Orale Antikoagulation - Ein Leitfaden für Patienten

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Autoren
Dr. M. Waber
Dr. med. P. Raddatz Müller
Prof. Dr. Dr. W.A. Wuillemin
Luzerner Kantonsspital
Blutgerinnungshemmende
Therapie mit Marcoumar ®
oder Sintrom ®
Orale Antikoagulation Ein Leitfaden für Patienten
Blutgerinnungshemmende
Therapie mit Marcoumar ®
oder Sintrom ®
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Symbol Orale Antikoagulantien (OAK)
4
1. Warum «Blutverdünnung»
6
2. Wie funktioniert die Blutstillung beim Gesunden
10
3. Die Störung der Blutgerinnung
14
4. Die gerinnungshemmende Behandlung
mit Medikamenten
18
5. Der INR-Wert
24
6. Die Medikamenten-Dosierung
26
7. Der Antikoagulations-Ausweis
28
8. Nebenwirkungen
30
9. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
32
10. Einfluss von Ernährung und Alkohol
34
11. Orale Antikoagulation im täglichen Leben
36
12. Tipps
42
13. Kleines Lexikon
48
Inhaltsverzeichnis
5
Einleitung
1. Warum «Blutverdünnung»
햲햳
햻
햵
1 Halsschlagader
햵
햴
햶
2 Halsvene
햷
3 Herz
햷
4 Lunge
햹
햺
5 Leber
6 Niere
햿
7 Harnblase
햸
8 Körperschlagader
(Aorta)
9 Hohlvene
10 Armarterie
11 Beinarterie
12 Beinvene
13 Beckenarterie
14 Kapillaren
6
헀
햽
햾
1.
Alle unsere Organe und Gewebe sind auf eine regelmässige
Versorgung mit Sauerstoff und
Nährstoffen angewiesen.
Zuständig für die Verteilung
dieser «Güter» im Körper ist
das Herz-Kreislauf-System,
welches aus dem Herzen, den
Gefässen und dem Blut besteht.
Damit diese Stoffe jeden Teil
unseres Organismus erreichen,
ist unser Körper von einem
weitverzweigten Gefässnetz
(Arterien, Kapillaren, Venen)
durchflochten.
In den Gefässen fliesst der
Träger der Rohstoffe, das Blut.
Der Antrieb des Kreislaufs wird
durch das Herzen sichergestellt,
welches das Blut und dadurch
Sauerstoff und Nährstoffe
in sämtliche Bereiche unseres
Körpers pumpt.
Warum «Blutverdünnung»
7
Einleitung
1. Warum «Blutverdünnung»
Thrombus in der
Halsschlagader oder
den Hirngefässen:
Hirnschlag
Thrombus in der Lunge:
Lungenembolie
Tiefe Beinvenen-Thrombose
mit Beinschwellung
8
Wird nun ein Blutgefäss durch
ein Gerinnsel (Thrombus)
verstopft, führt dies zu einer
verminderten Durchblutung
der nachfolgenden Organe und
Gewebe. Dadurch reduziert
sich das Angebot an Sauerstoff
und Nährstoff. Je nach Lokalisation und Dauer des
Verschlusses, kann dies lebensbedrohliche Folgen haben.
Um dies zu verhindern, werden
bei Personen, die gefährdet sind
Gerinnsel zu entwickeln, entsprechende medikamentöse
Behandlungen durchfgeführt.
Die Medikamente werden
Gerinnungshemmer («Blutverdünner» oder Orale Antikoagulantien) genannt.
Eine derartige Therapie kann
über Monate notwendig sein,
manchmal dauert sie aber auch
viele Jahre.
9
Blutstillung
2. Wie funktioniert die Blutstillung beim Gesunden
Gefässverengung
Blutplättchen
Gerinnungsfaktoren
B LUTSTI LLU NG
1. Säule
2. Säule
3. Säule
Pfropf
(Gerinnsel, Thrombus)
10
2.
Sicher haben Sie schon beobachtet, dass bei einer frischen,
kleineren Verletzung, die
Wunde nach wenigen Minuten
aufhört zu bluten. Innerhalb
kurzer Zeit kommt es also zur
Blutstillung und dadurch zur
Verhinderung eines lebensbedrohlichen Blutverlustes.
Die Blutstillung beruht auf
3 sich ergänzenden Mechanismen wie nebenstehende
Darstellung verdeutlicht.
Wie funktioniert die Blutstillung beim Gesunden?
1. Örtlich begrenzte Gefässverengung
(Gefässkontraktion)
2. Pfropfbildung durch Blutplättchen
(Thrombozyten-Pfropf)
3. Gerinnung des Blutes
(durch die Gerinnungsfaktoren, Gerinnsel)
11
Blutstillung
2. Wie funktioniert die Blutstillung beim Gesunden
Blutstillungsablauf
im Blutgefäss
12
Diese 3 Blutstillungsmechanismen laufen teilweise nacheinander, zum Teil aber auch
gleichzeitig miteinander ab:
Zuerst ziehen sich die verletzten
Gefässe sofort zusammen,
damit die Blutzufuhr zum
Gefässleck reduziert wird.
Herbeigeströmte Blutplättchen
dichten sodann das Leck ab
und das kaskadenartig aktivierte Blugerinnungs-System
führt zur Bildung von Fibrinfäden, welche netzartig die
Blutplättchen umspannen.
Dadurch bildet sich ein fester
Pfropf (Gerinnsel oder Thrombus), der die verletzte Stelle
verschliesst. Die Blutung hört
auf. Beim Gesunden dauert
dieser Vorgang etwa 2 bis
3 Minuten.
Zeitlicher Ablauf
0 Sek.
Verletzung
einige Sek.
ca. 2 Min.
Gefässverengung
(Kontraktion)
ca. 2 – 3 Min.
Leckabdichtung
Pfropfbildung
durch
die Blutplättchen
einige Tage
Verfestigung
des Pfropfs
Gerinnungsfaktoren überziehen den Pfropf
mit Fibrinfäden
Wiederherstellung der
ursprünglichen
Gefässwand
13
Thrombose
14
3. Die Störung der Blutgerinnung
3.
Unter bestimmten Voraussetzungen oder Erkrankungen (siehe
Tabelle im Kapitel 4, Seite 18)
bewirkt der körpereigene
Schutzmechanismus jedoch,
dass sich ein Gerinnsel innerhalb eines Gefässes oder im
Herzen bildet, ohne dass eine
Gefässverletzung vorliegt. In
einem solchen Fall sprechen
wir von einer Thrombose. Wie
schon erwähnt, kann dadurch
ein Blutgefäss verschlossen
werden und eine Minder-
versorgung der Gewebe und
Organe mit Sauerstoff und
Nährstoffen verursachen.
Es kann aber auch zu einer
schmerzhaften Schwellung
des betroffenen Körperteils,
z.B. des Beines führen.
Die Störung der Blutgerinnung
Beinvenenthrombose
15
Embolie
16
3. Die Störung der Blutgerinnung
Gefährlich wird es, wenn sich
Teile dieser Gerinnsel von der
Gefässwand ablösen und mit
dem Blutstrom an eine andere
Stelle (Lunge, Gehirn) verschleppt werden, wo sie meist
einen kompletten Gefässverschluss verursachen. Dies wird
als Embolie bezeichnet.
Lungenembolie
Ein solcher Embolus kann, wie
die Thrombose, Schäden im
betroffenen Organ hervorrufen
und z.B. zu einer Lungenembolie, oder im Gehirn zu einem
Schlaganfall führen.
Schlaganfall
17
Gerinnungshemmung
4. Die gerinnungshemmende Behandlung
mit Medikamenten
Tabelle mit Beispielen von Erkrankungen und
der entsprechenden Behandlung
Erkrankung
Orale Antikoagulantien
Heparin
Künstliche Herzklappe
+
(+)
Herzrhythmusstörungen
+
(+)
akuter Herzinfarkt
18
+
Vorbeugung eines
Herzinfarktes
+
Vorbeugung eines
Schlaganfalles
+
Arterielle Durchblutungsstörungen
+
Bypass (Herz, Bein)
+
Vorbeugung von
Venenthrombosen
+
+
Vorbeugung von
Lungenembolien
+
+
(+)
4.
Die Therapie versucht, die
Entstehung eines Thrombus
oder einer Embolie bereits im
Ansatz zu verhindern. Die
grundlegende Idee dabei ist,
bei gefährdeten Personen die
Blutstillung zu hemmen.
Dies ist auf verschiedenen
Wegen möglich und abhängig
von der zugrundeliegenden
Erkrankung.
Eine Übersicht über die
Einsatzgebiete der gerinnungshemmenden Medikamente
gibt die nebenstehende Tabelle
wieder.
Blutplättchen-Hemmer
Die gerinnungshemmende Behandlung
mit Medikamenten
+
+
+
+
+
19
Gerinnungshemmung
4. Die gerinnungshemmende Behandlung
mit Medikamenten
1. Säule
2. Säule
Blutplättchenhemmer
(z.B. Aspirin ® )
20
Gerinnungsfaktoren
Blutplättchen
Gefässverengung
B LUTSTI LLU NG
3. Säule
Heparin
Es stehen uns Medikamente zur
Verfügung, welche die Blutplättchen hemmen (2.Säule,
siehe Abbildung) und solche,
welche die Gerinnungsfaktoren
hemmen (Orale Antikoagulantien und Heparin, 3.Säule,
siehe Abbildung).
Die Gefässkontraktion (1.Säule)
hingegen, bleibt als Mittel der
Blutstillung vollumfänglich
erhalten.
Orale Antikoagulation
(Marcoumar ® , Sintrom ® )
21
4. Die gerinnungshemmende Behandlung
mit Medikamenten
Vitamin K
Gerinnungshemmung
Gerinnungsfaktoren
22
Vitamin K
Das Blut wird also durch diese
Medikamente nicht eigentlich
verdünnt, sondern es werden
nur Blutkomponenten (Blutplättchen, Gerinnungsfaktoren)
in ihrer Wirkung behindert,
welche für die Blutstillung verantwortlich sind.
Im Spital ist der am häufigsten
verwendete Gerinnungshemmer das Heparin (Liquemin®
oder niedermolekulare Heparine, z.B. Fraxiparine®), weil dieses Medikament sehr schnell
wirksam ist. Allerdings kann es
nicht als Tablette eingenommen
werden, sondern muss als
Spritze oder als Infusion direkt
ins Blut gegeben werden.
Wirkungsweise der
oralen Antikoagulantien:
Hemmung der Produktion
der Vitamin K-abhängigen
Gerinnungsfaktoren
Gerinnungsfaktoren
Heparin wird vor allem in den
ersten Tagen nach einem akuten
Ereignis (z.B. Herzinfarkt,
Lungenembolie) eingesetzt. Fast
gleichzeitig wird mit der Gabe
der sogenannten oralen Antikoagulantien oder Vitamin
K-Antagonisten begonnen.
Diese Medikamente entfalten
ihre volle Wirkung im Gegensatz
zum Heparin erst nach einigen
Tagen, indem sie die Wirkung
des Vitamin K hemmen und
dadurch die Produktion bestimmter Gerinnungsfaktoren
in der Leber vermindert wird.
Dies führt zum gewünschten
Effekt der reduzierten Gerinnung
des Blutes. In der Schweiz sind
zwei Medikamente mit diesen
Eigenschaften im Handel:
Es sind dies Marcoumar® und
Sintrom®. Sie unterscheiden sich
nur hinsichtlich ihrer Wirkungsdauer. Eine Behandlung mittels
Marcoumar ® oder Sintrom®
bezeichnet man als Antikoagulation. Und da diese Medikamente in Tablettenform durch
den Mund (oral) eingenommen
werden, spricht man von oraler
Antikoagulation.
23
Therapie
5 . D e r I N R - We r t
(Normalwert
einer nicht
therapierten
Person)
INR 1
INR 2
Zunahme
des
Thromboserisikos
Beispiel eines
individuellen
(persönlichen) INRZiel-Bereichs
bei einem
Patienten
mit mechanischen Herzklappen
(INR 2,5– 3,5)
INR 5
INR 4.5
Allgemeiner
therapeutischer
INR-Ziel Bereich
INR-Wert-Veranschaulichung
24
INR 6
Zunahme
des
Blutungsrisikos
5.
Der INR-Wert
Als Mass für die Gerinnungsfähigkeit des Blutes, dient uns
der sog. INR-Wert (International Normalized Ratio). Dieser
Wert ist der Anhaltspunkt für
die Medikamenten-Dosierung.
Er ersetzt den früher gebräuchlichen Quick-%-Wert. Dieser
INR-Wert wird jeweils aus
Ihren Blutproben ermittelt.
Je höher die MedikamentenDosierung, desto höher ist der
INR-Wert und desto stärker ist
Ihre Blutgerinnung gehemmt.
Ein INR-Wert von 1 bedeutet,
es liegt keine Veränderung der
Gerinnungsfähigkeit vor (Blut
von Personen ohne orale Antikoagulation). Bei einem INRWert von 2, dauert es rund
2-mal so lange, bis es zu einer
Blutgerinnung kommt, bei
einem INR-Wert von 3 dauert
es 3-mal so lange, usw..
Je höher also der INR-Wert,
umso stärker ist die Gerinnungshemmung, umso stärker aber
auch das Blutungsrisiko.
Trotz oraler Antikoagulation
und dadurch höherem INRWert kann nach wie vor eine
Wundheilung bei einer Verletzung erfolgen, nur dauert es
länger, bis die Wunde aufhört
zu bluten.
Die Voraussetzung dabei ist,
dass genau die richtige Menge
des Gerinnungshemmers eingenommen wird.
Patienten, die eine Patientenselbstkontrolle der oralen Antikoagulation betreiben (siehe
folgende Seite), messen ihren
INR-Wert mindestens alle 1 bis
2 Wochen. Dadurch verringert
sich das Risiko für eine Komplikation durch Entgleisung des
INR-Wertes.
25
Therapie
26
6. Die Medikamenten-Dosierung
6.
Ist die Dosis zu hoch, kann dies
zu Blutungen führen (Zahnfleischbluten, Nasenbluten,
Blut im Urin, Bluterguss). Ist
die Dosis zu gering, können
Gerinnsel auftreten.
Die Behandlung mit oralen
Antikoagulantien gleicht also
einem Balance-Akt: Einerseits
soll die Gerinnselbildung verhindert werden, andererseits
muss das Blutungsrisiko so tief
wie möglich gehalten werden.
Dieser Balance-Akt zwischen
Blutungsrisiko und Gerinnselbildung gelingt nur, wenn die
Die Medikamenten-Dosierung
INR-Werte innerhalb bestimmter Grenzen, dem sog. INRZielbereich liegen. Dieser INRZielbereich wird für jeden
Patienten individuell durch den
Arzt festgelegt (individueller
INR-Ziel-Bereich). Ihr jeweils
gemessener INR-Wert sollte
sich innerhalb dieses Zielbereiches befinden, sonst besteht
die Gefahr von Blutungen (INR
zu hoch) oder von Gerinnseln
(INR zu tief).
Selbst bei gleichem INR-Zielbereich kann die Dosierung
von Mensch zu Mensch sehr
verschieden sein und muss
deshalb individuell für jeden
Patienten festgestellt werden.
Deshalb sind am Anfang
häufige Blutkontrollen nötig.
Ist die Gerinnungshemmung
einmal gut eingestellt, sind
regelmässige Kontrollen in
Abständen von 1–4 Wochen
ausreichend. Ihr Arzt wird diese
Termine mit Ihnen festlegen.
27
Therapie
7. D e r A n t i k o a g u l a t i o n s - A u s w e i s
Auschnitt aus einem Antikoagulations-Ausweis und der als
Beilage erhältlichen PatientenInfo-Broschüre
28
7.
Jedem Patienten, der mit
Marcoumar® oder Sintrom®
behandelt wird, wird ein
Antikoagulations-Ausweis
abgegeben, in welchen der Arzt
alle Gerinnungskontrollen
(INR-Werte) einträgt. Anhand
dieser Eintragungen ermittelt
der Arzt die für Sie notwendige
Dosierung der gerinnungshemmenden Medikamente. In
diesem Ausweis ist auch Ihr
persönlicher INR-Zielbereich
angegeben.
Der AntikoagulationsAusweis
Es ist wichtig, dass Sie Ihren
Ausweis immer mit sich tragen,
wenn Sie aus dem Haus gehen.
Haben Sie einen Unfall oder
eine plötzliche Erkrankung,
sind die eingetragenen Informationen überaus wichtig für
Ihre Helfer und letztendlich für
Sie selbst. Für den Notarzt oder
den Arzt im Krankenhaus,
der Sie nicht kennt,
muss sofort erkennbar
sein, dass Sie Gerinnungshemmer einnehmen.
Für geeignete Patienten besteht,
ähnlich wie bei Zuckerkranken,
die ihren Blutzucker selbst
bestimmen, die Möglichkeit der
Selbstkontrolle des INR-Wertes.
Im Rahmen einer theoretischen
und praktischen Schulung
werden die Interessierten angeleitet, den Gerinnungswert mit
Hilfe eines kleinen Bluttropfens
aus der Fingerbeere zu bestimmen und anhand des INR-Wertes die Medikamenten-Dosierung selbständig vorzunehmen.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass
die Selbstkontrolle der oralen
Antikoagulation eine zuverlässige Methode darstellt.
Bei Interesse wenden Sie sich
bitte an Ihren Hausarzt, er wird
die weiteren Schritte mit Ihnen
besprechen.
29
Medikamente
30
8. Die Nebenwirkungen
8.
Die korrekte Einnahme von
Marcoumar® oder Sintrom® ist
nur mit geringen Nebenwirkungen verbunden. Gelegentlich wird vorübergehend über
spröde Fingernägel oder geringen Haarausfall geklagt.
Kleinere Blutungen wie leichtes
Zahnfleisch- oder Nasenbluten
können ab und zu durchaus
vorkommen, ohne dass eine
Überdosierung vorliegt.
Die Nebenwirkungen
Sollte jedoch eines der folgenden Symptome auftreten,
könnte eine Überdosierung
vorliegen und Sie sollten
unbedingt Kontakt mit Ihrem
Arzt aufnehmen:
Starkes Nasenbluten, starkes
Zahnfleischbluten, blutiger
Urin, Blut im Stuhl, schwarzer
Stuhl, Blutergüsse bereits bei
leichtem Anstossen oder kleine
Blutungen unter der Haut an
stark belasteten Stellen, Gelenkblutungen (geschwollenes
Knie), starke Monatsblutungen
bei Frauen.
Marcoumar® und Sintrom®
dürfen wegen ihrer fruchtschädigenden Wirkung auf
keinen Fall im 1. Drittel der
Schwangerschaft eingenommen
werden. (Auch im weiteren
Verlauf der Schwangerschaft
dürfen die oralen Antikoagulantien nur mit äusserster
Zurückhaltung verwendet
werden.) Ihr Arzt wird Ihnen
in dieser Zeit ein anderes Präparat verschreiben.
31
Medikamente
32
9 . We c h s e l w i r k u n g e n m i t
anderen Medikamenten
9.
Es gibt zahlreiche Medikamente
(z.B. Schmerz-, Grippe-, Rheuma- oder Abführmittel), welche
die Blutgerinnung zusätzlich
abschwächen oder verstärken.
Während der Behandlung mit
einem Antikoagulans sollten Sie
deshalb ohne Wissen Ihres
behandelnden Arztes keine
anderen Medikamente einnehmen. Dies gilt insbesondere
auch für Medikamente, die Sie
rezeptfrei in einer Drogerie
oder Apotheke kaufen können.
Allerdings gibt es auch einige
Medikamente gegen Schmerzen,
Fieber und Grippesymptome,
welche die Blutgerinnung nicht
beeinträchtigen.
Beispiele: Acetalgin®, Ben-u-ron®,
Dafalgan®, Panadol®, SpasmoCibalgin®, Tonopan®, Tylenol®,
Zolben®.
Wechselwirkungen mit anderen
Medikamenten
33
Ernährung
34
10. Einfluss von Ernährung und Alkohol
10.
Obwohl die Ernährung eine
wichtige Rolle bei der Therapie
mit oralen Antikoagulantien
spielt, muss deswegen keine
spezielle Diät eingehalten
werden. Es ist lediglich auf eine
gleichmässige Ernährung zu
achten. Insbesondere sollte die
tägliche Vitamin-K-Zufuhr
keinen grossen Schwankungen
unterliegen. Für eine stabilere
INR-Einstellung lohnt es sich,
nicht auf Vitamin K-reiche
Nahrungsmittel zu verzichten,
sondern täglich eine Portion
eines Nahrungsmittels mit
höherem Vitamin K-Gehalt
zu sich zu nehmen.
Bei einer Schlankheits-Diät
oder anderen speziellen Diäten
muss der INR-Wert häufiger
überprüft werden, informieren
Sie Ihren Hausarzt.
Alkohol im Übermass schädigt
die Leber, die Bildung der
Gerinnungsfaktoren ist
dadurch vermindert, was die
Wirkung von Marcoumar und
Sintrom erhöht. Zusätzlich
erhöht Alkohol die Sturz- und
Verletzungsgefahr. Diese
Faktoren führen zu einer verstärkten Blutungsgefahr.
Einfluss von Ernährung und
Alkohol
35
Sport
36
11. Orale Antikoagulation im
täglichen Leben
11.
Patienten unter Therapie mit
gerinnungshemmenden Medikamenten sind keinen grossen
Einschränkungen unterworfen,
und auch Ihre körperliche Leistungsfähigkeit leidet in keiner
Weise unter dieser Therapie.
Eine gewisse Disziplin ist
jedoch unbedingt erforderlich,
was die regelmässige, korrekte
Einnahme der Tabletten (am
besten immer zur gleichen
Tageszeit) und die entsprechende, regelmässige Kontrolle
des Gerinnungswertes beim
Hausarzt betrifft.
Sofern mit Ihrer Grundkrankheit vereinbar, dürfen Sie jeden
Sport ausüben, der nicht
besonders verletzungsträchtig
ist. Auf risikoreiche Sportarten
wie Eishockey, Boxen oder
Gleitschirmfliegen sollten sie
aber verzichten, da bei Verletzungen und Unfällen unter
Antikoagulation erhöhte
Blutungsgefahr besteht.
Orale Antikoagulation im
täglichen Leben
37
Reisen
38
11. Orale Antikoagulation im
täglichen Leben
Reisen, auch in entfernte
Länder, sind durchaus möglich.
Beachten Sie aber, dass sich
durch den Wechsel der Ernährung Ihre Gerinnungswerte
ändern können. Vor dem
Urlaub sollten Sie sich zudem
einen ausreichenden Vorrat an
Marcoumar® oder Sintrom®
besorgen, da im Ausland oft
andere Medikamente zur
Gerinnungshemmung
eingesetzt werden. Bei längeren
Reisen (ab ca. 2 Wochen)
sollten Sie mit Ihrem Arzt
besprechen, wie Sie die regelmässige Kontrolle der Gerinnungswerte sicherstellen
können. Zudem sollten Sie
auch, wie schon erwähnt, Ihren
Antikoagulantien-Ausweis
immer bei sich tragen.
Bei Magen-Darm-Erkrankungen mit Durchfall und
Erbrechen ist besondere
Vorsicht geboten, da die Aufnahme von Nahrung und
dadurch die Aufnahme von
Vitamin K stark reduziert wird.
Wenn der Durchfall längere
Zeit anhält, kann dies zu einem
ausgeprägten Vitamin KMangel, und somit zu einer
Erhöhung des INR-Wertes
führen. Gefährliche Blutungen
können die Folge sein!
39
Eingriffe
40
11. Orale Antikoagulation im
täglichen Leben
Vor zahnärztlichen Eingriffen
ist das Vorgehen mit dem Zahnarzt abzusprechen.
Er muss wissen, dass Sie orale
Antikoagulantien einnehmen.
Auch bei kleineren Eingriffen
(z.B. Behandlung eingewachsener Zehennägel, Magen-DarmSpiegelung etc.) muss rechtzeitig auf die orale Antikoagulation hingewiesen werden.
Die meisten Zahneingriffe
(ausser Implantate) sind bei
einem INR-Wert im Zielbereich
mit sorgfältiger Lokalbehandlung durchführbar. Falls Sie die
orale Antikoagulation absetzen
müssen, besprechen Sie das
Vorgehen auch mit Ihrem
Hausarzt, damit überbrückend
die richtige Dosis Heparin
gespritzt werden kann.
Viele Impfungen werden normalerweise in den Muskel
(intramuskulär) verabreicht.
Unter der Antikoagulation besteht dabei aber die Gefahr von
Blutungen in den Muskel.
Um dies zu verhindern, sollten
die Impfungen nie in den
Muskel, sondern immer unter
die Haut (subcutan) verabreicht werden. Deshalb sollten
Sie bei Impfungen den Arzt
oder die Schwester unbedingt
auf Ihre Antikoagulation aufmerksam machen.
41
Tipps
42
12.
1. Nehmen Sie die Tabletten
immer zur gleichen Tageszeit ein und halten Sie sich
strikte an die im Antikoagulantien-Ausweis verordnete
Dosierung. Zur Eigenkontrolle wird empfohlen, die
Tabletteneinnahme mit
einem «✓» in der entsprechenden Tagesspalte im
Ausweis zu markieren.
2. Sollten Sie die Marcoumar®oder Sintrom®-Einnahme
einmal vergessen, nehmen
Sie am folgenden Tag die
Hälfte der vergessenen Dosis
zusätzlich zur normalen
Dosis ein. Markieren Sie es
in Ihrem AntikoagulantienAusweis.
Wenn Sie die Tabletten-Einnahme während mehr als
einem Tag vergessen haben,
müssen Sie sich unverzüglich
mit Ihrem behandelnden
Arzt in Verbindung setzen.
3. Tragen Sie den Antikoagulantien-Ausweis
immer bei sich.
Tipps
43
Tipps
44
4. Während der ganzen Behandlungsdauer mit den
gerinnungshemmenden
Medikamenten, müssen zur
Feststellung der Gerinnungsfähigkeit Ihres Blutes und
allfälliger Dosisanpassungen
regelmässige Blutuntersuchungen beim Hausarzt
durchgeführt werden. Eine
INR-Kontrolle sollte mindestens alle 4 Wochen erfolgen,
in speziellen Situationen
sogar häufiger.
5. Bevor Sie neue Medikamente einnehmen oder
andere absetzen, setzen Sie
sich mit Ihrem Arzt in Verbindung. Dies gilt insbesondere auch für Medikamente,
die Sie rezeptfrei in einer
Drogerie oder Apotheke
erwerben können.
6. Setzen Sie sich sofort mit
dem Arzt in Verbindung,
wenn stärkere Blutungen aus
dem Mund oder der Nase,
bräunlicher oder roter Urin,
schwarzer Stuhl, Erbrechen
von kaffeesatzartigem Blut,
Hautblutungen ohne erkennbare Ursache oder
plötzlich starke Kopfschmerzen auftreten.
7. Erinnern Sie alle Personen,
die Sie medizinisch oder
zahnmedizinisch behandeln,
dass Sie antikoaguliert sind.
45
Tipps
46
8. Ist eine Schwangerschaft
geplant, muss die orale Antikoagulation abgesetzt
werden. Informieren Sie
vorher Ihren Arzt, er wird
Ihnen ein anderes Medikament verschreiben.
10. Bei langen Reisen in sitzender Position (Flug-, Bahn
oder Autoreisen), sollten Sie
mindestens alle 2 Stunden
etwas umhergehen, um Ihre
Beinvenen-Pumpen zu
aktivieren. Trinken Sie viel
(alkoholfreie Getränke).
9. Die Lebens- und Ernährungsweise sollte möglichst
gleichmässig sein. Sie müssen auf keine Nahrungsmittel verzichten. Unterlassen
sollten Sie jedoch Diäten
und übermässigen Genuss
von Alkohol.
47
13. Kleines Lexikon
48
13.
Arteriosklerose Fett- und Kalk-Ablagerungen an Gefässwänden,
die zur Verengung oder zum Verschluss einer
Arterie führen können.
Bypass Überbrückung eines krankhaften
Gefässabschnittes
Embolie Losgelöster Thrombus, der in einem anderen
Gefäss stecken geblieben ist und dort zu einem
plötzlichen Verschluss führt (z.B. Lungenembolie)
Gerinnungs- Substanzen, welche die Blutgerinnung hemmen
hemmer (z.B. Marcoumar®, Sintrom®, Heparin)
Heparin Medikament, das die Blutgerinnung hemmt.
Muss mit einer Spritze verabreicht werden.
Herzinfarkt Infolge Verschluss einer Herzkranzarterie
abgestorbener Teil der Herzmuskulatur
INR-Wert Mass für die Gerinnungsfähigkeit des Blutes
Kleines Lexikon
INR-Zielbereich
- allg.-therap. Nicht an eine bestimmte Person angepasster
Gerinnungswert
- Individueller Individueller Gerinnungswert, der bei einem
– (Persönlicher) Patienten angestrebt wird
Oral durch den Mund (lat.)
Orale Anti- Hemmung der Blutgerinnung mittels Tabletten
koagulation (Marcoumar® oder Sintrom®).
Thrombus Blutgerinnsel
Thrombose Teilweiser oder vollständiger Verschluss eines
Gefässes durch ein Blutgerinnsel
Thrombozyt Blutplättchen
Vitamin Vitamin K-Hemmer, Gerinnungshemmer,
K-Antagonist orale Antikoagulantien
Vorhofflimmern Unkoordinierte Aktionen der Herz-Vorhöfe,
häufigste Herzrhythmusstörung
Wechselwirkung Beeinflussung der Wirkung eines Medikamentes
49
Notizen
50
51
04534450001 / 0212
Diese Broschüre wurde unterstützt durch:
Roche Diagnostics (Schweiz) AG
MEDA Pharma GmbH
6343 Rotkreuz
8602 Wangen-Brüttisellen
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