Vortrag_Kortekamp_WBT2010

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Dr. Andreas Kortekamp
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Harte Schale aber weicher Kern – Esca-Befall im Rebstock
DLR Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin, Dr. Andreas Kortekamp
Esca ist eine schwerwiegende Erkrankung der Weinrebe, die seit dem Altertum im Mittelmeerraum bekannt und bereits im 13. Jahrhundert erstmals beschrieben wurde. Infizierte
und symptomtragende Reben lassen sich in allen bedeutenden Anbaugebieten finden und
stellen somit weltweit Weinbau treibende Nationen vor große Herausforderungen. Trotz der
bisherigen intensiven internationalen Forschungsarbeiten bleiben nach wie vor einige wichtige Fragen unbeantwortet.
Seit Ende der 1990er Jahre wurde in allen deutschen Weinbaugebieten eine besorgniserregende Zunahme der Esca-Krankheit beobachtet. Insbesondere ältere Anlagen zeigen Befallshäufigkeiten von 10 % und mehr und zeichnen sich durch einen entsprechend hohen
Ertragsausfall aus. Besonders problematisch ist die Tatsache, dass infizierte Reben früher
oder später absterben und in der Praxis bisher keine zufriedenstellenden Verfahren zur Bekämpfung zur Verfügung stehen.
Symptome und Krankheitserreger
Die Diagnose der Krankheit basiert auf zwei unterschiedlichen Symptomen: Typische Blattsymptome und plötzliches Absterben. Infizierte Reben zeigen in der Regel charakteristisch
gefärbte Blätter mit abgestorbenen Blattbereichen, sogenannte Tigerstreifen, sowie vertrocknete Beeren. Im weiteren Verlauf kommt es zum Welken dieser Blätter und einzelne Triebe
sterben ab. Unter Umständen zeigen infizierte Reben ein plötzliches Absterben (Apoplexie),
bei dem sämtliche Triebe verwelken und absterben. Bisher ist die Ursache der Apoplexie, die
auch bei zunächst symptomlosen Reben auftreten kann, ungeklärt. Ein schwerer Krankheitsverlauf wird besonders in trockenen und heißen Sommern beobachtet, wohingegen die
Krankheitssymptome in regenreichen und milden Sommern weniger deutlich in Erscheinung
treten. Heimtückischerweise scheinen jedoch besonders Jahre mit regenreichen und milden
Frühjahren und Sommern die Krankheit zu fördern. Die Symptome treten dann kaum in Erscheinung, werden aber nach trockenen und heißen Perioden umso deutlicher sichtbar.
Auch wenn die Verfügbarkeit von Wasser im Boden möglicherweise nur eine untergeordnete
Rolle spielt, scheinen lang anhaltende Hitzeperioden oder ein plötzlicher Temperaturwechsel
einen zusätzlichen Stress darzustellen.
Im Gegensatz zu anderen Rebkrankheiten, die durch einzelne Erreger verursacht werden,
resultiert die Esca aus einer Besiedlung mit mehreren holzzerstörenden Pilzen. Dabei können die verschiedenen Schaderreger gemeinsam in demselben Gewebe vorkommen oder
aber auch unterschiedliche Gewebe des Holzes befallen bzw. zeitlich hintereinander das
Rebholz befallen. Die Erkrankung scheint die Folge einer sukzessiven Infektion mit mehreren
Pilzen zu sein. Inzwischen konnten mehrere verschiedene Schadpilze in infizierten Reben
nachgewiesen werden, davon scheinen aber nur wenige eine dominante Rolle zu spielen.
Basierend auf den isolierten und identifizierten Pilzen werden Phaeomoniella chlamydospora
und Phaeoacremonium aleophilum gemeinsam als erste, früh infizierende Krankheitserreger
angesehen. Eine Infektion kann über die Unterlage oder das Edelreis erfolgen. Beide Erreger
können sich in der Rebe ausbreiten und lassen sich regelmäßig aus dem Holz symptomtragender Reben isolieren. Eine Infektion führt zu einer Dunkelfärbung der Wasserleitgefäße im
Rebholz, was auf ein Verstopfen der Gefäße hinweist. Beim Anschnitt tritt gummiartiges Harz
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aus, das ebenfalls dunkel bis schwarz gefärbt (Gummosis) und typisch für eine EscaErkrankung ist. Durch die Abgabe von Toxinen und Enzymen wird das Rebholz im weiteren
Verlauf der Erkrankung geschwächt und abgebaut, was deutlich an einem Gewichts- und
Stabilitätsverlustes zu erkennen ist.
Ein weiterer wichtiger Erreger ist der Mittelmeerfeuerschwamm (Fomitiporia mediterranea),
der eine sogenannte Weißfäule verursachen kann, wobei auch das Lignin des Holzes abgebaut wird. Äußerlich erscheint der Rebstamm gesund und kräftig, im Innern ist jedoch nur
morsches Holz vorhanden. Daher lässt sich ein entsprechend infizierter Rebstamm ohne
große Mühen an der Basis abbrechen, herausnehmen und entsorgen.
Infektionswege
Als wichtigster Infektionsweg für alle an der Krankheit beteiligten Pilze werden Wunden angesehen, die durch den Rebschnitt entstehen. Aufgrund einer verringerten physiologischen
Aktivität der Reben im Winter bleiben diese Wunden lange erhalten und können über mehrere Wochen infiziert werden. Weitere Infektionswege könnten Wunden sein, die während des
Sommers beispielsweise durch das Ausbrechen von Stocktrieben entstehen. Die Sporenfreisetzung bei den Esca verursachenden Pilzen ist während dieser Zeit im Vergleich zum Winter deutlich erhöht, weshalb derartige Wunden möglicherweise von Bedeutung sind. In eigenen Versuchen konnte nachgewiesen werden, dass Esca-Erreger über mehrere Monate in
diesen Wunden überleben und sich im Trieb ausbreiten können. Dennoch werden Wunden,
die während des Winterschnittes entstehen, als wichtigste Eintrittswege für Esca-Erreger
angesehen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine große Anzahl an Wunden das Infektionsrisiko erhöht.
Bekämpfung
Geeignete Bekämpfungsmethoden liegen zurzeit nicht vor und entsprechende Pflanzenschutzmittel sind nicht verfügbar. Die derzeitige Bekämpfung stellt überwiegend eine Vermeidungsstrategie dar, bei der besondere Rücksicht auf die Vermeidung von (großflächigen)
Schnittwunden bzw. die Behandlung mit Wundverschlussmitteln genommen wird. Unvermeidbare Wunden, wie sie bei der Rebveredlung entstehen, werden mit den derzeit zur Verfügung stehenden Desinfektionsmitteln behandelt. Infiziertes Material führt bei der Rebveredlung zu fehlenden oder reduzierten Verwachsungen zwischen Edelreis und Unterlage und
wird meist frühzeitig aussortiert.
Erkrankte Rebstöcke können über der Veredlungsstelle abgesägt werden (Stammamputation). Ein erneuter Stockaufbau ist jedoch nicht immer erfolgreich und wirtschaftlich und sollte
daher in Abhängigkeit von der Rebsorte, der angestrebten Standzeit und der Befallssituation
geprüft werden.
Esca-Umfrage des DLR Rheinpfalz
Von der Abteilung Phytomedizin des DLR Rheinpfalz wurde im Jahr 2009 eine Umfrage zum
Thema Esca durchgeführt, an der sich weit über hundert Winzer beteiligt haben. Bei allen
Betrieben, die sich an dieser Umfrage beteiligt haben, möchten wir uns auch auf diesem
Wege sehr herzlich bedanken. Denn neben den eigenen Beobachtungen, Analysen und Forschungsarbeiten zu diesem Thema am DLR konnten auf diese Weise weitere wichtige Informationen und Erfahrungen im Umgang mit der Esca-Erkrankung gesammelt werden.
Die meisten Rebflächen der Umfragebetriebe werden auf konventionelle Art und Weise bewirtschaftet (74,8 %), 16,5 % der Betriebe bewirtschaften ihre Flächen nach KUW-Vorgaben
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und 8,7 % ökologisch. Nahezu alle Betriebe (99,2 %) gaben an, dass in ihren Weinbergen
Esca-kranke Reben mit typischen Esca-Symptomen aufzufinden sind. Die betroffenen Reben zeigten 2009 zu gleichen Anteilen Blattsymptome (Tigerstreifen), abgestorbene Triebe,
eingetrocknete Beeren oder waren komplett abgestorben. Der Anteil der symptomtragenden
Reben innerhalb einer Rebfläche liegt in den meisten Fällen unterhalb von 5 % kann jedoch
in Einzelfällen über 20 % liegen!
Als besonders beängstigend muss festgehalten werden, dass die meisten Betriebe eine Zunahme des Befalls angegeben haben. Somit scheint der Anteil Esca-kranker Reben in den
letzten Jahren deutlich zugenommen zu haben. Von den Winzern selbst werden verschiedene Gründe für eine solche Zunahme genannt. Zum einen wird Stress (z. B. Trockenheit oder
extreme Witterungsbedingungen) für die Rebe als mögliche Ursache angesehen. Auch eine
mangelnde Hygiene bzw. die Übertragung von Krankheitserregern mittels Rebscheren,
Laubschneider oder Erntemaschinen werden als Gründe vermutet. Obwohl nach bisherigen
Kenntnissen eine Übertragung von Esca-Erregern insbesondere durch Laubarbeiten oder bei
der Lese als sehr gering eingeschätzt wird, kann eine Infektion über diese Wege nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Rebspezifische Faktoren wie beispielsweise die Verwendung gesunden Materials bei der
Vermehrung ist laut Umfrage von größerer Wichtigkeit. Ebenso wird ein erhöhter Nährstoffbedarf bedingt durch hohe Erträge als krankheitsfördernd angesehen. Mit zunehmendem
Alter der Reben steigen die Infektionsgefahr und das Risiko einer Erkrankung, sodass insbesondere ältere Rebflächen als Problem wahrgenommen werden.
Große Unterschiede bei den Sorten scheinen nicht zu bestehen, tendenziell könnten sich
aber die Burgundersorten als weniger anfällig erweisen.
Der Einfluss des Bodens auf die Entwicklung der Esca-Krankheit ist bisher nur ungenügend
untersucht worden. Es gibt jedoch Hinweise, dass besonders nährstoffreiche und schwere
Böden problematisch sein können, wohingegen auf leichten und sandigen Böden die Esca in
geringerem Maße auftritt. Dies scheint sich auch im Ergebnis der Umfrage wiederzuspiegeln:
Besonders betroffene Anlagen befinden sich vor allem auf schweren und mittelschweren
Böden (73,3 %), jedoch weniger auf sandigen und skelettreichen Böden (17,3 %).
In den meisten Umfragebetrieben werden kranke Reben abgesägt bzw. zurückgeschnitten
oder entfernt und durch Nachpflanzung ersetzt. Eine Nachpflanzung scheint in Abhängigkeit
der angestrebten Nutzungsdauer der Anlagen in den meisten Fällen erfolgreich zu sein. Ein
Absägen der Reben verbunden mit einem neuen Triebaufbau wird nur in der Hälfte der Fälle
als wirtschaftlich angesehen. In den meisten Betrieben werden Esca-kranke Stöcke verbrannt und damit eine mögliche Infektions- und Gefahrenquelle wirkungsvoll entsorgt. Eine
entsprechende Wundversorgung wird in nahezu der Hälfte aller Betriebe durchgeführt. Auch
wenn zurzeit noch keine Produkte zum Wundverschluss empfohlen werden können, wird der
Wundvermeidung bzw. der Wundversorgung eine große Bedeutung beigemessen.
Auf Basis der vorliegenden Daten konnten wertvolle Hinweise gewonnen werden, wofür allen
beteiligten Betrieben nochmals ausdrücklich gedankt wird. Die Forschungsarbeiten am DLR
Rheinpfalz werden intensiv fortgeführt und zukünftige Versuche sollen helfen, Kenntnislücken zu schließen und Bekämpfungsansätze zu finden.
Weitere Fragen?
Dr. Andreas Kortekamp, Tel. 0 63 21/6 71-3 37, [email protected]
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