Bekanntes Gen mit neuer Wirkung

Werbung
UniForum
Wissenschaft und Forschung – Lehre und Studium
Bekanntes Gen mit neuer Wirkung
Von einem bekannten Gen ist eine
neue Wirkung beschrieben worden:
Seit längerem weiß man, dass Veränderungen des so genannten
BRCA-2-Gens das Risiko, an Brustoder Eierstockkrebs zu erkranken,
erhöhen. Wissenschaftler aus Marburg, Bochum und Liverpool haben
jetzt entdeckt, dass Mutationen im
BRCA-2-Gen auch für die Entstehung
von erblichem Bauchspeicheldrüsenkrebs verantwortlich sind. Ihre Ergebnisse basieren auf Untersuchungen an europäischen Familien und
wurden im Rahmen einer Studie der
Deutschen Krebshilfe erhoben.
Etwa fünf Prozent aller Erkrankungen an Brust- und Eierstockkrebs
sind erblich bedingt. Sie sind also
auf Veränderungen in bestimmten
Genen zurückzuführen, die an die
Nachkommen weitergegeben werden. Die häufigsten Gene, die Brustund Eierstockkrebs auslösen können, sind die veränderten Gene
BRCA-1 und BRCA-2 (Breast CancerGene). BRCA-1 wurde bereits 1994
identifiziert, BRCA-2 zwei Jahre später.
Liegt in einem dieser beiden Gene eine Mutation vor, ist das Brustkrebsrisiko um 80 bis 85 Prozent er-
Foto: Bayer-Bildarchiv
Mutationen im Brustkrebsgen BRCA-2 lösen auch „familiären Bauchspeicheldrüsenkrebs“ aus
Die Desoxyribonukleinsäure
(DNS) ist die Trägerin der Gene
und damit der
Erbinformation.
Defekte im
BRCA-2-Gen können nicht nur
Brustkrebs auslösen, sondern
auch einen Tumor der Bauchspeicheldrüse
hervorrufen.
höht, das Risiko für die Entwicklung
von Eierstockkrebs liegt bei 25 bis
60 Prozent. Nun haben Wissenschaftler im Rahmen eines Forschungsprojektes der Deutschen
Krebshilfe herausgefunden, dass
das BRCA-2-Gen auch für etwa ein
Fünftel der familiär bedingten Fälle
eines Bauchspeicheldrüsenkarzinoms verantwortlich ist. Untermauert werden diese Daten durch aktuelle Untersuchungen in den USA.
Männer erkranken wesentlich häufiger als Frauen
In Deutschland erkranken jährlich über 10 000 Menschen neu an einem
Krebs der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Männer sind nach derzeitigem
Erkenntnisstand ungefähr eineinhalb- bis zweimal so häufig betroffen wie
Frauen. Dabei sind etwa drei bis fünf Prozent der Erkrankungen erblich
bedingt. Da Frühsymptome bei dieser Krebsform selten und uncharakteristisch sind, werden Tumoren der Bauchspeicheldrüse meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Eine Heilung ist dann häufig
nicht mehr möglich. Zu den Risikofaktoren für die Entstehung eines Pankreaskarzinoms gehören Rauchen, insbesondere in Kombination mit erhöhtem Alkoholkonsum. Auch Menschen, die viel Fleisch und tierische
Fette verzehren, erkranken häufiger.
Familienangehörige könnten
sich humangenetisch beraten
lassen
„Unsere Ergebnisse könnten neue
Wege in der Früherkennung von erblichem Bauchspeicheldrüsenkrebs
eröffnen und die Heilungschancen
Betroffener verbessern“, hofft Privatdozent Detlef K. Bartsch, Oberarzt
in der Klinik für Visceral-, Thoraxund Gefäßchirurgie der Philipps-Universität. „Angehörige von Familien,
in denen gehäuft Bauchspeicheldrüsenkrebs auftritt, können in Zukunft
im Rahmen einer humangenetischen
Beratung auch daraufhin untersucht
werden, ob sie eine Veränderung
des BRCA-2-Gens tragen“, erläutert
der Marburger Mediziner. Diese
Empfehlung gelte allerdings nur für
Familien, bei denen mindestens zwei
Angehörige mit direktem Verwandtschaftsgrad Bauchspeicheldrüsenkrebs haben. Denn bei einer sporadisch auftretenden Krebserkrankung
der Bauchspeicheldrüse scheine das
genannte Gen keine besondere Rolle
zu spielen.
„Die Identifizierung des BRCA-2Gens als Ursache für familiären
Bauchspeicheldrüsenkrebs ist ein
wichtiges Puzzleteil, um diese unheilvolle Erkrankung eines Tages besser
in den Griff zu bekommen“, hebt Dr.
Bartsch hervor. Vom Nachweis des
Gen-Defekts bis zu einem direkten
Nutzen für betroffene Patienten sei
allerdings noch ein weiter Weg zurückzulegen: Bauchspeicheldrüsenkrebs ist nach wie vor eine schwer
heilbare Krebsform, die sich nur selten durch Frühsymptome bemerkbar
macht.
Veröffentlichung in den USA
Die Ergebnisse der europäischen
Studie, an der aus Marburg auch Privatdozent Harald Rieder aus dem
Zentrum für Humangenetik der Philipps-Universität beteiligt war, wurden
Anfang Februar in der amerikanischen Fachzeitschrift „Journal of the
National Cancer Institute“ (JNCI) veröffentlicht.
dkh
29
Herunterladen