Der Weltklimarat IPCC: Klimawissen für Entscheidungen Dr. Christiane Textor Deutsche IPCC‐Koordinierungsstelle DLR Projektträger GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 1 Der Weltklimarat IPCC • Objektive und umfassende Bewertung des aktuellen Kenntnisstands der Klimaforschung aus wissenschaftlicher Sicht. • 1988 eingerichtet von Vereinten Nationen (UNEP und WMO). • Wissenschaftliches und zwischenstaatliches Gremium. • Nutzt vorhandenes Wissen – betreibt keine eigene Forschung, überwacht keine Klimadaten, betreibt keine Ausbildung. • Durch ihre Zustimmung zu den IPCC‐Berichten erkennen 195 Regierungen deren wissenschaftliche Aussagen an. GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 2 IPCC: politikrelevant – keine Empfehlungen nach O. Edenhofer GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 3 Mitwirkende bei IPCC‐Berichten Wissenschaft (mehrere tausend) • Unabhängige & ausgewogene Teams • Ohne zusätzliche Bezahlung • Bewerten Stand der Forschung aus wissenschaftlicher Sicht • Begutachten Berichte Regierungen (195) • Legen Verfahrensregeln fest • Wählen Vorstand • Beschließen Themen und Struktur von Berichten • Nominieren Expert/‐innen • Begutachten Berichte • Verabschieden die Zusammenfassung für Entscheidungsträger Geschäftsstellen (etwa 40 Stellen) und Sekretariat (etwa 10 Stellen) GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 4 Wissenschaft Hauptautor/innen IPCC‐Arbeitsgruppe 1 Naturwissenschaftliche Grundlagen 3. Leitautorentreffen, Marrakesch, Marokko, April 2012 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 5 Foto: H. Schug Regierungen + Wissenschaft: Verabschiedung Das Plenum verabschiedet die Zusammenfassung für Entscheidungsträger zeilenweise und stimmt dem Gesamtbericht zu. GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 6 Deutsche Beteiligung am Fünften IPCC‐Sachstandsbericht Wissenschaft • AG 3‐Ko‐Vorsitzender Prof. Ottmar Edenhofer (PIK) Geschäftsstelle • 41 deutsche Experten/‐innen im Hauptautorenteam (von 831) • hunderte Gutachter/‐innen Bundesregierung • Regierungsberatungen über das Management • Themen, Struktur und Begutachtung der Berichte • Förderung der Forschung zum Klimawandel (ca. 390 Mio. €) • Geschäftsstelle AG3, Höchstleistungsrechenkapazitäten, Klimasimulationen, IPCC‐Datenzentrum • Reisekosten, Qualitätssteigerung durch Assistenzstellen für Hauptautoren • Direkte finanzielle Unterstützung (2008‐2014): ca. 17,6 Mio. € GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 7 Der Fünfte Sachstandsbericht in Zahlen • 195 Regierungen • Mehr als 2000 Autoren (831 Hauptautoren und >1200 weitere) • Mehr als 30 000 Publikationen ausgewertet • Mehrere tausend Gutachter/‐innen • Drei Begutachtungsrunden, 142 631 Kommentare • Insgesamt 4790 Seiten • Alle Teile enthalten eine etwa 30‐seitige Zusammenfassung. AG 1 AG 2 Teil A AG 2 Teil B AG 3 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 SYR 8 Hauptaussagen des IPCC „Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig.“ • Die Atmosphäre und der Ozean haben sich erwärmt, die Schnee‐ und Eismengen sind zurückgegangen, der Meeresspiegel ist angestiegen und die Konzentrationen der Treibhausgase haben zugenommen. „Der Einfluss des Menschen auf das Klimasystem ist klar.“ • Es ist äußerst wahrscheinlich (95‐100%), dass der Einfluss des Menschen die Hauptursache der beobachteten Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts war. IPCC 2013 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 9 Heutiger Klimawandel: Beobachtungen • Oberflächentemperatur: ist zwischen 1880 und 2012 um ca. 0,85 °C gestiegen. • Meeresspiegelanstieg: seit 1901 im globalen ø um knapp 20 cm anstiegen. • Ozeanversauerung: Abnahme des pH an der Oberfläche um 0,1 (d. h. Zunahme des Säuregehalts um 26 %). • Extremereignisse: z. B. Veränderungen extremer Temperaturen und Niederschläge. • Eis/Schnee: Masseverlust der polaren Eisschilder und Gletscher, Abnahme der Schneebedeckung im nördlichen Frühjahr. nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 10 Energiegehalt (1021 Joule) Globale Erwärmung nach IPCC 2014 • Mehr als 90 % der zusätzlichen Energie im Ozean gespeichert. • Je etwa 3 % zum Schmelzen von Eis und Gletschern und zur Erwärmung der Kontinente. nach IPCC 2014 • Nur 1 % der Energie verblieb in der Atmosphäre. GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 11 Heute schon: weitverbreitete Folgen • Schäden an empfindlichen Ökosystemen. • Änderung der geographischen Verbreitung von Arten und ihrer Interaktion untereinander. • Beeinträchtigung der Wasserressourcen durch geänderte Niederschläge oder Schnee‐ und Eisschmelzen. • Vorwiegend negative Folgen für Getreideerträge. nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 12 Klimaprojektionen GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 13 Klimaprojektionen: Mittlere globale Temperatur • Repräsentative Klimaszenarien • Internationaler Vergleich von Klimamodellen (>40) gegenüber [1986‐2005] Vergangenheit Zukunft ungebremste Emissionen ambitionierter Klimaschutz nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 14 Klimaprojektionen: Globale Temperaturverteilung ambitionierter Klimaschutz ungebremste Emissionen nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 15 Zukunft: Änderungen im Klimasystem • Bei ungebremsten Treibhausgas‐Emissionen würde die globale Mitteltemperatur (ggü. vorindustriellem Niveau) ansteigen: um 2050 auf über 2 °C, bis 2100 um 3,7 ‐ 4,8 °C. • Dies würde zu drastischen Veränderungen führen: weiterer Anstieg des Meeresspiegels (um 45‐82 cm bis 2100, langfristig bis 7 m möglich), Niederschläge, Eis und Schnee, Extremwetterereignisse, und Ozean‐Versauerung. • Die meisten Änderungen werden für viele Jahrhunderte bestehen bleiben, selbst wenn die Emissionen gestoppt würden. nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 16 Die zukünftigen Folgen des Klimawandels Der Klimawandel verstärkt bestehende Risiken und bewirkt neue. • Verlust an Biodiversität und Dienstleistungen der Natur, Schäden an Infrastrukturen und Landverluste. • Verlangsamtes Wirtschaftswachstum, Ernährungssicherheit, soziale Ungleichheiten, verstärkt Gefahr gewaltsamer Konflikte und verstärkter Migrationsbewegungen. • „Schnellerer und stärkerer Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit für schwerwiegende tiefgreifende und irreversible Folgen für Menschen, Arten und Ökosysteme und beschränkt die Wirksamkeit von Anpassungsmaßnahmen.“ nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 17 Risiken ungebremsten Klimawandels Beispiel Ernährungssicherheit: Risiken des Klimawandels für die Fischerei Verschiebung und Abnahme der Bestände nach IPCC 2014 Änderung des maximalen Fangpotenzials in den nächsten 50 Jahren bei ungebremsten Emissionen (2051‐2060 verglichen mit 2001‐2010) <50% -21 – 50% -6 – 20% -1 – 5% Keine Daten 0 – 4% 5 – 19% GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 20 – 49% 50 – 100% >100% 18 Regionen: Hauptrisiken für Europa nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 19 Atmosphärisches Budget • Treibhausgase bleiben in der Atmosphäre. • Um die 2°C‐Obergrenze einhalten* zu können, bleibt noch ein CO2‐Budget von rund 1000 Gt. Gesamtes Kohlendioxid‐ Budget: 2900 Gt CO2 Bereits emittiert 1870‐2011: ca. 1900 Gt CO2 Übrig: Ca. 1000 Gt CO2 nach IPCC 2014 * 66 % Wahrscheinlichkeit GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 20 Dringender Handlungsbedarf • Das gewählte Klimaschutzziel bestimmt das Treibhausgas‐Budget. • Letztlich müssen in jedem Fall die Emissionen gestoppt werden, nur das Budget ist unterschiedlich hoch. Je weniger jetzt, … • desto mehr später • desto teurer • desto weniger Möglichkeiten nach IPCC 2014 GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 21 Ohne Klimawissenschaft keine Klimapolitik • Die wissenschaftlichen Aussagen über den Klimawandel und seine Ursachen werden politisch anerkannt. • Für die Klimarahmenkonvention ist der IPCC die umfassendste, zuverlässigste und maßgeblichste Quelle für Klimawissen. • Ziele, Umsetzung und Fortschrittskontrolle des Pariser Abkommens sind IPCC‐ und wissenschaftsbasiert. • Nach Paris: – Fragen nach Lösungswegen – Umgang mit dem unvermeidbaren Klimawandel – Bezug zur Nachhaltigkeitsdiskussion – Sozialwissenschaften werden wichtiger. GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 22 Ausblick: Der sechste Berichtszyklus des IPCC • Deutscher Ko‐Vorsitz AG 2: Prof. Hans‐Otto Pörtner (AWI) + Geschäftsstelle • Drei Sonderberichte – 1,5 Grad globale Erwärmung (2018) – Landsektor (2019) – Ozeane und Kryosphäre (Eisgebiete) (2019) • Ergänzung der Methoden zur nationalen Treibhausgas‐Berichterstattung (2019) • Sechster IPCC‐Sachstandsbericht (2021/22) GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 23 VIELEN DANK FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT! Dr. Christiane Textor Deutsche IPCC‐Koordinierungsstelle │ DLR Projektträger www.de‐ipcc.de GDV Naturgefahrenkonferenz, 14. September 2016 24