DARIMONT, H.; MAIXNER, M. Übertragungseffizienz der Vektoren von Rebphytoplasmosen Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft Institut für Pflanzenschutz im Weinbau, Brüningstraße 84, D-54470 Bernkastel-Kues Übertragung von Rebphytoplasmosen Zwei Zikadenarten sind in Deutschland als Vektoren von Rebphytoplasmosen (Vergilbungskrank heiten) bekannt. Der Cixiide Hyalesthes obsoletus überträgt die weit verbreitete Schwarzholzkrank heit. Seine wichtigste Wirtspflanze, die Ackerwinde (Convolvulus arvensis), ist auch das bedeutendste Reservoir für die Erreger der Schwarzholzkrankheit. Schon die an den Windenwurzeln saugenden Larven von H. obsoletus infizieren sich mit den Phytoplasmen, die durch die fliegenden Adulten auf Reben übertragen werden können. Wirtschaftliche Schäden entstehen besonders durch die erhebliche Qualitätsminderung des Leseguts und die Entwicklung von Fehltönen im Wein. In den für den Vektor optimalen, mikroklimatisch begünstigten Steillagengebieten der Mosel, des Rheins und der Nahe verursacht die Krankheit besonders hohe Schäden. Die zweite in Deutschland auftretende Rebphytoplasmose (FD-Pfalz) ist von untergeordneter Bedeutung. Sie tritt nur in geringer Befallshäufigkeit auf, obwohl die Erreger in der Roterle (Alnus glutinosa) überall verbreitet sind. Als Vektor haben wir die Macropside Oncopsis alni identifiziert, die ausschließlich an Erlen vorkommt und nur sehr selten in Weinbergen an Reben gefangen wird. Zur Überwachung des Infektionsdruckes durch die Vergilbungskrank heiten wird das Vorkommen und die Infektionshäufigkeit der natürlichen Wirtspflanzen der Phytoplasmen in und um Weinbergs´flächen überprüft und ihr Einfluss auf die Durchseuchung der Vek torpopulationen untersucht. Zusätzlich werden Inokulationsversuche durchgeführt, um die Effizienz der Übertragung der einzelnen Vektorarten abzuschätzen. Schwarzholzkrankheit ØErreger: Phytoplasma der Stolbur-Gruppe Identische Krankheitssymptome in der Rebe: ØVerfärbung FD-Pfalz ØErreger: Phytoplasma der Elm-Yellows -Gruppe ØNatürlicher Wirt: Ackerwinde (Convolulus arvensis) ØVektor: Hyalesthes obsoletus (Cixiidae) ØMangelnde Holzreife ØZerstörte Trauben ØNatürlicher Wirt: Roterle (Alnus glutinosa) ØVektor: Oncopsis alni (Macropsidae) Methoden Ergebnisse und Diskussion Übertragungsversuche Alle für Inokulationsversuche verwendeten Zikaden wurden als Adulte im Freiland gefangen. H. obsoletus stammte überwiegend von Ackerwinde in Weinbergen, während O. alni von infizierten Erlen gesammelt wurde. Mit O. alni wurden sowohl Erlen als auch Rebstecklinge inokuliert. H. obsoletus wurde auf Vicia faba als krautiger Versuchspflanze und Rebstecklingen gehalten. Zusätzlich wurden für und potentiellen Begrünungspflanzen für Weinberge durchgeführt. Alle krautigen Pflanzen und die Erlen wurden aus Samen gezogen, während Rebstecklinge von Holz symptomfreier Reben aus unbefallen Anlagen gewonnen wurde. Sie wurden vor den Versuchen einer Heißwasserbehandlung zur Elimination von Phytoplasmen unterzogen. Nach Beendigung der Übertragungsversuche wurden alle wiedergefundenen Zikaden durch PCRTests auf Phytoplasmenbefall überprüft. Krautige Versuchpflanzen wurden 4-6 Wochen nach Versuchsende, Erlen und Reben ca. 8 Wochen nach Versuchsende und erneut nach einer Überwinterung getestet.. Die Ergebnisse der Übertragungsversuche mit den beiden Vektorarten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Berechnung von Übertragungswahrscheinlichkeit und Übertragungseffizienz Aus der Zahl der in den Transmissionsversuchen eingesetzten Zikaden pro Pflanze (N) und dem Anteil infizierter Versuchspflanzen (RIO ) wird die Übertragungswahrscheinlichkeit (pIO ) errechnet. Sie bezeichnet das Risiko für eine Wirtspflanze, durch das Saugen eines Vektors mit dem entsprechenden Phytoplasma infiziert zu werden. Die Infektionshäufigkeit in der Vektorpopulation (pFI ) wird durch Tests der Zikaden als Anteil infizierter Tiere ermittelt. Daraus lässt sich die Übertragungseffizienz (peff)ermitteln. Sie kennzeichnet das Risiko einer Versuchspflanze, durch einen infizierten Vektor tatsächlich inokuliert zu werden. Parameter zur Beschreibung des Infektionsrisikos p IO = 1 − (1 − RIO )1 / N p eff = p IO p FI R IO = Inokulationsrate (infizierte / inokulierte Versuchspflanzen) pFI = Infektionshäufigkeit in der Vektorpopulation ( PCR positive / getestete Vektoren) N = Zahl der Insekten pro Versuchspflanze pIO = Übertragungswahrscheinlichkeit (Swallow, 1985) Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Inokulation beim Saugen eines Vektors peff = Übertragungseffizienz (Irwin + Ruesink, 1986) Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Inokulation beim Saugen eines infizierten Vektors Literatur Irwin, M.E., Ruesink, W.G. 1986. Vector intensity: a product of propensity and activity. in McLean, G.D., Garrett, R.G.,; Ruesink, W.G., (eds.): Plant virus epidemics: Monitoring, modelling, and predicting outbreaks. Academic Press, Maixner, M., Ahrens, U., Seemüller, E. 1995. Detection of the German grapevine yellows (Vergilbungskrankheit) MLO in grapevine, alternative hosts and a vector bya specific PCR procedure. Europ. J. Phytopatholgy101, 241-250. Maixner, M., Reinert, W., Darimont, H.: Transmission of grapevine yellows byOncopsis alni (Schrank) (Auchenorrhyncha: Macropsinae). Vitis Swallow, W.H. 1985. Group testing for estimating infection rates and probabilities of disease transmission. Phytopathology75, 882-889. eeeee In den meisten Populationen von H. obsoletus ist die Infektionshäufigkeit deutlich höher als bei O. alni, obwohl diese Zikaden gezielt von infizierten Erlen gefangen wurden. Beide Arten übertragen die jeweiligen Phytoplasmen mit höherer Effizienz auf ihre natürlichen Wirtspflanzen (krautige Pflanzen bzw. Erle) als auf Reben. Vicia faba wurde durch H. obsoletus besonders effektiv mit dem Erreger der Schwarzholzkrankheit inokuliert. Dagegen wurde das Habichtskraut Hieracium pilosella nicht infiziert, obwohl die Zikade diese Pflanze offensichtlich zu Nahrungsaufnahme nutzte. Effektiv war die Infektion von Ranunculus bulbosus . Acht von 11 Pflanzen wurden erfolgreich inokuliert, während im Freiland, trotz hoher Vektordichten auf diesem Weinbergsunkraut, bisher keine infizierten Pflanzen gefunden werden konnten und die Infektionshäufigkeit der Vektorpopulationen in Rebflächen, auf denen diese Pflanze dominiert, mit 4 % - 8 % gering ist. Tatsächlich starben die infizierten R. bulbosus innerhalb weniger Wochen ab. Damit spielt dieses perennierende Unkraut keine Rolle als Reservoir des Schwarzholzkrankheit-Phytoplasmas. Die Infektionswahrscheinlichkeit für rebpathogene Phytoplasmen ist damit gering. Sie wir weiter vermindert durch die Präferenz beider bekannter Vektoren für alternative Wirtspflanzen. Besonders O. alni wird nur selten mit wenigen Exemplaren auf Reben angetroffen. Dementsprechend findet man die FD-Pfalz besonders in alten Reben. Obwohl auch H. obsoletus krautige Pflanzen bevorzugt, ist das Risiko einer Rebe, an Schwarzholzkrankheit zu erkranken relativ hoch. Dies erklärt die gegenüber der FD-Pfalz deutlich höheren Infektionsraten durch die Schwarzholzkrankheit und ihr häufiges Auftreten schon in Junganlagen. Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA)