2/2003 - Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie

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Mitteilungen der
Deutschen Gesellschaft
für Endokrinologie
Schriftleitung:
G. F. Weinbauer, Münster
27. Jahrgang
Heft 2/2003
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Juni 2003
Georg Thieme Verlag, Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart
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Endokrinologie
Informationen
Mitteilungen der
Deutschen Gesellschaft
für Endokrinologie
27. Jahrgang, Heft 2/2003
Schriftleitung:
G. F. Weinbauer, Münster
Inhaltsverzeichnis
Aus den Sektionen und Arbeitsgemeinschaften
31
Frühjahrstagung der AG Hypophyse und Hypophysentumoren
32
Evidenzbasierte Konsensus-Leitlinien des DVO zur Diagnostik und
Therapie der Osteoporose fertig!
Tagungs- und Kongressberichte
33
Testogel-Einführungssymposium in Hannover
35
Osteodensitometrie-Trainingskurse in Heidelberg und Marburg
Buchbesprechungen
36
Praxis der Männergesundheit
Notizen
39
Mitteilung an die DGE – IHF Hamburg
40
Neues von der Deutschen Hormonstiftung
Personalia
41
Habilitationen
41
Adressenänderungen
Abstracts
42
14. Birkensteiner Hormonkonferenz 8.–10. November 2002
Schilddrüse 2002: Gesichertes und Kontroverses
Kongressankündigungen
96
6th EFES Postgraduate Course in Molecular and
Cellular Endocrinology
98
Kleinkonferenz – Molekulargenetische Diagnostik in der Endokrinologie – Praktischer Kurs – Molekulargenetik in der Endokrinologie
100 Bregenz Summer School on Endocrinology
101 7th Annual Meeting of the Neuroendocrinology Section of the DGE
101 6. Deutsche Nebennierenkonferenz
102
27 (2003) 2
Veranstaltungskalender
Endokrinologie Informationen
I
Gremien der Deutschen Gesellschaft für Endokrinolgie
Vorstand
Präsident:
Prof. Dr. H. Lehner, Magdeburg
Vizepräsident:
Prof. Dr. H. U. Häring, Tübingen
Vizepräsident:
Prof. Dr. T. Gudermann, Marburg
Sekretär und Schatzmeister:
Dr. B. Saller, Erlangen
Tagungspräsident 2003:
Prof. Dr. W. Krone, Köln
Tagungspräsident 2004:
Prof. Dr. G. Vollmer, Dresden
Tagungspräsident 2005:
Prof. Dr. K. D. Diedrich, Lübeck
Berufspolitische Fragen:
Priv.-Doz. R. Finke, Berlin
Mediensprecher:
Prof. Dr. M. Reincke, Freiburg
Schriftleitung
Endokrinologie Informationen:
Prof. Dr. G. F. Weinbauer, Münster
Kommission Hormontoxikologie
Sprecher:
Prof. Dr. Andreas F. H. Pfeiffer, Berlin
Sektion Schilddrüse
Sprecher:
Prof. Dr. G. Brabant, Hannover
Beirat:
Prof. Dr. K. W. Schmid, Essen
Priv.-Doz. Dr. C. Schmutzler, Berlin
Prof. Dr. R. Hehrmann, Stuttgart
Prof. Dr. B. Leisner, Hamburg
Prof. Dr. H. Dralle, Halle
Prof. Dr. A. Grüters, Berlin
Sektion Diabetologie
Sprecher:
Prof. Dr. H. U. Häring, Tübingen
Beirat:
Prof. Dr. K.-H. Usadel, Frankfurt
Prof. Dr. H. Lehnert, Magdeburg
Prof. Dr. G. Löffler, Regensburg
Prof. Dr. D. Müller-Wieland, Düsseldorf
Prof. Dr. K. D. Hepp, München
Sektion Stoffwechsel
Sprecher:
Prof. Dr. W. Krone, Köln
Beirat:
Prof. Dr. M. Hanefeld, Dresden
Prof. Dr. H. Hauner, Düsseldorf
Prof. Dr. U. Querfeld, Köln
Prof. Dr. A. Steinmetz, Andernach
Prof. Dr. E. Windler, Hamburg
Sektion Calcium-regulierende
Hormone und Knochenstoffwechsel
Sprecher:
Prof. Dr. J. Pfeilschifter, Bochum
Beirat:
Prof. Dr. F. Jakob, Würzburg
Prof. Dr. P. Kann, Marburg
Priv.-Doz. Dr. S. Scharla, Schönau
Dr. H. Siggelkow, Göttingen
Prof. Dr. H. Stracke, Gießen
Sektion Pädiatrische Endokrinologie
Sprecher:
Prof. Dr. E. Schönau, Köln
Beirat: Prof. Dr. R. Holl, Ulm
II
Endokrinologie Informationen
Priv.-Doz. Dr. K. Mohnike, Magdeburg
Priv.-Doz. Dr. Dr. H. Wollmann, Tübingen
Prof. Dr. R. Pfäffle, Leipzig
Priv.-Doz. Dr. O. Hiort, Lübeck
Sektion Molekulare und Zelluläre
Endokrinologie
Sprecher:
Priv.-Doz. Dr. J. Gromoll, Münster
Beirat: Priv.-Doz. Dr. U. Fuhrmann, Berlin
Prof. Dr. W. Knepel, Göttingen
Prof. Dr. D. Müller-Wieland, Düsseldorf
Priv.-Doz. Dr. J. Seufert, Würzburg
Sektion Angewandte Endokrinologie
Sprecher:
Prof. M. Grußendorf, Stuttgart
Beirat: Dr. M. Beyer, Nürnberg
Prof. Dr. B. Böhm, Ulm
Prof. Dr. K.-M. Derwahl, Berlin
Dr. T. Eversmann, München
Prof. Dr. P. E. Goretzki, Neuss
Dr. F. Herrmann, Leipzig
Sektion Reproduktionsbiologie
und -medizin
Sprecher:
Prof. Dr. W. E. Merz, Heidelberg
Beirat: Dr. Birgit Gellersen, Hamburg
Prof. Dr. B. Hoffmann, Giessen
Prof. Dr. W. G. Rossmanith, Karlsruhe
Prof. Dr. H. van der Ven, Bonn
Prof. Dr. L. Wildt, Erlangen
Sektion Neuroendokrinologie
Sprecher:
Prof. Dr. G. K. Stalla, München
Beirat: Prof. Dr. J. Born, Lübeck
Prof. Dr. M. Buchfelder, Göttingen
Prof. Dr. E. Fuchs, Göttingen
Prof. Dr. J.-C. Krieg, Marburg
Prof. Dr. O. Ortmann, Lübeck
Dr. A. del Rey, Marburg
Experimental and Clinical
Endocrinology & Diabetes
Herausgeber:
Prof. Dr. H. Schatz, Bochum
Prof. Dr. M. Wehling, Mannheim
European Journal of Endocrinology
Mitherausgeber:
Prof. Fr. G. Emons, Göttingen
Prof. Dr. W. Kiess, Leipzig
Prof. Dr. B. Allolio, Würzburg
Prof. Dr. C. J. Strasburger, Berlin
Vertreter in der International Society
of Endocrinology
Prof. Dr. E. Nieschlag, Münster
Prof. Dr. J. Köhrle, Würzburg
Prof. Dr. K. Voigt, Marburg
Vertreter in der European Federation
of Endocrine Societies
Prof. Dr. R. Ziegler, Heidelberg
Prof. Dr. J. Köhrle, Würzburg
Prof. Dr. K. Voigt, Marburg
Endokrinologie Informationen
ISSN 0721-667-X
Impressum
Verantwortliche Schriftleitung
Prof. Dr. G. F. Weinbauer, Covance Laboratories,
Kesselfeld 29, 48163 Münster, Tel.: 02 51/ 979 82
06, Fax: 02 51/979 81 96
E-mail: [email protected].
Manuskripte an die Schriftleitung bitte
als Ausdruck sowie an die angegebene
E-mail-Adresse senden.
Geschäftsstelle der DGE
Geschäftsführer: Gerd-Peter Buyken, Klinikum
der Ruhr-Universität Bochum,
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum,
Tel.: 02 34/978 89-30, Fax: 02 34/978 89-31
E-mail: [email protected]
www.endokrinologie.net
Verlag
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Erscheinungsweise
Die Endokrinologie Informationen erscheinen
4-mal jährlich. Der Bezug ist für Mitglieder der
DGE als Beilage der Zeitschrift Experimental and
Clinical Endocrinology and Diabetes kostenlos.
Einzelheftpreis 8 8,20 zuzüglich Versandkosten.
Wichtige Hinweise
Geschützte Warenbezeichnungen oder Handelsnamen werden nicht in jedem Fall besonders
kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen
Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass
es sich um einen freien Warennamen handelt.
Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen
Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich
geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen – auch
z.B. durch Fotokopie –, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Für Angaben über Dosierungsanweisungen und
Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschrift
abweicht. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt
auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
Printed in Germany
Satz: Werbepraxis GmbH, Remshalden
Druck und Bindung: Druck- und Verlagshaus
Alois Erdl, Trostberg
© Georg Thieme Verlag
Stuttgart · New York 2003
Dieser Ausgabe liegt eine Beilage der
Fa. Henning, Berlin bei.
27 (2003) 2
AUS DEN SEKTIONEN UND ARBEITSGEMEINSCHFTEN
Protokoll der Frühjahrssitzung der AG Hypophyse
und Hypophysentumoren 2003 in Köln
Die AG hielt ihre Frühjahrssitzung 2003 anlässlich des
Symposiums der DGE am 5. März d.J. in Köln ab. 27
Mitglieder waren anwesend. Folgende Berichte wurden
abgegeben:
gewährleisten. Mit dem Englischen Acromegaly Registry wurde ein feste Zusammenarbeit vereinbart, die u.a.
halbjährliche gegenseitige Besuche zur Koordination
vorsieht.
Frau Schumm-Draeger ist verhindert, persönlich über
die Aktivität der Arbeitsgruppe „Übergangssprechstunde“ zu berichten, hat aber einen schriftlichen Bericht
vorgelegt. Hierüber wird der Sprecher in Kürze getrennt
berichten.
Herr Petersenn beschreibt den Stand der LeitlinienEntwicklung „Inzidentalom“. Herr Petersenn, Herr
Strasburger, Herr Buchfelder und haben eine Literatur
Recherche durchgeführt, die jeweilige Evidenz-Stufe
erörtert und arbeiten zügig an der Fertigstellung der
Leitlinie. Inzwischen wurde Herr Feldkamp ebenfalls für
die Mitarbeit gewonnen.
Herr Quabbe und Herr Lohmann (s.u.) berichten über
den gegenwärtigen Stand des Deutschen Akromegalie-Registers. Die Satzung (von der AG Hypophyse auf
ihrer Herbsttagung 2002 verabschiedet) wurde inzwischen mit marginalen Änderungen vom Vorstand der
DGE genehmigt und verabschiedet. Die Vertragsunterzeichnung zwischen dem Sponsor, Novartis Pharma
GmbH, und der DGE wird in den nächsten Wochen
erwartet.
Dr. Lohmann, Fa. Lohmann & Birkner Health Consultants, Berlin, wurde mit der technischen Durchführung
beauftragt. Unter Finanzierung einer Pilotphase durch
den Sponsor wurde von Herrn Lohmann und Herrn
Quabbe die Anwendbarkeit der übernommenen englischen Software geprüft. Auf dieser Grundlage wurde
ein Strategie für das eigene Vorgehen entwickelt. Es ist
danach vorgesehen, die Datenaufnahme durch einen
hierin vorher geschulten Mitarbeiter der Fa. L&B vornehmen zu lassen, um eine einheitliche Aufnahme zu
27 (2003) 2
Frau Reschke berichtet über den Stand der Vorbereitungen für das Deutsche Kraniopharyngeom-Forum.
Die Herbstsitzung der AG Hypophyse & Hypophysentumoren/DGE wird am Donnerstag, dem 6. November
d.J. wiederum in Frankfurt/M im Sheraton FlughafenHotel stattfinden. Die Vollversammlung des Deutschen
Akromegalie-Registers wird am folgenden Tag, Freitag,
den 7. November 2003 ebendort abgehalten werden.
Mit besten Grüßen, Ihr
Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Quabbe
Endokrinologie Informationen
31
AUS DEN SEKTIONEN UND ARBEITSGEMEINSCHAFTEN
Evidenzbasierte Konsensus-Leitlinien des DVO zur Diagnostik
und Therapie der Osteoporose fertig!
Nach über dreijähriger Analyse, Bewertung und
Konsentierung sind die EBM-Konsensus-Leitlinien des
Dachverbands Osteologie (DVO) zur Diagnostik und
Therapie der Osteoporose am 26. März 2003 in
Göttingen verabschiedet worden. Sie sind unter
www.bergmannsheil.de/leitlinien-dvo abrufbar.
An der Entwicklung der Leitlinien haben viele Mitglieder
der Sektion CRHUKS mitgearbeitet. Es handelt es sich
um die ersten S3-Leitlinien zur Osteoporose im
deutschsprachigen Raum. S3-Leitlinien sind Leitlinien
der höchsten Qualitätsstufe auf der Basis der Methodik
der Ärztlichen Zentralstelle Qualitätssicherung.
Eine inhaltlich gleiche Leitlinie für Patienten, die gemeinsam mit dem Dachverband der Selbsthilfegruppen Deutschlands, Österreichs, und der Schweiz herausgegeben wird, ist in Kürze fertig.
Fragebogen zur Osteoporoseleitlinie
Ja %
Praxis (n=10)
Nein %
Weiß nicht %
Ja %
Klinik (n=14)
Nein %
Weiß nicht %
Brauchen wir generell Leitlinien zur
Diagnostik und Therapie der Osteoporose?
Diese Frage wurde am Anfang gestellt und
(in Klammern) am Ende der Veranstaltung
wiederholt.
80 (90)
10 (0)
10 (10)
100 (100)
0 (0)
0 (0)
Braucht der erfahrene Endokrinologe Leitlinien
zur Diagnostik und Therapie der Osteoporose?
Diese Frage wurde am Anfang gestellt und
(in Klammern) am Ende der Veranstaltung
wiederholt.
70 (90)
20 (0)
10 (10)
43 (57)
50 (36)
7 (7)
Haben Leitlinien das Potenzial, die
Rahmenbedingungen der Leistungserbringung
zu verbessern?
50
30
20
100
0
0
Sollen die Fachgesellschaften die Führungsrolle
bei der Leitlinienerstellung haben?
90
10
0
100
0
0
Soll ein „Institut für Qualität in der Medizin“
in Zukunft statt der Fachgesellschaften für
die Leitlinienerstellung verantwortlich sein?
0
80
20
0
86
14
Besteht Interesse an einem Strukturvertrag
zur Osteoporose?
50
30
20
50
7
43
Soll die Endokrinologie eigene Leitlinien zur
Osteoporose machen?
20
60
20
57
36
7
Ist der DVO eine angemessene Plattform für
die Leitlinienerstellung?
80
10
10
64
7
27
Sind Leitlinien eine gute Informationsquelle?
100
0
0
100
0
0
Ich würde mir auch Leitlinien für die sekundären
Formen der Osteoporose wünschen.
90
10
0
78
22
0
Ich bin bereit, als Arbeitsgruppenmitglied
bei Leitlinien mitzuarbeiten.
40
30
30
43
57
0
Ich bin bereit, mich mit fundierten Kommentaren
an den Leitlinien zu beteiligen.
30
50
20
57
43
0
Ich würde selbst gerne eine Leitlinienrecherche
(z.B. zu einer der sekundären Formen der
Osteoporose) durchführen.
10
70
20
22
56
22
Ich bin bereit, mich als Referent an Fortbildungskursen zu den Leitlinien zu beteiligen.
40
50
10
72
14
14
Ich bin bereit, bei der Implementierung der
Leitlinien in der Praxis mitzuhelfen.
90
10
78
0
22
32
Endokrinologie Informationen
27 (2003) 2
AUS DEN SEKTIONEN UND ARBEITSGEMEINSCHAFTEN
Wie denken klinisch tätige Endokrinologen über dieses
Thema?
rose?“. Wie repräsentativ die Antworten sind, muss
natürlich offen bleiben.
Aufschlüsse hierzu gibt ein anonymer Fragebogen, der
am 7. März 2003 während des DGE-Symposiums in
Köln im Rahmen einer von Prof. Martin Grußendorf,
Stuttgart, und Prof. Johannes Pfeilschifter, Bochum,
organisierten „Meet the Expert“-Veranstaltung ausgelegt wurde. Die Veranstaltung hatte das Thema:
„Benötigt der erfahrene Endokrinologe überhaupt Leitlinien bei der Diagnostik und Therapie der Osteopo-
Übrigens können Kommentare zu den Leitlinien ab
sofort wieder ins Netz gestellt werden (Rubrik „Kommentare senden“ der Leitlinien-Homepage). Die in 18
Monaten geplante Aktualisierung der Leitlinie soll wieder möglichst transparent und demokratisch erfolgen.
J. Pfeilschifter, Bochum
TA G U N G S - U N D K O N G R E S S B E R I C H T E
Testogel-Einführungssymposium in Hannover
Bericht von E. Nieschlag, Institut für Reproduktionsmedizin der Westfälischen Willhelmsuniversität, 48129
Münster
Das Testogel-Einführungssymposion fand am 21. und
22.3.2003 im Radisson-SAS-Hotel auf dem EXPO-Gelände in Hannover unter der wissenschaftlichen
Leitung des Berichterstatters statt. Eingeladen waren
etwa 140 Ärzte aus Deutschland, die in insgesamt 13
Vorträgen nicht nur mit den verschiedenen Aspekten
und der Klassifizierung des männlichen Hypogonadismus (S. Kliesch, Urol. Universitäts-Klinik Münster) sowie der speziellen Symptomatik des alternden Mannes (T. Diemer, Urol. Universitäts-Klinik Gießen) vertraut gemacht wurden, sondern auch auf präventive
Maßnahmen zur Sicherung der Lebensqualität im höheren Lebensalter hingewiesen wurden. F. Sommer
(Urol. Universitäts-Klinik Köln) und U. Gola (Ernährungsberatung Berlin) wetteiferten darum, ob Sport
oder Ernährung wichtigere Faktoren zur Erhaltung der
Fitness seien. Mäßige Nahrungsaufnahme im Sinne der
allgemein bekannten Nahrungsmittelpyramide und
regelmäßiges Fitnesstraining ohne Dauerbelastung
wurden für optimal gehalten. Ein Training der Beckenbodenmuskulatur zur Förderung der Durchblutung der
Corpora cavernosa wurde von den zuhörenden Herren
jedoch eher mit Skepsis aufgenommen.
Der als „Altmeister der erektilen Dysfunktion“ eingeführte H. Porst (Urol. Praxis Hamburg) wies erneut darauf hin, dass erektile Dysfunktion nur relativ selten
durch einen Testosteronmangel allein bedingt sei, dass
aber vaskulär bedingte erektile Dysfunktion durchaus
27 (2003) 2
auch mit niedrigen Testosteronwerten vergesellschaftet sein kann und dann der Doppelbehandlung mit
Testosteron und Phosphodiesterase-5-Hemmern bedarf. Neue Präparate zur Therapie der erektilen Dysfunktion drängen auf den Markt, der schier unbegrenzt
zu sein scheint.
Nachdem über Jahrzehnte ein Horror vor dem Gedanken einer Testosteronsubstitution des alternden Mannes wegen der Gefahr des Prostatakarzinoms bestand, war der Vortrag von Th. Ebert (Euro MedClinic,
Fürth) erfrischend anzuhören. Dank der Ergänzung der
klassischen rektal-digitalen Untersuchung durch PSA
und sonographische transrektale bildgebende Verfahren zur Darstellung der Prostata ist diese Angst einem
rationalen Vorgehen gewichen. Es bleibt weiterhin
dabei, dass vor Beginn einer Testosteronsubstitution
beim Mann über 50 Jahre ein Prostatakarzinom ausgeschlossen werden muss und ein bestehendes Prostatakarzinom eine Gegenindikation für eine Testosteronbehandlung ist. Es empfiehlt sich allerdings 3 und 6
Monate nach Beginn einer Testosteronsubstitution
erneut die Prostata zu untersuchen, da durch die
Behandlung ein latentes Karzinom demaskiert werden
kann. Danach sollten halbjährliche bis jährliche Untersuchungen folgen.
Nachdem F. Jockenhövel (Ev. Krankenhaus Herne) die
Indikationen für und die Präparate von Testosteron
und H.M. Behre (Androl. Abtlg. Universität Halle) die Kinetiken der unterschiedlichen Testosteronpräparate
dargestellt hatten, trat C. Wang (University of California,
Los Angeles) als Filetstück des Symposions auf und
Endokrinologie Informationen
33
TA G U N G S - U N D K O N G R E S S B E R I C H T E
präsentierte die wohlbekannten Daten ihrer Studien zum
AndroGel, basierend auf drei Publikationen. Das einmal
täglich aufgetragene Gel führt auch über längere Zeiträume zu ausgeglichenen Testosteronspiegeln im physiologischen Bereich und erfüllt damit die Anforderungen an ein ideales Testosteronpräparat. In einer neuen
Studie mit 167 hypogonadalen Patienten über 36
Monate gab es 45 Drop-outs vor Studienende; 9% entwickelten Hautreaktionen, wegen derer zwei die Studie
verließen. Bei 7 Patienten stieg das PSA über 4 ng/ml
an, von denen 2 bei der Prostatabiopsie ein Karzinom
zeigten. Testosteron erreichte stets Werte im Normalbereich. DHT stieg von etwa 1 auf 4–6 nmol/l an und die
Estradiolkonzentrationen im Serum verdoppelten sich.
Duschen 1 Stunde nach Gel-Applikation änderte die
Serumwerte nicht, und es ließ sich danach kein
Testosteron mehr auf eine weibliche Person in 15-minütigem Hautkontakt übertragen (letztere Studie wurde
von einem Auftragsinstitut durchgeführt und muss sehr
teuer gewesen sein!). Ergänzend wurden Daten aus
einer von Jenapharm an 39 Männern in Deutschland
über 3 Monate durchgeführten Studie von K. Matheis
(Urol. Praxis in Alzey) vorgetragen, die bis auf die
Nationalität der Versuchspersonen keinen Unterschied
zu den Wang’schen Ergebnissen aufwiesen.
In einem der beiden abschließenden Referate empfahl
der Sozialmediziner M. Kunze (Institut für Sozialmedizin, Universität Wien) in seiner vom ihm als „SoftGerman“ apostrophierten Wiener Aussprache, dass alte
Menschen über die rein medizinische Versorgung hinaus einer sozialmedizinischen Visite unterzogen
werden sollten, bei denen die häuslichen Verhältnisse
auf ihre Altersgerechtigkeit hin untersucht werden sollten (Teppiche, über die man fallen kann, Treppen, die
man nicht steigen kann und Kühlschränke, die keine
altersgerechten Nahrungsmittel enthielten). Schließlich
tastete der langjährige Forschungsleiter von Jena-
34
Endokrinologie Informationen
pharm, M. Oettel (Jena), den wissenschaftlichen Horizont nach möglichen neuen hormonellen Entwicklungen ab. DHEA und Östrogene stellen demnach
keine Optionen für den hypogonadalen alternden Mann
dar. Progesteron wurde als „das vergessene Hormon
des Mannes“ herausgestellt, ohne dass konkrete therapeutische Ansätze erwähnt werden konnten.
Nicht nur aus der Sicht des Moderators, sondern auch
aus den zahlreichen Kommentaren der verschiedensten Teilnehmer kann geschlossen werden, dass es
sich um eine gelungene Veranstaltung handelte. Auch
wenn das Testogel im Mittelpunkt stand und Jenapharm nicht zu übersehen war, handelte es sich um
eine Fortbildungsveranstaltung auf hohem Niveau, die
die verschiedensten Aspekte des Hypogonadismus
und des alternden Mannes erfasste. Den Veranstaltern
gelang es, eher ein ganzheitliches Konzept darzustellen als nur das Verschreibungsverhalten der Teilnehmer
beeinflussen zu wollen.
Beim Auditorium fiel auf, dass überwiegend Urologen
und insbesondere jüngere Urologen sowie einige Gynäkologen eingeladen worden waren, wohingegen
Endokrinologen eine verschwindende Minderheit darstellten. Offensichtlich ist der „Männerarzt“ jedweder
Couleur eine wichtigere Zielgruppe als sie sich aus den
klassischen Gebieten der Endokrinologie und Andrologie rekrutieren lässt. Ob aber nicht gerade der klinische Endokrinologe mit seiner internistischen Gesamtschau des Menschen für die Betreuung des erst kürzlich entdeckten alternden Mannes prädestiniert wäre,
ist zumindest eine Diskussion wert. Die Endokrinologen müssen sich zumindest fragen, ob sie hier nicht
eine Chance verpassen, wenn sie sie nicht bereits verpasst haben und sich fixiert auf Hypophyse, Schilddrüse und Diabetes einer großen und ständig wachsenden Bevölkerungsgruppe verschließen.
27 (2003) 2
TA G U N G S - U N D K O N G R E S S B E R I C H T E
Osteodensitometrie-Trainingskurse in Heidelberg und Marburg:
Zehnmal in fünf Jahren – Grund zum Feiern?
1997 begaben sich ein Sportpädagoge und ein
Hochschuldozent für Innere Medizin anlässlich langweiliger Schulelternabende ihrer Kinder auf die Suche
nach gemeinsamen Interessen. Der eine wollte „seinen“ Lehrern beibringen gesünder zu leben, der andere „seinen“ Kollegen wie man Knochendichte misst.
Aus diesem sehr interdisziplinären Ansatz heraus entstand die Idee der Heidelberger Osteodensitometrie,
Trainingskurse, die jetzt zum zehnten Mal erfolgreich
abgeschlossen wurden. Wolfgang Knörzer und Christian Wüster suchten sich damals Partner aus anderen
Fachdisziplinen und fanden einen sehr engagierten
gynäkologischen Kollegen: Peyman Hadji aus Marburg.
Der interdisziplinäre Kreis der Referenten wurde erweitert durch den Orthopäden Werner Kneer aus
Stockach, den Radiologen Michael Jergas aus Köln,
den Geriater Dieter Lüttje aus Osnabrück sowie den
osteologisch orientierten Endokrinologen Hilmar Stracke, Gießen und Peter Kann, früher Mainz, jetzt Marburg. Die Rheumatologie wurde intermittierend durch
W. Müller Brodmann, ebenfalls Marburg, vertreten.
Unterstützt werden die Kurse inzwischen von vielen
Berufsverbänden und Fachgesellschaften. Von Beginn
an wurde aber jegliche berufspolitische Betätigung im
Keim erstickt und auch die schein-wissenschftlichen
Streitigkeiten der sog. Experten auf die klinisch praktisch relevanten Fakten reduziert. So wurde besonders
Wert darauf gelegt, die Osteodensitometrie so zu erlernen, dass der Patient direkt von der Messung profitiert,
der Ausbreitung der Epidemie „Osteoporose“ entgegengewirkt wird und dieser Nimbus „Gelddruckmaschine“ durch Qualitätssicherung ersetzt wird. Durch
die intensive Auseinandersetzung mit den technischen
Prinzipien aller Messverfahren wird die Interpretation
unterschiedlicher Messergebnisse bei einzelnen
Patienten erlernt und Streitigkeiten unter Kollegen und
damit Vertrauensverlust vor Patienten vermieden.
Die Möglichkeit des praktischen Erlernens der Messung an den Geräten während der hands-on-workshops führt zu einer Verbesserung der Qualität der
Messergebnisse. Nach den Therapie-Vorlesungen
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BUCHBESPRECHUNGEN
kommen Samstagnachmittag dann KleingruppenSeminare zur Diskussion an praktischen Fallbeispielen.
Das Abschlusstestat mit über 100 Fragen war immer
gefürchtet, aber die Gesichter vom letzten Kurs im
September (siehe www.osteo-hd.de) waren doch noch
recht entspannt. Die meisten Teilnehmer haben es wohl
sportlich genommen.
Hört sich eigentlich an, wie viele Gründe zum Feiern
und ein wenig Stolz schwingt schon mit bei einer bisherigen Gesamtteilnehmerzahl von fast 1000 Kollegen.
Bleibt dennoch ein etwas bitterer Beigeschmack für
die Zukunft:
1. Es sind immer noch freiwillige Veranstaltungen für
Kollegen, die Osteodensitometrie-Geräte an Patienten anwenden, wenngleich lobenswerterweise einige Geräte-Hersteller- und -Vertriebsfirmen beim
Verkauf eines Gerätes den Kollegen die Kursgebühren erstatten.
2. Der „Schein“-Streit um den sog. „Goldstandard“ in
der Osteodensitometrie lähmt den Einsatz der
Geräte zur Eindämmung der Volkskrankheit Osteoporose. Die „Inthronisierung“ von DXA am
Stammskelett führt dazu, dass nur die großen Zentren eine entsprechende Untersuchung anbieten
können. Eine wissenschaftliche Grundlage hierfür
existiert nicht.
Eine flächendeckende Versorgung und Erfassung aller
Osteoporose-Patienten ist so nicht möglich, da die
kleineren Zentren und Praxen sich finanziell die großen
DXA-Tische nicht leisten können. Bleibt zum Schluss
trotz Freude am bisherigen Erfolg die Hoffnung, für die
Zukunft noch mehr Kollegen erreichen und motivieren
zu können, damit die Qualität der Osteodensitometrie
weiter gesteigert werden kann. Für mehr Informationen
siehe www.osteo-hd.de.
BUCHBESPRECHUNGEN
Praxis der Männergesundheit
Günther H. Jacobi (Herausgeber), Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2003
Das Buch ist aus einem „Männergesundheitstag“ heraus
entstanden und ist als Fach- und Laienpublikation
gedacht. Autoren unterschiedlicher medizinischer Spezialisierung nehmen in vier Kapiteln Stellung zu Themen
wie Männergesundheit/Männerarzt, zu allgemeinen
Risikofaktoren (Rauchen, Alkohol, Fehlernährung,
Stress) und Volkskrankheiten (Hypertonie und Diabetes),
zu männerspezifischen Erkrankungen und zu einem
ganzheitlichen Gesundheitszugang. Der Leser findet klar
verfasste (Behandlung des Prostatakrebses durch Hormonentzug), praxisorientierte (diffuse Beckenbodenbeschwerden des Mannes) und anregende Kapitel (Psychohygiene). Männerspezifische Aspekte werden deutlich herausgearbeitet, gleichzeitig wird Lust auf Gesundheit vermittelt. Fraglich erscheint allerdings, ob der
Spagat zwischen Fach- und Laienpublikation gelungen
ist. Das Buch ist nicht als Männerheilkundebuch im
Sinne eines Lehrbuchs der Andrologie angelegt. Daher
wird der medizinisch interessierte Laie als Leser mit zahlreichen Fachtermini sehr überfordert. Unabhängig von
der Zielgruppe käme dem Leser eine Straffung des
Buches entgegen, so dass einige Kapitel entfallen könnten (z.B. Alter und Zelltod, Männer kuren in der Kur,
berühmte Männer und ihre Leibärzte), andere könnten
gekürzt oder sollten zusammengefasst werden (Wege
zur körperlichen Fitness im Männerleben, Wellness –
36
Endokrinologie Informationen
was ist dran und drin?), auch eine bessere Abstimmung
der Kapitel untereinander wäre wünschenswert. Es fallen
sachliche Fehler auf (z.B. werden Hypothyreose und
Nebenniereninsuffizienz als typische Altersveränderung
dargestellt) und häufig praktizierte aber nicht evidenzbasierte Therapien werden von letzteren nicht klar abgegrenzt (Zink, Vitamin E und Tamoxifen bei unerfülltem
Kinderwunsch). Schließlich sei angemerkt, dass sich entgegen den Anforderungen an einen ganzheitlichen und
somit fachübergreifenden geschlechtsspezifischen Gesundheitszugang z.T. standespolitische Sichtweisen und
Forderungen eingeschlichen haben, die in einem anderen
Forum diskutiert werden sollten. So wird z.B. beim
Thema „Männerarzt“ ausschließlich der Urologe als ein
Arzt beschrieben, den Männer als „ihren Arzt“ ansehen.
Das Buch dient nicht als geeignete Informationsquelle
für den Mediziner, insbesondere nicht für den Endokrinologen. Für den medizinisch interessierten Laien wäre
es interessant, wenn es eindeutiger auf diesen Leserkreis ausgerichtet wäre.
Dr. Bianca Kühnert und Dr. Joachim Wistuba
Institut für Reproduktionsmedizin der Universität
Münster
[email protected]
27 (2003) 2
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NOTIZEN
Institut für Hormon- und Fortpflanzungsforschung (IHF)
an der Universität Hamburg zieht um
Das Institut für Hormon- und Fortpflanzungsforschung
an der Universität Hamburg (IHF) zieht um und geht in
die Trägerschaft im Bereich des Universitätsklinikums
Hamburg-Eppendorf über. Im letzten Jahr feierte das
IHF sein 20-jähriges Jubiläum als ein Institut der
Grundlagenforschung. Das IHF wird in Kürze im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf neue Räumlichkeiten beziehen, die es ihm mit Förderungen des
bmb+f sowie der Innovationsstiftung Hamburg in den
Jahren 2001/2002 ermöglichen, Fortpflanzungsforschung mit modernsten Technologien zu betreiben.
Aufgrund dieser Förderungen ist es dem IHF gelungen,
die modernen Methoden der funktionellen Genomanalyse, der Proteomik, der Molekularmorphologie sowie
der Bioinformatik zu integrieren, um vor allem die
Molekularbiologie der Reproduktion voranzutreiben.
Diese ist eine von einer Reihe von Initiativen der Universität und der Freien und Hansestadt Hamburg, neue
Technologien, vor allem im Life Sciences-Bereich,
nachhaltig zu fördern. Vor kurzem ist es der Universität
Hamburg gelungen, mithilfe von Stiftungsgeldern auch
ein neues Interdisziplinäres Zentrum für Bioinformatik
mit drei Lehrstühlen zu gründen.
Das IHF wurde 1981 von Herrn Prof. Dr. Freimut Leidenberger und Kollegen als privates Forschungsinstitut gegründet. Es bezog 1987 seine bekannten Räumlichkeiten im Grandweg, in der Nähe des Universitätsklinikums, und wurde 1992 als ein „An-Institut“
dem Fachbereich Medizin der Universität angegliedert.
Finanziert wurde die Forschung im IHF immer aus privaten und öffentlichen Mitteln. Somit ist das IHF als ein
Vorreiter der heutigen Wissenschaftspolitik anzusehen,
die versucht, Grundlagenforschung nicht nur aus klassischen staatlichen Mitteln zu finanzieren, sondern
auch durch Mittel aus privaten und privatwirtschaftlichen Quellen. International hat das IHF eine hohe wis-
27 (2003) 2
senschaftliche Reputation und ist eines der wenigen
Institute in Europa, die sich fast ausschließlich mit der
Reproduktionsendokrinologie- und -biologie beschäftigen.
Sein Spektrum an Forschungsinhalten hat sich in den
vergangenen Jahren erheblich erweitert. Im Vordergrund stehen nunmehr nicht nur die Themen der hormonalen Steuerung der Fortpflanzung, sondern auch
Forschungsprojekte zu aktuellen Themen wie „Organspezifisches Altern“ und „Endokrine Disruption“.
Das IHF bezieht neu eingerichtete Labore in der
Frauenklinik und im Centrum für Innovative Medizin
(CIM), in unmittelbarer Nachbarschaft zum Campus
des Universitätsklinikums. Diese neuen Labore bieten
erhebliche Vorteile für die modernen biotechnologischen Methoden, die Kernpunkt der Arbeiten im IHF
geworden sind. Gleichzeitig wird das IHF in unmittelbarer Nähe zur Frauenklinik und Abteilung für Andrologie des Universitätsklinikums sein, so dass vorhandene Synergien zwischen Grundlagenforschung und
klinischer Tätigkeit optimal genutzt werden können.
Dieses spiegelt die klare Entscheidung des Universitätsklinikums wider, den Schwerpunkt „Endokrinologie,
Stoffwechsel und Reproduktion“ zu unterstützen.
Damit wird das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf eine der Institutionen in Deutschland sein, die der
Endokrinologie und Reproduktionsbiologie große Bedeutung zuschreibt.
Das IHF stellt einen Eckpunkt dieses Gesamtkonzeptes dar, die auch das Präventivmedizin und eine bessere Schaltfläche mit der Industrie mitbeinhaltet.
Prof. Dr. med. Freimut Leidenberger
Prof. Dr. Richard Ivell
Endokrinologie Informationen
39
NOTIZEN
Neues von der Deutschen Hormonstiftung
Professor Dr. Karlheinz Voigt neuer Vorsitzender der Deutschen Hormonstiftung/DGE und
Deutsche Hormonstiftung koordinieren die Aktivitäten/PCO-Unterlagen für Praxen jetzt abrufbar/
Spenden-Häuschen noch vorhanden
Professor Dr. Karlheinz Voigt neuer Vorsitzender
der Deutschen Hormonstiftung
Die Deutsche Hormonstiftung hat einen neuen Vorsitzenden. „Ich freue mich, dass man mich mit diesem
wichtigen Amt betreut hat und werde intensiv an der
Umsetzung der Stiftungsziele arbeiten“, so Professor
Dr. Karlheinz Voigt. „Unser Anliegen ist es, die
Deutsche Hormonstiftung unter den Endokrinologen,
innerhalb der DGE und in der Öffentlichkeit bekannt zu
machen.“
Der Vorstand dankt Prof. Scriba als scheidendem
Vorsitzenden für die bisherige Arbeit für die DHS.
DGE und Deutsche Hormonstiftung
koordinieren die Aktivitäten
In der Kuratoriumssitzung der Deutschen Hormonstiftung, die anlässlich der DGE-Tagung in Köln stattfand, ist
beschlossen worden, die Aktivitäten der DHS und der
DGE in Zukunft besser zu koordinieren. Dazu gehören
z.B. ein gemeinsamer Abend für die Teilnehmer an der
kommenden DGE-Tagung in Dresden, Aktivitäten zum
Schwerpunkt PCO-Syndrom etc. Professor Dr. Lehnert
wird sich als amtierender Präsident der DGE ebenfalls
verstärkt für die Deutsche Hormonstiftung einsetzen und
gemeinsame Projekte initiieren bzw. unterstützen.
Die Unterlagen umfassen epidemiologische Daten sowie
eine Beschreibung der Symptome und die Therapieoptionen. Wichtig ist der Hinweis, dass immer der
Endokrinologe/Gynäkologe der Ansprechpartner ist.
Diese Unterlagen sind bei Frau Behring abzurufen.
Spenden-Häuschen – Sammeln Sie mit!
Viele Patienten, die nach einer langen Odyssee von
Arzt zu Arzt, von einem Endokrinologen endlich die
richtige Diagnose und Therapie bekommen, sind bereit, sich auch finanziell für die Deutsche Hormonstiftung zu engagieren. Daher nochmals unsere Bitte, die
Spenden-Häuschen aufzustellen und die Patienten zu
ermuntern, sich für die Endokrinologie einzusetzen. Die
Häuschen sind für Mitglieder der Stiftung und der DGE
kostenlos und können ebenfalls bei Frau Behring angefordert werden.
Kontaktadressen:
Deutsche Hormonstiftung
Lornsenstraße 6
22767 Hamburg
Telefon: 0 40-38 90 21 07
Telefax: 0 40-38 90 21 17
E-mail: [email protected]
Internet: deutsche-hormonstiftung.de
Ansprechpartnerin:
Frau Petra Behring
PCO-Unterlagen für Praxen jetzt abrufbar
Im Jahr 2003 wird die Deutsche Hormonstiftung speziell über das PCO-Syndrom aufklären. Um die Arbeit
in den Praxen zu unterstützen und Patientinnen aufmerksam zu machen, stellt die DHS folgende Materialien zur Verfügung:
Hormonie Nr. 3
Informationsblatt für Patientinnen
Wartezimmerposter
40
Endokrinologie Informationen
Pressekontakt:
Sabine Seifert
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
VERANSTALTUNGEN & KONGRESSE
Schwedenpfad 8
61348 BAD HOMBURG
Telefon: 0 61 72-30 61 99
Telefax: 0 61 72-30 48 39
Mobil: 0171-800 45 61
E-mail: [email protected]
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PERSONALIA
Adressänderungen/Habilitationen
re Zellrezeptoren – genomische Struktur, transkriptionelle Kontrolle und pathophysiologische Bedeutung.“
Adressenänderungen
Prof. Dr. med. H.-J. Quabbe
Auguststraße 18
12209 Berlin
Tel.: 030-772-1709
Fax: 030-773-95910
E-mail: [email protected]
Habilitation von Dr. rer. nat. Andreas Höflich im Bereich
Endokrinologie im Fach Tierzucht und Biotechnologie
an der Ludwig-Maximilians-Universität.
„Funktionelle Analyse von IGFBP-2 in vitro und in
vivo.“
Habilitationen
Herr PD Dr. Martin W. Elmlinger erhielt im Januar 2003
die Lehrbefugnis für das Fach Klinische Chemie an der
Medizinischen Fakultät, Klinikum I, Sektion Pädiatrische Endokrinologie der Eberhard-Karls-Universität
Tübingen.
PD Dr. med Stephan Petersenn
„Regulation von Wachstumshormon durch hypophysä-
Andreas Höflich, PhD
Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht
Ludwig-Maximilians-Universität München
Feodor-Lynen-Straße 25
81377 München
Tel.: 089-21807-6815
Fax: 089-21807-6849
www.lmb.uni-muenchen.de/groups/mt/andreas/
hoeflich.htm
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ABSTRACTS
14. Birkensteiner Hormonkonferenz 8.–10. November 2002
Schilddrüse 2002: Gesichertes und Kontroverses
Die 14. Birkensteiner Hormonkonferenz fand vom 8.11.
bis zum 10.11.2002 im Gasthof Oberwirt, Fischbachau/Birkenstein, statt.
Dieses Mal beschäftigte sich das nun schon traditionelle Fortbildungsseminar der Deutschen Gesellschaft
für Endokrinologie nach längerer Zeit wieder mit dem
Thema Schilddrüse: „Schilddrüse 2002: Gesichertes
und Kontroverses“. Die Organisation und Leitung lag in
den Händen von O.-A. Müller, München und K. von
Werder, Berlin.
Die Veranstaltung fand mit freundlicher Unterstützung
der Firma Henning Berlin GmbH & Co. OHG statt.
Wiederum konnten namhafte Referenten gewonnen
werden, die der Aufgabe einer gehobenen Fortbildung
für Endokrinologie absolut gerecht wurden. Hauptthemen waren Physiologie und Pathophysiologie der
Schilddrüse, Funktionsstörungen sowie Struma maligna und multiple endokrine Neoplasie II. Die Diskussionen waren – wie immer – ausführlich und lebhaft, die
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Endokrinologie Informationen
diesmal besonders zahlreichen Teilnehmer zeigten sich
wiederum sehr zufrieden.
Die „After-dinner-lecture“ am Freitagabend hielt Prof.
R. Fahlbusch, Erlangen, zum Thema „Das Craniopharyngeom: Differenzialdiagnose und moderne neurochirurgische Therapie“.
Besonders hervorzuheben war wiederum die ungezwungene Atmosphäre im Gasthof Oberwirt, wobei
auch der „Wettergott“, zumindest kurzfristig, wieder
„mitspielte“.
Im Folgenden sind die Kurzfassungen der einzelnen
Vorträge zusammengestellt, um auch den nicht an der
Veranstaltung teilnehmenden Mitgliedern der DGE
einen Überblick über diese Veranstaltung zu verschaffen.
Die 15. Birkensteiner Hormonkonferenz findet vom
14. bis zum 16. November 2003 statt mit dem
Hauptthema „Hormone im Alter“.
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Wirkungsmechanismus von Schilddrüsenhormonen
H.J. Seitz, Hamburg
Schilddrüsenhormone haben einen tief greifenden Einfluss auf Organentwicklung und Energiestoffwechsel im
Menschen. Es gibt praktisch kein Organ und keinen
Stoffwechselweg, der nicht durch Hypo- oder Hyperthyreose beeinträchtigt ist, die euthyreote Stoffwechsellage ist ein wichtiges Stück Lebensqualität. Schilddrüsenhormone (T3) entfalten ihre Wirkung in den
Zielorganen über Schilddrüsenhormon-Rezeptoren (TR).
Diese binden mit ihren Liganden T3 an TR-responsive
Elemente (TREs) in der Promotorregion T3-responsiver
Gene, um – in koordinierter Abstimmung mit anderen
Hormonen oder Faktoren – definierte Gene zu induzieren und damit spezifische Enzyme, Proteine etc. für die
sinnvolle Funktion einer Zelle bereitzustellen.
Aus Gründen, die bisher nicht verstanden sind, entfaltet T3 seine kernvermittelte Wirkung über verschiedene Rezeptor-Isoformen (wie 1 1 bzw. 2). Die
physiologische Bedeutung ist bisher nicht bekannt,
jedoch ist offensichtlich, dass der -Isoform wahrscheinlich eine höhere physiologische Bedeutung als
der -Isoform zukommt, da bei thyroid hormone resistance als Ursache bisher nur Mutationen in der Form beobachtet wurden.
Während die T3-vermittelte Induktion wichtiger Enzyme in der Glykolyse/Glukoneogenese u.a. binnen 3–6
Stunden beobachtet wurde, sind alle Effekte auf die
Induktion mitochondrialer Enzyme/Transporter verzögert. Mind. 12–24 Stunden sind notwendig, um die
volle Induktion zu beobachten. Zudem wurden für
diese Enzyme/Proteine/Transporter keine TREs im Promotor gefunden, so dass zur Zeit nach anderen Wirkprinzipien gesucht wird.
Mittels Array-Technik bei Einsatz von 4600 Genen gelang es in der Tat, Kandidatenproteine zu finden, die
mittels T3 schnell induziert werden und die wiederum
als Ko-Transkriptionsfaktoren einen Set von Enzymen/Proteinen/Transportern induzieren. T3 wirkt hier
also indirekt über ein Zwischenprotein. Kandidatenproteine sind NRF-1, NRF-2 sowie PGC-1 und möglicherweise andere.
Schließlich bindet T3 an T3-Rezeptoren, die intramitochondrial lokalisiert sind. Binnen 10–20 min. ist die
Stimulation der mitochondrialen Aktivität in der Leber
und möglicherweise im Herzen zu beobachten, ihre
Wirkung ist jedoch nur klein im Vergleich zur nukleär
stimulierten Genexpression wichtiger Enzyme in der
Atmungskette und weiterer Stoffwechselwege; die
physiologische Bedeutung dieser schnellen Wirkung
im Mitochondrium selbst ist offen.
Da T3 die Synthese wichtiger Hormone wie Insulin,
STH u.a. stimuliert, entfaltet dieses Hormon offensichtlich auf verschiedenen Ebenen seine stimulierende
Wirkung und orchestriert damit als zentrales Hormon
die Harmonie in Entwicklung und Stoffwechsel des
Menschen.
Der Iod-Symporter
Dr. med. Christine Spitzweg
Einführung
Schon seit vielen Jahren ist bekannt, dass ein spezifischer Natrium-abhängiger Iodidtransporter in der
basolateralen Membran der Schilddrüsenfollikelzellen
für den Iodidtransport in die Schilddrüse sorgt. Doch
erst vor sechs Jahren wurde das Gen des so genannten „Natrium-Iodid-Symporters“ (NIS) kloniert, der
unter Energieverbrauch zwei Na+-Ionen zusammen mit
einem I--Ion gegen ein Konzentrationsgefälle transpor-
27 (2003) 2
tiert (Abb. 1) (1, 2). Aufgrund seiner Eigenschaft, Iod
aus dem Blut in die Schilddrüse zu transportieren, bildet NIS die Grundlage diverser wichtiger klinischer
Schilddrüsentests (Radioiodaufnahme- und Perchlorat-Test) sowie der Schilddrüsenszintigraphie. Darüber
hinaus bildet die Expression eines funktionsfähigen
NIS die Grundvoraussetzung für die effiziente Behandlung von Schilddrüsenkarzinomen und ihrer Metastasen mittels Radioiodtherapie. Die Klonierung des NISGens ermöglicht daher die Anwendung von NIS als
Endokrinologie Informationen
43
ABSTRACTS
Abb. 1: Iodtransport und Schilddrüsenhormonsynthese in der
Schilddrüse.
NIS: Natrium-Iodid-Symporter; TPO: Schilddrüsenperoxidase; Tg:
Thyreoglobulin; TSH: Thyreoidea-stimulierendes Hormon; TSHR:
TSH-Rezeptor
neuem therapeutischen Gen bei der Therapie extrathyroidaler und thyreoidaler Tumoren. Nachfolgend werden die klinisch relevanten Forschungsergebnisse und
Perspektiven zum NIS zusammengefasst und diskutiert.
Klonierung, molekulare Charakterisierung und
Funktion des Natrium-Iodid-Symporters
Ein Jahr nach der Klonierung des Natrium-Iodid-Symporters der Ratte wurde 1997 der humane NIS aus einer
humanen Schilddrüsen-cDNA-Bibliothek kloniert und
charakterisiert (1–3). Das humane NIS-Gen ist auf
Chromosom 19p12–13.2 lokalisiert und kodiert für ein
Glykoprotein von 643 Aminosäuren mit einer Molekülmasse von etwa 70–90 kDa. Die Kodierungsregion des
NIS-Gens besteht aus 15 Exons und kodiert für eine 3.9
kb große Boten-RNA. Der zur Familie der Natriumabhängigen Transportermoleküle zählende NIS ist ein
integrales Membranprotein mit 13 Transmembrandomänen, dessen Aminoterminus extrazellulär und dessen Carboxyterminus intrazellulär liegt (Abb. 2) (4, 5).
Durch die Funktion des NIS-Proteins wird Iodid in der
Schilddrüse etwa 20–40fach konzentriert und für die
Schilddrüsenhormonsynthese bereitgestellt. Die treibende Kraft für den Iodidtransport, bei dem zwei Na+Ionen zusammen mit einem I--Ion in die gleiche Richtung transportiert werden, ist ein ins Zellinnere gerichteter Na+-Gradient, der durch eine Na+/K+-ATPase aufrechterhalten wird (Abb. 1). Dementsprechend ist der
44
Endokrinologie Informationen
vom NIS vermittelte Iodidtransport durch den Na+/ K+ATPase-Hemmer Quabain hemmbar. Thiocyanat (SCN) und Perchlorat (ClO4-) sind „klassische“ kompetitive
Inhibitoren des Iodidtransports (6). Bereits vor der
Klonierung des NIS-Gens wurde die Regulation des
Iodidtransportes in die Schilddrüse intensiv untersucht. Schon seit langem ist bekannt, dass das von der
Hypophyse gebildete Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) den Iodidtransport über den Adenylatzyklase-cAMP-Weg stimuliert. Nach der Klonierung von
NIS konnte gezeigt werden, dass die Behandlung von
Schilddrüsenzellen mit TSH in vitro neben dem Iodtransport auch die NIS-Gen- und Proteinexpression
erhöht (7, 8). Da cAMP und Forskolin diesen Effekt
ebenfalls hervorrufen, ist davon auszugehen, dass TSH
die NIS-Expression über den Adenylatzyklase-cAMPWeg stimuliert (8). Die im Schilddrüsengewebe von
Patienten mit Morbus Basedow im Vergleich zu normalem Schilddrüsengewebe etwa drei- bis vierfach erhöhte NIS-RNA und Proteinexpression ist sehr wahrscheinlich Folge der pathologischen TSH-Rezeptor-stimulierenden Antikörper, die über den TSH-Rezeptor
die cAMP-Produktion und NIS-Expression stimulieren
(7). Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass TSH außerdem eine wesentliche Rolle spielt bei der adäquaten
Membranverankerung von NIS, die eine Grundvoraussetzung darstellt für seine Iodtransportfähigkeit (9).
Transforming growth factor-1 (TGF1) ein potenter
Inhibitor von Wachstum und DNA-Synthese in Schilddrüsenzellen und Signalvermittler bei der Entstehung
der euthyreoten Struma und des „Euthyroid Sick“Syndroms, supprimiert in Ratten-Schilddrüsenzellen
(FRTL-5) sowohl die TSH-induzierte NIS-Expression
als auch die Iodaufnahme (10). Darüber hinaus unterdrücken auch Tumor-Nekrose-Faktor (TNF), Cera-
Abb. 2: Schematische Darstellung des Natrium-Iodid-SymporterProteins.
27 (2003) 2
ABSTRACTS
mid und Sphingomyelinase, wichtige Faktoren im Rahmen des „Euthyroid Sick“-Syndroms, der Thyreoiditis
vom Typ de Quervain und der altersassoziierten
Hypothyreose, die NIS-Expression (11–13). Auch IL1, IL-1, IL-6 und IFN reduzieren die TSH-induzierte
NIS-Genexpression und funktionelle NIS-Aktivität, was
bei der Pathogenese der Hashimoto-Thyreoiditis eine
Rolle spielen könnte (12–14). In mehreren In-vitro- und
In-vivo-Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass
die Gabe von Iod zu einer Suppression der NIS-BotenRNA sowie Proteinexpression führt, was den lange
bekannten Wolff-Chaikoff-Effekt erklärt (15–17). Außerdem bewirkt die Behandlung mit Östrogenen in
FRTL-5-Zellen neben einer Zellproliferation eine erniedrigte NIS-Boten-RNA-Expression, was zur erhöhten
Strumaprävalenz bei Frauen beitragen könnte (18).
Der extrathyreoidale Natrium-Iodid-Symporter
und seine mögliche therapeutische Anwendung
Neben der Schilddrüse sind auch einige extrathyreoidale Gewebe wie Speicheldrüsen, Magenschleimhaut,
laktierende Brustdrüse, Plexus choroideus und Ziliarkörper des Auges in der Lage, Iod anzureichern (6). Der
Iodtransport in diesen extrathyreoidalen Geweben ist
ebenfalls durch Perchlorat und Thiocyanat hemmbar,
wird jedoch durch TSH nicht stimuliert (6). Nach Klonierung von NIS konnte NIS-Boten RNA und Protein
unter anderem in Speicheldrüsen, Magenmukosa, Niere, und Brustdrüse nachgewiesen werden (19–22), was
darauf hindeutet, dass der auch extrathyreoidal exprimierte Iodidtransporter den Iodtransport in diversen
Organen kontrolliert. In der laktierenden Brustdrüse
wird Iodid in der Muttermilch angereichert, das dem
Neugeborenen zur Schilddrüsenhormonsynthese dient
und insbesondere für die Entwicklung von Nervensystem, Skelettmuskulatur und Lungen von entscheidender Bedeutung ist. Vor etwa einem Jahr identifizierten und charakterisierten Tazebay et al. das NIS-Protein in der Brustdrüse (mgNIS), das an der basolateralen Membran der Alveolarepithelzellen lokalisiert ist,
und in der normalen Brustdrüse nur während Gestation
und Laktation exprimiert wird (22). Regulationsuntersuchungen in vitro und in vivo zeigten eine Stimulation
der mgNIS-Expression durch Östrogene, Prolaktin und
Oxytocin (22–26). Außerdem gelang der Nachweis
funktioneller mgNIS-Expression in Mammakarzinomen
bei zwei nichtlaktierenden transgenen Mammakarzinom-Mausmodellen (c-Ha-ras: aktiviertes Ras-Onkogen; c-erbB-2: Überexpression des neu-Onkogens)
mittels Szintigraphie und Western-Blot-Analyse (22).
Immunhistochemisch konnte die Expression von
mgNIS-Protein auch in 20 von 23 (87%) invasiven und
5 von 6 (83%) duktalen humanen Mammakarzinomge-
27 (2003) 2
webeproben nachgewiesen werden, während nur 3
von 13 (23%) Proben aus dem den Tumor umgebenden Gewebe und keines von 8 Normalgeweben
mgNIS-positiv waren (22). Die hohe Prävalenz von
mgNIS in humanem Mammakarzinomgewebe deutet
darauf hin, dass die Expression von mgNIS während
der malignen Transformation in Brustdrüsengewebe
stimuliert wird und demnach als neuer diagnostischer
Parameter beim Mammakarzinom zum Einsatz kommen könnte. Etwa zeitgleich zur Identifizierung von
mgNIS gelang Kogai et al. in einer Östrogen-Rezeptorpositiven humanen Mammakarzinom-Zelllinie (MCF-7)
die Induktion einer Iodakkumulation sowie Expression
von mgNIS-Boten RNA und Protein mittels all-transRetinsäure (tRA). Trotz fehlender Organifizierung des
akkumulierten Radioiods konnte in tRA-behandelten
MCF-7-Zellen ein selektiver zytotoxischer Effekt von
131-I nachgewiesen werden. Dieser Effekt erwies sich
als Mammakarzinomzell-spezifisch, da sich in einer
Reihe anderer Karinomzellinien keine Iodakkumulation
induzieren ließ (27). Der Nachweis funktionell aktiver
mgNIS-Proteinexpression in Mammakarzinomgewebe
sowie die Induzierbarkeit der mgNIS-Expression in
Mammakarzinomzellen mittels Retinsäure könnte die
Anwendung von Radioiod in der Diagnostik sowie Therapie des Mammakrzinoms ermöglichen.
NIS als neues therapeutisches Gen bei der
Therapie thyreoidaler und extrathyroidaler
Tumoren
Die Klonierung und Charakterisierung des NIS-Gens
eröffnen die Möglichkeit gentherapeutischer Strategien
zur Behandlung thyreoidaler und extrathyreoidaler Tumoren. Durch gezielte Expression von funktionsfähigem NIS mittels Gentransfer in Tumorzellen können diese die Fähigkeit erwerben, Iod aus dem Blut
aufzunehmen, was die Anwendung der sicheren und
im Rahmen von Schilddrüsenerkrankungen routinemäßig eingesetzten Radioiodtherapie auch für gering differenzierte Schilddrüsenkarzinome und andere nichtthyreoidale Tumoren und ihre Metastasen ermöglichen
könnte. Erste Untersuchungen an transformierten
malignen Schilddrüsenzellen ohne Iodtransportaktivität
haben gezeigt, dass die Transfektion mit Ratten-NISDNA eine Akkumulation von 125I in vitro und in vivo
ermöglicht (28). Smit et al. transfizierten NIS-negative
follikuläre Schilddrüsenkarzinomzellen mit humaner
NIS-DNA und erzeugten dadurch eine Radioiodakkumulation, die in Nacktmäusen nach Applikation einer
therapeutischen 131-I-Dosis die Entwicklung von
Xenotransplantaten verzögerte (29, 30). NIS konnte
außerdem mittels Adenovirus-vermitteltem Gentransfer
in vitro und in vivo in humanen Gliomzellen exprimiert
Endokrinologie Informationen
45
ABSTRACTS
werden (31). Unter Verwendung eines Retrovirusvektors konnten Mandell u. Mitarb. nach Transfektion mit
dem Ratten-NIS-Gen in verschiedenen Karzinomzelllinien (Melanomzellen, Leber-, Kolon- und Ovarialkarzinomzellen) eine Iodakkumulation in vitro und in vivo
nachweisen, die in vitro einen zytotoxischen Effekt von
131-I erlaubte (32). Ähnliche Ergebnisse berichteten
Boland et al. in verschiedenen Tumorzellinien nach
Adenovirus-vermittelter Expression des Ratten-NISGens in vitro und in vivo (33). Nakamato et al. induzierten eine Radioiodakkumulation in vitro und in vivo in
humanen Mammakarzinomzellen durch Transfektion
mit Ratten-NIS-DNA mittels Elektroporation (34). Nach
Transfektion mit humaner NIS-DNA zeigten Carlin et al.
Radioiodaufnahme in humanen Gliom-, Neuroblastomund ovariellen Adenokarzinomzellen in vitro. Der selektive zytotoxische Effekt von 131-I war darüber hinaus
signifikant erhöht in dreidimensionalen Kulturen NIStransfizierter Gliomzellen im Vergleich zu zweidimensionalen Monolayer-Kulturen, was auf einen beträchtlichen Bystander-Effekt hinweist (35). Unter Verwendung eines bicistronischen retroviralen Vektors erzielten Haberkorn et al. eine Radioiodakkumulation mit
raschem Iod-Efflux in Ratten-Hepatomzellen in vitro
und in vivo (36). Insgesamt zeigen diese Ergebnisse,
dass mittels NIS-Gentransfer unter Verwendung viraler
sowie nicht-viraler Vektoren in einer Reihe extrathyreoidaler Tumorzellen eine Radioiodakkumulation induziert
werden kann.
Derzeit existiert kein kurativer Therapieansatz zur
Behandlung des metastasierenden Prostatakarzinoms,
der zweithäufigsten tumorbedingten Todesursache bei
Männern. Durch gezielten NIS-Gentransfer könnten
auch Prostatakarzinomzellen Iod aus dem Plasma konzentrieren, was die Möglichkeit der Radioiodtherapie
beim Prostatakarzinom eröffnen würde. Gentransfer
unter Steuerung gewebespezifischer Promotoren ermöglicht, therapeutische Gene selektiv in tumorerkranktem Gewebe zu exprimieren und damit die Zytotoxizität in anderen Geweben zu minimieren. Im Falle
von Prostatagewebe ist der PSA-Promoter verantwortlich für die Prostata-spezifische, androgenabhängige
Expression von PSA (Prostata-spezifisches Antigen),
eines Prostata-spezifischen Glykoproteins, das auch in
der überwiegenden Mehrzahl der Prostatakarzinome
und ihrer Metastasen androgenabhängig exprimiert
wird (37). Aufgrund seiner umfassenden Charakterisierung in den letzten Jahren kann der PSA-Promoter daher eingesetzt werden, um eine gewebespezifische,
androgenabhängige Expression therapeutischer Gene
in Prostatakarzinomzellen zu erreichen (38). Unter
Steuerung eines 6kb-PSA-Promoter Fragments, das
alle Informationen für die Prostata-spezifische, androgenabhängige Expression von PSA enthält (38), ist es
46
Endokrinologie Informationen
kürzlich gelungen, in Prostatakarzinomzellen durch gewebespezifische NIS-Expression eine Iodaufnahmeaktivität zu induzieren, die trotz fehlender Organifizierung des aufgenommenen Radioiods sowohl in vitro
als auch in vivo hoch genug war, um einen deutlichen
therapeutischen Effekt mit 131-I zu erreichen (39–41).
Die Untersuchungen in Prostatakarzinomzellen zeigen
erstmals eindrücklich, dass NIS-Gentransfer in Tumorzellen die Akkumulation einer therapeutisch wirksamen
131-I-Dosis auch ohne Organifizierung des akkumulierten Radioiods ermöglicht, und damit eine innovative
und potenziell kurative Therapiemöglichkeit bei extrathyreoidalen Tumoren, insbesondere beim Prostatakarzinom bieten kann.
Dr. med. Christine Spitzweg
Medizinische Klinik und Poliklinik II, Klinikum
Großhadern,
Ludwig-Maximilians-Universität München,
Marchioninistr. 15, D-81377 München
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Jodmangel und Kropf
K. Bauch, Chemnitz
Jod wird zur Schilddrüsenhormonsynthese benötigt
und muss exogen zugeführt werden. Unzureichende
alimentäre Jodaufnahme führt sowohl zu vermehrter
Synthese und Sekretion von Trijodthyronin (T3) als
auch gehäufter Entwicklung einer Struma. Der T4/T3Shift dient dem Erhalt einer Euthyreose. Die Vergrößerung der Schilddrüse führt infolge mechanischer Behinderungen zu Rückwirkungen auf das kardiorespiratorische System. Als Folgekrankheit entwickeln sich
auf dem Boden funktioneller Autonomien vermehrt
latente und manifeste Hyperthyreosen. Diese Hyperthyreoseform kommt im Jodmangelgebiet dreimal häufiger vor als in ausreichend mit Jod versorgten Regionen und umfasst etwa die Hälfte aller Hyperthyreosen.
Ungeachtet intrathyreoidaler Wachstumsfaktoren (IGF I,
IGF Bindungskapazität, FGF, TGF u.a.) und genetischer Faktoren, die für die Struma-Pathogenese – insbesondere auch bei der trotz Schilddrüsenhormonsubstitution entstehenden Rezidiv-Struma – von Bedeutung sind, stellt exogener und konsekutiv intrareoidaler Jodmangel die wesentlichste und häufigste Ursache der Strumaentwicklung dar. Der Schweregrad
48
Endokrinologie Informationen
eines alimentären Jodmangels korreliert mit der Häufigkeit und Größenentwicklung einer Struma. Natürlich
vorkommenden Thyreostatika wie Thiozyanat und
Nitrat konnte bei moderatem Jodmangel keine, letzterem nur regional im Brunnenwasser eine strumigene
Bedeutung zugesprochen werden. Rauchen kann
besonders unter Jodmangelbedingungen der Strumaentwicklung förderlich sein. Als strumigene Lebensabschnitte gelten Pubertät, Schwangerschaft und
Neugeborenenperiode. 50% der Erwachsenenstrumen
entwickeln sich vor dem 20. Lebensjahr.
Zur Geschichte des Jodmangels und der
Jodmangelkrankheiten
Empirische Kenntnisse über die Beziehung zwischen
jodhaltigen Substanzen und Kropf reichen weit in die
Geschichte zurück. Erst seit der Entdeckung des Jods
im Jahre 1811 durch Courtois fand die Anwendung des
Jods in zunehmendem Maße eine wissenschaftliche
Basis. Bereits 9 Jahre nach der Entdeckung wurde
durch Coindet Jod zur Kropftherapie eingesetzt. Misserfolge blieben auch in den folgenden Jahrzehnten
nicht aus und beruhten auf mangelnder pathophysiologischer Kenntnis.
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Grad des JM
Strumaprävalenz (%)
µg/dl
I
II
III
10–30
20–50
30–100
Harnjodausscheidung
µg J/g Kreatinin
5–10
2–5
<2
Hypothyreose (H)
Kretinismus (K)
50–150
25–50
< 25
0
H
H;K
Tab. 1: Schweregrad des Jodmangels nach WHO-Definition
Säuglinge bis 11 Monate
50–80
Kinder 1 bis 9 Jahre
100–140
Kinder ab 10 Jahre,
Jugendliche und Erwachsene
80–200
Schwangere
230
Stillende
260
wird aus pragmatischen Gründen bei epidemiologischen Untersuchungen meist die Analyse in der
Spontanharnprobe vorgenommen.
Zum Schweregrad des Jodmangels
Strumahäufigkeit, renale Jodausscheidung und thyreoidaler Status (Hypothyreose, endemischer Kretinismus) gestatten eine Definition des Schweregrades des Jodmangels (Tabl. 1). Bei optimaler Jodzufuhr sollte die renale Jodausscheidung über 100 µg/d betragen. Der tägliche optimale Jodbedarf ist abhängig vom Lebensalter (Tabl. 2).
Tab. 2: Empfehlungen des DGE zur täglichen Jodaufnahme (µg)
Zum Nachweis des Jodmangels
Indikatoren eines Jodmangels sind
– Strumaendemie (Struma > 10 der Durchschnittsbevölkerung)
– erhöhte thyreoidale Radiojodspeicherwerte
– niedriger Jodgehalt von Gesteinen Böden, Pflanzen
und Trinkwasser
Die chemische Bestimmung des mit der Nahrung
aufgenommenen Jods ist aufwändig und für epidemiologische Untersuchungen wenig geeignet. 70–80%
des oral aufgenommenen Jods werden über den Urin
ausgeschieden, so dass die renale Jodausscheidung
als Referenzwert der oralen Jodaufnahme gelten kann.
Da zwischen der Bestimmung im 24-h-Sammelharn
und der Bestimmung in der Spontanharnprobe (µgJ/g
Kreatinin oder µgJ/dl) eine enge Korrelation besteht,
Zur Problematik des Jodmangels in Deutschland
Das endemische Vorkommen des Kropfes galt bis vor
wenigen Jahren als eine Erscheinung alpiner Länder.
Erst in den 70/80er-Jahren wurde Deutschland als
Strumaendemiegebiet erkannt und ein von Nord nach
Süd zunehmender alimentärer Jodmangel 2. und 3.
Grades nachgewiesen (Tabl. 3). Dieser Mangel verschärfte sich während der Schwangerschaft.
Zur Jodprophylaxe in Deutschland
Zur Verbesserung der Jodversorgung wird in der Regel
die Jodierung des Speisesalzes vorgenommen. Die
Verwendung jodierter Backmittel, die Injektion jodhaltiger Lösungen oder die Jodierung des Trinkwassers
wird in Deutschland nicht praktiziert. Die Jodprophylaxe wurde Anfang der 80er-Jahre in weiten Teilen
Deutschlands auf unterschiedlichen Wegen und mit
unterschiedlichem Erfolg eingeleitet (Tabl. 4). In der
ehemaligen DDR wurde eine interdisziplinäre Jodprophylaxe durchgeführt. Ab 1985 wurden 84% des pa-
NBL
Konnatale
Struma (%)
KELLNER
et al.1980
Struma bei
jungen
Männern (%)
MENG et al.
1980
Struma bei
Jugendlichen
HESSE et al.
1978
renale Jodausscheidung
µg l/g Kreatinin
MENG et al. 1978
24-h-Radiojoduptake (%)
BAUCH et al.
1981
Nord
Mitte
Süd
1
3–5
6–15
2–3
4–10
15–35
20–35
39–43
63–82
37–45
24–35
16–26
25–72
38–78
36–95
Tab. 3: Süd-Nord-Gefälle des Jodmangels in den neuen Bundesländern (Anfang der 80-er Jahre (nach Bauch, K, et. al. 1990))
27 (2003) 2
Endokrinologie Informationen
49
ABSTRACTS
Neue Bundesländer
Alte Bundesländer
1979 Entwurf eines Kropfbekämpfungsprogramms
1981 Neufassung der Diätversorgung
– Wegfall des Warmhinweises auf jodierten
Salzpackungen „nur bei ärztlich festgestelltem
Jodmangel“
– Jodgehalt von 4 auf 20 mg KJ/kg
– Jodat statt Jodid
Verwendung: nur im Haushalt, Gültigkeit des
Freiwilligkeitsprinzips
1983 Jodsalzprophylaxe für Südbezirke und
Bezirk Cottbus (20 mg/KJ kg)
1985 Beratung bei Gesetzgebung und Aufklärung
Juli: 84% des Paketsalzes werden mit
32 mg KJ03/kg jodiert und in allen Bezirken
ausgeliefert
1986 März: Einsatz von jodierten Mineralstoffgemischen bei landwirtschaftlichen Nutztieren: Schweine (alle Bezirke)
Rinder: (Südbezirke und Bezirk Cottbus)
1991 Jodierung des Sacksalzes (20 mg KJ03/kg)
1984 Gründung des Arbeitskreises Jodmangel
1989 Jodiertes Speisesalz wird aus
Diätverordnung in Zusatzstoff-Zulassungsverordnung
überführt.
– Verwendung in Großküchen möglich
– Einsatz bei gewerblicher Herstellung
von Lebensmitteln und Fertiggerichten
Tab. 4.: Entwicklungsphasen der Kropfprophylaxe in den alten und neuen Bundesländern (ehemals DDR) vor der Wiedervereinigung
1990/91
Anreicherung der Säuglingsnahrung mit KJO3 (60 µg/l), Praenahrung mit 100 µg/l)
Mai: WHO-Resolution zur Bekämpfung des Jodmangels
September: Unicef-Weltgipfel – 71 Staatsoberhäupter unterzeichnen Verpflichtung bis 2000
den Jodmangel zu beseitigen
1991
Jodiertes Nitritpökelsalz wird erlaubt (BGB Teil I, Nr. 63, v. 29.11.1991
1993
Zweite Verordnung zur Änderung der Vorschriften über jodiertes Speisesalz (BGB Teil I,
Nr. 68, v. 22.12.1993)
– bei lose verkauften Lebensmitteln sowie in Gemeinschaftsverpflegungen
Deklarierung nicht nötig, freiwillige Angaben erlaubt
– bei verpackten Lebensmitteln reicht ein Hinweis im Zutatenverzeichnis
(Doppeldeklarierung entfällt)
– neben dem Begriff „jodiertes Salz“ kann auch der Begriff „Jodsalz“ verwendet werden
– Käse- und Fleischverordnung: Verwendung von Jodsalz bzw. jodiertem Nitritpökelsalz bei
der Herstellung von Käse- bzw. Fleisch- und Wurstwaren erlaubt
1996
Im Zutatenverzeichnis reicht „jodiertes Speisesalz“ oder „jodiertes Nitritpökelsalz“.
Die zusätzliche Angabe der Zusatzstoffe Kalium- oder Natriumjodat kann entfallen
(BGB Teil I, Nr. 15, v. 19.3.1996)
1996
Einführung des „Jodsiegels“ (Gütesiegel)
Erstes bundesweites Jodmonitoring des BMG
Tab. 5: Prophylaktische Maßnahmen nach 1990
ketierten Speisesalzes jodiert. 1986 wurden aufgrund
erheblicher Jodmangelerkrankungen in der Tierproduktion jodierte Mineralstoffgemischte bei den landwirtschaftlichen Nutztieren Rind und Schwein eingesetzt. Diese Maßnahme führte über die Nahrungskette
zu einer wesentlichen Verbesserung der Bevölkerung.
50
Endokrinologie Informationen
Die Erfolge dieser Prophylaxe gingen mit der deutschen Wiedervereinigung mehr oder weniger zurück.
Einer generellen Jodprophylaxe stand das Grundgesetz entgegen. Das Freiwilligkeitsprinzip beeinflusste
nunmehr wesentlich die Effektivität prophylaktischer
Maßnahmen. Große Aufklärungsaktivitäten initiiert
27 (2003) 2
I N F O R M AT I O N E N
Indikator
Zielgruppe
Jodsalz
Haushalte
> 90%
Kropf-Grad > 0
Schüler
6–12 Jahre
< 5%
SD-Volumen
(> 97. Perzentile)
Schüler
6–12 Jahre
< 5%
Jodurie (Median)
Schüler
> 50%
> 80%
≥ 10 µg/dL
≥ 10 µg/dL
≥ 5 µg/dL
TSH > 5,0 mU/L
Neugeborene < 3%
Tab. 6: Kriterien für eine effiziente Jodversorgung1
(1 WHO/UNICEF,ICCIDD 1993/94)
durch den Arbeitskreis „Jodmangel“ und ergänzende
gesetzliche Regelungen führten schließlich zur Verbesserung der Jodversorgung (Tab. 5), allerdings ohne
das erklärte Ziel, bis zum Jahr 2000 den Jodmangel zu
beseitigen, erreicht zu haben (Tab. 6).
dung und Verbesserung der Akzeptanz von Jodsalz.
– Jodprophylaxe in der Schwangerschaft mit 100–
(200) µg Jodidtabletten pro Tag
– Ein- bis zweimal wöchentlich eine Fischmahlzeit.
– Verwendung von jodiertem Salz in Fast-FoodKetten, Gemeinschaftsverpflegung, Lebensmittelindustrie (statt. 30% sollten 70% jodiertes Salz eingesetzt werden).
– Europarechtliche Regelungen
– zum Abbau von Handelshindernissen
– über Nahrungsergänzungslisten auch hinsichtlich von Vitaminpräparaten*
– Zulassung von jodid- und jodathaltigem Speisesalz.
– Wiederholung eines bundesweiten Jodmonitorings.
Zusammenfassung
Trotz einer in den letzten 10 Jahren verbesserten Jodversorgung konnte der Jodmangel noch nicht vollständig beseitigt werden. 30% der Bevölkerung leidet noch
unter einem Jodmangel 1. Grades. Weitere Aktivitäten
zur Verbesserung der Versorgung und Regulierung
europarechtlicher Bestimmungen sind erforderlich.
* Jeweils 200 µg Jod pro Tagesportion enthalten: Nestle Pro Natal®,
Milupa Neovin®, Vitaverlan® und Femibion®
Zum gegenwärtigen Stand der Jodversorgung
– Das vor 20 Jahren bestehende Nord-Süd-Gefälle
des Jodmangels ist nicht mehr nachweisbar.
– Neugeborene: Unter verbesserter Jodzufuhr ist die
konnatale Struma von 6–12% auf unter 1% und das
Gewicht der Neugeborenenschilddrüse von 9 g auf
1–2 g und die transitorische Hypothyreose zurükkgegangen. Erwachsene: Etwa ein Drittel weist
noch einen moderaten Jodmangel mit einem
Joddefizit von etwa 60–80 µg/d auf. Die tägliche
Jodaufnahme beträgt 119 µg/d bei einem Optimalwert von 180–200 µg/d. Schwangere: Bei etwa
40–50% der Schwangeren und Wöchnerinnen wird
keine optimale Jodversorgung erreicht. Veganer
unterliegen ebenfalls einem Jodmangel
– Akzeptanz von Jod und Nahrungsmitteln mit Jodsalz – 80% der täglichen Salzaufnahme erfolgt über
verarbeitende Lebensmittelprodukte.
– In Haushalten zu 80% Verwendung von Jodsalz.
– Bäcker und Fleischer verwenden zu 60–85%
jodiertes Salz.
– Ca. 80% der Gemeinschaftsverpflegung und
65–70% der Gastronomiebetriebe verwenden
Jodsalz.
– Die Nahrungsmittelindustrie stellt nur 35–40%
der Produkte mit Jodsalz her.
Zukünftige Maßnahmen und Ziele
– Fortsetzung der Aufklärungsaktionen zur Verwen-
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Strumawachstum
Die wichtigste Komponente der Strumabildung ist eine.
Basierend auf genetischen und Umweltfaktoren sowie
unter dem Einfluss verschiedener Wachstumsfaktoren
entstehen aus bereits bestehenden Follikeln durch
Sprossung neue Follikel, aus denen wiederum durch
Aussprossung weitere Follikelgenerationen hervorgehen. Zellbiologische Studien in vivo und in vitro haben
ergeben, dass das Follikelepithel der normalen Schilddrüse von Mensch und Tier Subpopulationen mit
besonders hohem Wachstumspotential enthält, die den
Ausgangspunkt für die Follikelneubildung darstellen
(8–11, 20–22). Eine Zunahme des Stromas ist an der
Volumenvergrößerung der Schilddrüse mitbeteiligt, sein
für das Kropfwachstum aber meist von untergeordneter
Bedeutung. Ebenso kann eine Akkumulation von Kolloid, d.h. eine Größenzunahme der einzelnen Follikel
zum Schilddrüsenwachstum beitragen (7–11, 22).
Extrathyreoidale und intrathyreoidale Faktoren beeinflussen das Wachstum der Schilddrüse. Zu den extrathyreoidale Faktoren gehören TSH und andere zirkulierende
Wachstumsfaktoren wie z.B. Epidermal Growth Factor
(EGF), Insulin-like Growth Factor I (IGF-1), FibroblastGrowth Factor 1 und 2 (2–4, 8–11, 16, 20–23). Die
Bedeutung von TSH für das Kropfwachstum wird immer
noch kontrovers beurteilt, TSH ist aber auch aus heutiger Sicht in vielen Fällen an der Kropfentstehung betei-
52
Endokrinologie Informationen
ligt, entweder allein oder zusammen mit andern Faktoren
wie Jod oder Wachstumsfaktoren (2, 9–11, 18, 19, 22,
23). So moduliert TSH zum Beispiel die Wirkung anderer
Wachstumsfaktoren wie zum Beispiel IGF-1 auf die
Thyreozyten. Sicher ist aber auch, dass Jod bzw. Jodid
direkt das Schilddrüsenwachstum erheblich modifiziert,
indem eine Joddepletion der Schilddrüse die Proliferation der Thyreozyten stimuliert (9–11, 22, 23) und zusätzlich auch die Follikelarchitektur beeinflusst (7). Intrathyreoidale Faktoren sind autokrin und parakrin wirkende Wachstumsfaktoren der Thyreozyten (ebenfalls EGF,
IGF-1, u.a.), lokal durch Lymphozyten und Plasmazellen
produzierte Wachstumsfaktoren und Immunglobuline
sowie Komponenten der extrazellulären Matrix.
Knotenbildung
Für die knotige Umwandlung jeder länger bestehenden
Struma und jeder „normalen“ Thyreoidea im Laufe der
Zeit sind drei Mechanismen verantwortlich (3, 8–11, 13,
15, 16, 20–23):
1. Degenerative Prozesse mit Blutungen ins Schilddrüsengewebe und nachfolgender Bildung von Narbensträngen. Das in ein fibröses Narbennetz eingezwängte Parenchym bildet Pseudoknoten, die logischerweise polyklonal sind.
2. Proliferative Heterogenität der Thyreozyten. Die
Existenz und ungleichmäßige Verteilung von Zellen
27 (2003) 2
I N F O R M AT I O N E N
mit hohem Wachstumspotential ist eine wesentliche
Ursache für regionale Wachstumsunterschiede, die
schliesslich zur Knotenbildung führen.
3. Auch Mutationen können zu einer erhöhten Proliferationsgeschwindigkeit der Thyreozyten und damit
schließlich zur Bildung klonaler Knoten führen. Es
handelt sich dabei vor allem Mutationen, die proliferationsrelevante Signaltransduktionswege betreffen
und aktivieren, z.B. die Achse TSH-Rezeptor/GProteine/cAMP-Kaskade. Parma et al. (18) und später viele andere (16–19) haben in toxischen Adenomen somatische Mutationen des TSH-RezeptorGens gefunden, die zur konstitutiven Aktivierung
der Adenylcyclase führen mit Dauerstimulation von
Wachstum und Funktion. In diesen Fällen ist verständlicherweise eine sich früher oder später klinisch manifestierende funktionelle Autonomie zu
beobachten. Neue Arbeiten haben auch TSHRezeptor-Mutationen außerhalb von umschriebenen Knoten in autoradiographisch heißen Arealen
von Knotenstrumen gezeigt (15).
Die drei genannten Mechanismen der Knotenbildung
kommen in jeder Struma vor und können durchaus
zusammenwirken, etwa indem schneller proliferierende
Thyreozyten-Subpopulationen mit höherer Wahrscheinlichkeit Mutationen erwerben als langsam proliferierende. Sie sind damit für das bunte Miteinander
monoklonaler und polyklonaler Knoten und Areale in
jedem Kropf (3, 6, 9–11, 13, 23) verantwortlich, aber
auch vereinbar mit einer in neuster Zeit erfolgten
gewissen Relativierung der vormals scharfen Grenze
zwischen monoklonalen und polyklonalene Läsionen in
Schilddrüse und andern Organen (3).
Autonomie
Autonomie des Wachstums und der Funktion gehen
nicht immer parallel. Follikel oder ganze Schilddrüsenabschnitte bzw. -knoten können autonom sein bezüglich Proliferation allein, Funktion allein oder Proliferation und Funktion (3, 4, 8–11, 15, 16, 20–23). Gleichzeitig kommen beide Formen von Autonomie immer dann
vor, wenn Signaltransduktionswege, die Proliferation
und Funktion stimulieren, konstitutiv aktiviert sind (3,
8–11, 14–19, 22–23).
Die proliferative Autonomie äußert sich klinisch durch
anhaltendes Wachstum von Schilddrüsenknoten oder
der ganzen Struma in Abwesenheiten von TSH, d.h.
unter endogener (bei Hyperthyreose) und exogener
(durch Behandlung mit Schilddrüsenhormon erzielter)
Suppression des TSH.
Die funktionelle Autonomie der Schilddrüse tritt als diffuse Autonomie, als sog. multifokale Autonomie oder
27 (2003) 2
als fokale Autonomie in Erscheinung, wobei es sich bei
letzterer entweder um Pseudoadenome bei regionaler
Ansammlung autonomer Thyreozyten oder aber um
echte Adenome handelt. Es ist aus dem bisher Gesagten leicht verständlich, dass im Zuge der vor allem
auf einer Follikelvermehrung basierenden Strumabildung auch die Gesamtzahl der funktionell autonomen Thyreozyten und Follikel zunimmt. Diese Follikel
sind disseminiert, in der ganzen Schilddrüse verstreut
oder auch in kleineren und grösseren Gruppen assoziiert. Letztere können sich szintigraphisch als heisse
Knoten manifestieren oder auch nur autoradiographisch erfassbar sein. Die wiederholt gezeigte inverse
Korrelation zwischen Strumagröße und Serum TSH (1,
5, 12) ist kompatibel mit dem Konzept einer mit zunehmender Strumagewebsmasse zunehmenden funktionellen Autonomie (8–11, 15, 16, 20–23). Selten kann
die funktionelle Autonomie alle Thyreozyten bzw.
Follikel betreffen und auf einer angeborenen somatischen Mutation des TSH-Rezeptors beruhen (14, 16,
19). Klinisch führt dies zu sporadischer oder familiärer
nicht immunogener Hyperthyreose.
Zusammenfassung
Im Laufe der Strumabildung, die vor allem auf einer Follikelvermehrung beruht, nimmt auch die Gesamtzahl der
funktionell autonomen Thyreozyten und Follikel stetig zu.
Diese Follikel sind disseminiert, in der ganzen
Schilddrüse verstreut oder in kleineren und größeren
Gruppen assoziiert. Die funktionelle Autonomie der
Struma manifestiert sich szintigraphisch entweder als diffuse, als sogenannte multifokale oder als fokale
Autonomie, wobei es sich bei letzterer entweder um
Pseudoadenome bei regionaler Ansammlung autonomer
Thyreozyten oder aber um echte Adenome handelt.
Molekulargenetische Untersuchungen haben gezeigt,
dass heiße Knoten entweder polyklonal oder aber echte
monoklonale Adenome sind, haben aber in neuster Zeit
auch die ehemals scharfe Grenze zwischen polyklonalen
und monoklonalen Läsionen der Schilddrüsen etwas verwischt. Die molekularen Grundlagen der thyroidalen
Autonomie von Wachstum und/oder Funktion haben sich
in den letzten Jahren teilweise geklärt, bleiben aber zu
wesentlichen Teilen nach wie vor im Dunkeln.
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Prof. Dr. Hans Gerber
Medizinischer Direktor, Spitalleitung,
Universitätsspital, Inselspital
CH-3010 Bern, Schweiz
Telefon: +41 31 632 82 32
Fax: +41 31 632 9200
E-mail: [email protected]
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Schwangerschaft und Schilddrüse
R. Hehrmann, Stuttgart
Zusammenfassung:
A. Struma:
In Regionen mit ausgeprägtem (Jodzufuhr < 50µg/d)
und moderatem Jodmangel (< 100 µg/d) nimmt das
Schilddrüsenvolumen der Mutter in der Schwangerschaft zu, die Prävalenz der mütterlichen Struma und
der konnatalen Struma des Kindes sind erhöht. Beides
lässt sich durch adäquate Jodzufuhr ( 200–300 µg/d)
verhindern.
A1. In Regionen mit fortbestehendem Jodmangel, d.h. in
Ländern ohne gesetzlich organisierte Jodprophylaxe sollen alle schwangeren Frauen mit Jodid behandelt werden,
unabhängig davon, ob sie bereits eine Struma haben oder
nicht. Bei einem Jodbedarf von ca. 260 µg/d sollte die
zusätzliche Zufuhr bei 200 µg Jodid pro Tag liegen.
A2. Schwangere Frauen, die bereits wegen einer Struma mit Schilddrüsenhormon behandelt werden, sollten
diese Therapie in gleicher Dosis weiterführen, allerdings zusätzlich 200 µg Jodid einnehmen, da nur das
Jodid den Jodmangel des Kindes behebt und damit
die Entwicklung der konnatalen Struma verhindert.
A3. Die Jodsubstitution schwangerer Frauen gilt auch
für die gesamte Stillzeit, da auch während dieser Periode der erhöhte Jodbedarf fortbesteht.
B. Hypothyreose:
Frauen mit manifester Hypothyreose sind oft infertil.
Auch bei subklinischer Hypothyreose kann die Fertilität
eingeschränkt sein. Selten eintretende Schwangerschaften hypothyreoter Frauen sind oft kompliziert
durch Aborte, Frühgeburten u.a. Komplikationen des
Schwangerschaftsverlaufes.
B1. Die Therapie besteht wie außerhalb der Schwangerschaft in der Substitution mit Levothyroxin. Wegen
des geringen diaplazentaren Transfers der Schilddrüsenhormone hat diese Therapie nur bei gleichzeitiger Hypothyreose des Kindes einen positiven Effekt
auf den Feten.
B2. Bei der Entdeckung einer Hypothyreose in der
Schwangerschaft wird die sofortige Substitution eingeleitet und bei bekannter Hypothyreose die bisherige
Behandlung – meist in unveränderter Dosierung –
weitergeführt. Da bei einer Hypothyreose der Mutter
der hCG-vermittelte Anstieg der T4-Konzentration im
ersten Trimenon nicht eintreten kann, kann es zu einem
leichten Anstieg des TSH kommen. In diesen Fällen
(ca. 40–60%) ist eine Dosissteigerung von Thyroxin
erforderlich bis zur Normalisierung von TSH.
27 (2003) 2
B3. Die Therapie der mütterlichen Hypothyreose vermindert die Komplikationen des Schwangerschaftsverlaufes. Sie hat wohl nur in der ersten Schwangerschaftshälfte einen direkten Effekt auf die Entwicklung
des Feten, auch auf die Entwicklung des ZNS. Kinder
von Müttern mit erhöhtem TSH in der Schwangerschaft erreichen in differenzierten Tests zur intellektuellen und psychomotorischen Entwicklung gering niedrigere Scores.
Die Levothyroxin-Therapie behebt nicht den Jodmangel des Kindes. Deshalb sollen auch hypothyreote
Mütter während der Schwangerschaft und Stillzeit
zusätzlich mit Jodid, 200 µg/d, behandelt werden.
C. Hyperthyreose:
C1. Schwangerschaften von Müttern mit Hyperthyreose bzw. M. Basedow sind Risikoschwangerschaften
und bedürfen eines intensiven mütterlichen, fetalen
und kindlichen Monitorings durch Gynäkologen, Endokrinologen und Pädiater.
C2. Klinisch ausgeprägte und laborchemisch ausgeprägte Hyperthyreosen sollten sofort nach Diagnosestellung behandelt werden, unabhängig vom Zeitpunkt
der Schwangerschaft.
C3. Bei der Diagnostik müssen die physiologischen
Veränderungen der Schilddrüsenhormonkonzentrationen in der Schwangerschaft beachtet werden (Zunahme von TBG, T4 und T3, Abnahme von FT4 und FT3 ).
C4. Ein supprimiertes basales TSH ist Hinweis auf eine
evtl. latente Hyperthyreose. Die Bestimmung der TSHRezeptor-Antikörper ist auch wegen der Auswirkungen
auf das Kind notwendig.
C5. Es sollte eine Monotherapie mit Thyreostatika in
möglichst niedriger Dosierung erfolgen. Die initialen
Dosierungen von Thiamazol sollten 15 mg, von Carbiazol 20 mg und von Propylthiouracil 150 mg nicht
überschreiten. Die Schilddrüsenhormonkonzentrationen sollen in den oberen Normbereich gesenkt und
dann die Dosis reduziert werden; die Dosierung von
Thiamazol und Carbimazol soll dann möglichst unter
10 mg, von Propylthiouracil unter 100 mg liegen. Unter
solchen Dosierungen wurden bisher weder konnatale
Hypothyreosen noch konnatale Strumen noch TSHErhöhungen der Neugeborenen beobachtet.
Auf eine Kombinationstherapie mit Thyroxin wird verzichtet, da sie den Thyreostatikabedarf erhöht.
C6. Sämtliche Medikamente mit hohem Jodgehalt
(>1000 µg/d) wie Kontrastmittel, Desinfizienten,
Endokrinologie Informationen
55
ABSTRACTS
Sekretolytika, Augentropfen u.a. sind in der Schwangerschaft, unter der Geburt und beim Neugeborenen
kontraindiziert.
C7. Eine Radiojodtherapie ist selbstverständlich streng
kontraindiziert.
C8. Indikationen zur Operation in der Schwangerschaft
sind – selten – schwere mechanische Symptome, Allergien gegen Thyreostatika und die Notwendigkeit einer
hochdosierten thyreostatischen Therapie (s.C5).
C9. In der Stillzeit gelten die gleichen Behandlungskriterien wie in der Schwangerschaft. Nur wenn postpartal höhere Thyreostatikadosen nötig sein sollten,
dann ist die Therapie auf PTU umzustellen, da sein
Übergang in der Muttermilch geringer ist.
C10. Neugeborene von Müttern mit Morbus Basedow
müssen in den ersten Lebensmonaten gezielt überwacht werden, da sich sowohl eine Hyperthyreose wie
eine Hypothyreose entwickeln kann.
D. Schilddrüse und Fertilität
D1. Eine euthyreote Struma hat keinen Einfluss auf die
Fertilität von Mann und Frau.
D2. Schilddrüsenfunktionsstörungen können beim
Mann zwar Libido und Potenz beeinträchtigen, bedingen aber keine Einschränkung der Fertilität. Die routinemäßige Untersuchung von Schilddrüsenhormonen
in der andrologischen Praxis ist nicht sinnvoll außer bei
gezieltem Verdacht auf eine gestörte Schilddrüsenfunktion.
D3. Die primäre Hypothyreose bei der Frau bedingt
nicht nur eine Erhöhung des TSH, sondern auch des
Prolaktin. Folge sind Corpus-luteum-Insuffizienz
(40 –60%), Amenorrhö (20%) und Galaktorrhö (1–3%).
Zyklusstörungen sind bei Hypothyreosen auch ohne
Hyperprolaktinämie häufig.
D4. Die Fertilität ist eingeschränkt, offenbar auch
schon bei subklinischer Hypothyreose, aber nicht
aufgehoben. Auch manifest hypothyreote Frauen können schwanger werden.
Ihre Behandlung in der Schwangerschaft ist für die
Entwicklung des Kindes wichtig.
D5. Auch die manifeste Hyperthyreose kann zu Zyklusstörungen, Oligomenorrhö, Amenorrhö und Anovulation führen, die unter adäquater thyreostatischer
Therapie reversibel sind. Die Fertilität ist bei Hyperthyreose eingeschränkt, aber nicht aufgehoben.
Schwangerschaften, die bei manifester Hyperthyreose
eintreten, sind gekennzeichnet durch eine Häufung
aller Komplikationen des Schwangerschaftsverlaufes
(s. C1–C10).
Zentralnervensystem und Schilddrüsenhormone
Günter K. Stalla, Maria Tichomirowa und Ludwig Schaaf
Max-Planck-Institut für Psychiatrie, Abt. Innere Medizin/Endokrinologie und Klin. Chemie, München
Zahlreiche Untersuchungen haben sich in den letzten
Jahren mit den Auswirkungen von Schilddrüsenfunktionsstörungen auf Befindlichkeit, kognitive
Funktionen, psychopathologische Veränderungen und
neurologische Störungen befasst (12). Es existieren
dabei mehr Untersuchungen zur Hyper- als zur Hypothyreose an kleineren, heterogenen, meist hospitalisierten Patientengruppen ohne adäquate Kontrollgruppen sowie zahlreiche Kasuistiken.
Bei hyperthyreoten Patienten zeigt sich neben emotionalen Symptomen eine Betonung somatischer Beschwerden. Es finden sich neben zunehmender
Nervosität, Tremor und motorischer Unruhe, leichte
Erschöpfbarkeit, Übermüdung sowie vermehrt Angst
und Affektlabilität (7). Bei neuropsychologischen Untersuchungen findet sich eine Verminderung des
Kurzzeitgedächtnisses und der non-verbalen, auditiven
und visuellen Aufmerksamkeit. Inwieweit eine vollstän-
56
Endokrinologie Informationen
dige Erholung kognitiver Funktionen nach Behandlung
einer Hyperthyreose vorliegt, bleibt unklar.
Auch bei Patienten mit erworbener Hypothyreose zeigt
sich neben der allgemeinen Verlangsamung eine
Verschlechterung von Gedächtnisfunktionen (10). Auch
hier findet sich eine Verminderung des Kurzzeitgedächtnisses und Konzentrationsprobleme. Die hirnorganischen Veränderungen verlaufen langsam progredient und führen unbehandelt zu einer Demenz. Sie
können den internistischen und neurologischen Veränderungen vorausgehen (5). Eine Normalisierung kognitiver Parameter wird nach T4-Substitution nicht vollständig erreicht.
Im EEG findet sich bei der Hyperthyreose eine Zunahme der Frequenz und Amplitude, eine Vermehrung der
ß-Aktivität im Sinne eines Hyperarousals sowie eine
Senkung der Krampfbereitschaft. Bei der thyreotoxi-
27 (2003) 2
ABSTRACTS
schen Krise kommt es zunehmend zum Auftreten langsamer Rhythmen. Die Hypothyreose zeichnet sich
durch bilaterale langsame Wellen aus, die mit einer diffusen hirnorganischen Verschlechterung vereinbar
sind. Zudem findet sich ein reduzierter a-Rhythmus
und vereinzelt Thetawellen.
Schlafstörungen sind bei der Hyperthyreose nicht gut
untersucht, obwohl dies klinisch sehr eindeutig ist. Bei
der Hypothyreose findet sich eine Verminderung der Tiefschlafphase 3 bei älteren Patienten und Verminderung
der Phase 4 bei jüngeren. Häufig ist ein SchlafapnoeSyndrom und eine erhöhte Tagesschläfrigkeit. Ein- und
Durchschlafstörungen kommen nur gelegentlich vor (13).
Schilddrüsenfunktionsstörungen können wegen den
psychischen Auswirkungen, vor allem bei monosymptomatischem Verlauf, als psychiatrische Erkrankungen verkannt werden. Dabei sind es eher die blande verlaufenden Funktionsstörungen, die als psychiatrische Fehldiagnosen verkannt werden können und weniger die
akuten Krankheitsbilder des Myxoedemkomas oder der
thyreotoxischen Krise mit Delir und Verwirrtheit.
Hyperthyreosen werden aufgrund ihrer angstbezogenen
psychischen Beschwerden am häufigsten als generalisierte Angststörung oder als Panikstörung verkannt (14).
Dies kann anhand der Leitsymptome dieser Angsterkrankung nach DSM-IV leicht nachvollzogen werden.
Treten die Beschwerden eher anfallsartig auf, so kann
das klinische Bild zur Fehldiagnose einer Panikstörung
führen, bei der auch eine Fülle angstgetragener körperlicher Beschwerden auftreten (11). Besonders kompliziert
werden die Verhältnisse, wenn sich zu einer Hyperthyreose eine sekundäre Phobie hinzugesellt. Diese entsteht als Ausdruck einer fehlangepassten Verarbeitung
der Angstbeschwerden. Sie ist damit das Produkt eines
Lernprozesses, der selber nicht primär durch die körperliche Grunderkrankung bedingt ist und deshalb nach Behandlung der Hyperthyreose zumeist einer weiteren psychiatrischen Behandlung bedarf.
Bei der Hypothyreose führen die klinischen Beschwerden Leistungsminderung, Müdigkeit, Interesselosigkeit, Antriebsarmut und Konzentrationsschwäche
am häufigsten zur Verwechslung mit einer Depression.
Nach DSM-IV machen diese Beschwerden die Hälfte
des Symptome einer typischen Depression (4), vor
allem vom Typ der gehemmten Depression aus (2).
Besonders hoch ist das Risiko einer Fehldiagnose bei
Patienten, bei denen früher bereits eine psychiatrische
Erkrankung abgelaufen ist.
Die Entwicklung neuromuskulärer Symptome bei
Schilddrüsenfunktionsstörungen ist lange bekannt.
Das Muster der möglichen Störungen beschränkt sich
27 (2003) 2
dabei nicht nur auf die bekannten Myopathien, sondern umfasst auch periphere Neuropathien und zentralnervöse Symptome wie epileptische Anfälle und
Kleinhirnataxie (6).
Die häufigste Beteiligung der Muskulatur bei der
Hyperthyreose ist die thyreotoxische Myopathie. Sie präsentiert sich als proximale Schwäche und erst spät im
Verlauf mit distaler Muskelbeteiligung. Das EMG zeigt ein
typisches Myopathiebild. Histologisch finden sich unspezifische Einzelfaseratrophien und -nekrosen. Belastungsabhängige Paresen sind selten. Es besteht eine
Koinzidenz mit der Myasthenie. Wiederkehrende reversible Paresen wie bei der periodischen Paralyse sind gelegentlich nachweisbar. Bei der thyreotoxischen Krise mit
akuter zerebraler Verlaufsform zeigt sich neben der
Adynamie eine bulbäre Symptomatik – mit generalisierten Krampfanfällen muss gerechnet werden. Selten sind
periphere Neuropathien beschrieben worden. Es zeigte
sich dabei eine Abnahme des Vibrationsempfindens.
Auch die Hypothyreose führt zur Myopathie mit proximalem Befallsmuster (8). Sie lässt sich als Verlangsamung der Kontraktion und Relaxation erkennen, die
auch die Reflexe als verzögert erscheinen lässt. Die
Kraftentwicklung ist vermindert und erklärt die Schwäche. Atrophien kommen dabei selten vor. Bei der hypothyreoten Myopathie ist die CK erhöht und Myoglobin
im Serum nachweisbar. Histologisch zeigen sich
Fasernekrosen und -atrophien.
Im Gegensatz zur Hyperthyreose sind Polyneuropathien
bei der Hypothyreose häufiger. Schmerzhafte sensible
Störungen, teilweise bedingt durch Engpasssyndrome
wie das Karpaltunnelsyndrom, bilden die Hauptbeschwerden. Anders als bei der Myopathie sind die
Symptome an den distalen Extremitäten lokalisiert. Eine
Abschwächung der Reflexe ist charakteristisch. Im
Bereich der Hirnnerven sind eine leichte Ptosis und
Hörminderung häufig. Gelegentlich finden sich zerebelläre Zeichen wie Gangunsicherheit, Dysarthrie und
Störung von Zielbewegungen.
Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen sind
laborchemisch euthyreot (9). Allerdings haben verschiedene Studien diskrete Auffälligkeiten beschrieben, die nicht spezifisch für eine Erkrankung waren. Es
zeigten sich leicht erhöhte T4- bzw. fT4-Werte und
leicht erniedrigte T3- bzw. fT3-Werte bei normalem
oder leicht erhöhtem basalen TSH mit verminderter
Stimulierbarkeit im TRH-Test. Diese nicht immer reproduzierbaren Ergebnisse können durch eine Vielzahl von
Faktoren beeinflusst werden wie chronischem psychischem Stress, Hunger, Altersfaktoren, Hypercortisolismus und verschiedene Medikamente (Dopaminantagonisten, Lithium, Carbamazepin u.a.). Interessant ist ein
Endokrinologie Informationen
57
ABSTRACTS
Befund, der erhöhte TRH-Konzentrationen im Liquor
depressiver Patienten beschrieb.
2.
Psychotrope Effekte niedrigdosierter T3/T4-Therapie
als Zusatz zu einer antidepressiven Standardbehandlung wurde häufig untersucht (3). Sie haben im Hinblick
auf ihre klinische Relevanz zu keinem überzeugenden
Ergebnis geführt. Viel versprechend sind vorläufige
Berichte über eine erfolgreiche Phasenprophylaxe mit
hochdosiertem Thyroxin bei therapieresistenten Rapidcycling-Patienten (1).
Wie lassen sich die Effekte der Schilddrüsenhormone
auf das ZNS durch Ergebnisse der Grundlagenforschung erklären? An Wirbeltieren wurde gezeigt, dass
T3 von der grauen Substanz aufgenommen wird und
über einen axonalen Transport später auch in der weißen Substanz nachweisbar wird. Nach T4-Gabe erfolgt
eine Anreicherung erst nach Dejodierung zu T3. Die
Verteilung der Dejodaseisoenzyme im ZNS ist regionenspezifisch. Die höchste Aktivität der 5´-II-D wurde im
Zerebellum, Hippokampus, Kortex und Septum gemessen. Die Inkubation mit T4 führt zu einer Hemmung des
Enzyms. Bei der Hypothyreose kommt es zu einer
Stimulation von 5´-II-D (erhöhte T3-Produktion) und Inhibition von 5-III-D (T3-Abbau vermindert). Diese
Autoregulation schützt das ZNS für gewisse Zeit vor
peripheren Funktionsstörungen. 65% der T3-Konzentration im Gehirn entsteht aus lokaler T4-Dejodierung,
was bedeutet, dass die peripheren T4-Spiegel die
wesentliche Rolle für die Schilddrüsenfunktion im
Gehirn spielen. Nukleäre T3-Bindungsstellen sind im
Kortex 5-mal häufiger als im Hypothalamus. Eine Vielzahl von Einzeleffekten der Schilddrüsenhormone im
ZNS auf noradrenerge, serotonerge und dopaminerge
Rezeptorfunktionen und verschiedenste Second messenger-Systeme sind nachgewiesen. Diese Effekte sind
allerdings topografisch spezifisch und in ihrer funktionellen Bedeutung ungeklärt. Wichtig in diesem
Zusammenhang ist, dass verschiedene Antidepressiva
und Phasenprophylaktika durch Stimulation von 5´-II-D
oder Inhibition von 5-III-D T3-Konzentrationen in verschiedenen Arealen des ZNS der Ratte erhöhen. Dies
könnte ein Teilmechanismus des biochemisch unverstandenen Wirkmechanismus der Antidepressiva und
Phasenprophylaktika sein. Die Verzahnung von Schilddrüsenfunktionsstörungen, ZNS-Effekten und neuropsychiatrischen Erkrankungen belegt die Notwendigkeit, weitere Forschungsansätze zu unterstützen, um klinisch relevante Ergebnisse zu erzielen.
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ABSTRACTS
Schilddrüse und Psyche
Prof. Dr. med. Karl-Michael Derwahl
Die metabolischen und zentralen Funktionen von
Schilddrüsenhormonen erklären die vielfältigen psychischen und psychophysischen Veränderungen im Rahmen von Schilddrüsenfunktionsstörungen. Dazu gehören bei der Hyperthyreose die vermehrte Reizbarkeit,
Angstgefühle, Depressionen, Schlaflosigkeit, Agitiertheit
und die Hitzeintoleranz und bei der Hypothyreose
Störungen der Gedächtnisfunktion, Müdigkeit bis zur
Somnolenz, Depressionen und die Kälteintoleranz.
Häufig sind diese Symptome wegweisend für Schilddrüsenfunktionsstörungen, insbesondere wenn diese
Symptome isoliert ohne die sonstigen charakteristischen organischen Symptome für eine Hyperthyreose
und Hypothyreose auftreten. Da diese Symptome relativ uncharakteristisch sind und von vielen Patienten
auch ohne Schilddrüsenerkrankungen beschrieben
werden, ist es besonders wichtig, immer differenzialdiagnostisch auch eine Schilddrüsendysfunktion in
Betracht zu ziehen.
Psychische Aspekte in der Pathogenese des
Morbus Basedow
Schon seit Jahrhunderten werden psychische und
psychosoziale Faktoren für die Entstehung von
Krankheiten verantwortlich gemacht. Jedoch erst
durch die Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie,
ergaben sich Ansätze für die Interpretation der
Interaktion zwischen dem Immunsystem und dem zentralen Nervensystem (Ader et al. 1995).
Zu den stressbedingten Störungen des immunologischen Äquilibriums gehören insbesondere Störungen
der zellulären Effekte mit Verlust der antigenspezifischen T-Suppressor-Zellfunktion, eine intrinsische
Zellhyperaktivität, eine defekte klonale Inaktivierung
unreifer autoreaktiver B-Lymphozyten, eine Toleranzverlust autoreaktiver T-Zellen, eine gestörte Balance
zwischen T-Helfer-Zellen (TH1) und TH2-Zellen und
eine mikrobielle Antigenstimulation mit Kreuzreaktivität
des Antigens zur körpereigenen Proteinen.
Schon von den Erstbeschreibern des Morbus Basedow Parry, Graves und Basedow wurde die Bedeutung
des Stresses als Auslöser des Morbus Basedow diskutiert (Rosch 1992). Zahlreiche, zum Teil sehr widersprüchliche epidemiologische Studien wurden seit dieser Zeit zu diesem Thema veröffentlicht (Übersicht:
Rodewig 1993).
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Erst seit Mitte der 80er-Jahre wurden statistisch einwandfreie, standardisierte und erst seit den neunziger
Jahren randomisierte Untersuchungen durchgeführt,
die in ihrer Mehrzahl einen Zusammenhang zwischen
psychischen Alterationen und der Auslösung einer
Basedow-Hyperthyreose nachweisen konnten. Zu den
genannten Stresserlebnissen, die häufiger in der prämobiden Phase des M. Basedow nachweisbar sind,
gehören eine starke Arbeitsbelastung (Zweitjob, Überstunden), Konflikte im Arbeitsbereich, Arbeitslosigkeit,
Konflikte im privaten, insbesondere im häuslichen und
familiären Bereich, Krankenhausaufenthalte von Angehörigen und finanzielle Schwierigkeiten (Radosavljevic
et al. 1996).
Ein wesentlicher Einwand gegen die Interpretation
eines Zusammenhangs zwischen derartigen Stresserlebnissen und dem Ausbruch einer Autoimmunerkrankung ist der Umstand, dass in der prämorbiden
Phase aufgrund bereits bestehender latenter Funktionsstörungen das Erleben, die Wahrnehmung und
das daraus resultierende Verhalten verändert sein und
so die sogen. Stresserlebnisse provozieren können. In
einer jüngsten Studie von Matos-Santos u. Mitarb.
(2001) konnte im Vergleich von Patienten mit einem M.
Basedow und einer Hyperthyreose bei autonomer
Knotenstruma dieser Einwand jedoch z.T. widerlegt
werden. Diese Autoren zeigten, dass unabhängig von
der möglicherweise bestehenden latenten Hyperthyreose sechs Monate vor Manifestation der Erkrankung ungleich häufiger derartige Stresserlebnisse bei
Patienten mit Morbus Basedow nachweisbar sind.
Psychische Aspekte in der Behandlung des
Morbus Basedow
Schon 1992 konnten Harsch u. Mitarb. nachweisen,
dass bei Patienten mit einem M. Basedow in der Phase
der Hyperthyreose und unter Therapie noch 2–4
Monate in der bereits euthyreoten Phase das Verhältnis
peripherer Lymphozyten-Subpopulationen gestört ist.
Bei Patienten, die in verschiedenen Testverfahren
höhere Werte hatten für Ängstlichkeit und Depression,
fand sich ein pathologisches Verhältnis von T-Helfer- zu
T-Suppressorzellen als Ausdruck der veränderten
Immunität, während Patienten mit einem normalen THelfer-/T-Suppressorzellverhältnis geringere Werte für
Ängstlichkeit und Suppression aufwiesen. Yoshiuchi u.
Mitarb. (1989) konnten nachweisen, dass dieser Zusammenhang offenbar auch im Verlauf der thyreostatischen Therapie wirksam ist, insofern, als dass der
Endokrinologie Informationen
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ABSTRACTS
Erfolg einer thyreostatischen Therapie auch von psychischen Konflikten und Irritationen abhängt.
Hypothyreose und Psyche
Verschiedene klinische Zeichen und Symptome einer
Hypothyreose, wie z.B. Müdigkeit, Abgeschlagenheit,
Antriebslosigkeit und Störung des Gedächtnisses sind
auch bei Depressionen nachweisbar (Übersicht bei
Jackson 1996, 1998). Andererseits kann eine Depression verstärkt oder sogar durch eine unerkannte manifeste Hypothyreose (Kabadi 1997) hervorgerufen werden. Von Therapiestudien ist ferner bekannt, dass die
Gabe von Schilddrüsenhormonen die zentrale 5Hydroxytryptamin-Aktivität erhöht und auf diese Weise
depressive Symptome vermindert (Sullivan et. al.
1997).
Zahlreiche Symptome einer manifesten Hypothyreose
sind bereits in geringer Ausprägung bei latenten
Störungen nachweisbar und werden in der klinischen
Praxis häufig übersehen (Baldini et al. 1997).
Dies ist besonders gravierend für Patienten mit sehr
ausgeprägten Depressionen und einer latenten Hypothyreose, da diese Patienten im allgemeinen schlecht
auf eine antidepressive Therapie ansprechen (Joffe
und Levitt 1992). Ein enger Zusammenhang zwischen
einer latenten Hypothyreose ist aber nicht nur für
Depressionen, sondern auch für bipolare oder manisch-depressive Erkrankung beschrieben worden
(Hickie et al. 1996). Eine Studie von Monzani u. Mitarb.
(1993) hat bei Patienten mit latenter Hypothyreose sehr
eindrucksvoll gezeigt, dass durch eine Therapie mit
Levothyroxin die aufgetretenen neuropsychologischen
Störungen deutlich gebessert werden können.
Besonders im Alter werden neuropsychologische und
physiologische Veränderungen wie Verlangsamung,
Verschlechterung der Gedächtnisfunktion, Antriebsarmut, Müdigkeit, Verwirrung und Veränderungen der
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Endokrinologie Informationen
Wahrnehmungsfähigkeit häufig dem natürlichen Alterungsprozeß zugeschrieben. Zwar sind Hypothyreosen
bei Patienten mit Depressionen insgesamt nicht sehr
häufig (etwa 2–5% aller Patienten; Ordas et al. 1995),
andererseits leiden aber 56% aller Patienten mit latenter Hypothyreose unter depressiven Phasen im Vergleich zu nur 20% ohne Schilddrüsenfunktionsstörungen (Haggerty et al. 1993). Daher sollte gerade bei
älteren Patienten mit Depressionen durch die Bestimmung von TSH eine latente oder sogar manifeste
Hypothyreose ausgeschlossen werden.
Psychopharmaka und Schilddrüsenfunktion
Insbesondere trizyklische Antidepressiva und antipsychotisch wirksame Phenothiazine beeinflussen die
Schilddrüsenfunktion, indem sie mit den verschiedenen Schritten der Schilddrüsenhormonbiosynthese
(jüngste Übersicht bei Sauvage et al. 1998) interagieren. Diese Medikamente hemmen die Jodidaufnahme
und die Schilddrüsenperoxydase und führen so zu einer verminderten Synthese von T3 und T4. Auf der anderen Seite steigern sie die Dejodierung von T4 zu T3
oder/und zu reverse-T3 durch eine Stimulation der
Dejodase-Aktivität. Trizyklische Antidepressiva interferieren ferner über das noradrenerge und serotonerge
System direkt mit der Hypothalamus-HypophysenSchilddrüsenachse und können so die T3- und T4Spiegel vermindern.
Prof. Dr. med. Karl-Michael Derwahl
Medizinische Klinik
St. Hedwig Kliniken GmbH
Akademisches Lehrkrankenhaus der
Humboldt-Universität
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ABSTRACTS
Schilddrüsenerkrankungen und Haut/Hautanhangsgebilde
Reinhard Finke
Die Haut ist das größte und schwerste menschliche
Organ, die Schilddrüse ist mit durchschnittlich 15 g
Gewebe vergleichsweise klein. Schilddrüsenhormonrezeptoren wies man in fast allen Zelltypen nach, die
beim Aufbau der Haut und Haarfollikel eine Rolle spielen. Schilddrüsenhormone haben wesentliche Einflüsse auf die Haut und den Haarwuchs, beim Tier beispielsweise auf die Mauser.
Es gibt diverse Hauterkrankungen, z.B. Vitiligo, Alopezia areata und mukokutane Candidiasis, die überzufällig häufig gleichzeitig mit Autoimmunthyreopathien,
Morbus Basedow, primäres Myxödem oder Hashimoto-Thyreoiditis, auftreten. Ein prätibiales Myxödem
(Dermopathie) ist selten, aber charakteristisch beim
Morbus Basedow, die so genannte endokrine Orbitopathie ist dagegen viel häufiger.
Die zweite Verbindung Schilddrüse–Haut/Haare ist pathophysiologisch: Erniedrigte oder erhöhte Schilddrüsenhormonspiegel bedingen typische Veränderungen an der Haut und deren Anhangsgebilden, reversibel durch adäquate Hormonsubstitution bzw. thyreostatische Therapie.
Haut
Wachstum und Differenzierung der Haut und Anhangsgebilde stehen unter anderem unter dem Einfluss der
Schilddrüsenhormone, insbesondere die Replikation
der epithelialen Hautzellen. Spärliche Experimente an
Fibroblastenkulturen der Haut weisen darauf hin, dass
Triiodthyronin die Glukoseutilisation und Laktatproduktion zeit- und konzentrationsabhängig steigert.
Haare
Die Haardicke variiert zwischen 1/40 und 1/10 mm, der
Haarwuchs läuft zyklisch ab mit Anagenphase über etwa 3–5 Jahre, der Catagen- (3 Wo.) und schließlich der
Telogenphase (3–4 Monate), anschließend fallen Haare
physiologischerweise aus. Der Anteil der Haare im
Telogenstadium, abhängig von Haardicke, Geschlecht
und Alter, kann stark schwanken (0 bis 87% beim
Mann bzw. 3 bis 51% bei der Frau). Bei dicken Haaren
sind 94% im Anagenstadium. Täglich fallen 50–100
Haare aus. Erwachsene haben auf dem Kopf 80–330
Haare/cm2, insgesamt etwa 100000 Kopfhaare.
Während einer Schwangerschaft sind deutlich weniger
Haare in den Ruhephasen, während sich postpartal der
Anteil der Telogenhaare wieder verdreifacht. Die Haar-
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wuchsgeschwindigkeit ist mit 0,34–0,35 mm/Tag bei
Männern wie Frauen und unabhängig von der
Haardichte relativ konstant. Neben dem Kollagen
(70%) machen die Glycosaminoglycane nur 1–1,5%
der Hauttrockenmasse aus, 90% sind Dermatansulfat
und Hyaluronsäure, 10% Chondroitinsäure und nur
Spuren Heparansulfat.
Haut und Haare bei Hyperthyreose
Hautsymptome werden von knapp 20% aller hyperthyreoten Patienten angegeben. Die Haut ist warm, weich,
feucht oder schweißig, glatt und leicht rosig. Die
Körperkerntemperatur ist angehoben, ein dauerhaftes
Schwitzen besteht. Die epidermale Zellteilungsrate ist
rasch reversibel beschleunigt. Auch Pruritus (10%),
Urtikaria, Dermographismus und generalisiertes
Erythem wurden bei Hyperthyreose beobachtet. Fast
alle Zellen der Haut und deren Anhangsgebilde sind
mit Schilddrüsenhormonrezeptoren versehen, Voraussetzung für die Entfaltung der Schilddrüsenhormonwirkungen. Bis zu 40% der HyperthyreosePatientinnen beklagen Haarausfall. Dabei korreliert das
Ausmaß des Haarverlusts weder mit dem Schweregrad
anderer Symptome der Hyperthyreose noch mit der
Höhe der Serum-Hormonspiegel. Die Haare wirken
dünner und feiner. Die Fingernägel sind glänzend, weicher, brüchiger, weil die keratinisierende Nagelmatrix
gestört ist. Das Wachstum ist beschleunigt, es entstehen longitudinale Rillen und Onycholysen.
Mögliche Nebenwirkungen an der Haut unter thyreostatisch wirksamen Medikamenten der Thionamidgruppe sind anhaltender Haarausfall (vermutlich eher
auf die Hyperthyreose zu beziehen), Exanthem mit
Pruritus, unter 40 mg fast doppelt so oft wie unter 10
mg Bei Neugeborenen von Müttern, die in der
Schwangerschaft mit Thiamazol behandelt wurden,
sind Einzelfälle von Aplasia cutis aufgetreten.
Haut und Haare bei Hypothyreose
Eindrucksvoll und häufig sind die Hautveränderungen
bei unbehandelter Hypothyreose. Die kühle Haut ist
gespannt, wächsern, verdickt, blass. Sie ist trocken,
rau und schuppig. Die Epidermis ist verdünnt, das
Stratum corneum zeigt eine Hyperkeratose Die Gesichtshaut sieht ödematös aus, z.B. Augenlider, die
„intrazellulären Ödeme“ lassen sich jedoch nicht wegdrücken. Das biochemische Korrelat bilden saure
Mucopolysaccharide, Hyaluronsäure und Chondroitin-
Endokrinologie Informationen
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ABSTRACTS
sulfat, sezerniert von Fibroblasten und/oder Mastzellen
der Haut. Die Körperkerntemperatur bei Hypothyreose
ist herabgesetzt.
Das Haar ist trocken, rau und stumpf, nichtfettend,
schwach und fällt wie bei Hyperthyreose vermehrt aus.
Im Tierversuch fehlen nach Thyreoidektomie Haarwuchs und Beginn der Mauser, reversibel durch exogene Thyroxin-Gabe.
Nägel können dünn, brüchig oder deformiert sein, insbesondere werden verlangsamter Wuchs, longitudinale und transversale Furchen beobachtet. Die Schweißsekretion ist ein wichtiges Glied in der sehr engen
Regulation der zentralen und peripheren Körpertemperaturregulation. Verminderte Schweißsekretion ist ein
auch subjektiv leicht bemerktes Symptom der Hypothyreose.
Bei einer Untersuchung an 152 Patientinnen mit diffusem Effluvium hatte man im Saarland bei 78% Strumen
und andere „Jodspeicherkrankheiten“ gefunden; bei
der Mehrheit dieser Frauen normalisierte die Thyroxingabe den Haarausfall. Statements in einem Textbuch wie „Normalisierung des Haarwuchses in der
Mehrzahl der Patienten nach L-Thyroxin-Substitution
können als Beweis für die kausale Verknüpfung angesehen werden“ sind in heutigen Zeiten der „Evidence
based medicine“ nicht mehr akzeptabel (Zaun und
Perret 1979).
Prätibiales Myxödem und Akropachie
Das lokalisierte Myxödem besteht aus einer umschriebenen Akkumulation von Glycosaminoglycanen, vor
allem Hyaluronsäure (90% vs. 5% in normaler Haut),
und bildet eine infiltrative, knotig-fleischig imponierende, dunkelrote, selten nässende Schwellung symmetrisch an Fußrücken und der prätibialen Region. Es tritt
bei Patienten mit gleichzeitiger (zumeist schwerer)
endokriner Ophthalmopathie auf, immer sind die Titer
der TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAk) stark erhöht.
Als Akropachie bezeichnet man die schmerzlose
Schwellung der Weichteile im Finger- und Zehenbereich mit keulenartiger Auftreibung der Endgelenke
durch echte subperiostale Neubildung mit knotiger
Fibrose und fibrosiertem Knochenmarkraum.
Assoziation zwischen Haut- und
Schilddrüsenerkrankungen
Alopecia areata, Vitiligo und chronische Urtikaria treten
bei Morbus Basedow und Hashimoto-Thyreoiditis
leicht häufiger auf. Organmanifestationen der polyglandulären Autoimmun-Syndrome sind neben autoimmunen Endokrinopathien auch mukokutane Candidiasis
oder Alopezie. Weitere statistisch auffällige Häufungen
autoimmuner Schilddrüsenerkrankungen bestehen mit
Urtikaria, Xanthelasmen, systemischem Lupus erythematodes, Ekzem, Onycholyse. Eine Sonderform stellt
die hypohidrote ektodermale Dysplasie dar mit Hypothyreose, Nageldystrophie, Alopezie, Sommersprossen
und weiteren Störungen am Auge, GI-Trakt und der
Lunge.
Priv.-Doz. Dr. Reinhard Finke
Praxisgemeinschaft an der Kaisereiche
Wilhelm-Hauff-Str. 21
12159 Berlin
Tel.: 030-859536-0, Fax: -11
E-mail: [email protected]; www.kaisereiche.de
Medikamentöse Therapie der Hyperthyreose
G. Brabant
Abt. Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover
Die medikamentöse Therapie einer Hyperthyreose ist
unverändert die erste Therapieoption bei einer neu entdeckten Erkrankung. Nur in den glücklicherweise selten gewordenen Krisensituationen wie der thyreotoxischen Krise und bei ausgeprägter Jodkontamination
wird eine direkte chirurgische Intervention durchgeführt. In nahezu allen anderen Fällen wird zunächst
medikamentös behandelt.
Die klinisch wichtigste Gruppe an Therapeutika sind
Thionamide, daneben werden Perchlorat, Lithium und
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Endokrinologie Informationen
Jod selbst eingesetzt. Üblicherweise werden die Thionamide als primäre Therapieoption angesehen. Hierzu
zählen Propylthiouracil und Methimazol bzw. dessen
Vorläufermolekül Carbimazol, welches primär über die
Leber zu Methimazol aktiviert werden muss (10 mg
Carbimazol werden in ca. 6 mg Methimazol umgewandelt). Diese Substanzen werden nahezu vollständig
intestinal aufgenommen und aktiv in die Schilddrüse
transportiert, wo sie vorwiegend die um die Tyrosylreste des Thyroglobulins konkurrieren und somit die Organifikation von Jod verhindern. Darüber hinaus wur-
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ABSTRACTS
den in In-vitro-Studien Effekte auf das Immunsystem
beschrieben, welche sich allerdings auch nach neuen
Daten einer von der Sektion Schilddrüse initiierten
Studie (Hörmann Thyroid im Druck) nicht auf die In-vivoSituation übertragen lässt. In prospektiven Untersuchungen zur Wirksamkeit zeigt sich klar, dass niedrige
Dosen von Thionamiden ausreichend und effektiv sind,
wenn die Erkrankung eine langsame Absenkung der
Schilddrüsenhormonspiegel zulässt. Vorteil der niedrigen Dosis (10 mg Methimazol) ist eine deutlich niedrigere Rate an Nebenwirkungen. Basisdosis bei einer
unkomplizierten Hyperthyreose ohne vitale Gefährdung
sollten daher im Regelfall 10 mg Methimazol/Carbimazol oder 3x50 mg Propylthiouracil p.o. sein. Da
Thionamide mit Jod um die Tyrosylreste des Thyroglobulins konkurrieren wird verständlich, dass die
Dosis bei Jodkontamination wesentlich höher sein
muss. Folge ist eine klar erhöhte Rate an Nebenwirkungen der Therapie. Trotzdem stellt die hochdosierte
medikamentöse Therapie oft die einzige Behandlungsoption insbesondere bei Patienten mit kardialen
Problemen dar. Neben einer Applikation von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln ist die Gabe von Amiodarone, das große Menge an Jod enthält, häufig Ursache einer Jodkontamination. Da die kardial kompromitierten Patienten durch eine üblicherweise früh
gewählte chirurgische Intervention gefährdet sind, werden hier mit guten Erfolgsraten Thionamide hochdosiert z.T. intravenös eingesetzt, um eine euthyreote
Stoffwechsellage wiederherzustellen (Osman et al.
Circulation 105:1275, 2002). Beim Typ II der Amiodarone induzierten Hyperthyreose sollten zusätzlich
Glukokortikoide gegeben werden. Schließlich finden
sich Hinweise, dass der Einsatz von oralen Gallekontrastmitteln, welche allerdings hier kaum noch erhältlich sind, die Hyperthyreose positiv beeinflussen kann
(Chopra & Baber JCEM 86:4707, 2001).
Ähnliche Vorgehensweisen gelten für Propycilthiouracil. Aufgrund der kürzeren Halbwertszeit muss
Propycilthiouracil mehrfach täglich mindestens zweimal gegeben werden. Wie Methimazol kumuliert
Propycilthiouracil in der Schilddrüse und wirkt dort vergleichbar zu Methimazol. Zusätzlich wird die
Konversion von Thyroxin zum aktiven Trijodothyronin in
der Peripherie blockiert. Wichtigste Nebenwirkung der
Therapie (% der Behandelten) mit Thionamiden sind
Hautsymptome (5,6%), Effluvium (4,1%), Arthropathien
(1,6%), gastrointestinale Symptome (0,9%), Leberschäden (0,8%) und Leukopenien (0,4%) (MeyerGessner DMW 114:166, 1987).
Natriumperchlorat wird wegen seiner Nebenwirkungen
(Agranulozytose, Magenbeschwerden) zumeist nur in
Kombination mit Thionamiden bei der Prophylaxe einer
Jodkontamination eingesetzt. Über seine Interaktion
mit dem Natrium-Jodid-Symporter verhindert Perchlorat die Aufnahme von Jodid in die Schilddrüse und
erhöht über eine fehlende Organifikation die Ausschleusung von Jodid. In einer Dosis von 3x15 Tropfen
(3x300 mg) p.o. wird Kaliumperchlorat deshalb in
Kombination mit Thionamiden 1 Tag vor Beginn einer
geplanten Jodapplikation eingesetzt und nach den
wenigen verfügbaren Studien über ca. 1 Woche fortgesetzt.
Schließlich kann über eine Blockierung der Schilddrüsenhormonsynthese durch hohe Gaben von Jodid
(Wolff-Chaikoff-Effekt) ein passagerer Abfall der
Schilddrüsenhormone erreicht werden. Dies scheint
durch eine Inhibition der spezifischen Schilddrüsenoxidasen, ThOx1,2 erreicht zu werden (Miot J Endocrinol Invest 25[Suppl 7]:17, 2002). Problem dieses als
Plummerung bezeichneten Verfahrens ist, dass ein
sogenanntes Escapephänomen mit Wiederanstieg von
ThOx1,2 die klinische Situation nach 8–14 Tagen erheblich wieder verschlechtern kann. Als Therapeutikum wird Lugol´sche Lösung 3 x 0–1 bis 0.–3 ml (mindestens 5–10 Iodid mg/d) oder gesättigte Kaliumiodidlösung eingesetzt.
Therapie der Hyperhyreose: Radiojodtherapie
H.-J.Biersack, Bonn
In den USA wurde die Radiojodbehandlung bereits vor
etwa 60 Jahren erstmals angewandt. In Deutschland
konnte dann ab 1949 dieses Verfahren bei der
Hyperthyreose zum Einsatz kommen. Man kann damit
feststellen, dass es sich bei der Radiojodbehandlung
um ein Verfahren handelt, welches in Europa seit über
27 (2003) 2
50 Jahren in nahezu unveränderter Form durchgeführt
wird, abgesehen natürlich von geänderten Vorgaben
durch die jeweils geltende Strahlenschutzverordnung.
Lediglich in Bezug auf die Dosimetrie wurden im Laufe
der Jahrzehnte unterschiedliche Verfahren eingesetzt,
wobei jedoch festzustellen ist, dass die Überlegenheit
Endokrinologie Informationen
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ABSTRACTS
des einen oder anderen dosimetrischen Vorgehens
dann kontrovers diskutiert wurde. Allerdings wird auch
in den USA in der Regel immer auf den RadiojodUptake zurückgegrifffen. Die amerikanische Gesellschaft für Nuklearmedizin empfiehlt in ihren „Procedure
Guideli-nes“ Aktivitätsmengen von 2,96–7,4 MBq
(80–200 -Ci) pro Gramm Schilddrüsengewebe. Hierbei
werden die hohen Dosen für Patienten mit Knotenstrumen, großen diffusen Strumen und Wiederholungstherapien vorgeschlagen. Von wesentlicher Bedeutung ist
natürlich auch die biologische Halbwertszeit, die bei
den verschiedenen gutartigen Schilddrüsenerkrankungen sehr variieren kann. Dennoch konnten für die verschiedenen Entitäten charakteristiche Halbwertszeiten
ermittelt werden. Hieraus geht auch hervor, dass natürlich das zu bestrahlende Volumen die applizierte
Aktivitätsmenge in erheblichem Umfang mit bestimmt.
Für die Do-siskalkulation werden deshalb die folgenden Verfahren eingesetzt:
–
–
–
–
„Fixed dose“
24-h-Uptake + Volumen
Testverlauf über mehrere Tage + Volumen
24-h-Uptake + empirische Halbwertszeit + Volumen
Aus logistischen Gründen ist es häufig problematisch,
einen Testverlauf über mehrere Tage durchzuführen. Es
konnte daher gezeigt werden, dass der Uptake nach 5
und 9 Tage sehr gut mit dem Ergebnis eines mehrtägigen Testverlaufes korreliert. Dennoch sind trotz differenzierter Dosimetrie etwa in 20–30% der Fälle entweder Rezidive oder Persistenz der Hyperthyreose zu
beobachten. Aus diesem Grunde werden insbesondere bei der immunogenen Hyperthyreose in den letzten
Jahren zunehmend ablative Verfahren empfohlen,
wobei auch die Hypothyreose als Therapieerfolg angesehen wird.
In letzter Zeit wurde dann auch der TechnetiumUptake dazu herangezogen, die Strahlendosis
(100–300 Gy) zur Behandlung der Autonomie festzulegen. Unter Einsatz dieser Verfahren ergeben sich
befriedigende Resultate: Die Erfolgsrate liegt bei etwa
95%, die Hypothyreoserate innerhalb des 1. Jahres
bei 1%. Die Ergebnisse der Rostocker und Bonn/
Freiburger Arbeitsgruppe liegen hierbei verblüffend
nah beieinander.
Solche Dosis-Kalkulationsverfahren unter Einsatz des
Technetium-Uptake wurden auch bei der immunogenen Hyperthyreose eingesetzt. Hierbei wurden
Zieldosen zwischen 150 und 300 Gy angestrebt.
Rechnet man die Hypothyreose zum Therapieziel, so
64
Endokrinologie Informationen
konnten bei Dosen zwischen 150 und 200 Gy
Erfolgsraten um 75% erzielt werden. Bei 300 Gy lag die
Erfolgsrate dann über 90%, etwa entsprechend den
Autonomien. Bei Dosen unter 300 Gy lag die Rate für
persistierende Hyperthyreosen bei etwa 25%, sie sank
bei 300 Gy auf ca. 8%. Auch war die relative Volumenreduktion bei 300 Gy wesentlich größer als bei 150 und
200 Gy. Diese Zahlen machen deutlich, dass bei der
Behandlung des Morbus Basedow relativ hohe Dosen
– etwa 300 Gy – anzuwenden sind.
Diesen hervorragenden Ergebnissen steht eine nur geringe Rate von Nebenwirkungen gegenüber. So konnte
eine englische Arbeit kürzlich die Langzeitergebnisse
von ca. 7500 Patienten, die zwischen 1950 und 1991
mit Radiojod behandelt worden waren, zusammenstellen. Diese Daten wurden mit einem allgemeinen
Krebsregister für Wales und England verglichen. Die
Radiojod-behandelten Patienten entwickelten nur 634
bösartige Tumoren bei erwarteten 761 Fällen. Auch das
relative Risiko für eine Krebserkrankung war niedrig:
448 Patienten starben an Krebs, 499 Patienten wären
zu erwarten gewesen. Lediglich bei Dünndarmtumoren
und Schilddrüsenkrebs fanden sich leicht erhöhte
Erkrankungsraten. Bei den 7500 Patienten sind zwar
insgesamt 9 Schilddrüsenkarzinome aufgetreten, allerdings war in nur 4 Fällen eine mindestens 10-jährige
Latenz zu beobachten. Dennoch sollten Patienten mit
gutartigen Schilddrüsenerkrankungen, die Radiojod
behandelt wurden, entsprechend langfristig nachgesorgt werden.
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Reinhardt MJ, Joe AY, von Mallek D, et al: Dose
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hyperthyroid patients with multifocal and disseminated autonomy on the basis of Tc-99m
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Reinhardt MJ, Brink I, Joe AY, et al: Radioiodine
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Nucl Med 2002; 29: 1118-1124
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Therapie der Hyperthyroese: Operation
Thomas Steinmüller
Indikation
Die beiden häufigsten, auch einer chirurgischen Therapie zugänglichen Hyperthyreoseformen sind 1. die
immunogene Hyperthyreose vom Typ Morbus Basedow
und 2. die Hyperthyreose bei unifokaler, multifokaler
oder disseminierter Autonomie (Morbus Plummer).
Weitere Formen der Hyperthyreose bedürfen nur in
Ausnahmefällen einer chirurgischen Intervention. Die
manifeste thyreotoxische Krise erfordert in erster Linie
eine intensivmedizinische Betreuung, kann aber, vor
allem im Falle einer jodinduzierten Entgleisung, eine notfallmäßige Operation erforderlich machen.
Nach bildgebender und laborchemischer Diagnostik
und Erzielung einer eindeutigen Diagnose ist bzgl. der
Indikationsstellung zur Operation alternativ die Radiojod-Therapie in Erwägung zu ziehen. Der operativen
Therapie einer Hyperthyreose wird immer dann der
Vorzug gegeben werden, wenn drei Forderungen zu
erfüllen sind:
auch dafür, dass die frühzeitige Operation bei Basedow-Patienten mit schwerer endokriner Orbidopathie
die Augensymptome güpstig beeinflusst.
Operationsvorbereitung
Unabhängig von der Hyperthyreoseursache müssen
nichtjodinduzierte Hyperthyreosen thyreostatisch
behandelt werden, bis eine klinisch euthyreote Stoffwechsellage eingetreten ist. Bei leichter Hyperthyreose
kann mit einer BetaBlockade allein eine suffiziente
Vorbereitung erreicht werden. Die sog. Plummerung
(hochdosierte Jodid-Vorbehandlung zur Reduktion der
Schilddrüsendurchblutung) ist weitgehend verlassen;
im Falle einer derartigen Vorbehandlung muß die
Operation innerhalb von 8–10 Tagen erfolgen: Bei
jodinduzierten Thyreotoxikosen, thyreotoxischen Krisen oder bei sehr schweren Nebenwirkungen einer thyreostatischen Therapie kann die operative Behandlung
auch im hyperhyreoten Zustand erfolgen.
Im Zeitalter mündiger Patienten und weit verbreiteter
unspezifischer Strahlenangst ist nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch auch der spezielle
Wunsch der Patientinnen und Patienten entscheidend.
Operationsstrategie
Insgesamt hat sich die sog. „junktionsorientierte Operationsweise“ durchgesetzt. Bei autonomer hyperthyreoter Knotenstruma erfolgt eine selektive Resektion
unter Belassen eines möglichst normalen Schilddrüsengeweberestes. Das solitäre autonome Adenom soll
selektiv exstirpiert werden, eine Lappenteilresektion
unter Einbeziehung des Adenoms ist der noch immer
weit verbreiteten Enukleation aus technischen und
topographischen Gründen vorzuziehen. Bei der multifokalen und mehrknotigen Autonomie in insgesamt
nodöser Struma ist eine beidseitige Resektion unter
Zurückbelassung tatsächlich nur normaler Drüsengewebsanteile erforderlich. Diese kann als subtotale
Resektion beidseits erfolgen; günstig ist häufig auch
die Hemithyreoidektomie mit kontralateraler subtotaler
Resektion. Auch bei der disseminierten, ohne erkennbare Knotenbildung einhergehenden Autonomie empfiehlt sich die subtotale Schilddrüsenresektion.
Liegt eine muttifokate Autonomie vor, so spricht in der
Regel die Größe der Struma wie auch das simultane
Vorliegen von kalten Knoten eher für eine Schilddrüsenoperation. Bei der Basedow-Hyperthyreose spricht
ebenfalls eine große Struma eher für die Operation; im
Falle des Kinderwunsches jüngerer Frauen bietet die
primäre chirurgische Behandlung maßgebliche Vorteile
gegenüber einer ihrer Dauer unkalkulierbaren medikamentösen Langzeitbehandlung. Einige Daten sprechen
Bei der Basedow-Hyperthyreose wird heute generell
die ausgedehnte subtotale Schilddrüsenresektion mit
kleinem Rest als Verfahren der Wahl angesehen. Die
Rezidivhäufigkeit steht in einem direkten Verhältnis zur
Größe des Gesamtrestes. Dieser sollte in der Regel
kleiner als 5 mi sein. In spezialisierten Zentren hat sich
die Hemithyreoidektomie mit kontralateraler subtotaler
Resektion durchgesetzt, die in kompetenten Händen
kein erhöhtes Komplikationsrisiko aufweist.
1 . Eine schnelle und definitive Heilung der Hyperthyreose, die nur durch eine enteprechende Operation gewährleistet wird.
2. Eine simultane Diagnostik und Sanierung von parallel bestehenden pathologischen Befunden, wie kalten Knoten mit Malignitätsverdacht, Zysten etc., die
gerade bei nodösen Strumen mit multifokaler Autonomie oft nachzuweisen sind.
3. Eine Befreiung von einer großen Struma mit vielseitigen lokalen Komplikationen, unabhängig von Art
und Schwere der Hyperthyreose.
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Endokrinologie Informationen
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ABSTRACTS
Das Hyperthyreose-Rezidiv nach vorangegangener
subtotaler Schilddrüsenresektion wird bevorzugt mit
Radiojod behandelt.
Komplikationen
Die Rate einer permanenten Rekurrensparese liegt in
erfahrenen Zentren unter 2%. Ein permanenter Hypoparathyreoidismus kann durch routinemäßige Darstellung und Schonung der Nebenschilddrüsen reduziert werden. Nebenschilddrüsen, die ihre Durchblutung hauptsächlich aus der Schilddrüsenkapsei
erhalten, werden in den M. sternocleidomastoideus
autotransplantiert. Auf diese Weise gelingt die Reduktion des Risikos eines permanenten Hypoparathyreoidismus unter 2%. Aufgrund der Gefahr einer post-
operativen Nachblutung (1–2%) dürfen Schilddrüsenoperationen nicht als Tageschirurgie durchgeführt werden. Die Gefahr einer trotz gründlicher Resektion postoperativ resultierenden Hyperthyreose ist nicht vollständig auszuschließen und erreicht auch bei kleinen
Resten eine Häufigkeit bis 5%.
Thomas Steinmüller
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und
Transplantationschirurgie der Charitlä
Campus Virchow-Klinikum
Humboldt-Universität Berlin
Augustenburger Platz 1
D 13353 Berlin
E-mail: [email protected]
Endokrine Orbitopathie
Was soll man wann tun?
Armin E. Heufelder
Einführung
Die endokrine Orbitopathie (EO) stellt eine häufige
extrathyreoidale Manifestation der Immunthyreopathie
vom Typ Morbus Basedow (MB) dar. An ihrer Entstehung sind diverse zelluläre und humorale Mechanismen beteiligt, die erst in jüngster Zeit näher charakterisiert wurden. Die klinischen Zeichen und Symptome
der EO resultieren aus der Volumenzunahme des retrobulbären Binde- und Fettgewebes sowie der interstitiellen Verdickung der Augenmuskeln. Die Diagnose
einer EO ist im Allgemeinen zuverlässig durch die einschlägige Anamnese, die klinische Untersuchung einschließlich Orbitasonographie und den Nachweis einer
Immunthyreopathie zu stellen. Nur in Ausnahmefällen
sind zur Diagnosestellung weitere bildgebende
Verfahren wie die Computertomographie oder die
Kernspintomographie erforderlich. Die enge Kooperation des behandelnden Ärzteteams (Hausarzt, Endokrinologe, Augenarzt, Strahlentherapeut) ist für den
individuellen Therapieerfolg unerlässlich. Für die
Zukunft ergeben sich aus den Ergebnissen experimenteller Untersuchungen zur Pathogenese der EO Ansatzpunkte für innovative Therapiestrategien mit stärker kausal orientierter Zielsetzung.
Pathophysiologie der endokrinen Orbitopathie
Die Immunthyreopathie vom Typ MB ist Folge eines
Autoimmunprozesses, der neben der Schilddrüse als
primärem Zielgewebe auch das in den Orbitahöhlen
gelegene Binde-, Fett- und Augenmuskelgewebe
66
Endokrinologie Informationen
betrifft. Bei einem kleinen Teil der Patienten mit MB und
EO kommt es darüber hinaus zu einer charakteristischen gallertartigen Schwellung der Unterschenkel
oder Vorfüße (prätibiales Myxödem) sowie zu Hautveränderungen im Bereich der Finger und Zehen (Akropachie). Der EO liegt eine immunologische Entzündungsreaktion zugrunde, die zur ausgeprägten
Schwellung des peri- und retroorbitalen Gewebes mit
rasch einsetzender räumlicher Enge in den knöchern
begrenzten Orbitae führt. Durch den intraorbitalen
Druckanstieg kommt es zu einem Vortreten des Auges
(Protrusio bulbi) und zu einer Schwellung bis hin zum
Prolaps der inflammatorisch veränderten Binde- und
Fettgewebsanteile im Bereich der Ober- und Unterlider
(periorbitale Ödeme). Zusätzlich können Motilitätsstörungen der äußeren Augenmuskeln auftreten, die je
nach Ausmaß der asymmetrischen Beeinträchtigung
mit Doppelbildern einhergehen. Im Extremfall kann
eine massive Volumenzunahme der Orbitastrukturen zu
einem eingeschränkten venösen und arteriellen Blutfluß führen. Eine permanente Visusreduktion durch
Kompression oder Traktion des Nervus opticus im
Rahmen einer EO ist selten.
Internistische und laborchemische Diagnostik
Bei typischer Manifestation lässt sich die Diagnose
eines Morbus Basedow mit begleitender EO bereits klinisch auf Anhieb stellen. Eine charakteristische Prominenz in der lateralen Lidregion (Tränendrüsenbeteiligung und Fettgewebsprolaps) weisen bei genauer Inspektion nahezu alle Patienten mit Morbus
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Basedow auf. Selbst eine für den Betrachter geringgradige EO kann aus kosmetischen Gründen für die
häufig jungen Patientinnen psychisch äußerst belastend sein. Am häufigsten ist ein bilateraler EO-Befund
zu erheben, der einseitig stärker ausgeprägt sein kann.
Ein streng unilateraler Befund sollte grundsätzlich
Anlaß zum differenzialdiagnostischen Ausschluss anderer Ursachen geben. Die EO manifestiert sich in der
Regel in engem zeitlichen Zusammenhang (+ 6-12
Monate) zum Auftreten der Hyperthyreose, meist mit
einer Latenz von wenigen Monaten, seltener in größerem
zeitlichen Abstand nach- und nur in Einzelfällen vor dem
Auftreten der Hyperthyreose. Retrospektiv beschreiben
die Patienten als frühestes Zeichen häufig eine
Schwellung in der lateralen Oberlidregion. Als typische
Beschwerden und Befunde der aktiven EO werden
Tränenträufeln (Epiphora), Lichtscheu (Photophobie),
Druck- und Fremdkörper- bzw. Sandkorngefühl,
Augenbrennen, retrobulbäre Missempfindungen, Oberund Unterlidödeme, ein Vortreten der Augen (Protrusio
bulbi) sowie Doppelbilder beobachtet. Die Beschwerden
werden meist morgens nach dem Aufwachen stärker als
abends empfunden. Ermüdungsdoppelbilder treten
dagegen meist abends auf. Bei höhergradiger entzündlicher Aktivität der EO kann es zu starkem Tränenfluss
mit Verschwommensehen, zur ausgeprägten periorbitalen Schwellung sowie zur Augenmuskelbeteiligung mit
Einschränkung der Augenbeweglichkeit und – bei seitendifferenter Motilitätsstörung – zum Auftreten intermittierender oder persistierender Doppelbilder kommen. Als
Komplikation der schweren EO kann infolge einer ausgeprägten Protrusio bulbi mit unvollständigem Lidschluß
eine Expositionskeratitis resultieren, die zur bakteriell
superinfizierten Ulzeration und zum Verlust der Hornhaut
führen kann. Extremvarianten mit Kompressions- oder
zugbedingter Optikusläsion und akuter Visuseinbuße
kommen nur noch selten vor.
Im Verdachtsfall bzw. möglichst bald nach Diagnosestellung sollten Patienten mit EO einem spezialisierten
Augenarzt und Endokrinologen vorgestellt werden.
Dabei ist nach einer detaillierten Basisdiagnostik, bei
der Schwere- und Aktivitätsgrad sowie Komplikationen
der EO erfasst werden sollen, die Entscheidung zu treffen, ob lediglich symptomatische Maßnahmen und
engmaschige Kontrollen oder bereits eine frühzeitige
Intervention (z.B. Steroidtherapie oder Retrobulbärbestrahlung) notwendig sind. Während sich Schweregrad
und Komplikationen der EO im Regelfall aufgrund von
Anamnese und klinischer Untersuchung erkennen lassen, sind hingegen Aktivität, Dynamik und Prognose
schwierig und nur anhand regelmäßiger, engmaschiger
Verlaufskontrollen (alle 4–6 Wochen) abschätzbar. Die
früher gebräuchliche NOSPECS-Klassifikation kann
nicht mehr empfohlen werden, weil bei den meisten
27 (2003) 2
Gruppe 1
0
1
2
3
4
Gruppe 2
0
1
2
3
4
Gruppe 3
0
1
2
3
Gruppe 4
0
1
2
3
Lidveränderungen
fehlend
nur Lidödem
nur Retraktion (ohne Ödem)
Retraktion mit Oberlidödem
Retraktion mit Ober- und
Unterlidödem
Exophthalmus
fehlend
ohne Lidschlussinsuffizienz
Bindehautreizung morgens
Bindehautreizung ständig
Hornhautkomplikationen
Muskelveränderungen
fehlend
nur im Ultraschall/CT nachweisbar
Pseudoparese
Pseudoparalyse
Optikusbeteiligung
fehlend
nur im Farbsehen und visuell
evozierte Potenziale
periphere Gesichtsfelddefekte
zentrale Gesichtsfelddefekte
Tab. 1: Klinische Klassifikation der endokrinen Orbitopathie nach
Boergen
Patienten mit EO gleichzeitig mehrere klinische Befunde unterschiedlicher NOSPECS-Grade vorliegen,
die sich in einem pauschalisierenden Klassifikationssytem nicht sinnvoll zuordnen lassen. Eine weitaus differenziertere und klinisch praktikable Einteilung stellt
die so genannte „LEMO“-Klassifikation dar, in der den
vier Befundgruppen Lidveränderungen, Exophthalmus,
Muskelveränderungen und Optikusbeteiligung je nach
Ausprägungsgrad Zahlen von 0 bis 3 bzw. 4 zugeordnet werden (Tab. 1). In Analogie zur TNM-Klassifikation
kennzeichnet das Stadium L1E1M2O0 eine EO mit
Lidödem ohne Lidrektraktion, einen Exophthalmus
ohne Lidschlussinsuffizienz sowie Augenmuskelveränderungen im Sinne einer Pseudoparese. International
wird für den Vergleich unterschiedlicher therapeutischer Modalitäten im Rahmen kontrollierter klinischer
Studien eine quantitative Erfassung klinischer Befundkomponenten (Status von Lidern, Hornhaut, Augenmuskeln, Exophthalmometrie, Optikusfunktionen,
Aktivitäts-Score, Selbstbeurteilung durch den Patienten) unter Einschluss bildgebender Untersuchungen gefordert. Diese ausführliche Form der Befundklassifizierung eignet sich zwar vorzüglich für die
Beurteilung des individuellen Krankheitsverlaufs und
die Wirksamkeit therapeutischer Verfahren, ist in der
Praxis jedoch zu aufwändig.
Endokrinologie Informationen
67
ABSTRACTS
entzündlich:
Abszess
Mucormykose
Myositis
Orbitaphlegmone
Fehlbildungen: Mukozele
orbitofaziale Malformation
immunologisch: Dermatomyositis
endokrine Orbitopathie
Morbus Ormond
Pseudotumor orbitae
Sarkoidose
Wegener’sche Granulomatose
tumorös:
Histiozytose X
Leukämie
Lymphom
Meningeom
Metastasen
Rhabdomyosarkom
vaskulär:
Carotis-Sinus-cavernosusFistel
Hämangiom
Orbitavarizen
Sinus-cavernosus-Thrombose
Tab. 2: Differentialdiagnosen des spontanen Exophthalmus (in
alphabetischer Reihenfolge)
Die bereits durch die körperliche Untersuchung im
Rahmen eines MB nachweisbaren Augenzeichen, das
Stellwag-Zeichen (seltener Lidschlag), das DalrympleZeichen (Oberlidretraktion mit sichtbarem Sklerastreifen über dem Kornearand beim Blick geradeaus),
das Graefe-Zeichen („lid lag“, Zurückbleiben des
Oberlids beim Blick nach unten) sowie das MöbiusZeichen (Konvergenzschwäche), sind teils Ausdruck
der sympathoadrenergen Aktivität bei Hyperthyreose,
teils Folge einer meist subklinisch vorhandenen EO.
Bei stärkerer Ausprägung präsentiert sich die EO
zusätzlich mit periorbitalen Ödemen, einer konjunktivalen Injektion, einer ödematösen Schwellung der Bindehaut (Chemosis), einer entzündlichen Karunkelschwellung, einer Protrusio bulbi sowie Augenbeweglichkeitsstörungen mit oder ohne Doppelbilder. Zur
Quantifizierung der Motilitätsstörung wird eine orthoptische Untersuchung durchgeführt, die eine Messung
und Dokumentation der vertikalen und horizontalen
Bulbusbeweglichkeit sowie des beidäugigen Einfachsehens erlaubt. Im Allgemeinen treten Doppelbilder in
der Blickrichtung auf, die der Seite der stärksten Muskelfunktionsstörung entgegengesetzt ist. Die Protrusio
bulbi kann mithilfe eines Exophthalmometers nach
Hertel durch Messung des Sagittalabstandes des Korneascheitels vom lateralen Orbitarand quantifiziert
werden.
68
Endokrinologie Informationen
In der körperlichen Untersuchung ist bei Patienten mit
EO neben thyreoidalen (Struma diffusa, Hyperthyreose)
und systemischen Manifestationen (feuchte Haut,
Ruhetachykardie, symmetrische Hyperreflexie) des MB
auch nach extrathyreoidalen Manifestationen (prätibiales Myxödem, Akropachie) zu fahnden.
Die Diagnose einer EO wird komplettiert durch Laboruntersuchungen (supprimierter basaler TSH-Wert und
ggf. erhöhtes fT3 und fT4) und den sonographischen
Befund einer Struma mit diffuser Echoarmut. Die
Bestimmung der TSH-R-Antikörper, die beim MB typischerweise erhöht sind, kann bei fehlender EO eine
wesentliche Entscheidungshilfe bei der differenzialdiagnostischen Einordnung einer Hyperthyreose als
Immunhyperthyreose vom Typ MB darstellen. Aufgrund ihrer schwachen Korrelation mit dem Schweregrad, dem Verlauf und der Prognose der EO sind
TRAK-Verlaufskontrollen jedoch von begrenzter differentialtherapeutische Relevanz.
Ophthalmologische und bildgebende Diagnostik
Patienten mit klinischem Verdacht auf eine EO sollten
sich unmittelbar nach Diagnosestellung beim spezialisierten Augenarzt zur Bestimmung von Sehschärfe,
Spaltlampenmikroskopie, Funduskopie, Blickrichtungs-Tonometrie, orthoptischen Untersuchung und
zur Orbita-Sonographie vorstellen. Durch diese Maßnahmen – ergänzt durch eine Perimetrie und Farbsinnprüfung – kann eine Beteiligung von Kornea, Nervus
opticus und Orbitastrukturen sicher nachgewiesen,
quantifiziert und als Ausgangsbefund für künftige
Kontrolluntersuchungen dokumentiert werden. Gerade
bei streng unilateralem oder deutlich asymmetrischem
Augenbefund sowie rasch einsetzender oder rapide
progredienter okulärer Symptomatik ohne zeitliche
Assoziation mit einer Immunthyreopathie sollten differenzialdiagnostisch entzündliche, vaskuläre und tumoröse Orbitaprozesse ausgeschlossen werden (Tab. 2).
Zusätzlich zur Orbitasonographie liefern die Computertomographie (CT ohne Kontrastmittel!) und die
Kernspintomographie (MRT) bei Patienten mit höhergradiger EO und Visusminderung oder massiver
Protrusio bulbi wertvolle Zusatzinformationen. Nach
eigenen Erfahrungen genügt bei der Mehrzahl der
Patienten mit EO die Orbita-Sonographie als alleiniges
bildgebendes Verfahren, das ohne Nebenwirkungen
und kostengünstig rasch verfügbare Informationen liefert und auch im Langzeitverlauf für engmaschige
Therapiekontrollen eingesetzt werden kann. Typische
sonographische Orbitabefunde bei EO umfassen eine
Verdickung der externen Augenmuskeln mit veränderter Reflektivität, ein aufgelockertes Reflektionsmuster
des Orbitafettgewebes, eine vergrößerte Tränendrüse
sowie eine verdickte Optikusscheide bei Optikuskom-
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Basisziele
Interdisziplinäre Betreuung durch Hausarzt, Endokrinologen, Augenarzt (ggf. Strahlentherapeuten,
Orbita/HNO-Chirurgen)
Exakte Einstellung einer euthyreoten Stoffwechsellage mit engmaschigen
Verlaufskontrollen, Nikotinkarenz
Symptomatische Therapie (Tränenersatzmittel, Schlafen mit erhöhtem Kopfteil) Abwarten des
Spontanverlaufs unter engmaschiger Verlaufskontrolle, bei objektivierbarer Verschlechterung
Geringe entzündliche Aktivität, geringe subjektive Beschwerden:
ggf. orale Glukokortikoidtherpie oder Sandostatin LAR oder antioxidative Therapie
(Retrobulbärbestrahlung nach aktueller Studienlage in diesem Stadium nicht sinnvoll)
Hohe entzündliche Aktivität, ausgeprägte subjektive Beschwerden:
Glukokortikoide oral oder intravenös, Retroorbitalbestrahlung (bei Motilitätsstörungen)
immunsuppressive Kombinationstherapie (z.B. Glukokortikoide plus Methotrexat)
ggf. Sandostatin LAR, ggf. Adjuvant antioxidative Therapie
Schwere Komplikationen (Optikusneuropathie oder Korneaulcera)
Intravenös hochdosiert Glukokortikoide
Orbitadekompression (diverse Techniken), Okklusion durch Uhrglasverband oder Tarsorrhaphie
Experimentell (nur im Rahmen kontrollierter klinischer Studien)
Sandostatin LAR, Zytokin-Modulatoren (Antagonisierung von TNF, IL-1), Methotrexat, Leflunomid,
antioxidative Kombinationstherapie, intravenös hochdosiert Immunglobuline, Immunadsorption
Rekonstruktive Maßnahmen im inaktiven Stadium
Augenmuskeloperationen, Orbitafettgewebsresektion
Korrekturen an Lidern und Orbita
Tab. 3: Differenzialtherapie der endokrinen Orbitopathie
pression im Muskelkonus. In ihrer klassischen Form
präsentiert sich eine EO im orbitalen CT mit einer
Verdickung der externen Augenmuskeln, Prädilektionsstellen sind vor allem die sehnenfernen Partien der
unteren und medialen geraden Augenmuskeln. Zusätzlich kann die MRT der Orbitae (T2-Wichtung,
„STIR“-Sequenz) Hinweise für eine entzündliche Aktivität der Augenmuskeln liefern. Die Treffsicherheit der
MRT bei der Aktivitätsbeurteilung der EO ist jedoch
nach wie vor strittig. Die äußerst seltenen, schwerwiegenden Komplikationen einer EO wie ein „KonusSyndrom“ (massive Schwellung der Augenmuskeln im
Apexbereich der Orbitapyramide mit externer Kompression des Sehnerven) oder eine „Stretching“Optikusneuropathie (Traktionsschädigung des Sehnerven bei massiver Protrusio bulbi durch expandierende retroorbitale Binde- und Fettgewebsmassen)
lassen sich ebenfalls mittels CT oder MRT der Orbitae
erfassen. Die aus pathophysiologischer Sicht interessante 111Indium-Octreotid-Szintigraphie der Orbitae
bietet keine differenzialdiagnostisch verwertbaren
Zusatzinformationen und kann aufgrund ihrer hohen
Kosten allenfalls in schwierigen Einzelfällen zur Aktivitätsbeurteilung herangezogen werden.
27 (2003) 2
Konservative und chirurgische Therapie
Die adäquate, am individuellen Verlauf von Orbitabefund
und Krankheitsaktivität orientierte Therapie der EO
gestaltet sich häufig sehr schwierig und gehört in die
Hand eines erfahrenen, interdisziplinären Ärzteteams
(Hausarzt, Endokrinologe, Augenarzt). Abgesehen vom
Fehlen spezifischer und zuverlässig wirksamer, nebenwirkungsarmer Therapieverfahren hat das Fehlen einer
einheitlichen, befriedigenden Schweregradklassifikation
den Vergleich von Therapiestudien erschwert. Ein weiteres Problem besteht darin, dass bislang nur wenige
Therapiestudien zur EO ausreichend kontrolliert waren
und genügend große Fallzahlen aufwiesen, um eine
zuverlässige Unterscheidung zwischen Therapieeffekt
und Spontanverlauf der Erkrankung zu ermöglichen. Die
leider unverändert begrenzten Therapieoptionen lassen
sich nur dann gezielt und wirkungsvoll nutzen, wenn ein
kompetentes interdisziplinäres Team eng kooperiert. Von
größter Bedeutung ist dabei eine in kurzen Intervallen
überwachte und ganz am individuellen Befund orientierte
Differenzialtherapie (Tab. 3).
Die Krankheitsdynamik der EO ist von Patient zu Patient äußerst variabel und kaum prognostizierbar. Im
Endokrinologie Informationen
69
ABSTRACTS
Nikotinabusus
Hypothyreose
Hoher TSH-Rezeptor-Antikörpertiter
Ausgeprägte oder rezidivierende Hyperthyreose
Bereits bestehende EO
Großes Schilddrüsenvolumen (>50 ml)
Radiojodtherapie ohne Glukokortikoidschutz (bei
vorbestehender EO)
Wiederholte Radiojodtherapien
CTLA-4-Polymorphismus
Selen-Mangelversorgung
Progesteron-/DHEA-Defizit postpartal oder
perimenopausal
Enge anatomische Konfiguration der Orbita
Tab. 4: Risikofaktoren für das Auftreten einer schweren endokrinen
Orbitopathie
Extremfall können eine Vollremission ohne spezifische
Therapie oder auch schwere, therapierefraktäre
Verläufe mit Amaurose trotz konservativer und chirurgischer Maximaltherapie auftreten. Am häufigsten sind
jedoch milde bis mittelschwere Verlaufsformen, die
nach einer bis zu zwei Jahre lang dauernden aktiven
Phase in ein inaktives Stadium mit variablen Residualzuständen münden. Vorrangiges Therapieziel der
heute verfügbaren, leider unselektiven Therapiemodalitäten (Glukokortikoidtherapie, Retrobulbärbestrahlung)
ist weniger eine Restitutio ad integrum, sondern vielmehr eine rasche Inaktivierung des floriden, orbitalen
Entzündungsprozesses sowie eine Reduzierung
unkontrolliert ablaufender fibrogener Effekte. Bei beiden immunmodulatorischen Verfahren muß in bis zu
50% der Behandlungsfälle mit einer ungenügenden
Wirkeffektivität sowie mit unerwünschten Nebenwirkungen gerechnet werden.
Basisziele: Interdisziplinäres Therapiekonzept,
Euthyreose, Nikotinverzicht
Als vordringliche therapeutische Maßnahmen ist bei allen Patienten mit EO eine rasche und dauerhafte Einstellung einer euthyreoten Stoffwechsellage zu gewährleisten, da sich sowohl hyperthyreote als auch hypothyreote Stoffwechsellagen ungünstig auf den Orbitabefund auswirken (Tab. 3). Schon durch die
Einstellung einer kontinuierlichen euthyreoten Stoffwechsellage kommt es bei den meisten Patienten zu
einer Rückbildung oder Konsolidierung des orbitalen
Autoimmunprozesses. Wesentliche Voraussetzung für
die Einstellung einer euthyreoten Stoffwechselfunktion
sind regelmäßige Kontrollen des basalen TSH-Spiegels
(zum Ausschluss einer sich abzeichnenden Hypothyreose) und der peripheren Schilddrüsenhormonwerte
unter der meist erforderlichen antithyreoidalen Medikation. Eine Kombinationstherapie mit einem Thio-
70
Endokrinologie Informationen
namid (Carbimazol, Thiamazol) und L-Thyroxin (50–75
µg/Tag) ist geeignet, die Einstellung einer euthyreoten
Stoffwechsellage zu erleichtern und das Risiko hyperoder hypothyreoter Phasen zu vermeiden. Ob das
Auftreten oder der Verlauf einer EO durch die Kombinationstherapie günstig beeinflußsst werden, ist bislang allerdings nicht gesichert. Der Nachweis eines signifikanten TRAK kann in unklaren Einzelfällen diagnostisch hilfreich sein, wiederholte TRAK-Verlaufskontrollen sind jedoch unnötig. Sehr hohe initiale TRAK-Titer,
die im Therapieverlauf nicht wesentlich oder nur passager abfallen, scheinen jedoch mit einer ungünstigeren Prognose der EO assoziiert zu sein. Entgegen früheren Auffassungen korrelieren die initialen Konzentrationen und der Verlauf der TRAK unter Therapie
jedoch nicht eng genug mit der Prognose der EO, um
vom Ausfall dieses Parameters differenzialtherapeutische Entscheidungen abhängig machen zu können.
Flankierende Therapiemaßnahmen bei gering
aktiver endokriner Orbitopathie
Da die EO bei der Mehrzahl der Patienten mit Typ MB
klinisch weitgehend blande verläuft, sind symptomatische Basismaßnahmen wie Lichtschutzgläser, Tränenersatzmittel (tagsüber als Augentropfen, nachts als
Augensalbe oder -gel) und Schlafen mit erhöhtem Kopfteil neben einer aufmerksamen Beobachtung des Spontanverlaufs meist ausreichend (Tab. 3). Zusätzliche prophylaktische oder therapeutische Maßnahmen sind bei
Patienten mit minimaler oder geringer entzündlicher
Aktivität im Bereich der Periorbita und geringen subjektiven Beschwerden in der Regel entbehrlich. Bei jedem
Patienten mit aktiver EO sollte gezielt nach dem
Nikotinabusus, einem der wichtigsten aggravierenden
Faktoren für den Schweregrad und den Verlauf einer EO,
gefragt werden. Höhergradige, progrediente und therapierefraktäre Verlaufsformen der EO finden sich häufiger
bei Patienten mit starkem Nikotinabusus, die während
des Krankheitsverlaufs ihren Zigarettenkonsum nicht
oder nicht entscheidend zu reduzieren vermögen. In
allen Stadien der EO sollte daher versucht werden, den
Betroffenen diesen ungünstigen Zusammenhang zu verdeutlichen und sie zu einer möglichst weitgehenden
Nikotinabstinenz anzuhalten.
Retrobulbärbestrahlung oder Glukokortikoide bei
hoher Entzündungaktivität?
Bei ausgeprägter entzündlicher Symptomatik mit Chemosis, konjunktivaler Injektion, Periorbitalödem, beginnender Motilitätsstörung und Beeinträchtigung von
Gesamtbefinden und Arbeitsfähigkeit ist die orale
Applikation von Glukokortikoiden (Prednisolon 40–60
mg/Tag, langsame Dosisreduktion über 4–6 Wochen)
indiziert, ggf. in Kombination mit der Retrobulbärbestrahlung. Beide Therapievefahren sind einer gut
27 (2003) 2
ABSTRACTS
kontrollierten Studie zufolge bei Patienten mit mäßiggradiger EO gleichwertig. Aufgrund der höheren
Patientenakzeptanz und der deutlich geringeren
Nebenwirkungsrate wurde bisher im mäßig aktiven
Stadium häufig der Retrobulbärbestrahlung der Vorzug
gegeben (Kontraindikation: diabetische Retinopathie).
Dabei wird auf den Orbitaapex von temporal und zur
Vermeidung eines Strahlenkatarakts unter Aussparung
der Linsen eine Gesamtdosis von 20 Gy in 10 Fraktionen
über 2 Wochen appliziert. Leider konnten mehrere
Studien aus jüngster Zeit zur Retrobulbärbestrahlung
(Mourits/Utrecht, Gorman/Mayo Clinic, Gerling/Freiburg
im Rahmen der deutschen Multizenterstudie) die
Effektivität dieser Maßnahme nicht bestätigen. Ihre
Wirksamkeit wird deshalb heute von manchen Experten
angezweifelt oder stark relativiert. Eine Indikation zur
Retrobulbärbstrahlung besteht nach den Erfahrungen
der Amsterdamer EO-Forschergruppe auch nicht bei
Patienten mit gering-mäßig aktiver EO, so dass nach
derzeitiger Studienlage (Mourits) allenfalls EO-Patienten
mit frisch aufgetretenen Motilitätsstörungen zu profitieren scheinen. Manifestiert sich eine EO mit hochgradiger entzündlicher Aktivität und Komplikationen, favorisieren wir initial die intravenöse Applikation von Glukokortikoiden (z.B. je 1000 mg Methylprednisolon pro Tag
über 5 Tage oder eine intravenöse Intervalltherapie,
danach orale Weiterbehandlung), häufig gefolgt von
einer oralen Immunmodulation mit Methotrexat. Letztere
wirkt unspezifisch immunosuppressiv und mit einer Latenzzeit von bis zu 8 Wochen auf die akut-entzündliche
Komponente des orbitalen Autoimmunprozesses, wobei
sich der Therapieerfolg erst nach etwa 4 Monaten
abschließend beurteilen lässt. Im chronischen Stadium
der EO, wenn bereits fibrös veränderte externe
Augenmuskeln mit eingeschränkter Motilität oder eine
chronische Optikusneuropathie vorliegen, zeigen
immunmodulatorische Therapieverfahren kaum noch
Erfolge. Daher ist es vordringlich, diese Therapieformen
möglichst frühzeitig im Stadium der hohen entzündlichen Aktivität einzusetzen.
Konservative oder operative Therapie bei
therapierefraktärer Situation?
Neben absoluter Nikotinkarenz, engmaschigen Kontrollen und präziser Einstellung einer euthyreotischen
Stoffwechsellage sind bei schweren Verlaufsformen
einer EO mit hochgradiger entzündlicher Aktivität,
massivem Binde- und Fettgewebsprolaps, prominenten Motilitätsstörungen sowie visusbedrohenden
Komplikationen (Expositionskeratitis, Optikusneuropathie) aggressivere Behandlungsverfahren indiziert,
die zumindest unter teil-stationären Bedingungen
erfolgen sollten. Diese zum Teil mit beträchtlichen
Nebenwirkungen behafteten Maßnahmen umfassen
die hochdosierte intravenöse bzw. orale Stoßtherapie
27 (2003) 2
mit Glukokortikoiden (je 1000 mg Prednisolon/Tag
intravenös über 5 Tage, dann orale Fortsetzung mit
40–60 mg/Tag mit schrittweiser Dosisreduktion um
5–10 mg/Woche bis zu einer Erhaltungsdosis von
10–20 mg/Tag), die Kombination von Glukokortikoiden
mit Methotrexat oder Cyclosporin A und die operative
Orbitadekompression. Letztere kommt überwiegend
bei Patienten mit schwerster, therapierefraktärer EO
und Optikusneuropathie oder progredienter Expositionskeratitis – im Einzelfall auch als Notfalleingriff –
zum Zuge und sollte von einem in der Orbitachirurgie
versierten Spezialisten durchgeführt werden. Bleiben
postoperativ ein inkompletter Lidschluss oder eine
Expositionskeratopathie bestehen, können zusätzlich
supportive Maßnahmen (Uhrglasverband, Tarsorrhaphie) indiziert sein.
Rehabilitation im stabilen Residualstadium
Durch flankierende, rehabilitative Maßnahmen, z. B.
Prismenverordnungen (Folien, Gläser) bei Doppelbildern lassen sich subjektiv störende Symptome der
chronischen EO häufig verbessern, gelegentlich ist
eine vorübergehende monokulare Okklusion indiziert.
Operative, rehabilitative Eingriffe sind im floriden
Stadium der Erkrankung kontraindiziert und erst ratsam, wenn zuvor ein mindestens 4-monatiges inaktives Erkrankungsstadium vorlag. Motilitätsstörungen
der externen Augenmuskeln mit zumeist resultierenden
Doppelbildern können im inaktiven Stadium durch
operative Augenmuskelkorrekturen verbessert oder
beseitigt werden. Bei persistierender Oberlidretraktion
können lidverlängernde Operationen (Müller-Ektomie,
Levatoraponeurosenverlängerung mittels Duraimplantat) durchgeführt werden. Im Falle eines störenden
periorbitalen Fettgewebsprolaps bzw. bei persistierender Protrusio bulbi werden mithilfe der Orbitafettgewebsresektion kosmetisch zufriedenstellende Ergebnisse erreicht. Sämtliche rehabilitative Operationen
im Rahmen einer EO sollten von erfahrenen Orbitachirurgen an Zentren mit ausreichend hoher Operationsfrequenz durchgeführt werden.
Neue Therapieformen: Erfolgreich in Einzelfällen
Erfahrungen mit neueren experimentellen Therapieansätzen wie der hochdosierten intravenösen Applikation
von Immunglobulinen oder der Behandlung mit langwirksamen Somatostatinanaloga bestehen bislang nur
in Form kasuistischer Berichte oder kleinerer, unkontrollierter Serien und sind daher mit der gebotenen
Vorsicht zu bewerten. Ob diese neuen Therapieansätze
einen Vorteil gegenüber den etablierten Therapieverfahren bieten, ist derzeit noch offen. Die Wirksamkeit der hochdosierten Immunglobulintherapie bei EO
ist trotz vereinzelter Beoachtungen einer partiellen
Remission bislang nicht durch ausreichend kontrollier-
Endokrinologie Informationen
71
ABSTRACTS
te klinische Studien erwiesen und einer oralen Glukokortikoidtherapie hinsichtlich Wirksamkeit nicht
überlegen. Die extrem hohen Behandlungskosten und
das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen (Infektionsrisiko, Hyperviskosität) zwingen zur Restriktion auf
Einzelanwendungen in therapierefraktären Fällen bzw.
bei Patienten mit schwerer entzündlicher Symptomatik
und Kontraindikationen für andere Therapieverfahren.
Ähnliches gilt auch für Therapieversuche mit langwirksamen Somatostatinanaloga (z.B. Sandostatin LAR 30
mg pro Monat i.m.) oder Lanreotid, die aufgrund pathophysiologischer und nuklearmedizinischer Aspekte von
Interesse sind, deren klinischer Nutzen anhand der
wenigen vorliegenden Einzelberichte aber noch nicht
beurteilt werden kann. Mit den Ergebnissen der in
Newcastle/UK und Marburg/München durchgeführten
plazebokontrollierten, randomisierten, prospektiven
Studie zu Sandostatin LAR bei Patienten mit aktiver EO
ist Mitte 2002 zu rechnen.
Antioxidative Therapie
Pathophysiologisch sinnvoll und begründbar, jedoch
ebenfalls noch ohne gesicherten Wirksamkeitsnachweis
ist die antioxidative und entzündungshemmende
Therapie durch eine individuelle oder kombinierte systemische Applikation von Substanzen wie Selen, Nicotinamid, Vitamin E, N-Acetyl-Cystein, Alpha-Liponsäure,
Bioflavonoiden, Omega-3-Fettsäuren, Pentoxiphyllin
u.a. Insbesondere Raucher könnten von diesem
Behandlungsansatz profitieren. Außerdem ist eine prophylaktische Gabe dieser Substanzen bei Patienten mit
Morbus Basedow und hohem Risiko für eine schwere
EO (Tab. 4) denkbar, da die Behandlung sehr gut verträglich ist und keine wesentlichen Nebenwirkungen aufweist. Mehrere Studien untersuchen derzeit die Wirksamkeit der antioxidativen Therapie bei Patienten mit
mäßig-aktiver EO. Die bislang publizierten positiven
Resultate einiger kleinerer Studien mit Substanzen wie
Nicotinamid oder Pentoxiphyllin wurden unkontrolliert
bzw. mit einem nicht ausreichend kontrollierten
Studiendesign gewonnen.
Einflu`ss der Therapie des Morbus Basedow auf
die endokrine Orbitopathie
Nachwie vor ungeklärt ist die Frage, ob die Therapieform
der Basedow-Immunhyperthyreose (Radiojodtherapie
oder nahezu vollständige Thyreoidektomie) Inzidenz,
Grad oder Prognose einer EO beeinflusst. Basierend auf
den zum Teil gemeinsamen pathogenetischen Faktoren
bei der Entstehung thyreoidaler und orbitaler Manifestationen des MB könnte die längerfristige Freisetzung
von Schilddrüsenantigenen durch die destruktiv wirkende Radiojodtherapie bzw. das operative Gewebstrauma
zu einer Verschlechterung des orbitalen Immunprozesses führen. Um wiederholte Radiojodtherapien und
72
Endokrinologie Informationen
die damit verbundene repetitive Antigenfreisetzung zu
vermeiden, sollte eine Radiojodtherapie zur Behandlung
der Basedow-Hyperthyreose bereits initial in ablativer
Dosierung erfolgen, was nur bei kleineren Schilddrüsenvolumina sicher möglich ist. Liegen Risikofaktoren für die
Entstehung einer schweren EO vor (Tab. 4), sollte primär
keine Radiojodtherapie erfolgen, oder diese in unter passagerem Glukokortikoidschutz (20–30 mg Prednisolon
über 4–6 Wochen) durchgeführt werden. Da bereits eine
vorübergehende iatrogene Hypothyreose einen wesentlichen aggravierenden Faktor der EO darstellt, sollte der
absehbaren Entwicklung einer Hypothyreose nach ablativer Radiojodtherapie (50–75 _g L-Thyroxin) oder nahezu totaler Thyreoidektomie durch frühzeitige Substitution
mit Schilddrüsenhormon (100–125 _g L-Thyroxin) vorgebeugt werden. Bei Patienten mit Basedow-Immunhyperthyreose, die keine derartigen Risikokonstellationen aufweisen, bleibt die Radiojodtherapie (ohne begleitenden
Glukokortikoidschutz) unverändert eine effektive, sichere
und risikoarme Therapiemaßnahme.
Prof. Dr. med. Armin E. Heufelder
Elisenstraße 3a
80335 München
Tel.: 089-592725
E-mail: [email protected]
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Iodhaltige Röntgenkontrastmittel und Medikamente: Prophylaxe?
Wieland Meng, Greifswald
Ein Iodexzess ist ein häufiges und oft nicht vermeidbares Ereignis. Ein Problem stellt in der Praxis die mögliche Manifestation oder Exazerbation einer Hyperthyreose nach der Zufuhr hoher Iodmengen dar. Am
häufigsten ist die Verabreichung eines iodhaltigen
Röntgenkontrastmittels (in Deutschland ca. 5 Millionen/Jahr). Von den iodhaltigen Medikamenten nimmt
Amiodaron wegen verschiedenartiger Effekte auf die
Schilddrüse eine besondere Stellung ein.
Röntgenkontrastmittel
Von Bedeutung sind: der Gehalt an freiem Iod, die
durch Deiodasen aus dem Kontrastmittel freigesetzte
Iodmenge und die Verweildauer des Kontrastmittels im
Organismus. Die Ausscheidung der modernen, zur
Angiographie benutzten Kontrastmittel, erfolgt überwiegend über die Nieren, nur 1–2% werden mit dem Stuhl
ausgeschieden. Schon nach 2–3 Stunden sind 50%
und nach 24 Stunden 90% eliminiert. Die Iodurie normalisiert sich etwa 8–10 Tage nach Kontrastmittelgabe.
Nichtionische Röntgenkontrastmittel enthalten nur
geringe Mengen an freiem Iod (0,5–35 µg Iod/ml). Die
Gesamtmengen an Iod (überwiegend gebunden) sind
aber mit ca. 100–350 mg Iod/ml erheblich. Aus diesem
riesigen Reservoir wird Iod durch Deiodasen im Körper
freigesetzt. So werden bei einer Koronarangiographie
mit ca. 80 ml eines nichtionischen Kontrastmittels ca. 6
mg Iod/Tag verabfolgt. Die Hauptbelastung liegt in der
ersten Woche nach Kontratmittelgabe und beläuft sich
auf etwa 30–50 mg Iod. Die Iodeffekte auf die
Schilddrüsenfunktion und die schilddrüsenrelevanten
Hormone sind sehr unterschiedlich. Sie sind abhängig
von: der Iod-Gesamtmenge, der Dauer der Iodapplikation und der Reagibilität des Schilddrüsengewebes. Die Reagibilität des Schilddrüsengewebes
hängt ab: vom Vorliegen gesunden Gewebes oder
einer präexistenten Schilddrüsenerkrankung, vom
27 (2003) 2
Lebensalter, von der alimentären Iodversorgung und
individuellen Faktoren. Die gesunde Schilddrüse
besitzt autoregulatorische Mechanismen, die sie vor
einem Iodexzess schützt. Störungen dieser Mechanismen führen zu Entgleisungen der Funktion.
Die Häufigkeit iodinduzierter Hyperthyreosen nach
Kontrastmittelgaben ist geringer als vermutet (ca.
0,3% im nicht selektierten Patientengut). Ursachen
sind meist nicht erkannte funktionelle Autonomien und
seltener ein latenter Morbus Basedow. Die Gefahr einer
iodinduzierten Hyperthyreose darf aber nicht unterschätzt werden, da sie durch einen besonders schweren Verlauf gekennzeichnet ist. Zu ihrer Vermeidung
können beitragen:
– Vor Iodexzess Autonomie ausschließen: Anamnese,
klinischer Befund, Palpation, TSH (bei TSH < 0,4
mU/l: FT3, FT4), Sonographie. Bei TSH < 0,4 oder
palpablem Knoten oder sonographischen Herdbefunden oder Strumen > 50 ml: Szintigraphie.
– Klinische Relevanz einer Autonomie abschätzen
(Suppressionsszintigramm)
– Vermeidung eines Iodexzesses bei Autonomie
(physiologische Iodmengen sind erlaubt!)
– Iodexzess während einer Hyperthyreosebehandlung vermeiden
– Einsatz alternativer Verfahren ohne iodhaltige
Kontrastmittelgabe (MRT) erwägen
– Nach Iodexzess an eine Hyperthyreose denken
(Kontrollen)
– Patienten über Iodexzess aufklären
– Schutzmaßnahmen vor Iodexzess einleiten
– Prophylaktische Therapie (Operation, Radioiodtherapie) oder medikamentöse Prophylaxe
– Extrathyreoidale Ursachen eines niedrigen bzw.
supprimierten TSH-Spiegels müssen ausgeschlossen werden.
Endokrinologie Informationen
73
ABSTRACTS
Prophylaxe bei euthyreoter funktioneller Autonomie: Die Gefahr einer iodinduzierten Hyperthyreose
ist nicht so hoch wie bisher angenommen. Eine
Voraussage ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet
und im Einzelfall kaum möglich.
Eine Prophylaxe sollte immer bei TcTUsupp-Werten
>2% erfolgen. Bei Werten zwischen 1–2% ist eine Entscheidung nach individuellen Gesichtspunkten notwendig (zusätzliche Risiken?) und bei Werten <1%
muss keine Prävention erfolgen.
Stehen diese Werte nicht zur Verfügung, muss im
Einzelfall nach vorhandenen Befunden (Anamnese,
Palpation, Sonographie, TSH, FT4, T3, Szintigraphie)
eine grobe Einschätzung unter Berücksichtigung der
gesamten patientenbezogenen Problematik (Alter,
Begleiterkrankungen u.a.) vorgenommen werden.
Wenn eine iodinduzierte Hyperthyreose in der Anamnese bekannt ist, ist die Prophylaxe zwingend nötig.
Auch wenn die Adenomgröße nicht als sicherer
Parameter für eine Hyperthyreosegefährdung nach
Iodexzess angesehen werden kann, so sind aber
Patienten mit einem Adenom unter 2,5 cm Durchmesser wenig und bei Adenomen ab 3,0 cm deutlich
gefährdet. Besonders bei Adenomen ab 3,0 cm oder
großen Strumen (>50 ml) und gleichzeitig niedrigem
oder vollständig supprimiertem TSH ist ein besonders
hohes Risiko anzunehmen. Im Zweifelsfall ist eine
Prophylaxe angezeigt. Die Empfehlungen weichen im
Detail voneinander ab, da es keine ausreichenden
Studien zu diesem Problem gibt.
Die Propylaxe kann bei weniger aktiven Autonomien
mit Perchlorat allein und sollte bei höherer Aktivität
besser mit der Kombination Perchlorat und Thiamazol
(Methimazol) durchgeführt werden.
– Perchlorat (Irenat):
1–2 Stunden vor Iodgabe 900-1200 mg
(2 x 25–30 Gtt.)
Fortführung über 7–14 Tage: 900 mg/Tag
(3 x 15 Gtt.)
– Thiamazol:
Beginn vor Iodgabe: 20 mg/Tag
Fortführung 7–14 Tage: 20 mg/Tag
– Kontrollen: TSH, FT3, FT4, (Blutbild) vor sowie etwa
1–2, 4, 8 und 12 Wochen nach Iodgabe (Cave:
Latenzphase der Hyperthyreoseentwicklung ca. 4–6
Wochen). Die Kontrollen müssen auch durchgeführt
werden, wenn auf eine Prophylaxe verzichtet wurde.
Wenn man sich für eine Prophylaxe entscheidet,
müssten logischerweise die Weichen für eine baldmögliche definitive Therapie gestellt werden.
Maßnahmen bei Hyperthyreose: Besteht eine floride
Hyperthyreose, sollte ein Iodexzess nach Möglichkeit
vermieden werden. Ist die Iodgabe unumgänglich, so
erfolgt die Iodinationsblockade mit Perchlorat in der
74
Endokrinologie Informationen
oben beschriebenen Weise. Die Thiamazoldosis muss
hoch gewählt werden, um eine rasche und sichere Blockade der Hormonsynthese zu erreichen und sie ist so
früh wie möglich einzuleiten. Ein Mindestzeitraum bis
zur Iodapplikation von ca. 2–4 Stunden sollte nach
Möglichkeit eingehalten werden. Die Initialdosis sollte
40–80 mg Thiamazol betragen. Nach Iodapplikation erfolgt die Fortführung mit 40 mg Thiamazol/Tag. Die Dosis wird dem Verlauf angepasst schrittweise reduziert.
Bei einer laufenden Dauertherapie und kompensierter
Schilddrüsenfunktion unter niedrigen Thiamazoldosen
muß die Thyreostatikadosis für 1–2 Wochen wieder
angehoben werden (20 mg/Tag). Die Dosisreduktion
erfolgt entsprechend dem Verlauf. Die PerchloratApplikation erfolgt wie bei den euthyreoten Formen.
Wichtig ist in allen Fällen die Festlegung des weiteren
Procedere (definitive Therapie anstreben).
Amiodaron
Eine Therapie mit Amiodaron (Cordarex) stellt eine
erhebliche Iodbelastung dar. 200 mg Amiodaron enthalten 75 mg Iod, davon sind 6 mg verfügbar. Amiodaron
und seine Metaboliten (Desethylamiodaron) werden im
Gewebe (Herz, Fettgewebe) angereichert. Die
Eliminations-HWZ beträgt ca. 52 Tage (Metaboliten länger). Hauptwirkungen sind die Hemmung der Konversion
von T4 zu T3, der rT3-Deiodierung und der zellulären T4Aufnahme. Ferner werden die kardialen T3-Rezeptoren
blockiert und die Zahl der ß-Rezeptoren vermindert. Die
auf das Herz entfalteten Effekte sind z.T. durch eine
„Gewebehypothyreose“ im Herzmuskel erklärbar.
Zytotoxische Reaktionen an Thyreozyten sind experimentell belegt. Einen Teil der Amiodaron-Effekte, insbesondere die TSH-suppressive Wirkung auf hypophysärer
Ebene, wird mit der engen strukturellen Verwandtschaft
von Thyroxin und Amiodaron erklärt.
Trotz euthyreoter Stoffwechsellage kommt es unter
Amiodaron in typischen Fällen zum T4-Anstieg und
zum T3-Abfall. TSH steigt zunächst meist an, um sich
nach ca. 3 Monaten zu normalisieren; es kann jedoch
auch unter die Normgrenze abfallen. Damit wird die
Schilddrüsenfunktionsdiagnostik erheblich erschwert.
Der T4-Anstieg wird bei niedrigem TSH oft fälschlicherweise als Ausdruck einer Hyperthyreose gewertet.
Die Symptomatik ist gleichfalls nur eingeschränkt aussagefähig. So können die klinischen Erscheinungen bei
Herzpatienten oft nur schwer zugeordnet werden.
Funktionsstörungen können zu jeder Zeit auftreten. Für
eine Hyperthyreose ist ein (plötzlicher) T3-Anstieg
beweisend, aber auch T3-Spiegel im oberen Normbereich sind bei einer Hyperthyreose möglich (Klinik
beachten, Dynamik der T3- und der T4-Spiegelbewegungen wichtig: „T3-“ und ggf. „T4-Sprung“ ). In Iodmangelgebieten – das trifft für Deutschland zu – entwickeln sich häufiger Hyperthyreosen (10–15%) als
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Hypothyreosen (2–5%). Bei präexistenter funktioneller
Autonomie (seltener bei latentem Morbus Basedow) ist
die Hyperthyreose meist Folge des Iodexzesses (Typ-IHyperthyreose). Bei primär gesunden Schilddrüsen kann
sich durch zytotoxische Reaktionen eine Thyreoiditis mit
Hyperthyreose entwickeln („Leck-Hyperthyreose“, Typ II).
Mischformen sind möglich. Auch nach Absetzen von Amiodaron kann noch nach Monaten eine Hyperthyreose durch
die „Entblockung“ der T3-Rezeptoren manifest werden.
Bei Auftreten einer Hyperthyreose sollte stets geprüft
werden, ob auf Amiodaron verzichtet werden kann. Der
Verlauf der Typ-I-Hyperthyreose ist häufig langwierig und
schwer. Die Ansprechbarkeit auf Thyreostatika ist durch
die massive Iodbelastung meist erheblich beeinträchtigt.
Es empfiehlt sich eine hochdosierte kombinierte
Thiamazol/Perchlorat-Therapie (40–60 mg Thiamazol/Tag
und 900–1200 mg Perchlorat/Tag). Als Ultima Ratio gilt
bei schweren Verläufen die Operation. Bei der Typ-IIHyperthyreose kommt es häufig nach Absetzen des
Amiodarons, aber auch unter Fortführung der Behandlung zu spontanen Remissionen. Die Hyperthyreose
spricht nicht auf Thyreostatika, sondern gut auf Glukokortikoide an (ca.1 mg Prednisolon/kg Körpergewicht/Tag). Der Verlauf kann (mit und ohne Amiodaron) in
eine Hypothyreose einmünden. Bei Mischformen muss
auf alle drei Wirkprinzipien zurückgegriffen werden.
Kennzeichnend für eine Hypothyreose ist der sinkende
T4-Spiegel bei gleichzeitig steigendem TSH-Wert. Der
T3-Spiegel ist in der Regel ohnehin niedrig und damit diagnostisch meist wertlos. Als Risikofaktoren gelten eine
Autoimmunthyreoiditis oder positive Schilddrüsenantikörper, relativ hohe TSH-Spiegel sowie eine familiäre
Häufung von Schilddrüsenerkrankungen und eine
Amiodaron-induzierte Schilddrüsenerkrankung in der
Anamnese. Die Hypothyreose bildet sich nach Absetzen
von Amiodaron häufig nicht zurück. Eine Substitutionstherapie mit Levothyroxin ist erforderlich. Bei
Fortführung der Amiodarontherapie sollten die T4Spiegel an der oberen Normgrenze oder leicht erhöht
sein und die TSH-Werte im Normbereich liegen.
Wichtig ist die Prophylaxe. Bei Risikopatienten sollte
nach Möglichkeit eine rechtzeitige Sanierung der Schilddrüsenerkrankung erfolgen. Vor einer Amiodarontherapie
muss eine ausreichende Schilddrüsenuntersuchung vorgenommen werden. Dazu gehören neben der Anamnese
und der klinischen Untersuchung die Bestimmung des
TSH-Spiegels, die Sonographie und ggf. die Szintigraphie. Schilddrüsenantikörper sind nicht zwingend nötig,
können aber im Hinblick auf die Risikoabschätzung nützlich sein. Eine Messung von T3 und T4 vor Therapiebeginn ist bei normalem TSH gleichfalls für die Entscheidungsfindung nicht erforderlich, sie empfiehlt sich
jedoch im Hinblick auf die Verlaufsbeurteilung. Kontrollen
der Schilddrüsenfunktion während der Therapie sind
obligat (Frühphase: 2–3 bzw. 6–8 Wochen, dann alle 3
Monate) und Spätkontrollen nach Absetzen der Therapie
(3 und 6 Monate) sind zu empfehlen.
Übersichten:
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Subklinische Hyperthyreose – Behandlung erforderlich?
Roland Gärtner, Universität München, Campus Innenstadt
Die subklinische Hyperthyreose wird synonym auch als
Grenzwertlatente, okkulte, asymptomatische oder biochemische Hyperthyreose bezeichnet. Im internationalen Sprachgebrauch hat man sich auf ersteren geeinigt, daher sollte dieser auch hier verwendet werden.
Subklinisch bedeutet eigentlich, dass keine klinischen
Symptome vorliegen, was aber bei genauer Überprüfung nicht standhält. Es gibt zudem das Problem, dass
über Jahrzehnte hinweg die Jodmangelstruma TSH
suppressiv behandelt wurde, also eine subklinische
Hyperthyreose induziert wurde, und als Therapieziel
galt. Die Frage, ob dies eine Erkrankung ist, die bereits
behandelt werden sollte, oder aber nur beobachtet,
wird in jüngster Zeit intensiv diskutiert. Die unterschiedlichen Empfehlungen der amerikanischen Fach-
27 (2003) 2
gesellschaften sind ein Beispiel für die Unsicherheit
hierüber.
Diagnose:
Die subklinische Hyperthyreose ist in der Regel primär
eine biochemische Diagnose, die durch ein supprimiertes oder erniedrigtes TSH bei normalen peripheren
freien Schilddrüsenhormonen gestellt wird. Auszuschließen sind extrathyreoidale Erkrankungen wie
schlecht eingestellter Diabetes, entzündliche, chronische oder konsumierende Erkrankungen mit katabolem Stoffwechsel oder eine Behandlung mit höheren
Steroiddosen. Sind dieses ausgeschlossen, so ist die
weitere Vorgehen entsprechend den Empfehlungen der
DGE zur Diagnostik der Hyperthyreose.
Endokrinologie Informationen
75
ABSTRACTS
Epidemiologie
In größeren Studien wird die Inzidenz der subklinischen
Hyperthyreose in Gegenden mit ausreichender Jodversorgung mit 0,7%, die der manifesten Hyperthyreose
mit 0,5% angegeben (NHANES III), in Gegenden mit mildem Jodmangel (Dänemark) mit 1,3% (subklinisch) bzw.
1,4% (manifest). In Deutschland wird die Inzidenz bei
über 70-Jährigen mit 6,3% angegeben, es ist also eine
Erkrankung, die mit dem Alter zunimmt.
Klinische Wertigkeit
Die subklinische Hyperthyreose stellt ein 3-fach höheres Risiko dar, innerhalb von 10 Jahren Vorhofflimmern
zu entwickeln. Ob diese Patienten ein höheres Risiko
für Embolien haben als euthyreote Patienten mit
Vorhofflimmern ist ungewiss. Linksventrikuläre Hypertrophie, erhöhter systolischer Blutdruck, verminderter
peripher Wiederstand und erhöhtes Herzminutenvolumen wurde beschrieben, letztere sind unter
Behandlung reversibel. Die klinische Wertigkeit ist aber
umstritten, insbesondere bei jüngeren Patienten.
Besonders hervorzuheben sind die Ergebnisse einer
Studie in der die Mortalität bei 1191 über 60-Jährigen
innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren untersucht
wurde. Keiner dieser Patienten erhielt Thyroxin oder
Thyreostatika. Während des Beobachtungszeitraumes
verstarben 509 von 1191 Patienten. Bei 71 Patienten
bestand eine subklinische Hyperthyreose. Die Mortalitätsrate bezogen auf alle Todesursachen war bei diesen Patienten verglichen mit denen, die ein normales
TSH hatten, 2-fach erhöht.
Postmenopausale Frauen mit subklinischer Hyperthyreose haben einen höheren Verlust an Knochenmasse, erhöhte Frakturraten wurden allerdings nicht beschrieben. Ein höheres Risiko, eine Demenz oder M.
Alzheimer zu entwickeln wurde kürzlich in der RotterdamStudie gezeigt, dies muss noch bestätigt werden.
To treat or not to treat?
Eine subklinische Hyperthyreose hat eindeutige klinische Symptome, auch wenn diese im Einzelfall nur
sehr gering sein mögen, bei über 60-Jährigen ist die
Mortalität signifikant erhöht.
Im milden Jodmangel sind Patienten mit subklinischer
Hyperthyreose auch weit mehr gefährdet, unter einer
höheren Jodidsubstitution eine manifeste Hyperthyreose zu entwickeln. Daher gilt grundsätzlich, dass die
subklinische Hyperthyreose weiter abzuklären und zu
therapieren ist, es sei denn, es handelt sich um eine(n)
junge(n) Patientin(en), ohne kardiales, neuropsychiatrisches oder osteoporotisches Risiko.
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ABSTRACTS
Latente Hypothyreose, Hashimoto-Thyreoiditis: Wann welche Therapie?
Prof. Dr. K. Mann
Definition – Latente Hypothyreose
Eine latente oder subklinische Hypothyreose ist charakterisiert durch ein erhöhtes basales TSH, >4 mU/l,
und einem im Normbereich liegenden Parameter für
das freie T4. Aufgrund der klinischen Relevanz der
Frühform wäre ein bevorzugter Ausdruck „milde Hypothyreose“ (Sawin 1994).
Prävalenz
Während die Prävalenz der manifesten Hypothyreose
mit 0,1–1,5% (Hollowell 2002, Sawka 2002) relativ niedrig ist, liegt sie für die subklinische Hypothyreose in
der Literatur bei 0,5–6%. Bei älteren Frauen (über 60
Jahre) werden von Vanderpump (1995) 7–10% angegeben und in der Colorado Thyroid Prävalenz Study
war die Inzidenz bei Männer über 74 Jahre auf 16%
erhöht und mit der bei gleichaltrigen Frauen (21%)
durchaus vergleichbar.
Ursächlich verantwortlich sind Immunthyreotitiden
(Hashimoto-Thyreoiditis, atrophische Thyreoiditis, selten Morbus Basedow mit Hypothyreose), die postpartumthyreoiditis und iatrogene Ursachen wie Schilddrüsenoperationen, die Radio-Jod-Therapie mit ihrer
kurz- aber auch langfristigen Strahlenwirkung (Späthypopthyreoserate ca. 2% pro Jahr), externe Bestrahlungen im Halsbereich (z.B. bei Lymphomen) und
Medikamte (antithyreoidale Medikamente, hochdosiertes Jod, Amiodaron, Lithium, Interferon-, Interleukin) (Feldkamp 2002).
Morbiditätsrisiko
Klinisch relevante Symptome der Hypothyreose und in
abgeschwächter Form auch der subklinischen Hypothyreose sind Bradykardie, milde Hypertonie, eine allgemeine Verlangsamung, depressive Verstimmungen,
Ödemneigung, eine verminderte Kontraktilität des
Herzens und eine Hypoventilation. Die Hypothyreose
trägt beschleunigend zur Entwicklung einer Arteriosklerose und der koronaren Herzerkrankung (KHK) bei.
Ursache hierfür sind wahrscheinlich die arterielle Hypertonie und die Hypercholesterinämie. Die Hypercholesterinämie beruht vor allem auf einem verminderten Abbau des Cholesterins. Die Angaben zur Erhöhung
von Cholesterin und insbesondere LDL-Cholesterin bei
latenter Hypothyreose sind widersprüchlich, ein erhöhtes Mortalitätsrisiko ist nicht eindeutig belegt. Bei leicht
erhöhten TSH-Spiegeln bis 5,5 mU/l sind die LDLCholesterin-Spiegel noch nicht erhöht, mit ansteigen-
27 (2003) 2
den TSH-Werten (>12 mU/l) nimmt die Hyperlipidämie
kontinuierlich zu und es steigt das Risiko einer koronaren Herzerkrankung (Biondi 2002). Die RotterdamStudie an 1149 postmenopausalen Frauen hat gezeigt,
dass bereits bei subklinischer Hypothyreose das
Infarktrisiko steigt und die Häufigkeit von Aortenkalk
zunimmt (Hak 2000). Dieses wahrscheinlich erhöhte
Gefäßrisiko, auch bei milden Hypothyreoseformen, ist
Hauptgrund für Empfehlungen in bestimmten Populationen ein Hypothyreose-Screening zu propagieren (Vierhapper 2000). Als Verbindungsglied zur koronaren Herzerkrankung ist bei der Hypothyreose das LDL-Cholesterin jedoch nicht eindeutig belegt (Toft 1994). Weitere
Argumente einer Frühdiagnostik ist die Beobachtung,
dass bei jüngeren Frauen Fertilitätsstörungen bei milder
Hypothyreose vorliegen und durch die Gabe von
Levothyroxin gebessert werden können. Eine allgemeine Befindlichkeitsbesserung in allen Lebensaltern durch
die frühzeitige Levothyroxin-Therapie ist bei 25–50%
der Patienten zu erwarten (Cooper 1984).
Diagnostik
Klassische Symptome der Hypothyreose sind definitionsgemäß bei der subklinischen Hypothyreose nicht
zu erwarten. Anamnese und klinische Untersuchung
müssen nach möglichst spezifischen Symptomen, z.B.
entsprechend dem Scoore nach Zulewski (1977) fanden. Hierzu gehören eine allgemeine Verlangsamung,
Müdigkeit, depressive Verstimmungen und Leistungsrückgang, trockenes Haar und bei Frauen Zyklusstörungen und Menorrhagien (Mann 2001).
Aufgrund der Symptomarmut milder Formen der
Hypothyreose wurde ein Bevölkerungsscreening durch
TSH-Bestimmungen vorgeschlagen (Danese 1996).
Dies ist jedoch nicht unangefochten, da der Nutzen
einer frühen Therapie kontrovers diskutiert wird.
Eine Kostennutzungsanalyse wurde für ein TSHScreening für Frauen über 35 Jahre mit TSH-Kontrollen alle 5 Jahre vorgenommen. Hierbei entfiel die
Hälfte des Nutzens auf die Prävention einer manifesten
Hyopthyreose und der damit verbundenen Morbidität,
30% auf eine Verbesserung der Symptome und ein
kleiner Benefit durch Absenkung des Cholesterins und
des damit verbundenen koronaren Risikos. In
Anbetracht der inzwischen niedrigen Kosten für die
TSH-Bestimmung müssen die erheblichen Kosten der
meist breit gestreuten Diagnostik unspezifischer
Endokrinologie Informationen
77
ABSTRACTS
Symptome und der teuren Therapie mit CholesterinSynthesehemmern gegenübergestellt werden. Eine
wichtige Indikation zur TSH-Bestimmung ist die
Schwangerschaft, da hier eine Störung der neurophysiologischen Entwicklung des Feten und weitere
Schwangerschaftskomplikationen einschließlich Tod
des Feten belegt sind (Abalovich 2002).
Duntas hat eine Einteilung der Hypothyreose nach der
Höhe der TSH-Spiegel vorgeschlagen (Tab. 1).
TSH mU/l
Einteilung
2–4
4–10
>10
Minimal
Mild
Manifest
Im Zweifelsfall und zum definitiven Beleg der Immunthyreopathie eignet sich die Punktionszytologie mit
dem Nachweis lymphozytärer Infiltrationen.
Eine Schilddrüsenszintigraphie ist bei diffuser Echoarmut und homogener Gewebsstruktur entbehrlich. Bei
knotigen Veränderungen sollte sie jedoch ergänzend
durchgeführt werden.
Verlaufskontrollen
Nach Einleitung einer Substitutionstherapie mit
Levothyroxin sollte nach 4 bis 6 Wochen erstmals das
TSH kontrolliert und dann die Levothyroxin-Dosis angepasst werden, so dass das TSH im mittleren Normbereich (0,5–1,5 mU/l) liegt. Verlaufskontrollen der Antikörperbestimmung sind entbehrlich. Langzeitkontrollen von fT4, TSH und Schilddrüsensonogramm sind
jährlich ausreichend.
Tab. 1: Einteilung der Hypothyreose nach TSH-Serumspiegeln
Der Vorschlag gründet sich auf Beobachtungen der
Whickham-Studie, dass das Risiko einer manifesten
Hypothyreose bereits bei TSH-Spiegeln >2 mU/l
ansteigt (Vanderpump 1995).
Die Bestimmung von Thyroxin erfolgt heute mit Methoden, die fT4-Äquivalent erfassen (fT4-Assays). Die Bestimmung von TT3 und fT3 hat für die Diagnose der
Hypothyreose keine entscheidende Bedeutung, da die
fT3-Spiegel selbst bei manifesten Hypothyreosen häufig noch im Normbereich liegen.
Die Bestimmung von Schilddrüsenantikörpern ist für
die Diagnostik von Immunthyreopathien entscheidend.
Methode der Wahl ist hier die Bestimmung der
Antikörper gegen Schilddrüsenperoxidase (TPO-Antikörper). Thyreoglobulinantikörper können bei 60–70%
der Patienten mit Hashimoto- oder atrophischer
Thyreoiditis nachgewiesen werden. Sie sind von untergeordneter Bedeutung und sollten nur bei klinischem
Verdacht einer Immunthyreopathie und negativen TPOAntikörpern bestimmt werden (Dietlein 1999).
Die Schilddrüsensonographie ist bei der HashimotoThyreoiditis durch klein-knotige Veränderungen zwischen 2 und 3 mm und eine geringe Struma charakterisiert. Die atrophische Thyreoiditis zeichnet sich durch
eine diffuse Echoarmut und eine zunehmend atrophische Schilddrüse aus. Sie unterscheidet sich von der
fleckförmigen Echoarmut der akut/subakuten Thyreoiditis, die darüber hinaus meistens sehr schmerzhaft ist. Eine Abgrenzung zwischen Morbus Basedow
und atrophischer Immunthyreoiditis ist sonographisch
nicht möglich (Saller 1997).
78
Endokrinologie Informationen
Leitlinien zur Therapie der subklinischen Hypothyreose
Das Amerikanische College of Physicians findet zwar
keine ausreichende Evidenz für die Behandlung, die
Amerikanische Association of Clinical Endocrinologists, ein Britisches Consensus Statement und eine
Amerikanische Leitlinie empfehlen jedoch die Substitution der subklinischen Hypothyreose, insbesondere
wenn Anti-TPO-Antikörper vorliegen. Mögliche Ausnahmen sind ältere Patienten mit koronarer Herzerkrankung und minimal erhöhtem TSH und Patienten
mit TSH <10 mU/l und negativem Antikörpertest. Den
Algorithmus einer Leitlinie zeigt Abb. 1.
TSH
fT4, TPO-AK,
Lipidstatus
TPO-AK +
TPO-AK -
TSH ≥10 mU/l
Symptome, Struma,
Cholesterin ,
LDL-Cholesterin
Schwangerschaft
Anovulation
Infertilität
Andere Autoimmunerkrankungen
Levothyroxin
Therapie
TSH £10 mU/l
keine Symptome
normales Cholesterin
keine Zyklusstörung
Jährliche Kontrolle
TSH, fT4
optionale L-T4Therapie
Abb. 1: Subklinische Hypothyreose.
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Der hier von Cooper vorgeschlagene Algorithmus geht
noch von einer Entscheidungsgrenze des TSH von
10 mU/l aus. Es mehren sich jedoch die Daten, dass die
milde Hypothyreose schon bei TSH-Spiegeln über
3 mU/l beginnt und beim Nachweis von TPO-Antikörpern das Risiko einer sich entwickelnden manifesten
Hypothyreose steigt. Da viele Patienten über unspezifische Symptome klagen, scheint mir persönlich beim
Nachweis von Schilddrüsenantikörpern eine Substitution
schon bei TSH-Spiegeln über 3 mU/l gerechtfertigt.
Unterstützt wird diese Empfehlung von Untersuchungen
von Padberg (2001), die zeigen konnte, dass durch eine
TSH-suppressive Therapie die Infiltration der Schilddrüse mit T-Lymphozyten und die Antikörper-Titer im Serum
abnahmen. Die Ruhigstellung des Organs führt möglicherweise zu einer Beruhigung des Immunprozesses.
Eine probatorische großzügige Gabe von L-Thyroxin ist
auf Grund der Studienlage gerechtfertigt (SchummDraeger 2002, Woeber 2002). Grundsätzlich behandelt
werden soll, unabhängig vom Nachweis von Schilddrüsenantikörpern die subklinische Hypothyreose in der
Schwangerschaft und bei Frauen mit anovulatorischen
Zyklen und Infertilität. Besonders wichtig ist das
Erkennen der auch subklinischen Hypothyreose in der
Schwangerschaft, da eine nicht erkannte Hypothyreose
zur neurologischen Fehlentwicklung bei Neugeborenen
führen kann (Haddow 1999, Utiger 1999). Ob ein generelles TSH-Screening für Frauen über 35 Jahre realistisch ist, müssen prospektive Studien zeigen. Dies gilt
auch für Männer über 65 Jahre (Cooper 2001).
Empfehlungen zur Therapie der subklinischen
Hypothyreose
Obligatorische Therapie
– nach Schilddrüsenoperation (zu berücksichtigen
sind hier passagere Hypothyreosen in den ersten
Monaten nach Operation – in diesen Fällen ist die
Substitutionsbehandlung ggf. nur vorübergehend
erforderlich)
– nach Radio-Jod-Therapie (auch hier sind in den ersten Monaten nach Therapie passagere Hypothyreosen zu beobachten)
– nach externer Strahlentherapie der Halsregion
– Beim erhöhtem TSH >4 mU/l und Nachweis von
Schilddrüsenantikörpern
– in der Schwangerschaft und Neugeborenenzeit
Probatorische Therapie
– bei TSH-Spiegeln >4 mU/l und Hypercholesterinämie bzw. erhöhtem LDL-Cholesterin
– bei Zyklusstörungen und Infertilität
– bei psychiatrischen Erkrankungen, insbesondere
bei Vorliegen depressiver Symptome
– bei Verdacht einer monosymptomatischen Verlaufsform einer Hypothyreose
27 (2003) 2
Die initiale Dosierung beträgt 50–75 µg täglich.
Angestrebt wird eine Normalisierung des TSHSpiegels. Bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung
sollte man niedrig dosiert beginnen (12,5–25 µg täglich)
(Faber 2002, Krehan 2002). Bei der Immunthyreoiditis
kann der Levothyroxin-Bedarf im Verlauf der Jahre
zunehmen. Die Dosiserhöhung erfolgt TSH-adaptiert
(Schuppert 1997). Durch die Schilddrüsenhormonsubstitution kann häufig eine Therapie mit CholesterinSynthesehemmern vermieden werden.
Postmenopausale Frauen, die einer Östrogenersatztherapie bedürfen, haben einen höheren Bedarf an
Levothyroxin. Frauen ohne Schilddrüsenerkrankung
adaptieren den erhöhten Schilddrüsenhormonbedarf
rasch durch eine Zunahme von TBG. Frauen mit Hypothyreose zeigen einen Abfall von fT4, so dass TSH signifikant ansteigt. Es wird daher empfohlen etwa 12
Wochen nach Beginn einer Östrogentherapie die
Schilddrüsenhormonparameter zu überprüfen und die
Levothyroxin-Dosierung anzuheben (Arafah 2001).
Selten findet sich eine Konversionsschwäche von
Thyroxin zu Trijodthyronin durch einen Mangel an TypII-Dejodase. Diese Patienten zeigen persistierende
Symptome einer Hypothyreose trotz LevothyroxinTherapie. Hier besteht ausnahmsweise die Indikation
für eine Kombinationstherapie aus T3 und T4. Am
besten geeignet erscheint eine Therapie im Verhältnis
10:1 T4 zu T3 (z.B. Prothyrid-Tabletten). (Bunevicius
1999.)
Zu unterscheiden sind Patienten, die in Nordamerika
unter dem Wilson-Syndrom subsummiert werden.
Diese Patienten beklagen verschiedenste unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Gewichtszunahme,
Antriebsarmut und fordern trotz belegter Euthyreose
Schilddrüsenhormone. Sie gehen davon aus, dass die
Referenzwerte für sie nicht gelten und der Setpoint der
Hypophyse verstellt sei. Die einzige doppelblinde placebokontrollierte Studie mit symptomatischen Patienten und belegter Euthyreose hat gezeigt, dass sie nicht
von einer Schilddrüsenhormonsubstitution profitieren
(Pollock 2000).
Prof. Dr. K. Mann
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Thyreoiditis de Quervain
Petra-Maria Schumm-Draeger
Die subakute granulomatöse Thyreoiditis de Quervain
ist eine transiente, überwiegend spontan ausheilende
Entzündung der Schilddrüse, der pathogenetisch am
ehesten eine virale Ursache zu Grund liegt. Die akut bis
subakut verlaufende Thyreoiditis betrifft gehäuft
Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.
Klinik:
Bei einem Spektrum der klinischen Beschwerden von
nahezu asymptomatischen bis zu sehr schweren
Verläufen mit allgemeinem Krankheitsgefühl, akut einsetzendem hohen Fieber und sehr stark ausgeprägtem
Lokalschmerz in der Schilddrüsenregion kommt es
häufig zu einer verzögerten Diagnosestellung durch
Verwechslung mit anderen Krankheitsbildern, vor allem
aus dem Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Bereich. Für
den auf dem Gebiet erfahrenen Kliniker stellen der
akute Druckschmerz in einer oft nur mäßig vergrößerten und konstistenzvermehrten Schilddrüse sowie
die Ausstrahlung des Schmerzes in die umgebende
Halsregion, vor allem Kiefer- und Ohrregion, charakteristische, zur Diagnose führende klinische Symptome
dar.
Diagnostisches Vorgehen
Laboruntersuchungen: Typische Laborbefunde der
subakuten Thyreoiditis de Quervain sind eine deutlich
beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit (>50–60
mm in der ersten Stunde), deutlich erhöhte Werte für
das C-reaktive Protein (CRP) im Serum bei in der Regel
normalen Werten für Leukozyten. Durch Zerstörung
von Schilddrüsenparenchym im Rahmen dieses ent-
27 (2003) 2
zündlichen Geschehens werden insbesondere im initialen Stadium der Erkrankung vermehr präformierte
Hormone freigesetzt, so dass eine subklinische oder
manifeste Hyperthyreose zu diagnostizieren ist. Die
Serologie für Schilddrüsen-Autoantikörper ist fast
immer negativ, ein positiver Befund hat keine pathogenetische oder prognostische Bedeutung.
Schilddrüsensonographie/Schilddrüsenzytologie:
Die von der Entzündung betroffenen Schilddrüsenareale stellen sich sonographisch deutlich echovermindert, nahezu echofrei dar und imponieren insgesamt
inhomogen, konfluierend in einem oder beiden
Schilddrüsenlappen.
Die Diagnosesicherung erfolgt mit der Schilddrüsenzytologie, die über eine Feinnadelaspirationsbiopsie der
betroffenen Schilddrüsenareale gewonnen, ein typisches Bild der granulomatösen Thyreoiditis mit mehrkernigen Riesenzellen präsentiert. Differentialdiagnostisch können so andere Thyreoiditisformen sowie ein
Schilddrüsenmalignom abgegrenzt werden.
Die Schilddrüsenszintigraphie zeigt wie bei anderen
Thyreoiditisformen eine stark reduzierte Radionuklidaufnahme und ergibt somit zu den zuvor genannten
diagnostischen Maßnahmen kein weiterführendes
Ergebnis.
Therapie:
Eine zügige Stabilisierung des Krankheitzustandes und
Behebung der intensiven Schmerzsymptomatik kann
bei der subakuten Thyreoiditis de Quervain durch eine
Glukokortikoid-Therapie erreicht werden. Die initial
Endokrinologie Informationen
81
ABSTRACTS
hoch dosierte Glukokortikoid-Gabe (60 bis 80 mg eines
Prednisolon-Äquivalentes/Tag) wird in Abhängigkeit des
individuellen Krankheitsverlaufes kontinuierlich bis zu
einer Erhaltungsdosis reduziert, wobei in der Regel eine
Behandlung sechs Monate nur in Ausnahmefällen überschreitet. Wenngleich es sich um eine rein symptomatische Therapie handelt, ist bei mehr als 80% der betroffenen Patienten eine Resitutio ad integrum zu erreichen.
Eine zu rasche Reduktion der Glukokortikoide begünstigt wiederkehrende Verschlechterungen des Krankheitszustandes und muss vermieden werden. Eine thyreostatische Therapie der initial häufig auffälligen Hyperthyreose ist aufgrund der Pathogenese der subakuten
Thyreoiditis de Quervain nicht sinnvoll und sollte unterbleiben. Allenfalls ist eine symptomatische Therapie, ergänzend zur Glukokortikoid-Gabe mit z.B. Betablockern,
zu veranlassen. Eine ausschließliche Behandlung mit
steroidalen Antiphlogistica sollte nur bei leichten Verlaufsformen der Thyreoidits de Quervain zum Einsatz
kommen. Im Rahmen einer erfolgreichen Behandlung
kommt es zur Normalisierung der Laborwerte (BKS,
CRP, Schilddrüsenfunktionswerte) sowie des sonographischen Bildes der Schilddrüse. Nach sehr schweren
Verläufen einer subakuten Thyreoiditis de Quervain kann
eine substitutionspflichtige Hypothyreose resultieren
(3–5% der betroffenen Patienten).
Äußerst selten persistiert die Erkrankung trotz adäquater Behandlung über mehr als 12 Monate, so dass hier
über eine chirurgische Sanierung des Befundes entschieden werden muss.
Prof. Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger
3. Med. Abteilung, Endokrinologie, Stoffwechsel und
Angiologie
Englschalkinger Straße 77
81925 München
Tel.: 0049/89/92 70 21 10
Fax: 0049/89/92 70 21 16
E-mail: [email protected]
Struma maligna: Differenzierung und Prognose
Manfred Dietel, Institut für Pathologie, Charitè Berlin
Schumannstr. 20–21, 10117 Berlin, E-Mail: [email protected]
Die für die Schilddrüse spezifischen Follikelzellen stellen in 90–95% aller Schilddrüsenkarzinome den
Ausgangspunkt der malignen Entartung dar. Die kalzitoninproduzierenden interfollikularen C-Zellen gelten
nur in max. 10% als Ursprungszellen. Die histologische
Klassifikation und die Differenzierung der einzelnen
Tumortypen bestimmt in hohem Maß die Prognose und
hat daher eine besondere Bedeutung. Nichtepitheliale
Tumoren und primäre maligne Lymphome sind selten.
Nach der WHO (Blue Fascicles Series) werden unterschieden
– differenzierte SD-Karzinome
– papilläre
– follikuläre
– medulläre oder C-Zell-Karinome
– gering differenzierte, so genannte insuläre Karzinome
– anaplastische SD-Karzinome und
– andere.
Die Prognose der einzelnen Entitäten ist ausgesprochen unterschiedlich und sollte für jeden Einzelfall
sorgfältig abgeschätzt werden.
Bei den differenzierten (papillären und follikulären) SDKarzinomen lassen sich nach EORTC-Richtlinien
82
Endokrinologie Informationen
(Cancer 1986, 57: 1405-14) prognostisch zwei Risikogruppen von einander abgrenzen:
Prognose differenzierter SD-Karzinome
Aufgrund des unterschiedlichen biologischen und klinischen Verhaltens sind grundlegend zwei Hauptgruppen zu unterscheiden:
Eine Low-risk-Gruppe von 89% aller Fälle mit exzellenter 5-Jahres-Überlebensrate von 98% der Patienten. Dies trifft auf folgende Konstellationen zu:
– jüngere Patienten ohne Fernmetastasen
(m<41, w<51)
– alle älteren Patienten mit
– intrathyreoidalem pap. SD-Ca oder
– weitgehend gekapseltem foll. SD-Ca
– Primärtumor unter 5 cm im Durchmesser
Eine High-risk Gruppe von 11% aller Fälle mit einer
46%igen Mortalität in 5 Jahren.
Dies trifft auf folgende Konstellationen zu:
– alle Patienten mit Fernmetastasen
– alle älteren Patienten mit
– extrathyreoidalem papillärem SD-Karzinom oder
grob invasivem follikulärem SD-Karzinom
– Pimärtumor größer als 5 cm im Durchmesser.
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Diese Aussagen gelten unabhängig vom Stadium der
Erkrankung.
In Ergänzung zu dieser typübergreifenden Prognoseabschätzung sind für die papillären und follikulären
Karzinome weitere Prognosekriterien definiert worden.
Prognose der papillären SD-Karzinome
Die Prognose bei papillären Tumortyp ist insgesamt
gut. Sie liegt über alle Gruppen bei 83% (5 Jahre) und
81% (10 Jahre).
Patienten mit einem papillären vollständig gekapseltem
Mikrokarzinom pT1N0M0 haben eine praktisch normale Lebenserwartung.
Als ungünstig haben sich folgende Kriterien erwiesen:
– schlechter Differenzierungsgrad, insbesondere
Grad IV
– Alter über 45 Jahre
– großzellige oder kolumnäre Zytologie
– Gefäßeinbrüche
– Tumorwachstum außerhalb der SD-Kapsel.
Diese Parameter müssen in den histologischen Befundberichten einzeln aufgeführt werden, damit der
Kliniker sich eine realitätsnahe Einschätzung vornehmen kann.
Prognose der follikulären SD-Karzinome
Bei den follikulären Tumoren ist die Primärunterscheidung in minimal invasiv versus grob invasiv von grundlegender Bedeutung, ferner spielen das Tumorstudium
sowie der Lymphknotenstatus eine wichtige Rolle.
– Die histologisch adäquat nachgewiesene minimal
invasive Variante zeigt eine exzellente Prognose mit
einer 10-Jahres-Überlebensrate. von 90%. Dies gilt
allerdings nur wenn eine ausreichend radikale operative Therapie erfolgt ist.
– Die grob-invasiven follikulären Tumoren haben eine
deutlich schlechtere Prognose. Nach 5 Jahren
leben lediglich noch etwa die Hälfte aller Patienten.
(cave: In zahlreichen Arbeiten sind die gering differenzierten Tumoren nicht als eigene Gruppe erfasst
worden, so dass die Prognose der grob-invasiven
follikulären SD-Karzinome möglicherweise besser
ist als bisher angenommen).
Prognose der gering differenzierten (insulären) SDKarzinome
Die Prognose ist deutlich schlechter als bei den o.g.
Typen, allerdings besser als beim anaplastischen SDKarzinom (s.u.). Die Überlebensrate beträgt nach 5
Jahren 30–50%, nach 10 Jahren 25–35%. Die große
Schwankung beruht auf den in vielen Studien nicht klar
definierten histologischen Kriterien. Bei primärer Metastasierung in die Lunge oder Knochen sowie bei Lymphknotenmetastasen sinkt die Prognose weiter.
27 (2003) 2
Prognose der anaplastischen SD-Karzinome
Dieser Tumortyp muss praktisch immer als infaust
angesehen werden. Die 2-Jahres-Überlebensrate ist
unter 10%, die 5-Jahres-Rate bei unter 5%. Eine lebensverlängernde Therapie ist nicht bekannt.
Prognose der medullären SD-Karzinome
Die Prognose dieses neuroektodermalen Tumors ähnelt
der anderer endokriner Malignome. Es sind langsam
wachsende Läsionen, die allerdings zum Zeitpunkt der
Operation schon in 80% der Fälle metastasiert haben,
ohne dass dies die Prognose stark beeinflusst.
Die 5-Jahresü-Überlebensrate ist 94%, nach 10 Jahren
sind noch 85% am Leben. Als ungünstig gelten
– Primärstudium pT4
– ausgedehnte Fernmetastasen
– immunhistochemischer Nachweis von DopaDecarboxylase, Histaminase und Leu-M1
– DNA-Aneuploidie.
Immunologische und molekulare Assays
zur Prognoseabschätzung
Die bisher beschriebene Vorgehensweise zur Prognoseabschätzung ist letztlich konventionell und hat bei
allen unbestrittenen Qualitäten Grenzen, die insbesondere bei der verlässlichen Beurteilung des individuellen
Falles deutlich werden. Molekulare Methoden könnten
hier zu einer verbesserten Aussagequalität führen.
In Geweben wie in Feinnadelaspiraten (FNA) können die
schilddrüsenspezifischen Proteine Na I symporter (NIS),
thyroid peroxidase (TPO), Thyreoglobulin und SD-spezifische Rezeptoren sowie das RET/PTC Rearrangement
mittels Immunzytologie oder RT-PCR bestimmt werden.
Auch der Nachweis von tumorspezifischen Markern in
Schilddrüsengewebe (Übersicht s. Ringel et al. 2002,
Endocr & Metab Disorder 1:173–181) ist wurde extensive durchgeführt. Allerdings ist es bisher nicht gelungen
einen Marker zu identifizieren, der spezifisch SDKarzinome identifiziert und von benignen adenomen
abgrenzt. Auch in der Prognosebeurteilung haben die
zahlreich untersuchten Marker bisher nicht zu einer verbesserten Aussagegenauigkeit geführt.
Zusammenfassung
Die histologische Differenzierung mit präziser
Festlegung des histologischen Typs, der Wachstumsform sowie der Tumorausdehnung spielen bei der
Prognoseabschätzung epithelialer Schilddrüsenmalignome die entscheidene Rolle. Von bisher noch untergeordneter Bedeutung sind immunhistologische oder
molekulare Zusatzuntersuchungen, da sie sich bisher
nicht als unabhängige Prognosefaktoren oder als hilfreich in der Dignitätsbeurteilung während der täglichen
Diagnostik erwiesen haben.
Endokrinologie Informationen
83
ABSTRACTS
Chirurgische Therapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms
P.E. Goretzki
Lukaskrankenhaus Neuss
Die chirurgische Therapie des Schilddrüsenkarzinoms
hat sich in den letzten Jahren immer mehr zu einer differenzierten Vorgehensweise bei den Patienten entwickelt, die zwischen subtotaler Resektion beidseits
und Hemithyreoidektomie und radikaler Schilddrüsenentfernung mit Entfernung auch der lateralen Halslymphknoten entscheiden muss. Das Vorgehen ist
einerseits abhängig von der Ausdehnung des Primärtumors und wird andererseits von der lokalen Erfahrung über die Aggressivität des Tumors gesteuert.
So zeigen Erfahrungen aus den USA und hier speziell
langjährige Untersuchungen der Mayo-Klinik eine
Knoteninzidenz der Bevölkerung, die abhängig vom
Alter bei 4–7% liegt und damit eine Karzinominzidenz
von Knoten von um 1–5% aufweist. Dies steht im krassen Gegensatz zu den Erfahrungen in Jodmangelgebieten wie z.B. der Bundesrepublik Deutschland.
Hier liegt die Knoteninzidenz der Erwachsenen bei
etwa 30% und die Inzidenz der Karzinome wird bei
einer Prävalenz von 4–8 Fällen pro 100000 Einwohnern
mit 0,02% anzugeben sein. Dies betrifft klinisch relevante Karzinome und nicht Autopsiebefunde, die papilläre Strukturen in über 10% der Schilddrüsen bei
genauer Analyse aufdecken.
Andererseits ist nach eigenen Erfahrungen an über
4000 Fällen von Patienten mit primär als gutartig eingestuften Schilddrüsenerkrankungen in 2–4% mit
einem zufällig gefundenen meist papillären Schilddrüsenkarzinom zu rechnen, das in den meisten Fällen
unter 1 cm Durchmesser maß und in weniger als 5%
auch langfristig zum Tod des Patienten führt. Dies steht
im Gegensatz zu größeren Schilddrüsenkar-zinomen
und Schilddrüsenkarzinomen mit follikulärer Struktur
oder Varianten des papillären Karzinoms, bei denen
eine Letalität von generell bis zu 20% in 15 bis 20
Jahren akzeptiert werden muss, die jedoch bei
Auftreten von Fernmetastasen, extrathyroidalem
Wachstum und ausgedehntem Kapsel- und Gefäßeinbruch noch weiter steigt. Aus diesen Überlegungen
heraus ist die zurückhaltende Resektion mit weniger
als einer totalen Thyreoidektomie für das papilläre
Karzinom unter 1 cm weltweit akzeptiert, wo hingegen
ab einem T3-Tumor (über 4 cm) oder nachweislicher
Lymphknoteninfiltration von uns seit einigen Jahren
schon primär eine auch laterale Lymphknotendissektion vorgenommen wird. Dieses Vorgehen wird
84
Endokrinologie Informationen
auch von anderen Autoren, wie z.B. de Groot aus
Chikago und Dralle aus Halle, generell akzeptiert und
wurde mit einem weniger radikalen Vorgehen früherer
Jahre im eigenen Krankengut verglichen.
So zeigt die Zurückhaltung der totalen Thyreoidektomie
bei T1-Tumoren (unter 1 cm) ohne Nachweis von
Lymphknotenmetastasen oder Fernmetastasen und
damit auch der Verzicht auf eine Radiojodtherapie bei
diesen Patienten nach unseren Ergebnissen an über 70
Patienten mit differenziertem Schilddrüsenkarzinom und
T1 keine schlechtere Prognose für die Patienten als eine
totale Thyreoidektomie mit nachfolgender Radiojodtherapie. Dies können wir jedoch nur über einen Zeitraum
von 5 Jahren verfolgen, wo hingegen die Erfahrungen
der Mayo-Klinik mit identischen Ergebnissen bei diesen
Tumoren über einen Erfahrungszeitraum von über 20
Jahren verfügt. Die Bedeutung der operativen Zurückhaltung bei diesen Patienten betrifft hauptsächlich
Patienten mit zufällig entdeckten kleinen Karzinomen,
die nach aller bisherigen Erfahrung keine nachfolgende
totale Thyreoidektomie mit den Problemen möglicher
Morbidität bei Rezidiveingriffen benötigen. Inwieweit
hier jedoch langfristig die Zahl der lokoregionären
Rezidive ansteigen wird, bei den über 30% multifokal
auftretenden papillären Karzinomen, kann bisher nicht
vollständig beantwortet werden und ist Gegenstand
weiterer Untersuchungen.
Für größere differenzierte Schilddrüsenkarzinome hat
N.A. Samaan 1992 erstmalig eindeutig nachweisen
können, daß neben der Chirurgie die Radiojod-Therapie eine Verbesserung der Prognose erbringt. Dies
wurde hauptsächlich in der „high risk“-Gruppe von
Patienten über dem 45. Lebensjahr und ausgeprägtem
Tumorgeschehen evident, so daß ab T2-Tumoren für
uns die totale Thyreoidektomie mit nachfolgender
Radiojod-Therapie für alle Patienten als Grundvoraussetzung der Therapie gilt.
Bezüglich der gleichzeitigen Lymphknotendissektion
mit Radiotherapie sind die Daten weniger eindeutig,
zeigen jedoch zunehmend den Vorteil der frühzeitigen
auch lateralen Lymphknotendissektion bei T3 und T4Tumoren. So ist nach eigener Erfahrung eine Lymphknotenmetastasierung im Stadium pT1-2-3-4 für das
papilläre Karzinom in 9–16–15–46 % nachweisbar und
für das follikuläre Karzinom in 6–4–6–29%.
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Fernmetastasen waren bei papillären Karzinomen in 1
bis 8 %, bei follikulären in 4–25% (4–6–9–25) der
Patienten nachweisbar. Dies bedeutet, daß für T4Tumoren heute unabdingbar die ausgedehnte Lymphknotendissektion zum Therapieschema der Patienten
gehört und die lokoregionären Rezidive von weit über
50% auf etwa 20–30% gesenkt werden kann. Inwieweit hierdurch die Langzeitprognose der Patienten verbessert wird ist jedoch nicht eindeutig belegt, konnte
jedoch in retrospektiven Analysen von H. Dralle als
sehr wahrscheinlich dargestellt werden.
Untersucht man die Patienten, die an einem differenzierten Schilddrüsenkarzinom versterben, bei unseren
608 Patienten waren es 32 (5%) in einem Zeitraum von
7,5 Jahren, so zeigten 84% dieser Patienten lokoregionäre Rezidive und 22% Fernmetastasen. 28 der 32
Patienten (88%) waren primär mit einer totalen
Thyreoidektomie und Radiojod-Therapie behandelt
worden und 9 Patienten (28%) unterzogen wir schon
primär einer modifiziert radikalen lateralen Lymphknotendissektion, so dass in den meisten Fällen nicht
eine inadäquate Primäroperation, sondern das ausgeprägte Tumorstadium (T4 M1) und/oder eine spezifische Tumoraggressivität (P53 Mutationen etc.) zu dem
letztendlich deletären Verlauf führten.
Inwieweit Patienten mit besonders aggressivem
Krankheitsverlauf bei fehlender bzw. abnehmender
Radiojodspeicherung durch eine Redifferenzierungstherapie profitieren könnten, wurde von uns durch
Verwendung von Retinoiden untersucht. So zeigten
etwa 20% nach Applikation der Retinoide über 6 Wochen eine Verbesserung der Jodaufnahme und ein vielleicht schon primär verlangsamtes Tumorwachstum.
Inwieweit dies der erste Ansatz für eine neue Therapie
auch mit anderen Redifferenzierungssubstanzen sein
kann, bleibt jedoch offen.
Dies steht ganz im Gegensatz zur Effektivität der
Radiojodtherapie bei Lungenmetastasen besonders im
jugendlichen Alter, mit der nach den Ergebnissen des
MD Andersen Cancer Centers in knapp 50% eine langfristige Heilung erreicht wurde. Dies konnten
Untersuchungen von J.K. Harness et al. bestätigen,
der bei 6–19% der Kinder und Jugendlichen Lungenmetastasen nach Diagnose des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms nachwies, die jedoch bei effektiver
Therapie mittels totaler Thyreoidektomie und Radiotherapie nur in 2,2% langfristig zum Tode der Patienten
führten. Diese sehr positiven Ergebnisse sind sicher
altersspezifisch und organspezifisch, da extrapulmonale Metastasen differenzierter Schilddrüsenkarzinome
in Knochen, Leber und ZNS weitaus weniger strahlensensibel sind und hier bei isolierten Metastasen die
Kombination aus Chirurgie und Radiojodtherapie indiziert ist.
Zusammenfassung:
Die Therapie des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms wird heute sehr individuell unterschiedlich
gehandhabt. So wird für das T1-Karzinom vom papillären Typ und hoch differenziertem follikulären Typ
die Hemithyreoidektomie als ausreichend angesehen
und der Vorteil einer Reoperation mit totaler Thyreoidektomie und nachfolgender Radiojod-Therapie nur in
Einzelfällen aufgrund spezifischer Histologie und spezieller Risikofaktoren befürwortet. Bei allen anderen
Patienten wird weiterhin die totale Thyreoidektomie mit
Radiojod-Therapie als Grundlage nachfolgender Behandlungen angesehen und entsprechend des Gefährdungsgrades der Patienten durch Ausdehnung der
Operation (laterale Halslymphknotendissektion) oder
Erweiterung des Therapiespektrums (Redifferenzierungstherapie, perkutane Strahlentherapie bei papillären T4-Tumoren) ausgeweitet.
Chirurgie des medullären Schilddrüsenkarzinoms
H. Dralle, M. Brauckhoff
Beim medullären Schilddrüsenkarzinom sind aus chirurgischer Sicht aktuell folgende Themenkomplexe von
Interesse:
1. Kalzitoninbestimmung zur Frühdiagnose sporadischer C-Zell-Erkrankungen (C-Zellhyperblasie,
medulläres Karzinom)
2. Chirurgische Strategie des klinisch manifesten MTC
3. Genotyp-Phenotyp-Korrelationen beim hereditären
MTC: Bedeutung für die chirurgische Therapie.
27 (2003) 2
1. Kalzitoninbestimmung zur Frühdiagnose sporadischer C-Zell-Erkrankungen (CCH, MTC)
Aufgrund kürzlicher Untersuchungen (Pacini, JCEM
1994, Niccoli, JCEM 1997, Vierhapper JCEM 1997) ist
davon auszugehen, dass bei systematischer Kalzitoninbestimmung von Patienten mit Knotenstrumen vermehrt medulläre Karzinome im Frühstadium nachgewiesen werden können. Die Frage ist, welche Patienten
in ein derartiges Untersuchungskonzept einzubeziehen
sind und welche Konsequenzen aus den Ergebnissen
Endokrinologie Informationen
85
ABSTRACTS
der Kalzitoninbestimmung resultieren. Die bisherigen
Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten mit einem basalen Kalzitoninspiegel von unter 10 pg/ml (CIS, NiccolsAssay) das Risiko für das Vorliegen eines medullären
Frühkarzinoms extrem gering ist, medulläre Karzinome
wurden in diesem Kalzitoninbereich bislang nicht nachgewiesen. Bei einem über 10 pg/ml basal erhöhten
Kalzitoninspiegel sollte ein Pentagastrintest durchgeführt werden. Medulläre Frühkarzinome wurden bei
Patienten mit basalem Kalzitonin von über 30 pg/ml
bzw. stimuliertem Serumkalzitonin von über 100 pg/ml
nachgewiesen, so dass bei dieser Patientengruppe
eine totale Thyreoidektomie (plus Lymphadenektomie
bei stimuliertem Kalzitonin von über 200 pg/ml) empfohlen wird. Bei Patienten mit einem basalen Kalzitonin
von 10–30 pg/ml bzw. einem stimulierten Kalzitonin
von unter 100 pg/ml ist eine Kalzitoninkontrolle in dreibis sechsmonatigem Abstand ausreichend.
2. Chirurgische Strategie des klinisch manifesten
MTC
Ausgangslage ist, dass die Chirurgie bislang die einzige
effektive Therapieoption darstellt. Befriedigende Ergebnisse wurden nur nach totaler Thyreoidektomie und Kompartmentorientierter Mikrodissection erreicht (Rezidivrate
< 10%, biochemische Heilung nach Primäroperation ca.
50%, nach Rezidivoperation ca. 30 %). Beim MTC findet
eine frühzeitige hämatogene Dissemitation statt, so dass
selbst in frühen Tumorstadien biochemische Heilungen
nicht immer erreicht werden. Insgesamt besteht eine
günstige Prognose bei „okkulter Metastasierung“. Auf
der arideren Seite gibt es auch derzeit nur unbefriedigende Therapieoptionen bei „Makro“-Metastasen.
Zusammenfassend ergeben sich aufgrund der Literatur
sowie unserer eigenen Patientendaten (400 MTCPatienten seit 1995) folgende Ergebnisse: Von einer
hämatogenen Dissemination ist bereits beim pT1-MTC
in ca. 30% auszugehen (pT2-4 ca. 80%). Die lokoregionären Lymphknotenkompartimente werden in einer
quasi hierarchischen Ordnung kolonisiert. Lymphknotenmetastasen finden sich primärtumorgrößenabhängig im zervikozentralen Kompartment in
30–90%, ipsilateral-zervikolateral in 30–90%, kontralateral-zervikolateral in 10–50% und mediastinal in ca.
10–40 Lokale Rezidivfreiheit ist nur nach totaler
Thyreoidektomie und Kompartment-orientierter Mikrodissection zu erreichen. Eine biochemische Heilung
konnte nur erreicht werden bei Tumorbefall von weniger als 10 Lymphknoten und/oder einem Kompartmentbefall von weniger als drei Kompartimenten. Skiplesions (Metastasensprung) wurde in ca. 15% beobachtet. Die chirurgische Strategie besteht daher bei
riodal-positivem MTC in der totalen Thyreoidektomie
und Mikrodissektion aller drei zervikalen Kompartimen-
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Endokrinologie Informationen
te. Eine transsternale Mediastinaldissektion wird nur
bei positivem Lymphknotenbefall empfohlen.
Hinsichtlich der Diagnostik und Therapie bei Fernmetastasen wird kurz über neuere Ergebnisse der Thorakolaparoskopie und der Chemoembolisation berichtet.
Die Thorakolaparoskopie eignet sich zur StagingUntersuchung bei bildgebend-negativen Patienten mit
Fernmetastasenverdacht. Es kommen insbesondere
Patienten mit einem basalen Kalzitonin über 1000
pg/ml infrage. Auch wenn aus einem Mikrometastasennachweis in der Thorakolaparoskopie keine direkten Therapiemaßnahmen resultieren, stellt diese
Untersuchung doch eine gute Möglichkeit zur Beurteilung der Verlaufsdynamik dar.
Bei dominanten Makrometastasen der Leber hat sich
die Chemoembolisation mit Epirubicin bewährt; es
kommt zu einem deutlichen Kalzitoninabfall (günstig
bei symptomatischer Hyperkalzitoninämie) und auch
zur Verkleinerung der Metastasen. Progrediente disseminierte Fernmetastasen stellen weiterhin ein therapeutisches Dilemma dar. Hier stehen gegenwärtig nur
wenige Therapiekonzepte zur Verfügung (z.B.
Radioligantentherapie, Chemotherapie).
3. Hereditäres MTC
Aktueller Stand ist, dass eine Genotyp-PhenotypKorrelation nachgewiesen werden konnte. Die häufigsten RET-Protoonkogen-Mutationen beim FMTC/
MEN2a-MTC sind auch die aggressivsten. Gerade
aber bei den seltenen Mutationen liegt ein erhebliches
Manifestationsspektrum vor. Aufgrund der heutigen
Daten werden Zeitpunkt und Ausmaß der Frühoperation nicht nur vom Mutatortyp, sondern auch vom
Kalzitoninwert bestimmt. Aber auch beim Kalzitonin
besteht eine erhebliche Grauzone.
Zusammenfassend sind unter Berücksichtigung des
Mutatortyps und der Kalzitoninspiegel folgende aktuellen Therapieempfehlungen zu geben:
– MEN2b: Operation so früh wie möglich, d. h.
unmittelbar nach Diagnosestellung, wenn möglich
schon im ersten Lebensjahr
– high risk-MEN2a (Codon 634, 618): Operation im
Alter unter 5 Jahren
- medium/low risk FMTC/MEN2a: Operation spätestens bei Anstieg/pathologisch stimuliertem Kalzitonin.
Die Frühoperation des hereditären MTC bei Genträgern
sollte nicht nur aus Radikalitätsgründen, sondern auch zur
Vermeidung/Verminderung der chirurgisch bedingten
Morbidität (Hypoparathyreoidismus bei Lymphadenektomie) spätestens im pNO-Stadium durchgeführt werden.
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Struma maligna – Radioiodtherapie
Chr. Reiners, Würzburg
Die Behandlung des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms wurde in den Jahren 1999/2000 auf der
Grundlage von interdisziplinär erarbeiteten Leitlinien
der Deutschen Krebsgesellschaft (ISTO) und der
Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin standardisiert. Grundsätzlich wird bei allen Patienten mit einem
differenzierten Schilddrüsenkarzinom nach der totalen
Thyroidektomie eine Radioiodtherapie empfohlen.
Ausgeschlossen davon sind die papillären Mikrokarzinome im Stadium pT1, wobei bisher das Stadium pT1
bis zu einem maximalen Tumordurchmesser von 1 cm
reichte. Nach den aktuell geänderten Empfehlungen
der UICC zur TNM-Klassifikation reicht jetzt allerdings
die Obergrenze des Tumordurchmessers im pT1Stadium bis zu 2 cm. Zur Zeit ist offen, ob für die Festlegung der therapeutischen Strategie die neue pTKlassifikation oder der bisherige Tumordurchmesser
von 1 cm gewählt werden soll. Bei onkozytären, medullären und anaplastischen Schilddrüsenkarzinomen,
die aufgrund ihrer zellulären Differenzierung kein I-131
speichern, ist eine Radioiodtherapie in der Regel nicht
indiziert.
Voraussetzung für die Radioiodtherapie ist eine möglichst komplette Thyroidektomie. Das Ziel der Radioiodtherapie bei Patienten mit Schilddrüsenkarzinom
ist:
1. Ablation des postoperativ verbliebenen Restschilddrüsen- bzw. Tumorgewebes. Nach der kompletten Ablation durch die Radioiodtherapie kann
Thyroglobulin im Verlauf der Erkrankung als zuverlässiger Tumormarker verwendet werden.
2. Nachweis von unentdeckten Fernmetastasen. Die
häufigsten Metastasen des Schilddrüsenkarzinoms
(Lungenmetastasen) sind gelegentlich erst nach
höheren Therapie-Aktivitäten von I-131 szintigraphisch detektierbar.
3. Kurative oder palliative Therapie radioiodspeichernder Lymphknoten- bzw. Fernmetastasen und Rezidive.
Praktische Durchführung der Radioiodtherapie
Iodhaltige Medikamente und Röntgenkontrastmittel
sind bei Patienten mit Verdacht auf ein Schilddrüsenkarzinom solange kontraindiziert, bis geklärt ist,
ob es sich um einen potenziell radioiodspeichernden
Tumor handelt. Die für die Radioiodtherapie infrage
kommenden Patienten bleiben nach der Operation bis
27 (2003) 2
zur Therapie 4–6 Wochen unter Hormonkarenz, um
eine maximale endogene TSH-Stimulation zu erzielen.
Ein optimaler I-131-Uptake ist erst bei TSH-Werten
> 30 mU/l gewährleistet. Bei Patienten unter TSH-suppressiver Levothyroxin-Medikation muss die Behandlung 4–6 Wochen vor einer Radioiodanwendung abgesetzt werden, um eine ausreichende TSH-Stimulation
zu erzielen. Zur Verringerung der für den Patienten
häufig unangenehmen Hypothyreose-spezifischen
Beschwerden kann in der Absetzphase ersatzweise
während der ersten 14 Tage das pharmakologisch
kurzlebige Triiodthyronin verordnet werden. Prinzipiell
ist heute auch eine exogene TSH-Stimulation durch
rekombinantes humanes TSH unter fortgesetzter Levothyroxin-Medikation möglich. Allerdings ist das im
Handel erhältliche Präparat Thyrogen® bisher nicht zur
Vorbereitung der I-131-Therapie zugelassen.
Zur Linderung der Beschwerden infolge einer radiogenen Thyreoiditis – insbesondere bei Patienten mit großem Schilddrüsenrest – kann ein nichtsteroidales Antiphlogistikum eingesetzt werden. Kortikosteroide sind
bei Patienten mit zerebralen oder spinalen Metastasen
immer indiziert, um ein Kompressionssyndrom unter
der Radioiodtherapie zu vermeiden. Zur Prophylaxe
einer radiogenen Gastritis bei der oralen Verabreichung
höherer
I-133-Aktivitäten
können
begleitend
Protonenpumpenhemmer oder H2-Blocker eingesetzt
werden. Eine rasche renale Ausscheidung des nicht im
Schilddrüsen- bzw. Tumorgewebe gespeicherten I-131
ist in der Regel durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr
zu erreichen. Bei opstipierten Patienten sollten zur
Beschleunigung der intestinalen Ausscheidung
Laxantien eingesetzt werden. Des Weiteren ist für eine
Stimulation der Speicheldrüsen durch reichliche
Flüssigkeitszufuhr und Stimulation mit z.B. Zitronensaft
oder sauren Drops geachtet werden.
Nebenwirkungen
Bei den Nebenwirkungen und Risiken der hochdosierten Radioiodtherapie des Schilddrüsenkarzinoms ist
zwischen Früh- und Spätfolgen zu unterscheiden:
Frühe Nebenwirkungen:
– lokale, schmerzhafte Schwellung der Restschilddrüse, des Tumors bzw. der Metastasen (abhängig
von der Gewebemasse)
– kurzfristige passagere Gastritis bei oraler Verabreichung
Endokrinologie Informationen
87
ABSTRACTS
– radiogene Sialadenitis aufgrund der relativ starken
Anreicherung von I-131 in den großen Kopfspeicheldrüsen
– vorübergehende Thrombo- und Leukopenie
– reversible Fälle von Azoospermie
Außerdem sollen als seltene, überwiegend vorübergehende Nebenwirkungen der Radioiodtherapie auch
Heiserkeit, Schluckbeschwerden, Geschmacksstörungen und Halsschmerzen genannt werden.
Spätfolgen:
– Sicca-Syndrom infolge der radiogenen Sialadenitis
bei 20–30% der Patienten
– Lungenfibrose bei etwa 1% der Patienten nach
mehrfacher Radioiodtherapie wegen iodspeichernden Lungenmetastasen
– strahleninduzierte Leukämie, die etwa 5 Jahre nach
der Radioiodtherapie bei ca. 1% der Patienten auftreten kann
– sehr selten dauerhafte Fälle von Azoospermie
Kontraindikationen
Vor einer Radioiodtherapie muss eine Schwangerschaft wegen der hohen Strahlenbelastung des Feten,
die insbesondere nach Beginn der Schilddrüsenanlage
im 3. Schwangerschaftsmonat zum Tragen kommt,
ausgeschlossen werden.
Ergebnisse
Die Effektivität der Radioiodtherapie ist nicht durch
prospektive randomisierte Studien belegt. Bei der gegebenen Datenlage aufgrund retrospektiver Untersuchungen, die eindeutig für den positiven Effekt der
Radioiodtherapie sprechen, ist heute allerdings auch
die Forderung nach prospektiven randomisierten
Studien ethisch nicht mehr vertretbar. So konnte
Mazaferri z.B. in einer Studie an 576 Patienten mit
papillärem Schilddrüsenkarzinom zeigen, dass die
Rezidivrate nach alleiniger Operation bei 32% und
nach Operation und postoperativer Hormonbehandlung bei 11% liegt, während die Rezidivrate nach einer
kombinierten Therapie, bestehend aus Operation,
postoperativer Schilddrüsenhormontherapie sowie
Radioiodtherapie lediglich 2,7% betrug und damit signifikant (p < 0,001) niedriger war (Mazaferri et al. 1977).
Etwa 5–20% der Patienten mit differenziertem Schilddrüsenkarzinom haben Fernmetastasen. Auch im Falle
einer Metastasierung, insbesondere bei pulmonalen
Metastasen, kann die Radioiodtherapie die Überlebensrate positiv beeinflussen und sogar kurativ sein. In
einer retrospektiven Studie bei 1599 Patienten war die
Radioiodtherapie der wichtigste prognostische Faktor
für Rezidivfreiheit und eine Verbesserung der Überlebensrate (Samaan et al. 1992). Nach einer Studie des
Institut Gustave Roussy in Paris liegt die Überlebensrate der Patienten mit iodspeichernden Metastasen in
Vollremission bei ca. 50%, während diese bei Patienten mit nichtiodspeichernden Metastasen nur ca. 5%
beträgt (Schlumberger et al. 1996).
Fazit für die Praxis
Die Radioiodtherapie beeinflusst die Rezidivrate und
Überlebensrate von Patienten mit differenziertem
Schilddrüsenkarzinom signifikant günstig. Im Falle
einer Radioiodspeicherung können sogar Patienten mit
Fernmetastasen kurativ behandelt werden. Die wesentlichen Nebenwirkungen dieser Therapie bestehen
in einem Sicca-Syndrom infolge Sialadenitis sowie in
einem gering erhöhten Leukämierisiko und selten der
Entwicklung einer Lungenfibrose. Wegen der hohen
Strahlenbelastung des Feten ist die Radioiodtherapie
während der Schwangerschaft kontraindiziert.
Struma maligna – Nachsorge
B. Saller
Einleitung
Etwa 20% der Patienten mit differenziertem Schilddrüsenkarzinom entwickeln im Langzeitverlauf Lokaloder Fernmetastasen. Die daher grundsätzlich erforderliche Langzeitnachsorge ist eine interdisziplinäre
Aufgabe, die in spezialisierten Zentren in Zusammenarbeit zwischen Endokrinologen, Nuklearmedizinern,
Chirurgen und Strahlentherapeuten erfolgen muss.
Am Beginn der Nachsorge steht die Bewertung des
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Endokrinologie Informationen
individuellen Risikos des Patienten. Dabei zeigen prognostische Parameter wie Tumorhistologie, Erkrankungsstadium und Alter des Patienten das langfristige
Rezidivrisiko auf und liefern damit wichtige Hinweise
für eine individuelle, risikoorientierte Nachsorge.
Schilddrüsenhormontherapie
2–3 Tage nach Applikation von Radiojod im Rahmen
der initialen Radiojodtherapie wird mit einer Levo-
27 (2003) 2
ABSTRACTS
thyroxin-Therapie in TSH-suppressiver Dosis begonnen. Übliches Ziel ist eine Absenkung des basalen
TSH-Spiegels auf <0,1 mU/l. Die mittlere hierfür erforderliche Tagesdosis beträgt etwa 2,5 µg Levothyroxin/kg KG/Tag. Bei Patienten mit einer hohen
Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften Heilung erscheint
eine niedrigere Dosis mit Absenkung des TSH auf <0,5
mU/l ausreichend – allerdings ist die Frage nach dem
erforderlichen Maß der TSH-Suppression bisher nicht
in prospektiven Studien untersucht. Ist vor einer erneuten Radiojodtherapie oder -diagnostik das Absetzen
der Levothyroxintherapie erforderlich, kann überbrückend bis etwa 14 Tage vor der Radiojodtherapie
Trijodthyronin in einer täglichen Dosis von 1 µg/kg KG,
verteilt auf 3 Einzeldosen gegeben werden.
Nicht erforderlich ist die TSH-suppressive Therapie bei
medullärem Schilddrüsenkarzinom. Hier ist nach
Thyreoidektomie eine substitutive Levothyroxintherapie mit dem Ziel der Normalisierung des TSH-Spiegels
ausreichend.
Durchführung der Nachsorge beim differenzierten
Schilddrüsenkarzinom
Nach Abschluss der Primärtherapie und Beleg der
vollständigen Ablation des Schilddrüsengewebes
durch eine zweimalige 131I-Ganzkörperszintigraphie
umfasst das anfangs in halbjährlichen Abständen,
nach fünf Jahren in jährlichen Abständen durchzuführende Basisprogramm die Anamneseerhebung, die klinische Untersuchung, die Sonographie des
Halsbereiches, die Überprüfung der Schilddrüsenhormontherapie (basales TSH, fT4, T3), die
Bestimmung des Thyreoglobulin (Tg)-Spiegels (unter
fortgesetzter Schilddrüsenhormontherapie) und ggf.
die Bestimmung von Tg-Antikörpern. In der Nachsorge
des medullären Schilddrüsenkarzinoms erfolgt anstelle
der Tg-Bestimmung die Messung von Calcitonin und
CEA. Hier ist zu Beginn zudem der Beleg oder
Ausschluss einer hereditären Form des medullären
Schilddrüsenkarzinoms erforderlich.
Bei allen Formen des differenzierten Karzinoms erfolgt
bei unauffälligem Verlauf eine Röntgenuntersuchung
des Thorax in etwa 2-jährigen Abständen.
Laborverfahren:
Auch wenn bei einer Schilddrüsenhormontherapie eine
maximale TSH-Suppression angestrebt wird, ist zur
Überwachung dieser Therapie die Durchführung eines
TRH-Testes bei Verwendung sensitiver TSH-Tests der
sog. 3. Generation (funktionelle Sensitivität <0,01–0,03
mU/l) heute entbehrlich.
Für eine bestmögliche Interpretation von Tg-Spiegeln
ist eine genaue Kenntnis des verwendeten Testverfahrens (untere Nachweisgrenze, Langzeitpräzision,
Interferenz mit Tg-Antikörpern, High-dose-hook-Effekt
27 (2003) 2
u.a.) unerlässlich. Auch beim Calcitonin ist die Kenntnis
des verwendeten Testverfahrens einschließlich möglicher Einflussfaktoren (z.B. Niereninsuffizienz) für eine
korrekte Bewertung der Messwerte erforderlich. In letzter Zeit ist von mehreren Autoren über den sensitiven
Nachweis von zirkulierenden Tumorzellen mittels RTPCR von Tg-mRNA und auch von Calcitonin-mRNA
berichtet worden. Der Stellenwert dieser Methoden in
der Nachsorge des Schilddrüsenkarzinoms kann heute
noch nicht abschließend bewertet werden. Dies gilt
auch für die Auswertung serieller Messungen von Tg
und Calcitonin als prognostischer Faktor.
Bildgebende Verfahren:
Die heute übliche hochauflösende Sonographie besitzt
gegenüber älteren Sonographieverfahren eine deutlich
höhere Sensitivität zum Nachweis von lokoregionalen
Lymphknotenmetastasen. Die zusätzliche dopplersonographische Beurteilung erlaubt zudem über die
Bewertung der Flussmuster eine gute Abgrenzung
gegenüber nichtmalignen Lymphknotenvergrößerungen. In Zweifelsfällen kann die Sensitivität und Spezifität durch eine sonographisch gezielte Feinnadelaspirationszytologie zusätzlich erhöht werden.
Eine 131I-Ganzkörperszintigraphie mit Bestimmung
von Tg bei hohen TSH-Spiegeln (entweder in Hypothyreose (>30 mU/l) nach Hormonkarenz oder nach
exogener Stimulation mit rekombinantem TSH) ist im
Verlauf routinemäßig nur bei Patienten mit hohem
Ausgangsrisiko (z.B. pT4-Tumor, initialer Nachweis von
Fernmetastasen) und selbstverständlich bei Verdacht
auf das Vorliegen eines Rezidivs indiziert. Ergeben sich
Hinweise für radiojod-negative Metastasen, können
ergänzend andere bildgebende Verfahren zur Lokalisationsdiagnostik eingesetzt werden (18F-FDG-PET,
99mTcMIBI-Szintigraphie, 111In-Octreotid-Szintigraphie u.a.).
Chemotherapie
Werden bei einem Patienten in der Nachsorge
Metastasen nachgewiesen, sollten diese, soweit möglich, primär operativ entfernt werden. Bei Nachweis
von jodspeichernden Metastasen wird die Therapie
durch die Radiojodtherapie ergänzt. Bei operativ nicht
behandelbaren und nicht radiojodspeichernden
Metastasen kann eine Mono- oder Polychemotherapie,
ggf. als Radiochemotherapie durchgeführt werden.
Obligate Voraussetzung hierfür ist eine dokumentierte
Tumorprogression. Infrage kommt eine Monochemotherapie mit Doxorubicin (60 mg/m2 alle 21
Tage), die in etwa 30% der Patienten ein Ansprechen
zeigt. Polychemotherapieschemata sollten derzeit nur
im Rahmen klinischer Studien durchgeführt werden.
Erste Ergebnisse liegen zur Redifferenzierungstherapie
mit Retinsäure bei Patienten mit metastasierendem,
Endokrinologie Informationen
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ABSTRACTS
differenzierten Schilddrüsenkarzinom und unzureichender Radiojodspeicherung vor. Auch diese Therapie sollte derzeit nur im Rahmen klinischer Studien
erfolgen.
Beim metastasierenden medullären Schilddrüsenkarzinom kommt eine Radiojodtherapie prinzipiell nicht in
Betracht. Auch hier wird jedoch wie bei den anderen
Formen des differenzierten Karzinoms primär eine operative Entfernung der Metastasen angestrebt. Bei
umschriebenen, nichtoperablen Metastasen kann eine
perkutane Strahlentherapie erfolgen. Eine Chemotherapie (z.B. Monochemotherapie mit Doxorubicin
(60 mg/m2 alle 21 Tage)) zeigt ebenfalls nur in etwa
30% ein Ansprechen und sollte ausgewählten Fällen
mit deutlicher Tumorprogression vorbehalten bleiben.
Die beim metastasierenden medullären Karzinom mit
hohen Calcitoninspiegeln häufig vorliegenden Durchfälle sprechen manchmal auf eine symptomatische
Gabe von Octreotid (z.B. 3x100 µg/Tag s.c.) an.
Literatur
Interdisziplinäre Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie:
Maligne Schilddrüsentumoren. AWMF online, www.
uni-duesseldorf.de/AWMF.
Saller, B.: Treatment with cytotoxic drugs. In: Biersack
HJ, Grünwald F (Hrsg). Thyroid cancer. Springer Verlag,
Heidelberg, New York, 2001; 139-151.
Dr. B. Saller
Pharmacia GmbH
Abteilung Endokrinologie & Stoffwechsel
Am Wolfsmantel 46, 91058 Erlangen
Molekularbiologische Diagnostik der multiplen endokrinen Neoplasien
Wolfgang Höppner
Institut für Hormon- und Fortpflanzungsforschung an der Universität Hamburg
Krebsentstehung und Onkogene
Die Entstehung von Krebszellen beruht auf der
Transformation ursprünglich intakter Zellen. Dabei verändern sich Differenzierungszustand, Wachstumsverhalten und Lokalisation der Zellen. Das Ergebnis
sind undifferenzierte Zellen mit einer erhöhten Proliferation. Durch eine Verminderung der intrazellulären
Bindungskräfte kann es zur Aussiedlung der Zellen aus
dem Gewebeverband und zur Ansiedlung in fremden
Geweben kommen. Dort entstehen erhebliche Schädigungen durch die proliferierenden Zellen. Die molekulare Ursache dieser neu erworbenen Eigenschaften
ist die Akkumulation von molekulargenetischen
Veränderungen in den Genen verschiedener Regulatorproteine, wodurch die Kontrolle der zelltypischen
Funktionen verloren geht. Diese Veränderungen werden bei der Zellteilung an die Tochterzellen weitergegeben. Genprodukte, deren genetischer Defekt dominant ist, d.h. wenn nur ein Allel betroffen ist zur Tumorentstehung führen, werden als Protoonkogene bezeichnet. Gene, bei denen erst die Funktion beider
Allele zum Verlust der Kontrollfunktion führt, werden als
Tumorsupressorgene bezeichnet. Auslöser der molekulargenetischen Veränderungen in diesen wichtigen
Kontrollgenen können neben Fehlern bei der Replikation der DNA vor allem Umwelteinflüsse wie ionisierende Strahlen oder mutagene Substanzen sein.
Tumorauslösende Viren exprimieren in den infizierten
Zellen virale Proteine, die den zellulären Proteinen stark
90
Endokrinologie Informationen
ähneln, aber ihre Funktion so verändert haben, dass
sie zugunsten der Integration oder Vermehrung des
Virus aktiv sind. Durch Untersuchungen an Retroviren
wurden die Onkogene bekannt. Sie integrieren Teile
des Wirtsgenoms, u.a. Protoonkogene, in ihr eigenes
Genom und ersetzen dort Bereiche der retroviralen
Sequenzen. Die Expression der Protoonkogene, die
mit der Vermehrung der Viren einhergeht, führt zur
Transformation der Zellen.
Die molekulargenetischen Veränderungen, die an der
Tumorgenese und Progression beteiligt sind, treten in
der Regel somatisch auf Das bedeutet, dass sie
zunächst in einer Zelle entsteht, die sich dann durch
einen Wachstumsvorteil klonal vermehrt.
Ist bereits in allen Körperzellen eine prädisponierende
Mutation vorhanden, liegt die Situation einer erblichen
Tumorerkrankung vor mit der Konsequenz, dass
Tumoren früh und multiple auftreten.
Klinik der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2
(MEN 2):
25% der medullären Schilddrüsenkarzinome treten
familiär gehäuft auf Diese hereditäre Form des medullären Schilddrüsenkarzinoms findet sich häufig in
Kombination mit anderen neuroendokrinen Tumoren
und neuroektodermalen Missbildungen. Charakteristisch für die MEN 2A ist die Kombination von medul-
27 (2003) 2
ABSTRACTS
lären Schilddrüsenkarzinomen (in nahezu 100% aller
Fälle), Phäochromozytomen (ca. 50%) und primären
Hyperparatyroidismus (ca. 20%). Eine Subform der
MEN 2 ist das familiäre medulläre Schilddrüsenkarzinom (FMTC), bei dem weder Phäochromozytome
noch primärer Hyperparatyroidismus auftreten. Die
Variante MEN 2B zeigt zusätzlich neuroektodermale
Missbildungen. Das C-Zellkarzinom dieses MEN-2
Subtypes stellt die aggresivste Form mit schlechter
Prognose dar. Es entwickelt sich oft schon in früher
Kindheit.
Die MEN 2A wird autosomal dominant vererbt.
Genträger entwickeln mit hoher Wahrscheinlichkeit (über
70% bis zum 60. Lebensjahr) ein klinisch manifestes
medulläres Schilddrüsenkarzinom. Die Erkrankung bricht
in den meisten Fällen zwischen dem 30. und 40.
Lebensjahr aus, kann aber in Einzelfällen bereits im frühen Kindesalter auftreten. Für die erkrankten Patienten
ist vor allem die Metastasierung der medullären
Schilddrüsenkarzinomzellen lebensbedrohend.
Heute werden zunehmend Familien mit medullären
Schilddrüsenkarzinomen bekannt, bei denen nicht alle
Mutationstäger erkranken und die, die erkranken, zeigen meist einen milden Verlauf
Molekularbiologie der MEN 2
Das RET-Protoonkogen: Das RET-Protoonkogen ist
auf Chromosom 10q1 1.2 lokalisiert und enthält 21
Exons.
Es kodiert für einen Tyrosinkinase-Rezeptor, der nach
Bindung eines Liganden eine intrazelluläre Signalkette
auslöst. Für das RET-Gen sind einige Mutationen
beschrieben, die mit der Entwicklung der MEN 2 assoziiert sind. Alle drei Subtypen der MEN 2 entstehen
durch aktivierende Keimbahnmutationen im RETProtoonkogen. Die klassischen MEN 2A-auslösenden
Mutationen werden in einem von 5 Cysteinresten in der
extrazellulären, cysteinreichen Domäne des Rezeptors
nachgewiesen. Die Umwandlung des Cystein-Codons
634 (Exon 11) in eine beliebige andere Aminosäure
führt in aller Regel zum Vollbild der MEN 2A.
Mutationen in den Cystein-Codons 609, 611, 618 oder
620 (Exon 10) lassen eher den FMTC Phänotyp erwarten. Mutationen, die kein Cystein-Codon betreffen,
werden meist in im intrazellulären Teil des RET-Proteins
gefunden und sind eher mit dem FMTC-Phänotyp verknüpft. Nicht-Cystein-Mutationen betreffen am häufigsten die Codons 790 und 791 (Exon 13) sowie Codon
804 (Exon 14). Die MEN-2B-Erkrankung ist in 95% der
Fälle auf die Mutation Methionin nach Threonin in
Codon 918 zurückzuführen, 5% der Fälle weisen eine
Mutation in Codon 883 oder 922 auf.
27 (2003) 2
Molekularbiologische Diagnostik bei MEN 2
Die molekulare Diagnostik ist für die Versorgung der
MEN-2-Familien bereits heute ein unverzichtbares
Kriterium zum therapeutischen Vorgehen. Es hat sich
aber auch gezeigt, dass Patienten mit Tumoren, wie sie
bei MEN 2 vorkommen (insbesondere medulläre
Schilddrüsenkarzinome und Phäochromozytome),
aber ohne offensichtliche familiäre Häufung, auch in
die molekulare Diagnostik einzubeziehen sind. In einigen Fällen ist die Familienanamnese nicht ausreichend
und es handelt sich tatsächlich um eine hereditäre
Form. Die Untersuchung von anscheinend sporadischen Patienten mit neuroendokrinen Tumoren, die mit
MEN-2-Erkrankungen assoziiert sind, hat ergeben, daß
in über 10% der Fälle eine Keimbahnmutation vorliegt
und diese somit als familiär einzustufen sind. Dieses
ermöglicht wiederum die Untersuchung von potentiell
betroffenen Familienangehörigen. Außerdem ist eine
signifikante Neumutationsrate beobachtet worden (bei
MEN 2B bis zu 40%).
Für die möglichst frühzeitige Erkennung des Ausbruchs der Krankheit steht ein biochemisches Screeningverfahren zur Verfügung. Es basiert auf der erhöhten Pentagastrininduzierten Stimulation von Calcitonin
beim Vorliegen von C-Zell-Hyperplasien und/oder
medullären Schilddrüsenkarzinomen. Diesem Test
müssen sich alle Mitglieder von MEN-2A-Familien in
etwa 6–12-monatigem Abstand unterziehen.
In den letzten vier Jahren hat der Nachweis von pathogenen Mutationen im RET-Protoonkogen in der Betreuung von betroffenen Familien eine außerordentlich
wichtige Bedeutung erlangt. In jeder betroffenen Familie
wird heute zunächst bei einem Indexpatient die Mutation
ermittelt. Danach wird bei allen Verwandten ein mögliches Vorliegen der Mutation überprüft. Der Nachweis
erfolgt aus genomischer DNA, die aus Leukozyten
gewonnen wird. Durch die Polymerase-Kettenreaktion
werden zunächst die zu untersuchenden Exons vervielfältigt und durch direkte DNA-Sequenzierung die
Mutation identifiziert. Bei der Laboranalytik zum
Nachweis aller relevanten Mutationen für MEN 2 wird
Stufenweise vorgegangen. Da die Mutationen in Exon
11, Codon 634 am häufigsten vorkommen, wird zunächst dieser Abschnitt des Gens untersucht. Findet
man hier keine Mutation, dehnt man die Mutationssuche
auf Exon 10 und anschließend auf die Exons 13, 14 und
15 aus. Ist in einer Familie bei einem oder mehreren
Mitgliedern bereits die Mutation im RET-Protoonkogen
bekannt, reicht es aus, nur das Vorliegen dieser Mutation
zu überprüfen. Wenn die Indikation für die molekulargenetische Untersuchung im Verdacht auf MEN 2B besteht, werden nur die Exons 15 und 16 auf die Mutation
in Codon 883, 918 und 922 routinemäßig untersucht.
Endokrinologie Informationen
91
ABSTRACTS
Die Genträger erkranken mit einer hohen Wahrscheinlichkeit an den Symptomen der MEN 2. Die präsymptomatische Ermittlung des Genträgerstatus
ermöglicht als präventive Maßnahme eine prophylaktische Thyreoidektomie, die im Alter von 5–6 Jahren
empfohlen wird, bei der MEN 2B im Säuglingsalter.
In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass die
zunächst als selten eingestuften Mutationen in den
Exons 13, 14 und 15 doch so häufig vorkommen, dass
sie bei der molekularen Diagnostik berücksichtigt werden müssen. Diese Mutationen weisen eine geringere
Penetranz auf. Das bedeutet, das Träger dieser Mutationen häufiger geringerer Wahrscheinlichkeit erkranken, als das bei den Mutationen in Exon 11 der Fall ist.
Auch führen diese Mutationen eher in höherem
Lebensalter zur Manifestation der medullären Schilddrüsenkarzinome und zu milderen Krankheitsverläufen.
Zum kompletten molekularen Diagnostikprogramm der
MEN-2-Familien gehört auch die Möglichkeit, verwandte hereditäre Tumorerkrankungen mit überlappender
Symptomatik (wie z.B. von Hippel-Lindau-Syndrom,
Neurofibromatose 1, familiäre Phäochromozytome)
analysieren zu können, deren Gene bekannt sind.
Klinik der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1
(MEN 1)
Die multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN 1) ist eine
autosomal dominant vererbte Erkrankung, die durch
isolierte oder kombinierte Neoplasien der Nebenschilddrüse, der neuroendokrinen Zellen von Pankreas
und Duodenum sowie der Hypophyse charakterisiert
wird. Häufig treten auch Karzinoide und eine hormonell
inaktive Hyperplasie der Nebennierenrinde auf.
Die Klinik der Erkrankung wird einerseits bestimmt
durch Tumorbildung der betroffenen Organe, andererseits durch Hypersekretion oder Ausfall der entsprechenden Hormone. Hyperkalzärnien als Folge der
übermäßigen Parathormonsekretion ist eine der häufigsten biochemischen Anomalien bei der MEN 1. Die
Hypersekretion von pankreatischen Peptidhormonen
wie z.B. Gastrin oder Insulin führt zu definierten Syndromen (Zollinger-Ellison mit Gastrin-Hypersekretion;
Hypoglykämie mit Insulin-Hypersekretion). Die Hypophysenüberfunktion manifestiert sich am häufigsten
als Hyperprolaktinämie mit spezifischen klinischen
Symptomen. Seltener kommen Agromegalie (Wachstumshormon-Hypersekretion), Hyperthyreose (TSHHypersekretion) oder Cushing-Syndrom (ACTHHypersekretion) vor.
Die Inzidenz der MEN 1 wird mit 1:65000 bis 1: 100000
geschätzt. Es gibt keine Präferenz zwischen den
92
Endokrinologie Informationen
Geschlechtern ethnischen Gruppen oder geografischen Regionen.
Molekularbiologie der MEN 1
Der prädisponierende genetische Defekt, der für die
Erkrankung verantwortlich ist, wurde 1988 auf dem
langen Arm des Chromosom 11 (1 lq13) lokalisiert und
das identifizierte Gen als Menin-Gen bezeichnet.
Dieses hat eine Größe von 9181 Basenpaaren und enthält 10 Exons. Die mRNA, die von dem Gen gebildet
wird, besteht aus 2772 Basen und kodiert ein Protein
mit 619 Aminosäuren.
Das Gen weist keine Homologien zu bisher bekannten
Sequenzen auf. Das von ihm kodierte Protein konnte
noch nicht vollständig charakterisiert werden. Bekannt
ist, das es sich um ein Zellkernprotein handelt und dieses eine Tumor-Supressor-Funktion besitzt. Vermutlich
spielt es eine Rolle bei der Regulation des Zellzyklus
und ein Ausfall dieser Funktion führt zur unkontrollierten Proliferation der betroffenen Zellen. Das MeninGen gehört somit zu den Tumorsupressor-Genen.
Dafür spricht, dass in MEN 1-assoziierten Tumoren
häufig zusätzlich zur vererbten Keimbahnmutation im
Bereich des MEN-1-Locus größere somatische
Deletionen (loss of heterozygosity; LOH) vorhanden
sind. Diese Deletionen betreffen MEN-1-Loci des
Chromosom 11, welche nicht vom erkrankten Elternteil
stammen. Die Zellen, in denen ein solcher LOH vorkommt, verfügen dann nur noch über die defekte Kopie
des MEN-1-Gens, was einen kompletten Funktionsverlust zur Folge hat.
Molekularbiologische Diagnostik bei MEN 1
Bei Verdacht auf eine MEN 1 kann man mithilfe von
biochemischen Untersuchungen die Diagnose mehrere
Jahre vor der ersten klinischen Manifestation stellen.
Das z.T. umfangreiche biochemische Screening hat
erheblich an Bedeutung verloren, da durch den
Nachweis der Mutationen im Menin-Gen die Genträgerschaft früh zu ermitteln ist. Nichtgenträger können aus der weiteren klinischen Überwachung entlassen werden, während bei den genetisch betroffenen
Familienmitgliedem eine intensive biochemisch/klinische Überwachung erfolgen muss.
Für MEN-1 -Familien wurden in der Literatur bereits ca.
400 verschiedene heterozygote Mutationen in den
Exons 2–10 des Gens beschrieben, die den kodierenden Abschnitt des Gens darstellen. Dabei sind missense-Mutationen (Aminosäureaustausch), frameshiftMutationen (Verschiebung des Leserasters), nonsenseMutationen (Stopcodons, die zum Abbruch der
Proteinsynthese führen), Insertionen und Deletionen
vertreten. Aber auch Übergänge zwischen den Introns
27 (2003) 2
ABSTRACTS
und Exons sind betroffen, bei denen Mutationen zur
fehlerhaften Synthese der mRNA führen.
Der Nachweis der Mutationen im Menin-Gen erfolgt
aus genomischer DNA, die aus Leukozyten gewonnen
werden kann. Die Exons, sowie die flankierenden
Sequenzen der Introns werden durch die PolymeraseKettenreaktion selektiv amplifiziert, durch direkte
Sequenzierung die Basensequenz ermittelt und mit der
publizierten Sequenz verglichen. Da die Mutationen in
allen Bereichen der kodierenden Region des Gens auf-
treten können, ist die komplette Sequenzierung notwendig. In der Regel wird in jeder MEN-1-Familie eine
unterschiedliche Mutation nachgewiesen. Sogenannte
Hot-Spots für Mutationen, wie sie z.B. im RETProtoonkogen bei MEN-2-Patienten vorliegen, gibt es
nicht. Der Nachweis einer Mutation bei einem IndexPatienten einer MEN-1-Familie ermöglicht eine effiziente Untersuchung der übrigen Familienmitglieder,
da diese nur noch auf das Vorliegen dieser Mutation
überprüft werden müssen.
Multiple endokrine Neoplasie Typ2 – Diagnostik, Therapie, Nachsorge
Friedhelm Raue, Heidelberg
Definition der multiplen endokrinen
Neoplasie Typ 2
Die multiple endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN 2A) ist ein
autosomal dominant vererbbares Krebs-Leiden, das
eine hohen Penetranz für das medulläre Schilddrüsenkarzinom (medullary thyroid carcinoma=MTC) zeigt. Es
kommt in drei verschiedenen phänotypischen Ausprägungsformen vor:
1. MEN 2A (Sipple-Syndrom) charakterisiert durch
MTC, uni- oder bilaterale Phäochromocytome, primärer Hyperparathyreoidismus auf dem Boden
einer Vierdrüsen-Hyperplasie
2. MEN 2B – assoziert mit: MTC, uni- oder bilateralen
Phäochromocytomen und phänotypisch richtungsweisender zentrofazialer und intestinaler Ganglioneuromatose sowie marfanoiden Habitus
3. FMTC – familiäres medulläres Schilddrüsenkarzinom: alleiniges Auftreten eines MTC bei mindestens
zwei Familienangehörigen.
Pathogenese der multiplen endokrinen Neoplasie
Typ 2
Ursache der Tumorentwicklung sind Mutationen im
RET-protoonkogen, das für einen membranständigen
Tyrosinkinase-Rezeptor kodiert. Die Mutation führt zur
spontanen und dauernden Aktivierung des RETRezeptors ohne Ligandenbindung und damit Aktivierung der Postrezeptor-Signalkaskade, die u.a. für
die Proliferation der neuroendokrinen Zellen verantwortlich ist. Es finden sich fünf Mutationen im Exon 10
und 11, die für die extrazelluläre Domäne des RET–
Rezeptors kodieren und zum Austausch von Cystein
durch andere Aminosäuren führen und eine Reihe weiterer Mutationen in den Exons 13–16, die für die intra-
27 (2003) 2
zellulläre Domäne kodieren. Zwischen der spezifischen
Mutation und dem Phänotyp findet sich eine Korrelation, die am deutlichsten bei der Codon 918 Mutation ausgepägt ist, die für 95% alle MEN 2B kodiert.
Mutationen für MEN 2A findet man in den Exon 10 und
11, am häufigsten assoziert mit Codon 634, während
Mutationen, die mit einer FMTC einhergehen zunehmend in den Exons 13–16 gefunden wird.
Leittumor bei allen drei Erkrankungen mit einer Penetranz von 90% ist das MTC, eine maligne Erkrankung
der C-Zellen der Schilddrüse, das sich über das prämaligne Zwischenstadium der C-Zell-Hyperplasie
(CCH) manifestiert. 25–30 % aller MTC sind hereditär
und entwickelt sich mit unterschiedlicher Penetranz bei
den einzelnen Formen des hereditären Tumor-Syndroms, bei der MEN 2B schon im ersten Lebensjahr,
bei der MEN 2A meist im zweiten und bei der FMTC im
vierten Lebensjahrzehnt. Das MEN-2A-Syndrom ist die
häufigste Variante mit ca. 50%, das MEN-B-Syndrom
die seltenste Variante mit ca. 5%, das FMTC-Syndrom
wird zunehmend häufiger diagnostiziert (ca. 45%).
Ursache für die Zunahme des FMTC ist das systematische Calcitonin-Screening bei Struma nodosa mit
Entdeckung von Frühformen wie der CCH und die
sytematische molekulargenetische Diagnostik bei
„anscheinend sporadischem“ MTC.
Tumormarker für das MTC ist das Calcitonin, das sowohl basal als auch nach Stimmulation durch
Pentagastrin bestimmt werden kann. Ein überschießender, pathologischer Anstieg des Calcitonins nach
Pentagastrin ist nahezu beweisend für ein MTC bzw.
dessen Präkanzerose, die multifokale CCH.
Endokrinologie Informationen
93
ABSTRACTS
Diagnostik und Klinik der multiplen endokrinen
Neoplasie 2
Klinisch präsentiert sich der Indexfall des hereditären
medullären Schilddrüsenkarzinoms als Struma nodosa, bei der im Rahmen der Abklärung schon präoperativ ein erhöhtes Calcitonin und/oder erhöhtes CEA
gemessen werden kann oder eine verdächtige Cytologie des Schilddrüsenknotens vorliegt. Spätestens bei
der histologischen Aufarbeitung des OP-Präparates
ergibt sich die Diagnose MTC. Findet der Pathologe
daneben noch eine C-Zell-Hyperplasie (CCH), ist diese
richtungweisend für ein hereditäres MTC. Bei allen
Patienten mit MTC auch bei fehlender CCH oder leerer Familienanamese sollte eine molekuargenetische
Untersuchung bezüglich einer Mutation im RETProtoonkogen sich anschließen, da in 3–6% mit einer
Mutation im RET-Protoonkogen zu rechnen ist. Bei
Nachweis einer Keimbahn-Mutation im RET-Protoonkogen beim Indexpatienten können durch eine systematische Familienuntersuchung betroffene Genträger identifiziert und frühzeitig einer kurativen Operation
zugeführt werden. Eine Calcitoninbestimmung ggf.
nach Pentagastrinstimulation und eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse ggf. ein Schilddrüsenszintigramm ergänzen die Diagnostik bei MEN-2Genträgern. Bei erhöhtem Calcitonin und Nachweis
einer RET-Mutation besteht eine eindeutige Indikation
zur Operation. Um einen sicheren kurativen Ansatz zu
haben, empfiehlt sich bei MEN-2-Patienten auch bei
normalen Calcitoninspiegeln eine Operation im Alter
von 6 Jahren, bei FMTC kann wegen der späteren Manifestation des MTC ggf. davon abgewichen werden.
rung eine totale Thyreoidektomie mit zentraler
Lymphknoten- Dissektion durchgeführt werden, um die
restlichen C-Zellen zu entfernen, die potenziell maligne
entarten können, und um zervikale Lymphknotenmetastasen zu entfernen, die häufig schon im zentralen
cervicalen Kompartiment zu finden sind; ggf. ist die
Operation auf die lateralen zervikalen und das mediastinale Kompatiment zu erweitern. Bei RET-Mutationsträgern, die im Rahmen der Familienuntersuchung gefunden wurden, richtet sich das Ausmaß der Operation
nach dem präoperativen Befund und dem Alter des
Patienten: Kinder sollten im Alter von 6 Jahren operiert
werden (totale Thyreoidektomie), im jugendlichen Alter
und im Erwachsenenalter ist eine zusätzliche zentrale,
ggf. laterale Lymphadenektomie erforderlich. Der
postoperative Calcitoninspiegel ggf. nach Pentagastrin-Stimulation gibt Auskunft über den Erfolg der
Operation. Bei nicht messbarem Calcitonin ist von
einer Heilung auszugehen, weitere Operationen sind
nicht notwendig. Bei erhöhtem Calcitonin ist von weitem Tumorgewebe auszugehen, sollte die bisherigen
Operation in o.g. Sinne noch nicht durchgeführt sein,
so ist sie zu komplettieren. Bei bekannten Fernmetastasen, Stadium T4 mit Weichteilinfiltration, mehr als
10 metastatisch befallenen Lymphknoten oder
Tumorgewebe in den Weichteilen ist mit einer chirurgischen Heilung auch durch weitere Eingriffe nicht zu
rechnen. Dies muss bei der Intensität und dem Aufwand der Suche nach Tumorgewebe und Planung weiterer Operationen bedacht werden. In dieser Situation
sind weitere Operationen nur unter palliativem Gesichtspunkt durchzuführen.
Da in der Reihenfolge der klinischen Manifestationen
das MTC an erster Stelle steht, fallen Indexpatienten
selten über ein Phäochromocytom auf. Biochemisch
lassen sich die Phäochromocytome durch die Bestimmung von Urin-Katecholaminen und -Metanephrinen
sichern, morphologisch durch ein MRT, CT oder ein
MIBG-Szintigraphie. Selten fällt ein MEN-2-Patient
durch einen primären Hyperparathyreoidismus (erhöhtes Serum-Kalzium und Parathormon) auf, daran denken sollte man bei rezidivierendem Hyperparathyreoidismus und multiplen Adenomen/Hyperplasien. In
all diesen Fällen sollte eine Calcitoninbestimmung ggf.
eine molekulargenetische Untersuchung bezüglich
RET-Mutationen durchgeführt werden.
Die Behandlung des metastasierenden MTC ist ausgesprochen symptomorientiert unter Kenntnis der relativ
guten Langzeitprognose und der relativ guten
Lebensqualität auch noch im fortgeschrittenen Stadium. Die antidiarrhöische Behandlung im fortgeschrittenem Tumorstadium sollte mit Loperamid oder Tinctura opii, ggf. auch mit Somatostationanaloga erfolgen.
Bei eindeutigem Progress der Metastasen und drohenden bzw. vorhandenen tumorbedingten Symptomen,
Funktionseinbußen oder Komplikationen ist eine palliative Therapie: Operation, Strahlentherapie, und/oder
Chemotherapie zu erwägen. Der Patient sollte über die
limitierte Wirksamkeit der Therapien informiert sein und
dem Therapieversuch zustimmen.
Therapie der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 2
Die Therapie der Wahl beim medulären Schilddrüsenkarzinom ist chirurgisch, da das MTC nicht Radiojod
speichert, nur wenig strahlensensibel ist und chemotherapeutisch auch nur gering beeinflussbar ist. Sollte
als Zufallsbefund bei der Operation einer Struma nodosa ein MTC gefunden werden, sollte zur Komplettie-
Eine nebennierenrindenerhaltende Operation der Phäochromocytome ggf. durch einen laparaskopischen
Eingriff ist heute die Therapie der Wahl, um bei beidseitigen Phäochromocytomen eine lebenslange Substitution mit Glukocortikoiden zu vermeiden. Eine präoperative Vorbereitung mit und -Blocker ist zwingend notwendig.
94
Endokrinologie Informationen
27 (2003) 2
ABSTRACTS
Der meist milde primäre Hyperparathyreoidismus ist
durch eine Vierdrüsenhyperplasie verursacht, eine 7/8
Resektion aller vier Nebenschilddrüsen oder eine totale Parathyreoidektomie mit Autotransplantation ist notwendig.
Nachsorge
Die Nachsorge bei der MEN 2 dient zur Kontrolle der
Substitution von Schilddrüsenhormonen, ggf. des
postoperativen Hypoparathyreoidismus, zur Dokumentation der persistierenden Heilung (normales Calcitonin) und bei erhöhtem Calcitonin zur Lokalisation und
27 (2003) 2
Größenbestimmung von Metastasen, bei bilateral
Adrenalektomierten der Kontolle der Substitution der
Nebennierenrindenhormone. Darüber hinaus sollte,
soweit bisher nicht geschehen, eine ausführliche
Familienanamnese und Aufklärung über den autosamal
dominaten Erbgang der MEN 2 (ggf. humangenetische
Beratung) durchgeführt werden.
Literatur
Guidelines for diagnosis and therapy of MEN type 1
and type 2. ML Brandi et.al. JCEM 86: 5658, 2001
Endokrinologie Informationen
95
KONGRESSANKÜNDIGUNGEN
Preliminary Programme
6th EFES Postgraduate Course in Molecular and Cellular Endocrinology
June 27–29, 2003 in Berlin
Universitätsklinikum Charité der Humboldt Universität
Berlin, EnForCé
Institut für Experimentelle Endokrinologie
CMM & Pädiatrische Endokrinologie CVK
Organisation:
Prof. Dr. Josef Köhrle & Prof. Dr. Annette Grüters
Local
–
–
–
–
–
–
–
–
Organising Committee:
Heike Biebermann
Annette Grüters
Josef Köhrle
Heiko Krude
Andreas Plagemann
Cornelia Schmutzler
Lutz Schomburg
Christian Strasburger
Organisation and Contact:
Prof. Dr. J. Köhrle & Prof. Dr. Annette Grüters-Kieslich
Endokrinologisches Forschungs-Centrum der Charité
EnForCé – Charité
Humboldt-Universität zu Berlin
Schumannstr. 20/21
D-10098 Berlin
Germany
E-mail: [email protected]
Tel.: +49-30-450-524162 (Mrs. Elke Abdel-Karim)
Fax: +49-30-450-524922
www: http://www.charite.de/enforce/
http://www.charite.de/expendo/
http://www.charite.de/p_endo/
LOCATION OF THE COURSE
Hotel, Begegnungs-, Tagungsstätte Hotel Morgenland
Finckensteinallee 23–27
D-12205 Berlin (Lichterfelde)
Tel.: (030) 84 38 89-0
Fax: (030) 84 38 89-79
E-mail: [email protected]
Topics
–
Genomics in endocrinology
–
Development of endocrine organs (defects,
programming of endocrine and metabolic axes)
–
Comparative endocrinology & models for
endocrine research and human pathophysiology
96
Endokrinologie Informationen
–
–
–
–
–
Obesity and weight control
Receptors and signalling mechanisms
New targets for old hormones
Hormones and cancer
Basic science and clinically oriented research
Format
Lectures, Workshops and Discussions
Preliminary time schedule
Start: Friday, June 27, 1:00 p.m.
End: Sunday, June 29, 3:00 p.m.
Please observe: Not all speakers have been
confirmed yet!
Key Note Lecture
–
Miguel Beato, Barcelona
Steroid Hormones and the Chromatin
Lessons from Nuclear Receptors Transgenic Animals:
knockout, knockin, switch on and off
–
Tim Wintermantel, Heidelberg
GR Transgenic Models
–
Björn Vennström, Stockholm
TR Transgenic Models
–
Adriana Maggi, Milano
ER Hormone Reporter Mice
–
Olli Jänne, Helsinki
AR Hormone Reporter Mice
Sexual Differentiation and Development
–
Olaf Hiort, Lübeck
Clinically Oriented Overview and Introduction
–
Yves Morel, Lyon
Adrenogenital Syndrome
–
Charles Sultan, Montpellier
Androgen Receptor
–
Andrew Cato, Karlsruhe
Non Classical Signalling and Cross-Talk of AR
–
N.N.
DAX-1 and SF-1
Development and Differentiation of Endocrine Axes
–
Roland Pfäffle, Leipzig
Transcription Factors of Hypothalamus and
Pituitary
27 (2003) 2
KONGRESSANKÜNDIGUNGEN
–
–
Luc St. Onge, Munich
Endocrine Pancreas
Seppo Vainio, Oulu
Adrenal and Ovarian Development
O. Söder, Stockholm
Testes Development
–
–
–
–
Thyroid Development and Differentiation
–
Heiko Krude, Berlin
Clinically Oriented Overview and Introduction
–
Roberto di Lauro, Naples
Transcriptions Factors and Mouse Models
–
Klaus Rohr, Cologne
The Zebrafish Model
–
Cornelia Schmutzler, Berlin
Differentiation, Dedifferentiation and Thyroid
Tumors
Regulation of Satiety, Obesity and Growth
–
Heike Biebermann, Berlin
Clinically Oriented Overview and Introduction:
MC4R
–
Andreas Plagemann, Berlin
Models and Mechanisms of Perinatal
Programming
–
Sadaf Farooqi, Cambridge
The Leptin Network
–
Matthias Tschoep, Potsdam
–
Michael Stumvoll, Tübingen
Adiponectin & Resistin
–
Willhart Knepel, Göttingen
Molecular Analysis of Signalling and Cross-Talk:
Chances and Pitfalls
M. Gekle, Würzburg
Non-Classical actions and Cross-Talk of Steroid
Hormones: Aldosterone
F.W. van Leeuwen, Amsterdam
Molecular Misreading – Unfaithful Transcription
of Correct DNA
N.N.
siRNA in Hormone Research
Support and Sponsors:
–
EFES
–
DGE
–
Companies
Fees
Registration and course participation
–
200.00 8 (including one meal per day and coffee
breaks)
Hotel
–
Depends on quality (39.00–90.00 8) per night,
per person (first come, first served)
Für die Unterstützung der Veranstaltung danken wir
der Universität Heidelberg, der D.G.A.E., der DGE und
den Firmen Pharmacia und Merck.
Workshops and Meet the Experts (parallel)
–
Aria Baniahmad, Giessen
Receptors, Coactivators and Repressors –
Aliens and Others
Anmeldung bis zum 1. Juni 2003
❏ Kleinkonferenz 4./5. Juli
Teilnahmegebühr 80,– 8
❏ Praktischer Kurs 5.–8. Juli
Teilnahmegebühr 200,– 8
❏ Kleinkonferenz und Kurs
Teilnahmegebühr 250,– 8
Die Teilnahmegebühr von
8 überweise ich bis zum 1. Juni 2003 auf das Konto der
D.G.A.E. (Nr. 000 323 1011) bei der APO-Bank Berlin, BLZ 100 906 03)
Adresse:
PLZ, Ort
Name
Straße
Klinik/Praxis
Tel./Fax:
Anmeldung bitte einsenden an:
Dr. Egbert Schulze
Molekulargenetisches Labor Prof. Raue
Im Weiher 12, 69121 Heidelberg
Fax: 06221-658884
E-mail: [email protected]
Zimmerresevierung über den
Verkehrsverein Heidelberg
Postfach 105860, 69048 Heidelberg
Tel.: 06221-1422-0 Fax: -1422-22
Kleinkonferenz und Kurs mit
Unterstützung der D.G.A.E. und der DGE
27 (2003) 2
Endokrinologie Informationen
97
KONGRESSANKÜNDIGUNGEN
Kleinkonferenz
Molekulargenetische Diagnostik in der Endokrinologie –
INDIKATION UND KONSEQUENZ
4.–5. Juli 2003
Praktischer Kurs
Molekulargenetik in der Endokrinologie
5.–8. Juli 2003
16.15–17.45
Auskunft:
Prof. Dr. Friedhelm Raue,
Brückenstr. 21, 69120 Heidelberg
Tel.: 06221-439090, Fax: -439099
E-mail: [email protected]
MEN – Primärer
Hyperparathyreoidismus
Vorsitz: Raue, Heidelberg
Genotyp-Phänotyp bei MEN 2
Frank – Raue, Heidelberg
Codonspezifische OperationsStrategie
Dralle, Halle
Hereditärer primärer
Hyperparathyreoidismus
Blind, Würzburg
19.00–21.00
Empfang Prinz Carl Palais
Spiegelsaal, Kornmarkt
PROGRAMM
21.00–21.30
After dinner lecture
Phenylketonurie und die Völker
Irlands
Zschocke, Heidelberg
Heidelberg
Internationales Wissenschaftsforum
Hauptstr. 242, 69117 Heidelberg
Tel.: 06221-543690/91, Fax: -165896
Wissschaftliche Organisation
K. Frank-Raue, S. Hentze, E. Schulze
FREITAG 4. JULI 2003, 13.00–18.00 UHR
13.00–13.15
Begrüßung, Eröffnung –
Raue, Heidelberg
13.15–14.15
Grundlagen und Einleitung –
Vorsitz: Raue
Grundlagen der molekulargenetischen Diagnostik Höppner,
Hamburg
Humane Genomsequenz aufgeklärt, was nun?
Bartram, Heidelberg
14.15–15.45
Molekulargenetik der Nebenniere
Vorsitz: Frank – Raue, Heidelberg
Molekulargenetik des AGS –
Schulze, Heidelberg
Prä- und postnatale Therapie
des AGS
Dörr, Erlangen
Hereditäres Phäochromocytom
Neumann, Freiburg
15.45–16.15
98
Pause
Endokrinologie Informationen
SAMSTAG 5. JULI 2003, 9.00-15.00
9.00–10.00
Pharmakogenetik
Vorsitz: Schulze, Heidelberg
Genetik des
Arzneimittelmetabolismus
Schömig, Köln
Genchips – sinnvolle Diagnostik?
N.N.
10.00–11.00
Diabetes und Immunologie
Vorsitz: Büber, Berlin
Mody-Diabetes
Pfeiffer, Berlin
AIRE Gen
Badenhoop, Frankfurt
11.00–11.30 Pause
11.30–13.00
Stoffwechsel –
Vorsitz: Nawroth, Heidelberg
Adipositas, monogenetische
27 (2003) 2
KONGRESSANKÜNDIGUNGEN
Erkrankungen
Grüters, Berlin
Molekulargenetik der
Hyperlipidämie
Steinmetz, Andernach
Hämochromatose – Genotyp,
Phänotyp
Gehrke, Heidelberg
13.00–14.00
Binder, Tübingen
GH, GH-R, PIT
Pfäffle, Leipzig
14.00
Schlusswort Raue
14.00 –15.00
Imbiss
15.00
Ende der Veranstaltung
Wachstum
Vorsitz: Hentze, Heidelberg
Ein „shox“ für das Wachstum
Praktischer Kurs
Im Anschluss an die Konferenz findet vom
5.– 8. Juli 2003 ein praktischer Kurs
„Molekulargenetik in der Endokrinologie“
in den Räumen des molekulargenetischen Labors der
Gemeinschaftspraxis Raue, Frank-Raue, Hentze statt.
Info:
Dr. Egbert Schulze, Molekulargenetisches Labor
Im Weiher 12, 69121 Heidelberg
Tel.: 06221-658883, Fax.: 06221-658884
E-mail: [email protected]
Die Teilnehmerzahl ist auf max. 15 Personen beschränkt Die Experimente werden selbstständig in
Kleingruppen (2–4 Personen) durchgeführt. Bestätigung der Teilnahme wird sofort nach Eingang der
Anmeldung verschickt. Bitte beachten Sie die reduzierte Teilnehmergebühr für die Kombination aus Kleinkonferenz und Kurs.
27 (2003) 2
In der Kursgebühr enthalten sind die Kosten für das
Kursmanual und alle Experimente sowie Kaffee und
Imbiss in den Pausen.
Das Kursprogramm wurde konzipiert für AIP, Assistenzärzte und junge Fachärzte aus der Pädiatrie, Inneren Medizin und Gynäkologie mit besonderem Interesse an der Endokrinologie. Die Teilnehmer sollen Grundkenntnisse über molekulargenetische Techniken erwerben, um später selbst entsprechende Untersuchungen
durchführen zu können. Außerdem sollen die Teilnehmer ihre Kenntnisse über molekulare Grundlagen
endokriner Erkrankungen erweitern
Endokrinologie Informationen
99
KONGRESSANKÜNDIGUNGEN
2003 Bregenz Summer School on Endocrinology
July 27th–July 31th 2003
Monastery Mehrerau, Bregenz, Austria
The EUROSTERONE-Network and the (E)UROESTROGEN(E)s-research project organize the 2003 Bregenz
Summer School on Endocrinology. This is a joint project with the German Society of Endocrinology (DGE)
and the DGE Junge Forschung Aktiv
THURSDAY MORNING, JULY 31ST
Hormones and the Urogenital Tract: Selection of the
dominant follicle, Endometrium: pregnancy and cancer, Urinary bladder incontinence, Experimental
models for urinary incontinence, neuro-endocrine
regulation of the urogenital tract
Preliminary Program
The German Society of Endocrinology and the EU
funded projects can sponsor up to 30 young graduates and postgraduates.
Sunday July 27th
Arrival, Dinner in the Monastery, Welcome drinks in the
pub of the Monastery (at your own expenses)
Monday July 28th Youngster day
Tissue specificity of hormone action:
– how can it be explained? Tissue specific targeting
of hormone-related drugs.
– Youngsters (DGE-Junge Forschung Aktiv and
others) are requested to propose further topics
including own projects
– Each sponsored young investigator is supposed to
present a poster on the subject of her/his research
project(s).
Tuesday July 29th
Hormones and the Brain: Neuroprotection by hormones and hormone-related compounds, Experimental
brain infarction, Morbus Alzheimer, Raloxifene in the
brain, High dose T4 therapy in bipolar disorder, Neurodifferentiation
Wednesday July 30t hmorning
The Metabolic Syndrome: Experimental models,
Estrogen receptors and metabolic syndrome, The
metabolic syndrome and the polycystic ovary syndrome, The metabolic syndrome and the cardiovascular
system, The metabolic syndrome and obesity, The
metabolic syndrome and type II diabetes
Wednesday July 30thafternoon
The Endocrinology of Bone: Bone development and
differentiation, mesenchymal stem cells and bone, hormone receptors and bone, genetic defects, animal models in bone research
100 Endokrinologie Informationen
Organisation
Prof. Dr. W. Wuttke Göttingen & Prof. Dr. J. Köhrle,
Berlin and Primarius Dr. H. Concin, Bregenz
Logistic and organisational support: EnForCé Berlin
Contact
For further information contact Mrs. Elke Abdel-Karim
at [email protected] or Mrs. Damina Balmer
at [email protected]
Mrs. Elke Abdel-Karim
Endokrinologisches Forschungs-Centrum der Charité
EnForCé
Charité
Humboldt-Universität zu Berlin
Schumannstr. 20/21
D-10098 Berlin
Germany
Fax: +49-30-450-524922
Relevant weblinks
http://www.charite.de/expendo/
http://www.charite.de/enforce/
http://www.mehrerau.at/collegium
http://www.mi.med.uni-goettingen.de/KEE/
http://www.eurisked.org
http://www.endokrinologie.net
http://www.junge-forschung.de
27 (2003) 2
KONGRESSANKÜNDIGUNGEN
7th Annual Meeting of the Neuroendocrinology section of the DGE
„Neuroendocrine regulation of Eating and Body weight, Neuroendocrinology
of Sleep, Gonadal Steroids and the Brain Pituitary.“
Max-Planck-Institute of
Psychiatry
Kraepelinstr. 10
80804 Munich
October 17–18th, 2003
Lübeck, Germany
Abstract deadline:
June 27th, 2003
Information:
Prof. GK. Stalla
Speaker of the
Neuroendocrinology section
location:
Rathaus Lübeck, City Hall
Breite Straße 61
23539 Lübeck
6. Deutsche Nebnnierenkonferenz
Kloster Drübeck bei Wernigerode/Harz
21.–23.11.2003
Informationen:
Prof. W. Oelkers
Berlin
Tel.: 030-8053099
Fax: 030-8053987
E-mail:
[email protected]
www.kloster-druebeck.de
Prof. S. Boornstein
Düsseldorf
Tel.: 0211-8117810
Fax: 0211-8117860
E-mail: Stefan.bronstein@
uni-düsseldorf.de
begrenzte
Teilnehmerzahl:
27 (2003) 2
90 Personen
Endokrinologie Informationen 101
V E R A N S TA LT U N G S K A L E N D E R
JUNI 2003
3.–7.6.2003
Osaka, Japan
IBMS-JSBMR 2003 – The first joint Meeting of the
International Bone and Mineral Society and the
Japanese Society for Bone and Mineral Research
Kontakt: Meeting Secretariat, Ms. Keiko Nishimoto,
Tel.: 0081/66221/5933 Fax: 0081/66221/5939
E-mail: [email protected]
Humboldt-Universität zu Berlin
Schumannstr. 20/21
D-10098 Berlin
Germany
E-mail: [email protected]
Tel.: +49-30-450-524162 (Mrs. Elke Abdel-Karim)
Fax: +49-30-450-524922
www: http://www.charite.de/enforce/
http://www.charite.de/expendo/
http://www.charite.de/p_endo/
JULI 2003
5.6.–8.6. 2003
Berlin, Germany
4.–5.7.2003
Heidelberg, Germany
Jahrestagung der Sektion Angewandte
Endokrinologie
Informationen: Prof. Dr. Michael Derwahl
St. Hedwig Kliniken GmbH
Große Hamburger Straße 5–11
Berlin
Tel. 030/2311-2503
Fax: 030/2311-2324
E-mail: [email protected]
Molekulargenetische Diagnostik in der
Endokrinologie – Indikation und Konsequenz
Internationales Wissenschaftsforum Heidelberg
Auskunft: Prof. Dr. F. Raue, Brückenstr. 21,
69120 Heidelberg
Tel.: 06221-439090
Fax: 06221-439099
E-mail: [email protected]
19.–22.6.2003
Philadelphia, USA
ENDO 2003 – The Endocrine Society´s 85th Annual
Meeting
Ort: Philadeliphia Convention Center, Philadelphia,
USA
Kontakt: The Endocrine Society, 8401 Connecticut
Avenue, Suite 900, Chevy Chase Maryland
20815-5817, USA, Tel.: 001/301/941 0200,
Fax: 001/301/941 0259
E-mail: [email protected]
http://www.endosociety.org/
27.6.–29.6.2003
Berlin, Germany
6th EFES Postgraduate Course in Molecular and
Cellular Endocrinology
Informationen: Prof. Dr. J. Köhrle & Prof. Dr. Annette
Grüters-Kieslich
Endokrinologisches Forschungs-Centrum der Charité
EnForCé
Charité
102 Endokrinologie Informationen
4.–5.7.2003
Marburg, Germany
Osteodensitometrie-Trainingskurse 2003
Informationen: Heidelberger Akademie für
Gesundheitsbildung, Bergheimer Str. 76,
69115 Heidelberg,
E-mail: [email protected]
6.–8.7.2003
Heidelberg, Germany
Molekulargenetik in der Endokrinologie –
praktische Übung
Molekulargenetisches Labor, Heidelberg
Im Weiher 12, 69121 Heidelberg
Tel.: 06221-658883 Fax: 06221-658884
E-mail: [email protected]
13.–17.7. 2003
Aberdeen, UK
Annual Meeting of the Society for the Study of
Fertility
27 (2003) 2
V E R A N S TA LT U N G S K A L E N D E R
Kontakt: Society for the Study of Fertility,
892A High Street Sawston, Cambridge CB 2 4HJ, UK
Tel.: +44-1223-830665, Fax: +44-1223-839804
E-mail: [email protected]
E-mail: [email protected]
http://www.i-plan.de/dga/
25.–28.9.2003
Schloss Elmau, Germany
27.7.–31.7.2003
Monastery Mehrerau, Bregenz, Austria
The EUROSTERONE-Network and the
(E)UROESTROGEN(E)s-research project
organize the 2003 Bregenz Summer School on
Endocrinology. This is a joint project with the
German Society of Endocrinology (DGE) and
the DGE Junge Forschung Aktiv
For further information contact Mrs. Elke Abdel-Karim
at [email protected] or Mrs. Damina
Balmer at [email protected]
Mrs. Elke Abdel-Karim
Endokrinologisches Forschungs-Centrum der Charité
EnForCé
Charité
Humboldt-Universität zu Berlin
Schumannstr. 20/21
D-10098 Berlin
Germany
Fax: +49-30-450-524922
SEPTEMBER 2003
10.–13.9.2003
Berlin, Germany
European Federation of Internal Medicine –
4th Congress
Ausführliche Infos unter www.efim2003.de
Chairman: Prof. Dr. J. Köbberling, Lehrstuhl für Innere
Medizin, Kliniken St. Antonius, Carnaper Str. 48,
42283 Wuppertal
Kontakt: C&P Congress, EFIM 4, Amselweg 7,
61462 Königstein
E-mail: [email protected]
http://www.efim2003.de
11.–13.9.2003
München, Germany
Gemeinschaftstagung Deutsche Gesellschaft für
Andrologie und Deutsche Gesellschaft für
Reproduktionsmedizin
Tagungspräsident: PD Dr. F.-M.Köhn, Klinik und
Poliklinik für Dermatologie und Allergologie,
Technische Universität München,
Biedersteiner Str. 29, 80802 München,
Tel.: 089/41403178, Fax: 089/41403127
27 (2003) 2
3rd International Symposion on Testosterone:
Action, Deficiency, Substitution
Kontakt: Prof. Dr E Nieschlag, Institut für
Reproduktionsmedizin, Domagkstr. 11,
48129 Münster, Tel.: 0251/8356096,
Fax: 0251/8356093
E-mail: [email protected] oder
[email protected]
26.–27.9.2003
Graz, Österreich
Schilddrüse und Kardiologie – Schilddrüse und
Gynäkologie
Information: Klinische Abteilung für
Endokrinologie/Nuklearmedizin der Med.
Universitätsklinik, Sekretariat: Brunhilde Bacher,
Auenbruggerplatz 15, A- 8026 Graz,
Tel.: 0043-316-385-2383, Fax: 0043-316-385-3428
E-mail: [email protected]
Alternativ: E-mail: [email protected]
OKTOBER 2003
17.–18.10.2003
Lübeck, Germany
7th Annual Meeting of the Neuroendocrinology
Section of the DGE
Topics: Neuroendocrine regulation of eating and body
weight, Neuroendocrinology of sleep, Gonadal steroids and the brain, Pituitary
Contact: Prof. Dr. G. K. Stalla, Speaker of the
Neuroendocrinology Section of the DGE,
Max-Planck-Institute of Psychiatry, Kraepelinstr. 10,
80804 München, Tel.: 089/30622270,
Fax: 089/30622454, E-mail: [email protected]
NOVEMBER 2003
5.–8.11.2003
Dresden, Germany
VII. Intensivkurs für Klinische Endokrinologie
Kontakt: CPO Hanser Service, Büro Hamburg,
Postfach 1221, 22882 Barsbüttel,
Tel.: 040/670882-0, Fax: 040/6703283
E-mail: [email protected]
Endokrinologie Informationen 103
V E R A N S TA LT U N G S K A L E N D E R
21.–23.11.2003
Kloster Drübeck bei Werningerode/Harz, Germany
6. Deutsche Nebennierenkonferenz
Kontakt: Prof. S. Bornstein, Düsseldorf,
Tel.: 0211-8117810, Fax: 0211-8117860
E-mail: [email protected]
Prof. W. Oelkers, Berlin
Tel.: 030-8053099, Fax: 030-8053987
E-mail: [email protected]
www.kloster-druebeck.de
MÄRZ 2004
3.–6.3. 2004
Berlin, Germany
48. Symposion der DGE
Prof. Vollmer
Auskunft: C&P Congress & Promotion
Frau Bock-Schildbach
Amselweg 7
61462 Königstein
Tel.: 06174/933595
Fax: 06174/933596
E-mail: [email protected]
JUNI 2004
16.6.2004–19.6.2004
New Orleans, USA
ENDO 2004: 86th Annual Meeting of the USA –
Endocrine Society
Contact: Beverly Glover, Administrative Assistant,
Meetings, The Endocrine Society, 4350 East West
Highway, Suite 500, Bethesda, MD 20814-4410, USA,
Tel.: 001/301/9410220, Fax: 001/301/9410259
E-mail: [email protected];
http://www.endo-society.org
AUGUST 2004
8.–12.8. 2004
Salvadore, Brasilien
15th International Congress on Animal
Reproduction (ICAR)
Congress Secretariat: BCAR - Brazilian College of
Animal Reproduction, Alameda das Princesas,
1275, Belo Horizonte – MG – Brazil,
Tel.: 0055/31/3491 7122, Fax: 0055/31/3491 7025
E-mail: [email protected]
www.cbra.org.br/icar2004
APRIL 2004
18.4.2004–21.4.2004
Cairns, Australia
21.8. – 4.9 2004
Lissabon, Portugal
2nd Joint Congress of the Growth Hormone
Research Society and International IGF Society –
Joint GH-IGF Symposium
Cairns Convention Center
Main topics: We invite abstracts from basic and
clinical researchers within the field of growth hormone
and related substances such as growth hormone
binding proteins, growth hormone releasing factors
and pep-tides, insulin-like growth factors (IGFs) and
IGF bind-ing proteins.
E-mail: [email protected]
International Congress of Endocrinology
Kontakt: Maguelone G Forest, DRI-Inserm-U. 329,
Hopital Debrousse, 29 rue Sur Bouvier, 69322 Lyon
Cedex 05, France
Tel.: +33-4-7238-5848
Fax: +33-4-7825-6168
E-mail: [email protected]/fr
24.–27.4.2004
Sorrento–Napoli, Italy
3rd European Congress of Andrology and 16th
Annual Congress of the German Society of
Andrology
Kontakt: Institute of Reproductive Medicine
Domagkstraße 11
48149 Münster
Tel.: 0049-251-8356094
Fax: 0049-251-8356093
11th Meeting of the European Neuroendocrine
Association
Kontakt: C. Di Somma, Deparment of Molecular and
Clinical Endocrinology and Oncology, Federico II
University of Naples, Via S. Pansini, 5, 80131 Napoli,
Fax: 0039/81/5465443, E-mail: [email protected]
http://www.enea2004.it
104 Endokrinologie Informationen
SEPTEMBER 2004
11.9.–14.9. 2004
Münster, Germany
27 (2003) 2
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