Gottesdienst Jubilate am 3 - Erlöserkirche Marquartstein

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Gottesdienst Jubilate am 3. Mai 2009
um 9.30 Uhr in der Erlöserkirche in Marquartstein
Predigt am Sonntag Jubiltae zu Johannes 15, 1-8
Gnade sei mit euch und Friede von dem Gott, der ist und der
war und der kommt.
Amen.
„Das hat keine Zukunft Herr Biber!“ So hat es unser
Auszubildender in der Geschäftsstelle der Evangelischen
Jugend München schon seit längerem immer wieder zu mir
gesagt. „Keine Zukunft!“ Denn: Unser AZUBI ist ein
bekennender und engagierter FC- Bayern-Fan. Letzte Woche
dann kam er in die Arbeit und hat mit der Zeitung gewunken.
„Aus ist es- sie haben sich nun getrennt- der FC Bayern und
der Klinsmann. Nach nur 10 Monaten. Herr Biber, ich habs ja
schon immer gesagt, das hat keine Zukunft!“
Beieinander zu bleiben hatte also keine Zukunft. Und wer
keinen Erfolg hat der wird in diesem harten Fußball- Geschäft
schnell gefeuert. Es geht schließlich um viel Geld.
Liebe Gemeinde,
diese Schlagzeile der vergangenen Woche ist mir beim
Nachdenken über den Predigttext des heutigen Sonntags
wieder in den Sinn gekommen. Wenn auch in einem anderen
Bereich, mit ganz anderen Zielen, geht es doch im Predigttext
genau umgekehrt /spiegelverkehrt eben darum. Beieinander
zu bleiben und Zukunft zu haben.
Das so wunderbare Bild vom Weinstock gehört zu den
Abschiedsreden Jesu. Worte also, -so stelle ich es mir
wenigstens vor, Worte, die Jesus bereits in der Tür stehend,
den Mantel schon angezogen, denen, die zurückbleiben
mitgeben will.
„Übrigens, was ich euch noch sagen möchte, was mir wichtig
wäre, wenn ich nun gehe...“
Nicht irgendwelche Worte also, sondern wesentliche Worte.
Worte, die den Grund unseres Glaubens beschreiben und eine
Hilfe für das Leben derer sind, die dann in dieser Welt
bleiben. Worte also, für uns. Für Sie und für mich.
Dieses Bild vom Weinstock ist prall gefüllt mit reifen
Trauben.
Ich kann hier nur einige näher ansehen und möchte Sie selbst
einladen: Dem, der in der Tür steht und noch einmal den Kopf
den zurück bleibenden zuwendet, zuzuhören.
Da geht es um den Zusammenhalt, um das bei einander
bleiben. Bei Jesus und untereinander.
Mein Eingangsbeispiel, die Trennung vom FC Bayern und
ihrem Trainer Klinsmann ist dazu genau das Negativ-Beispiel.
Für den Glauben gilt nämlich: Ohne die Gemeinschaft, ohne
das „bei einander bleiben“, ohne, dass sich der Glaube in der
Gemeinschaft trägt, sich gegenseitig vergewissert und
unterstützt, zerbricht dieser Glaube beim kleinsten Druck.
„Wenn ihr keine Verbindung zu den Wurzeln behaltet, wenn
ihr für euch seid, dann lauft ihr Gefahr zu vertrocknen. Ihr
werdet dürr. Bleibt in mir und ich in euch!“ - so fordert Jesus
uns auf.
Wo die Verbindung reißt, wo das Band zu lose und zu brüchig
wird, ist das Leben und die Zukunft in Gefahr.
Vielleicht kennen sie den etwas halbherzigen Satz „wir hören
voneinander“/ oder „Wir bleiben in Kontakt“.
Wie oft gelingt mir das gerade nicht, weil es eher höflich als
ernst gemeint war. Und mein Gewissen beruhigt, aber meist
nicht zu einer tragfähigen Beziehung wird.
Es braucht nämlich Kraft und Engagement eine solche
Beziehung zu pflegen. Zu einem Anruf oder dem Verfassen
eines Briefes muss ich mich oft überwinden.
Von dieser menschlichen Trägheit und der Gefahr
„Auseinander zu fallen“ in alle Richtungen wusste Jesus
wohl.
Vermutlich ahnte er schon, wie wichtig denen, die in dieser
Welt leben, der Alltag notwendigerweise sein wird. Wie groß
die Gefahr ist, dass die Verbindung zum Stamm, und damit
zur Versorgung aus den Wurzeln reißt.
Er wusste, wie schwer für ein Leben in dieser Welt eine
tragfähige Beziehung und eine lebendige Gemeinschaft zu
verwirklichen und zu erhalten sein würde.
Da ist so viel, was erledigt werden muss, der Alltag frisst die
letzten freien Minuten. Die Kinder wollen versorgt, die Enkel
behütet, der Garten gerichtet, der Körper trainiert, der
Lebensstandard erhalten, die Prüfung erfolgreich bestanden
sein.
Und das alles möglichst zeitgemäß, pünktlich und erfolgreich.
An einem Baumarkt habe ich diese Woche eine Werbung für
Auszubildende gelesen: „Wir sind deine Zukunft!“ Hat da
gestanden. Eine Baumarkt-Kette als Zukunfts-Garant für
einen jungen Menschen?
Wenn ich den Grund meines Lebens aus der Willkür
gesellschaftlicher Trends und wirtschaftlicher Strömungen
schöpfe, verliere ich als Mensch die Verbindung zu den
Wurzeln und dürre aus.
Da der heutige Sonntag Jubilate in besonderer Weise der
Jugendarbeit gewidmet ist- zumindest die Kollekte des
Sonntags- will ich diese Grundorientierung, dieses nötige
Band zu den Wurzeln unseres Glaubens am Beispiel des
nötigen Miteinanders der Generationen in einem Gedanken
ausführen.
Prof. Gronenmeyer, ein emeritierter Soziologe und Theologe
der Universität in Frankfurt beschäftigt sich seit vielen Jahren
mit dem Generationenverhältnis bei uns und zwischen den
Ländern Afrikas und Europas. Er vertritt dabei eine hoch
interessante These.
Im Blick auf die Generationenproblematik und die
Herausforderungen der Zukunft gefragt, hat er vor wenigen
Tagen in einem Vortrag, den ich besuchen durfte gesagt:
Jede Gesellschaft und Zeit bringt je ihre eigenen Krankheiten
hervor. Die steigende Flut von Demenzkranken bei uns ist wie
ein Spiegel für eine Gesellschaft, die vollkommen dem
Perfektionismus, dem medizinischen Allmachtswahn, der
totalen Flexibilität, der lebenslangen Lernfähigkeit, den
technischen Möglichkeiten, dem guten Lebensstandard und
dem Erfolg anheim gefallen ist. Eine Gesellschaft, die jede
Verbindung zum Wesentlichen zu verlieren droht.
Jeder alte gebrechliche und jeder demente Mensch ist für
Prof. Gronemeyer darum auf umgekehrte Weise die andere
Seite für die Verheißung Gottes. Denn jeder körperlich
gebrechliche und jeder demente Mensch erinnere ihn auf
eigenartige Weise daran, dass alles eigene Bemühen, dass
alles menschliche Ringen um eine vermeintliche Zukunft
vergeblich ist.
Das Wichtigste für die Zukunft dieser Welt wird darum seiner
Meinung nach sein, Freundschaft und Gemeinschaft –
besonders unter den Generationen- wieder zu erlernen.
Eine Zukunft gibt es für ihn nur, wenn die Gesellschaft lernt,
Verantwortung füreinander zu übernehmen, Freundschaft und
Gemeinschaft auf neue Weise zu entdecken.
Nicht –gelingendes Leben, Erfolglose, Schwache, Kranke,
Menschen mit Behinderung müssen ein Teil der
Gemeinschaft sein. Alle Menschen müssen integriert werden.
Es gilt, allen Menschen an den Lebensquellen Platz
einzuräumen. Erfolg, Stärke und Durchsetzungskraft können
nicht die Wertmaßstäbe einer Gesellschaft sein. Eine solche
Gesellschaft hat keine Zukunft! Sie ist dann wie eine dürre
Rebe, die abfällt und ins Feuer geworfen wird.
Prof. Gronenmeyer führte dann positiv die lebendige Rebe am
Beispiel des barmherzigen Samariters aus.
Liebe Gemeinde,
das mag eine steile, sicher auch diskussionsfähige These sein.
Aber: Eine solche Zeitansage, die eine neue Ausrichtung
einfordert, steht auch im heutigen Predigttext.
Denn nach den Worten Jesu fußt gelingendes Leben für uns
Christenmenschen genau auf diesem Satz:
Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn
ohne mich könnt ihr nichts tun.
Wer das Band zu Gott in seiner Hand hält, der hat Bestand als
Rebe am Weinstock. Der läuft nämlich keinen Ideal-Fantasien
nach oder versucht sich die Welt zurecht zu schnitzen.
Wir feiern heute den dritten Sonntag nach dem Osterfest. Von
Auferstandenen her kommt unsere Wurzel. Hoffnung gegen
die Grenzen, die uns gesetzt sind. Wir glauben an die
Möglichkeiten des Friedens zwischen Menschen. Wir glauben
an die Möglichkeiten einer gerechten Gesellschaft. Seit
Ostern wissen wir, dass alle Facetten und Formen des Lebens,
mitsamt Krankheit und Tod nicht gottlos sind.
Es gibt kein Gottverlassenes Dasein mehr für uns auf dieser
Erde!
Unsere Gemeinden sind ein lebendiges Zeichen dafür. Ein
Zeichen dafür, dass alleine Er unsere Zukunft sein kann.
Da sind Junge und Alte, Starke und Schwache, Denker und
Macher beieinander. Hier in diesem Gottesdienst –Raum
brennen Kerzen für die Verstorbenen unserer Gemeinde.
Heute Nachmittag findet hier die Bandprobe der Jugendband
statt und unter diesem Dach findet sich der Kontakt zum
diakonischen Engagement in dieser Gemeinde.
Unsere Gemeinden – und auch die ihre hier- sind also
Lernorte für die Zukunft unserer Gesellschaft.
Unser Auftrag als Reben am Weinstock des Herrn ist es, dies
weiterzusagen. Entscheidend wird sein, wie wir heute als
Reben am Weinstock des Herrn deutlich werden und Früchte
tragen. Welches Bild christlicher Gemeinde und menschlicher
Gesellschaft wir heute jungen Menschen vermitteln können.
In unserem Reden und Handeln wird die Welt erkennen,
woraus wir leben.
Weil wir Gott wichtig sind, müssen wir nicht Top-Model und
Superstar sein. Weil wir zu Gott gehören wissen wir, dass
Scheitern und Schwachheit zum Leben gehören,
Weil wir in Gemeinschaft zu diesem Jesus Christus leben, der
gestorben, begraben und auferstanden ist, gehört zu unserer
Gemeinschaft das gebrochene Leben dazu.
Weil wir um diese Kraft Gottes wissen, werden wir uns an
allen Orten, Ebenen und Zeiten für eine Ausrichtung unserer
Gesellschaft an diesen christlichen Werten einsetzen.
Wie es mir als einzelner gelingen kann, das Band zu Gott so
kräftig und stark zu halten?
Die Antwort ist einfach: In Gemeinschaft.
„Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben,
werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch
widerfahren.“
Das also, was wir gerade tun und immer wieder tun müssen.
Wozu wir alle Menschen einladen sollen und dürfen ist:
Gottes Wort hören und aufnehmen und ihn in unserer Mitte
feiern. Darum ist zurecht unser Gottesdienst ein Ort der
Erneuerung und Stärkung. Besonders, wenn wir wie heute das
Heilige Abendmahl feiern werden.
Ich bin der Weinstock- ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt
und ich in ihm, der bringt viel Frucht. Denn ohne mich, könnt
ihr nichts tun.
Das, liebe Gemeinde hat Zukunft. Für einen jeden und eine
jede von uns. Und sie reicht weit über die 10 Monate von
Jürgen Klinsmann und dem FC-Bayern hinaus.
Amen.
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