra fēcit. 69, 1 Ipsum erat oppidum in colle summō, ut sine obsidiōne expugnārī nōn posse viderētur. Itaque Caesar vallum fossamque circa Alesiam exstruī iussit. 70, 1 Opere institutō fit equestre proelium in planitiē. Summā vī ab utrīsque contenditur. 2 Laborantibus Romanīs equitibus Caesar Germānōs submittit: 3 Hostēs eōrum impetum cum sustinēre nōn possint, in fugam coniectī sē ipsī multitudine impediunt. 4 Germanī eōs acrius usque ad munitiōnēs sequuntur: Fit magna caedēs. 7 Multīs Gallōrum equitibus interfectīs compluribusque eōrum equīs captīs Germānī sē ad Caesarem recipiunt, cum interim legionariī munitiōnēs circa Alesiam perficiunt. 80, 3 Gallī autem dēnuō aggrediuntur equitatū: Inter equitēs sagittāriōs ac expeditōs iēcerant, quī equitibus suīs cedentibus auxiliō currerent et Romanōrum impetūs sustinērent: Iam ā Romānīs equitibus complurēs vulnerātī ex proeliō excedēbant. 6 Cum ā meridie prope ad solis occāsum dubiā victoriā pugnarētur, tandem Germānī ūnā in parte in hostēs impetum fecērunt eōsque fugavērunt. 7 Quibus in fugam coniectīs sagittāriī circumventī atque interfectī sunt, cum equitibus Germānīs celerrimīs effugere nōn possint. 9 Tum omnēs, quī ab Alesiā textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 296 processerant, maestī sē in oppidum recepērunt scientēs sē Casesarī ēvadere nōn iam posse. conclamāre: gemeinsam rufen – iūs iurandum: Schwur – confirmāre: bekräftigen, versichern – oportēre: müssen – uxor: Ehefrau – aditus, ūs: Zutritt – bis: zweimal – agmen: Marschkolonne – perequitāre: hindurch reiten 67, 1 probāre: billigen – posterō dīē: am nächsten Tag – distribūere: verteilen – aciēs: Kampfreihe; Front – latus, eris: Flanke –ostendere: zeigen – prīmum agmen, minis n.: Spitze der Kolonne – iter, itīneris n.: Weg; Marsch – impedīre: verhindern – incipere, coepī: beginnen 3 consistere: zum Stehen kommen – impedimenta (n. Pl.): Gepäck – intra: innerhalb, in die Mitte – vehemens: heftig – resistere: Widerstand leisten – per-rumpere: durchbrechen – conārī: versuchen - porrigere, rexī, rectum: ausstrecken – agere: treiben – clamōrem tollere: ein Geschrei erheben – timōre correptus: von Furcht ergriffen – retro: zurück 5 interim: inzwischen – dextrum latus, eris: rechte Flanke – summum iugum: Bergkamm – nanciscī, nanctus sum: erreichen – dēpellere: herab treiben – usque ad: bis zu – considere, sēdī: sich niederlassen, lagern – perseqī: verfolgen – complurēs: mehrere 6 animadvertere: bemerken – circum-venīre: umzingeln – verērī, veritus sum: fürchten – mandāre: anvertrauen – caedēs: das Niedermetzeln 68, 1 fugāre: vertreiben – reducere: zurückführen – protinus: sofort – iter facere: marschieren – incipere, coepī: beginnen 69, 1 collis summus: sehr hoher Hügel – obsidio: Belagerung – expugnāre: erobern – vidērī: scheinen – vallum fossaque: Wall und Graben – exstruere: errichten 70, 1 opus, eris n.: Schanzwerk – planitiēs, ēī: Ebene – ab utrīsque: von beiden – contendere: kämpfen 2 laborāre: in Not sein – submittere: zu Hilfe schicken 3 sustinēre: aushalten – conicere, iō, iēcī, iectum: werfen – impedīre: behindern 4 acer, cris, cre: hitzig – munitio: Schanzanlage – sequī: folgen, verfolgen – caedēs: Niedermetzeln 7 recipere, iō, cēpī: zurückziehen – interim: inzwischen – per-ficere, iō, fēcī, fectum: vollenden 80, 3 dēnuo: erneut – aggredī: angreifen – sagittārius: Bogenschütze – expedītus: Leichtbewaffneter – iacere, iō, iēcī: werfen – sustinēre: aufhalten – vulnerāre: verwunden – ex-cēdere, cessī: herausgehen 6 meridiēs, ēī: Mittag – prope: fast – solis occāsus: Sonnenunergang – dubius, a, um: zweifelhat – tandem: endlich – ūnā in parte: auf einer Flanke 7 in fugam conicere: in die Flucht werfen – textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 297 circum-venīre: umzingeln – effugere, iō: entfliehen 9 prō-cēdere: hervorkommen – maestus, a, um: traurig – scīre: wissen – evādere: entkommen Übersetzung: Gemeinsam riefen die Reiter der Gallier: Durch einen hochheiligen Eid müsse bekräftigt werden, dass derjenige Reiter nicht zu den Kindern, zu den Eltern, zur Ehefrau Zutritt erhalte, der nicht zweimal durch den Heereszug der Römer hindurch geritten wäre. 67, 1 Nachdem die Sache gebilligt war – man sie gebilligt hatte und am nächsten Tag die riesige Kavallerie in drei Teile geteilt worden war, zeigten sich den Römern zwei Fronten an den beiden Flanken (der Kolonne); eine dritte Front begann, den Marsch der Römer an der Spitze der Kolonne zu behindern. 3 Der Zug kommt zum Stehen; das Gepäck wird in die Mitte der Legionen zurückgezogen. Die Reiter der Gallier machen einen heftigen Angriff. Die Römer versuchen, Widerstand zu leisten. Vergebens versuchen die Gallier, die Front der Römer zu durchbrechen. Die Reiter treiben ihre Pferde vergebens gegen die entgegengestreckten Speere: Während – indem – weil die Legionäre ein großes Geschrei erheben und die Speere ausstrecken, werden die Pferde von Furcht ergriffen und laufen zurück. 5 Inzwischen vertreiben die Germanen, nachdem die Front der Gallier auf der rechten Flanke durchbrochen ist – nachdem sie die Front … durchbrochen haben und den Gipfel eines Bergrückens erreicht haben, die Feinde von Platze – von dieser Stelle, verfolgen die Fliehenden bis zum Fluss, wo sich Vercingetorix mit der Fußtruppe gelagert hatte, und töten mehrere. 6 Nachdem diese Sache bemerkt worden ist – als man das bemerkte, vertrauen sich die übrigen aus Furcht, umzingelt zu werden, der Flucht an: An allen Plätzen geschieht – kommt es zu einem großen Niedermetzeln. 68, 1 Nachdem seine ganze Reiterei in die Flucht geschlagen war, begann Vercingetorix, seine Truppen zurückzuziehen und sofort den Weg nach Alesia zu machen – nach A. zu marschieren. 2 Caesar machte … das Lager – schlug am nächsten Tag bei Alesia das Lager auf. 69, 1 Die Stadt selbst war – lag auf dem Gipfel eines Hügels, sodass es schien, dass sie ohne Belagerung nicht eingenommen werden könnte – sodass sie offenbar ohne Belagerung nicht zu erobern war. Daher befahl Caesar, dass … errichtet würden – daher ließ Caesar Wall und Graben rund um Alesia errichten. 70, 1 Nachdem die Arbeit eingerichtet ist – angeordnet ist – begonnen hat, ereignet sich eine Reiterschlacht – kommt es zu einer R. in der Ebene. Mit äußerster Kraft wird von beiden Seiten gefochten. 2 Als die römischen Reiter in Bedrängnis geraten (bzw.) den in Bedrängnis geratenen römischen Reitern schickt Caesar die Germanen zu Hilfe. 3 Als – weil die Feinde deren Ansturm nicht textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 298 aufhalten – aushalten können, behindern die in die Flucht geworfenen – behindern sie auf der Flucht sich selbst durch ihre Masse. 4 Die Germanen verfolgen sie bis zu ihren Schanzanlagen: Es kommt zu einem großen Niedermetzeln. 7 Nachdem viele Reiter der Gallier getötet worden sind und etliche ihrer Pferde eingefangen worden sind, ziehen sich die Germanen zu Caesar zurück, während unterdessen die Legionäre die Verschanzungen rund um Alesia vollenden. 80, 3 Die Gallier aber greifen erneut mit der Kavallerie an: Zwischen die Reiter hatten sie Bogenschützen und Leichtbewaffnete geworfen, die ihren weichenden Reitern zu Hilfe eilen und die Angriffe der Römer aufhalten sollten: Schon verließen von den römischen Reitern mehrere verwundet die Schlacht. 6 Als vom Mittag bis nahe an den Sonnenuntergang – gegen Sonnenuntergang unter zweifelhaftem Sieg – ohne dass man wusste, wer der Sieger sein werde, gekämpft wurde, machten endlich die Germanen auf der einen Seite einen Angriff auf die Feinde und trieben sie in die Flucht. 7 Nachdem diese in die Flucht geworfen worden waren – nach deren Flucht wurden die umzingelten Bogenschützen getötet – wurden die Bogenschützen umzingelt und getötet, weil sie den sehr schnellen – pfeilschnellen germanischen Reitern nicht entkommen konnten. 9 Darauf zogen sich alle, die aus Alesia hervorgekommen waren, traurig in die Stadt zurück, wissend – weil sie wussten, dass sie Caesar nicht mehr entkommen konnten. Kurzer Kommentar Wie üblich befindet sich Caesar über Winter südlich der Alpen, um Politik zu treiben; der Oberbefehl über seine Armee liegt in Händen des bewährten T. Labienus. Die Gallier wissen das natürlich, und das ganze Land erhebt sich, bevor noch Caesar irgendwann im Mai gen Norden reist, in der Hoffnung natürlich, ihn von der Truppe abschneiden zu können, aber der glänzende Reiter durchquert mit einer kleinen Kavallerie in einem abenteuerlichen Ritt das Feindesland, übernimmt den Oberbefehl hoch im Norden und marschiert dann südwärts, eine Stadt nach der anderen erobernd. Insbesondere in Avaricum richten seine Legionäre ein grausiges Blutbad unter den Zivilisten an. Schließlich erreicht er das bis heute nicht sicher ermittelte Gergovia, wo sich Vercingetorix verschanzt hat: Um die Stadt unbehelligt belagern zu können, zweigt er einen Teil der Armee ab und schickt Labienus nach Norden zurück, um ihm den Rücken freizuhalten. Während Labienus die Nordarmee der Gallier bei Lutetia-Paris in brillanter Manier zu vernichten weiß, misslingt Caesar der Sturm auf Gergovia jämmerlich, und hunderte der den Burgberg hinab flüchtenden Legionäre werden von sie verfolgenden Galliern abgestochen. Darauf bricht er die Belagerung ab und marschiert nach Norden zu Labie- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 299 nus; hätte ihn Vercingetorix jetzt mit seiner hoch überlegenen Kavallerie geblockt, wäre sein Schicksal besiegelt gewesen (erster Fehler des Vercingetorix): Die vereinigte römische Armee marschiert nun schnurstracks auf die rettende Provence zu, also in Richtung Römisches Reich; alle Habe schleppt man mit sich, ein erbärmlicher Anblick, eine eilige Flucht: Caesar gibt Gallien vorerst verloren. Vercingetorix weiß, dass ein Caesar auf Revanche sinnt und beschließt, ihn nicht entkommen zu lassen; wie im obigen Text gesehen, will er seinen Fehler von Gergovia jetzt wieder ausbügeln und müsste die gebeutelte römische Armee nur weiträumig mit seinen Tausenden von Reitern einkesseln und auf die Kapitulation der ausgehungerten Feinde warten, aber im Gefühl des sicheren Sieges lässt er sich auf die unbedingt zu vermeidende Schlacht ein und verliert sie (sein zweiter Fehler). Statt nun in der Weite Galliens zu verschwinden und einen neuen Angriff vorzubereiten, verschanzt er sich in Alesia (dritter Fehler). Caesar dreht tollkühn um; aus dem Flüchtenden wird ein Angreifer, und er beginnt, die Stadt einzukesseln; die Reiter der Gallier entkommen, aber Vercingetorix bleibt in der Festung zurück (vierter Fehler); so fehlt der bald anbrandenden Entsatzarmee der charismatische Führer: Vercingetorix hätte bei einiger Besonnenheit in die Geschichte eingehen können als der Mann, der Gallien einte und Caesar tötete… Grammatik 7 conclamant … confirmārī oportēre. – unpersönl. a.c.i – ind. Rede Sie rufen gemeinsam, … es müsse bekräftigt werden. …is equēs, quī nōn equitāverit – ind. Rede – Nebensatz-Konjunktiv …der Reiter, der nicht geritten sei – ind. Rede – Nebens.-Konjunkt. equitāverit – geritten sei; er sei geritten ≈ Konjunktiv Perfekt Aktiv 1 probātā rē et distribūtō equitātū – 2 x Ablat. ab. (vorzeitig, Passiv) nachdem die Sache gebilligt ist/war und die Reiterei geteilt ist/war… 3 legionāriīs tollentibus clamōrem… – Ablat. abs. (gleichzeitig, Aktiv) während, indem, weil die Legionäre ein Geschrei erheben/erhoben... ...equī timōre correptī retro currunt – Participium coniunctum ...laufen die von Furcht ergriffenen Pferde rückwärts. Nachdem, weil die Pferde von F. ergriffen sind, laufen sie rückwärts equī timōre correptī retro n ō n currunt Obwohl die Pferde von F. ergriffen sind, laufen sie nicht rückwärts. 5 fronte Gallōrum ab dextrō latere perruptā nachdem die Front der Gallier am rechten Flügel durchbrochen war Ablativus absolutus vorzeitig Passiv – Participium coniunctum textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 300 Germānī summum iugum nanctī hostēs dēpellunt. Die den Bergrücken erreicht habenden G. vertrieben die Feinde. Nachdem die G. den Rücken erklommen hatten, vertrieben sie... dēpellunt: Präsens der spannenden Erzählung ≈ wie Präteritum 6 quā rē animadversā – relativer Anschluss – Abl. abs. vorz. Pass. ≈ eā rē animadversā – nachdem diese Sache erkannt worden war reliquī, nē circumvenirentur, vēritī se fugae mandant. Die übrigen, dass sie umzingelt würden, befürchtend, vertrauten sich der Flucht an – mandant ≈ Präsens der spannenden Erzählung. vēritus, a, um ist eigentlich das aktive Partizip der Vorzeitigkeit des Depones verērī – fürchten; die Stelle zeigt, dass die Deponentien dieses Partizip gerne auch als Ausdruck der Gleichzeitigkeit verwenden. nē ≈ dass??! Sonst bedeutet es doch dass nicht/damit nicht… Regel: Nach Ausdrücken der Furcht und Gefahr: nē ≈ dass Rotkäppchens Oma: timeo! nē lupus veniat! Ich fürchte (mich)! Möge der Wolf doch nicht kommen! timeo, nē lupus veniat – ich fürchte mich davor, dass der W. kommt. fit caedēs magna – Caesars typisch kurzer Ausdruck für ein Blutbad Erinnerung: facere – machen besitzt im Präsens-Stamm kein Passiv und ersetzt es durch fierī – gemacht werden, entstehen: fīo, fis, fit, fīmus, fītis fīunt ≈ ich werde (gemacht); fīam, fīas... ≈ ich soll (gemacht) werden; fiēbam, fiēbas... ≈ ich wurde (gemacht); fierem, fierēs... ≈ ich würde (gemacht werden); fīam, fīēs, fiet... ≈ ich werde gemacht werden. 1 fugātō omnī equitātū V. iter facere coepit – Abl. abs. vorz. Pass. Nachdem die ganze R. verjagt war, begann V. den Weg zu machen. iter facere – den Weg machen: milit. Ausdruck für marschieren 2 alterō dīē (Ablativ) – am anderen Tag; an dem anderen Tag (Dativ) Auf die Frage wann steht in Lat. der reine Ablativ (ohne Präposition) 1 oppidum in colle erat, ut expugnārī nōn posse viderētur. Die Stadt lag (so hoch) auf einem Hügel, so dass es schien, dass sie nicht erobert werden konnte – so dass sie anscheinend – scheinbar – offenbar nicht erobert werden konnte: vidērī ≈ scheinen; (wörtlich): gesehen werden. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 301 Caesar vallum fossamque exstruī iussit. Caesar befahl, dass Wall und Graben errichtet würden Caesar ließ Wall und Graben errichten iubēre – befehlen steht mit a.c.i. (Ausnahme) Casar imperavit, ut vallum fossaque exstruerentur – Übers. wie oben 1 opere institutō fit equestre proelium in planitiē – Abl. abs. planitiēs, ēī, ēī, em, ē – ēs, ērum, ēbus, ēs, ēbus: E-Deklination summā vī contenditur – unpersönliches Passiv mit größter Kraft wird gekämpft, kämpft man Das Lat. kennt das Wörtchen man nicht und verwendet das Passiv. 2 laborantibus Romanīs equitibus – Abl. abs. gleichzeitig Aktiv Während/als die römischen Reiter in Nöten sind/waren... 3 Hostēs impetum cum sustinēre nōn possint – eingeschobenes cum Die Feinde, als sie den Angriff nicht aufhalten konnten... Als die Feinde den Angriff nicht aufhalten konnten... cum der Erzählung im Lateinischen mit Konjunktiv Hostēs in fugam coniectī sē ipsī impediunt – Part. coniunctum Die in die Flucht geschlagenen Feinde behinderten sich selbst. Nachdem die F. in die Flucht geschlagen waren, behinderten sie... 4 Germanī acrius sequuntur – Komparativ-Adverb ohne Vergleich Die Germanen folgten auf ziemlich stürmische Art und Weise. Die Germanen folgten (ihnen) ziemlich, recht stürmisch. Germanī acrius sequuntur quam Romanī – Romanīs – mit Vergleich Die Germanen folgten (ihnen) stürmischer als die Römer. Komparation mit quam – als oder reinem Ablativ des Vergleichs 7 multīs equitibus interfectīs eōrum equīs captīs – 2 x Abl. absolutus nachdem viele Reiter getötet und deren Pferde eingefangen waren Germānī sē recipiunt, cum legionāriī munitiōnēs perficiunt. Die G. ziehen sich zurück, während die L. die Anlagen vollenden. Die G. zogen ... während ... vollendeten: Präsens der Spannung cum perficiunt: cum ≈ während steht mit dem Indikativ. recipiunt – perficiunt: beide nach der kurzvokalischen i-Deklination 3 Gallī sagittāriōs iēcerant, quī equitibus auxiliō currerent. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 302 Die G. hatten B. geschickt, die den Reitern zu Hilfe eilen sollten. Konjunktiv im Relativsatz wegen Aufforderung – Befehl ≈ sollen 6 cum pugnarētur, Germānī impetum fecērunt Als gekämpft wurde – als man kämpfte, machten die G. einen Angriff Das cum der Erzählung ≈ als steht (nur) im Lat. im Konjunktiv 7 quibus in fugam coniectīs sagittāriī interfectī sunt – Abl. abs. Nachdem diese geschlagen (worden) waren, wurden die B. getötet. Weil diese geschlagen (worden) waren, wurden die B. getötet. quibus ist relativer Anschluss; statt: eīs/istīs in fugam coniectīs Sagittāriī interfectī sunt, cum effugere nōn possint. Die B. wurden getötet, weil sie nicht entkommen konnten. cum ≈ weil (cum causale) steht im Lat. mit Konjunktiv. 9 Omnēs sē recepērunt scientēs sē fugere nōn posse. Alle zogen sich zurück, als wissende, dass sie nicht fliehen konnten. Alle zogen sich zurück, wohl wissend, weil sie wussten, dass... Alle zogen sich im Bewusstsein zurück, dass sie nicht ... konnten. ...sē fugere nōn posse – a.c.i. gleichzeitig Aktiv; der Subjektsakkusativ wird vom Reflexivpronomen sē gebildet; also sind sie es selbst, die nicht mehr fliehen können; anderfalls zum Beispiel so: Galli sē recepērunt scientēs eōs/illōs (≈ Romānōs) fugere nōn posse. Die Gallier zogen sich zurück, weil sie wussten, dass diese /jene ≈ die Römer nicht fliehen konnten. 18. Die endgültige Niederlage der Gallier Caesar ergänzt den inneren Wall, mit dem er Alesia einschließt, durch einen zweiten, äußeren konzentrischen Ring aus Wall und Graben, um den von außen kommenden erwarteten Angriff des gallischen Entsatz-Heeres abzuwehren; bald tobt der Kampf auf beiden Seiten seiner Verschanzung; lange werden die Römer nicht mehr durchhalten können, da beschließt Caesar, das Heil im Angriff zu suchen, und hier kann ihm nur sein Stellvertreter Titus Labienus aus der Patsche helfen; fast alles wird wieder einmal im Präsens der Spannung berichtet, das man jederzeit auch mit Präteritum übersetzen kann: Paulō post maximus Gallōrum novus exercitus Commiō duce advolat; castra collocantur ingentia. Vercingetorix eiusque militēs id videntēs ex Ale- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 303 siā procurrunt ac conantur, sī munitiōnēs Romanōrum perrumpere possint. Mox maximā cum desperatiōne Gallī utrimque contra Romānōs pugnant. Paulātim Romānōs et virēs et arma deficiunt. Quārē Caesar Titum Labienum aciem Gallōrum equitātū perrumpere iubet, sī possit. 87, 3 Accelerat ipse Caesar, ut proeliō intersit. 88, 1 Gallī autem eius adventū ex colōre vestitūs cognitō, quō insignī in proeliīs ūtī consuēverat, turmīsque equitum et cohortibus vīsīs, quās Caesar sē sequī iusserat, proelium committunt. 2 Romānī omissīs pīlīs gladiīs rem gerunt. 3 Repente post tergum Gallōrum Labienī equitātus eruptiōne facta cernitur. Cohortēs aliae appropinquant, quae ūnā cum equitatu proeliārī consuēverant. Hostibus perterritīs ac fugere conantibus utrimque equitātus Romanōrum occurrit – et Caesare et Labienō ducibus. Fit magna caedēs. 4 Paucī tantum ex tantō hostium numerō incolumēs in castra sē recipiunt. 5 Conspicātī ex oppidō caedem et fugam suōrum desperatā salūte copiās in munitiōnēs reducunt. 6 Fit protinus hāc re audītā ex castris Gallōrum fuga. 7 Dē mēdiā nocte Caesaris equitātus novissimum agmen hostium consequitur: Māgnus eōrum numerus capitur et statim interficitur. Reliquī in civitatēs suās discēdunt. 89, 1 Posterō dīē Vercingetorix id bellum sē suscepisse nōn suārum necessitatum, sed commūnis libertatis causā dēmonstrat. 2 Sed quoniam Fortunae sit cedendum, ad utramque rem sē illīs offerre: Seu morte suā Romānis satisfacere seu sē vīvum trādere vēlint. Mittuntur de hīs rebus ad Caesarem legātī. 3 Iubet arma trādī, principēs prōdūcī. 4 Ipse in munitiōne prō castrīs consēdit. Eō Gallōrum dūcēs producuntur: 5 Vercingetorix dēditur, arma proiciuntur. paulō post: kurz danach – Commius: Name – advolāre: herbei stürmen – collocāre: aufstellen – ingens, ntis: riesig – conārī: versuchen – munitio: Verschanzung – per-rumpere: durchbrechen – desperātio: Verzweiflung – utrimque: auf beiden Seiten – paulātim: allmählich – virēs: Kräfte – dē-ficere: verlassen – quārē: daher – aciēs, ēī: Front 87, 3 accelerāre: beeilen – proelium: Schlacht – inter-esse: teilnehmen 88, 1 color: Farbe – vestitus, ūs: Kleidung (Caesar trug einen roten Umhang) – cognoscere: erkennen – insignis: Kennzeichen – consuescere, ēvī: gewöhnen an – turma: Abteilung – sequī: folgen – proelium committere: Schlacht schlagen 2 o-mittere, mīsī, missum: weglassen – rem gerere: die Sache ausfechten 3 repente: plötzlich – tergum: Rücken – eruptio: Ausbruch – cernere: erblicken – appropinquāre: sich nähern – ūnā cum: zusammen mit – proeliārī: kämpfen – hostis: Feind – per-terrēre: völlig erschrecken; in Panik versetzen – fugere: fliehen – occurrere: entgegen eilen 4 paucī, ae, a: weni- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 304 ge – tantum: nur – tantus, a, um: so groß – incolumis, e: unversehrt – sē re-cipere: sich zurückziehen 5 conspicārī: erblicken – caedēs: das Niedermetzeln – desperāre: verzweifeln – salus, ūtis: Heil, Rettung – reducere: zurückführen 6 protinus: sofort – fuga: Flucht 7 mēdia nox: Mitternacht – novissimum agmen: Nachhut – consequī: erreichen – statim: sofort – reliquī, ae, a: die übrigen – discēdere: auseinander gehen 89, 1 posterō dīē: am nächsten Tag – suscipere: auf sichnehmen, übernehmen – necessitas, tātis: Notwendigkeit – commūnis, e: gemeinsam 2 quoniam: da ja – cēdere: weichen – utraque rēs: beide Dinge – offerre: anbieten – seu … seu: sei es, dass … sei es, dass – mors, tis: Tod – satisfacere: Genugtung leisten – trādere: ausliefern – legātus: Bote 3 princeps, cipis: Führer – prōdūcere: hinführen 4 consīdere, sēdī: sich hinsetzen – eō: dort hin 5 dēdere: ausliefern – proicere: hinwerfen, niederwerfen Übersetzung: Kurz darauf stürmt ein riesiges Heer der G. unter Commius’ Führung herbei; ein gewaltiges Lager wird aufgeschlagen. Vercingetorix und dessen Soldaten, dies sehend – als Vercingetorix und seine Soldaten das sehen, stürmen sie aus Alesia hervor und versuchen, ob sie die Wälle der Römer durchbrechen könnten – ob sie ... den Durchbruch zustande bringen können. Bald kämpfen auf beiden Seiten die G. mit größter Erbitterung gegen die Römer. Allmählich schwinden den Römern die Kräfte und gehen ihnen die Waffen aus. Daher erteilt Caesar Labienus den Befehl, die Front der Gallier mit der Kavallerie zu durchbrechen, wenn er es könnte. 87, 3 Caesar eilt sich, persönlich an der Schlacht teilzunehmen. 88, 1 Die G. aber, nachdem dessen Ankunft an der Farbe seiner Kleidung erkannt worden war – nachdem man ... erkannt hatte – nachdem die Gallier ... erkannt hatten, welches Kennzeichen er in den Schachten gewöhnlich verwendete, und nachdem die Reiterschwadronen und Kohorten gesehen worden waren – nachdem man ... gesehen hatte – nachdem die Gallier ... gesehen hatten, denen Caesar befohlen hatte, ihm zu folgen, schlagen sie die Schlacht – gehen sie in den Kampf – eröffnen sie das Gefecht. 2 Die R. lassen die Speere fallen und tragen das Gefecht mit den Schwertern aus (Im Nahkampf kann man mit langen Speeren nichts anfangen). 3 Plötzlich sieht man hinter dem Rücken der G. die Reiterei des Labienus, nachdem der Ausbruch gemacht worden ist – nach erfolgreichem Ausbruch. Die anderen Kohorten eilen herbei, die sich daran gewöhnt hatten, gemeinsam mit der Reiterei zu fechten – die gewöhnlich ... fochten. Als die Feinde völ- textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 305 lig erschreckt sind und zu flüchten versuchen, kommt ihnen von beiden Seiten die Reiterei der Römer entgegen – unter Caesars und Labienus‘ Führung. Es geschieht ein Blutbad. 4 Wenige nur aus der so großen Zahl der Feinde ziehen sich unversehrt ins Lager zurück. 5 Erblickt habend – erblickend – als sie aus der Stadt heraus das Niedermachen der eigenen Leute sahen, und nachdem man an der Rettung verzweifelt hatte – gibt man die Rettung auf – resignieren sie und führen ihre Truppen in die Verschanzungen zurück. 6 Nachdem diese Sache gehört worden war – als man das vernommen hat, kommt es sofort zu einer Flucht aus dem Lager der Gallier. 7 Ungefähr um Mitternacht erreicht Caesars Kavallerie die Nachhut der Feinde: Eine große Zahl von ihnen wird gefangen genommen und sofort umgebracht. Die übrigen zerstreuen sich über ihre Stämme. 89, 1 Am nächsten Tag erklärt Vercingetorix, er habe den Krieg nicht aus eigener Notwendigkeit heraus übernommen sondern um der gemeinsamen Freiheit willen. 2 Aber da man dem Schicksal nachgeben müsse, biete er sich zu beiden Möglichkeiten an: Sei es, dass sie durch seinen Tod den Römern Genugtuung leisten wollten, sei es, dass sie ihn lebend ausliefern wollten. Darüber schickte man Boten zu Caesar. 3 Er befiehlt ihnen, die Waffen niederzulegen und die Führer auszuliefern 4 Er selbst setzt sich – thront oben auf den Wall vor dem Lager. Dorthin werden die Führer der Gallier hingeführt: 5 Vercingetorix wird ausgeliefert; die Waffen werden niedergeworfen – niedergelegt. Grammatik maximus exercitus: das größte Heer (Superlativ); ein sehr großes, riesiges Heer (Elativ): magnus, a, um: groß, der große; maior, ior, ius: größer, der größere; maximus: am größten, der größte Commiō dūce – unter Commius‘ Führung – nominaler Abl. absol. wörtlich: während Commius Führer ist/war – esse besitzt aber kein Partizip Präsens der Gleichzeigkeit (PGA); daher besteht der Abl. abs. (Ablativ mit Partizip) hier nur aus Nomina – er ist nominal. castra collocantur ingentia – beliebte gesperrte Wortstellung Ein riesiges Lager wird aufgeschlagen – castra, ōrum n. – das Lager militēs id videntēs ex Alesiā provolavērunt. Die dies sehenden Soldaten stürmten aus Alesia hervor. Als/weil/während die Soldaten dies sahen, stürmten sie ... hervor. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 306 militēs conantur, sī perrumpere possint – Konjunktiv ≈ Möglichkeit Die Soldaten versuchen/versuchten, ob sie durchbrechen könnten. Romānōs et vīrēs et arma dēficiunt – dē-ficere mit Akk. der Person Den Römern (Dativ) gehen die Kräfte und die Waffen (Subjekte) aus. Mē (Akk.) vīrēs (Nominativ/Subjekt) dēficiunt. Mir schwinden die Kräfte: vīrēs oft mit virī – Männer verwechselt: Mē virī dēficiunt – mir fehlen die Männer, übersetzen gerne die Damen... Caesar Titum Labienum perrumpere iussit, sī possit – a.c.i. Caesar befahl, dass T. Labienus durchbrechen solle, wenn er könne. Caesar imperāvit, ut Titus Labienus perrumpat, sī possit. imperāre + ut + Konj. bei Verben des Wünschens und Aufforderns Ausnahme: iubēre, iubeō, iussī, iussum: mit a.c.i. – außerdem: indirekte Rede Caesars; der Nebensatz stets im Konjunktiv 3 Accelerat ipse Caesar, ut proeliō intersit – ut + Konj. ≈ dass/damit Caesar beeilte sich, dass er an der Schlacht teilnehme. Caesar beeilte sich, an der Schlacht teilzunehmen – in sie einzugreifen. 1 eius adventū ex colōre vestitūs cognitō – Abl. abs. vorzeitig Passiv Nachdem dessen Ankunft aus der Farbe der Kleidung erkannt war. turmīs et cohortibus vīsīs – Ablativus absolutus vorzeitig Passiv Nachdem die Schwadronen und Kohorten gesehen worden waren ...quō insignī Caesar ūtī consuēverat – ūtī mit dem Objekt im Ablativ ...welches Zeichen Caesar zu benutzen sich gewöhnt hatte ...welches Zeichen Caesar gewöhnlich benutzte cohortēs, quās Caesar sē sequī iusserat, proelium committunt. Die Kohorten, denen Caesar befohlen hatte, dass sie ihm folgten ≈ ihm zu folgen, eröffneten das Gefecht: Wieder iubēre mit a.c.i – diesmal aber im Relativsatz; und dass sie nur ihm, dem Caesar, folgen sollten, und sonst keinem, beweist das Reflexivpronomen sē. 2 Romānī omissīs pīlīs gladiīs rem gerunt. Die Römer machen – erledigen die Sache, nachdem die Speere weggelassen sind, mit den Schwertern: auf den Ablativus absolutus der Vorzeitigkeit Passiv folgt der reine Ablativ des Mittels oder Werkzeugs, der Ablativus instrumentī auf die Frage: womit, wodurch. 3 equitātus eruptiōne factā cernitur – Abl. abs. wie oben Die Reiterei wird gesehen, nachdem der Ausbruch gemacht ist. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 307 Man erblickt(e) die Reiterei nach erfolgtem Ausbruch. cohortēs, quae proeliārī consuēverant. Kohorten, die sich daran gewöhnt hatten, zu kämpfen Kohorten, die gewöhnlich kämpften. hostibus territīs ac fugere conantibus – 2 x Ablativus absolutus Nachdem die Feinde erschreckt worden waren und während sie versuchten, zu flüchten... hostibus ist beiden Partizipien zugeordnet: zunächst den Partizip Perf. Passiv der Vorzeitigkeit (PVP) territīs – hier müssen wir mit nachdem übersetzten; dann folgt das Partizip Praes. Aktiv der Gleichzeitkeit (PGA), mit während zu übersetzen. Caesare et Labienō ducibus – nominaler Abl. abs. – s.o. unter den Führern ≈ unter der Führung von Caesar und Labienus 5 conspicātī caedem suōrum desperatā salūte copiās reduxērunt. Erblickt habend das Niedermetzeln ihrer Leute und nachdem an der Rettung verzweifelt worden war (Abl. abs.), zogen sie die Truppen zurück ≈ als man gesehen hatte, wie ... niedergemetzelt wurden gaben sie die Hoffnung ... auf und zogen ... zurück: conspicārī (Deponens) besitzt ein Partizip der Vorzeitigkeit Aktiv (PVA), das es sonst im Lateinischen nicht gibt: conspicātus, a, um – einer, der gesehen hat usw. 6 fit protinus hāc rē audītā fuga – abl. abs. – fīerī Gemacht wird sofort, nachdem diese Sache gehört war, die Flucht. Als man davon gehört hatte, flüchtete man unverzüglich. facere – machen ersetzt im Passiv die Zeiten Präsens, Imperfekt und Futur I. durch die Formen von fīerī: fīō, fis, fit, fīmus, fītis fīunt ≈ ich werde (gemacht); fīam, fīas... ≈ ich soll (gemacht) werden; fiēbam, fiēbas... ≈ ich wurde (gemacht); fierem, fierēs... ≈ ich würde (gemacht werden); fīam, fīēs, fiet... ≈ ich werde gemacht werden. 7 mēdiā nocte – um Mitternacht: reiner Ablativus temporis: wann? 1 posterō dīē – am nächsten Tag: reiner Ablativus temporis: wann? Vercingetorix bellum sē suscēpisse nōn suārum necessitatum, sed communis libertatis causā dēmonstrat – V. legte dar, dass er den Krieg übernommen habe nicht um seiner Notwendigkeiten willen (also: nicht aus Egoismus) sondern der gemeinsamen Freiheit wegen. sē suscēpisse – reflexiver a.c.i – Vercingetorix selbst textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 308 nōn necessitatum sed libertatis causā – causā ≈ um ... willen, wegen steht stets mit dem Genitiv der entsprechenden Sache. 2 quoniam fortunae sit cedendum – Gerundivum in der indirekten Rede Weil es ein dem Schickal zu Weichendes sei, ... Weil man dem Schicksal weichen müsse, ... Bei indirekter Rede im Nebensatz steht im Lat. und im Deutschen stets der Konjunktiv; das Deutsche verwendet aber auch im Hauptsatz der indirekten Rede den Konjunktiv; das Latein hingegen den a.c.i.: Hauptsatz: Karl ist dumm und schläft gerne (in der Schule natürlich): Der Vater sagt, Karl sei dumm und schlafe gerne – Konjunktiv Pater dicit Carolum stupidum esse et libenter dormīre – a.c.i. 3 Caesar iussit arma trādī, principēs prōducī. Caesar befahl, dass die Waffen ausgeliefert und die Führer vorgeführt würden ≈ Caesar gab den Befehl, die Waffen abzugeben und die Führer auszuliefern: zuletzt noch einmal das beliebte iubēre mit a.c.i. Auctor nunc discipulōs librum claudere iubet. textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae 309 Zum Verfasser Dr. Meinhard-Wilhelm Schulz (*1947) studierte von 1966 bis 1971 in Frankfurt/M. Geschichte, Latein und Pädagogik. Nach dem Staatsexamen (bei den Prof. P. Herde; J. Bleicken – H. Eisenberger; W. Heilmann & W. Rang) trat er in den hessischen Schuldienst über und war in Heppenheim drei Jahrzehnte lang Fachsprecher Latein. Seit den 80er Jahren nahm er das Studium wieder auf und wurde publizistisch tätig: kommentierte Textausgaben für den Lateinunterricht; etliche Beiträge in Fachzeitschriften für Geschichte und Klassische Philologie; Englisch-Erstübersetzungen für die Literatur-Zeitschrift ARCANA. In den 90er Jahren begann er, bei J. Bleicken seine Dissertation zu schreiben, die aber durch die Erkrankung des Lehrers zum Erliegen kam: Kurz vor seinen Tode konnte Bleicken ihn an die Universität Rostock weiterempfehlen, wo er 2007 bei G. Bockisch in Alter Geschichte promovierte: Seine erweiterte Dissertation erschien unter »Caesar zu Pferde. Ross und Reiter in Caesars Kommentarien und in der Germania des Tacitus«, SPUDASMATA 123 (2009; 320 p.). Aufgrund seines im Lateinunterricht und Prüfungsverfahren angehäuften Wissens konnte er schon ein Jahr später den Band II. zu Caesar vorlegen: »Caesar und Labienus: Geschichte einer tödlichen Kameradschaft. Caesars Karriere als Feldherr im Spiegel der Kommentarien sowie bei Cassius Dio, Appianus und Lucanus« (SPUDASMATA 131; 480 p. – Rezension im »Forum Classicum« Dez. 2011). Er publizierte auch drei Bände1 (jeweils ca. 400 p.) mit Horror-Kurzgeschichten, darunter »Faszinierende Fantastik der Antike« (2007), im »Forum Classicum« (2007) empfohlen: Man verpasste ihm den Beinamen »Gruselschulz«. Wenn ihm manche Kollegen »vorwerfen«, er sei gar »kein richtiger Lehrer«, nimmt er dies gerne zur Kenntnis: Er hat 38 Jahre lang genüsslich alternativ Latein unterrichtet und seine Schüler regelmäßig mit dem Vorlesen von Gruselgeschichten oder aus dem »Goldenen Esel« des Apuleius belohnt; was er sonst noch für Pädagogen Unpassendes macht, entnehme man dem beigefügten Foto. 1 Alle sind erschienen im Verlag Mainz (Aachen) 2004: »Das Hämmern des Herzens«; 2010 als M. G. Scultetus: (Scultetus ≈ mittellateinisch »der Schulze«): »Shocking. Gruseliges und Grausiges in Darmstadt und um Darmstadt herum.« textus: argiletum.eu – © M.-W. Schulz: Repetitorium Linguae Latinae