48-50 Edelweiss

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Edelweiss
als Naturkosmetikum
Bevor das Edelweiss zur Bergsteiger-Trophäe wurde und unter
Naturschutz gestellt werden musste, war es ein bewährtes
Naturheilmittel. Seit einigen Jahren nun wird die zierliche
Alpenblume in Kulturen angebaut. Damit rückt ihre naturheilkundliche und neuerdings auch kosmetische Nutzung in den
Bereich des Möglichen.
Text und Fotos: Bruno Vonarburg
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Locken Fliegen, Bienen, Schwebefliegen
und Schmetterlinge an: Die winzigen,
duftenden Röhrenblüten des Edelweiss
In den Alpen wird das Edelweiss zur
heimischen Flora gezählt. In Wirklichkeit
liegt die Heimat dieser Bergzierde jedoch
in den Hochländern Zentralasiens. Von
dort aus breitete sich das Edelweiss in der
letzten Eiszeit nach Westen bis zu den Pyrenäen und nordwärts bis in die sibirische
Steppe aus. Ihr Haarpelz verrät die typische Trockenlandpflanze. Er schützt das
Edelweiss vor austrocknenden Winden
und Kälteeinfluss. Nachts erstarren nämlich die Edelweiss-Standorte nicht selten
zu Eis. Selbst dort, wo die Wärmeabstrahlung der Felsen die nächtliche Kühle mildert, sinkt die Lufttemperatur in die Nähe
des Nullpunktes. Da kommt der Königin
der Bergblumen der flaumige Filz, der
ihren Stängel, ihre Blüten und Blätter einhüllt, sehr zustatten. Dass dieses Wollkleid aus silbrig weissen Haaren eine Anpassung an die klimatischen Verhältnisse
bedeutet, kann man auch daran erkennen,
dass das Edelweiss den schützenden Pelz
abwirft, sobald es in mildere Regionen
verpflanzt wird. Dann «vergrünt» die
Pflanze und ist nur noch ein Schatten
ihrer einstigen Schönheit.
Silberstern im Wollkleid
Das mehrjährige Edelweiss (Leontopodium alpinum Cass.) gehört zur botanischen Familie der Korbblütler (Asteraceae) und besitzt einen walzigen, vielfaserigen Wurzelstock. Im Laufe des Sommers
W
er kennt sie nicht, die weisswolligen Sibersterne der Alpenweiden und Felsfluren?
Heute ist das Edelweiss eine
Art schweizerisches Markenzeichen, früher
war es begehrte Trophäe von Bergsteigern
und Gebirgsjägern: Ein selbst gepflücktes
Edelweiss auf dem Hut aufgesteckt galt als
ein Zeichen für Bergtüchtigkeit – umso
mehr, als das Pflücken der vorwiegend an
unzugänglichen Felswänden und steilen
Abhängen gedeihenden Blume gefährlich
war und schon manchem Alpinisten zum
Verhängnis wurde. Trotz aller Warnungen
fordert die Sehnsucht nach den schimmernden Sternen weiterhin neue Opfer
und nicht selten erscheint während der
Sommermonate in den Spalten der Tagespresse die Überschrift: «Beim Edelweisspflücken verunglückt!»
Chrüteregge GESUNDHEIT
bildet die Pflanze 5 bis 15 cm hohe, wollig
behaarte Stängel, an denen weisslich filzige, zungenförmige bis lanzettliche Blätter wachsen. Endständig erscheinen von
Juli bis August, in Trugdolden angeordnet,
mehrere Blütensterne (Scheinblüten), die
von einem dichten Kranz Hochblätter
umgeben sind.
Die eigentlichen Blüten sind winzige
Röhrenblüten, welche zu Hunderten in
den 4 bis 5 gelbgrünen Körbchen, inmitten des Sternes, beisammensitzen. Der
Rand ist mit weiblichen, das Zentrum mit
männlichen Blüten ausgestattet. Durch
den ausströmenden Honiggeruch werden
Insekten, vor allem Fliegen, seltener Bienen, Schwebefliegen und Schmetterlinge,
zur Bestäubung angelockt.
Weil der Blütenstand eine Ähnlichkeit
mit den Füssen des Löwen besitzt, wird
die Pflanze in der Botanik als Leontopodium (griechisch: leon = Löwe, podion =
Fuss) bezeichnet. Der Beiname «alpinum»
verdeutlicht das Verbreitungsgebiet in den
Alpen. Im Volksmund wird die Königin
der Alpenblumen auch als Wullkraut, Irlweiss, Hahnetabbe, Ewigweiss, Löwentatze, Almsterndl, Gletscherstern, Schneestern, Silberstern oder Gletscherkönigin,
in den Dolomiten als Stella alpina, genannt.
Die Edelweiss-Standorte auf sonnigen
Kalkböden, bergiger Steilhänge und auf
den Rasenflächen der Felsfluren von 1800
bis 3000 m Höhe beschränken sich nicht
Der Haarpelz verrät
die Trockenlandpflanze: Edelweiss
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GESUNDHEIT Chrüteregge
nur auf die Alpenkette, sondern sind auch
im Jura, in den Pyrenäen, Karpaten,
Abruzzen und im Balkan zu finden. Auf
der ganzen Erde kennt man 40 Edelweissarten, die bis zum Himalaja, nach
Setschan, Yünnan, in der Mongolei und
in Sibirien verbreitet sind. In den Alpen
steht die Pflanze seit 1880 unter strengstem Naturschutz.
Das Edelweiss wird auch in Zier- und
Steingärten gezogen. Die silbrigweisse
Behaarung dieser Gartenform ist spärlicher, da sie im Gegensatz zu den Bergpflanzen geringerer Kälte und weniger
intensivem Sonnenlicht ausgesetzt ist.
Edles Heilkraut
In früheren Zeiten wurde das Edelweiss
als Tee gegen Durchfall verwendet. In Honig und Milch gesotten, kam es auch bei
Brustbeschwerden zum Einsatz. Ferner
wurde aus den Silbersternen eine Salbe
gegen rheumatische Schmerzen hergestellt. Da die Pflanze heute unter strengstem Naturschutz steht, sind die traditionellen Rezepturen nicht mehr in Gebrauch. Nur wenn das Edelweiss im
Garten angebaut wird, darf es in der Hausapotheke eingesetzt werden.
Als Wirkstoffe beinhaltet das Edelweiss Gerbstoffe als Tannine, Flavonoide,
Phenylpropan- und Hydroxyzimtsäurederivate sowie flüchtige Verbindungen
wie Hexenylacetat, Limonen, Pinen und
Cumarin, mit adstringierenden, entzündungshemmenden, schmerzstillenden und
hautschützenden Eigenschaften. Neuste
Forschungen bestätigen ausserdem die
Fähigkeit der Pflanze, freie Radikale zu
binden und oxydationshemmend zu wirken. Der Lausanner Pharmakologe Prof.
Kurt Hostettmann weist zudem auf die
arteriosklerosehemmende Wirkung des
Extraktes hin.
In der einschlägigen Literatur der
Pflanzenheilkunde wird das Edelweiss
kaum aufgeführt. Einzig Wilhelm Pelikan
erwähnt Leontopodium alpinum in seinem Buch «Heilpflanzenkunde» Band l,
Verlag Goetheanum Dornach (S. 258–
260): «Rudolf Steiner hat die Pflanze als
Heilmittel bei Otosklerose (Mittelohrsklerose) angegeben... Bei der Otosklerose
ergreifen Verhärtungs-, Erstarrungs- und
Degenerationsprozesse Labyrinthkapsel,
Cortisches Organ, Hörnerv... Dazu können Heilmittel aus einer Pflanze beitragen,
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die so in die Erstarrungsregion der Erde
ragt, Blüten- und Wurzelhaftes in so vollkommener Weise im silbrigen Edelweissstern verschmilzt, sich das Wässrige aus
der Luft holt und im Trocken-Kalten Form
und Leben sich in eigenartigem Zusammenklang wahrt.»
Neuerdings ist das Edelweiss als Heilpflanze durch die anthroposophische
Medizin wieder entdeckt worden, wobei
die Firma Weleda versucht, die Königin
der Alpenblumen in speziellen Kulturen
plantagemässig anzubauen.
Edelweiss-Kulturen im Wallis
Seit 1995 werden im Wallis auf 1100 m
Höhe, in Burson, Kulturversuche mit
dem Edelweiss, unter der Leitung von
Charles Rey (Centre Fougères, Conthey)
durchgeführt. Finanziert wird das Projekt
durch die Firma Ricola, welche als Bonbonhersteller über die Landesgrenze hinaus bekannt ist. Alpaflor, eine Tochter der
Basler Pharmagesellschaft Pentapharm,
machte es sich zur Aufgabe, die medizinischen und kosmetischen Eigenschaften
der angebauten Pflanzen zu erforschen.
Dabei stellte sich heraus, dass das Edelweiss mit seinem hohen Tanningehalt
eine hautschützende Wirkung besitzt.
Ferner konnten antibakterielle, antisepCharles Rey (rechts) leitet
die Edelweiss-Kultur in Burson, Wallis.
tische, antimykotische und gefässverengende Charakteristiken nachgewiesen
werden. Ausserdem sollen die Flavonoide
von Leontopodium alpinum die Brüchigkeit von Blutkapillaren verhindern und
die Gefässe vor der Bildung von Besenreissern und Couperose schützen.
Die genannten Kriterien haben in der
Kosmetik eine hohe Bedeutung, weshalb
beabsichtigt wird, Edelweiss-Extrakte gegen die Hautalterung, als Faltenkiller und
Sonnenschutzmittel sowie für die AprèsSoleil-Behandlung einzusetzen. Die Tests
sind in vollem Gange, damit der Silberstar
der Alpen mit seiner reinen und edlen
Ausstrahlung bald einmal einen extravaganten Platz in der natürlichen Schönheitspflege einnehmen kann.
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