Von Kepler-Bahnen zu Schwarzen Löchern Dr. S. Lübeck de facto hat man sich das Weltall selbst erobert, viel eigenes Denken wurde gefordert Inhaltsverzeichnis ii Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 1.1 Keplersche Gesetze der Planetenbewegung 1 1.2 Schwarze Löcher im Rahmen der Klassischen Mechanik 2 1.3 Chancen und Risiken der Unterrichtseinheit 4 1.4 Bemerkungen zur Notation 4 2 Methodisch-didaktische Vorüberlegungen 5 2.1 Lehrplan und Lernziele 5 2.2 Lehrbücher 7 2.3 Vorwissen der Schülerinnen und Schüler 8 2.4 Klassensituation 3 Unterrichtsverlauf und didaktische Analyse 10 11 3.1 Unterrichtsstunde: Gravitationsfeld und potenzielle Energie 11 3.2 Unterrichtsstunde: Fluchtgeschwindigkeit und 1. Keplersches Gesetz 12 3.3 Unterrichtsstunde: 2. und 3. Keplersches Gesetz 14 3.4 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 1. Teil 16 3.5 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 2. Teil 17 3.6 Unterrichtsstunde: Dunkle Materie 20 3.7 Unterrichtsstunde: Das galaktische Zentrum 22 3.8 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 1. Teil 23 3.9 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 2. Teil 25 3.10 Unterrichtsstunde: Ein Sternenleben 1. Teil 27 3.11 Unterrichtsstunde: Ein Sternenleben 2. Teil 28 3.12 Unterrichtsstunde: Exoplaneten 30 4 Kritische Reflexion 33 4.1 Evaluation 33 4.2 Abschließende Bemerkungen 34 Inhaltsverzeichnis iii Anhang A.1 A.2 A.3 A.4 A.5 A.6 A.7 A.8 A.9 36 36 37 38 39 41 47 51 53 55 Bildungspläne Auswertung des Eingangstests Arbeitsblätter Merksätze Folien Tafelbilder Experimente Auswertung der Abschlussevaluation Ablaufplan der Unterrichtseinheit Quellenverzeichnis 56 Einleitung 1 Einleitung Ihr abstrakter Charakter und ihr mathematisch anspruchsvoller Zugang scheinen die Allgemeine Relativitätstheorie als schulisches Unterrichtsthema auszuschließen. Demgegenüber steht eine breite mediale Präsenz kosmologischer Begriffe wie z. B. Schwarze Löcher oder Urknall. Üblicherweise ist das Niveau der Betrachtung in den verschiedenen Medien jedoch unbefriedigend und die Darstellung häufig fehlerhaft. So sind z. B. Zusammenhänge aufgrund von groben Vereinfachungen nicht nachvollziehbar, und die Erklärungen reduzieren sich auf die Wiederholung von Schlagwörtern. Der PhysikUnterricht in der 10. (G8) bzw. 11. Jahrgangsstufe (G9) bietet die große Chance, einige anspruchsvolle Aspekte der Kosmologie, insbesondere die Physik der Schwarzen Löcher, zu betrachten. Unter Berücksichtigung aktueller Forschungsergebnisse bietet sich ein natürlicher Einstieg im Rahmen der Unterrichtseinheit der Himmelsmechanik an. Darüber hinaus können glückliche‘‘ Übereinstimmungen zwischen der klassischen ’’ Mechanik einerseits und der Allgemeinen Relativitätstheorie andererseits genutzt werden. Trotz notwendiger didaktischer Reduktion ist es so möglich, zu nichttrivialen Ergebnissen und Betrachtungsweisen zu gelangen. Auf diese Weise bietet die vorgeschlagene Unterrichtseinheit die Gelegenheit, die Schülerinnen und Schüler mit Begriffen der Kosmologie vertraut zu machen, sie an aktuelle Forschungsprojekte heranzuführen sowie ihr Wissen aus unterschiedlichen Bereichen (Kernphysik, Astronomie, Mechanik) zu vertiefen und zu vernetzen. 1.1 Keplersche Gesetze der Planetenbewegung Grundlegend für diese Arbeit ist das 3. Keplersche Gesetz. Es stellt bekanntermaßen einen Zusammenhang her zwischen der Umlaufzeit T eines Planeten auf einer elliptischen Umlaufbahn mit großer Halbachse a und der Masse des Zentralgestirns M γM a3 = . 2 T 4π 2 (1.1) Die Relevanz des 3. Keplerschen Gesetzes für die Astronomie besteht insbesondere in der Möglichkeit, die Masse eines Zentralgestirns aus den Bahnparametern eines umlaufenden Körpers zu bestimmen. Üblicherweise wurde diese Waage der Astronomen‘‘ ’’ 1.2 Schwarze Löcher im Rahmen der Klassischen Mechanik 2 dazu benutzt, die Masse der Sonne aus den Bahnbewegungen der Planeten bzw. die Planetenmassen aus den Bahnparametern ihrer Monde zu bestimmen. Darüber hinaus führte die Anwendung des 3. Keplerschen Gesetzes zu weiteren bahnbrechenden Erkenntnissen in der Astronomie. In den 1960er bzw. 1970er Jahren schloss die berühmte Astronomin Vera Rubin aus den Bahnparametern von Sternen verschiedener Galaxien, dass stabile Galaxien zum überwiegenden Anteil aus so genannter Dunkler Materie bestehen [1]. Des weiteren gelang es Ende der 1990er Jahre mittels neuer Technologien, die Bahnparameter verschiedener Sterne auf ihrer Bahn um das galaktische Zentrum Sagittarius A∗ zu bestimmen [2, 3]. Eine Auswertung mittels des 3. Keplerschen Gesetzes ergibt, dass Sagittarius A∗ ein kompaktes Gebilde von mehreren Millionen Sonnenmassen ist. Berücksichtigt man weiterhin, dass Sagittarius A∗ eine starke Radio- und Röntgenquelle ist, so werden die Daten überzeugenderweise dahingehend interpretiert, dass es sich bei Sagittarius A∗ um ein so genanntes supermassives Schwarzes Loch handelt. 1.2 Schwarze Löcher im Rahmen der Klassischen Mechanik Überraschenderweise reichen die Ursprünge der physikalischen Betrachtung von Schwarzen Löchern bis ins 18. Jahrhundert zurück. Unabhängig voneinander erkannten der schottische Landpfarrer John Mitchell und der bekannte Mathematiker und Astronom Pierre-Simon Laplace, dass nach den Gesetzen der Newtonschen Mechanik das emittierte Licht von einem Körper mit hinreichender Masse und Dichte nicht entweichen kann (siehe z. B. [4]). Zu dieser Zeit war der Wellencharakter des Lichts unbekannt. Sowohl Mitchell als auch Laplace forderten, dass die Fluchtgeschwindigkeit vFlucht = s 2γM r (1.2) größer als die Lichtgeschwindigkeit c sein müsste, damit das Licht das Gravitationsfeld der Masse M nicht verlassen kann. Im Grenzfall vFlucht = c ergibt sich für den maximalen Radius eines solchen Körpers 2γM rSR = . (1.3) c2 Dies entspricht dem bekannten Ereignishorizont bzw. dem so genannten SchwarzschildRadius (SR) eines Schwarzen Lochs. Im Gegensatz zur hier vorgestellten Herleitung ergibt sich Gleichung (1.3) im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie aus der Schwarzschild-Lösung (Metrik einer punktförmigen Masse) der Einsteinschen Gleichungen (siehe z. B. [5]). Die glückliche‘‘ Übereinstimmung des relativistischen und klas’’ sischen Ergebnisses erlaubt eine anspruchsvolle Betrachtung von Schwarzen Löchern im Rahmen des Schulunterrichts ohne Kenntnisse der aufwändigen mathematischen 1.2 Schwarze Löcher im Rahmen der Klassischen Mechanik 3 Werkzeuge der Allgemeinen Relativitätstheorie1 . Entscheidend für diese Arbeit ist weiterhin, dass sich mit Hilfe des Schwarzschild-Radius eine Reihe von Eigenschaften von Schwarzen Löchern herleiten lassen, die genau wie Gleichung (1.3) streng gültig sind. Mit anderen Worten, man vermeidet die bedauernswerte Situation, dass es impliziert durch die notwendige didaktische Reduktion zu Ergebnissen kommt, die ausschließlich in der Schulphysik Gültigkeit haben. Aus der beschriebenen Betrachtung geht hervor, dass eine Masse M mindestens auf den Schwarzschild-Radius rSR komprimiert werden muss, damit ein Schwarzes Loch entsteht. Die Dichte eines Schwarzen Lochs kann daher abgeschätzt werden. Ein Schwarzes Loch von der Masse der Sonne hätte den Schwarzschild-Radius rSR, ≈ 3 km und die minimale Dichte ρSR, ≈ 1,8 · 1019 kg . m3 (1.4) Ein Vergleich mit elementaren Daten der Kernphysik (ρKern ≈ 1017 kg/m3 [6]) ergibt, dass Schwarze Löcher dichter als Kernmaterie sind. Sie sind damit wesentlich dichter als jede bekannte stabile Materieform, d. h. sie weisen eine uns unbekannte Struktur der Materie auf. Im Physik-Unterricht kann neben der Struktur der Schwarzen Löcher auch ihre Entstehung betrachtet werden. Ausgehend von einem Gravitationskollaps eines instabilen Sterns ergibt sich ein Szenario, das allein von der Masse des Sterns abhängt (siehe z. B. [7]). Ist die Masse M 0 des Reststerns nach der Explosion der äußeren Schichten kleiner als 1,44 Sonnenmassen, so ergibt sich ein Weißer Zwerg. Reststerne mit größere Masse (1,44 M < M 0 < 3 M ) kollabieren zu einem Neutronenstern, während noch größere Reststerne zu einem Schwarzen Loch schrumpfen. Die Schwellenwerte ergeben sich aus der Festkörperphysik. Bis zur Chandrasekhar-Grenze 1,44 M kann der Entartungsdruck der Elektronen den Weißen Zwerg stabilisieren [8], d. h. die Gravitationskräfte können kompensiert werden. Vereinfacht kann man sich den Weißen Zwerg aus extrem dichter, aber immer noch atomarer Materie vorstellen2 . Bei den schwereren Neutronensternen (de facto Kernmaterie) bewirkt entsprechend der Entartungsdruck der Neutronen eine stabilisierende Gegenkraft zur Gravitation. Oberhalb der Tolman-Oppenheimer-Volkoff-Grenze 3 M können die Neutronen dem Gravitationsdruck nichts mehr entgegensetzen [9, 10], und der Neutronenstern schrumpft zu einem Schwarzen Loch. 1 Nach dem Energieerhaltungssatz der Klassischen Mechanik mc2 /2 = γmM/r ergibt sich auf Grund der nicht vorhandenen Ruhemasse der Photonen (m = 0) lediglich die triviale Aussage 0 = 0. 2 Streng genommen handelt es sich um ein stark komprimiertes Elektron-Kern-Plasma‘‘, das als ’’ entartetes Fermi-Gas beschrieben werden kann [7]. Würde man für Weiße Zwerge eine dichte aber gewöhnliche Materie annehmen, dann wäre der Bahnradius der Elektronen auf ca. 1/100 geschrumpft. 1.3 Chancen und Risiken der Unterrichtseinheit 1.3 4 Chancen und Risiken der Unterrichtseinheit Ein Astronomie-Unterricht mit den Themen Dunkle Materie und Schwarze Löcher birgt das Risiko bar jeglicher Schulexperimente in rein theoretischen Abhandlungen zu münden. Das Fehlen von Experimenten kann jedoch durch zwei Aspekte kompensiert werden. Erstens ist der Mensch seit ewigen Zeiten fasziniert von den Sternen. Diese Faszination empfinden auch die Schülerinnen und Schüler, und sie kann daher genutzt werden. Zweitens können Freihand-Experimente verwendet werden, um die komplexen Abläufe für die Schülerinnen und Schüler erfahrbar bzw. durch Analogien erkennbar und beschreibbar werden zu lassen. Dem Risiko des reinen Theorie-Unterrichts stehen die großen Chancen gegenüber, die eine Unterrichtseinheit über Schwarze Löcher bietet. Insbesondere erlaubt die Unterrichtseinheit, den Schülerinnen und Schülern eine besondere Erkenntnis zu vermitteln: die Erfahrung, dass eine mathematische Beschreibung unzugänglicher und unserer direkten Anschauung widersprechender physikalischer Vorgänge zu tieferen Einblicken führt und de facto die einzige Möglichkeit zum Verstehen‘‘ ist. Im Bildungsplan 2004 ’’ wird dieser Punkt mit zwei Kompetenzen Physik als theoriegeleitete Erfahrungswissenschaft und Formalisierung und Mathematisierung der Physik [11] gewürdigt. Zwar ergibt sich bei der Behandlung der Oberstufenphysik zweimal die Möglichkeit, den Triumph der modernen Physik‘‘ als theoriegeleitete Naturwissenschaften zu erleben. ’’ Sowohl im Fall der Quantenmechanik als auch im Fall der Speziellen Relativitätstheorie bleibt den Schülerinnen und Schülern aber ein echtes Verstehen verwehrt, da sie nicht über die erforderlichen mathematischen Hilfsmittel verfügen. Insofern bietet die glückliche‘‘ Übereinstimmung von Klassischer Mechanik und Allgemeiner Relativitäts’’ theorie die einzigartige Gelegenheit für die Schülerinnen und Schüler, dies anhand von Schwarzen Löchern exemplarisch zu erfahren. 1.4 Bemerkungen zur Notation Zur eindeutigen Identifizierung werden schriftliche und mündliche Aussagen der Schülerinnen und Schüler, die wörtlich übernommen wurden, kursiv und in Anführungszeichen gesetzt. Methodisch-didaktische Vorüberlegungen 5 Methodisch-didaktische Vorüberlegungen 2.1 Lehrplan und Lernziele Die in dieser Arbeit beschriebene Unterrichtseinheit wurde in einer 10. Klasse mit achtjährigem Bildungsgang durchgeführt. Maßgeblich für diese Klasse ist der Bildungsplan 2001 [12]. Für die hier behandelten Aspekte des Physik-Unterrichts entspricht dieser Plan sowohl inhaltlich als auch bzgl. des Erziehungs- und Bildungsauftrags den entsprechenden Abschnitten des Bildungsplans 1994 (siehe [13] sowie Anhang A.1). Die Unterrichtseinheit wurde in einer Klasse mit naturwissenschaftlichem Profil (3-stündiger Physik-Unterricht) im Rahmen der Lehrplaneinheit 4—Wahlthema Himmelsmechanik durchgeführt [12, 13]. Des weiteren ist der Punkt Satellitenbewegung aus der Lehrplaneinheit 1—Dynamik in die Unterrichtseinheit mit einbezogen worden. Beschränkt man die Unterrichtseinheit auf die Behandlung von Umlaufbahnen von Sternen um Schwarze Löcher, kann das Thema unter dem Punkt Satellitenbewegung auch in einer Klasse mit sprachlichem Profil (2-stündig) behandelt werden. In beiden Fällen eignet sich der Zusammenhang Kepler-Bahnen—Schwarze Löcher dazu, eine wichtige Auf’’ gabe‘‘ [13] des Erziehungs- und Bildungsauftrags des Physik-Unterrichts zu erfüllen, nämlich den Schülerinnen und Schülern die naturwissenschaftliche Arbeitsweise nahe’’ zubringen‘‘ und ihnen darüber hinaus zu verdeutlichen, wie mühevoll die Gewinnung ’’ naturwissenschaftlicher Erkenntnisse ist‘‘ [13]. Des weiteren erfüllt die Unterrichtseinheit die Forderung des Bildungsplans, dass mit fortschreitendem Kenntnisstand die Ergebnisse und Überlegungen zunehmend quantifiziert und mathematisch formuliert werden sollen, ohne in mathematische Umformungs- und Rechenübungen zu münden [13]. Sieht man von der Herleitung zur potenziellen Energie des Gravitationsfelds ab, so sind alle Betrachtungen für die Schülerinnen und Schüler mit elementaren mathematischen Hilfsmitteln ausführbar. Kleinere und wohl dosierte mathematische Abhandlungen ermöglichen ihnen, wesentliche Ziele des Physik-Unterrichts zu erreichen, insbesondere die selbstständige Anwendung und den Transfer von Erkenntnissen und Gesetzen auf neue Sachverhalte. Eine offene und handlungsorientierte Unterrichtsgestaltung erlaubt darüber hinaus weitere kognitive und soziale Unterrichtsziele zu erreichen. Zum Beispiel wird den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, neue physikalische Zusam- 2.1 Lehrplan und Lernziele 6 menhänge zu erkennen, verschiedene physikalische Situationen zu beurteilen, über ihre Lösungswege zu kommunizieren und die Ergebnisse untereinander zu präsentieren. Im Folgenden wird die Unterrichtseinheit im Hinblick auf den Bildungsplan 2004 betrachtet [11]. Im Gegensatz zu den input‘‘-orientierten älteren Bildungsplänen werden ’’ im Bildungsplan 2004 Lernziele in Form von output‘‘-orientierten Kompetenzen der ’’ Schülerinnen und Schüler gefordert (siehe für die folgenden Ausführungen Anhang A.1.3 sowie [11]). Die Unterrichtseinheit bietet eine hervorragende Gelegenheit, die folgenden Kompetenzen K2 Physik als theoriegeleitete Erfahrungswissenschaft, K3 Formalisierung und Mathematisierung der Physik, K4 Spezifisches Methodenrepertoire der Physik, K6 Physik als ein historisch-dynamischer Prozess, K8 Grundlegende physikalische Größen, K11 Struktur der Materie, K13 Modellvorstellungen und Weltbilder, zu vermitteln. Die Astronomie ist wie kein anderes Thema der Physik geeignet, die Schülerinnen und Schüler erkennen zu lassen, dass physikalische Begriffe einer fortwährenden Entwicklung unterliegen (K6). Darüber hinaus können die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Unterrichtseinheit die naturwissenschaftliche Arbeitsweise anwenden (K2). Sie müssen zur Definition von Schwarzen Löchern funktionale Zusammenhänge zwischen physikalischen Größen beschreiben und formulieren (K3). Bei der Erarbeitung des Schicksals eines kollabierenden Sterns ist es nötig, Strukturen zu erkennen und Analogien erfolgreich einsetzen (K4). Zur Beschreibung von Weißen Zwergen und Neutronensternen müssen die Schülerinnen und Schüler Vorstellungen und Kenntnisse von der Atomhülle sowie von Atomkernen nutzen (K11). Die Betrachtung von Supernova-Explosionen gibt ihnen die Möglichkeit, Erhaltungssätze erfolgreich zur Lösung komplexer dynamischer Fragestellungen anzuwenden (K8). Wie bereits oben ausgeführt, sind Schwarze Löcher aufgrund ihrer mathematischen Zugänglichkeit hervorragend geeignet, den Schülerinnen und Schülern die Grenzen der klassischen Physik verständlich aufzuzeigen (K13). Schließlich erlaubt ihnen die Stunde über Exoplaneten den funktionalen Zusammenhang zwischen physikalischen Größen zu erkennen bzw. zu interpretieren (K3). Neben den Kompetenzen sind im Bildungsplan 2004 auch Leitgedanken zum Kompetenzerwerb aufgeführt [11]. Danach sollen die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, physikalische Fragen zu erkennen und sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Der Physik-Unterricht soll darüber hinaus ihr Denk- und Vorstellungsvermögen 2.2 Lehrbücher 7 sowie ihre sozialen und personalen Kompetenzen fördern. Die Anwendung verschiedener Unterrichtsmethoden in dieser Unterrichtseinheit wie z. B. Arbeitsblätter, Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit, Schülerreferate, gemeinsames Erarbeiten von physikalischen Fragestellungen im Klassenverband, die Auswertung von Film- und Tondokumenten sowie offene Aufgaben und entdeckendes Lernen bietet den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit selbstständig zu agieren, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen, ihre Kreativität einzubringen, ihr eigenes Wissen in kognitiven Konflikten kritisch zu reflektieren und eigenständig neue Entdeckungen zu machen. Schließlich kann die Betrachtung von Dunkler Materie genutzt werden, um einen weiteren Leitgedanken des Bildungsplans umzusetzen. Am Beispiel der großen Astronomin Vera Rubin kann die Leistung von Frauen in der Physik gewürdigt werden. Aus Gründen der Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass die vorgestellte Unterrichtseinheit in der Kursstufe auch Teil des Wahlmoduls Astronomie und Kosmologie des Bildungsplans 1994 [13] bzw. Teil des Schwerpunkts Astrophysik im 2-stündigen Physik-Kurs des Bildungsplans 2004 [11] sein kann. 2.2 Lehrbücher Im Folgenden werden nur Neuüberarbeitungen von Schulbüchern betrachtet, da die Unterrichtseinheit teilweise auf aktuellen Forschungsergebnissen beruht, die in älteren Ausgaben nicht berücksichtigt werden konnten. Fast gleichzeitig zur Unterrichtseinheit erschienen die Neuausgaben Dorn-Bader 2 [14] und Fokus 2 [15] (eine Neubearbeitung von Impulse 2 lag bis zur Abgabe der Arbeit nicht vor). Beide Schulbücher beziehen sich auf den Bildungsplan 2004 [11]. Erschreckenderweise verzichten die Autoren von Dorn-Bader 2 darauf, die Leitgedanken und Kompetenzen anhand des Themengebietes Astronomie zu vermitteln. Weder findet der Schüler den Begriff der Fluchtgeschwindigkeit oder das Cavendish-Experiment noch eine ausführliche Behandlung der Keplerschen Gesetze, wie sie in älteren Ausgaben noch aufgeführt wurde [16]. Die Keplerschen Gesetze und der Begriff Schwarze Löcher finden nur in einem Vertiefungs-Abschnitt eine knappe Erwähnung. Eine solche oberflächliche Erwähnung kann zum eigentlichen Verstehen nichts beitragen. Dieses Manko ist bedauerlich, da das hohe Faszinationspotenzial der Astronomie nicht genutzt wird. Demgegenüber behandelt Fokus 2 das Thema Astronomie und Kosmologie auf ca. 30 Seiten ausführlich. Die Keplerschen Gesetze, das Newtonsche Gravitationsgesetz, die Entwicklung eines Sterns bis zur Supernova, das Hertzsprung-Russel-Diagramm, die Hintergrundstrahlung, Galaxiedynamik und Dunkle Materie sowie eine Betrachtung der Forschungsergebnisse über Sternbahnen um Sagittarius A∗ werden besprochen. Und genau darin besteht die Schwäche des Fokus 2. Das typische Besprechen‘‘ im Fokus 2 ’’ 2.3 Vorwissen der Schülerinnen und Schüler 8 spiegelt die systematische Unterschätzung der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler sowie die systematische Unterschätzung der Kompetenzen K2 und K3 wider (siehe Anhang A.1.3). Figur 6 auf Seite 279 des Fokus 2 zeigt dies exemplarisch: Obwohl der Abstand der um Sagittarius A∗ laufenden Sterne durch eine Maßstabsangabe direkt abschätzbar ist und die Umlaufzeit von einem Stern in einer Aufgabe angegeben ist, wird die explizite Bestimmung der Masse von Sagittarius A∗ weder im Text noch in einer Aufgabe (z. B. für leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler) behandelt. Stattdessen ist der Wert von 2,9 Millionen Sonnenmassen wie in einem Lesebuch erwähnt. Warum traut man den Schülerinnen und Schülern nicht zu, diesen beeindruckenden Wert selbst zu entdecken? Dieses Beispiel zeigt, dass im Fokus 2 gute Ansätze nicht konsequent genutzt werden. Ein Schulbuch, das die großen Chancen und das große Potenzial einer Umsetzung der geforderten Kompetenzen mittels einer ernsthaften Betrachtung von Schwarzen Löchern erkennt und zu nutzen weiß, ist und bleibt vorerst ein Desiderat. Ebenso ist eine entsprechende Betrachtung der faszinierenden Exoplaneten bisher in keinem Schulbuch zu finden. 2.3 Vorwissen der Schülerinnen und Schüler Zur Überprüfung des Vorwissens und um einen Einblick in ihre Präkonzepte zu erhalten, wurden den Schülerinnen und Schülern folgende Fragen in Form eines schriftlichen Tests gestellt: 1. Interessierst du dich für Astronomie? Hast du z. B. ein Teleskop? 2. Was ist eine Ellipse? Wie konstruiert man Ellipsen? 3. Betrachte die stabile Umlaufbahn der Erde um die Sonne. Welche Kräfte halten dieses System zusammen? 4. Albert Einstein hat die berühmte Relativitätstheorie entwickelt. Kennst Du Aussagen dieser Theorie? 5. Was ist ein so genanntes Schwarzes Loch? 6. Was würdest du gern aus dem Bereich der Astronomie im Unterricht behandeln? Eine detaillierte Auflistung der Antworten enthält Anhang A.2. Hier werden die wesentlichen Punkte diskutiert, die sich auf die Unterrichtsplanung auswirken. Die entsprechenden Antworten zur ersten Frage ergeben, dass zwar alle Schülerinnen und Schüler ein ausgesprochenes Interesse an Astronomie haben, dass aber niemand Astronomie als ernsthaftes Hobby betreibt. Nur zwei Schüler haben die Möglichkeit ein Teleskop zu benutzen, von der sie aber keinen Gebrauch machen. Die in der zweiten Frage angesprochene Definition bzw. Konstruktion einer Ellipse ist nur einer Schülerin bekannt. 2.3 Vorwissen der Schülerinnen und Schüler 9 Dieses ernüchterne Ergebnis spiegelt den mathematischen Lehrplan wider und hat für die Unterrichtsplanung weitreichende Konsequenzen, d. h. die Betrachtung der Planetenbahnen muss sich im Wesentlichen auf Kreisbahnen beschränken. Dies ist umso bedauerlicher, da sich so den Schülerinnen und Schülern die große wissenschaftliche Leistung Keplers verschließt. Erwähnenswert ist, dass einige Schülerinnen und Schüler den Begriff der Ellipse direkt mit Planetenbewegungen verbinden. Die dritte Frage dient der Lernzielkontrolle der vorangegangenen Unterrichtseinheit Kreisbewegungen. Während vier Schülerinnen und Schüler die Gravitationskraft richtig als wirkende Zentripetalkraft erkennen, ist fünfmal die Zentrifugalkraft erwähnt worden. Ein wohl typisches Beispiel für eine unkorrigierbare Schülervorstellung. Ebenso rudimentär wie das mathematische Vorwissen über Ellipsen sind die Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler über die Relativitätstheorie. Typische Antworten auf die vierte Frage sind E = mc2 ‘‘, ’’ Alles ist relativ‘‘, bzw. abstruse Vorstellungen über die Zeitdilatation. Bemerkenswert ’’ ist, dass keine Aussage aus der Allgemeinen Relativitätstheorie bekannt ist. Demgegenüber sind die Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler über Schwarze Löcher fundierter. Knapp der Hälfte ist bekannt, dass es sich dabei um ausgebrannte Sterne handelt und dass Licht von einem Schwarzen Loch verschluckt‘‘ wird. Letzteres Wissen ist ’’ sehr erfreulich, da es sich um die grundlegende physikalische Eigenschaft von Schwarzen Löchern handelt. Dieses Vorwissen kann im Unterrichtsverlauf genutzt werden, d. h. es ermöglicht den Schülerinnen und Schülern aus diesem Kenntnisstand heraus zu neuen Einsichten wie z. B. der Größe oder der Dichte von Schwarzen Löchern zu gelangen. Die Antworten zur letzten Frage spiegeln nochmals das rege Interesse der Schülerinnen und Schüler an astronomischen Themenbereichen wider. Neben Schwarzen Löchern und dem Problem der Sternentwicklung (Supernova) ist das große Interesse an Exoplaneten signifikant. Weitere Punkte sind z. B. Wurmlöcher, Geschichte der Astronomie und berühmte Astronomen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Schülerinnen und Schüler ein ausgeprägtes Interesse für Astronomie haben und sich auf die Unterrichtseinheit freuen‘‘. ’’ Für die Unterrichtsplanung muss aber das teilweise verworrene Vorwissen und das lückenhafte mathematische Wissen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden. Konkret bedeutet dies, dass das 1. und 2. Keplersche Gesetz nur qualitativ behandelt werden können. Ohne ein fundiertes Vorwissen über Ellipsen sowie den Drehimpuls würden die Schülerinnen und Schüler kaum die entsprechenden physikalischen Aussagen Keplers erfassen können. Aus den gleichen Gründen wird in der folgenden Unterrichtseinheit auch auf eine mögliche graphische Analyse der Planetenbewegung mittels einer Computer-Simulation verzichtet. Die Benutzung einer für die Schülerinnen und Schüler undurchschaubaren Software würde als Ergebnis zu geschlossen Bahnkurven am Bildschirm führen, die für sie nicht direkt und nicht eindeutig als Ellipsen zu erken- 2.4 Klassensituation 10 nen wären. Da kein Schüler mit Teleskop Astronomie als Hobby betreibt, wäre auch eine detaillierte Diskussion der beobachtbaren Schleifenbewegungen der Planeten wenig attraktiv. Daher liegt der Fokus der Unterrichtsplanung auf dem 3. Keplerschen Gesetz und dessen Anwendung auf Dunkle Materie und Schwarze Löcher. Die verkürzte rein qualitative Behandlung der ersten beiden Keplerschen Gesetze erlaubt es, eine zusätzliche Stunde zum Thema Exoplaneten zu veranstalten. 2.4 Klassensituation Die Klasse 10c des Theodor-Heuss-Gymnasiums besteht aus 12 Schülerinnen und Schülern, davon sind 7 Jungen und 5 Mädchen. Es handelt sich um eine so genannte Turboklasse, d. h. um eine Klasse mit achtjährigem Bildungsgang. Die Klasse hat ein naturwissenschaftliches Profil mit 3 Stunden Physik-Unterricht pro Woche. Ich unterrichtete die Klasse bereits einige Stunden im vorangegangenen Winter. Thema dieser Unterrichtsstunden waren z. B. Reibungskräfte und zusammengesetzte Bewegungen wie der waagerechte Wurf. Neben einer Gruppe leistungsstarker, aktiver und engagierter Schülerinnen und Schüler gibt es auch eine Gruppe, die eher ruhig und zurückhaltend ist. Bei Aufrufen bzw. seltener aus Eigeninitiative beteiligen sich letztere jedoch auch mit guten Beiträgen am Unterricht und tragen zum Lernerfolg der ganzen Klasse bei. Darüber hinaus lässt sich die Passivität dieser Schülerinnen und Schüler durch Partnerbzw. Gruppenarbeit verhältnismäßig leicht überwinden. Das Lernklima ist gut und die Klasse ist bei der Erarbeitung neuer Stoffgebiete sehr interessiert. Dabei ist die Klasse, gefördert durch ihre geringe Größe, sehr diskussionsfreudig. Fast alle Schülerinnen und Schüler zeichnen sich durch eine ausgeprägte Team- und Präsentationsfähigkeit aus. Letzteres zeigt sich insbesondere bei Referaten, die typischerweise interessiert und diskussionsfreudig von den anderen Schülerinnen und Schülern verfolgt werden. Vor Beginn dieser Unterrichtseinheit wurde durch den Physik-Lehrer das Thema Gravitation (insbesondere Newtonsches Gravitationsgesetz und Cavendish-Experiment) behandelt. Fast zeitgleich mit der Unterrichtseinheit fand im Rahmen des NwT-Unterrichts eine Einheit zum Thema Astronomie statt. Darin wurden eher traditionelle Themen des Astronomie-Unterrichts wie die verschiedenen Weltbilder und eine Betrachtung der Planeten, Monde und Sternbilder behandelt. Die NwT-Unterrichtseinheit blieb aber auf einem rein phänomenologischen Niveau, d. h. eine systematische Analyse des Unterrichtsstoffs fand nicht statt. Unterrichtsverlauf und didaktische Analyse 11 Unterrichtsverlauf und didaktische Analyse In diesem Kapitel wird der Verlauf der einzelnen Unterrichtsstunden beschrieben. Jede Stunde wird kritisch reflektiert, nach didaktischen Gesichtspunkten analysiert und gegebenenfalls wird auf den Bildungsplan Bezug genommen. In Klammern sind die Zuweisungen zu den vermittelten Kompetenzen des in der Zukunft allein relevanten Bildungsplans 2004 [11] angegeben. 3.1 Unterrichtsstunde: Gravitationsfeld und potenzielle Energie Thema dieser Stunde war das Gravitationsfeld einer Punktmasse und die zugehörige potenzielle Energie. Als Einstieg in die Stunde und damit in die Unterrichtseinheit überhaupt wurde das Interesse der Schülerinnen und Schüler an Science-Fiction Literatur genutzt (siehe Abbildung 1). Im Roman Von der Erde zum Mond beschreibt Jules Verne, ein Begründer des Science-Fiction Genres [17], diese Reise in einer von der Erdoberfläche abgeschossenen Kanonenkugel. Die Frage nach der notwendigen Abschussgeschwindigkeit diente zur Problematisierung der zu erarbeitenden physikalischen Begriffe. Hier konnten die Schülerinnen und Schüler ihre in den vorangegangenen Unterrichtseinheiten erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen einbringen. So wurde das Gravitationsfeld eingeführt und die Analogien zum magnetischen Feld diskutiert (K9). Überraschenderweise hatten die Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten zu erkennen, dass eine Anwendung des Energieerhaltungssatzes den Weg zur Lösung des Problems eröffnet (K8). Ein Schüler erkannte direkt, dass zu einer solchen Lösung die Kenntnis einer dem Newtonschen Gravitationsgesetz adäquaten Form der Energie nötig sei. Die folgende Herleitung der potenziellen Energie des Gravitationsfelds bildete den Schwerpunkt der Unterrichtsstunde. Aufgrund ihrer mathematischen Komplexität wurde die Herleitung im Rahmen eines Lehrervortrags mit eingeschobenen Phasen eines fragend-entwickelnden Unterrichts durchgeführt. Die notwendige Integration des Newtonschen Gravitationsgesetzes kann zwar auf eine Teleskopreihe zurückgeführt und damit ohne Kenntnisse der Integralrechnung durchgeführt werden (siehe z. B. [18, 16]). Nichtsdestotrotz bedeutet die Herleitung jedoch eine starke Herausforderung für alle 3.2 Unterrichtsstunde: Fluchtgeschwindigkeit und 1. Keplersches Gesetz 12 Schülerinnen und Schüler. Einige waren während der eigentlichen Herleitung überfordert und verhielten sich passiv. Rückfragen während der Phase der Herleitung sowie eine abschließende Diskussion über die Güte der mathematischen Näherung zeigten jedoch (K3), dass zahlreiche Schülerinnen und Schüler sowohl den Weg als auch den Sinn der Herleitung verstanden hatten. Ob dieser Weg in einer Klasse mit geringerer Leistungsfähigkeit möglich ist bleibt allerdings fraglich. Will man auf den Begriff der Fluchtgeschwindigkeit für die Unterrichtseinheit nicht verzichten, so kann die Herleitung alternativ in Form eines reinen Lehrervortrags zeitlich effektiver erfolgen. Eine weitere Möglichkeit wäre es die Formel der potenziellen Energie ohne Herleitung anzugeben und sie z. B. anhand einer Dimensionsanalyse zu veranschaulichen. Ersteres würde leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler wahrscheinlich überfordern, letzteres dagegen stärkere Schülerinnen und Schüler in ihrem Wissensdrang unbefriedigt lassen. 3.2 Unterrichtsstunde: Fluchtgeschwindigkeit und 1. Keplersches Gesetz Nach einer kurzen Wiederholung der Ergebnisse der vorangegangenen Stunde berechneten die Schülerinnen und Schüler die notwendige Abschussgeschwindigkeit der Kanonenkugel aus dem Roman von Jules Verne. Daraus wurde der Begriff der Fluchtgeschwindigkeit Gleichung (1.2) erarbeitet. Der Auftrag zur Bestimmung des expliziten Wertes für die Erde führte zunächst zu einer verwirrenden Situation mit verschiedenen Lösungen. Da die Schülerinnen und Schüler direkt eine Diskussion untereinander über die Fehlerursachen (z. B. Du musst den Erdradius von km in m umrechnen‘‘) began’’ nen, wurde ihnen das selbstständige Auffinden der richtigen Lösung ermöglicht. Diese wurde besprochen. Zur Lernzielkontrolle wurde die Frage gestellt, wie die entsprechende Fluchtgeschwindigkeit für den Mond oder die Sonne zu berechnen sei. Daran anschließend wurde den Schülerinnen und Schülern die Daten aus dem Roman angegeben (eine Beschleunigung in einem 213 m langen Schacht auf v0 = 16,5 km/s). In einer Hausaufgabe sollten die Schülerinnen und Schüler beurteilen, ob dies realistisch ist. Dazu ist es notwendig, die Beschleunigung zu berechnen und geschickterweise mit der Erdbeschleunigung zu vergleichen (a ≈ 65000g). Neben dem Auffinden des Lösungswegs war es vor allen das Ziel dieser Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler daran zu gewöhnen, die berechneten Zahlenwerte zur Einordnung mit bekannten Größen zu vergleichen (K8). Dies ist insbesondere in einer Unterrichtseinheit über die Astronomie mit ihren sprichwörtlichen großen Zahlen unumgänglich. Wie die Auswertung des Einstiegstests ergab, wissen einige Schülerinnen und Schüler, dass sich Planeten auf Ellipsenbahnen bewegen. Daher wurde ihnen die Möglichkeit 3.2 Unterrichtsstunde: Fluchtgeschwindigkeit und 1. Keplersches Gesetz 13 gegeben, dieses Wissen anzuwenden, um die scheinbare Änderung der Mondgröße zu erklären. Hierzu diente eine Folie (siehe Abbildung 2), die den Vollmond im erdnächsten und erdfernsten Punkt zeigt. Nach einer kurzen Diskussion erkannten die Schülerinnen und Schüler, dass es sich dabei um einen Effekt der ellipsenförmigen Mondbahn um die Erde handelt. Eine Schülerin erklärte anschließend die Gärtnerkonstruktion einer Ellipse an einer Holzplatte mit zwei Nägeln und einer Schnur der Länge l. Die übrigen Schülerinnen und Schüler erkannten, dass eine Ellipse durch den Abstand der Brennpunkte 2e und der Länge l eindeutig bestimmt ist (K3). Die Ergebnisse wurden an der Tafel gesichert und darüber hinaus wurden in einem kurzen Lehrervortrag die Begriffe große und kleine Halbachse (a bzw. b) eingeführt. Hier ergab sich die Möglichkeit, die leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Binnendifferenzierung zur Herleitung der Zusammenhänge l = 2a und e2 = a2 − b2 aufzufordern. Erfreulich war, dass ein schwächerer Schüler selbstständig und unaufgefordert darauf hinwies, dass Kreise ein Spezialfall von Ellipsen sind. Diese Bemerkung erlaubte es, mit den Schülerinnen und Schülern eine kurze Diskussion über die verschiedenen Weltbilder (geozentrisch, heliozentrisch mit Kreisbahnen und heliozentrisch mit Ellipsenbahnen) zu führen (K13). Bemerkenswert ist, dass die Schülerinnen und Schüler verwundert waren über die Position der Sonne. Sie vermuteten, dass sich die Sonne im Mittelpunkt der Ellipse befinde. Dass die Sonne sich in einem Brennpunkt befinde und der andere Brennpunkt leer‘‘ sei, erschien einigen suspekt. ’’ Zur Lernzielkontrolle wurde vor Ende der Stunde eine Abbildung mit einer totalen und einer ringförmigen Sonnenfinsternis gezeigt (siehe Abbildung 3). Zuerst sollten die Schülerinnen und Schüler erkennen, was zu sehen ist und anschließend die Effekte mittels der elliptischen Mondbahn erklären (K5). Angeregt durch Fragen des Lehrers, erarbeiteten sie sich beides in lebhaften Diskussionen, die durch eine Skizze der Erdund Mondbahn veranschaulicht wurden. Zum Schluss wurde noch darauf hingewiesen, wie leicht diese Erscheinungen durch die Leistung Keplers zu erklären seien (K6). Im Gegensatz zur vorangegangenen mathematisch geprägten Stunde war es in dieser Stunde allen Schülerinnen und Schülern möglich, zum Unterricht erfolgreich beizutragen. Dies zeigte sich insbesondere an der lebhaften Beteiligung aller Schülerinnen und Schüler. Die angesprochenen physikalischen Fragestellungen waren für alle nachvollziehbar und alle fühlten sich im positiven Sinne gefordert. Die hier vorgestellte Behandlung des ersten Keplerschen Gesetzes kann nur empfohlen werden. Obwohl eine ausführliche mathematische Behandlung unterbleibt, stellt die offene Aufgabenstellung eine nichttriviale, alle Schülerinnen und Schüler ansprechende Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass die Fragestellung der scheinbaren Mondgröße sowie der Unterschied zwischen totaler und ringförmiger Sonnenfinsternis direkt nachvollziehbar ist. 3.3 Unterrichtsstunde: 2. und 3. Keplersches Gesetz 3.3 14 Unterrichtsstunde: 2. und 3. Keplersches Gesetz Nach der Besprechung der Hausaufgaben und einer Wiederholung der Ergebnisse der vorangegangenen Stunde wurde noch einmal vertiefend auf das 1. Keplersche Gesetz eingegangen. Um den Schülerinnen und Schülern die Leistung Keplers erfahrbar zu machen, wurden drei Folien vorbereitet (siehe Abbildungen 4-6). Darauf werden jeweils die ellipsenförmige Erdbahn (numerische Exzentrizität = 0.017 [19]), die Plutobahn ( = 0.249 [19]) und die Marsbahn ( = 0.093 [19]) mit einer Kreisbahn von gleicher kleiner Halbachse verglichen. Zuerst wurde die Folie der Erdbahn gezeigt. Die in guter Näherung kreisförmige Erdbahn erlaubt einen vertiefenden Vergleich des Korpernikanischen Weltbilds mit dem Keplerschen (K6 und K13). Die Schülerinnen und Schüler hatten hier einiges Vorwissen und verwiesen sofort auf die stärker ausgeprägte Ellipsenform der Plutobahn. Die entsprechende Folie bestätigte ihre Aussage. Sie waren sich jedoch nicht bewusst, dass Pluto nur mit einem leistungsstarken Teleskop zu beobachten ist, das Kepler nicht zu Verfügung stand. Ihnen war auch unbekannt, dass Kepler die entscheidenden Entdeckungen anhand der Marsbahn machte. Die entsprechende Folie (siehe Abbildung 6) wurde als eine Art Sehtest nach Kepler‘‘ vorgestellt. Erst nach ’’ einigen Sekunden nahmen die Schülerinnen und Schüler die Abweichungen zwischen der Kreis- und der Ellipsenbahn war. Die geringe Abweichung wurde dann diskutiert. Diese Vorgehensweise ermöglichte es den Schülerinnen und Schülern die wissenschaftliche Leistung von Kepler bzw. Brahe nachzuvollziehen, ohne komplizierte Rechnungen über akkumulierte Bahnabweichungen durchführen zu müssen. Daran anschließend wurde das Thema der heutigen Stunde bekannt gegeben. Sowohl das 2. als auch das 3. Keplersche Gesetz wurden zunächst in einer historischen Formulierung (siehe Merksatz A.4.4 bzw. Merksatz A.4.5) an die Tafel geschrieben und anschließend diskutiert. Im Fall des 2. Keplerschen Gesetzes genügte es, den Begriff des Fahrstrahls Sonne-Planet anhand einer Skizze zu erklären. Daraufhin erkannte ein Schüler die Bedeutung der Aussage in gleichen Zeiten gleiche Fläche‘‘ und vervollständigte die ’’ Skizze an der Tafel. Die Frage was dies anschaulich für die Bewegung eines Planeten auf einer Ellipsenbahn bedeutet, mündete in einer lebhaften Diskussion. Zwei Schülerinnen schlussfolgerten, dass es zu einer Änderung der Geschwindigkeit des Planeten entlang der Bahn kommt, und es sich deshalb nicht um eine gleichförmige Kreisbewegung handeln kann. Diese Ergebnisse wurden anhand eines Experimentes vertieft, das die Schülerinnen und Schüler am Pult verfolgten. Eine Billardkugel vollführt in einem modellierten zweidimensionalen Gravitationspotenzial (siehe Experiment A.7.1) eine ellipsenartige Bewegung, bei der eine Geschwindigkeitsvariation deutlich zu erkennen ist. Auch hier diskutierten die Schülerinnen und Schüler wieder lebhaft und erkannten unter anderem, dass die Grenze des Modells im Wesentlichen durch die Reibung der Kugel auf dem Untergrund gegeben ist (K1). 3.3 Unterrichtsstunde: 2. und 3. Keplersches Gesetz 15 Analog zur Erarbeitung des 2. Keplerschen Gesetzes wurde auch das 3. Keplersche Gesetz zunächst angeschrieben und anschließend die unbekannten Begriffe erläutert (im wesentlichen der Begriff Kuben‘‘). Eine Schülerin beantwortete die Frage nach ’’ der Bedeutung des Gesetzes direkt mit der Proportionalität a3 ∝ T 2 (K3). Um leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler hier nicht zu überfordern, wurde dieser Punkt im Detail diskutiert. So wurde z. B. die Bedeutung der Formulierung zweier ’’ Planeten‘‘ (siehe Merksatz A.4.5) am Beispiel der Erde und der Venus erarbeitet a3Erde a3Venus = = const. 2 2 TErde TVenus (3.1) Daraufhin wurde den Schülerinnen und Schülern erläutert, dass Kepler sich dieses empirisch gefundene Gesetz nicht erklären konnte. Eine mathematische Begründung erfolgte erst durch Newton. Überrascht erfuhren die Schülerinnen und Schüler, dass sie über den gleichen Kenntnisstand wie Newton verfügten und dass sie das 3. Keplersche Gesetz herleiten könnten. Der entscheidende Hinweis (Keplers Gesetze gelten für alle Ellipsenbahnen, also auch für Kreisbahnen mit r = a) wurde noch gemeinsam erarbeitet. Anschließend bekamen die Schülerinnen und Schüler den Arbeitsauftrag (Erarbeitung in 3er Gruppen, 10 Minuten Zeit) zur Herleitung des 3. Keplerschen Gesetzes (K3). Die Bearbeitung erfolgte zunächst in allen Gruppen schleppend. Einige Gruppen diskutierten zuerst die Bedeutung des Gesetzes und der Herleitung (z. B. ist es nicht toll, ’’ dass wir in kurzer Zeit ein physikalisches Gesetz herleiten können, wofür Newton Jahre brauchte und das Kepler nie herleiten konnte‘‘). Interessanterweise erkannten einige Gruppen die Relevanz der dynamischen Bedingung FZentripetal = FGravitation , während andere Gruppen zunächst die Bedeutung der kinematischen Formel v = 2πr/T registrierten. Zwei Gruppen erfüllten die Aufgabe innerhalb der vorgegebenen Zeit. Ein Schüler präsentierte seine Lösung γMSonne r3 = 2 T 4π 2 (3.2) an der Tafel. Im Rahmen der Lernzielkontrolle wurde überprüft, ob alle Schülerinnen und Schüler die physikalischen Aussagen der Formel erfassten. Dazu wurde nachgefragt, wieso dieses Ergebnis für alle Planeten im Sonnensystem gilt und was sich für die Bewegung des Mondes um die Erde ergibt bzw. was sich für ein anderes Planetensystem ergibt. Alle Fragen wurden von einer durchschnittlichen Schülerin richtig beantwortet. Zur Vertiefung des Stoffs wurde ein Arbeitsblatt mit vier Aufgaben zum 3. Keplerschen Gesetz ausgeteilt (siehe A.3.1). Eingeteilt in 3er-Gruppen sollten die Schülerinnen und Schüler jeweils eine Aufgabe bearbeiten (Bearbeitungszeit 5 Minuten, die Aufgaben wurden nach Leistungsstärke der Gruppen verteilt), ihre Lösungen auf einer Folie festhalten und in der nächsten Stunde präsentieren. Neben der Vertiefung des Lernstoffs 3.4 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 1. Teil 16 war dabei vor allem das Ziel, die Schülerinnen und Schüler auf die große Bedeutung des 3. Keplerschen Gesetzes als Waage‘‘ für Himmelskörper aufmerksam zu machen. ’’ Ähnlich zur vorangegangenen Stunde waren die Schülerinnen und Schüler auch in dieser Stunde gefordert und aktiv. Mehrmals konnten sie ihre Fähigkeiten erfolgreich in den Unterrichtsgang einbringen. Sie mussten Zusammenhänge erkennen, verschiedene physikalische Situationen beurteilen und ihre Ergebnisse kommunizieren und präsentieren. Da die mathematische Komplexität begrenzt ist, konnten sich schwächere Schülerinnen und Schüler sogar bei der Herleitung des 3. Keplerschen Gesetzes im Rahmen der Gruppenarbeit beteiligen. Verschiedenen Lösungswege spiegeln die Offenheit der Aufgabe wieder, was zu lehrreichen Schülerdiskussionen führte. 3.4 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 1. Teil Am Beginn der Stunde wurden die Keplerschen Gesetze wiederholt. Zur Lernzielkontrolle wurde die Bahn des Halleyschen Kometen besprochen. Die Schülerinnen und Schüler erkannten, dass der Komet aufgrund des 2. Keplerschen Gesetzes auf seinem 76 Jahre dauernden Umlauf nur relativ kurze Zeit innerhalb der Erdbahn verbringt (K4). Anschließend wurden die Lösungen des Arbeitsblatts (siehe A.3.1) besprochen. Jeweils ein Schüler einer Gruppe präsentierte die entsprechende Lösung. Eine Schülerlösung war fehlerhaft, d. h. es wurde als Bahnradius des Spionagesatelliten r = 500 km statt r = 6370 km+500 km benutzt. Die Gruppe hatte selbst Zweifel an ihrem Ergebnis, da sie die sich ergebende Umlaufzeit als zu klein empfand. In einer gemeinsamen Diskussion fanden die Schülerinnen und Schüler den Fehler sowie das Ergebnis T = 94 min. Nach ihrer Präsentation wurden die Schülerinnen und Schüler gefragt, ob man die mit Hilfe des 3. Keplerschen Gesetzes gewonnen Größen auch auf andere Weise hätte bestimmen können (K1). Im Fall der Umlaufzeit und des Bahnradius gaben die Schülerinnen und Schüler auch Beispiele für alternative Messungen an (z. B. Parallaxe). Sie brauchten jedoch einige Zeit um sich darüber klar zu werden, dass die Sonnenmasse nicht anders bestimmt werden kann. Die besondere Relevanz des 3. Keplerschen Gesetzes wurde dann mittels des bekannten Ausdrucks der Waage der Astronomen‘‘ betont. ’’ Im Weiteren wurde ein Punkt problematisiert, der den meisten Schülerinnen und Schülern nicht bewusst war. Auf die Frage wie denn die Informationen über weit entfernte Planeten bzw. Sterne zu uns kommen, kamen nur sehr zögernd einige Antworten (z. B. Raumsonden). Erst nach einiger Zeit fand ein Schüler mit dem Licht die richtige Antwort. Um diese Erkenntnis zu vertiefen, wurde auf eine bereits erfolgreich angewandte Aufgabe zurückgegriffen (siehe Abschnitt A.3.2 sowie [20]). Dabei handelt es sich um die fiktiven Aufzeichnungen eines Astronomen mit einigen Winkelangaben und Bahn- 3.5 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 2. Teil 17 daten des Jupiters sowie seiner Monde. Unter Ausnutzung einiger Grundkenntnisse der Geometrie, der Definition elementarer physikalischer Größen sowie des 3. Keplerschen Gesetzes ist es möglich, folgende Daten zu berechnen (K3 und K4): • den Bahnradius des Jupiters (Kreisbahn), • den Jupiterradius (Abstand Sonne-Erde war bekannt), • die Bahnradien der Monde Io und Ganymed, • die Bahngeschwindigkeiten von Jupiter, Io und Ganymed, • die Masse des Jupiters, • die Dichte des Jupiters, • den Ortsfaktor des Jupiters, • die Fluchtgeschwindigkeit des Jupiters. Neben der Vernetzung zur Mathematik sowie der Vermittlung der entsprechenden Kompetenzen ist das eigentliche Ziel dieser Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern die Arbeitsweise und Methodik von astronomischer Forschungsarbeit exemplarisch erfahrbar zu machen (siehe Abschnitt 2.1). Zu Beginn wurde mit den Schülerinnen und Schülern eine Skizze erarbeitet, die die gemessenen Winkel und die Konfiguration Sonne-Erde-Jupiter zum Zeitpunkt der Messung erläuterte. Die Aufgaben wurden in Form einer Gruppenarbeit (3er Gruppen) bearbeitet. Während der Stunde wurde auf diese Weise der Bahnradius und der Radius des Jupiters von den Schülerinnen und Schülern bestimmt und das Ergebnis an der Tafel gesichert. Die verbliebenen Punkte wurden als Hausaufgabe aufgegeben. Es wurde aber betont, dass es wichtiger sei den Weg zur Lösung als die Zahlenwerte selbst zu finden. 3.5 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 2. Teil Zur Sammlung der Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler wurde zu Beginn der Stunde gefragt, wie man Sonnen und Planeten wiegt. Ein Schüler bemerkte, dass es neben dem 3. Keplerschen Gesetz noch weitere Möglichkeiten zur Bestimmung von Planeten- bzw. Mondmassen geben müsse, da doch von allen Monden die Massen bekannt seien. Im Klassenverband wurde diese Frage diskutiert und auf kompliziertere Effekte und Wechselwirkungen wie Gezeitenkräfte hingewiesen. Danach wurde die Bearbeitung des zweiten Arbeitsblatts fortgesetzt. Die Schülerinnen und Schüler beschrieben jeweils den Weg zur Berechnung einer Größe. Auf diese Weise gelang es zügig die Bahnradien von Io und Ganymed sowie die Jupitermasse zu bestimmen. Da sich die Jupitermasse über die Bahndaten der Monde Io bzw. Ganymed bestimmen ließ, ergaben sich zwei verschiedene Lösungen. Auf die Frage welcher 3.5 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 2. Teil 18 Wert denn der richtige‘‘ sei, begann eine Diskussion. Eine Schülerin schlug vor, den ’’ Mittelwert zu nehmen. Ein anderer Schüler betonte, dass der Unterschied die Genauigkeit unserer Messung widerspiegelte. Ein weiterer Schüler erklärte den Unterschied mit dem Vorhandensein eines dritten Mondes, der den Umlauf der anderen Monde störe und so zu den Ungenauigkeiten beiträgt. Der Schüler erklärte diesen Punkt auf Nachfrage ausführlicher und seine Leistung wurde entsprechend hervorgehoben. Seine Äußerungen erlaubten es, auf die bekannte Geschichte der Entdeckung des Neptuns einzugehen, die eine Schülerin erklären konnte. Das Erkennen weiterer Möglichkeiten zur Bestimmung von Jupiterdaten fiel den Schülerinnen und Schülern sehr schwer. Von nahe liegenden Vorschlägen gingen sie schnell zu einer wilden Raterei über. Erst die Hilfestellung Kann man auf dem Jupi’’ ter spazieren gehen?‘‘ lenkte ihre Gedanken in die gewünschte Richtung. Ein Schüler schlug die Berechnung des Ortsfaktors vor. Obwohl eine analoge Rechnung bei der Besprechung des Cavendish-Experiments durchgeführt wurde, konnten die Schülerinnen und Schüler diese nur mit einiger Hilfestellung rekapitulieren. Den sich ergebenden Wert verglichen die Schülerinnen und Schüler mit dem Ortsfaktor der Erde und fanden den Unterschied überraschend klein. Ein Schüler erwartete, dass größere Planeten auch einen größeren Ortsfaktor haben müssten. Ein anderer erwiderte daraufhin, dass man da Äpfel mit Birnen‘‘ vergleichen würde und schlug stattdessen vor, die ’’ Dichten zu vergleichen. Überraschenderweise hielten alle Schülerinnen und Schüler den errechneten Wert ρJupiter = 1220 kg/m3 für gewaltig‘‘. Erst nach einer Umrechnung ’’ (ρJupiter = 1,22 g/cm3 ) und dem Vergleich mit Wasser erkannten die Schülerinnen und Schüler die richtige Bedeutung des Werts (K5 und K7). Ein guter Schüler schloss aus dem Ergebnis, dass der Jupiter gasförmig sein müsse. Die folgende Diskussion mit einem weiteren Vergleich zur Erddichte (ρErde = 5,52 g/cm3 ) erfolgte praktisch ohne Beteiligung des Lehrers. In dieser Phase beteiligten sich fast alle Schülerinnen und Schüler an der Diskussion. Viele waren beeindruckt, wie viele Größen sich aus den angegebenen Daten bestimmen ließen. Dass man aus ein paar Winkelmessungen‘‘ auf die Struktur ’’ eines Planeten schließen konnte faszinierte alle. Die letzten Minuten der Stunde wurden für ein Freihand-Experiment genutzt (siehe Experiment A.7.2). Durch Drehen einer mit Wasser gefüllten Flasche wurde darin ein Wasserwirbel erzeugt, so dass das Wasser ca. zweimal schneller ausfließen konnte als ohne Drehung (die entsprechenden Zeiten wurden von je zwei Schülern mit Stoppuhren gemessen). Vergleiche mit Tornados motivierten bei den Schülerinnen und Schülern die Erkenntnis, dass derartige Wirbelstrukturen auf die Existenz starker Temperaturunterschiede hinweisen. Daraufhin bemerkte ein Schüler, dass es auf dem Jupiter einen bekannten Wirbelsturm gibt. Daher müssten in der Jupiteratmosphäre entsprechend große Temperaturdifferenzen herrschen (K4). Dieser Punkt wurde in einer Diskussion 3.5 Unterrichtsstunde: Aufzeichnung eines Astronomen 2. Teil 19 anhand einer Folie (siehe Abbildung 7) vertieft. Abschließend wurde auf die Existenz eines neuen roten Flecks in der Jupiteratmosphäre hingewiesen, der erst kürzlich mittels des Hubble-Teleskops untersucht wurde. Blickt man auf die beiden vorangegangenen Stunden zurück, ergeben sich ambivalente Schlussfolgerungen. Zu Beginn waren alle Schülerinnen und Schüler interessiert und bearbeiteten die Aufgaben aktiv. Die in der zweiten Stunde durchgeführte Besprechung der in Form einer Hausaufgabe erfolgten Rechnung verlief zunächst weniger lebhaft. Schwächere Schülerinnen und Schüler verfolgten zwar den Unterricht, verhielten sich aber passiv. Erst bei der anregten Diskussion der Jupiterdichte und der sich daraus ergebenden Struktur des Jupiters beteiligten sie sich wieder am Unterricht. Alle Schülerinnen und Schüler faszinierte, an einem Beispiel zu erleben‘‘, wie Astronomen ’’ aus wenigen Messdaten auf die Struktur und Gestalt weit entfernter Himmelskörper schließen können. Die dazu nötige Ausdauer bringen aber nur interessierte und leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler auf. Eine leistungsschwächere Schülerin bemerkte nach der Stunde, dass die Ergebnisse sehr spannend gewesen seien, dass sie den langen und mühseligen‘‘ Weg zur Herleitung auch für notwendig hielt, aber die dafür ’’ notwendige Geduld und Ausdauer nicht aufbringe. Im Sinne der modernen Didaktik handelt es sich bei der Aufgabe um ein schönes Beispiel für das so genannte entdeckende Lernen‘‘. Den Schülerinnen und Schülern ’’ wird Raum gegeben um in internen Diskussionen verschiedene Aspekte des Jupiters selbstständig zu erarbeiten. Der zeitliche Aufwand für die selbstständige Bearbeitung und anschließende Präsentation ist jedoch enorm. Die gesamte Durchführung erstreckte sich in der leistungsstarken Klasse über mehr als 60 Minuten. Vor mehr als einem Vierteljahrhundert benötigte ein Astronomie-Grundkurs für den de facto identischen Arbeitsauftrag weniger als die Hälfte der Zeit (siehe [20]). Der Unterschied stimmt bedenklich. In der üblichen, vorurteilsbehafteten Sichtweise wurden die damaligen Schülerinnen und Schüler im lehrerzentrierten Unterricht dazu getrieben, die Aufgaben in roboterartiger Routine abzuarbeiten. Dagegen soll es sich bei unseren heutigen Schülerinnen und Schülern um flexible, selbstständig agierende Problemlösungsexperten handeln, die sich in einem schüleraktivierten Unterricht mit nur moderierendem Lehrer einen Werkzeugkasten aneignen und diesen autonom anwenden. In der Realität benötigen die Schülerinnen und Schüler des 21. Jahrhunderts jedoch enorm viel Zeit und Ressourcen um sich z. B. die elementaren Grundkenntnisse der Trigonometrie immer wieder zu vergegenwärtigen. Es gibt aber auch positive Parallelen. Damals wie heute waren die Schülerinnen und Schüler begeistert über ihren selbstständigen Erkenntnisgewinn. Zusammenfassend ist zu bemerken, dass die Aufgabe hervorragend geeignet ist, um den Schülerinnen und Schülern die Vorgehensweise, die damit verbundene Mühsal, aber auch die Faszination von astronomischer Forschung zu vermitteln. In der gewählten 3.6 Unterrichtsstunde: Dunkle Materie 20 Gruppenarbeit und der anschließenden Präsentationsphase mussten die Schülerinnen und Schüler untereinander kommunizieren und die eigenen Gedankengänge erläutern. Jedoch ist sowohl die Anforderung an die Schülerinnen und Schüler als auch der Zeitaufwand sehr hoch. Daher kann diese Aufgabe nur in leistungsstarken Klassen durchgeführt werden. Die selbstständige Bearbeitung in einer durchschnittlichen bzw. schwächeren Klasse wird nicht empfohlen. Eventuell könnte dort die Bearbeitung in einer gelenkteren Unterrichtsform, z. B. im fragend-entwickelnden Unterricht erfolgen. 3.6 Unterrichtsstunde: Dunkle Materie Zu Beginn der Stunde wurde im Rahmen der Binnendifferenzierung ein Referat über die Roche-Zone an einen interessierten Schüler verteilt. Danach wurden die über den Planeten Jupiter gewonnenen Ergebnisse wiederholt. Anhand von Abbildung 7 wurde zusätzlich die sichtbare Abweichung des Jupiters von der Kugelgestalt untersucht. Einige Schülerinnen und Schüler schlossen auf eine starke Eigenrotation des Jupiters (K1). Das Experiment zur Abplattung rotierender Stahlbänder, das ihnen schon aus der Unterrichtseinheit Kreisbewegungen bekannt war, war ihnen bei der Argumentation hilfreich (siehe Experiment A.7.3). Mit einem scheinbar aus dem Kontext gelösten Freihand-Experiment (siehe Experiment A.7.4) wurde die nächste Unterrichtsphase eröffnet: Wie kann ich ein rohes von ’’ einem gekochten Ei unterscheiden?‘‘ Nach kurzer Diskussion hatten die Schülerinnen und Schüler die ihnen bereits bekannte Lösung rekapituliert, die auf der Trägheit des flüssigen Ei-Inneren bei einem plötzlichen Stopp der Rotationsbewegung beruht. Dagegen war ihnen das Aufrichten des gekochten Eis (starrer Körper) bei einer schnellen Drehung sowie die sich anschließende sehr gleichmäßige Rotationsbewegung unbekannt. Die folgende Diskussion des Effekts in Form eines Unterrichtsgesprächs beschränkte sich auf eine Stabilitätsanalyse der gleichmäßigen Rotation ( Warum kann das rohe Ei das ’’ nicht?‘‘). Wieso die Rotation um die größte Achse ein Attraktor der Bewegung ist, d. h. wieso sich das gekochte Ei überhaupt aufstellt, wurde von den Schülerinnen und Schülern nicht gefragt. Der Transfer dieses Effektes auf das Thema Planetenbewegung gelang mehren Schülerinnen und Schülern mühelos (K4). Die Frage welche Planeten (insbesondere die Erde) sich wie rohe und welche Planeten sich wie gekochte Eier verhalten, beantworten fast alle richtig. An dieser Stelle konnte auf ein Ergebnis der aktuellen Forschung verwiesen werden. Im Mai 2007 behandelte eine Titelgeschichte der Zeitschrift Science die Torkelbewegung des Merkurs, woraus auf einen geschmolzenen Kern geschlossen wurde (siehe Abbildung 8 und Abbildung 9 sowie [21]). Ähnlich wie bei der Betrachtung des Jupiters waren die Schülerinnen und Schüler erstaunt, dass man die innere Struktur eines Planeten erkennen kann, ohne dorthin zu fliegen‘‘. Auf ’’ 3.6 Unterrichtsstunde: Dunkle Materie 21 die Frage wieso dies überhaupt möglich sei, begann eine rege Diskussion, die ein guter Schüler mit der Feststellung beendete, dass physikalische Gesetze universell seien und damit für Eier genauso gelten wie für Planeten‘‘ (K1 und K5). ’’ Danach wurde die Betrachtung der Planetensysteme abgeschlossen und die Galaxiebetrachtung mit einem Bild der Astronomin Vera Rubin eröffnet (siehe Abbildung 10). Keiner hatte je von einer Astronomin gehört und so waren alle überrascht, dass das nächste Thema Forschungsergebnisse einer Astronomin behandelte. Anhand von Abbildung 11 wurde zunächst die typische Struktur von Spiralgalaxien diskutiert. Im Gegensatz zu Planeten und Planetensystemen hatten die Schülerinnen und Schüler praktisch keine Vorkenntnisse über Galaxien. So wurden ihnen grundlegende Daten (Spiralarme, Position der Sonne, Entfernung zum galaktischen Zentrum etc.) in Form eines kurzen Lehrervortrags vermittelt. Eine Schülerin schloss aufgrund der Spiralarmstruktur auf eine Kreisbewegung der Galaxie (K1). Die entsprechende Dauer eines galaktischen ’’ Jahres‘‘ sollten die Schülerinnen und Schüler dann in einer Einzelarbeit bestimmen. Diese Aufgabe diente auch dazu, sie mit den typischen astronomischen Größen auf galaktischen Skalen vertraut zu machen (z. B. die Umrechnung von Lichtjahren in Metern, K5). Danach sollten sie beurteilen, ob die galaktische Umlaufzeit von ca. 220 Mio. Jahren relevant ist. Zunächst waren alle der Meinung, dass dies unerheblich sei. Die Tatsache, dass unser Sonnensystem und somit auch unsere Erde schon mehrmals die Galaxie umrundet hat, erstaunte sie sehr1 . Den Schülerinnen und Schülern wurde mitgeteilt, dass eine Messung im sichtbaren Bereich eine Masse im Inneren der Sonnenbahn von ca. M ≈ 1010 M ergibt (siehe Abbildung 11). Die explizite Durchführung einer derartigen Messung wurde mit ihnen besprochen. Dann bestimmten sie in einer Partnerarbeit die Masse eines fiktiven Zentralgestirns, das die Sonne auf dieser Umlaufbahn halten kann (K3). Die dazu benötigte Masse von M ≈ 1011 M stimmt mit der Messung nicht überein. Einige Schüler erkannten, dass unser Sonnensystem, und damit eigentlich alle Sterne, nach außen katapultiert werden müssten. Damit wären die Galaxien nicht stabil. Angeregt durch diesen kognitiven Konflikt diskutierten die Schülerinnen und Schüler mögliche Ursachen dieser widersprüchlichen Ergebnisse. Dabei stellten sie Hypothesen auf, die die offensichtliche Stabilität der Galaxien erklären würden (K2). Hier machte sich die ausgeprägte Diskussionsfreudigkeit der Klasse positiv bemerkbar. Typischen Antworten wie Messfehler‘‘ ’’ wurde entgegnet, dass es sich um ein Massendefizit von 90% handelt. Erst die wiederholte Aufforderung den Text genauer durchzulesen, machte einen guten Schüler auf den Punkt im sichtbaren Bereich‘‘ aufmerksam (siehe Abbildung 11). Daraus schloss ’’ er direkt, dass 90% der Materie unsichtbar, also dunkel‘‘ sein müssten. Dieses Ergeb’’ 1 Kontrovers diskutierte aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das Erdklima durch die Galaxieumrundung beeinflusst ist [22]. 3.7 Unterrichtsstunde: Das galaktische Zentrum 22 nis wurde gesichert, und die Schülerinnen und Schüler wurden gefragt, welche Form die Dunkle Materie haben könnte. Typische Antworten waren Gase, Planeten, Wolken bzw. Schwarze Löcher (K11). In einem kurzen Lehrervortrag wurde erläutert, dass es sich nach dem Stand der Forschung um unbekannte Elementarteilchen handelt. Rückblickend kann diese Stunde als gelungen angesehen werden. Bei der Diskussion des Freihand-Experiments zur Torkelbewegung des Merkurs waren alle Schülerinnen und Schüler aktiv beteiligt. Genauso attraktiv für Schülerinnen und Schüler ist die Betrachtung der Dunklen Materie anhand der Galaxiebewegung. Diese einfache Anwendung des 3. Keplerschen Gesetzes auf die Bewegung der Sonne um die Galaxie eröffnet ihnen ungeahnte Kenntnisse. In beiden Fällen fühlten sich die Schülerinnen und Schüler herausgefordert, aktiv an der Lösung des entsprechenden Problems teilzunehmen. 3.7 Unterrichtsstunde: Das galaktische Zentrum Als Wiederholung und zur Lernzielkontrolle wurde zu Beginn der Stunde die Frage gestellt, was Dunkle Materie ist und wozu sie notwendig ist. Die Schülerinnen und Schüler beantworteten die Fragen korrekt und stellten selbst noch weitere Fragen zur Natur und Struktur der Dunklen Materie. Da die astronomische Betrachtung des galaktischen Zentrums hauptsächlich im Bereich der Infrarot- und Röntgenstrahlung erfolgt, wurde zu Beginn die Frage gestellt, ob das sichtbare Licht das Einzige ist, was von den Sternen zu uns kommt. Die Schülerinnen und Schüler hatten hier Vorkenntnisse und konnten nicht nur Infrarot-, Ultraviolettund Röntgenstrahlung aufzählen, sondern auch einige Eigenschaften erklären. Eine vorbereitete Folie war bei diesen Erläuterungen hilfreich und diente zusätzlich als Überleitung zur Astronomie (siehe Abbildung 12). Ein Bild zeigt die Venus bei verschiedenen Wellenlängen. Im Gegensatz zum sichtbaren Bereich gelingt es im infraroten Bereich, durch die dichte Atmosphäre die Oberfläche der Venus zu betrachten. Danach wurde den Schülerinnen und Schülern eine Folie gezeigt, die die Milchstraße von der Erde aus im optischen Wellenlängenbereich zeigt (siehe Abbildung 13). Sie sollten zunächst erklären (K1), was sie erkennen (z. B. einzelne Sterne, starke Wolken im Zentrum). Sie waren insbesondere enttäuscht darüber, nicht ins Zentrum schauen zu können. Dieser Drang zum Zentrum‘‘ wurde im folgenden genutzt um die Aufmerk’’ samkeit der Schülerinnen und Schüler zu fesseln. Ein Schüler fragte, ob man nicht mit Hilfe von Infrarotstrahlung wie bei der Venus durch die Wolken‘‘ blicken könne (K4). ’’ Daraufhin wurde die gesamte Folie gezeigt. Der Reihe nach beschrieben einige Schüler die Milchstraße im infraroten Bereich, im Bereich starker Röntgen- bzw. GammaStrahlung sowie im Radiobereich. Dass Wolken für Radiowellen durchlässig sind, erklärten sich die Schülerinnen und Schüler selbst (K4). Insbesondere die punktartige, 3.8 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 1. Teil 23 extrem starke Röntgenquelle im Zentrum der Galaxie erregte die Neugier vieler Schülerinnen und Schüler. Bevor die Frage des galaktischen Zentrums vollständig in den Vordergrund gerückt wurde, wurde noch von einer Schülerin die Frage aufgeworfen, wie die entsprechenden Aufnahmen gemacht wurden. Einige erkannten, dass es sich erstens um ein großes Puzzle‘‘ und zweitens um das Ergebnis von jahrelanger Forschungsarbeit ’’ handeln müsse. Einzelne waren tief beeindruckt von dieser enormen Leistung‘‘. ’’ Danach wurde ein Film über Sternbewegungen um Sagittarius A∗ gezeigt [23]. Dabei berechneten die Schülerinnen und Schüler zunächst den Vergrößerungsfaktor beim Wechsel der Skala (von 100000 Lj zu 10 Lichttagen). Bei der Betrachtung der einzelnen Sterne bemerkten sie, dass Sagittarius A∗ nicht zu sehen ist. Daraus schlossen sie, dass es sich bei Sagittarius A∗ nicht um einen üblichen Stern handeln könne. Daraufhin wurden die Schülerinnen und Schüler gefragt, ob man trotzdem etwas über Sagittarius A∗ aussagen könne. Nach einer Diskussion kam ein Schüler auf die Idee, die Masse aus den Bahndaten (die Umlaufzeit ist im Film angegeben, der Bahnradius kann abgeschätzt werden) des umlaufenden Sterns mit Hilfe des 3. Keplerschen Gesetzes zu bestimmen (K5). Bei der anschließenden Bestimmung der Masse hatten einige Schülerinnen Schwierigkeiten die Lichttage in Meter umzurechnen. Nach einiger Zeit lösten sie dieses Problem ohne die Hilfe des Lehrers. Ein Schüler schrieb seine Lösung an die Tafel (MSgrA∗ = 5,06 · 1036 kg). Aufgrund von Zeitmangel (die regen Diskussion über die Galaxiebilder in verschiedenen Wellenlängenbereichen dauerte länger als erwartet) wurde die Frage nach einem geeignetem Vergleich dieser Masse zur Hausaufgabe aufgegeben. Die zurückliegende Stunde stellt einen der Höhepunkte der Unterrichtseinheit dar. Nach einigen Erläuterungen zum Film (Hinweise zum Infrarotspektrum) kann sich der Lehrer immer mehr zurücknehmen und den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, die physikalische Analyse selbstständig durchzuführen. Die Schülerinnen und Schüler waren in dieser Phase äußerst aktiv und interessiert. So diskutierten einige von ihnen noch nach dem Ende der Stunde im Physikraum und wollten gleich ausrechnen, wie viele Sonnenmassen Sagittarius A∗ wiegt. Auch in leistungsschwächeren Klassen ist der oben beschriebene Ablauf im Prinzip möglich. Hier könnte die Betrachtung und Diskussion der Galaxie in verschiedenen Wellenlängenbereichen gestrafft werden. Das selbstständige Auffinden des Lösungswegs und der Masse von Sagittarius A∗ verliert dadurch nicht seine Faszination für die Schülerinnen und Schüler. 3.8 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 1. Teil Nach einer kurzen Wiederholung des Stoffs der vorangegangenen Stunde wurde die Hausaufgabe kontrolliert. Alle Schülerinnen und Schüler haben den Vergleich mit der Sonnenmasse gewählt und für die Masse von Sagittarius A∗ ca. 2,5 · 106 M erhalten. 3.8 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 1. Teil 24 In der anschließenden Diskussion über das Ergebnis vermuteten einige Schülerinnen und Schüler, dass es sich um ein Schwarzes Loch handelt. Auf die Frage, was sie über Schwarze Löcher wissen, ergaben sich folgende Antworten: • sehr große Masse, • Licht wird festgehalten‘‘ bzw. verschluckt‘‘, ’’ ’’ • Akkretionsscheibe, • Ursprung ist ein Stern der zusammenfällt‘‘, ’’ • extrem hohe Dichte, • Weißer Zwerg, • unbekanntes Material, • Ursache der Röntgenstrahlung ist unbekannt. Der letzte Punkt wurde aufgrund des Einwands eines Schülers aufgeführt, dass die starke Röntgenstrahlung von Sagittarius A∗ im Widerspruch zur Eigenschaft verschluckt ’’ Licht‘‘ steht. Im Vergleich zur Frage 5 des Eingangstests (siehe Anhang A.2) haben die Schülerinnen und Schüler zusätzlich die hohe Dichte, die unbekannte Struktur der Materie im Schwarzen Loch und den Begriff des Weißen Zwergs erwähnt. Darüber hinaus beschrieb eine Schülerin die Akkretionsscheibe um das eigentliche Schwarze Loch. Es stellte sich heraus, dass sich einige Schülerinnen und Schüler aus Eigeninitiative im Internet über Schwarze Löcher informiert hatten. Danach wurde gefragt, aus welchem der aufgeführten Punkte sich unser Verständnis über Schwarze Löcher erweitern ließe. Dazu wurden verschiedene Vorschläge diskutiert und verworfen. Schließlich blieb nur der Punkt verschluckt Licht‘‘ übrig. Gelenkt durch ’’ die Frage, Was passiert, wenn ich auf der Oberfläche eines Schwarzen Lochs mit einer ’’ Taschenlampe in den Himmel strahle?‘‘, kam ein Schüler auf die entscheidende Idee. Er erklärte den anderen Schülerinnen und Schülern in einer bemerkenswert präzisen Formulierung, dass bei einem Schwarzen Loch die Fluchtgeschwindigkeit größer sei als ’’ die Lichtgeschwindigkeit‘‘ (K1). Dieses Ergebnis wurde direkt an der Tafel festgehalten. Aufgrund der abstrakten Argumentationskette zur Herleitung des SchwarzschildRadius wurde die entsprechende Unterrichtsphase im fragend-entwickelnden Unterricht durchgeführt. Die Argumentationskette wurde anhand eines Tafelbilds visualisiert (siehe Tafelbild A.6.1), damit der Übergang von der kinematischen Bedingung vFlucht > c zur geometrischen Bedingung rSR > r auch für schwächere Schülerinnen und Schüler verständlich ist. Zwischenzeitlich sollten die Schülerinnen und Schüler die Dimensionsanalyse 2γM = m (3.3) c2 durchführen, um die Definition des Schwarzschild-Radius zu motivieren. Ein guter Schüler erkannte, dass es nur noch auf den Radius ankommt‘‘ (K3). Damit alle Schüle’’ 3.9 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 2. Teil 25 rinnen und Schüler diesen Punkt verinnerlichten, wurden beide Ungleichungen (rSR < r und rSR > r) veranschaulicht. Dazu wurden die Schwarzschild-Radien zweier Massen M gezeichnet (rote Kreise im Tafelbild A.6.1), und die Schülerinnen und Schüler sollten die Skizzen mit den realen Radien eines Schwarzen Lochs und einer normalen‘‘ Masse ’’ ergänzen (K3). Ein Schüler formulierte einen Merksatz, der Schwarze Löcher als eine Komprimierung einer Masse unterhalb des Schwarzschild-Radius beschreibt (siehe Merksatz A.4.9). Da dieser Punkt für den folgenden Unterrichtsgang grundlegend ist, wurde zur Lernzielkontrolle eine Gruppenarbeit durchgeführt. Die Schülerinnen und Schüler berechneten den Schwarzschild-Radius von Sagittarius A∗ (ca. 0.05 AE), der Sonne (ca. 3 km), und der Erde (ca. 9 mm). Die richtigen Ergebnisse und die staunenden Gesichter beim Auffinden bzw. Vortragen der Zahlenwerte zeigten, dass fast alle die physikalische Bedeutung des Schwarzschild-Radius erkannt hatten. Einige Schülerinnen und Schüler äußerten ihre Faszination über die Tatsache, dass sie mit ihren schulischen Mitteln in der Lage seien, die Größe eines Schwarzen Lochs zu bestimmen. Die Gleichungen und Ergebnisse würden in Wikipedia stehen‘‘ und jetzt könnten sie es sogar verstehen‘‘. ’’ ’’ Der Schwierigkeitsgrad dieser Stunde bestand weniger in der mathematischen Herleitung, sondern in der zunächst abstrakten Einführung des Schwarzschild-Radius. Unterstützt durch die Form des Tafelbilds gelang es, den Begriff und seine Bedeutung unmittelbar zu veranschaulichen. So konnte den Schülerinnen und Schülern eine physikalisch korrekte Vorstellung von einem Schwarzen Loch als Licht verschluckendes ’’ Objekt‘‘ vermittelt werden, die als Grundlage für die folgenden Stunden diente. 3.9 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 2. Teil Da ein Schüler in der vorangegangen Stunde gefehlt hatte, sollten ihm die übrigen Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer Lernzielkontrolle erklären, was Schwarze Löcher sind. In einer Diskussion untereinander erläuterten sie den entscheidenden Begriff des Schwarzschild-Radius (K1). Ein Schüler berichtete, dass sie untereinander erörtert hatten, ob Gegenstände innerhalb des Schwarzschild-Radius durch Lichtstrahlen von außerhalb beleuchtet werden. Dieser Gedanke wurde aufgenommen und mit den Schülerinnen und Schülern diskutiert. Danach wurde eine Folie mit den von den Schülerinnen und Schülern genannten Stichpunkten zum Begriff Schwarze Löcher gezeigt (siehe Abschnitt 3.8 sowie Abbildung 14). Die Folie diente im Folgenden als Agenda für die noch zu behandelnden Themen. Zunächst wurde der Punkt Akkretionsscheibe angesprochen. Dazu wurde ein Film gezeigt, der den Sturz eines Sterns in ein Schwarzes Loch in einer Animation zeigt [24]. Die Schülerinnen und Schüler beschrieben insbesondere den Vorgang des 3.9 Unterrichtsstunde: Schwarze Löcher 2. Teil 26 Zerreißens‘‘ des Sterns. Mit geringer Lenkung durch den Lehrer erkannten sie die ’’ Gezeitenkräfte als Ursache. Diese wurden am Beispiel von Ebbe und Flut erläutert. Diese Kenntnisse konnten die Schülerinnen und Schüler danach auf einen fiktiven Sturz einer Person in ein Schwarzes Loch anwenden (K4). In Form eines kurzen Lehrervortrags wurde erklärt, dass es beim Sturz der Bruchstücke ins Schwarze Loch zu starken Röntgen-Emissionen in der Nähe des Schwarzschild-Radius kommt. Die beiden Ergebnisse wurden festgehalten und die entsprechenden Punkte ( Akkretion‘‘ und Ursache ’’ ’’ der Röntgenstrahlung‘‘) abgehakt. Die Schülerinnen und Schüler entschieden sich dafür, als nächstes den Punkt ex’’ trem hohe Dichte‘‘ zu untersuchen. Da sie mit der Masse und dem Schwarzschild-Radius alle notwendigen Informationen hatten, sollten sie die minimale Dichte eines Schwarzen Lochs von der Masse der Sonne berechnen. Bei der Erarbeitung kam es zu einem Schüler-Gespräch über die Formel zur Berechnung des Kugelvolumens (V ∝ r2 oder V ∝ r3 ). Mittels eines Dimensionsarguments konnte ein Schüler das Problem lösen. Ein weiterer Schüler schrieb die Lösung an die Tafel. In der folgenden Unterrichtsphase sollten die Schülerinnen und Schüler die sich ergebende Dichte2 kg ρSL,M = 1,8 · 1019 3 m (3.4) anhand von Vergleichen einordnen und auf die Struktur der Materie jenseits des Schwarzschild-Radius schließen. Der Vergleich mit anderen Himmelskörpern (z. B. Jupiter und Erde) wurde von ihnen als ungeeignet erkannt, genauso die weiteren Vergleiche mit schweren Elementen (Quecksilber und Uran). Erst die Frage, woraus denn all diese Materie besteht, öffnete den Blickwinkel der Schülerinnen und Schüler. Unter Ausnutzung von Kenntnissen über Atome und Atomkerne aus der Chemie (K11) erkannten sie, dass Atomkerne von enormer Dichte sein müssten. Daraufhin schätzten sie die Dichte der Atomkerne (mKern ≈ 1 u und rKern ≈ 1 fm) ab (K5) ρKern = 4 · 1017 kg . m3 (3.5) Ein durchschnittlicher Schüler schloss aus dem Vergleich der beiden Dichten, dass es sich bei dem Schwarzen Loch nicht um Kernmaterie handeln könne. Des weiteren stellte er die Vermutung an, dass die Form‘‘ der Materie unbekannt sein müsse, da es ’’ ’’ nichts gibt, was dichter als Atomkerne sei‘‘ (K11). Diese Argumentation überzeugte alle anderen Schülerinnen und Schüler und das Ergebnis wurde festgehalten. Zum Ende der Stunde wurde ein Tondokument über die Entdeckung und Beobachtung der Supernova SN1987A vorgespielt [25]. Die Schülerinnen und Schüler sollten sich Notizen über das Ereignis machen und Daten festhalten, die uns bei der Betrachtung 2 Um den mathematischen Aufwand zu reduzieren wurden die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, die Dichte extrem komprimierter Materie in den Basiseinheiten anzugeben. 3.10 Unterrichtsstunde: Ein Sternenleben 1. Teil 27 von Schwarzen Löchern weiterhelfen könnten. In der anschließenden Sammlung führten sie folgende Punkte an • Supernova, explodierender Stern, • Brennstoff verbraucht, • innerer Druck fehlt‘‘, ’’ • Explosion der Hülle ist unklar‘‘, ’’ • Weißer Zwerg, • 170000 Lj Entfernung, • weitere Supernova 1604, • extrem hell, sichtbar. Auf den letzten Punkt wurde noch in der Stunde eingegangen. Eine Aufnahme der entsprechenden Himmelsregion vor und nach der Supernova SN1987A faszinierte die Schülerinnen und Schüler (siehe Abbildung 15). Diese Unterrichtsstunde erlaubte den Schülerinnen und Schülern, ihr Wissen aus verschiedenen Kontexten (Chemie, Atom- und Kernphysik) zu vernetzen, den ihnen gegebenen Raum auszunutzen und eigenständig Schlussfolgerungen zu ziehen. Wieder führten kleinere mathematische Betrachtungen (hier Dichteberechnungen) zu neuen überraschenden Erkenntnissen. Die Schülerinnen und Schüler waren sehr aktiv und diskussionsfreudig und fühlten sich im positiven Sinne herausgefordert. 3.10 Unterrichtsstunde: Ein Sternenleben 1. Teil Zu Beginn dieser Stunde hielt ein Schüler im Rahmen der Binnendifferenzierung ein Referat (ca. 20 Minuten) über die Roche-Zone der Mond- bzw. Ringbildung. Der Schüler hatte zur Vorbereitung entsprechende Kopien aus [26] erhalten und präsentierte den Sachverhalt anhand von Folien (siehe Abbildung 17 und Abbildung 18). In freier Rede referierte der Schüler über die Behandlung der Gezeitenkräfte, unterbrochen nur durch Fragen der anderen Schülerinnen und Schüler. Erfreulich war, dass es der vortragende Schüler verstand, die Physik hinter den mathematischen Gleichungen verständlich darzustellen und das in seinen Worten knackige Endergebnis‘‘ klar heraus zu arbei’’ ten. Seine Begeisterung für das Thema übertrug sich auf die anderen Schülerinnen und Schüler, die erstaunt waren, wie leicht verständlich die Existenz von Planetenringen ist. Danach wurde zum eigentlichen Thema der Stunde, der Sternentwicklung, übergeleitet. Vorangegangene Bemerkungen der Schülerinnen und Schüler hatten gezeigt, dass sie zwar einzelne Details der Sternentwicklung kennen, diese aber weder kausal noch zeitlich richtig einordnen können. Für die folgende Phase bot sich daher ein fragendentwickelnder Unterricht an, da dieser eine effektive Anwendung und Strukturierung des 3.11 Unterrichtsstunde: Ein Sternenleben 2. Teil 28 Vorwissens der Schülerinnen und Schüler erlaubt. Anhand eines geeigneten Tafelbilds wurden ihre Kenntnisse geordnet (siehe Anhang A.6.2). Insbesondere für schwächere Schülerinnen und Schüler ist eine derartige Veranschaulichung der abstrakten Sternentwicklung hilfreich. Nachdem die Schülerinnen und Schüler in der vorangegangenen Stunde ein Tondokument über das Ende eines Sterns gehört hatten, wurden sie zum Einstieg gefragt, wie sie sich den Beginn eines Sterns vorstellen. Eine typische Antwort war, dass sich Brennbares ansammelt‘‘. Woraus das Brennbare besteht, wie es sich ansammelt, und ’’ wie es brennt war den meisten Schülerinnen und Schülern völlig unklar. Verschiedene Schüler konnten hier an unterschiedlichen Stellen einige Details vortragen. Insbesondere wusste ein Schüler, dass in Sternen Wasserstoff zu Helium fusioniert, was einen Gegendruck‘‘ zur Gravitation erzeugt. Kenntnisse aus der Kernphysik konnten hier ’’ erfolgreich durch die Schülerinnen und Schüler angewandt werden. Ein weiterer Schüler wusste, dass sich Sterne aus Wasserstoff-Staub‘‘ bilden. Als allein wirkende Kraft für ’’ die Akkretion erkannte eine Schülerin die Gravitation. So konnten die ersten Phasen der Sternentwicklung (Akkretion, Zündung der Fusion, stabiler Stern) beschrieben werden. Aus der Analyse des Tondokuments [25] konnten sich die Schülerinnen und Schüler die weitere Entwicklung des Sterns (Versiegen des Brennstoffs, Wegfall des Gegen’’ drucks‘‘, Gravitationskollaps) selbstständig erschließen. Wie aus der Auswertung zu erwarten war, verstanden sie aber die Explosion der äußere Sternenhülle nicht. Hier half ein Freihand-Experiment weiter (siehe Experiment A.7.5). Mit Hilfe des Astroblasters können die Gesetze der Impuls- und Energieerhaltung bei einem vollständig elastischen Stoß veranschaulicht werden. Die Gesetze waren Gegenstand der vorangegangenen Unterrichtseinheit Erhaltungssätze und wurden von den Schülerinnen und Schülern korrekt und zügig auf die Supernova-Explosion übertragen (K8). So erkannte ein Schüler die Analogie zwischen der nach außen abnehmenden Dichte des Sterns und der Größe der Kugeln des Astroblasters (K4). Dass es bei einer solchen Hüllenexplosion zu einer enormen Leuchterscheinung kommt, wurde in einem Lehrervortrag ergänzt. Eine Schülerin erkannte, dass damit die Sternentwicklung bis auf den Restkern bekannt sei. Die Erörterung des verbleibenden Problems wurde als Thema der nächsten Stunde benannt. Einige Schülerinnen und Schüler spekulierten noch nach der Stunde, ob es sich dabei um Schwarze Löcher handelt. 3.11 Unterrichtsstunde: Ein Sternenleben 2. Teil Zu Beginn der Stunde wiederholte ein Schüler die Sternentwicklung von der Entstehung aus einer interstellaren Wolke bis zur Supernova. Dabei wurde Wert darauf gelegt, die Stabilität des leuchtenden Sterns aufgrund des Gleichgewichts zwischen der Gravitation 3.11 Unterrichtsstunde: Ein Sternenleben 2. Teil 29 und dem Strahlungsdruck korrekt zu beschreiben. Die Schülerinnen und Schüler stellten Vermutungen darüber an, was aus dem Restkern nach der Supernova wird. In einem Lehrervortrag wurde den ihnen erklärt, dass der Stern bei hinreichend kleiner Masse M 0 (unterhalb der Chandrasekhar-Grenze d. h. M 0 < 1,4M ) zu einem Weißen Zwerg kollabiert [8]. Ihnen wurde darüber hinaus die Information gegeben, dass es sich zwar um extrem dichte Materie, aber anschaulich immer noch um atomare Materie mit getrennten Kernen und Elektronen handelt. In einem Unterrichtsgespräch wurde mit ihnen erarbeitet, dass die Abstoßung der Elektronen eine Gegenkraft zur Gravitation verursacht, die den Weißen Zwerg stabilisiert. Schließlich wurde die Größenordnung der Temperatur des Weißen Zwergs angegeben Auf einer Folie mit einem Himmelsausschnitt konnten die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass Weiße Zwerge häufig auftreten (siehe Abbildung 19). Danach wurde gefragt was passiert, wenn die Masse M 0 immer größer würde. Die Schülerinnen und Schüler formulierten, dass die Elektronenhüllen immer mehr zusammengedrückt werden würden, bis sie in die Kerne gepresst werden würden‘‘ (K11). ’’ Aus dieser Erkenntnis konnten sie sukzessive weitere Schlüsse ziehen (K4), die analog zum Weißen Zwerg strukturiert wurden (siehe Tafelbild in Anhang A.6.3) Ein sehr guter Schüler erkannte, dass sich so etwas wie Neutronen bilden‘‘ müssten. Daraufhin ’’ erinnerte sich ein anderer Schüler daran, den Begriff Neutronenstern gelesen zu haben. Auf die Frage, wie sie sich dieses Gebilde vorstellten, antwortete ein Schüler eigentlich ’’ wie ein sehr großer Kern aus Neutronen‘‘. Eine Schülerin bemerkte, dass es dann auch die Dichte von Atomkernen haben müsste. Auf diese Weise schlossen die Schülerinnen und Schüler, gering gelenkt durch den Lehrer, auf die Eigenschaften von Neutronensternen. Die entsprechende Temperatur wurde ihnen noch angegeben. Sie vermuteten richtigerweise eine höhere Temperatur als bei einem Weißen Zwerg. Anschließend wurde die entscheidende Frage gestellt, ob Neutronensterne stabil seien. Nach einer kurzen Diskussion vermutete eine Schülerin, dass das Szenario analog zum Weißen Zwerg ablaufen müsste: Die Gravitation versucht die Neutronen zusam’’ men zu drücken. Diese erzeugen jedoch eine Gegenkraft. Irgendwann wird die Gravitation aber zu groß.‘‘ Es wurde dann erklärt, dass es diese Grenze tatsächlich gibt (TolmanOppenheimer-Volkoff-Grenze [9, 10]) und dass Neutronensterne mit M 0 < 3M stabil seien. Die Schülerinnen und Schüler vermuteten richtig, dass noch schwerere Sterne zu einem Schwarzen Loch kollabieren. Sie konnten nun ihre Kenntnisse über Schwarze Löcher abrufen und die entsprechenden Angaben (z. B. Dichte, unbekannte Mate’’ rie‘‘) wurden im Tafelbild gesichert. So wurde das Verständnis darüber vertieft, warum Schwarze Löcher dichter als Kernmaterie sind. Des weiteren erkannte ein Schüler, dass wir eigentlich nichts über eine Gegenkraft zur Gravitation aussagen könnten, da wir ’’ ja nichts über die Art der Materie im Schwarzen Loch wissen‘‘ (K11 und K13). 3.12 Unterrichtsstunde: Exoplaneten 30 Danach wurden die Schülerinnen und Schüler gefragt, ob sie den berühmten noch lebenden Wissenschaftler kennen würden, der die Temperatur von Schwarzen Löchern bestimmt hat. Die mediale Präsenz von Steven Hawking zeigte hier ihre Wirkung. An dieser Stelle wollten einige Schülerinnen und Schüler mehr über die Details seiner Forschung wissen ( Wie hat er das gemacht? ‘‘, Wie lange hat er dazu gebraucht? ‘‘, ’’ ’’ etc.). Den Wert der Temperatur schätzten sie jedoch wie zu erwarten falsch, d. h. zu hoch ein. Der Wert TSL, ≈ 10−8 K überraschte sie vollkommen. Die für uns unbegründbaren Ergebnisse wurden an der Tafel mit Fragezeichen markiert und es wurde darauf hingewiesen, dass es sich dabei auch um offene Fragen der wissenschaftlichen Forschung handelt. Dass ihr Wissen zwar auf einem niedrigerem Niveau, aber de facto an der gleichen Stelle endete wie das der Wissenschaftler, beeindruckte die Schülerinnen und Schüler sehr. So wurden sie darauf hingewiesen, dass es in der Astrophysik viele ungelöste und spannende Probleme gäbe, zu deren Lösung es junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit innovativen Ideen bedarf. In den letzten Minuten des Unterrichts wurden am Beispiel des Sternbilds Orion die Ergebnisse der letzten beiden Unterrichtsstunden rekapituliert. Im Schwert des Orions befinden sich innerhalb der bekannten Nebel Zonen intensiver Sternbildung (siehe Abbildung 21). Darüber hinaus sind sowohl stabile Sterne als auch der instabile Rote Riese Beteigeuze zu sehen. Letzterer gilt als Kandidat für eine baldige‘‘ Supernova. In ’’ diesem Fall würde Beteigeuze aufgrund seiner relativen Nähe zur Erde (ca. 430 Lj) eine Helligkeit vergleichbar zum Vollmond haben. Die anschauliche Wiederholung des umfangreichen Stoffs anhand eines Sternbilds wurde von den Schülerinnen und Schülern als anschaulich und anregend gewürdigt. In den beiden zurückliegenden Stunden haben sich alle Schülerinnen und Schüler aktiv am Unterricht beteiligt. Die abstrakten Themen konnten durch geeignete Tafelbilder veranschaulicht werden und waren von hoher Attraktivität für die Schülerinnen und Schüler. Sie konnten ihre Kenntnisse aus der Chemie und Kernphysik erfolgreich in den Unterricht einbringen. 3.12 Unterrichtsstunde: Exoplaneten Auf Wunsch der Schülerinnen und Schüler (siehe Anhang A.2) wurde eine Stunde zum Thema Exoplaneten in die Unterrichtseinheit integriert. Zu Beginn wurde der Begriff Exoplaneten ausführlich von einem Schüler erläutert. Eine Schülerin wollte wissen, ob es auf Exoplaneten Leben geben könne. Sie wurde darauf verwiesen, dass wir diese Frage noch ansprechen werden. Zuvor sollten die Schülerinnen und Schüler überlegen, wie Exoplaneten nachgewiesen werden. Zur Erde kommt im Wesentlichen nur das Licht der Sterne und nicht das Licht der sie umkreisenden Exoplaneten. Hier zeigte sich, 3.12 Unterrichtsstunde: Exoplaneten 31 dass einige Schüler sich im Internet eingelesen hatten. Zwar konnten sie die verschiedenen Nachweismethoden aufzählen, aber verstanden hatten sie keine einzige Methode (was durchaus möglich gewesen wäre). Daher wurde ein Freihand-Experiment mit Hilfe des Tageslichtprojektors durchgeführt (siehe Experiment A.7.6). Dabei symbolisiert das durch eine Lochblende fallende Licht den Stern und eine Münze den Planeten. Die Schülerinnen und Schüler erkannten, dass der so dargestellte Planetentransit eine Möglichkeit des Nachweises bietet. Die eigentliche Messgröße blieb ihnen aber verschlossen. Insbesondere die Tatsache, dass der weit entfernte Stern uns de facto als punktförmig erscheint, ließ sie an der Methode erneut zweifeln. Daraufhin wurden sie aufgefordert aufzustehen und zur Projektor abgewandten Seite des Klassenzimmers zu schauen. Da ihre Augen so nicht mehr durch das helle Licht des Sterns‘‘ geblendet ’’ wurden, war es ihnen möglich, die Helligkeitsabsenkung aufgrund des Planetentransits wahrzunehmen. Der Aha-Effekt war bei allen Schülerinnen und Schülern zu hören. Danach wurde an der Tafel ein Koordinatensystem gezeichnet (Helligkeit über Zeit), und die Schülerinnen und Schüler wurden gefragt, wie die entsprechende Messkurve aussehen müsste (siehe Anhang A.6.4). Ein guter Schüler konnte die entsprechende Kurve angeben und den anderen erklären (K3 und K10 sowie eine Vernetzung zu den Leitideen funktionaler Zusammenhang und Modellieren der Mathematik [11]). Dann sollten die Schülerinnen und Schüler herausfinden, welche Informationen über den Stern und über den Exoplaneten aus der Messkurve gewonnen werden können, wenn man einen äquatorialen Planetentransit annimmt. Hier zeigte sich, dass die Klasse mittlerweile an offene Aufgabenstellungen gewöhnt war. Sie diskutierten untereinander ihre Vorschläge und erkannten zügig, wie die Umlaufzeit des Exoplaneten bestimmt werden kann. Des weiteren erarbeiteten sie sich die Tatsache, dass die relative Helligkeitsabsenkung dem Quotienten der Fläche von Stern und Planet entspricht (K3). Bemerkenswerterweise wurden sie in ihrem Forscherdrang‘‘ nur von ihren unzureichenden Geometriekennt’’ nissen aufgehalten (sämtliche Formeln zur Kreisfläche, Kreisumfang und Kugelvolumen wurden durcheinander geworfen). Nachdem ihnen die richtige Formel bestätigt wurde, bestimmten sie den Radius und damit die Größe des Exoplaneten. Danach vermutete eine Schülerin, dass in der Zeitdauer t0 der Helligkeitsabsenkung noch eine Information verborgen‘‘ sein müsse. Gemeinsam wurde erarbeitet, dass sich ’’ daraus bei bekannter Sterngröße die Bahngeschwindigkeit des Planeten berechnen ließe. Aus der Bahngeschwindigkeit und der Umlaufzeit konnte der Bahnradius (eine Kreisbahn wurde wieder angenommen) und daraus mittels des 3. Keplerschen Gesetzes die Sternmasse bestimmt werden. Die durch die Transitmethode bestimmbaren Daten • Umlaufdauer des Exoplaneten, • Radius des Exoplaneten, • Bahngeschwindigkeit des Exoplaneten, 3.12 Unterrichtsstunde: Exoplaneten 32 • Entfernung des Exoplaneten zum Stern wurden aufgelistet. Bis zu diesem Punkt wurden keine expliziten Daten ermittelt, sondern nur die prinzipiellen Wege zu deren Auffindung diskutiert. Statt eine entsprechende Rechnung exemplarisch durchführen zu lassen, wurde den Schülerinnen und Schülern eine wissenschaftliche Publikation ausgeteilt. Sie beschreibt die erste Entdeckung eines Exoplaneten mittels der Transitmethode [27]. Zunächst wurde ihnen die entsprechende Helligkeits-Messkurve des Sterns gezeigt (siehe Abbildung 22). Aufgrund des gewählten Unterrichtsgangs hatten die Schülerinnen und Schüler nun keine Probleme, die abstrakte Messkurve zu deuten (K4). Insbesondere enthält die Publikation eine zum Unterricht nahezu analoge Argumentationsfolge in der Bestimmung der Daten, was die Schülerinnen und Schüler spannend fanden. So konnten die Werte direkt aus der Publikation übernommen werden. Die entsprechenden Daten (Umlaufzeit 3,5 d, Radius des Planeten 1,27 rJupiter , Entfernung zum Stern 0,05 AE) sollten die Schülerinnen und Schüler beurteilen, insbesondere im Hinblick auf die von einer Schülerin gestellte Frage nach möglichem Leben auf dem Exoplaneten. Sie erkannten, dass die Forscher einen so genannten hot Jupiter entdeckt hatten, also einen Jupiter-ähnlichen Gasplaneten in unmittelbarer Nähe zum Stern. Leben wäre auf diesem Planeten nicht möglich. Zum Abschluss wurde mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet, welche Bahnbedingungen und Struktur ein Planet erfüllen müsste, damit Leben auf ihm existieren kann (so genannte Grüne Zone). Damit es sich nicht um einen Gasplaneten handelte, forderten sie einen Planeten mit erdähnlichem Radius. Des weiteren müssten die Planeten in ihren Augen in einem mittleren Bereich liegen‘‘, dem Stern nicht zu nah ’’ (zu heiße Atmosphäre) und nicht zu weit entfernt (zu kalte Atmosphäre). Enttäuscht nahmen sie zur Kenntnis, dass der überwiegende Anteil der bisher entdeckten Planeten so genannte hot Jupiters seien. Auf diese Weise wurden sich die Schülerinnen und Schüler bewusst, wie relativ klein der Parameterbereich für Leben auf Planeten ist. Ein Schüler betonte das Glück, dass wir mit unserer Erde hätten‘‘. Schließlich wurde ’’ ihnen noch mitgeteilt, dass dieses Forschungsgebiet noch relativ jung ist, und damit noch viele neue Entdeckungen möglich sind. Insbesondere werden neue spezialisierte Satelliten gestartet, die die Suche nach Exoplaneten revolutionieren werden. Kritische Reflexion 33 Kritische Reflexion 4.1 Evaluation Zum Zeitpunkt der Unterrichtseinheit waren bereits alle schriftlichen Leistungen (Klassenarbeiten und Tests) von den Schülerinnen und Schülern erbracht. Da keine weitere benotete Lernzielkontrolle angesetzt werden konnte (sie hätte den Ankündigungen des Fachlehrers zu Beginn des Schuljahres widersprochen), wurde eine Evaluation mit einer anonymen Lernzielkontrolle gekoppelt. Dieser unbenotete Test‘‘ wurde nicht ’’ angekündigt und in der letzten Stunde der Unterrichtseinheit durchgeführt. Die Bearbeitungszeit betrug 10 Minuten. Im Folgenden werden die relevanten Punkte diskutiert. Eine detaillierte Auflistung aller Antworten ist im Anhang A.8 aufgeführt. Aufgrund der knappen Zeit beschränkte sich die Lernzielkontrolle auf die wesentlichen Punkte der Unterrichtseinheit: die Keplerschen Gesetze und Schwarze Löcher. Alle Schülerinnen und Schüler konnten die Aussage des 1. Keplerschen Gesetzes erklären. Mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler gaben korrekt die Aussagen des 2. bzw. 3. Keplerschen Gesetzes an. Besonders erfreulich war, dass die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler die Frage Was ist ein Schwarzes Loch?‘‘ mit der physikalisch exakten De’’ finition mittels des Schwarzschild-Radius beantworteten. In Anbetracht der Tatsache, dass der Test nicht angekündigt war, ein bemerkenswertes Ergebnis. Zur Einordnung der eigentlichen Evaluation der Unterrichtseinheit wurde zunächst die generelle Einstellung der Schülerinnen und Schüler zur Physik untersucht. Der überwiegenden Mehrheit (75%) macht die Physik in der 10. Klasse (Turboklasse) Spaß und sie findet Physik interessant. Aber nur die Hälfte betrachtete die bis zu dieser Unterrichtseinheit behandelten Themen als anschaulich. Die eigentlich abstraktere Unterrichtseinheit über Schwarze Löcher empfanden mehr als 75% der Schülerinnen und Schüler als anschaulich, interessant und abwechslungsreich. Obwohl nur wenige Freihand-Experimente durchgeführt werden konnten, waren mehr als die Hälfte der Meinung, dass es genug Experimente gab. Niemand äußerte, dass es zu wenig gab. Keiner empfand das Thema als leicht, aber mehr als die Hälfte gaben an viel verstanden zu haben. Trotz der Tatsache, dass sich die Schülerinnen und Schüler ein Thema wie Schwarzer Löcher nur begrenzt selbst erschließen können, war 4.2 Abschließende Bemerkungen 34 niemand der Meinung, dass er sich nie im Unterricht einbringen konnte. Die Hälfte war sogar der Meinung, dass sie sich sehr oft im Unterricht einbringen konnte. Schließlich wurde noch gefragt, was den Schülerinnen und Schülern besonders gut bzw. gar nicht gefallen hat. Drei Schülerinnen und Schüler äußerten, dass es zu viele‘‘ ’’ bzw. zu schwierige Rechnungen‘‘ gab und dass insbesondere der Einstieg zu mathe’’ ’’ matisch‘‘ war. Trotzdem betrachteten diese drei die Unterrichtseinheit als anschaulich und gaben an, viel verstanden zu haben. Demgegenüber betonten vier andere Schülerinnen und Schüler, dass ihnen insbesondere die verständliche Erklärung schwieriger ’’ Rechnungen‘‘, die Veranschaulichung der Gesetze‘‘ sowie die Anschaulichkeit des ’’ ’’ Unterrichts‘‘ besonders gefallen habe. Ein Schüler stellte in diesem Kontext einen Zusammenhang her zwischen den verständlichen Rechnungen und was man damit alles ’’ entdecken kann‘‘. Einem weiterem Schüler gefiel besonders gut die Erkenntnis, wie ’’ man aus dem Licht der Sterne extrem viele andere Größen errechnen kann‘‘ um in’’ teressante Rückschlüsse daraus zu ziehen‘‘. Eine Schülerin formulierte: de facto hat man sich das Weltall selbst erobert, ’’ viel eigenes Denken wurde gefordert. . . ‘‘ 4.2 Abschließende Bemerkungen Ziel des Lehrers war es, die Schülerinnen und Schüler anhand der dargestellten Unterrichtseinheit zu eigenständigem Handeln und Denken anzuregen. Häufig wurde dabei die Form eines Unterrichtsgangs gewählt, die Parallelen zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn aufweist. So konnten die Schülerinnen und Schüler die naturwissenschaftliche Arbeitsweise und die damit verbundenen Mühen und Freuden des Erkenntnisgewinns erleben. Praktisch sollten die Schülerinnen und Schüler sich immer wieder vergegenwärtigen, wie die berühmten Astronomen ihre faszinierenden Ergebnisse gefunden haben. Es wurde Wert darauf gelegt, den Schülerinnen und Schülern im Rahmen eines schüleraktivierten und handlungsorientierten Unterrichts genügend Raum zu geben, um selbstständig zu lernen, eigenständig physikalische Probleme zu behandeln, Zusammenhänge zu entdecken und zu begründen sowie zu kommunizieren und zu argumentieren. Darüber hinaus erlaubte die Reichhaltigkeit der angewandten Methoden (unter anderem Arbeitsblätter, Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit, Schülerreferate, gemeinsames Erarbeiten von physikalischen Fragestellungen im Klassenverband, die Auswertung von Film- und Tondokumenten sowie offene Aufgaben) die Gestaltung eines abwechslungsreichen Unterrichts. Bei der zurückliegenden, erfolgreichen Unterrichtseinheit darf nicht übersehen werden, dass sie in einer leistungsstarken Klasse mit naturwissenschaftlichem Profil durch- 4.2 Abschließende Bemerkungen 35 geführt wurde. Die Klasse zeichnet sich durch eine starke Sozial- und Kommunikationskompetenz aus. Insbesondere die Schüler-Schüler-Interaktion ist stark ausgeprägt. In einer Klasse mit geringerer Leistungsfähigkeit bzw. in einer Klasse mit sprachlichem Profil muss die Einheit modifiziert werden (siehe Ablaufplan des Unterrichtsgangs im Anhang A.9). Dabei würde ich als Minimal-Programm die Keplerschen Gesetze (2 Stunden), Schwarze Löcher (über das galaktische Zentrum, nur Massenbestimmung von Sagittarius A∗ , 1 Stunde) sowie aufgrund des großen Interesses der Schülerinnen und Schüler eine Stunde zum Thema Exoplaneten empfehlen. Im Rahmen dieser minimalen Unterrichtseinheit können bereits die Kompetenzen K1-K6, K8, K10 sowie K13 vermittelt werden. Abhängig von der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler und von der zur Verfügung stehenden Zeit kann die Einheit flexibel ergänzt werden. Ein entscheidender Punkt bei der Erweiterung des Minimal-Programms ist die Erarbeitung der potenziellen Energie des Gravitationsfelds und der Fluchtgeschwindigkeit. Diese Hürde darf nicht unterschätzt werden. Vor allem für die leistungsschwächeren Schülerinnen und Schüler stellt sie eine enorme Herausforderung dar und erfordert das ganze Geschick und Einfühlungsvermögen des Lehrenden. Trotzdem sollte in einer interessierten Klasse nicht auf die Behandlung der Fluchtgeschwindigkeit verzichtet werden. Erst die Kenntnis der Fluchtgeschwindigkeit erlaubt die Herleitung des Schwarzschild-Radius und damit den Zugang zu einem tieferen Verständnis von Schwarzen Löchern. Nur mit dem Schwarzschild-Radius wiederum können die Schülerinnen und Schüler selbstständig die Dichte Schwarzer Löcher abschätzen und damit auf ihre Struktur schließen. Daher sollte die Mühe der Herleitung der Fluchtgeschwindigkeit nicht gescheut werden, um einen anspruchsvollen und erlebnisreichen Unterrichtsgang zu ermöglichen. A.1 Bildungspläne 36 Anhang A.1 A.1.1 Bildungspläne Bildungsplan 1994 für das neunjährige Gymnasium Gemäß des im Bildungsplan 1994 für das neunjährige Gymnasium formulierten Erziehungs- und Bildungsauftrags bestehen für die naturwissenschaftlichen Fächer folgende für die Unterrichtseinheit relevanten Unterrichtsziele [13]: Z1 Erwerb eines sicheren Grundwissens Z2 Bewusst machen und Einüben wichtiger Arbeitsmethoden Z3 Übertragen von Erkenntnissen und Gesetzen auf vergleichbare Sachverhalte Z4 Kritisches Vergleichen, Überprüfen und Beurteilen wissenschaftlicher Ergebnisse und Prognosen Z5 Begreifen der Auswirkungen bedeutender Forschungsergebnisse vor dem geschichtlichen Hintergrund und ihre Würdigung Z6 Verdeutlichung der großen Erfolge, aber auch der Grenzen naturwissenschaftlichen Arbeitens Z7 Vermittlung der Grundlage für ein naturwissenschaftliches oder ingenieurwissenschaftliches Studium Darüber hinaus wird vom Physik-Unterricht explizit gefordert, den Schülerinnen und ’’ Schülern die naturwissenschaftliche Arbeitsweise nahezubringen‘‘. Dabei soll ihnen aber auch verdeutlicht werden, wie mühevoll die Gewinnung naturwissenschaftlicher Er’’ kenntnisse ist‘‘ [13]. A.1.2 Bildungsplan 2001 für das achtjährige Gymnasium Die in dieser Arbeit beschriebene Unterrichtseinheit wurde in einer 10. Klasse mit achtjährigem Bildungsgang durchgeführt (so genannte Turboklasse). Maßgeblich für diese Klasse ist der Bildungsplan 2001 [12]. Für die hier behandelten Aspekte des Physik-Unterrichts entspricht dieser Plan sowohl inhaltlich als auch bzgl. des Erziehungsund Bildungsauftrags den entsprechenden Abschnitten des Bildungsplans 1994 [13]. A.2 Auswertung des Eingangstests A.1.3 37 Bildungsplan 2004 Aufgeführt sind die zu vermittelten Kompetenzen aus dem Bildungsplan 2004 [11]: K1 Physik als Naturbetrachtung unter bestimmten Aspekten K2 Physik als theoriegeleitete Erfahrungswissenschaft K3 Formalisierung und Mathematisierung der Physik K4 Spezifisches Methodenrepertoire der Physik K5 Anwendungsbezug und gesellschaftliche Relevanz der Physik K6 Physik als ein historisch-dynamischer Prozess K7 Wahrnehmung und Messung K8 Grundlegende physikalische Größen K9 Strukturen und Analogien K10 Naturerscheinungen und Technische Anwendungen K11 Struktur der Materie K12 Technische Entwicklungen und ihre Folgen K13 Modellvorstellungen und Weltbilder A.2 Auswertung des Eingangstests Im Folgenden sind die Fragen des Eingangstests aufgeführt und die Antworten der Schülerinnen und Schüler aufgelistet. Der Test wurde eine Unterrichtsstunde vor Beginn der eigentlichen Unterrichtseinheit von den Schülerinnen und Schülern innerhalb von 15 Minuten bearbeitet. 1. Interessierst du dich für Astronomie? Hast du z. B. ein Teleskop? Interesse haben bis auf einen alle Schülerinnen und Schüler bekundet. Zwei haben ein Teleskop zu Verfügung, das sie aber nicht regelmäßig und ernsthaft benutzen. 2. Was ist eine Ellipse? Wie konstruiert man Ellipsen? Eine Schülerin gab die Gärtnerkonstruktion an. Alle anderen Antworten sind mathematisch unpräzise, wie z. B. kreisähnliche, längliche Form‘‘, langezogener ’’ ’’ Kreis‘‘, oder Ei-förmiger Kreis‘‘. Darüber hinaus gaben fünf Schülerinnen und ’’ Schüler an, dass sich Planeten auf Ellipsenbahnen bewegen. 3. Betrachte die stabile Umlaufbahn der Erde um die Sonne. Welche Kräfte halten dieses System zusammen? Die Gravitation ist viermal von den Schülerinnen und Schülern als wirkende Zentripetalkraft angegeben worden. Achtmal ist keine bzw. eine falsche Antwort gegeben worden, insbesondere ist fünfmal falsch mittels der Zentrifugalkraft argumentiert worden. A.3 Arbeitsblätter 38 4. Albert Einstein hat die berühmte Relativitätstheorie entwickelt. Kennst Du Aussagen dieser Theorie? Einsteins berühmte Formel E = mc2 ist zweimal erwähnt worden. Viermal sind Aussagen der Art Alles ist relativ‘‘ aufgeführt. Dreimal ist versucht worden, ’’ den relativistischen Effekt der Zeitdilatation zu beschreiben. Keine Erklärung ist jedoch richtig, z. B. ist den Schülerinnen und Schülern der Begriff Eigenzeit nicht klar. Die Antwort wenn man sich mit hoher Geschwindigkeit bewegt, altert man ’’ langsamer‘‘ spiegelt dies wieder. 5. Was ist ein so genanntes Schwarzes Loch? Siebenmal ist die physikalisch relevante Antwort verschluckt Licht‘‘ angegeben ’’ worden. Die Antworten ausgebrannter Stern‘‘ und massereiches Gebilde‘‘ sind ’’ ’’ fünfmal bzw. viermal aufgeführt. Falsche Antworten wie Nichts‘‘ oder Anti’’ ’’ materie‘‘ sind nur jeweils einmal von den Schülerinnen und Schüler angegeben worden. 6. Was würdest du gern aus dem Bereich der Astronomie im Unterricht behandeln? Hier sind von den Schülerinnen und Schüler die Begriffe Exoplaneten‘‘ (sechs’’ mal), Schwarze Löcher‘‘ (sechsmal), Supernova‘‘ (zweimal) sowie jeweils ein’’ ’’ mal Wurmlöcher‘‘, Sternbilder‘‘, Raumfahrt‘‘, Hubble-Teleskop‘‘, exoter’’ ’’ ’’ ’’ ’’ ristrisches Leben‘‘, berühmte Astronomen‘‘ erwähnt worden. ’’ A.3 A.3.1 Arbeitsblätter 1. Arbeitsblatt 1. Berechne mit Hilfe des 3. Keplerschen Gesetzes die Länge der großen Halbachse der Mondbahn. 2. Die Erde bewegt sich annähernd auf einer Kreisbahn um die Sonne. Der Abstand beträgt ca. 150 · 106 km. Welche Größe lässt sich mit Hilfe des 3. Keplerschen Gesetzes daraus berechnen? 3. Ein Fernsehsatellit wird mittels einer Ariane-Rakete in den Orbit geschossen. In welche Höhe über dem Äquator muss die Rakete den Satelliten befördern? 4. Ein Spionagesatellit befindet sich 500 km über der Erdoberfläche auf einer kreisförmigen Umlaufbahn entlang eines bestimmten Längengrads. Wie häufig kann ein auf diesem Längengrad befindlicher Schurkenstaat überwacht werden? A.4 Merksätze A.3.2 39 2. Arbeitsblatt Die Aufgabe auf diesem Arbeitsblatt wurde im Wesentlichen aus [20] übernommen. Änderungen ( erdnächster Punkt‘‘ sowie die Winkelangaben) wurden aus Gründen ’’ der Eindeutigkeit gemacht. Der Text des Arbeitsblatts lautet: Ein Astronom beobachtet den Jupiter in der erdnächsten Position. Er misst einen Winkeldurchmesser der Jupiterscheibe von 0,013◦ . Gleichzeitig sieht er die Jupitermonde Io und Ganymed unter der größten Auslenkung von 0,038◦ bzw. 0,097◦ . Aus den vorhergehenden Beobachtungen hat er eine Umlaufdauer der Monde um den Jupiter von 1,8 Tagen (Io) und 7,2 Tagen (Ganymed) bestimmt. Die Umlaufdauer des Jupiters um die Sonne ist dem Astronom bekannt (11,9 Jahre). Welche Angaben lassen sich daraus für den Jupiter und seine Monde berechnen? A.4 Merksätze Aufgeführt sind relevante Ergebnisse verschiedener Unterrichtsstunden, die an der Tafel gesichert wurden. 1. Die Änderung der potenziellen Energie einer Masse m im Gravitationsfeld der Masse M ist 1 1 − . ∆Wpot = γ m M rStart rZiel ∆Wpot ist wegunabhängig, d. h. ∆Wpot hängt nur vom Anfangs- (rStart ) und Endpunkt (rZiel ) ab. 2. Um das Gravitationsfeld einer Masse M mit Radius r zu verlassen, ist mindestens die Fluchtgeschwindigkeit s vFlucht = 2γM r notwendig. 3. Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht (1609). 4. Der Fahrstrahl Sonne-Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen (1609). (Die Bewegung des Planeten ist keine gleichförmige Kreisbewegung.) 5. Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten sich wie die Kuben der großen Achsen der Ellipsen (1619). 3. Keplersches Gesetz für Kreisbahnen: r3 = γM T2 4π 2 A.4 Merksätze 3. Keplersches Gesetz für Ellipsenbahnen: 40 a3 = γM T2 4π 2 6. Der Planet Jupiter ist ein Gasplanet. 7. Die Sonne bewegt sich auf einer fast kreisförmigen Bahn um das Zentrum der Milchstraße. Aus dem 3. Keplerschen Gesetz und der beobachteten Galaxiebewegung folgt: Galaxien bestehen zum überwiegenden Anteil aus Dunkler Materie (unbekannte Elementarteilchen). 8. Im Zentrum der Milchstraße befindet sich eine äußerst starke, aber fast punktförmige Röntgen- und Radioquelle: Sagittarius A∗ (1974 entdeckt). Aufnahmen im Infrarotbereich ergeben: Sagittarius A∗ ist kein Stern. Sagittarius A∗ ist ein so genanntes supermassives Schwarzes Loch mit der Masse MSgr A∗ = 2,5 · 106 M . 9. Grundlegende Eigenschaft von Schwarzen Löchern: Fluchtgeschwindigkeit ist größer als Lichtgeschwindigkeit, vFlucht > c (Laplace 1795). Ein Schwarzes Loch der Masse M entsteht, wenn die Masse M mindestens auf den Schwarzschild-Radius rSR = 2γM/c2 komprimiert wird. 10. Die Materie in einem Schwarzen Loch ist dichter als Kernmaterie und hat unbekannte Struktur. 11. Bei einer Supernova wird die äußere Hülle des kollabierenden Sterns aufgrund der Impuls- und Energieerhaltung mit hoher Geschwindigkeit (v ≈ 30000 km/s) weggeschleudert. A.5 Folien A.5 41 Folien Kanone (Schacht) von 274m Länge, davon 61m Füllung für für Schießpulver −→ v = 16, 5 km s Abb. 1: Titelblatt und Flugdaten des Jules Verne Romans Von der Erde zum Mond [28]. Das Bild der Landung ist einer Verfilmung entnommen [29]. Abb. 2: Der Vollmond im erdnächsten und erdfernsten Punkt. Die Aufnahmen sind entnommen aus [30]. Erde: Kreisbahn und Ellipsenbahn Abb. 3: Totale und ringförmige Sonnenfinsternis. Die Abbildungen sind entnommen aus [31] bzw [32]. Abb. 4: Vergleich der wirklichen Bahnkurve der Erde mit einer fiktiven kreisförmigen Bahnkurve mit gleicher kleiner Halbachse. A.5 Folien Pluto: Kreisbahn und Ellipsenbahn 42 Mars: Kreisbahn und Ellipsenbahn Abb. 5: Vergleich der wirklichen Bahnkurve des Pluto mit einer fiktiven kreisförmigen Bahnkurve mit gleicher kleiner Halbachse. Abb. 6: Vergleich der wirklichen Bahnkurve des Mars mit einer fiktiven kreisförmigen Bahnkurve mit gleicher kleiner Halbachse. Abb. 7: Aufnahmen des Jupiters ([33] bzw. [34]) zur Diskussion der beiden roten Flecke und der sichtbaren Abplattung. Abb. 8: Titelblatt der wissenschaftlichen Zeitschrift Science vom 4. Mai 2007. Das Titelblatt nimmt Bezug auf den Bericht Large longitude libration of Mercury re’’ veals a molten core‘‘ [21]. A.5 Folien Abb. 9: Erste Seite des Artikels in Science über die Torkelbewegung des Merkurs [21]. 43 Abb. 10: Portrait der amerikanischen Astronomin Vera Rubin [35]. Die Sonne läuft mit einer Geschwindigkeit von etwa 250 km s um das Zentrum unserer Galaxie auf einer Kreisbahn mit einem Radius von 30000Lj. Aus Beobachtungen im sichtbaren Bereich kann geschlossen werden, dass sich innerhalb der Sonnenbahn eine Masse von ca. 1011M befindet. Wie lange dauert ein galaktisches Jahr? Welche Masse ist nötig, damit die Sonne gleicher Geschwindigkeit auf einer stabilen Kreisbahn um das galaktische Zentrum umläuft? Abb. 11: Folie zur Erarbeitung des Begriffs der Dunklen Materie. Die Bildquelle ist [36]. Abb. 12: Objekte in verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums. Die Bildquellen sind: Infrarotbild [37] Röntgen-Aufnahme [38], Geldschein [39], Venus [40]. A.5 Folien 44 Abb. 13: Aufnahme der Milchstraße in verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums [41]. Abb. 14: Die von den Schülerinnen und Schülern aufgeführten Stichpunkte zum Begriff Schwarze Löcher (siehe Abschnitt 3.8). Abb. 15: Ausschnitt der Himmelsregion, in der die Supernova SN1987A stattfand (links vorher, rechts kurz nach der Supernova). Die Bildquelle ist [42]. Abb. 16: Die Supernova von 1604, die Kepler beobachtete und die im Tondokument [25] erwähnt wurde. Die Bildquelle ist [43]. A.5 Folien 45 Abb. 17: Erste Folie des Schülerreferats zur Roche-Zone. Abb. 18: Zweite Folie des Schülerreferats zur Roche-Zone. Abb. 19: Der Himmelsausschnitt normale Sterne und Weiße Zwerge (markiert durch Kreise). Die Bildquelle ist [44]. Abb. 20: Portrait des Kosmologen Stephen Hawking [45]. A.5 Folien Abb. 21: Der Orionnebel [46] und der Pferdekopfnebel [47]. Beide Nebel befinden sich im Sternbild Orion. Insbesondere der Orionnebel ist ein aktives Gebiet der Sternentstehung. 46 Abb. 22: Nachweis eines Exoplaneten mittels Transitmethode. Dargestellt ist die photometrische Zeitreihe des Sterns HD209458 [27]. A.6 Tafelbilder A.6 A.6.1 47 Tafelbilder Tafelbild zur 8. Stunde: Schwarze Löcher Teil 1 Abb. 23: Das Tafelbild zeigt auf der linken Seite die Herleitung des Schwarzschild-Radius. Der obere rechte Bereich diente für Notizen und zur Sammlung von Stichworten der Schüler. Im unteren rechten Bereich wurden die Ergebnisse der Rechnungen der Schülerinnen und Schüler gesammelt. Unter Punkt 1) ist noch ein Fehler zu erkennen (50 AE statt 0.05 AE), der zu einem späteren Zeitpunkt korrigiert wurde. Dem verwendeten Schulbuch [16] folgend wurde die Gravitationskonstante mit G∗ bezeichnet. A.6 Tafelbilder A.6.2 48 Tafelbild zur 10. Stunde: Ein Sternenleben 1. Teil Abb. 24: Das Tafelbild zeigt eine Illustration einer Sternentwicklung von der Entstehung aus einer Wasserstoffwolke bis zum Gravitationskollaps einer Supernova. A.6 Tafelbilder A.6.3 49 Tafelbild zur 11. Stunde: Ein Sternenleben 2. Teil Abb. 25: Das Tafelbild zeigt die verschiedenen Ergebnisse des Gravitationskollapses eines Sterns: Weißer Zwerg, Neutronenstern und Schwarzes Loch. Neben der Masse des Reststerns M 0 ist die Dichte mit der Materieform, die typische Temperatur sowie die Ursache des Gegendrucks zur Gravitation aufgeführt. Rechts ist ein Bereich der Tafel für Notizen und Argumentationsskizzen abgegrenzt. Exemplarisch wurde das Sternbild Orion besprochen (unterer Teil). Darin befindet sich unter anderem ein instabiler Roter Riese ( baldige‘‘ Supernova) sowie ein Gebiet intensiver Sternentstehung (Orionnebel). ’’ A.6 Tafelbilder A.6.4 50 Tafelbild zur 12. Stunde: Exoplaneten Abb. 26: Das 1. Tafelbild zur Stunde Exoplaneten. Die Kurve skizziert den zeitlichen Verlauf der Helligkeit eines Sterns bei einem Planetentransit. Die Umlaufzeit des Planeten ist mit T bezeichnet, die Zeit des Planetentransits mit t0 . Aus der relativen Absenkung der Helligkeit kann auf die Größe des Exoplaneten geschlossen werden. A.7 Experimente A.7 A.7.1 51 Experimente Experiment zum 2. Keplerschen Gesetz Abb. 27: Eine Billardkugel läuft in einem modellierten zweidimensionalen Gravitationspotenzial auf ellipsenähnlichen Bahnen. Die Variation der Geschwindigkeit illustriert das 2. Keplersche Gesetz und ist deutlich zu sehen und am an- und abschwellendem Ton zu hören. A.7.2 Experiment zum Roten Fleck des Jupiters Abb. 28: Der bekannte Tornado-Effekt in einer Wasserflasche. Ohne den durch eine schnelle Drehbewegung erzeugten Wirbel benötigt das Wasser fast die doppelte Zeit zum Ausfließen. Der Versuch motiviert, dass Wirbel in einer Planetenatmosphäre auf starke Gradienten hinweisen. A.7.3 Experiment zur Eigenrotation des Jupiters Abb. 29: Experiment zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen der Eigenrotation eines Planeten und seiner Abweichung von der Kugelgestalt. A.7 Experimente A.7.4 52 Experiment zur Torkelbewegung des Merkurs Abb. 30: Ein gekochtes Ei (starrer Körper) richtet sich bei einer schnellen Drehung auf, da die Drehung um die entsprechende Symmetrieachse ein Attraktor der Bewegung ist. Bei einem rohen Ei (kein starrer Körper) ist diese Rotation dagegen aufgrund des flüssigen Inneren instabil. Es kommt zu einer Torkelbewegung. Die Torkelbewegung eines Planeten lässt daher auf einen flüssigen Planetenkern schließen. A.7.5 Experiment zur Supernova-Explosion Abb. 31: Der so genannte Astroblaster dient zur Demonstration der Impuls- und Energieerhaltung bei der Explosion der äußeren Sternhülle während einer Supernova [48]. Die nach außen laufende Schockwelle beschleunigt die äußere dünne Materieschicht des zusammenstürzenden Sterns auf eine enorme Geschwindigkeit. Im Experiment lässt man den Astroblaster senkrecht fallen. Nach dem Auftreffen wird nur der oberste rote Ball (entspricht der Sternenhülle) emporgeschleudert. A.7.6 Experiment zum Nachweis von Exoplaneten Abb. 32: Experiment zur Erklärung der so genannten Transit-Methode zum Nachweis eines Exoplaneten. Der Tageslichtprojektor wird bis auf eine Kreisscheibe verdunkelt. Ein Geldstück (der nachzuweisende Planet) verdunkelt dann die Sternoberfläche. Die Helligkeitsabnahme ist in einem völlig verdunkelten Raum wahrnehmbar, wenn man sich vom Projektor abwendet. A.8 Auswertung der Abschlussevaluation A.8 53 Auswertung der Abschlussevaluation Im Folgenden sind die Fragen der Abschlussevaluation aufgeführt und die Antworten der Schülerinnen und Schüler aufgelistet. Der Fragebogen wurde am Ende der letzten Unterrichtstunde unangekündigt ausgeteilt. Alle 12 Schülerinnen und Schüler waren anwesend und es waren 10 Minuten für die gesamte Bearbeitung des Fragebogens vorgesehen. Aus Zeitmangel beschränkte sich die Lernzielkontrolle auf zwei wesentliche Punkte der Unterrichtseinheit: Welche Aussagen machen die Keplerschen Gesetze zur Planetenbewegung? Was ist ein Schwarzes Loch? Man beachte, dass nicht explizit nach den drei Keplerschen Gesetzen gefragt wurde. Alle Schülerinnen und Schüler konnten das 1. Keplersche Gesetz angeben, zwei Drittel beschrieben das 2. Keplersche Gesetz korrekt, und 7 von 12 konnten das 3. Keplersche Gesetz wiedergeben. Im Fall des Schwarzen Lochs haben alle Schülerinnen und Schüler Eigenschaften (z. B. extrem hohe Dichte, verschluckt Licht‘‘) genannt. Siebenmal ’’ konnten sie mindestens eine physikalisch korrekte Definition angeben ( die Fluchtge’’ schwindigkeit ist größer als die Lichtgeschwindigkeit‘‘ viermal, Radius ist kleiner als ’’ der Schwarzschild-Radius‘‘ sechsmal). Folgende Fragen zum Interesse an der Physik im Allgemeinen und zur Unterrichtseinheit im Besonderen wurden gestellt (die Zahlen in den Klammern geben die Anzahl der entsprechend angekreuzten Antworten an: Allgemein Physik Generell macht mir Physik Die Physik in der 10. Klasse ist Die Physikthemen in der 10. Klasse sind Spaß interessant anschaulich (9) (9) (6) (2) (3) (5) (1) () (1) keinen Spaß langweilig abstrakt (10) (11) (1) (7) (7) (9) (6) (12) (12) (2) (1) (11) (5) (5) (3) (6) () () () () () () () () () () () langweilig gleichförmig leicht wenig zu wenig zu abstrakt nie unmotiviert unfreundlich Unterrichtseinheit Die Unterrichtseinheit fand ich Der Unterricht war Das Thema war Ich verstand im Unterricht Experimente gab es Die Unterrichtseinheit war Ich konnte mich im U. einbringen Der Lehrer wirkte Der Umgangston war interessant abwechslungsreich schwierig viel genug anschaulich sehr oft engagiert freundlich A.8 Auswertung der Abschlussevaluation 54 Gefragt was ihnen besonders gut bzw. gar nicht gefallen hat, antworteten die Schülerinnen und Schüler : • Besonders gut gefallen hat mir: – Anschaulichkeit des Unterrichts – verständliche Erklärungen auch schwieriger Rechnungen – Veranschaulichung von Gesetzen – Medieneinsatz – Begeisterung für Fach – gutes Arbeitsklima – gute Vorbereitung, gut strukturierter Unterricht – Erkenntnis, was man aus Licht alles schließen kann und daraus interessante Rückschlüsse ziehen kann – de facto hat man sich das Weltall selbst erobert – viel eigenes Denken gefordert • Gar nicht gefallen hat mir: – zu viele bzw. schwierige Rechnungen (je einmal genannt) – mathematischer Einstieg – manchmal ein wenig zu anspruchsvoll, aber man wächst mit den Anforderungen A.9 Ablaufplan der Unterrichtseinheit A.9 55 Ablaufplan der Unterrichtseinheit Aufgeführt ist der Ablaufplan der Unterrichtseinheit. In der linken Spalte ist die empfohlene minimale Unterrichtseinheit dargestellt. Mathematisch aufwändiger, aber physikalisch interessanter und anspruchsvoller ist die Erweiterung um die in der mittleren Spalte aufgelisteten Stunden. Notwendig ist dabei teilweise der Begriff der Fluchtgeschwindigkeit. Des weiteren kann die minimale Unterrichtseinheit ohne Bedingungen um die Stunden der rechten Spalte erweitert werden. & ' ( ) * + , / 0 1 0 / 2 3 & 4 7 7 0 8 9 6 " . % : 4 4 0 ; 1 9 4 0 6 < 6 0 0 ; 1 1 : 2 = 3 @ = 4 A 1 B C > D E 6 F 0 G ? 6 < 6 0 ; 1 2 ; 6 5 1 ! " $ - # 3 Quellenverzeichnis 56 Quellenverzeichnis [1] V. C. Rubin und W. K. Ford, Rotation of the Andromeda nebula from a spectroscopic survey of emission regions, Astrophysical Journal 159, 379 (1970). → p. 2 [2] A. Eckart und R. Genzel, Observations of stellar proper motions near the galactic centre, Nature 383, 415 (1996). → p. 2 [3] R. Genzel, Massereiche Schwarze Löcher, Physik Journal 2, 45 (2003). → p. 2 [4] R. W. 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