Gaia sieht erste einzelheiten der milchstraße

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Welt der Wissenschaft: Astrometrie
Ein Sternhaufen
wird zerlegt
Gaia sieht erste Einzelheiten der Milchstraße
Bei der Verifikation vorläufiger Ergebnisse der astrometrischen Messungen von Gaia
sehen die beteiligten Astronomen schon erste wissenschaftliche Aspekte unserer
Heimatgalaxie, der Milchstraße. Im kommenden Sommer soll der erste GaiaSternkatalog der weltweiten Forschergemeinde zur Verfügung gestellt werden.
Von Ulrich Bastian
In Kürze
ó Das Objekt mit der Katalognum­
mer NGC 2451 galt bis Ende des
20. Jahrhunderts als offener Stern­
D
haufen (siehe Bild S. 35). Diese
Im Jahr 1994 konnten Siegfried Röser
lockere Gruppe von recht hellen Sternen
und ich mit unserem gerade fertig gestell-
em Beobachter erscheint das
drückt: In einem Farben-Helligkeits-Dia-
Objekt mit der Bezeichnung
gramm bildeten sie keine klar erkennbare
NGC 2451 als offener Stern-
Hauptreihe (siehe SuW 10/2015, S. 36).
im Sternbild Schiffs­heck (lateinisch: Pup-
ten Sternkatalog PPM (Positions and Pro-
haufen – danach kamen Zweifel
pis) in der südli­chen Milchstraße wurde
per Motions) die Frage nach der Rea­li­tät
an seiner Natur auf.
von John Herschel im Jahr 1835 entdeckt
von NGC 2451 schließlich entscheiden:
ó Präzise Eigenbewegungen zeigten
und erstmals beschrieben. Ein halbes Jahr-
Für den PPM hatten wir nahezu die ge-
im Jahr 1994 sogar zwei Stern­
hundert später, 1888, nahm Johan Ludvig
samten verfügbaren Positionsmessungen
gruppierungen auf.
Emil Dreyer sie unter der Nummer 2451
an Sternen aus mehr als 100 Jahren welt-
in den New General Cat­a­logue (NGC) auf,
weiter astronomischer Fleißarbeit zusam-
naueren Daten des Astrometriesa­
sein berühmtes Verzeichnis von Sternhau-
mengeführt, um präzise Eigenbewegun-
telliten Gaia zeigen sich klar zwei
fen und kosmischen Nebeln.
gen von fast einer halben Million Sterne
ó Mit Hilfe der noch deutlich ge­
getrennte offene Sternhaufen.
34
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts ka-
am ganzen Himmel abzuleiten. Als kleine
Einer ist rund 700 Lichtjahre, ein
men Zweifel auf, ob diese Sterngruppe
wissenschaftliche Anwendung dieses Da-
zweiter rund 1300 Lichtjahre von
wirklich ein Sternhaufen ist, also eine gra-
tenschatzes untersuchten wir die Bewe-
uns entfernt.
vitativ aneinander gebundene Gemein-
gungen der angeblichen Haufenmitglie-
schaft von Sterngeschwistern gleichen Al-
der von NGC 2451. Wenn die Sterngruppe
ters aus dem Bauch einer gemeinsamen
wirklich ein Haufen wäre, dann hätten sie
Muttergaswolke. Diese Zweifel gründeten
sich alle mit der gleichen Geschwindig-
sich auf Helligkeits- und Farbmessungen
keit und in die gleiche Richtung am Him-
an den Mitgliedssternen. Sie wollten nicht
mel bewegen müssen – jedenfalls im Rah-
recht zu der Annahme passen, dass die-
men der Genauigkeit der gemessenen Ei-
se Sterne einheitliche Entfernungen und
genbewegungen. Aber das taten sie nicht.
Alter besaßen. In der Fachsprache ausge-
Ganz im Gegenteil: In einem Diagramm,
März 2016
Sterne und Weltraum
Der offene Sternhaufen NGC 2541 steht
in der südlichen Milchstraße im Sternbild
Schiffsheck. Die 90 Minuten belichtete
Aufnahme mit einem Takahashi FSQ-106
am Siding Spring Observatory in Aus­tra­
lien gelang dem Amateurastronomen
­Mario Weigand aus Offenbach per Fern­
Mario Weigand
beobachtung.
www.sterne-und-weltraum.de
März 2016
35
Eigenbewegungsdiagramm von NGC 2451 – damals und heute
D
as linke Diagramm verwendeten
1994
Siegfried Röser und Ulrich Bas­
tian im Jahr 1994, um die wahre Natur
40
Astronomischen Rechen-Zentrum,
Heidelberg, die Eigenbewegungen der
Sterne gegen­einander auf. Die Punkte
in den Außenbereichen des Diagramms
gehören zu son­nen­na­hen Sternen,
die – einfach auf Grund ihrer Nähe zu
uns – große Eigenbewegungen haben.
Die Mitte des Diagramms zeigt eine
dichte Ansammlung von weit entfernten
Sternen mit – wiederum nur auf Grund
der Entfernung – ziemlich kleinen Eigen­
bewegungen. Der orangefarbene Kreis
markiert einen möglichen von Röser und
Bastian neu entdeckten Sternhaufen.
Auch das rechte Diagramm zeigt
die Eigenbewegungen in der Himmels­
region von NGC 2451, nun aber mit
20
0
Siegfried Röser, Ulrich Bastian, ARI / SuW-Grafik
trugen die beiden Astronomen vom
Eigenbewegung Nord-Süd in Millibogensekunden pro Jahr
von NGC 2451 herauszufinden. Dazu
-20
-40
den Messwerten aus der vorläufigen
Gaia-Probelösung vom Juli 2015. Der
Sternklumpen ist nun viel deutlicher zu
-60
-40
-20
0
20
40
Eigenbewegung Ost-West in Millibogensekunden pro Jahr
erkennen (siehe Pfeil).
das die Eigenbewegung in Ost-West-Rich-
bewegungsdiagramm. Wir wurden fündig
re wurde die Existenz beider Sternhaufen
tung am Himmel gegen die Eigenbewe-
und zeichneten ein Farben-Hel­lig­keits­-
zu einer anerkannten wissenschaftlichen
gung in Nord-Süd-Richtung aufträgt, wa-
Dia­gramm aus den gesammelten Messun-
Tatsache. Seither werden sie allgemein als
ren sie weit verstreut (siehe Grafik oben).
gen, und – siehe da – mit nur drei Ausnah-
NGC 2451A und NGC 2451B bezeichnet.
Als Sternhaufen hätten sie sich in diesem
men passten alle Punkte zu der Annah-
Diagramm als kleine, dichte Gruppe zei-
me, dass diese Sterne in einer einheitli-
Gaia betritt die Bühne
gen müssen. Damit war endgültig bewie-
chen Entfernung von rund 700 Lichtjahren
Zwanzig Jahre später betrat der As­tro­me­
sen, dass NGC 2451 kein Sternhaufen, son-
(220 Parsec) von uns stehen. Technisch ge-
trie­satellit Gaia der europäischen Welt­
dern nur eine zufällige Ansammlung von
sprochen: Sie bildeten eine deutliche und
raum­agen­tur ESA die Bühne. In den letz-
relativ hellen Sternen an dieser Stelle des
wohldefinierte Hauptreihe.
ten Monaten des Jahres 2015 begannen die
Anscheinend hatten wir nun einen rea­
an der Datenauswertung beteiligten Ast-
len Sternhaufen entdeckt. Aber das war
ronomen, die erste gründliche Kalibration
noch nicht die letzte und größte Über-
des Instruments und erste Gesamtlösun-
Das Diagramm oben von 1994 genau be-
raschung:
Farben-Helligkeits-Dia-
gen für Positionen, Eigenbewegungen und
trachtend, fragten wir uns damals, ob die
gramm aller Sterne in der Him­mels­re­gion
Pa­ral­la­xen (das heißt Entfernungen) von
geringe, kaum erkennbare Verdichtung
von NGC 2451 deutete einen völlig unab-
Sternen zu erstellen. Als erster Schritt wur-
der Punkte im orangefarbenen Kreis nur
hängigen, zweiten Sternhaufen an, der
den experimentelle Probelösungen mit
Zufall sei. Könnte das ein bisher unerkann-
weit hinter dem zuvor aus den Eigenbe-
zwei Millionen Sternen produziert. »Ex-
ter mitgliederarmer Sternhaufen sein, der
wegungen entdeckten liegt. Seine Entfer-
perimentell« heißt in diesem Zusammen-
zufällig in der Richtung des nicht existen-
nung bestimmen wir zu rund 1300 Licht-
hang, dass die Programme verschiedene
ten offenen Sternhaufens NGC 2451 liegt?
jahren (400 Parsec).
Testläufe durchlaufen. Deren Ergebnis-
Das ließ sich anhand der wenigen ver-
se werden überprüft, da­raus Konsequen-
streuten Punkte in dem Diagramm nicht
Die Veröffentlichung unserer doch
noch recht unsicheren Neuigkeiten in »As-
klar entscheiden.
tronomy and Astrophysics« veranlasste
gen, modifizierte Testläufe durchgeführt
Röser und ich durchwühlten die as­
andere As­tro­no­men, in der betreffenden
dann wiederum die Ergebnisse überprüft,
tro­no­mi­sche Literatur nach Helligkeits-
Himmelsregion weitere und genauere Hel-
und so weiter. In diesem komplexen Ve­ri­fi­
und Farbmessungen für die Sterne in
ligkeits- und Farbmessungen an Sternen
ka­tions­pro­zess sind unter anderem Stern-
der vermuteten Verdichtung im Eigen­
vorzunehmen, und binnen weniger Jah-
haufen sehr nützliche Testobjekte.
Himmels ist.
Ein neuer Sternhaufen?
36
März 2016
Das
zen für mögliche Verbesserungen gezo-
Sterne und Weltraum
2015
Relativ
— geniale
20
0
Einsichten
Ulrich Bastian, ARI / ZAH / SuW-Grafik
-20
-40
-60
-40
-20
0
20
40
Eigenbewegung Ost-West in Millibogensekunden pro Jahr
Eine Probelösung vom Juli 2015 wur-
Hier lassen sich nun die aus den Pa­ral­
de verwendet, um das gleiche Eigenbe-
laxen­mes­sun­gen von Gaia folgenden Ent-
wegungsdiagramm zu zeichnen wie das-
fernungen zusätzlich ins Spiel bringen.
jenige von Röser und mir aus dem Jahr
Schaut man sich die Verteilung der Paral-
1994 (siehe Grafik oben). Das offensicht-
laxen von allen 1100 Sternen im Himmels-
liche, sehr dichte Klümpchen (Pfeil) lässt
feld von NGC 2451 als Diagramm an, so er-
keinerlei Zweifel mehr entstehen, dass
kennt man zunächst das übliche breite,
NGC 2451A wirklich ein Sternhaufen ist.
glatte Maximum, das einerseits durch die
Die geringe Größe des Klümpchens zeigt
zunehmende Zahl von Sternen mit wach-
an, wie drastisch die Gaia-Messungen
sender Entfernung und andererseits durch
der ersten zehn Monate das Ergebnis von
die Helligkeitsgrenze des Probe-Gaia-Kata-
mehr als hundert Jahren bodengebunde-
logs bestimmt wird. Genauere Betrachtung
ner Astrometrie bereits übertreffen.
zeigt zusätzlich zwei unauffällige kleine,
Jetzt muss auch kein Farben-Hellig-
schmale Buckelchen (Maxima): einen bei
keits-Diagramm mehr bemüht werden,
rund 620 Lichtjahren (190 Parsec) und ei-
um die Existenz des offenen Sternhaufens
nen bei rund 1170 Lichtjahren (360 Parsec).
NGC 2451A glaubhaft zu machen. Aber wie
Aha! Diese beiden Werte passen gut zu den
sieht es mit NGC 2451B aus, dem zweiten
in den 1990er-Jahren bestimmten Entfer-
neuen Haufen? Die scheinbare Bewegung
nungen der beiden Stern­hau­fen – im Rah-
seiner Mitglieder liegt in dem Eigenbe-
men der Unsicherheit der damaligen Mess-
wegungsdiagramm leider – und rein zu-
werte. Das Histogramm der Parallaxenver­
fällig – in dem dichten galaktischen Hin-
tei­lung wird hier nicht abgebildet, weil es
tergrundklumpen. Deshalb konnte er im
wei­te­re wissenschaftliche Informationen
Jahr 1994 in diesem Diagramm weder ent-
ent­hal­ten könnte, die vor der Ver­öf­fent­li­
deckt werden, noch ließ er sich nach der
chung eines Gaia-Katalogs nicht allgemein
Entdeckung mit dessen Hilfe verifizieren.
zugänglich werden sollen. Die hier gezeig-
Er ist auch in dem neuen Eigenbewegungs-
ten Eigenbewegungsdaten wurden von der
diagramm von Gaia nicht erkennbar.
ESA nur deshalb zur Vorabveröffentlichung
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Eigenbewegung Nord-Süd in Millibogensekunden pro Jahr
40
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März 2016 37
FACEBOOK.COM/KOSMOS.ASTRONOMIE
Verteilung der Positions- und Helligkeitsmessungen
Die Farbe gibt die Anzahl der an Bord detektierten und ver­
2016 erstellte das Satellitenobservatorium mehr als
messenen Durchgänge von Sternen und anderen Him­mels­ob­
750 Mil­liarden Positions- und Helligkeitsmessungen am ge­
jek­ten pro Quadratgrad an. Der Maximalwert liegt bei 37 Mil­
samten Himmel. Deren Anzahl und Verteilung zeigt diese Gra­
lio­nen Durchgängen pro Quadratgrad, der Minimalwert bei
fik. Die Abdeckung der Messwerte über den Himmel ist dabei
22 000. Die Gesamtzahl aller Durchgänge liegt bei fast 35 Mil­
nicht gleichförmig; die Anzahl der Messungen pro Pixel ist an
liar­den. Jeder Durchgang liefert neun Positions- und elf Hel­
der Farbskala abzulesen.
ligkeitsmessungen. Insgesamt enthält die Karte also weit über
Man erkennt zum einen den Ring des Milchstraßenbands
eine halbe Billion Messwerte. Bis zum Missionsende wird sich
mit vielen für Kenner des Himmels vertrauten Strukturen und
diese Zahl noch fast vervierfachen, und die Himmelsüberde­
die beiden Magellanschen Wolken (unten Mitte). Zum anderen
ckung wird gleichmäßiger werden. Karten der Messungen eines
zeigt sich die – noch – recht ungleichförmige Überdeckung des
Tages sind eines der vielen Mittel, mit denen die beteiligten As­
Himmels durch das spezielle Messprinzip von Gaia.
tronomen laufend die korrekte Funktion von Gaia überwachen.
+75°
+90°
+75°
+60°
+45°
30 Mio.
+60°
+45°
+15°
120°
90°
0°
30°
60°
0°
330°
300° 0° 270°
-15°
240°
210°
-15°
-30°
-30°
10 Mio.
150°
+15°
-45°
-45°
Anzahl der Scans
+30°
20 Mio.
+30°
-60°
-60°
-75°
-90°
-75°
freigegeben, weil sie im Prinzip keine we-
Hinweis für (gut ausgerüstete) Beobachter: Gaia zum Mitmachen
S
sentlichen Neuigkeiten enthalten – außer,
dass Gaia gut funktioniert.
Die Grafik auf S. 39 zeigt die gleichen Eigenbewegungsdaten wie die auf S. 37, je-
chon jetzt gibt es einige wissenschaftlich interessante Ergebnisse der Gaia-Mis­
doch mit zusätzlicher Farbkodierung. Die-
sion, die öffentlich zugänglich sind: die so genannten Science Alerts (siehe SuW
jenigen Sterne, deren Eigenbewegungen
11/2015, S. 21). Sie betreffen hauptsächlich Entdeckungen auf Grund von fo­to­me­tri­
auf eine Mitgliedschaft in NGC 2451A hin-
schen Messungen, bei denen es wichtig ist, möglichst schnell weitere Beobachtun­
deuten, sind nun blau eingetragen. Sterne,
gen zu erhalten. Dazu zählen vor allem zeitlich schnell veränderliche Himmelsob­
deren Entfernungen innerhalb des klei-
jekte wie Supernovae, Novae und veränderliche Sterne. Die fotometrischen Science
nen Verteilungsmaximums bei 1170 Licht-
Alerts werden auf der Webseite gsaweb.ast.cam.ac.uk/alerts/home veröffentlicht.
jahren liegen, sind vio­lett dargestellt. Die
Die meisten Ereignisse betreffen Objekte lichtschwächer als 16 mag, deren Beobach­
grünen Punkte repräsentieren einfach alle
tung relativ große Teleskope und empfindliche Kameras erfordert – seien es eigene
übrigen Sterne.
oder die zunehmend von Amateuren genutzten öffentlich verfügbaren robotischen
Was sagen uns nun die violetten Punkte
Teleskope. Aber auch für Beobachter mit kleineren Geräten lohnt sich ein Blick auf
in der Grafik auf S. 39? Auf den ersten Blick
diese Webseite, denn es können immer mal Science Alerts hellerer Ereignisse dabei
sind sie über das ganze Diagramm verteilt.
sein. Jede Nachbeobachtung dieser Objekte kann einen wissenschaftlich wertvollen
Nun ja, natürlich gibt es Sterne, die mit
Beitrag darstellen. Eine zweite Webseite für »Gaia zum Mitmachen« ist in Planung:
NGC 4251B nichts zu tun haben, aber un-
Sie wird zum Nachbeobachten von neu entdeckten Kleinplaneten und Objekten des
gefähr in der­selben Entfernung von uns
äußeren Sonnensystems einladen, allerdings erst im Laufe des Jahres erstellt und
und ungefähr in der gleichen Himmelsge-
dann laufend mit so genannten Solar-System Alerts gefüllt werden. Stefan Jordan
gend stehen. Zusätzlich gibt es eine auffällige Konzentration von violetten Punkten
38
März 2016
Sterne und Weltraum
Jordi Portell i de Mora, Gaia Team (IDT/IDU/DPCB) / SuW-Grafik
V
on Gaias Missionsbeginn im Juli 2014 bis Mitte ­Januar
2015
20
0
Ulrich Bastian, ARI / ZAH / SuW-Grafik
Eigenbewegung Nord-Süd in Millibogensekunden pro Jahr
40
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Sterne von NGC 2451A
Sterne in der Entfernung
von NGC 2451B
galaktischer Hintergrund
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-20
0
20
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Eigenbewegung Ost-West in Millibogensekunden pro Jahr
Ulrich Bastian ist seit
1982 am Astronomischen
Rechen-Institut tätig, einem
Teil des Zentrums für Astro­
nomie der Universität Hei­
delberg. Er war wesentlich
an der Auswertung der Hipparcos-Messdaten
beteiligt. Seit 1994 arbeitet er am Nachfolge­
Gaias Daten enthalten nicht nur hochpräzise Positionen und Eigenbewegun-
satelliten Gaia und dessen Datenpipeline.
gen, sie ermöglichen auch die Zuordnung von Entfernungen aus den gemessenen Parallaxen. Verwendet man diese zusätzlich zu den Eigenbewegungen,
so tritt auch der zweite neu entdeckte Sternhaufen ganz deutlich zu Tage.
NGC 2451A ist schon im Diagramm auf S. 36 durch seine Eigenbewegung klar
erkennbar; er ist hier durch blaue Punkte markiert. Der andere, NGC 2451B,
ist im Eigenbewegungsdiagramm nur dann erkennbar, wenn man sich auf die
Sterne in rund 1170 Lichtjahren Entfernung konzentriert (violette Punkte).
am linken Rand des großen galaktischen
res sorgfältig überprüft und – bei hinrei-
Hintergrundklumpens (grüne Punkte).
chender Qualität – den Astronomen der
Sie ist viel zu dicht und deutlich, als dass
Welt im kommenden Sommer zur wissen-
sie auf reinem Zufall beruhen könnte. Das
schaftlichen Verwendung übergeben wer-
sind die Mitglieder des offenen Sternhau-
den. Er wird rund eine Milliarde Positio-
fens NGC 2451B! Sie besitzen innerhalb der
nen und Helligkeiten und zusätzlich rund
Genauigkeit der bisher verwendeten Gaia-
zwei Millionen Eigenbewegungen und Pa-
Daten eine gemeinsame Eigenbewegung.
rallaxen in bisher unerreichter Genauig-
Wer mag, kann den Wert dieser Bewegung
keit enthalten.
aus der obigen Grafik ablesen.
Ein kleines Schmankerl zum Schluss:
Man sollte diesem Wert aber noch nicht
Die hier gezeigten Bilder illustrieren, um
trauen. Die hier gezeigten Ergebnisse sind
wie viel leichter ein Sternhaufen im Eigen-
von sehr provisorischer Art. Seit Juli 2014
bewegungsdiagramm identifiziert werden
wurden in die laufende Kalibration und
kann, wenn man Gaia-Daten verwendet. In
Auswertung der Gaia-Daten zusätzliche
den späteren Gaia-Katalogen werden die
vier Missionsmonate einbezogen, und es
Durchmesser der entsprechenden Punkt-
gelangen beim Verständnis der Gaia-Ins-
wölkchen noch um Faktoren zwischen 5
trumente große Fortschritte. Bei der Nie-
und 10 kleiner, in der Fläche werden sie
Literaturhinweise
Bastian, U.: Projekt Gaia: Die sechs­di­
men­sio­nale Milchstraße. Teil 1: Warum
und wozu Gaia gebaut wird. In: Sterne
und Weltraum 5/2013, S. 36 – 44. Teil 2:
Wo, wann und wie Gaia arbeiten soll. In:
Sterne und Weltraum 6/2013, S. 48 – 55
Jofré, P., Altmann, M.: Gaias erste
Messungen. In: Sterne und Weltraum
5/2014, S. 28 – 29
Jordan, S.: Gaia in der Testphase. In:
Sterne und Weltraum 5/2014, S. 26 – 28
Jordan, S.: Gaia – ein Jahr wissen­
schaftlicher Messungen. In: Sterne und
Weltraum 11/2014, S. 20 – 22
Röser, S., Bastian, U.: NGC 2451 – What
is it? In: Astronomy and Astrophysics
285, S. 875 – 879, 1994
Röser, S.: Offene Sternhaufen – Dyna­
mische Bausteine unseres Milchstra­
ßensystems. In: Sterne und Weltraum
10/2015, S. 36 – 44
Dieser Artikel und Weblinks im Internet:
www.sterne-und-weltraum.de/artikel/
1395832
derschrift dieses Beitrags im Januar 2016
dann also 25- bis 100-fach kon­zen­trier­ter
waren die beteiligten Astronomen gera-
sein. Und jene Kataloge werden Daten die-
Didaktische Materialien:
de dabei, die endgültige Lösung für den
ser Qualität nicht nur für zwei Millionen
ersten Gaia-Katalog zu berechnen. Dieser
Sterne enthalten, sondern für Hunderte
www.wissenschaft-schulen.
de/artikel/1156162
wird nun in den ersten Monaten des Jah-
von Millionen. www.sterne-und-weltraum.de
März 2016
39
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