braunschweiger beiträge für theorie und praxis von ru und ku 116 2/2006 issn 0172-1542 herausgegeben vom KIRCHENCAMPUS Wolfenbüttel schriftleitung: hans-georg babke und heiko lamprecht arbeitsbereich religionspädagogik und medienpädagogik der ev.-luth. landeskirche in braunschweig postfach 16 64, 38286 wolfenbüttel telefon: [05331] 802-507 oder -504 • fax: [05331] 802 713 http://www.arpm.de • e-mail: [email protected] impressum Schriftleitung: Pfarrer Dr. Hans-Georg BABKE, ARPM, Wolfenbüttel Pfarrer Heiko LAMPRECHT, ARPM, Wolfenbüttel in Kooperation mit Axel KLEIN, Dozent für Konfirmandenarbeit und schulnahe Jugendarbeit, Wolfenbüttel Mitarbeiter dieses Heftes: Prof. Dr. Christof GESTRICH, Humboldt-Universität, Berlin Prof. Dr. Reinhold Mokrosch, Institut für Ev. Theologie an der Universität Osnabrück, 49069 Osnabrück Kirsten Dorothea REINMUTH, Riemenschneider-Gymnasium, 97074 Würzburg Dipl.-Psych. Wilhelm R. REINMUTH, Landespfr. u. ehem. Leiter ARP, Hohenloher Str. 27, 97234 Reichenberg Dipl.-Päd. Dr. Jos SCHNURER, Immelmannstr. 40, 31137 Hildesheim Prof. Dr. Bernhard SIELAND, Institut für Psychologie der Universität Lüneburg, Scharnhorststr. 1, 21335 Lüneburg Ilse SIEVERS, Fliederweg 1, 38302 Wolfenbüttel Torsten SÖDER, Kirchboitzen 25, 29664 Walsrode Layout: Veronika SCHNEIDER, ARPM, Wolfenbüttel Druck: Druckerei KOTULLA, Wolfenbüttel ‘braunschweiger beiträge’ erscheinen viermal im Jahr. Preis im Abonnement 9,00 EURO; Einzelheft 3,00 EURO Auflagenhöhe ‘bb’ Heft 116-2/2006: 2.000 Exemplare Bestellaufnahme: Arbeitsbereich Religionspädagogik und Medienpädagogik der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig Dietrich-Bonhoeffer-Str. 1, 38300 Wolfenbüttel Tel.: [05331] 802 507 • Fax: [05331] 802 713 http://www.arpm.de • e-mail: [email protected] Landeskirchenkasse Wolfenbüttel, EKK Hannover, Konto 65 05, BLZ 250 607 01 Ab- und Raubdrucke sowie Fotokopien und sonstige Vervielfältigungen sind dringend erwünscht. Bitte Quellenangaben nicht vergessen, zwei Exemplare immer als Beleg an uns. Wir freuen uns, danke! Quellen: Titelbild/Folie: "Der Weinberg des Herrn" von Lucas Cranach d.J., 1569, Stadt- und Pfarrkiche St. Marien Lutherstadt Wittenberg Liebe Leserin, lieber Leser! Erfahrungsorientiertes Lernen im Religionsunterricht steht hoch im Kurs. Allerdings in der Weise, dass häufig der schulische Religionsunterricht selbst Ort der religiösen Erfahrung sein soll, und nicht in der Weise, dass der Religionsunterricht Bezug nimmt auf die religiösen Lebenswelten außerhalb der Schule. Das ist auch in dem Programm des sog. performativen Religionsunterrichts der Fall. Damit wird die Konsequenz aus der Tatsache gezogen, dass die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht teilnehmen, wenig Erfahrung mit der christlichen Religion als Lebensform haben. Religion soll nach diesen Programmen nicht nur aus der Außenperspektive betrachtet, sondern aus der religiösen Binnenperspektive inszeniert, eingeübt und vollzogen werden. Eine zusätzliche Rechtfertigung erfährt diese Art des erfahrungsorientierten Lernens aus der gegenwärtigen Bildungsstandardsdebatte, bei der für das Fach Religion als spezifische Kompetenz auch die Partizipations- oder Teilhabekompetenz hervorgehoben wird. Auch wenn von den Vertretern dieser religionspädagogischen Programme vehement dementiert wird, dass es sich dabei um „einen Rückfall in zu Recht kritisierte deduktionistische Phasen vereinnahmender misssionarischer Katechese“ (Mendl) handelt, ist doch kaum zu erkennen, wie diese Gefahr gebannt werden könnte. Die vom Bildungsauftrag der Schule vorgenommene Begründung des Religionsunterrichts, der sich seit den 1970er Jahren durchgesetzt hat, ist eine Errungenschaft, hinter die nicht zurückgegangen werden kann, wenn man den Status des Faches im schulischen Fächerkanon nicht gefährden will. Diese Begründung hat dazu geführt, dass das Niveau und das Ansehen des Faches im Vergleich zu vorher erheblich zugenommen haben. Die Errungenschaften scheinen mir mit den jetzt propagierten religionspädagogischen Programmen der Inszenierung des Religiösen am Lernort Schule auf dem Spiel zu stehen. Schulischer Unterricht generell ist funktional bezogen auf die Lebenswelten außerhalb der Schule. Der Unterricht versucht, die in ihnen geltende Regelhaftigkeit zu durchdringen, zu erschließen und zu verstehen. Das gilt auch für den Religionsunterricht. Er ist abhängig von den religiösen Lebensformen außerhalb der Schule und reflexiv auf sie bezogen. Soll das Erfahrungsdefizit von Schülerinnen und Schülern ausgeglichen werden, dann kann das nur so geschehen, dass den Schülern die Gelegenheit gegeben wird, die primären Orte der religiösen Lebensformen außerhalb der Schule aufzusuchen und durch teilnehmende Beobachtung, durch die Begegnung mit und die Befragung von Teilnehmern an diesen Lebensformen die religiöse Perspektive auf die Welt und die Regelhaftigkeit ihres Verhaltens, die damit verbunden ist, zu erkunden. Aufgabe des Religionsunterrichts ist die Reflexion auf das Erlebte sowie die Sammlung und systematische Ordnung der dort geltenden Deute- und Handlungsregeln zum besseren Verstehen und zur besseren Verständigung. Und das ist beileibe keine neutrale Religionskunde, die gern sofort als ideologisches Schreckgespenst dem Programm der Inszenierung des Religiösen in der Schule gegenüber gestellt wird. Denn auch die Reflexion geschieht perspektivisch, dh. sie bleibt unhintergehbar an die Perspektive gebunden, aus der heraus die Reflexion vorgenommen wird. Das lässt sich durch weitere Argumente untermauern: Erstens: Mit Tarski ist zwischen der Objektsprache und der Metasprache zu unterscheiden. Als „Objektsprache“ wird diejenige Sprache bezeichnet, mit der wir uns über lebensweltliche Sachverhalte verständigen („Heute ist es aber kalt.“) Die Metasprache verwenden wir, wenn wir objektsprachlich geäußerte Sachverhalte problematisieren oder bestätigen („So kalt ist es nun auch wieder nicht. Immerhin zeigt das Thermometer 18°.“) Mit der Metasprache sehen wir gleichsam von oben auf die gemachte objektsprachliche Äußerung und bewerten ihre Wahrheit bzw. Plausibilität. Die Metasprache ist logisch reichhaltiger als die Objektsprache, weil sie zusätzlich die Erfüllungsbedingungen und Bewertungskategorien enthält, mit der eine objektsprachliche Äußerung beurteilt wird. Als Argumente auf der metasprachlichen Ebene können auch Sachverhalte aus objektsprachlichen Zusammenhängen verwendet werden. Den Unterschied macht lediglich der funktionale Verwendungszusammenhang: Gilt eine Äußerung der unmittelbaren Ver- ständigung über Sachverhalte oder der Beurteilung einer Äußerung? Dementsprechend ist die Sprache der primären religiösen Lebensform die religiöse Objektsprache, während die Sprache des Religionsunterrichts die theologische Metasprache ist, in der über die religiös gedeuteten Sachverhalte reflektiert wird. Bei einem religionspädagogischen Programm der Inszenierung des Religiösen im Religionsunterricht wird diese Differenz der unterschiedlichen Sprachebenen eingeebnet. Es ist nicht zu sehen, wie ein solcher Unterricht zur Sprachförderung der Schüler beitragen können soll. Nebenbei gesagt: Die reflexive Metasprache der Theologie an den theologischen Fakultäten/Fachbereichen unterscheidet sich ja hoffentlich auch von Predigten oder performativen Segenzusprüchen im Gottesdienst, ohne dass dadurch die Theologie zur neutralen Religionswissenschaft wird. Zweitens: Problematisch ist die Rede von der Teilhabe- oder Partizipationskompetenz, die für den Religionsunterricht spezifisch sein soll. Damit ließe sich auch jeder Unterricht in den Koranschulen mit der bloßen Rezitation des Korans in arabischer Sprache als schulischer Religionsunterricht rechtfertigen. Ganz zweifellos wird mit der bloßen Rezitation von Unverstandenem die Kompetenz gefördert, an einer religiösen Lebensform teilzunehmen. Und doch würde niemand ernsthaft behaupten wollen, dass so eine Kompetenz auch nur ansatzweise vereinbar wäre mit unserem Bildungsverständnis. Nun wird eingewendet, dass es sich bei der Inszenierung von Partizipation und Performativität lediglich um einen „probeweisen Mitvollzug“ handeln soll. Die religiöse Lebensform wird sozusagen nur „gespielt“. Natürlich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit. Aber auch ernsthaftes Spiel bleibt Spiel. Aber Segen zu spielen ist pädagogisch ebenso unverantwortlich wie Abendmahl oder eine jüdische Seder-Feier zu spielen. Es bleibt dabei: Der sich vom Bildungsauftrag der Schule herleitende Religionsunterricht ist nicht der primäre Ort religiöser Sprechhandlungen und Lebensformen, sondern der Ort, an dem aus einer bestimmten konfessionellen Perspektive auf die religiösen Lebensformen außerhalb der Schule – auf andere oder die eigene – mit Sympathie reflektiert wird. . meditation Das ARPM hatte einen Lehrerfortbildungskurs in Wittenberg, dem Zentrum der lutherischen Reformation. Der Wirkungsstätte auch der beiden Reformationsmaler Lukas Cranach d. Ä. und seines Sohnes, Lukas Cranach d. J. Ziel des Kurses war die Frage, ob und wie die künstlerischen Illustrationen der Reformationstheologie im Unterricht oder bei der Gestaltung des diesjährigen Reformationstages in der Schule genutzt werden könnten. Das Bild, das alle Teilnehmer am meisten faszinierte, trägt den Titel „Der Weinberg des Herrn“ und stammt von Lukas Cranach d. J. aus dem Jahre 1569. Vater und Sohn waren Vertreter der RenaissanceKunst, in der religiöse Bilder nicht mehr wie früher Gegenstand der frommen Verehrung waren, sondern erzählende Bilder, die eine Botschaft transportierten, also Mittel der Predigt und der Katechese. Maler und Betrachter sind nun Augenzeugen biblischer oder kirchengeschichtlicher Szenen und damit Teilnehmer an den dargestellten Geschichten. Verstärkt wird das dadurch, dass zeitgenössische Personen in die Szenen montiert wurden und dass die Szenen in die heimatliche Umgebung gestellt wurden. Vor allem aber: Die religiöse Kunst war Propaganda-Kunst, Kampf-Kunst. Das aus der Künstler-Perspektive Richtige und Gute wird schroff und zuweilen plakativ dem Falschen und Schlechten gegenüber gestellt. Die Natur unterstützt die inhaltliche Botschaft. Lebendige, grüne Pflanzen mit ihren Blüten sind auf der Seite des Guten, abgestorbene Pflanzen und tote Natur kennzeichnen das Alte, das Böse. 3 'bb' 116-2/2006 Das alles findet sich auch auf dem Bild „Der Weinberg des Herrn“. Dabei handelt es sich um ein Epitaph, eine Stiftung und eine Auftragsarbeit des Wittenberger Stadtkirchenpfarrers Paul Eber, eines Schülers Luthers. Ihn und seine Familie hat Cranach rechts vorn in das Bild gezeichnet. Rechts hinter dem Weinberg sieht man das Wittenberger Schloss. Schon seit alttestamentlicher Zeit schwingt in dem Begriff „Weinberg“ mehr mit als nur die Kennzeichnung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche. Es ist eine Metapher, ein Gleichnis zunächst für Israel als das auserwählte Gottesvolk, bei Jesus für das Reich Gottes, in christlicher Zeit für die Kirche. So klagt der Prophet Jesaja im sog. Weinberglied (Jes. 5, 1-7) darüber, dass ein Mann (Gott) sich alle Mühe mit seinem Weinberg, den Israeliten und ihrer Elite, gegeben habe Und doch hat dieser Weinberg keine guten Früchte gebracht. „Er wartete auf Rechtsspruch, und siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.“ Der Weinbergbesitzer beschließt daraufhin, den Weinberg aufzugeben und ihn wüst werden zu lassen. Jesus verwendete die Metapher in zweien seiner Gleichnisse: im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Matth. 20), die trotz unterschiedlicher Arbeitszeit denselben Lohn bekommen, sowie im Gleichnis von den ungerechten Weingärtnern (Matth. 21), denen der Weinbergbesitzer seinen Weinberg anvertraut, dessen Gesandte und dessen Sohn dann aber von den Weingärtnern geschlagen und getötet werden. „Weinberg“ – ein Bild für das Eigentum Gottes und seinen Herrschaftsbereich. An diesen Gebrauch knüpfte die päpstliche Bannandrohungsbulle gegen Luther im Jahre 1520 an. Sie trug den Titel „Exsurge Domine“ – „Erhebe dich, Herr“. Am Anfang heißt es da: „Als du, Herr, aufstiegst zum Vater, hast du Sorge getragen für diesen Weinberg; sein Regiment und seine Verwaltung Petrus befohlen, als dem Oberhaupt und deinem Stellvertreter, sowie dessen Nachfolgern.“ Dann wird Gott aufgerufen „Erhebe dich, Herr!“ Gott möge auf das Bitten und Flehen des Papstes hören, denn Füchse haben sich aufgemacht, den Weinberg des Herrn, die Kirche, zu verwüsten, eine Wildsau aus Wittenberg, eine Bestie, ist eingebrochen. An diese Polemik gegen Luther erinnerte sich offensichtlich Cranach, vermutlich inspiriert durch den Namen des Auftraggebers, Paul Eber. In seinem Kampf-Bild kehrt Cranach aber nun den Vorwurf um. Die Wildsäue, die den Weinberg des Herrn verwüsten, sind die Repräsentanten der damaligen römischen Kirche. In Leserichtung finden wir auch hier die schroffe Gegenüberstellung: das Alte, Schlechte auf der linken Seite des Weinbergs, das Gute, Neue auf der rechten Seite, getrennt durch einen Weg, der sich vom Tor links vorn den Weinberg hinaufschlängelt. Auf der linken Seite arbeiten die bösen, auf der rechten Seite die guten Weingärtner. Die bösen: der Papst, der Kardinal, der Bischof, Mönche und Nonnen; die guten: die Wittenberger Reformatoren. Was kennzeichnet nun die bösen Weingärtner? – (Von oben nach unten) Zwei Mönche gehen mit Axt und Hacke aufeinander los. Ein Mönch trinkt. Der Papst versucht, mit seinem Stab die Erde umzugraben. Der Kardinal sammelt Weinstöcke als Feuerholz. Ein Mönch sammelt Steine für den Brunnen. Der Bischof und ein Mönch verbrennen die Weinstöcke. Der funktionsuntüchtige Brunnen wird von Mönchen und Nonnen mit Steinen befüllt. Dieser Teil des Weinbergs wird runtergewirtschaftet. Ganz anders auf der rechten Seite: Zwei Reformatoren fahren Mist zum Düngen des Weinbergs, Spalatin als Sekretär des Kurfürsten von Sachsen verteilt den Dünger. Justus Jonas pflanzt neue Weinstöcke, Caspar Cruciger haut neue Pfähle ein, der Neutestamentler Paul Crell trägt Trauben zur Presse, ein anderer befestigt die Weinstöcke an den Pfählen, Johannes Bugenhagen, der Braunschweiger Reformator, hackt den Boden, Melanchthon schöpft frisches Wasser aus dem funktionstüchtigen Brunnen, ein anderer wässert den Boden, und – im Zentrum des Bildes – harkt Martin Luther das Unkraut zusammen. Dieser Teil des Weinbergs gedeiht. Und es gibt eine zweite Antithese auf dem Bild: Die Persongruppe vor dem Tor wird den guten Weingärtnern gegenüber gestellt. Noch einmal sind der Papst mit goldenem Gewand, Tiara und Stab, der rot gewandete 4 'bb' 116-2/2006 Kardinal und der Bischof mit Mitra und Stab abgebildet. Ihnen gegenüber Jesus und die Apostel Johannes und Petrus, erkennbar an dem Schlüssel, den er jedoch verkehrt herum hält. Der Papst hält die Hand auf. Er erwartet von Jesus den Lohn für seine Arbeit. Aber Jesus verweigert ihm diesen. Denn er dreht dem Papst den Handrücken zu. Auch der umgedrehte Schlüssel des Petrus und der Gesichtsausdruck des Johannes verraten Missbilligung. Kritik an der Leistungsgerechtigkeit. An dem Gedanken, dass ich es selbst bin, der durch sein Tun und seine Leistung über seinen Wert, seine Würde und seine Anerkennung bei Gott entscheidet. Kritik an der Vorstellung von der menschlichen Selbstbehauptung und Selbstmächtigkeit. Kritik an einer Lebenseinstellung, die meint, dass der Wert des Menschen und der Sinn des Lebens erst das nachträgliche Ergebnis menschlicher Leistung sind; Kritik an der Einstellung, dass wir unser Sosein erst durch unser Tun herstellen; dass unser Wert und unsere Würde davon abhängen, was wir aus dem in uns angelegten Potenzial machen, dass wir – einmal ungefragt in diese Welt geworfen – nachträglich unser Dasein durch unsere Leistungen rechtfertigen. Dieser Lebenseinstellung zeigt Jesus den ablehnenden Handrücken und Petrus den umgedrehten Schlüssel. Anders dagegen die guten Weingärtner: Sie haben es mühsam gelernt, dem gnädigen Urteil Gottes über sich zu vertrauen. Gelernt, dass sie ihr Dasein nicht nachträglich rechtfertigen müssen, dass es vielmehr von allem Anfang an bei Gott gerechtfertigt ist, unabhängig von ihren Leistungen. Ihnen ist nun bewusst, dass sie längst bejaht sind, dass sie schon immer Wert und Würde haben, dass der Sinnempfang der Sinnleistung vorausgeht. Und doch arbeiten sie und leisten etwas. Aber nicht als Vorleistungen für eine Rechtfertigung irgendwann in der Zukunft. Sondern aus Dankbarkeit für die empfangene Gnade. Und so wehrt das Bild Cranachs einem anderen – diesmal evangelischen Missverständnis -, als ob die Gnade Gottes billig zu haben wäre, wie Dietrich Bonhoeffer es nennt, ohne nachfolgende Taten, ohne Nachfolge Jesu. Denn die reformatorische Erkenntnis des gnadenvollen Bejahtwerdens durch Gott bedeutet ja nicht einfach die Bestätigung des bisherigen Lebens, sondern die radikale Absage an das selbstmächtige und eigenwillige Leben, nicht Rechtfertigung der Sünde, sondern Rechtfertigung des Sünders. Maler und Betrachter des Bildes sind Teilnehmer an dieser Kampf-Szene. Sie werden mit der Frage konfrontiert: Welcher Lebenseinstellung neigst du zu? Derjenigen, dass sich der Wert und der Sinn deines Lebens erst in der Zukunft auf Grund deiner Leistungen entscheidet? Oder derjenigen, dass du schon längst gewollt und bejaht bist, mit Würde ausgestattet, und dass du aus dem Wissen darum unermüdlich das tun kannst, was in der Welt, dem Weinberg des Herrn, getan werden muss? Hans-Georg Babke 5 'bb' 116-2/2006 das epitaph „der weinberg des herrn“ von lucas cranach im religionsunterricht der sekundarstufe I ilse sievers Die im Folgenden dargelegten Ideen stammen zum Teil aus der Arbeit mit dem Epitaph während der Kontext bezogenen Fortbildung in Wittenberg: „Die wundersame Vermittlung reformatorischer Ideen durch die Kunst – Lucas Cranach als Illustrator der Reformation“. Die Kinder des 1569 in Wittenberg verstorbenen Generalsuperintendenten Paul Eber (Nachfolger Bugenhagens) haben dieses Epitaph bei Lucas Cranach d. J. in Auftrag gegeben. Es hängt in der Wirkungsstätte ihres Vaters, der Stadtkirche zu Wittenberg, und ist „Glaubensbekenntnis des Paul Eber zu dem gnädigen Gott, der nicht fordert, sondern schenkt.“1 Je nach Altersstufe eignet sich die Arbeit mit dem Epitaph für den fächerübergreifenden Unterricht (Religion/ Geschichte/ Kunst) im Rahmen eines Projekttags zum Thema „Reformation“ oder als 1 - 2-stündige Unterrichtseinheit. Im Geschichtsunterricht wird die Reformation in Kl. 8 thematisiert. Die Unterrichtsmethoden und Arbeitsaufträge des Lehrwerks „Geschichte und Geschehen 3“ (Klett) bieten viele Ideen. Die Abhandlungen zur Reformation bilden ein wichtiges Hintergrundwissen (siehe S. 166 ff). Im Religionsunterricht wird im Rahmen des Themas „Gleichnisse“ den Schülern das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg* (Matthäus 20,1-16) bekannt sein (Kl. 4 – 6). Daneben gibt es andere Bibelstellen, in denen vom Weinberg die Rede ist(u. a. Jesaja 5.1 ff/ Johannes 15.5). Ein Vergleich - inwiefern entspricht die Darstellung der Arbeit im Weinberg bei Lucas Cranach dem Gleichnis bei Matthäus - macht deutlich, dass der Weinberg hier für die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen, steht. Der Weinberg wird zwar durch eine gemeinsame Pforte betreten - an deren Ausgang Jesus den vereinbarten Lohn auszahlt - aber der Weinberg ist durch eine Trennlinie in zwei Hälften geteilt. Auf der linken Seite sieht man karikiert die Arbeit des Papstes und seiner Mitarbeiter. Sie tun Unsinniges, z. B. verfüllen sie den Brunnen (Quelle des Lebens/Wachsens/Glaubens) mit Steinen. „Ihr Tun hat nichts mit dem Aufbau der Kirche zu tun./.../Sie arbeiten nicht für den Herrn des Weinbergs, nicht für Gott, nur für sich selbst. So drängt in dieser Bildhälfte alles auf die Bezahlung am Ausgang hin. Sie melden ihren Anspruch auf Entlohnung entsprechend der Dauer ihrer Tätigkeit an. Die Papstkirche lehrte einen berechnenden Gott, der mit uns abrechnet, der auf Heller und Pfennig die Sünden 6 und guten Werke zählt, um danach den Anteil am Himmel und Fegefeuer zu bestimmen. Nach biblisch-protestantischer Auffassung gibt es nur einen Himmel, keinen halben oder irgendwie geteilten Himmel. Gott schenkt allen Glaubenden das ganze Himmelreich. Er stellt alle menschliche Rechnerei auf den Kopf. /.../Hier wird nicht gezählt, sondern geschenkt, dafür steht der Weingärtner Jesus mit seinem Weg zum Kreuz. Gute Werke sind nicht die Aktien, mit denen man sich einen Anteil am Himmel erwirbt. Sie sind die Dankesgaben der Beschenkten./.../ Die Arbeiter der rechten Seite tun ihren Dienst, ein jeder an seinem Platz mit seinen Gaben. Die gärtnerische Tätigkeit charakterisiert ihr Wirken als Reformatoren. Wir sehen Luther mit der Harke, Melanchton am Brunnen, Forster beim Gießen, Bugenhagen mit der Hacke, Major beim Binden, Crell mit der Bütte, Cruciger und Jonas beim Pfählesetzen, auch Eber mit dem Winzermesser. Sie arbeiten alle gemeinsam. Keiner macht dem anderen den Platz streitig. Das gemeinsame Tun im Dienste Christi ist ihnen wichtig.“2 Bei einer Behandlung des Epitaphs im Kunstunterricht kann auf den Bildaufbau, die Farbsymbolik, die Pflanzen (z. B. die Erdbeere als Symbol für Christus), auf die Landschaft hinter dem Weinberg, den Krug „Zum Grünen Kranze“ als ferne Raststätte, auf die Paul Eber zueilt (im Bild dargestellte Gleichzeitigkeit einer zeitversetzten Handlung!), und auch auf die Darstellung der Personen in allen ihren Details eingegangen werden. Das Epitaph zeigt neben der Weinbergszene aber auch die Familie Paul Ebers, und dadurch ergeben sich Einsichten in die Familie des Auftraggebers und in die Zeit des 16. Jahrhunderts. Auffällig ist, dass auch die bereits verstorbenen Kinder als weiß gekleidete Gestalten und als selbstverständlich noch immer zur Familie gehörend dargestellt sind. So kann die Bildbetrachtung auch unter sozialgeschichtlichen Gesichtspunkten sinnvoll sein: Kindersterblichkeit, Müttersterblichkeit, Lebensumstände, Lebenserwartung damals und heute – der Tod war allzeit gegenwärtig. Neben der Angst vor dem Verlust des Lebens herrschte darüber hinaus eine immense Furcht vor dem, was nach dem Tod sein würde: dem Jüngsten Gericht und möglicher Verdammnis im Fegefeuer. Daher legt das Bild Zeugnis vom gottesfürchtigen Leben des Paul Eber und seiner Familie ab und hatte seinen Platz in der Kirche, 'bb' 116-2/2006 - Bilder in der Kirche: Gemaltes Wort als „Bibelersatz“ für Analphabeten? Bloße Illustration des Bibelwortes oder eigenständige Aussage? – an Beispielen belegen. Adressat und Auftraggeber der Bilder; die persönliche Haltung/Stellungnahme des Künstlers in der Darstellungsweise seines Werks erkennen. Was hat der Künstler mit Farbe und Form aus dem Thema gemacht? Wie bezieht Lucas Cranach selbst Stellung in seiner Darstellung vom „Weinberg des Herrn“? Bildbeschreibung: Nacherzählung der „gemalten Geschichte“ und damit eigene Deutung durch die Schüler - Gemalte Propaganda? Vergleich mit einem Wahlplakat. -Katholisch-evangelisch: Gemeinsames und Trennendes. Würde Cranach das Thema heute noch so malen? wie nach Möglichkeit auch das Grab selbst, (ein Vergleich mit der Beerdigungskultur/dem Totenkult heute wäre eine mögliche Aufgabe). Unterrichtsmethoden -Unterrichtsgespräch - Textarbeit (Schreibwerkstatt) - Arbeit mit dem Lexikon - Schülerreferate zu einzelnen Themen -Gruppenarbeit - Freiarbeit (einzelne Stationen mit Arbeitsaufträgen) Hierzu einige Anregungen für die Erarbeitung und zur Aufgabenstellung verschiedener Themenkomplexe Wer war Martin Luther (Lebensweg und Lebenswerk) - Die Reformation (zeitgeschichtliche Einordnung und begriffliche Einordnung des doppeldeutigen Begriffs) : Zur Zeit Luthers ist die Reformation die Erneuerung der einen Kirche. Die Reformer wollen den urspr. Zustand nach dem Evangelium wiederherstellen. Später versteht man darunter die religiöse Erneuerungsbewegung, die von den Lutheranern ausgelöst wurde und zur Spaltung zwischen Katholiken und Protestanten führte (vgl Geschichte und Geschehen 3, S. 169) - Die „Mitstreiter Martin Luthers“ (wer ist auf dem Bild zu sehen und was tun die Personen? Ziel: die übertragene Bedeutung erkennen (Unkraut jäten = Überflüssiges beseitigen, Steine sammeln = schwere Arbeit verrichten, um den Boden (für neues Denken )fruchtbar zu machen, düngen = Wachstum (des Glaubens) garantieren usw. - Andere Reformatoren - Der Maler Lucas Cranach d. Ä. Einfluss von Luthers Lehre auf sein Leben, wohlhabender Bürger, „Unternehmer“mit Werkstatt, Bürgermeister von Wittenberg, Apotheker, eigene Farbherstellung, sein Malstil, Portraits bekannter Persönlichkeiten, sakrale Kunst, Darstellungsform... Sein Sohn Lucas Cranach d. J. (Maler des Epitaphs) ebenfalls ‚Maler der Reformation’. - Bibelarbeit zum Thema „Weinberg“ im Alten und Neuen Testament ( Jesaja 5.1 ff, Matthäus 20,1-16, Johannes 15.5) -Symbole (Weinberg, Brunnen, Tätigkeiten, Farben, Pflanzen, Gegenstände - Wer war Paul Eber? Herkunft, Bürger Wittenbergs, Universitätslehrer, Pfarrer der Stadtkirche, Mitarbeiter Luthers. (Ausführlich siehe A. Steinwachs: Ich sehe dich mit Freuden an..., S. 35) - Medien Das Epitaph als OHP Folie CD (Sehen und Glauben. Zwei Cranach-Gemälde aus Wittenberg. Die Bilderwerkstatt. Der Reformation. Der Weinberg des Herrn 1569. Die 10 Gebote, Tafel 15/16. Eine interaktive CD-ROM über Kunst und Glauben ISBN 87 895 25 132) Poster Literatur Günter Lange: Zum Umgang mit Bildern der Kunst im Religionsunterricht http:://www.uni-leipzig. de/ru/lange/rukunsthtm Albrecht Steinwachs: Ich sehe dich mit Freuden an... Bilder aus der Lucas-Cranach-Werkstatt. Edition Akanthus 2006 Geschichte und Geschehen 3, Sekundarstufe L Kien 2005 Bemerkungen 1 2 * Albrecht Steinwachs: Ich sehe dich mit Freuden an... Die Bilder der Lucas Cranach-Werkstatt in der Wittenberger Stadtkirche St. Marien Edition Akanthus 2006, S. 39 ebd. S. 38 - 39 Trotz der älteren Ausgabe rindet sich ein gutes Unterrichtsmodell in: rp-modelle nr. 13/Problemfeld:Lohn-Leistung. Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 18,23-27,2.Teil) in: GleichnisseHandlungen-Hoheitstitel Jesu. Theologischer Grundkurs für das 4.-6. Schuljahr Analyse und Planung. (Diesterweg/Kflsel) 1977 7 'bb' 116-2/2006 u-stunden: der einsatz der methode: lernen an stationen zum thema „judentum“ torsten söder 1 Struktur der Unterrichtssequenz Folgende Übersicht verdeutlicht den inhaltlichen und methodischen Aufbau der Unterrichtssequenz „Judentum“. Der Unterrichtsversuch selbst ist auf neun Unterrichtsstunden ausgelegt, die über vier Wochen verteilt sind. Datum (Stunde) Thema der Stunde Groblernziele Die Schüler sollen… Aktionsund Sozialformen Medien Einführungsphase 02.02.2006 (1) Brainstorming „Judentum“ ...sich an bisher Gelerntes zum Thema „Judentum“ erinnern. LV, EA, PA, GA, L-S-G Moderationskarten Einführung in die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ ...die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ kennen lernen und Regeln für die Arbeitsphase formulieren LV, GA, SV Powerpoint, PC, Beamer, Tafel … ihre Erwartungen und Ängste formulieren. EA Fragebogen Anhang S.IV EA, PA, GA Bibel, Laufzettel, Stationen 1-9, TV, DVD-Player, DVD, PC, Internet L-S-G, S-S-G, SV Arbeitsmaterialien der Stationen 1-9 Erwartungen und Ängste zum Thema und zur Unterrichtsform Arbeitsphase 09.02.2006 (2-5) Bearbeitung der Lernstationen zum Thema „Judentum“ … mit Hilfe der Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ ausgewählte Inhalte des Themas Judentum erarbeiten. … ihre Team-, Kommunikationsund Kooperationsfähigkeit weiter entwickeln. … die Verantwortung für das eigene Arbeits- und Lernverhalten übernehmen. Auswertungsphase 16.02.2006 (6./7.) Auswertung der Lernstationen …ihren bisherigen Lernfortschritt gemeinsam kontrollieren. … sich gegenseitig unterstützen. … ihr Wissen vertiefen. … ihr Wissen wiedergeben. 8 'bb' 116-2/2006 Lernerfolgskontrolle und Metakommunikation 23.02.2006 (8./9.) Lernerfolgskontrolle zum Thema „Judentum“ … ihr Wissen vertiefen. … ihr Wissen wiedergeben. GA, L-S-G Powerpoint, PC, Beamer Beurteilung der Unterrichtsform und der Unterrichtseinheit … die Unterrichtsform und die Unterrichtseinheit kritisch reflektieren und beurteilen. EA Fragebogen Anhang S. LX Legende: EA = Einzelarbeit, PA = Partnerarbeit, GA = Gruppenarbeit, L-S-G = Lehrer-Schülerinnen-Gespräch, LV = Lehrervortrag, S-S-G = Schülerinnen-Schülerinnen-Gespräch, SV = Schülerinnenvortrag 2. Didaktische Überlegungen zur Konzeption der Unterrichtseinheit 2.1 Analyse des Themas in Verbindung mit den Auswahl- und Reduktionsentscheidungen Beim diesem Thema steht neben der Einführung der Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ das Thema „Judentum“ im Mittelpunkt. Das Thema bietet in der Breite wie auch in der Tiefe eine schier unbegrenzte Menge an Inhalten und Informationen. Eine Reduzierung fand durch die Klasse selbst statt. Die Schülerinnen haben sich für folgende Inhalte entschieden: Talmud1 1. Heilige Schriften der Religion (Station 1) 1 2 3 4 Die hebräische Bibel, der Tenach, wie er in einer Abkürzung aus den drei Haupteilen (T-N-K) heißt, umfasst zunächst die Tora, die Weisung: die fünf Bücher Mose; die Nebiim (Newiim), die Schriften der Propheten (Josua, Richter, Samuel, Könige – auch frühe Propheten). Den letzten Teil bilden die Ketubim (Ketuwim): das Buch der Psalmen, die Sprüche, das Buch Hiob sowie die fünf Rollen: Hohelied, Rut, Klagelieder, Kohelet, Ester und die drei Schriften Daniel, Esra und Nehemia, Chronik.2 Zum Lesen der Tora wird ein Jad (= hebräisch „Hand“) genutzt, ein Zeigestab, mit dem auf die zu lesenden Wörter gezeigt wird, da die Tora nicht berührt werden darf.3 Der Talmud (= hebräisch „Lernen“ oder „Lehre“) bestimmt als Erläuterung der Tora das alltägliche wie auch das rituelle Leben gläubiger Juden. Er besteht aus der Mischna (= hebräisch „Wiederholung“) und der Gemara (= aramäisch „Lehre“ oder „Wissenschaft“). Bei der Mischna handelt es sich nach der jüdischen Tradition um die mündliche Überlieferung der Lehre Gottes am Berg Sinai, sie macht den Hauptteil des Talmuds aus. Die Gemara ist als zweite Schicht, die aus Kommentaren und Analysen besteht, um die Mischna herum geschrieben.4 Bild aus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Talmud-Berachoth.jpg (11.03.2006) Vgl. Scherer (2003), S. 12 f. Vgl. Charing (2003), S. 37 Vgl. Rothschild (2005), S. 123 f. 9 'bb' 116-2/2006 Der Siddur (= hebräisch „Ordnung“) ist das Gebetsbuch für den Alltag und für den Sabbat.5 Die Haggada (= hebräisch „Erzählung“) ist eines der bekanntesten und beliebtesten Bücher im Judentum. Sie erzählt die Geschichte von der Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Diese Geschichte wird jedes Jahr am Sederabend erzählt und gesungen.6 Der Midrasch (= hebräisch „Forschung“) ist eine Sammlung von Erklärungen und Auslegungen der Geschichten des Tenachs. Er wird als menschlich und nicht göttlich angesehen. Er ist somit keine „Autorität“, sondern eine intellektuelle und geistliche Übung.7 Die Kabbala ist die mystische Tradition im Judentum. Die Bezeichnung Kabbala geht auf den hebräischen Wortstamm q-b-l zurück und bedeutet „Überlieferung, Übernahme, Weiterleitung“. Die Wurzeln der Kabbala finden sich in der Tora.8 Der Sohar ist das wichtigste Buch der Kabbala, in dem auch das Zusammenspiel von zehn schöpferischen Kräften (Sefirot) beschrieben wird.9 In der Nähe von Qumran, einer Ruinenstätte westlich des Toten Meeres, wurden im Jahre 1947 Schriftrollen entdeckt, die wahrscheinlich aus dem Zeitraum von 150 v. Chr. bis 68 n. Chr. entstanden sind. Einige dieser Schriftrollen sind fast komplett erhalten und zeigen, dass die Bibel seit römischer Zeit kaum verändert wurde.10 Diese Station habe ich als Pflichtstation gewählt, da die wesentlichen Begriffe der heiligen Schriften des Judentums als elementare Aspekte der Religion gelten, die auch unter den beispielhaften Inhalten der Rahmenrichtlinien zu finden sind.11 2. Gründer oder Stifter der Religion (Station 3) Es gibt keinen eindeutigen Stifter oder Gründer des Judentums.12 Abraham ist in der Hebräischen Bibel eine zentrale Figur und gilt als Stammvater Israels. Er gehört mit seiner Frau Sara und seinem Sohn Isaak sowie dessen Frau Rebekka und deren Sohn Jakob mitsamt seinen Frauen Lea und Rahel zu den Erzeltern, aus denen, laut biblischer Überlieferung der Zwölfstämmebund des Volkes Israel hervorging. Neben den Erzeltern hat Mose als Retter des Volkes Israels aus der Sklaverei und als Empfänger der Zehn Gebote eine zentrale Bedeutung für das Judentum.13 Diese Station ist ebenfalls eine Pflichtstation, da „Heilige Männer und Religionsstifter als Vermittler und Interpreten von religiösen Deutungs- und Ordnungssystemen“ als elementare Aspekte in den Rahmenrichtlinien aufgeführt werden. Die Person Mose wird hier als beispielhafter Inhalt genannt.14 3. Stand der Frauen in der Religion15 (Station 4) Die Stellung der Frau ist je nach Glaubensrichtung innerhalb des Judentums unterschiedlich zu beurteilen. Im Reformjudentum ist die Frau durchaus gleichberechtigt, sie darf die Tora studieren, als Rabbinerin fungieren und in der Synagoge zwischen den Männern sitzen. In der orthodoxen Richtung sind diese Rechte hingegen den Männern vorbehalten. Zudem gibt es vor dem jüdischen Gesetz keine Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen.16 Diese Station ist als Wahlstation vorgesehen, da keine elementaren Aspekte behandelt werden. Der Lerngruppe wird die Möglichkeit gegeben, einen Einblick in das Rollenverständnis von Mann und Frau im orthodoxen Judentum zu gewinnen. 4. Religiöse Feste und Familienfeste (Station 5) 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Der jüdische Kalender ist ein Mondkalender, es existiert jedoch eine Schaltregel zum Angleichen an das Sonnenjahr. Die einzelnen Feiertage und Feste werden im Anhang S. XXXII ff. detaillierter beschrieben. Diese Station ist eine Pflichtstation, da „Kulthandlungen, Symbole und Lehre als Ausdruck einer ordnungstiftenden Weltordnung“ als elementare Aspekte des Lernfeldes B in den Rahmenrichtlinien vorgesehen sind.17 Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Siddur (11.03.2006) Vgl. Shire (2001), Buchumschlag Vgl. Rothschild (2005), S. 86 f. Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Kabbala (11.03.2006) Vgl. Charing (2003), S. 39 Vgl, ebd. S. 37. Hierzu auch Hartmut Stegemann: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus. Ein Sachbuch. Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12 Vgl. Scherer (2003), S. 10 f. Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Erzeltern (11.03.2006). Vgl. Fischer (2004), S. 16 f. Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12 Siehe Kapitel 3.1.1; es sind 17 Schülerinnen in der Klasse Vgl. Much im Internet: http://www.talmud.de/statfrau.htm (11.03.2006) auch Station 4 Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12 10 'bb' 116-2/2006 5. Speisevorschriften in der Religion18 (Station 6) Nach jüdischer Tradition sind nur bestimmte Lebensmittel zum Verzehr geeignet (= koscher). Diese Regeln nehmen im jüdischen Alltag einen bedeutenden Platz ein und lassen sich aus der Bibel ableiten.19 So dürfen Juden nur wiederkäuende Paarhufer verzehren, die nach jüdischer Tradition geschächtet worden und vollkommen ausgeblutet sind. Tiere aus dem Wasser müssen Schuppen haben, um koscher zu sein. Weiterhin darf Fleisch nicht mit Milchprodukten vermischt oder gemeinsam zu sich genommen werden. Nach dem Verzehr von Fleisch muss man sechs Stunden warten, bis Milchprodukte gegessen werden dürfen. Nach dem Genuss von Milchprodukten müssen Juden eine halbe Stunde warten, bis sie Fleisch verzehren dürfen. Geschirr und Kochstellen sind getrennt zu nutzen.20 Die Station 6 habe ich als Wahlstation geplant, da die Lerngruppe hier keine elementaren Grundlagen erarbeitet. Die Einhaltung der Speiseregeln ist eine religiöse Pflicht im Judentum (siehe Punkt 6.). 6. Religiöse Pflichten und Riten (Station 7) Neben den oben genannten Speisevorschriften gilt die Heiligung des Sabbats als wichtigstes Gebot der Juden. Der Sabbat verweist auf den Ruhetag Gottes nach der Schöpfung der Welt und ist für die Juden heilig. Zum Begehen des Sabbats gehören bestimmte häusliche Bräuche sowie der Besuch des Gottesdienstes. Auch die jüdische Küche ist durch den Sabbat und das Verbot, Feuer zu entzünden, stark beeinflusst. Auf Grund dessen entstanden viele Speisen, die vor Beginn des Sabbats auf ganz kleiner Flamme aufgesetzt werden und dann sehr lange und langsam vor sich hin köcheln. Zu Beginn des Sabbats entzündet die Frau (oder in liberalen oder Singlehaushalten auch der Mann) feierlich die Kerzen. Nach dem abendlichen Gottesdienstbesuch findet eine besondere Zeremonie statt, der Kiddusch. Bei diesem wird ein Becher Wein mit einer gesungenen Lobpreisung gesegnet, dann dankt man Gott für den Sabbat und trinkt von dem Wein. Anschließend werden zwei Brotlaibe „Challah“ gesegnet, wovon alle etwas essen. Ein weiteres Charakteristikum des Sabbats sind bestimmte Lieder (Smirot), die im Allgemeinen nach dem Essen angestimmt werden.21 Die Station 7 ist als Pflichtstation vorgesehen, da „Frömmigkeitsformen und Rituale als Zeichen der individuellen Lebensorientierung und der gemeinschaftstiftenden Kraft von religiöser Erfahrung“ als grundlegende Gesichtspunkte durch die Rahmenrichtlinien vorgegeben sind.22 7. Israel (Station 2) Diese Station habe ich zusätzlich zu den mit den Schülerinnen vereinbarten Inhalten entwickelt. Es gibt heute ca. 14.000.000 Juden auf der Welt, davon leben ca. 5.300.000 in Israel. In den USA leben ca. weitere 5,5 Millionen Juden, die restlichen 4 Millionen sind über den gesamten Globus verteilt. In Deutschland leben ca. 100.000 Juden.23 Das Zentrum der jüdischen Religion ist Israel, daher ist es aus meiner Sicht von großer Bedeutung, einen kurzen Einblick in die Geschichte Israels zu erhalten, da die Geschichte des Staates Israel mit der Geschichte des Judentums sehr eng verbunden ist. Diese Station ist als Wahlstation geführt, da sie mit dem Thema „Judentum“ nicht direkt zusammenhängt, sondern die Klasse sich einen kurzen Überblick über die Geschichte des Staates Israel verschaffen soll. Es ist davon auszugehen, dass bei einigen Schülerinnen ein latentes Wissen zu einzelnen Inhalten besteht.24 Verknüpfungen zu anderen Unterrichtsfächern bestehen insbesondere bei den Speisevorschriften zum Unterrichtsfach Fachpraxis, bei der geographischen Verbreitung und beim Stand der Frauen zum Unterrichtsfach Politik25. Die weiteren Inhalte überschneiden sich stark mit den christlichen Inhalten des bisherigen Religionsunterrichtes.26 18 19 20 21 22 23 24 25 26 Siehe Kapitel 3.1.1; es handelt sich um die Einführungsphase des Fachgymnasiums Ökotrophologie Vgl. Station 6 und die dort angegebenen Textstellen. Vgl. De Vries (2003), S. 162 ff. Vgl. ebd. S64 ff. Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12 Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Juden#Geographische_Verteilung (11.03.2006) Vgl. Kapitel 3.1.1 zur Fachkompetenz Hier besonders im Zusammenhang „Nahostkonflikt“ (siehe auch nächste Seite) und Gleichberechtigung. Das Christentum entstand aus dem Judentum heraus. 11 'bb' 116-2/2006 Das persönliche Interesse der Schülerinnen am Thema kann als durchschnittlich bezeichnet werden. Die Lernenden haben durch den Geschichtsunterricht viel von der Judenverfolgung während des Nationalsozialismus erfahren. Die Geschichte Deutschlands zur Nazizeit hat neben dem Ursprung der christlichen aus der jüdischen Religion die größte Relevanz bei der persönlichen Bedeutung des Themas für die Schülerinnen. Dies zeigt auch das Brainstorming27 der Einführungsphase, in der fünf Schülerinnen die Judenverfolgung in der ersten Runde genannt haben. Durch die Einbeziehung der Lernenden in der Planung der Unterrichtseinheit (siehe oben) konnten sie ihre vorhandenen Interessensschwerpunkte an dem Thema selber bekunden. Die von mir in der Einführungsphase durchgeführte Befragung zu den Erwartungen und Ängsten an die bevorstehende Unterrichtseinheit machten deutlich, dass ein Großteil der Schülerinnen wenig Interesse an dem Themenkomplex Judenverfolgung und Holocaust hat.28 Aktualität besitzt das Thema zum einen durch die Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, der mehrfach den Holocaust geleugnet hat und die Tilgung Israels von der Landkarte forderte.29 Der Wahlsieg der Hamas bei der „Palästinenser-Wahl“ und die darauf folgenden Reaktionen in der Welt und insbesondere in Israel aktualisieren das Thema „Judentum“ zusätzlich. Wobei diese Konflikte und der Nahostkonflikt Gegenstand des Politikunterrichtes sein sollten. Die von der Klasse ausgewählten Inhalte zeigen die quantitative Reduktion des Themas und spiegeln sich in den Lernstationen wieder. Die Vielfalt der Inhalte deutet an, dass sich das Thema grundsätzlich für die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ eignet.30 Bei der Vorbereitung der einzelnen Lernstationen war es mir daher besonders wichtig, die Materialien so zu gestalten, dass die von den Schülerinnen gewünschten Inhalte gut aufbereitet und die Erarbeitung für sie motivierend ist.31 Eine qualitative Reduktion findet, neben der Einteilung in Pflicht- und Wahlstationen, durch die Gestaltung der Lernstationen statt. Bei sorgfältiger Bearbeitung der zur Verfügung gestellten Materialien32 sollen die Lernenden die Aufgaben selbstständig ohne Lenkung durch die Lehrkraft lösen können. Als weitere qualitative Reduktion kann die Bereitstellung von Literatur an der Erste-Hilfe-Station gesehen werden, da diese einer völlig eigenständigen Lösung entgegenwirken könnte. 2.2 Zielentscheidungen 2.2.1 Didaktische Schwerpunkte aller Lernstationen Die angewandte Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ soll in dieser Unterrichtssequenz gleichermaßen die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz der Schülerinnen erweitern und damit ihre Handlungskompetenz als übergeordnete Zielsetzung ausbauen. Generelle Ziele sind die Förderung der Selbstständigkeit, die Verbesserung der Problemlösungskompetenz und die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. Im Folgenden werde ich die Lernziele für die Arbeitsphase an den Stationen beschreiben. Die Lernziele für die Einführungs- und Auswertungsphase sind bereits in Kapitel 3.2 beschrieben. 2.2.2 Zielentscheidungen für die einzelnen Lernstationen Die folgende Tabelle zeigt auf, welche Grob- und Feinlernziele mit den einzelnen Lernstationen verfolgt werden. Zielentscheidungen Lernstation Station 1 Heilige Schriften Groblernziel Die Schülerinnen sollen… … sich die wesentlichen Begriffe der Heiligen Schriften erarbeiten. Feinlernziel Die Schülerinnen sollen… •… die heiligen Schriften des Judentums kennen. •… spielerisch die Begriffe der Heiligen Schriften den Beschreibungen zuordnen können. •… aus einem Text die wesentlichen Informationen identifizieren. 27 Vgl. Kapitel 3.3.2.3 28 Siehe Anhang S. IV f. 29 Siehe FAZ online: Ahmadinedschad: “Israel muß von der Landkarte radiert werden” http://www.welt.de/data/2005/10/26/794400.html (10.03.2006) 30 Vgl. Kapitel 2.1.3 31 Vgl. Kapitel 2.2.3 32 Anhang: Station 1-9 12 'bb' 116-2/2006 Station 2 Israel … sich mithilfe des Internets die Geschichte des Staates Israel und die wesentlichen Fakten über Israel erarbeiten. •… nach geeigneten Quellen im Internet recherchieren. •… wichtige Informationen identifizieren. •… ihre Recherchetechniken verbessern. •… ein Mind-Map erstellen. Station 3 Erzeltern: Die ersten Juden … den Inhalt einer Textstelle des Alten Testaments erarbeiten und mit eigenen Worten zusammenfassen. •… den Umgang mit der Bibel üben. •… sich den Inhalt ihrer Textstelle erarbeiten. •… den Inhalt ihrer Textstelle aufschreiben. Station 4 Frauen im Judentum … die Stellung der Frau im orthodoxen Judentum kritisch reflektieren. •… aus einem Text die wesentlichen Informationen identifizieren. •… Argumente für beide Seiten aufzeigen. •… einen kontroversen Dialog verfassen. •… den Dialog szenisch darstellen. Station 5 Jüdische Feste und Feiertage … sich mithilfe des Internets die Bedeutungen und Besonderheiten einzelner jüdischer Feste und Feiertage erarbeiten. •… nach geeigneten Quellen im Internet recherchieren. •… wichtige Informationen identifizieren. •… sich über die Besonderheiten des jüdischen Kalenders informieren. •… die jüdischen Feste und Feiertage in den jüdischen Kalender einordnen. •… sich die Bedeutungen und Besonderheiten der jüdischen Feste erarbeiten. Station 6 Ist das koscher? … Regeln für koscheres Essen formulieren und ein koscheres Essen planen. •… •… •… •… Station 7 Sabbat … den Ablauf des Sabbat skizzieren und die Bedeutung des Sabbats für die jüdische Familie beurteilen. •… den Ablauf des Sabbats skizzieren. •… die Bedeutung des Sabbats herausarbeiten. Entspannung … sich entspannen und jüdische Musik kennen lernen. Info- und Erste-HilfeStation … ihre Ergebnisse mithilfe weiterer Materialien ergänzen. den Umgang mit der Bibel üben. wichtige Informationen identifizieren. aus den Textstellen Regeln ableiten. ein koscheres Essen skizzieren. 2.2.3 Methoden- und Medienentscheidungen Die Schülerinnen erhalten durch die Unterrichtsform die Möglichkeit, das Thema Judentum in kleinen nicht aufeinander aufbauenden Einheiten zu durchdringen. Da die Bearbeitung der Lernstationen meist nicht durch eine eindeutige Lösung gekennzeichnet ist und die Bearbeitung als forschend und entdeckend zu beschreiben ist, können die Lösungswege den Ergebnissen gleichgestellt werden. Um diese Bearbeitungsweise zu gewährleisten müssen die Stationen „…informieren, Spannung und ‚Fragwürdigkeiten’ aufbauen, den unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler entsprechen und von ihnen noch selbst zu erarbeiten und mitgestalten sein.“33 Die Lernstationen sind überwiegend schriftlich und im Großteil als Partner- oder Gruppenarbeit zu bearbeiten und erfordern eine intensive Auseinandersetzung mit den Stationen.34 Im folgenden Kapitel begründe ich meine Methoden- und Medienentscheidungen in den einzelnen Phasen der Unterrichtssequenz. 33 Bauer (1997), S. 104 f. 34 Durch die in Kapitel 3.1.1 beschriebene positive Leistungsfähigkeit sehe ich keine Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Lernstationen. 13 'bb' 116-2/2006 2.2.3.1 Methoden- und Medienentscheidungen in der Einführungsphase In der Einführungsphase versuche ich durch ein Brainstorming die Schülerinnen für das Thema „Judentum“ zu motivieren. In der ersten Phase soll jede Schülerin vier Begriffe, die sie mit dem Wort Judentum assoziiert, auf jeweils eine Moderationskarte schreiben. In der zweiten Phase sollen die Schülerinnen in Partnerarbeit acht unterschiedliche Begriffe finden. Darauf folgen für vier Schülerinnen 20 Begriffe und zum Schluss acht Schülerinnen und 40 Begriffe zum Wort Judentum. Im Anschluss daran sortieren die Schülerinnen ihre Begriffe auf dem Boden, stellen diese vor und erklären im Zweifelsfall ihre Intention. Diese Methode kennen die Schülerinnen aus einer früheren Unterrichtssequenz, wo der Einsatz der Kartenabfrage sehr motivierend war und die Schülerinnen sich bereits am Anfang sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt haben. Anschließend werde ich die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ mit einer Powerpoint-Präsentation kurz vorstellen.35 Hier werde ich im Besonderen den Laufzettel thematisieren und auf dessen Bedeutung hinweisen. Nach der Vorstellung werden die Schülerinnen in zwei Gruppen Regeln für die Arbeitsphase formulieren und anschließend im Plenum vorstellen und zur Diskussion stellen. Die Schülerinnen entscheiden anschließend, welche Regeln für die Arbeitsphase gelten sollen. Diese Regeln werden von mir auf die Rückseite des Laufzettels kopiert.36 Zum Abschluss werde ich einen Fragebogen37 verteilen, die Schülerinnen bekommen so die Chance, ihre Erwartungen und Ängste bezüglich des Themas und der Unterrichtsform anonym zu äußern. Durch den kurzen Fragebogen möchte ich die Haltung der Schülerinnen vor der Arbeitsphase evaluieren, um eventuell kurzfristig bei besonderen Ängsten oder Erwartungen noch reagieren zu können. 2.2.3.2 Methoden- und Medienentscheidungen in der Arbeitsphase Die Arbeitsphase werde ich mit einer Vorstellung der einzelnen Lernstationen beginnen und dann die Schülerinnen in die selbstständige Stationenarbeit entlassen. Es wird ein breites Spektrum an Aufgabentypen und Sozialformen benötigt, um die in Kapitel 2.2.1 beschriebenen unterschiedlichen Lerntypen, Lernvoraussetzungen, und Lerneingangskanäle anzusprechen. Die auf den Laufzetteln genannten Sozialformen sollen dabei nur eine Empfehlung darstellen, d.h. die Schülerinnen können individuell, je nach Lernvoraussetzung und Interesse entscheiden, ob sie die Aufgaben lieber allein, in Partner- oder in Gruppenarbeit lösen. Die Medien und Methoden an den Stationen sind jedoch für alle Schülerinnen verbindlich. Die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ benötigt keine Beschreibung der einzelnen Methoden- und Medienentscheidung aller Stationen zur Legitimation des Einsatzes. Aus diesem Grund verzichte ich auf eine ausführliche Beschreibung, es wird lediglich ein kurzer Überblick über die einzelnen Stationen und die angesprochenen Lerntypen und die berührten Repräsentationsebenen gegeben. Station 1: Heilige Schriften Die erste Station soll den visuellen und haptischen Typ ansprechen. Die Schülerinnen haben die Aufgabe, einen Text zu lesen (enaktive Repräsentationsebene), wichtige Informationen herauszufiltern (symbolische) und im Anschluss ein Dominospiel mit den wichtigsten Begriffen des Textes zusammenzusetzen (ikonische). Station 2: Israel Durch die Internetrecherche wird vorrangig der visuelle Typ angesprochen. Das Recherchieren berücksichtigt die enaktive und das Zusammenfassen der Fakten die symbolische Repräsentationsebene. Die ikonische Ebene wird durch die Erstellung eines Mind Maps angesprochen. Station 3: Erzeltern; die ersten Juden Die enaktive Repräsentationsebene wird durch die Arbeit mit der Bibel und die symbolische durch die Zusammenfassung der Textstelle in eigenen Worten berücksichtigt. Vorrangig wird auch hier der visuelle Lerntyp angesprochen. Station 4: Frauen im Judentum Die Lernenden durchlaufen alle drei Repräsentationsebenen. Durch das Lesen wird die enaktive, durch das Herausschreiben oder Markieren der wichtigsten Passagen und Sammeln von Argumenten die symbolische und durch den anschließenden Dialog die ikonische Ebene aktiviert. Hauptsächlich wird der visuelle Lerntyp angesprochen. 35 Siehe Anhang S. II 36 Aufgrund der hohen Sozialkompetenz der Klasse ist dieses Vorgehen sinnvoll. Die Einhaltung der Regeln wird durch dieses Vorgehen wahrscheinlich gefördert. Meine bisherigen Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise sind durchweg positiv. 37 Siehe Anhang S. IV f. 14 'bb' 116-2/2006 Station 5: Jüdische Feste und Feiertage Die Station 5 spricht durch die Internetrecherche den visuellen Typ an. Die Recherche berücksichtigt die enaktive und das Zusammenfassen der Fakten die symbolische Repräsentationsebene. Station 6: Ist das koscher? An dieser Station wird der visuelle Lerntyp angesprochen. Durch die Bibelarbeit wird die enaktive Repräsentationsebene berührt, durch die Ableitung/Formulierung von Regeln die symbolische und durch das Zusammenstellen eines koscheren Abendessens die ikonische Ebene. Station 7: Der Sabbat Durch das Anschauen der DVD werden die audiovisuellen Lerntypen angesprochen. Das Ansehen berücksichtigt die enaktive und das Notieren des Ablaufs die symbolische Repräsentationsebene. Station 8: Entspannung Die achte Station spricht den akustischen Lerntyp an und berührt die enaktive Repräsentationsebene. Station 9: Erste-Hilfe-Station Die Erste-Hilfe-Station spricht visuelle und haptische Lerntypen an. Die Schülerinnen können die gegebenen Informationen und Materialien nutzen (enaktiv), ihre Ergebnisse anhand der Materialien überprüfen (ikonisch) und überarbeiten gegebenenfalls ihre Unterlagen (symbolisch). Die von mir entwickelten Lernstationen bieten in der Regel keine eindeutigen Lösungen, deshalb gibt es keine Musterlösung zur Kontrolle.38 Die Schülerinnen haben die Möglichkeit, durch die Erste-Hilfe-Station, ihre (Teil-) Ergebnisse der Stationen drei, fünf, sechs und sieben mit den Büchern zu vergleichen und gegebenenfalls zu ergänzen. 2.2.3.3 Methoden- und Medienentscheidungen in der Auswertungsphase und während der Lernerfolgskontrolle und Metakommunikation Die Auswertungsphase findet in einem Stuhlkreis statt, so wird eine angenehme Gesprächsatmosphäre geschaffen. Begonnen wird mit dem von mir extra vergrößertem Dominospiel der ersten Lernstation. Die Schülerinnen legen gemeinsam die Karten zusammen und erklären die Begriffe nochmals. Durch diesen spielerischen Einstieg erhoffe ich mir eine erhöhte Aufmerksamkeit. Danach werden die einzelnen Arbeitsergebnisse der Lernstationen präsentiert und diskutiert. Als spielerische Lernerfolgskontrolle habe ich eine „Magische Wand“39 zum Thema der Unterrichtssequenz erstellt. Hier werden die überprüfbaren Inhalte getestet. Dazu wird die Klasse in drei gleichgroße Gruppen eingeteilt. Die Gruppe mit der höchsten Punktzahl bekommt eine kleine Tüte Süßigkeiten. Den Schülerinnen ist die Methode der „Magischen Wand“ bereits durch meinen früheren Unterricht bekannt. Den Abschluss der Unterrichtssequenz bildet eine Reflexionsphase auf Metaebene. Die Schülerinnen erhalten einen Beurteilungsbogen, auf dem sie reflektieren können, wie sie die Unterrichtsform und das Thema empfunden haben. Weiterhin bietet der Bogen Platz für Verbesserungsvorschläge. Durch dieses Vorgehen erhoffe ich mir ein Feedback der gesamten Klasse. Die Schülerinnen bekommen die Chance, anonym und ohne Rückfragen der Lehrkraft oder den Mitschülerinnen ihre Meinung aufzuschreiben. Ich erhalte dadurch ein unverfälschtes Meinungsbild der Lerngruppe, was eine bessere Auswertung der Unterrichtseinheit zulässt. 38 Eine Ausnahme ist das Dominospiel an Station 1. Hier habe ich die erste Bearbeitung beobachtet und das Ergebnis kontrolliert. Die folgenden Schülerinnen konnten ihr Ergebnis nun mit den Schülerinnen der ersten Lerngruppe abgleichen. 39 Die „Magische Wand“ ist ein Quiz, siehe Anhang S. LI ff. Es dient hier der Lernerfolgskontrolle. Das Spielprinzip ähnelt sehr dem Fernsehquiz der „Grosse Preis“. Die Wand ist in fünf Rubriken unterteilt. Jede Rubrik hat fünf Fragen, gestaffelt nach Punkten. 20 Punkte für eine „leichte“ Frage und 100 Punkte für eine „schwere“ Frage. 15 'bb' 116-2/2006 3. Geplanter Unterrichtsverlauf Phase Unterrichtsinhalte Aktions- u. Sozialformen Medien Einführungsphase Einstieg (10.30-10.45) S formulieren Assoziationen zum Begriff Judentum EA, PA, GA Moderationskarten Erarbeitung 1 (10.45-11.00) S ordnen und begründen die genannten Begriffe SV Moderationskarten Erarbeitung 2 (11.00-11.15) L stellt die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ vor L und S vereinbaren Regeln für die Arbeitsphase S füllen den Erwartungsbogen aus LV, L-S-G, EA PC, Beamer, Tafel Erwartungsbogen Arbeitsphase Einstieg (09.45-10.00) L verteilt den Laufzettel an die S L stellt kurz die Lernstationen vor LV Laufzettel Erarbeitung (10.00-13.00) S arbeiten an den Lernstationen L steht als Berater zur Verfügung EA, PA, GA Laufzettel, Lernstationen, CD-Player, DVD-Player, TV, Internet, PC Auswertungsphase Einstieg (09.45-09.55) S legen Dominospiel und diskutieren die Be-griffe S-S-G Dominospiel aus Lernstation 1 Auswertung (09.55-11.15) S präsentieren ihre Arbeitsergebnisse S diskutieren ihre Ergebnisse L ergänzt gegebenenfalls S-S-G L-S-G Arbeitsmaterialien der Lernstationen Lernerfolgskontrolle und Metakommunikation Lernerfolgskontrolle (09.45-11.00) L spielt mit S eine „Magische Wand“ zum Thema „Judentum“ GA, L-S-G PC, Beamer Metakommunikation (11.00-11.15) L stellt Beurteilungsbogen vor S füllen Beurteilungsbogen aus LV EA Beurteilungsbogen Legende: EA = Einzelarbeit, PA = Partnerarbeit, GA = Gruppenarbeit, L-S-G = Lehrer-Schülerinnen-Gespräch, LV = Lehrervortrag, S-S-G = Schülerinnen-Schülerinnen-Gespräch, SV = Schülerinnenvortrag 16 'bb' 116-2/2006 Entspannen bei jüdischer Musik Lesen, stöbern und nachschlagen Kurze Recherche im Internet Israel Erzeltern Die ersten Juden Frauen im Judentum Jüdische Feste & Feiertage Ist das koscher? Sabbat Entspannung Info- und 1. Hilfestation 2 3 4 5 6 7 8 DVD ansehen und den Ablauf des Sabbat festhalten Speiseregeln in der Bibel suchen und ein koscheres Essen planen Internetrecherche (Gruppenraum neben der Bücherei) Text lesen Dialog verfassen Bibeltext zusammenfassen Internetrecherche & Mind Map (Gruppenraum neben der Bücherei) Text lesen und Domino spielen Heilige Schriften 1 Kurzbeschreibung Titel Station Schleife Schleife Pflicht Wahl Pflicht Wahl Pflicht Wahl Pflicht Bearbeitung GA Jeweils nur eine Gruppe EA / PA GA Max. vier Personen EA / PA EA EA / PA Max. zwei Personen PA / GA Sozialform EA = Einzelarbeit PA = Partnerarbeit GA = Gruppenarbeit 25 20 30 30 30 15 20 Ca. Zeit in Minuten Bewertung der Station in Schulnoten Kommentar Laufzettel für die Lernstationen zum Thema Judentum von: ___________________________________________ Anhang zur Arbeitsphase 9. 10. 8. 7. 4. 5. 6. 3. 1. 2. Viel Spaß beim Lernen!!! Geht sorgsam mit den Materialien um. Die farbigen Unterlagen bleiben immer am Platz. Nimm Dir die Unterlagen (alles was nicht farbig ist) von jeder Station mit. Lies dir die Arbeitsaufträge genau durch. Arbeitet leise und stört die anderen nicht. Wenn du eine Station bearbeitet hast, bewerte die Station mit Schulnoten von 1-6. Füge gegebenenfalls einen Kommentar hinzu. Achte bei der Bearbeitung der Stationen auf die vorgegebene Zeit. Am Ende der 6. Stunde müssen alle Pflichtstationen von dir bearbeitet worden sein. Gib am Ende deinen Laufzettel ab. Bring nächste Woche deine Materialien wieder mit. Regeln für das Lernen an Stationen Wenn du fertig bist, mische die Karten und lege sie wieder in den Briefumschlag. Schreib dir die Lösung auf, indem du nur die Begriffe in die Lösungsskizze auf der letzten Seite deines Informationsmaterials notierst. In dem Briefumschlag ist ein Dominospiel mit verschiedenen Begriffen. Leg die Karten passend aneinander, so dass ein geschlossenes Rechteck entsteht. Lösung des Dominos 5. 4. 3. Lies dir die Texte durch und notiere dir die Teile, die du für wichtig hältst. Nimm dir das Informationsmaterial. Arbeitsaufträge 1. 2. Name:_______________ Heilige Schriften im Judentum Station 1 Zeit: 20 min II Ketubim Tora TeNak Jad Moses Siddur Kabbala Haggada Talmud Bestandteil unseres Alten Testaments Diese heilige Schrift ist zu heilig, um mit der Hand berührt zu werden. Altes Testament der Christen Dieses Gerät wird von demjenigen, der aus der Tora vorliest, verwendet um auf die Wörter zu zeigen, damit die Schrift nicht beschädigt wird. War an fünf Büchern beteiligt! Alltagsgebetsbuch Mystische Weltsicht die auf einer anderen heiligen Schrift beruht. Steht im Mittelpunkt! Wörtlich übersetzt heißt diese heilige Schrift „Studium“ oder „Lehre“ In den Höhlen von … fand man 1947 alte Handschriften fast aller Bücher der hebräischen Bibel Äste eines Baumes Ist auch in unserer Bibel zu finden, es geht um Jesaja, Jeremia, Hosea usw. Wichtigster Teil eines „mystischen“ Buches Rabbinische Sammlung von Geschichten Gesprächsprotokoll Qumran Sefirot Nebiim Sohar Midrasch Gemara III Anhang zur Arbeitphase: Station 1 IV Anhang zur Arbeitphase: Station 1 V Anhang zur Arbeitphase: Station 1 VI Anhang zur Arbeitphase: Station 1 Schreibt in die Kästchen nur die Begriffe (in der richtigen Reihenfolge) hinein, nicht die Erklärungen! VII Name:_______________ 3. Erstelle ein Mind Map über Israel. 2. Informiere dich im Internet über den Staat Israel. Suche nach folgenden Informationen: • Geographische Lage Israels (Nachbarstaaten, Flüsse usw.) • Bevölkerung Israels • Geschichte Israels • usw. 1. Bevor du den Raum verlässt, schreibe an die Tafel, wer alles in den Gruppenraum geht und wann ihr losgegangen seid. Wenn du wieder da bist, wische die Tafel. Es dürfen maximal zwei Personen die Station 2 bearbeiten. Arbeitsaufträge Für diese Aufgabe musst du im Internet recherchieren. Dafür kannst du die Internet - PCs im Gruppenraum neben der Bücherei nutzen. Israel Station 2 Zeit: 15 min Mögliches Aussehen der Mind Map VIII Name:_______________ Erzeltern Die ersten Juden 1. Jede(r) fasst eine Textstelle aus der untenstehenden Liste zusammen. 2. Es muss die Reihenfolge der Textstellen eingehalten werden, d. h. die oder der Erste an der Station bearbeitet auch die erste Textstelle, der oder die Zweite bearbeitet die zweite Textstelle usw. 3. Für deine Zusammenfassung nutzt du die an der Station liegenden DIN A5 Zettel. 4. Bevor du anfängst, schreib bitte deinen Namen in die Liste hinter die Textstelle, die du bearbeitest. 5. Lies dir deine Textstelle in der Bibel durch und bei Unklarheiten die schon geschriebenen Texte deiner Mitschüler/Innen. 6. Wenn du fertig bist, hefte deine Zusammenfassung in der richtigen Reihenfolge ab. An dieser Station soll jede(r) einen kleinen Abschnitt des ersten Teils der Tora (Bücher Mose) in eigenen Worten zusammenfassen. Durch eure Texte erhalten wir eine Zusammenfassung von den Geschichten der ersten Juden. Arbeitsaufträge Station 3 Zeit: 30 min 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 9 10 2 3 4 5 6 7 8 Text Nr. 1 Textstelle 1. Mose 12, 1-9 1. Mose 15 1. Mose 16 1. Mose 17 1. Mose 21, 1-21 1. Mose 22, 1-19 1. Mose 25, 19-34 1. Mose 27, 1-29 1. Mose 27, 30-46 1. Mose 28, 1-15 1. Mose 29, 1-30 1. Mose 29, 31-35 1. Mose 30, 1-24 1. Mose 35 1. Mose 37 1. Mose 39 1. Mose 41 1. Mose 42 1. Mose 43 1. Mose 44 1. Mose 45 1. Mose 46 2. Mose 3 Bearbeitet durch: Dieser Zettel muss bei der Station bleiben! IX Widerrum erscheint Gott Abraham. Dieser beklagt sich darüber, dass er keine Erben hat und sein Vermächtnis wohl den Haussklaven geht. Gott aber sagt, dass sein eigener leiblicher Sohn sein Erbe sein soll. Abraham stellt eine erneute Frage, nämlich woran er erkennen soll, dass er das Land was Gott ihm gegeben hat besitzen wird. Daraufhin soll Abraham eine dreijährige Ziege, einen dreijährigen Widder, eine Turteltaube und eine junge Taube bringen. Dies tut er, trennt alle Tiere in der Mitte und legt dann die zusammengehörigen Teile gegenüber auf den Boden. Die Dämmerung zieht ein und Abraham schläft ein. Gott weckt ihn und macht ihm deutlich, dass sein Volk 400 Jahre in Unterdrückung leben wird, sie danach jedoch reich werden. Es wird Nacht und ein riesiger Feuerofen taucht 1. Mose 15 Der Herr spricht zu Abraham, dass er seine Verwandten verlassen soll um in ein land zu gehen, dass Gott ihm zeigt. Dort will er alle zu einem großen Volk zusammenführen und Abraham wird sozusagen „Vertreter Gottes“. Also geht dieser mit seiner Frau, Sohn Lot und all ihrem Besitz um ins Land Kanaan auszuwandern. Dort angekommen erscheint ihm abermals Gott und sagt zu ihm , dass er Abrahams Nachkommen dieses Land geben will. Daraufhin baut Abraham ihm einen Altar, bevor er im Gebirge östlich von Bethel (im Westen) übernachtet. Das gleiche Ritual wiederholt er in Ali im Osten des Landes, bevor er weiterzieht. 1.Mose 12, 1-9 Die Textzusammenfassungen von 1. Mose 45 und 46 sowie 2. Mose 3 fehlen aufgrund fehlender Schüler während der Arbeitsphasen (die fehlenden Schüler haben mir versprochen, die Zusammenfassungen noch zu schreiben und mir zu geben). Es fehlen (Schüler haben mir ihre Zusammenfassungen noch nicht zukommen lassen): • 1. Mose 16 (Kathrina W.) • 1. Mose 27, 30-46 und 1. Mose 28, 1-15 (Johanna) • 1. Mose 35 (Lena) • 1. Mose 41 (Lisa) Textzusammenfassungen der FGÖ 05 Das Opfer auf Moria Gott wollte Abraham prüfen und befahl ihm daher seinen einzigen Sohn, Isaak, zu opfern. Auf diese Weise sollte er Gott beweisen, wie sehr er ihn fürchtet. Abraham wanderte 2 Tage lang gemeinsam mit seinem Sohn und ein paar Knechten, bis er am 3. Tag den ihm von Gott geheißenen Berg erreichte. Abraham nahm seinen Sohn und errichtete auf dem Berg eine Opferstätte, welche er mit Brennmaterial vorbereitete. Gerade in dem Moment als er mit 1. Mose 22, 1-19 Sara bekam einen Sohn von Abraham, Isaak, an dem Tag den Gott angekündigt hat. Am achten Tag wurde Isaak von Abraham beschnitten, wie es Gott ihm befahl. Als Isaak entwöhnt wurde veranstaltete Abraham ein großes Mahl. Als Sara sah, das Isaak mit dem Sohn von Hagar und Abraham spielte sagte sie Abraham er solle Hagar und ihren Sohn fortschicken, da er nicht der Erbe sein soll. Gott sprach zu Abraham und sagte er solle immer auf Sara hören. Abraham gab den beiden Brot und Wasser und schickte sie fort. Da das Wasser alle war, setzte Hagar ihren Sohn unter einen Strauch und sagte, dass sie nicht den Tod ihres Sohnes mit ansehen möchte. Der Kleine weinte und Gott hörte es. Gott öffnete Hagar die Augen, dass sie einen Wasserfall sah. Der Sohn trank und Gott war mit ihm. 1. Mose 21, 1-21 Als Abram 99 Jahre alt war, erschien ihm Gott und er sprach zu ihm. Gott will einen Bund zwischen Abram und ihm stiften. Gott wollte Abram über alle Massen fruchtbar machen, so dass er sich über alle Massen vermehren kann. Abram sollte der Vater vieler Völker werden und Gott gab ihm ein Land, Kanaan. Dieser Bund sollte auch für seine Nachkommen gelten. Von nun an sollte Abram Abraham heißen. Als Zeichen dieses Bundes sollte im Alter von 8 Tagen alles was männlich ist beschnitten werden, auch der Sklave, der von einem Fremden gekaufte und der im Haus geborne. Seine Frau Sarai, sollte er von nun an Sara nennen. Gott segnete Sara und sagte zu Abraham, dass Sara ihm einen weiteren Sohn gebären wird, der Isaak heißen soll. Noch am selben Tag wurden Abraham, sein Sohn Ismael, seine Sklaven und alles was männlich war in seinem Haus beschnitten. 1. Mose 17 plötzlich auf und der Herr spricht zu Abraham, dass er seinem Volk nun das Land vom Bach Ägypten bis an der Euphratstrom gibt. X Als Isaak den Segen über Jakob vollendet hatte, kam sein Bruder Esau von der Jagd nach Hause. Er bereitete ein Mahl zu und brach es seinem Vater und sagte zu ihm, dass er von dem Wildbret seines Sohnes essen sollte, auf das sich seine Seele segne. Der Vater fragt, wer Esau ist und wen er denn gerade gesegnet habe. Der Gesegnete sollte nun aber auch gesegnet blei- In dieser Textstelle geht es um die Brüder Jakob und Esau. Esau soll den Segen seines Vaters Isaak vor dessen Tod bekommen, jedoch will die Mutter der Brüder, dass Jakob diesen Segen erhält. Deshalb heckt sie mit dem Bruder Jakob einen Plan aus, Isaak zu überlisten. Der Vater hatte Esau bereits aufgetragen, Wildbret für ihn zu jagen und daraus ein gutes Mahl zuzubereiten. Dieses tat nun auch Jakob, nur jagte er kein Wildbret sondern 2 kleine Böcklein, die seine Mutter dann zu einem guten Mahl zubereitete. Das Fell der Böcke band er sich um die Arme. Dann trat er mit dem Mahl der Mutter und Kleidern von Esau vor Isaak und dieser segnete Jakob, ohne zu wissen, dass er betrogen wurde. Isaak war nämlich blind... 1. Mose 27, 30-46 1 Buch Morse, 27, 1- 29 Isaak, der Sohn Abrahams, war 40 Jahre alt, als er Rebekka zum Weibe nahm. Rebekka war unfruchtbar, also bat Isaak Gott für sein Weib. Rebekka wurde schwanger. Die Kinder stießen sich in ihrem Leib. Rebekka sprach zu Gott warum sie noch lebe, wenn es so ist. Gott antwortete, dass zwei Völker in ihrem Leibe sind und das ein Stamm dem anderen überlegen sein werde. Als Rebekka gebar, kam zuerst ein rötlicher, beharrter Junge heraus. Den nannten sie Esau. Danach kam der zweite Junge heraus, der sich an der Ferse Esaus festhielt und den nannten sie Jakob. Bei der Geburt war Isaak 60 Jahre alt. Und als sie heranwuchsen ward Esau, der Liebling des Vaters, ein tüchtiger Jäger und Jakob, der Liebling der Mutter, ein gesitteter Mann. Eines Tages kochte Jakob. Esau kam müde vom Feld und bat Jakob um etwas Essen. Dieser gab ihm nur das Essen, wenn Esau ihm seine Erstgeburt verkaufe. Esau ging auf den „Deal“ ein, da er gering auf die Erstgeburt achtete. 1 Mose, 25, 19-34 Isaaks Opferung beginnen wollte, sprach ein Engel zu ihm, dass Gott ihn nur prüfen wollte. Der Engel sprach zudem davon, dass Abrahams Familie und seine Nachkommen nun gesegnet seinen und ihnen nur noch Gutes geschehen werde. Nach diesem Ereignis zogen Isaak und Abraham nach Beerseba, um dort zu leben. "Danach machte sich Jakob auf den Weg und wanderte nach Osten. Er sah einen Brunnen an dem sich drei Herden Schafe tummelten, denn aus dem Brunnen bekamen sie Wasser. Ein großer Stein musste vom Brunnen entfernt werden, um die Schafe tränken zu können. Jakob sprach zu den Fremden, fragte sie, woher sie kamen. Sie sagten, dass sie ihn kannten, als Jakob fragte, ob sie Laban, den Sohn Nahors kannten. Jakob fragte, wie es ihm ginge und sie antworteten, dass es ihm gut ginge und dass seine Schwester gerade mit einer Herde zurückkomme. Er sagte, dass sie die Schafe noch tränken sollte, um sie danach wieder weiden zu lassen. Jakob tränkte die Schafe dann aber selber, als er Rahel mit ihrer Herde kommen sah. Danach küsste er Rahel und fing laut an zu weinen. Als Jakob ihr erzählte, dass er der Verwandte ihres Vaters sei, lief sie zu ihrem Vater um es ihm zu erzählen. Laban sprach zu ihm und blieb einen Monat bei ihm. Laban fragte, was Jakob als Lohn für den Unterhalt verlangte. Jakob diente sieben Jahre um Rahel. Dann sprach Jakob zu Laban, er wolle sein Weib zurück haben. Laban veranstaltete ein Festmahl. Er hatte Jakob hintergangen, da er Lea anstatt seiner Magd Silpha gab. Laban sagte, dass dies Sitte sei Jakob diente weitere sieben Jahre um Rahel. 1. Moses 29, 1-30 1. Mose 28, 1-15 Isaak segnete Jakob noch mal und sagte ihm, dass er sich eine Frau von dem Bruder seiner Mutter nehmen soll und dann wird auch Gott ihn segnen. Esau hörte wie Isaak Jakob noch mal segnete. Gott sagte zu Esau: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abrahams und der Gott Isaaks. ben. Esau war sauer auf seinen Vater und bat ihn, ihn ebenfalls zu segnen, doch der Vater antwortete, dass sein Bruder ihm den Segen vorweggenommen hat. Esau sagt, dass Jakob seinen Namen zu Recht trägt (der Hinterlistige) und ihm alles wegnimmt. Esau fragt erneut, ob sein Vater ihn segnen könnte und fing dabei an zu weinen. Sein Vater sagt zu ihm, dass er von seinen Schwestern leben und seinen Brüdern dienen muss. Esau denkt, dass wenn sein Vater tot ist er so schnell wie möglich auch Jakob töten werde. Rebakka (Mutter von Esau und Jakob) erzählte dies Jakob und teilte ihm mit zu fliehen. Die Mutter würde ihn wiederholen, sobald Esau sich beruhigt hat, denn sei möchte nicht 2 Menschen an einem Tag verlieren. XI Als Joseph nach Ägypten verschoben wurde, kauften ihn Kämmerer des Pharao Potiphar. Da der Herr mit Joseph war, geschah ihm nur Gutes. So auch, dass er im Haus seines Gebieters bleiben durfte. Dieser sah, dass der Herr mit Joseph war und ihm alles was er tat gelingen lies. Dadurch wurde er bevorzugt und zum Leibdiener seines Herren. Sein Herr vertraute ihm sein Haus und alle seine Güter an und so segnete der Herr das Haus des Ägypters um Josephs Willen. Der Segen des Herrn ruhte auf allem, was Josephs Herr besaß. Darum kümmerte dieser sich um nichts mehr als um sich selbst. Das einzige was er noch tat war essen. Da Joseph jedoch gut aussah, hatte die Gott sagt zu Jakob, dass er sich aufmachen soll und dass er einen Altar für den Gott bauen soll, den er gesehen hat als er vor seinem Bruder Essau geflohen ist. Jakob sagte zu allen die bei ihm waren: „Wir wollen nach Bethel gehen, befreit euch von euren alten Göttern und zieht euch andere Kleider an. In Bethel will ich einen Altar für den Gott bauen, der mich in der Zeit meines Drangsals erhört hat und bei mir gewesen ist.“ Darum gaben sie ihm alle Kleider und er vergrub sie unter der Terebinthe. Sie gingen ins Lande Kanaan, das ist Bethel. Dort baute er einen Altar und nannte die Stätte El-Bethel, weil Gott sich ihm dort offenbart hatte. Joseph war der Lieblingssohn seines Vaters, mit 17 Jahren musste er mit seinen Brüdern die Schafe hüten. Joseph hatte Träume, in denen seine Familie ihm untergeben waren und erzählte die Träume seiner Familie. Die Brüder wurden eifersüchtig, weil der Vater Joseph am liebsten mochte. Eines Tages, sagte der Vater zu Joseph, dass er seine Brüder suchen sollte, die die Schafe hüteten. Als die Brüder ihn kommen sahen, wollten sie ihn töten. Sie schmissen ihn in ein Becken ohne Wasser. Die Brüder wollten Joseph an eine Karawane verkaufen, doch Kaufleute kamen ihnen zuvor und verkauften ihn in Ägypten an den Führer der Leibwache vom Pharao. Bei den Brüdern kam Ruben zurück, der Joseph beschützen wollte, aber die Brüder sagten ihm das er tot ist. Sie tränkten Josephs Rock mit Tierblut und zeigten es dem Vater. Der Vater trauerte um seinen Sohn. 1. Mose 37 1 Mose 39 Debora wurde unter Bethel (unter einer Eiche) begraben. Der Eiche gab er den Namen „Klageeiche“. Dort sah er Gott abermals und Gott sprach zu ihm: „Du heißt Jakob; aber du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein.“ Dann sprach Gott: „Ich bin der allmächtige Gott, sei fruchtbar und mehre dich.“ Er bekam das Land, welches Gott vorher Abraham und Isaak gegeben hatte. Jakob erschuf ein Mal an der Stätte, wo er mit ihm geredet hatte. Er nannte sie Bethel. Rahel bekam auf dem Weg nach Ephrat ein Kind. Sie hatte eine schwere Geburt und die Hebamme „tröstete“ sie mit einem Sohn. Rahel nannte ihn Ben-Gui. Rahel starb und wurde in Bethlehem begraben. Jakob schuf ihr ein Grabstein. Israel zog weiter nach Migdol Eder. Israel wurde zornig über den Seitensprung seiner Frau. Jakob hatte 12 Söhne. Isaak wurde 180 Jahre alt. Dann starb er und seine Söhne begruben ihn. Als Rahel bemerkte, dass sie, im Gegensatz zu ihrer Schwester, keine Kinder bekam, sagte sie zu Jakob, er solle ihr Kinder besorgen, sonst sterbe sie. Jakob wurde wütend und sagte, er sei nicht Gott. Rahel wollte, dass Jakob ihre Magd schwängerte, damit diese ihr ein Kind gab. Jakob bekam die Magd zur Frau und diese gebar dann auch einen Sohn. Da sagte Rahel, der Gott habe ihr auch ein Kind geschenkt. Die Magd bekam noch einen Sohn und Rahel sagte, sie habe den Kampf gegen ihre Schwester gewonnen. Da gab Lea Jakob auch ihre Magd zur Frau und diese gebar ebenfalls zwei Söhne. Zur Zeit der Weizenernte ging dann Ruben, der Sohn von Lea, aufs Feld und fand dort Liebesäpfel. Er brachte diese seiner Mutter. Da kam Rahel zu Lea und sagte zu dieser, sie solle ihr welche von den Äpfeln geben. Lea fragte, ob es nicht schon genug sei, dass Rahel ihr Jakob genommen habe. Da schlug Rahel den Handel vor, dass Jakob eine Nacht bei Lea verbringen könnte, wenn sie dafür die Liebesäpfel bekäme. In der Nacht schwängerte Jakob Lea und diese gebar einen Sohn. Sie sagte, Gott habe es ihr gelohnt, dass sie ihrem Mann ihre Magd gegeben hatte. Sie gebar noch einen Sohn und dann eine Tochter. Gott dachte auch an Rahel und machte sie fruchtbar. Diese gebar einen Sohn und nannte ihn Jakob. Sie sprach, Gott habe ihre Schmach von ihr genommen, er wollte ihr noch einen Sohn schenken. 1. Mose 35 1. Mose 30; 1 – 24 Als Gott bemerkte, dass Lea zurückgesetzt wurde, machte er sie fruchtbar. Rahel ließ er unfruchtbar. Lea gebar einen Sohn, den sie Ruben nannte. Sie sagte, dass Gott ihr Elend gesehen hatte und ihr half. Sie meinte, nun würde ihr Mann sie lieben. Sie wurde erneut schwanger und bekam einen Sohn, den sie Simeon nannte. Sie sagte, der Gott hätte ihr diesen gegeben, weil er gesehen hätte, dass sie zurückgesetzt war. Sie wurde wieder schwanger und bekam den Sohn, den sie Levi nannte. Als sie den 4. Sohn, Juda, bekam, sagte sie, sie wolle den Herrn preisen. 1. Mose 29; 31 - 35 XII Joseph verlangt von denen die bei ihm waren ihm nicht mehr unter die Augen zu treten, ohne ihren jüngsten Bruder. Also gehen sie beim nächsten Mal mit ihrem jüngsten Bruder. Benjamin. Nach anfänglicher Skepsis Joseph gegenüber, willigen sie dann aber doch ein mit ihm zu essen. Joseph ist von dem Anblick seines Bruders so gerührt, dass er sich zunächst zurückziehen muss um sich wieder zu fangen. 1. Mose 43 Jakob schickte seine Söhne nach Ägypten, damit sie dort Getreide kaufen, denn Getreide war knapp im Land Kanaan (Israel). Nur Benjamin ließ Jakob nicht mitziehen, weil er Angst hatte, dass Benjamin etwas passieren könnte. Sie zogen dann also nach Ägypten. Dort trafen sie ihren Bruder Joseph. Sie erkannten ihn nicht, aber er erkannte sie. Er sprach hart mit ihnen und wollte ihnen nicht glauben, dass sie gekommen sind um Getreide zu kaufen. Sie erzählten ihm von dem jüngsten Sohn. Und beschloss das der jüngste Sohn (Benjamin) ihr Vorhaben bezeugen sollte. Er sperrte einen von den Brüdern ein und sagte den anderen sie sollen Benjamin holen. Simeon war derjenige der Brüder der gefesselt wurde und eingesperrt wurde. Die anderen bekamen Getreide und sie zogen zurück nach Kanaan. Als sie bei ihrem Vater ankamen erzählten sie ihm die Geschichte und als sie ihre Getreidesäcke leerten, lag von jedem der Geldbeutel mit in dem Getreidesack und sie kamen es mit der Angst zu tun. Der Vater jedoch wollte nicht das Benjamin mit ihnen zieht, denn er hatte Angst das auch ihm etwas zustoßen könne. Er hatte ja bereits zwei Söhne verloren und wollte Benjamin nicht auch noch verlieren. 1. Mose 42 Frau seines Herrn ein Auge auf ihn geworfen. Jeden Tag versuchte sie Joseph zu überreden sich zu ihm zu legen. Doch Joseph weigerte sich. Sein Herr hatte ihm alles anvertraut, sich mit ihm gleichgestellt, nur die Frau nicht. Er wollte eine solche Sünde nicht begehen und lehnte die Frau immer ab. Eines Tages jedoch, als Joseph mit ihr alleine war, sagte sie ihm wieder sich zu ihr zu legen. Als er wieder ablehnte, riss sie ihm sein Kleid vom Laib woraufhin er floh. Sie rief jedoch die Diener und erzählte ihnen, dass er sich zu ihr legen wollte und als sie aufschrie floh und sein Kleid zurück lies. Auch dem Herrn erzählte sie diese Lüge. Dieser wurde darüber sehr zornig und lies Joseph ins Gefängnis bringen. Da der Herr aber mit Joseph war, erwarb er im Gefängnis die Gunst des Aufsehers und alle Gefangenen waren ihm anvertraut. Der Aufseher des Gefängnisses kümmerte sich um nichts mehr, alles lag in den Händen von Joseph. Joseph ließ die Säcke mit Getreide füllen, befahl aber auch in den Sack des jüngsten Sohnes seinen silbernen Becher zu legen. So bekamen sei das Getreide und kurz nachdem sei aus der Stadt waren wurden sie angehalten und angeklagt den Becher gestohlen zu haben. Dann wurden alle Säcke durchsucht und in Benjamins Sack der Becher gefunden. Benjamin sollte deswegen versklavt werden. Die gingen alle wieder zurück in die Stadt in Josephs Haus. Dieser sagt das nur Benjamin versklavt werden soll und die anderen frei seien. Juda aber bettelte darum Benjamin gehen zu lassen da sein Vater sonst nicht mehr leben wollen würde. Juda bietet an anstelle von Benjamin dort zu bleiben. 1. Mose 44 Als er dies getan hat geht er zurück um mit den anderen zu speisen. Benjamin bekommt fünfmal soviel wie alle anderen. Die Stimmung ist zu Schluss eher gelöst im Gegensatz zum Anfang. XIII Name:_______________ Frauen im Judentum 1. Lies dir den Aufsatz „Was moderne Frauen über ihren Status im Judentum wissen sollten“ von Dr. Theodor Much durch. 2. Wie wird die Frau im orthodoxen Judentum behandelt? Schreib dir die wesentlichen Aspekte heraus. 3. Stell dir vor, du hättest eine(n) jüdisch orthodoxe(n) Partner(in); schreibe einen kontroversen Dialog zwischen euch über die Stellung der Frau im (ultra) orthodoxen Judentum. Versuche dabei für beide Seiten mögliche Argumente zu finden. 4. Sprecht (spielt) den Dialog einmal laut vor! Arbeitsaufträge Station 4 Zeit: 30 min Die Stellung der Frau entsprechen einer patriarchalischen Sicht biblischer Zeiten (Zeile 7,8) Frauen sind gleichberechtigt aber doch schwächer Æ Gesetze nötig um Frauen zu schützen. (Zeile 17) Traditionalisten sprechen von einer scheinbaren Benachteiligung, da die Frauen ja umsorgt werden, ja sogar sexuell verwöhnt und sie dürfen die Sabbatkerzen anzünden! (Zeile 21) Frauen werden geschützt vor dem Besuch der Synagoge und dem Studium der Tora, da sie ja keine Zeit haben. (Zeile 25) Frauen sitzen separiert in der Synagoge Æ Ablenkungsgefahr Zählen nicht zum Minjan (Mindestanzahl von 10 Erwachsenen Frauen werden nicht zur Thoralesung aufgerufen Unreine Frauen dürfen die Synagoge nicht betreten (Menstruation) Frauen dürfen keinen Segen am Sabbat über Wein und Brot sprechen Bat Mitzwa gibt es nicht überall. Frau darf den Ehevertrag nicht unterschreiben Trägt die Frau die Schuld an der Scheidung, so kann sie das Recht auf finanzielle Unterstützung verlieren. Den Scheidungsbrief Get kann nur der Mann übergeben. Æ Nur der Mann kann sich scheiden lassen. Eine zivilrechtlich geschiedene Frau ohne Get sollte keine Kinder mehr bekommen, diese wären sonst Bastarde!!! Diese Kinder dürfen keine Juden heiraten. Verlassene (Mann verschwunden) Frauen können nicht wieder heiraten Kinderlose Witwe kann nur mit Erlaubnis des Schwagers heiraten (Auflösung von der Pflicht der Schwagerehe) Frauen dürfen die Tora-Talmud nicht studieren Frauen dürfen vor einen rabbinischen Gericht nicht als Zeugen aussagen Arbeitsauftrag 3 und 4 ist individuell zu gestalten. • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Wesentliche Aspekte: Lösungsmöglichkeit: XIV XV Was moderne Frauen über ihren Status im Judentum wissen sollten von Dr. Theodor Much 5 Für mich als religiösen, aber nichtorthodoxen (progressiven) Juden ist die völlige Gleichstellung der Frauen im Judentum eine Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit. Es überrascht mich daher immer wieder, wie wenig (auch moderne) Juden und Jüdinnen über die Benachteiligung der Frau im (orthodoxen) Judentum wissen und wie gleichgültig viele von ihnen dieses Thema lässt. Die Grundlage der traditionellen jüdischen Sicht zur Stellung der Frauen in Familie und Gesellschaft entspringen einer patriarchalischen Kultur biblischer und talmudischer Zeiten. 10 Damals wurde die Frau - wie u. a. aus dem Mischna Traktat Kidduschim 1.1. hervorgeht ("Die Frau wird erworben...") - als Eigentum des Mannes angesehen, deren vornehmste Pflicht es war Kinder zu gebären, sie zu erziehen, ihrem Mann beizustehen und ihn zu ergänzen. Befürworter dieser alten Praxis weisen darauf hin, "dass der Respekt vor Frauen im Judentum immer sehr ausgeprägt war (und immer noch ist)". 15 20 Sie argumentieren, dass "Frauen und Männer vor Gott zwar gleichwertig seien , Frauen aber dennoch gottgegeben - sich mental und auch physisch stark von Männern unterscheiden, bzw. in der Gesellschaft andere Aufgabenbereiche als Männer erfüllen" und "daher Gesetze notwendig wurden, die dem Schutz der Frau und ihrer Lebensqualität dienten". Es handelt sich - so sagen die Traditionalisten - "nur um eine scheinbare Benachteiligung der Frau, denn im eigenen Heim, sei die Frau eine Königin, stets vom Gatten geachtet, umsorgt, behütet und sogar sexuell verwöhnt, mit vielen Privilegien ausgestattet, wie z.B. dem Recht die Schabbatkerzen anzünden zu dürfen". Gleichzeitig wird argumentiert, "dass Frauen zu ihrem eigenen Besten, von bestimmten schwer einzuhaltenden, weil zeitgebundenen positiven Mizwot (Pflichten wie das Beten zu vorgeschriebenen Zeiten, Anlegen von Gebetsriemen, dem täglichen Besuch der Synagoge und dem Talmud-Torah Studium), befreit wurden". 25 30 35 Diese Argumentation sollte nicht belächelt werden, denn in der Tat war in biblischen und talmudischen Zeiten der Status der jüdischen Frau sehr viel besser als die Stellung ihrer nichtjüdischen Nachbarin. Während sich aber das einst so vorbildliche jüdische Gesetz zum Schutz der Frau seit dem 12. Jahrhundert kaum mehr weiterentwickelte (sich sogar teilweise verschlechterte, weil aus "Befreiungen" Verbote wurden), änderte sich die Stellung der Frau in der nichtjüdischen (westlichen) Welt ganz wesentlich, mit dem Ergebnis, dass heute die Diskriminierung von Frauen, zumindest in manchen Bereichen des traditionellen Judentums, stärker ist als selbst in der katholischen Kirche. Das traditionalistische Argument der "Befreiung" erscheint mir schon deswegen unglaubwürdig, weil auch solche Frauen von religiösen Pflichten "befreit" werden, die nicht - oder nicht mehr - die Bürde einer kinderreichen Familie tragen müssen und selbst den Wunsch hegen, sich aktiv am religiösen Leben zu beteiligen. Befürworter der alten Tradition verschweigen auch gerne die Tatsache, dass die Diskriminierung der Frau sich nicht nur auf religiöse, sondern auch auf soziale und familienrechtliche Bereiche erstreckt. XVI 40 Wo liegen nun die Benachteiligungen der Frau im (ultra)orthodoxen Judentum? Religiöser Status: Wie schon einleitend dargestellt, wurden Frauen aus einst lobenswerten Gründen, von bestimmten zeitgebundenen positiven Mizwot entbunden. Von den negativen Geboten ("Du sollst nicht...") wurden sie allerdings nie "befreit". 45 50 55 Aus dieser ursprünglichen "Befreiung" wurde im Lauf der Jahrhunderte Verbote, die bis zum heutigen Tag in wesentlichen Punkten gültig geblieben sind. Frauen werden in orthodoxen Synagogen nicht zum Minjan (die Mindestzahl von 10 Erwachsenen die dem Gottesdienst den Charakter eines öffentlichen Gemeindegebetes verleiht) gezählt; sie sitzen dort von den Männern separiert in den hinteren Reihen, hinter einem Vorhang oder einer Wand, manchmal auf einem Balkon. Begründet wird diese Separierung mit der "Ablenkungsgefahr" der Männer durch den "erregenden" Anblick von Frauen. Wer allerdings einen nichtorthodoxen (egalitären) Gottesdienst besucht, wird rasch feststellen können, dass dort - im Gegensatz zu vielen orthodoxen Synagogen - sehr diszipliniert und konzentriert (mit viel Kawana = Verinnerlichung) gebetet wird und von "Ablenkung" keine Rede sein kann. In orthodoxen Synagogen werden Frauen nicht zur Thoralesung aufgerufen, übrigens ganz im Gegensatz zur (theoretischen) Aussage im babylonischen Talmud (Traktat Megilla 23A) und der Ansicht der großen halachischen Autorität Rabbenu Yerucham (14. Jahrhundert). In der Praxis war man der Meinung, dass "ein solcher Aufruf die Gemeinde diskreditieren würde". 60 Es ist auch nicht allgemein bekannt, dass laut Schulchan Aruch (Orach Chayim 88:1) "rituell unreine Personen" das Schemagebet rezitieren dürfen (was Moses Isserles dazu bewog zu erklären, dass seiner Ansicht nach - und er beruft sich u.a. auf Raschi - "sogar menstruierende Frauen die Synagoge betreten- und beten können, ja selbst die Thora berühren und den göttlichen Namen aussprechen dürfen"). 65 Die "Befreiung" gilt weiteres für die Kiddusch-Zeremonie (Heiligung des Schabbat, mit vorangehendem Segen über Brot und Wein) und der Rezitation des Kaddisch-Gebetes (dem Gebet der Trauernden, das den Hinterbliebenen Trost spenden sollte) 70 Auch eine der Bar Mitzwa Zeremonie entsprechende Feier, die Bat Mitzwa, wurde Mädchen lange Zeit vorenthalten. Erst in den letzten Jahren werden auch in einigen orthodoxen Synagogen (in Anlehnung an Reform-Traditionen) solche Feiern für Mädchen eingeführt. Familien- und Eherecht: Als klar definierte Pflichten des Manns, "der sich eine Frau nimmt", galten und gelten in einer Ehe: Die Sorgepflicht für Frau und Kinder, die Ehefrau zu ehren, sie nie zu kränken oder zu schlagen, ihr treu zu bleiben und ihr Recht auf sexuelle Erfüllung zu gewährleisten. 75 Ein Ehevertrag (Ketuba) garantiert der Frau, die aber den Ehevertrag nicht unterschreiben darf, auch ihre finanzielle Sicherheit im Falle des Ablebens des Ehemannes und bei einer Scheidung. XVII Trägt aber die Frau die Schuld an der Scheidung, dann kann sie die im Vertrag festgelegten finanziellen Rechte ("als Strafe") verlieren. 80 Den für die Scheidung notwendigen Scheidungsbrief (Get) kann aber nur der Mann übergeben. In der Praxis gibt es immer wieder Fälle, in denen Männer - trotz Strafandrohung seitens der Rabbiner - die Getübergabe verweigern und hartnäckig bleiben, manchmal auch nur um die Frau finanziell zu erpressen. 85 90 95 100 Erfolgt nun in solch einer Situation lediglich eine zivilrechtliche Scheidung, dann kann nach Trennung der Partner, wohl der Mann wieder (wenn auch nur zivilrechtlich) heiraten und eine Familie gründen (diese Heirat wäre zwar gegen das religiöse Gesetz, aber für die Kinder aus seiner neuen Ehe ohne negative Konsequenzen); die Frau hingegen, die in einer neuen Verbindung lebt, sollte keine Kinder mehr bekommen, weil diese nach den religionsgesetzlichen Bestimmungen, Bastarde (Mamserim) wären. Ein Mamser (Pl.: Mamserim) ist ein Kind aus einer inzestuösen oder ehebrecherischen Beziehung, dem es verboten ist jüdische Partner zu heiraten, ausgenommen Menschen die ebenfalls Mamserim sind oder Proselyten. Die Mamserut-Bestimmungen gelten über 10 Generationen, was bedeutet, dass Kinder von Mamserim ebenfalls als solche gelten. So wurde im Laufe der Zeit aus einem Gesetz, das ursprünglich zur Bekämpfung der Unmoral gedacht war, eine höchst unmoralische Bestimmung, die im völligen Gegensatz zu diversen biblischen Aussagen ("Kinder sollen nicht für ihre Eltern und Eltern nicht wegen ihrer Kinder bestraft werden": 5 Mose, 24.16; bzw. "Jeder Mensch ist für seine Vergehen verantwortlich, nicht für die Fehltritte anderer": Ezechiel 18.20) steht. Aus diesen Gründen und auch weil das Mamserut-Gebot die Gleichwertigkeit von Proselyten (Baba Metzia 4.10) verletzt, unschuldige Menschen stigmatisiert, wird der Begriff der Mamserut im nichtorthodoxen Judentum strikt abgelehnt. Gleiches gilt für die verlassene Ehefrau (Aguna, angekettete Frau), deren Ehemann verschwunden ist. Auch sie kann, weil ohne Scheidungsbrief (mit Rücksicht auf zukünftige Kinder) nicht mehr heiraten, selbst wenn das Verschwinden des Ehemannes schon Jahrzehnte zurückliegt. 105 110 115 In einer ähnlichen Situation ist auch eine kinderlose Witwe, deren Schwager sich weigert die (demütigende) Zeremonie der Chaliza (die Auslösung von der Verpflichtung zur Schwagerehe (5 Moses 25.5-9) auf sich zu nehmen; auch sie kann (wiederum wegen der Mamserut-Bestimmung) nicht mehr heiraten. Eine weitere Benachteiligung für Frauen entsteht aus einem uralten Gesetz, das bestimmten Frauen verbietet einen Kohen (Nachkomme des Hohepriesters Aaron) zu heiraten. In längst vergangenen Zeiten wurden Juden nach ihrer Abstammung in drei Gruppen unterteilt: Priester, Leviten und Israeliten. Nach traditioneller Auffassung ist jeder Jude mit dem Nachnamen Kohen / Kohn / Katz ein Nachfahre der Familie Aarons und daher ein Nachkomme eines Priesters. Da es Priestern - deren Hauptfunktion im Tempel zu Jerusalem die Tieropferung war - verboten war geschiedene Frauen, Proselytinnen und Prostituierte zu heiraten, gilt die gleiche Bestimmung auch heute noch im orthodoxen Judentum, ein Verbot das schon oft zu tragischen Situationen führte. XVIII Das nichtorthodoxe Judentum stellt sich gegen diese Bestimmung u.a. aus folgenden Gründen: 120 a. Weil es seit bald 2000 Jahren im Judentum keine Priester mehr gibt und ein Abstammunsnachweis nach so langer Zeit nicht mehr möglich ist (schon im 2. Jahrhundert n.d.Z. war ein Stammbaumnachweis nicht mehr möglich, selbst Maimonides spricht von "vermeintlichen Priestern") b. Die Gleichstellung von Geschiedenen und Proselytinnen mit Prostituierten die Würde von Frauen und Proselyten verletzt 125 c. Das nichtorthodoxe Judentum nicht mehr um den Wiederaufbau des Tempels und der Wiedereinführung der alten Bräuche (wie z.B. Wiedereinführung der Priesterschaft und der Tieropfer) betet d. Die Priesterkaste (Sadduzäer) im Judentum stets umstritten war, u.a. weil sie die mündliche Thora (die später als Talmud niedergeschrieben wurde) ablehnten . Weitere Benachteiligungen: 130 135 140 Im allgemeinen hatten Frauen, in einer von Männern dominierten Welt früher nie die Möglichkeit zu einem gründlichen Talmud-Torah Studium, geschweige denn zur Ausbildung in geistlichen Berufen (in diesem Punkt gibt es seit einigen Jahren auch in der orthodoxen Welt langsam aber sicher ein Umdenken). Die Tatsache, dass Frauen - ebenso wie Minderjährige - nicht direkt vor einem rabbinischen Gericht als Zeugen aussagen dürfen oder nicht Richterin werden können, ist in einem Jahrhundert, in dem eine Frau - Golda Meir - schon den Posten eines Ministerpräsidenten in Israel innehatte, für aufgeklärte Menschen unerträglich, selbst wenn es mancherorts einige Bestrebungen gibt dieses Gesetz zu umgehen, indem man z.B. die rabbinische Versammlung vertagt, um die Aussage der Frau, die dann herein gerufen wird, später - wenn das Gericht wieder tagt - zu berücksichtigen. Es blieb und bleibt daher dem nichtorthodoxen Judentum überlassen, unzeitgemäße, überholte, Frauen und Kinder diskriminierende Gesetze entweder zu ändern oder ganz außer Kraft zu setzen (in dem z.B. ein nichtorthodoxes Beit Din, kraft seiner Autorität, dann wenn ein Mann die Übergabe eines Scheidungsbriefes an seine Frau verweigert, ein Get der betroffenen Frau direkt aushändigt). Sowohl im konservativen als auch im progressiven Judentum ist die religiöse und soziale Gleichstellung der Frau längst erreicht. 145 150 Die Separierung in der Synagoge wurde abgeschafft, Frauen nehmen gleichberechtigt am Gottesdienst teil und sie bekleiden, ohne jegliche Einschränkung, selbst höchste Ämter - bis hin zur Rabbinerin - im Rahmen der Gemeinde. Auch im Ehe- und Scheidungsrecht gilt hier die völlige Gleichstellung der Geschlechter. Während die moderate Orthodoxie immer wieder, wenn auch ohne großen Erfolge, versucht das Los vieler Frauen (besonders die der Agunot) in einigen kritischen Punkten zu verbessern, ohne dabei die völlige Gleichstellung der Frau auch nur zu erwägen, betrachtet die Ultraorthodoxie jede Veränderung des Status quo als Sakrileg. Dr. Theodor Much (Präsident der Or Chadasch Bewegung für progressives Judentum in Österreich) Name:_______________ Pessach, Purim, Bar Mitzwa, Schawuot, Sukkot, Rosch haSchana, Chanukka, Bat Mitzwa, Jom Kippur, Brit Mila Surf bitte nicht auf Seiten, die nichts mit der Aufgabe zu tun haben! Ordne die jüdischen Feiertage in den jüdischen Kalender ein (gut möglich, dass nicht alles zuzuordnen ist). Feste: 5. 4. Unten ist eine Liste mit jüdischen Feier- und Feiertagen aufgeführt. Informiere dich über diese unter folgenden Gesichtspunkten: a) Was wird warum gefeiert? b) Welche Besonderheiten gibt es, die dir wichtig erscheinen (z. B. Speisen, Getränke usw.) Halte deine Ergebnisse schriftlich fest, kein Ausdruck! Informiere dich im Internet über den jüdischen Kalender und inwiefern er von unserem abweicht. 2. 3. Bevor du den Raum verlässt, schreibe an die Tafel, wer alles in den Gruppenraum geht und wann ihr losgegangen seid. Wenn du wieder da bist, wische die Tafel. Es dürfen maximal vier Personen die Station 5 bearbeiten. 1. Arbeitsaufträge Für diese Aufgabe musst du im Internet recherchieren. Dafür kannst du die Internet - PCs im Gruppenraum neben der Bücherei nutzen. Jüdische Feste und Feiertage Station 5 Zeit: 30 min Quelle: DVD - Judentum: Das Volk Israel und sein Glaube; Arbeitsmaterialien Lösung zu Aufgabe 2 und 4: XIX Die Einsetzung von Jom Kippur wird im 16. Kapitel von Levitikus beschrieben (siehe auch Exodus 30, 10; Levitikus 23, 27-31 und 25, 9; Numeri 29, 7-11). Er wird als feierlicher Fasttag beschrieben, an dem jede Arbeit verboten ist. Im Jerusalemer Tempel wurden an diesem Tag Opfer darge- In der Thora wird dieser Tag auch Tag des Schofars genannt. (Lev. 23,23-25) Rund um das jüdische Neujahrsfest gibt es eine Reihe von Sitten. So ist es in einem orthodoxen jüdischen Haushalt beispielsweise üblich, an diesem Tag eine Frucht der neuen Saison zu servieren, die von keinem Familienmitglied bis dahin gegessen wurde. Rosch ha-Schanah und Jom Kippur sind durch das Blasen des Schofars gekennzeichnet. Ein Schofar ist ein Blasinstrument aus Widderhorn. Am Nachmittag des ersten Tages gibt es den so genannten Taschlich-Brauch, nach einem Gebet zur Vergebung von Sünden diese symbolisch durch Werfen von Steinen oder Brotkrumen ins Wasser abzustreifen. Die Mahlzeiten an Rosch ha-Schanah enthalten oft Früchte und Honig, um ein "süßes neues Jahr" zu symbolisieren. An Rosch ha-Schanah beginnen die zehn Yamim Noraim (Hebräisch "furchtbare Tage"), die mit dem Versöhnungsfest Jom Kippur enden. Die rabbinische Literatur beschreibt diesen Tag als einen Tag des Gerichts. Einige Beschreibungen schildern Gott als auf einem Thron sitzend, wobei Bücher mit den Taten aller Menschen offen vor ihm liegen. Rosch ha-Schanah fällt nach dem jüdischen Kalender auf den 1. Tischri, der nach dem gregorianischen Kalender auf Ende September oder in die erste Hälfte des Oktober fällt. Rosch ha-Schanah ist das jüdische Neujahrsfest. (18.03.2006; 16:52 Uhr) http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdisches_Fest Aufgabe 2: Jüdische Feier- und Festtage entnommen aus: Der Auszug aus Ägypten musste laut Überlieferung (Exodus 12,1-28) so rasch vollzogen werden, dass zum Säuern und Gärenlassen der Brote keine Zeit mehr blieb. Daran erinnernd, darf während des Sederabends, des Pessach gehört neben Schawuot, dem Wochenfest, und Sukkot, dem Laubhüttenfest, zu den drei Wallfahrtsfesten des Judentums, die zur Zeit des ersten bzw. zweiten Tempel mit einer Pilgerfahrt nach Jerusalem und Opfern im Tempel begangen wurden. Das Fest beginnt am 15. Nisan. Das Fest dauert sieben Tage, in der Diaspora bei orthodoxen Juden acht Tage. Das Pessach ist das Fest der Erinnerung an Israels Auszug aus Ägypten, also an die Befreiung der Israeliten aus der dortigen Sklaverei, mit der ihre Geschichte als "Volk Gottes" begann. Das hebräische Wort "Pessach" bedeutet wörtlich "Vorübergang", "Verschonung" und erinnert an die biblische Erzählung vom göttlichen Schlag gegen die ägyptischen männlichen Erstgeborenen, von dem die Hebräer ausgenommen waren. Jom Kippur ist der Abschluss der zehn Tage der Reue und Umkehr, die am Neujahrstag Rosch ha-Schanah beginnen. Zwar ist reuevolles Gebet zu allen Zeiten möglich, gilt aber an diesem Tag als besonders wirkungsvoll. Der Gottesdienst beginnt mit dem Gebet "Kol Nidre", das vor Sonnenuntergang gelesen wird. Kol Nidre, aramäisch für "Alle Gelübde", ist eine öffentliche Aufhebung aller Gelübde, die im folgenden Jahr eingegangen werden. Jom Kippur gilt als heiligster und feierlichster Tag des jüdischen Jahres. Der Schwerpunkt liegt auf Reue und Versöhnung. Essen, Trinken, Baden, Körperpflege, das Tragen von Leder (einschließlich Lederschuhen) und sexuelle Beziehungen sind an diesem Tag verboten. Das Fasten - der gänzliche Verzicht auf Essen und Trinken - beginnt kurz vor Sonnenuntergang und endet am folgenden Tag nach Einbruch der Nacht. bracht. Zu dieser Zeit war Jom Kippur der einzige Tag, an dem der Hohepriester das Allerheiligste im Tempel betreten durfte, um stellvertretend für das Volk die Vergebung der Sünden zu empfangen. XX Das Bauen der Laubhütte gilt als Erinnerung daran, dass wir Menschen in der Welt uns auf Materielles wenig verlassen können, weil wir es vielleicht bald verlieren werden. Vielleicht müssen wir bald sogar unser Haus und unseren Wohnort verlassen. Gott hingegen können wir unbedingt vertrauen; er ist unvergänglich. Sukkot gilt als das größte Freudenfest des jüdischen Jahres. Der Name stammt von folgendem Brauch: In Erinnerung an die Wüstenwanderung bauen Juden aus Ästen, Blättern und Stoffplanen zu diesem Fest eine Laubhütte - im Garten, auf dem Hof oder auch auf dem Balkon. Im Falle von Hochhaussiedlungen wird meist eine gemeinsame Hütte für alle dort lebenden jüdischen Familien im Hof aufgestellt. In dieser Hütte werden die Mahlzeiten abgehalten, es wird gefeiert und evtl. werden auch jüdische Texte gelesen. Falls das Klima es zulässt, kann in dieser Laubhütte auch übernachtet werden. Gänzlich gesichert ist die Herkunft dieses Festes aber nicht - möglicherweise entspringt es auch einem Fest zur Weinlese in Palästina. Sukkot, das Laubhüttenfest, ist ein jüdisches Pilgerfest bzw. Wallfahrtsfest. Es wird im Herbst acht (in der Diaspora) oder sieben Tage lang (in Israel) gefeiert - vom 15. bis 22./21. Tischri des Jüdischen Kalenders. Im 3. Buch Mose, Kapitel 23, finden sich die entsprechenden biblischen Anweisungen. Das Pessach wird im Familienkreis gefeiert. Am Sederabend, dem Auftakt des Festes, wird der Tisch mit Speisen von symbolischer Bedeutung gedeckt. Der Familienvater liest die Haggada, die mündliche Erzählung der biblischen Exodusgeschichte. Damit gedenkt die Familie (oder Gemeinde) des Auszugs Israels aus Ägypten. Dies geschieht in einem besonderen, traditionellen Ablauf. "Allerart Säuerndes sollt ihr nicht essen, Fladen sollt ihr essen in all euren Siedlungen", heißt es in der Tora (Exodus 12,20). ersten Abends des Pessach, nichts Gesäuertes verzehrt werden noch sich im Haus befinden oder sonst, etwa zur Viehfütterung, genutzt werden. Das Wochenfest wird jeweils am 6. Siwan gefeiert und bildet den Abschluss der Frühlingsfeste, zu denen Pessach und das Omer-Zählen gehören. Lesungen des Buches Rut und die Zehn Gebote stehen im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Die Synagoge wird geschmückt, denn an diesem Tag symbolisiert sie den Sinai. Traditionell werden Milchprodukte gegessen, da die Tora mit Milch verglichen wird, die das Volk Israel wie ein unschuldiges Kind begierig trinkt. Viele Gläubige studieren die Nacht hindurch in der Synagoge die Tora. Das Schawuotfest hat mehrere Bedeutungen. So erinnern sich die Juden damit an den Empfang der Zehn Gebote am Berg Sinai. Es ist außerdem ein Erntedankfest, da zu dieser Zeit in Israel Weizen geerntet wird. Schawuot (hebr. für "Wochen", Einzahl schawua "Woche") ist das jüdische Wochenfest, das sieben Wochen, also fünfzig Tage nach dem Pessachfest gefeiert wird. Im Mittelpunkt steht das Verkleiden mit bunten Trachten und das Veranstalten von Umzügen. Die Stimmung ist ausgelassen. Es werden Geschenke ausgetauscht und große Mengen (vor allem süßer) Festspeisen - wie beispielsweise mit Mohn, Nüssen oder Schokolade gefüllte Hamantaschen oder Nunt - der Jüdischen Küche verzehrt. Purim ist ein Fest, das an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora erinnert. Nach dem Buch Ester, versuchte Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, die gesamten Juden im Perserreich auszurotten, wobei Ester die Errettung herbei führt mit Fasten und Gebet. In der Synagoge wird aus diesem Anlass ein Gottesdienst gefeiert, bei dem alles nicht sehr ernst zugeht; der ganze Ablauf zielt auf Freude. Dabei wird auch die Festrolle des Buches Ester vorgelesen. Immer wenn der Name Haman fällt, darf so viel Krach wie möglich mit Tuten und Rasseln gemacht werden. Dies beruht auf dem Befehl Gottes, den Namen Amaleks zu löschen, nachdem Amalek Israel auf dem Weg zum versprochenen Land behindert hat. Sein Name wurde zum Symbol der Judenfeindschaft für alle Zeiten. Das jüdische Purimfest ( )םירופwird am 14. (bzw. 15. außerhalb von Israel) des Monats Adar (Februar/März) des Jüdischen Kalenders gefeiert. XXI Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem im jüdischen Jahr 3597 (164 v. Chr.) nach dem erfolgreichen Makkabäeraufstand der Juden Palästinas gegen hellenisierte Juden und makedonische Syrer, wie er im Ersten Buch der Makkabäer und Nach liberalerer Auffassung kann auch jemand als Jude anerkannt werden, der gar nicht beschnitten ist oder bei dem einfach durch einen Arzt die Vorhaut entfernt wurde. Entscheidend für die jüdische Identität ist meist die Abstammung von einer jüdischen Mutter. Dennoch ist die Beschneidung bis heute im Judentum außerordentlich verbreitet. Die Brit Mila findet am achten Lebenstag des Knaben statt. Falls der Säugling schwach oder kränklich ist, wird sie verschoben. Es sollte beachtet werden, dass auch ein Säugling bereits ein Schmerzempfinden hat. Zumindest eine örtliche Betäubung ist bei Säuglingen bei der Beschneidung deshalb dringend anzuraten. In der jüdischen Geschichte war die Brit Mila einer der jüdischen Bräuche, die am stärksten verfolgt wurden. Unter nichtjüdischer Herrschaft stand auf das Beschneiden von Knaben oft die Todesstrafe, u.a. weil sie in der antijüdischen Polemik mit Kastration gleichgesetzt wurde. Dies war eine der Methoden, jüdisches Brauchtum zu unterdrücken in der Hoffnung, dass die Juden dann die Weltanschauung ihrer Umwelt, d. h. der Römer, der Christen oder des Kommunismus annehmen würden. Auch unter dem Sowjetregime wurden die meisten jüdischen Knaben aus diesen Gründen nicht beschnitten. Brit Mila (auch: Berit Mila, Mila; hebräisch Berith: Bund, Mila: Beschneidung) ist die partielle Entfernung der Vorhaut des männlichen Glieds (siehe Zirkumzision). Im Judentum als Eintritt in den Bund mit Gott angesehen. Diesen Bund ging Gott nach jüdischer Überlieferung mit Abraham (und seiner Familie) ein; daher auch als abrahamitischer Bund bezeichnet. Da die Herabkunft des Geistes auf die Jünger Jesu laut der biblischen Apostelgeschichte am jüdischen Wochenfest geschah, wurde im Christentum Schawuot zum Pfingstfest. In Israel und in anderen Ländern ist eine Bar Mizwa ein großes Familienfest, woran oft mehrere hundert Gäste teilnehmen. Der Junge steht dabei ganz im Mittelpunkt, ganz ähnlich einer Braut bei ihrer Hochzeit. Das Kind wird an der Bar Mizwa erstmals voll in den Gottesdienst mit einbezogen. Zuvor wird auch geprüft, ob die Bedingungen für eine Aufnahme gegeben sind. Voraussetzungen sind u.a. Kenntnisse der jüdischen Religion. Der mit "Sohn des Gesetzes" bzw. "Sohn des Gebotes" übersetzte Begriff deutet die religiöse Mündigkeit des Kindes an. Bar Mizwa, religionsmündig, wird ein Jude automatisch an seinem dreizehnten Geburtstag. Im allgemeinen wird die Aufnahme am Schabbat (hebräisch für Samstag, Ruhetag) nach dem 13. Geburtstag gefeiert. Mädchen werden mit dem 12. Geburtstag Bath Mitzwa ("Tochter des Gebots"), was ebenfalls mit einer Feier begangen wird. Im orthodoxen (strenggläubigen) Judentum ist diese Feier kleiner als bei Jungen, in liberalen und teilweise auch in konservativen Gemeinden werden auch Frauen zum Lesen aus der Thora angehalten. Dies ist die Bezeichnung einerseits für den religionsmündigen jüdischen Jugendlichen, andererseits für den Tag, an dem er diese Religionsmündigkeit erwirbt, und die oft damit verbundene Feier. Bei diesem Ritus wird der Junge in die Gemeinde aufgenommen. Baraa Mizwa (aramäisch: Sohn des Gebots, siehe Mitzwa) auch Bar Mitzwa oder Bar Mizwah geschrieben, ist ein jüdischer Passageritus. Laut einer talmudischen Lehre hat sich Öl für nur einen Tag gefunden; durch ein Wunder hat das Licht jedoch acht Tage gebrannt, bis neues geweihtes Öl hergestellt worden war. Daran erinnern die acht Arme des Chanukka-Leuchters. Jeden Tag wird eine Kerze mehr angezündet, bis am Ende alle acht Kerzen leuchten. auch im Talmud überliefert ist. Die Makkabäer besiegten das Seleukidenreich, beseitigten den im jüdischen Tempel errichteten heidnischen Altar und führten den jüdischen Tempeldienst wieder ein. XXII Ist das koscher? Name:_______________ 2. 1. 3. Mose, 11; 5 Mose 12,23; 1. Mose 9,4; 3. Mose 17,13; 3. Mose 3, 16-17; 2. Mose 23,19; 2. Mose 34,26; 5. Mose, 3-21 Hinweis aus dem Talmud: Wenn man z.B. als Hauptgericht Fleisch gegessen hat, so muss man warten, bis das Fleisch verdaut ist (in der Regel 6 Stunden), bevor man eine Milchspeise zu sich nehmen darf, oder man benutzt Sojamilch als Ersatz. Die Milchspeisen sind nach einer halben Stunde verdaut. Selbst die Töpfe, Geschirr (außer Glas, das gilt als neutral), Besteck, Tisch und Küchentücher werden für "Milchiges" und "Fleischiges" getrennt. Textstellen: Stell dir, vor du würdest Besuch von jüdischen Freunden bekommen. Stell ein Essen (Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise) zusammen, das die jüdischen Regeln und den nachfolgenden Hinweis beachtet. Schlag die folgenden Textstellen in der Bibel nach und formuliere Regeln, was Juden essen dürfen und was sie beachten müssen. Aufgabe Juden leben nach bestimmten Regeln, sie dürfen nicht alles essen und trinken. Was die Juden essen dürfen und was nicht steht, in der Tora und somit auch in unserer Bibel. Station 6 Zeit: 20 min gemeinsam verspeisen Juden dürfen Fleisch nicht mit Milchprodukten vollkommen ausgeblutet sind. nach jüdischen Vorschriften geschlachtet und Juden dürfen nur Fleisch von Tieren essen, die welche Flossen und Schuppen haben. Juden dürfen nur Tiere aus dem Meer essen, wiederkäuenden Spalthufern stammt. Juden dürfen nur Fleisch essen, welches von Die Menüerstellung war individuell zu lösen. 4. 3. 2. 1. Mögliche Formulierungen: XXIII 4. 3. Welche Bedeutung hat der Sabbat für die Familie? Notiert euch zu den einzelnen Sequenzen, was/warum zum/am Sabbat gemacht (oder nicht gemacht) wird! Verabschiedung des Sabbat (1 min) Sabbat Morgengottesdienst (5 min) Feier des Sabbat in der Familie (3 min) Gottesdienst am Vorabend des Sabbat (4 min) Spiel auf der DVD nur die folgenden Sequenzen ab: 2. a. b. c. d. Beim Abspielen der DVD achtet auf die Lautstärke! Arbeitsaufträge Sabbat Name:______________ 1. Station 7 Zeit: 25 min Am Samstagmorgen werden die Eltern beim Besuch des Gottesdienstes in eine Synagoge in Berlin begleitet, die nach dem Krieg teilweise wieder aufgebaut wurde. Der Ablauf des Gottesdienstes, der unter Beteiligung einer Vorbeterin und eines Rabbiners stattfindet, wird vorgestellt. Höhepunkt ist die gemeinsame Lesung eines Abschnittes aus der festlich geschmückten Torarolle, die aus dem Toraschrein geholt und durch die Synagoge zum Lesepult getragen wird. Der Nachmittag dient der Entspannung und der Erholung. Alle Arbeiten müssen an diesem Tag ruhen. Am Abend findet die Verabschiedung des Sabbats in der Familie statt und alle wünschen sich eine gute Woche. Der Film begleitet eine jüdische Familie in Berlin bei der Feier des Sabbats. Während die Mutter noch weitere Vorbereitungen für die abendliche Feier trifft, besuchen der Vater und die drei Kinder (Jonas, Micol und Arne) den Gottesdienst in der Synagoge in der Oranienburger Straße. Der Film zeigt den Ablauf des kurzen Gottesdienstes, der von einem Vorbeter (Kantor) und einem Rabbiner (Lehrer) geleitet wird und die Besucher auf das Fest einstimmt. Während des Gottesdienstes wird in deutscher und in hebräischer Sprache gebetet, gesungen und gesprochen. Wieder zu Hause wird der Ablauf der Feier mit ihren festlichen Handlungen, den Segenssprüchen, den Gebeten und dem gemeinsamen Essen gezeigt, bis die Kinder, müde und erfüllt von dem freudigen Geschehen, in ihr Bett sinken. Sabbat Als Lösung hier die Inhaltsangabe der DVD Judentum. Das Volk Israel und sein Glaube XXIV Am siebten Tag heißt es, kommt die Königin Schabbat zu Besuch. Feierlich wird diese Königin im Freitagabendgottesdienst empfangen. In phantasievollen Bildern wird ausgedrückt, wie eng die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk Israel ist. Nach der Rückkehr begrüßt man sich in der Familie auf jiddisch: "Gut Schabbes!" oder hebräisch: "Schabbat Schalom". Es ist eine alte Sitte, dass Menschen, die allein, arm oder auf Reisen sind, von der Synagoge Da nach jüdischer Vorstellung ein Tag bereits am vorhergehenden Abend beginnt, müssen bis zum Freitagabend alle Vorbereitungen für die Sabbatfeier abgeschlossen sein; die Wohnung wird sauber gemacht, festlich hergerichtet, die Mahlzeiten werden auch für den nächsten Tag schon gekocht und der Tisch schön gedeckt. Während die Hausfrau die letzten Festvorbereitungen trifft, gehen die anderen Familienmitglieder in die Synagoge. Der Sabbat (hebr. Schabbat = Ruhe) wird von den Juden als ein Freudentag (Oneg Schabbat), ein Tag der Heiligung, der Ruhe, der Erneuerung und als Höhepunkt der Woche empfunden. Sein Ursprung wird aus der Schrift begründet (Gen 2,2f, Ex 20,8), wonach Gott am siebten Tag der Woche ruhte, nachdem er sein Schöpfungswerk vollendet hatte. An diesem Tag soll auch der Mensch zur Ruhe kommen und nicht arbeiten. Er soll innehalten und die Schöpfung und damit auch sich selbst dem Schöpfer überlassen. Dieses Recht auf Ruhe und Erholung wird sehr umfassend verstanden und gilt für Mensch und Natur in gleicher Weise. Der Mensch soll dies als Geschenk annehmen, durch das er in besonderer Weise die Fürsorge Gottes erfährt und, gelöst vom Zwang des Arbeitsdruckes, sich seiner Freiheit und Würde bewusst werden darf. Eine spätere Erklärung interpretiert ihn als Tag des Gedenkens an die Befreiung Israels aus der ägyptischen Sklaverei (Dtn 5,14f). Nach Ex 31,1217 ist der Sabbat Zeichen des Bundes zwischen Gott und Israel. Ergänzende Informationen Den Segensspruch spricht sie hebräisch. Anschließend öffnet sie die Augen und breitet die Hände aus, um das Sabbatlicht symbolisch in den Raum zu verteilen. Bevor das Essen aufgetragen wird, wird der Kiddusch (hebr. Heiligung) über Brot und Wein gesprochen zum Gedenken an die Schöpfung, den Auszugs aus Ägypten, die Erwählung Israels und den geheiligten und gesegneten Sabbat. Vor dem Vater liegen auf einem Tablett, noch mit einem Ziertuch verhüllt, zwei Sabbatbrote. Diese länglich geflochtenen Weißbrote, Challot genannt, symbolisieren die doppelte Portion Manna, die Israel in der Wüste am sechsten Tag der Woche erhielt (Ex 16,5). Das reich geschmückte Tuch erinnert an den Tau, der das Manna bedeckte. Neben den Broten steht der silberne Kiddusch-Becher. Nach dem Sabbatlied, mit dem die Boten des Friedens, die Sabbatengel, begrüßt werden, singt der Vater das "Lob der tüchtigen Hausfrau" (Sprüche 31,10-31). Danach zitiert er die Schlusssätze der Schöpfungsgeschichte (Gen 2,1-3) und erhebt schließlich den gefüllten Kidduschbecher, um den Weinsegen zu sprechen: "Gelobt seist du, Herr, unser Gott, König der Welt, der du die Frucht des Weinstocks erschaffst. In deiner Liebe hast du uns den heiligen aus mit nach Hause genommen werden. Zu Hause gehört es oft zu den ersten Handlungen des Vaters, die Kinder zu segnen, die Söhne mit dem Segen Jakobs (Gen 48,20), die Töchter mit dem aaronitischen Segen (Num 6,24ff). Familie und Gäste nehmen am festlich gedeckten Sabbattisch Platz. Zu den Aufgaben der Mutter gehört es, die Sabbatlichter zu entzünden (zwei Sabbatkerzen auf zwei Sabbatleuchtern - sachor = "gedenke" und schamor = "hüte" - als ein Symbol für die zweimalige Verkündigung der 10 Gebote in der Tora). Im Film übernimmt die Tochter dies und spricht danach den Segen über die Lichter: "Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns mit seinen Geboten geheiligt hat und uns befohlen hat, das Sabbatlicht anzuzünden". Dabei hält sie die Hände vor die geschlossenen Augen. XXV Wenn die ersten drei Sterne am Himmel erscheinen, ist der Sabbat vollendet. Man feiert die Hawdala (= die Unterscheidung) zwischen Sabbat und Werktag. Nach einem Lobspruch und den Abendgebe- Am Sabbattag finden morgens und abends Gottesdienste statt, bei denen Frauen und Männer in manchen Synagogen getrennt sitzen. Der Sabbatgottesdienst unterscheidet sich von den Werktagsgottesdiensten durch seine kunstvolle, musische Gestaltung ebenso wie durch die Zeremonie, in der die Tora aus dem Toraschrein gehoben wird. In feierlichem Zug geht der Vorbeter zum Lesepult, entkleidet die Torarolle von ihrem Umhang und legt sie ausgerollt auf das Pult. Danach erfolgt die Lesung des Toraabschnittes für den jeweiligen Sabbat, zu der acht Personen aufgerufen werden. Im Lauf des Jahres wird so die gesamte Tora vorgelesen. Am Ende der Sabbatlesung wird die Torarolle wieder eingehüllt und unter feierlichen Gesängen des Vorbeters in die Lade gehoben. Abschließend folgt eine Lesung aus den Prophetenbüchern, die in Beziehung zum Inhalt des Toraabschnittes steht. Sabbat zum Erbe gegeben, zum Gedenken an das Werk des Anfangs. Denn dies ist der Tag, an dem du begonnen hast, deine Gemeinde zusammenzurufen, eine Erinnerung an den Auszug aus Ägypten". Nachdem alle aus dem Kidduschbecher getrunken haben und der Vater sich die Hände gewaschen hat, wird das Tuch von den Sabbatbroten genommen. Der Vater spricht über den Challot den Brotsegen: -"Gepriesen seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der hervorbringt Brot aus der Erde". Dann bricht er für jeden Tischgast ein Stück ab, bestreut es mit Salz - das Salz ist das Symbol des für immer geltenden Bundes (Num 18,19) – und reicht es jedem Einzelnen. Vor dem Tischgebet werden oft Lieder gesungen, die Semirot sowie Psalm 126. Damit ist das Ritual abgeschlossen, das Tischgebet wird gesprochen und eine fröhlich ausgelassene Mahlzeit beginnt. 1 FWU Schule und Unterricht : Judentum. Das Volk Israel und sein Glaube ten (Sch'ma = Höre Israel ... und dem Schemona Esre = Achtzehngebet) atmen alle das Aroma des scheidenden Sabbats aus einer Bessamimbüchse ein, einem Gewürzbehälter, der mit duftenden Kräutern (z.B. Zimt und Nelken) gefüllt ist. Der Wohlgeruch der Gewürze soll sich mit der Erinnerung an den Sabbat verbinden und über sein Ende hinwegtrösten. Schließlich wird die dünngeflochtene Hawdala-Kerze angezündet. Ein Becher wird randvoll mit Wein gefüllt: "So übervoll möge Gott uns das Maß des Guten für die beginnende Woche bemessen". Die brennende Kerze wird dann mit dem Wein gelöscht. Jetzt beginnt die Woche und man wünscht einander: "Eine gute Woche und ein gutes Jahr". 1 XXVI Klezmermusik wurde zu einer Weltsprache der Seele. Klezmermusik wurde von allen Kulturen der Welt beeinflusst und sie hat alle Kulturen der Welt beeinflusst. Die Ausprägungen reichen von den traditionellen Formen bis zur musikalischen Verbindung mit Jazz, Rock und anderen Musikrichtungen. Klezmer – Musik ist Musik, die tanzt, singt, die Freude und Trauer des Lebens zum Ausdruck bringt. Eine Musik, so fruchtbar und vielfältig wie die osteuropäische jiddische Kultur, aus der sie entstanden ist. Sie ist ein Spiegel, der den Einfluss rumänischer, ukrainischer, polnischer, russischer, ungarischer, griechischer und türkischer Kultur auf die jüdische Lebenswelt wiedererkennen lässt. Das Wort Klezmer ist entstanden aus den aramäischen Wortstämmen "Kli" und "Zemer" und bedeutet ursprünglich „der Mensch macht sich zum Überbringer des Liedes“. Heute bezeichnet Klezmer einen Musikstil und den Musiker, der diese Musik macht. Klezmer ist im Ursprung die Musik (ost-)europäischer Juden, dargeboten auf Festen aller Art von umherziehenden Musikern, den Klezmorim. Neben der Musik des Gottesdienstes spielt jedoch noch ein weiterer Musikstil im Judentum eine wichtige Rolle: Die Klezmer – Musik (sprich: „Klessmer“). Infos zur Musik: 1. Schaltet den CD Player ein und lauscht der Musik! 2. Es gilt auch hier: Achtet auf die Lautstärke!!! An dieser Station sollt ihr verweilen und euch entspannen wenn alle Stationen, die ihr noch nicht bearbeitet habt, gerade besetzt sind, ihr alle Stationen schon bearbeitet habt oder ganz einfach Entspannung benötigt. Entspannung Anhang zur Arbeitsphase: Info- und Erste Hilfestation Geht sorgsam mit den Büchern um und nutzt das Internet ausschließlich für Zwecke, die unmittelbar mit der heutigen Arbeit zu tun haben!!! An dieser Station dürft ihr in den Büchern nachschlagen, stöbern, lesen und den PC zur kurzen Internetrecherche nutzen. Info- und Erste-Hilfestation fachbeitrag: theologische probleme des projekts „weltethos“ von hans küng aus evangelischer sicht christof gestrich Hans Küng arbeitet seit gut 15 Jahren an der Konsolidierung eines kulturenübergreifenden Weltethos, das die großen Religionen gemeinsam vertreten können. „Keine Weltordnung ohne Weltethos“, lautet seine kürzeste These.1 Dieses Anliegen wird rund um die Erde inzwischen gut verstanden und mit Hoffnungen aufgenommen als das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt. Küngs Projekt will der Stabilisierung des Welt- und Religionsfriedens dienen. Es nimmt die Religionen auch in Pflicht, dass sie ihre Kräfte zur Verteidigung der Menschenwürde zusammenlegen. Denn den heutigen Kulturen droht Entwurzelung und Streit untereinander, und der ganzen Erde stehen im gegenwärtigen Prozess der wirtschaftlichen und geistigen Globalisierung unkalkulierbare Risiken, Verelendung und schiere Destruktion ins Haus. Gerade diese Globalisierung nötigt auch die Weltreligionen zum Dialog. Verteidigt werden soll (wenn wir Küngs zahlreiche Zusammenstellungen kurz zusammenfassen dürfen) 1) die unveräußerliche Freiheit des Menschen bzw. die Würde und Unverfügbarkeit der Person. Sodann 2) die prinzipielle Gleichheit der Menschen nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch in Ansehung des männlichen und des weiblichen Geschlechts und bei den Zugangsbedingungen zu den Ausbildungsmöglichkeiten und zu den Positionen. Weiter geht es 3) um die notwendige Solidarität der Menschen untereinander. Schließlich geht es 4) um den Kampf gegen die Armut und um wirtschaftliche Gerechtigkeit. Seit mehr als 2000 Jahren ist in den bekanntesten Religionen ein solches Ethos vorhanden. Die Erklärung der Menschenrechte in der Neuzeit steht natürlich ebenfalls dahinter. Und die hat auch philosophische und religionskritische Komponenten. Aber es lässt sich zeigen, dass sich die großen Religionen durch diese Erklärung der Menschenrechte an ihr eigenes Grundethos erinnert fühlen mussten. Folgen sie ihm, stellen sie es wirklich auf den Leuchter, so hat dies den unschätzbaren Vorteil, dass sie auch über Kraftquellen für die praktische Umsetzung des ethisch Geforderten verfügen, an die keine Philosophie andocken kann. Diese Erwägung ist in Küngs Projekt Weltethos nicht unwesentlich.2 1 2 Vgl. zum Ganzen vor allem: Hans Küng, Projekt Weltethos, München 1990 (seither in mehreren Neuauflagen). Vgl. Hans Küng, Wozu Weltethos? Religion und Ethik in Zeiten der Globalisierung. Im Gespräch mit Jürgen Hoeren, Freiburg 2002. 44 Nun sind mir auch theologische Bedenken gegen das Weltethosprogramm bekannt. Es wurde auf die irreale Phantastik des Versuchs hingewiesen, die Weltreligionen zusammenzuführen und zu vereinheitlichen. Es wurde auch kritisiert, Küng nehme die ethische Pluralität in der heutigen Welt nicht ernst genug. Er reduziere ihre Vorlagen, um zu gemeinsamen ethischen Sätzen hinzugelangen.3 Ferner wurde Küng vorgehalten, sein Programm ‚funktionalisiere’ Gott für gesellschaftlich benötigte moralische Haltungen. Gott werde in Küngs Projekt nach der Weise einer ‚natürlichen Theologie’ auf ein Prinzip reduziert (unser aller „Grund“ und „Ziel“ usw.). Das gehe nicht nur an der christlichen Theologie ganz vorbei, es könne auch praktisch nicht funktionieren – oder es führe zu autoritären Erzwingungen und Gesetzlichkeiten.4 Nun kann man die Frage, ob Küngs Programm gut funktionieren könne, kaum vorentscheiden mit an Schreibtischen verfassten theoretischen Erwägungen. Küng hat inzwischen eine Menge religiöser und politischer leader mobilisieren können. Es handelt sich beim Ganzen wirklich weniger um Theoriefragen, über die man geteilter Meinung sein kann, sondern um das Anpacken ethischer Aufgaben und Ziele, über deren Dringlichkeit man überhaupt nicht geteilter Meinung sein kann. Die Wissenschaftler sollten daher ihre unterschiedlichen Kompetenzen m.E. in der Weise auf die Küngschen Vorschläge richten, dass sie solche Punkte ansprechen, die vielleicht noch nicht ausdrücklich genug berücksichtigt sind. In dieser Weise möchte auch ich jetzt ein konstruktives Bedenken vorbringen. Zunächst: Ich teile Hans Küngs Meinung, dass auch und gerade die Religionen dafür in Pflicht genommen werden müssen, um mit ihren Potentialen zum Frieden beizu3 4 So zusammengefasst die Kritik von: Wolfgang Huber, Ohne Konflikt kein Heil. Der ethische Konsens muss in der Vielfalt religiöser Überzeugungen verankert sein – nicht in einer Einheitsmoral. Kritik an Hans Küngs“Projekt Weltethos“. In: Publik-Forum, 22. Jg., Nr. 5 (1993), 18-20. – Vgl. auch die Antikritik: KarlJosef Kuschel, Die große Chance der Religionen. Niemand will eine „Einheitsmoral“, auch Hans Küng nicht. Eine Erwiderung auf Wolfgang Hubers Kritik an „Projekt Weltethos“. In: PublikForum, 22. Jg. Nr.8 (1993), 20-22. So zusammengefasst: Michael Welker, Gutgemeint –aber ein Fehlschlag. Hans Küngs „Projekt Weltethos“. In: Evangelische Kommentare, 26.Jg.,Heft 6 (1993),354-356. - Vgl. die Replik von Hans Küng, Nicht gutgemeint - deshalb ein Fehlschlag. Zu Michael Welkers Reaktion auf „Projekt Weltethos“. In: Evangelische Kommentare , 26.Jg. Heft 8, 1993, 486-489. 'bb' 116-2/2006 tragen. In unserer Epoche, die das Weltethos immer mehr als eine rein philosophische Aufgabe betrachtet, kann das tatsächliche ethische Gewicht der Religionen gar nicht genug betont werden. Auch muss die Verpflichtung, zum Frieden beizutragen, heute mindestens dem Christentum nicht mehr zweimal gesagt werden. Es weiß, dass sein Stifter es gerade auf dieses Ziel verpflichtet hat, und dass die Kirchen manches wieder gut zu machen haben, was sie der Welt in der Vergangenheit hier auch schuldig geblieben sind. – Dass freilich die anderen Weltreligionen dies heute für sich ganz genau so sehen, ist mir erst einmal weniger gewiss. Unbeschadet der von Hans Küng eindrucksvoll herausgestellten vier großen gemeinsamen humanitären Zielsetzungen in den Weltreligionen, hat es die ganze Welt in den zurückliegenden Zeiten beobachten können, dass es auch im Wesen dieser Religionen liegt, etwa aus Intoleranz heraus ein unmenschliches Gewaltpotential zu entfesseln. Keineswegs sind die Weltreligionen an dieser Stelle immer nur von außen – etwa von politischen Ideologien oder Gewalthabern her – hierfür instrumentalisiert worden. Es konnte auch aus innersten Absolutheitsgefühlen dieser Religionen heraus zu gewalttätigen Intoleranzen kommen. Beim Christentum pflegt man z.B. an die Kreuzzüge zu erinnern. Nun sind die zum Glück lange her. Es ist aber auch ein Glück gewesen, dass die von Theologie und Kirchen erst so gefürchtete philosophische Aufklärung der europäischen Neuzeit in der ihr eigenen rationalen Art religiöse Toleranz immer mehr erzwang. Diese Aufklärung war nicht einfach antichristlich, auch in ihr kamen Anteile des Christentums mit zum Tragen, die zeitweise in den Kirchen aber nicht oder noch nicht die Heimstatt hatten, die sie verdienten. Andererseits sind Hans Küngs Vorschläge zum Weltethos ja dahingehend zu verstehen, dass dennoch heute alle großen Religionen auf jeden Fall ethisch benötigt werden. Richtig sieht Küng, dass die säkularen Kräfte einer im Durchschnitt halbwegs aufgeklärten Vernunft und Staatlichkeit allein des Bösen in der heutigen Welt längst nicht Herr werden können. Oft sind Staaten und Gesellschaften sogar auf modernstem demokratischen Entwicklungsstand dem Bösen gegenüber blind, weil es gar nicht in ihre Kategorien passt. Die aufgeklärte Moderne ist auch längst in ihre eigene innere moralische Ambivalenz und Dialektik hineingeraten, die sie ihrerseits einst an den Kirchen bemängelte. Auch die säkulare Moderne brachte mittlerweile Gutes und Böses hervor. Mein Fazit ist daher – und ich glaube, dies liegt auch in Hans Küngs Sinn – folgendes: Heute ist das moralische Kriegsbeil zwischen christlicher Kirche und philosophischer Aufklärung ganz schlicht – zu begraben. Jetzt ist die Zeit gekommen, bei der beide ihre jeweiligen moralischen Stärken addieren müssen. Im Weltmaßstab gesehen, stehen die großen christlichen Traditionskirchen heute übrigens durchaus nicht schwächer denn je da. Sie sind aber alle desto stärker und brauchbarer, je mehr sie in ein produktives Verhältnis zur philosophischen Aufklärung gelangt sind. Und an dieser Stelle begleite ich das Projekt Weltethos nun mit folgenden Fragen und Anregungen. Ich gehe zwar davon aus, dass die verschiedenen Weltreligionen die von Hans Küng herausgestellten vier grundlegenden ethischen Verpflichtungen nach innen tatsächlich lehren, und dass ihre Führungspersönlichkeiten dies auf interreligiösen Treffen auch bestätigen. Aber es ist m.E. nicht davon auszugehen, dass alle Weltreligionen in derselben Zeit leben und heute etwa dasselbe positive Verhältnis etwa zur aufgeklärten Toleranzforderung gewinnen können. Hier sehe ich ein Problem, an das man dringlich herangehen muss, wenn man die Religionen für die Förderung des Weltethos in Pflicht nehmen will. Nehmen wir einmal das Beispiel Indonesiens, eines von uns fernen Landes, in dem der Islam überwiegt. In diesem Land gibt es auch islamistische Feindbilder gegenüber den christlichen und buddhistischen Minderheiten. Dahinter mag mehreres stecken. Es könnte sich um nationalistische Gründe handeln; oder um verborgene kulturelle Komplexe irgendwelcher Art. Auch in Indonesien ist es in den letzten Jahren nun leider zu islamistischen Terroraktionen gekommen. Man muss jedoch auch dort die islamische Religion und den Islamismus unterscheiden! Es gibt drei große islamische Religionsorganisationen in Indonesien. Nach Terrorvorkommnissen im Jahr 2005 hat die indonesische Staatsregierung die führenden Geistlichen dieser drei Organisationen zusammengebracht. Die haben dann ein gemeinsames statement des Inhalts abgegeben, „dass Selbstmordattentäter eine Gefahr für die traditionell gemässigte Form des Islams im Land darstellen. Terror gegen Unschuldige sei in keiner Weise mit dem islamischen Glauben vereinbar und sei auch keine Form des Jihad.“5 Genau dies, dass solches formuliert wird, ist das Interesse des Weltethosprojekts! Wir müssen aber auch sehen, dass in der recht vielfältigen islamischen Gesamtstruktur solche klaren Stellungnahmen von oben nicht immer leicht zu haben sind. Und wie wäre es gewesen, wenn die Regierung Indonesiens auch gleich christliche und buddhistische Religionsführer zu dieser Konferenz eingeladen hätte? Wären die islamischen Geistlichen dann auch in der Lage gewesen, sich auf die genannte Erklärung zu einigen? Sicherlich wäre es gut, zunächst in Europa stehende Netzwerke der islamisch-christlichen Verständigung einzurichten. Aber jeder sieht, wie schwierig das ist, wie schnell auch auf islamischer Seite die Befürchtung, ‚belehrt zu werden’, aufkommen muss. Dann funktioniert gar nichts mehr, weil Richtiges, das aktiv vertreten werden soll, bekanntlich von innen heraus selber gefunden werden muss. Es kann nicht von außen her – und gar noch von religiösen Konkurrenten - aufgedrängt werden. Andererseits: Haben wir noch die Zeit übrig, dass auch die anderen Religionen sich selbst aufklären und einen ähnlichen Modernisierungs- und Säkularisierungsprozess durchlaufen wie das Christentum? Oder anders gefragt: Wenn es unabdingbar ist, dass die Weltreligionen in der 5 NZZ Nr. 271, 19-/20. Nov. 2005, S. 2. 45 'bb' 116-2/2006 Ethik zusammenarbeiten: Wird dies zu guten praktischen Ergebnissen führen, wenn die Religionen Eisenbahnzügen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit in der Weltgeschichte gleichen? Werden sie nicht sich verstehen und sich doch nicht verstehen? Werden sie nicht formal dasselbe sagen und doch nicht dasselbe meinen? Wir hier in Europa haben inzwischen zwar zu unserer Verfügung alle Hermeneutik der Welt, die auch das noch versteht und damit umgehen kann. Aber wie kommen wir wirklich voran? Mit Hans Küng sage ich trotz allem: Die großen Religionen sind im jetzigen Globalisierungszeitalter zu neuen ethischen Anstrengungen herausgefordert. Aber sie werden von den heutigen Realitäten nicht nur dazu aufgefordert, an ihre eigenen Leuten jeweils die vier großen ethischen Verpflichtungen weiterzugeben (was ja ihrem Selbstverständnis nach ohnehin immer schon geschieht), sondern sie sind auch verpflichtet, an sich selbst theologisch zu arbeiten. Das kann nicht nur eine einseitige Gewohnheit des Christentums bleiben. Einflussreiche Friedensmächte werden heutige Religionen m.E. alle erst, wenn sie durch eine gewisse philosophische Aufklärung hindurchgegangen sind. Ich bin davon überzeugt, dass jede Religion noch besser zu sich selbst findet oder eigene Wurzeln entdeckt, wenn sie den aufgeklärten Toleranzgedanken aufnimmt, und dass sie dann auch erst Friedensprozesse voranbringen kann. Und nun hoffe ich, dass sich das von Hans Küng gemeinte Projekt Weltethos auf diese Frage einlassen kann, die darauf zielt, wie den Weltreligionen der keineswegs billig und leicht und schnell zu habende, notwendige Modernisierungsprozess zukommen kann. Ich kann die Lösungswege leider nicht aufzeigen. Ich sagte schon, dass es richtig ist, wenn gerade von christlicher Seite aus das ständige Gespräch mit den geistlichen Leitern der anderen Weltreligionen gesucht wird. Es sind ja Ängste da, auch Überlegenheits- und Unterlegenheitsgefühle. Aber wir müssen daran arbeiten, durch ein Verhalten der Ehrerbietung und der Solidarität solche Ängste abzubauen. Möglicherweise ist solches interreligiöse Fortschritte-Machen heute noch wichtiger als der innerchristliche ökumenische Dialog, in dem wir sowieso ohne Alternative hängen. Ich wollte mit meiner Bemerkung den Blick darauf lenken, dass das Projekt Weltethos noch längst nicht als eine bloße Addition der moralischen Kräfte der großen Religionen erreicht werden kann, sondern an innerreligiöse Reifungsprozesse gekoppelt ist, die heutigentags noch nicht erfolgt sind. Darum heißt ‚zum Projekt Weltethos beitragen’ zunächst, die weitere Reifung der Weltreligionen selbst fördern. Das ist ein spannender Prozess, und wenn er gelingt, und wenn dann auch gewisse westliche Kreise ihre veralteten Vorbehalte gegenüber der Religion als solcher überwinden und sich deren Kräfte wieder zunutze machen, dann wird man eines glücklichen Tages vielleicht von einer ‚zweiten Aufklärung’, die schon seit langem benötigt ist, sprechen können. Lasst uns auf sie hoffen! Mehr noch; Lasst uns für sie arbeiten, damit wir keinen „Kampf der Kulturen“ sehen müssen. 46 'bb' 116-2/2006 fachbeitrag: die friedensethik dietrich bonhoeffers noch aktuell? betrachtungen anlässlich seines 100. geburtstages und 60. todestages reinhold mokrosch I. Einleitung: Bonhoeffer–Gedenken und die Aktualität seiner Friedens-Ethik D. Bonhoeffer, der wohl bekannteste protestantische Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische Regime, wurde am 4. Febr. 1906 in Breslau geboren und wurde am 9. April 1945, also 4 Wochen vor Kriegsende, im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nazi-Schergen erhängt. Wir haben also weltweit am 4. Februar dieses Jahres 2006 seines 100. Geburtstages und am 9. April des vergangenen Jahres 2005 seines 60. Ermordungstages gedacht. Überall in Deutschland, Polen, USA, Italien, Frankreich, Skandinavien und Korea wurden Symposien für diesen, wie viele ihn nennen, protestantischen „Heiligen“ und „Märtyrer“ des 20. Jahrhunderts durchgeführt. Der Name Dietrich Bonhoeffer ist in aller Munde. In Deutschland gibt es keine einzige Stadt, die nicht eine D. Bonhoeffer-Straße, D. Bonhoeffer-Allee, D. Bonhoeffer-Platz und natürlich D. Bonhoeffer – Kirche, – Schule, – Gemeinde o.ä. zu verzeichnen hat. Sogar US-Präsident Bush zitiert öfters D. Bonhoeffer mit den Worten: „Der große deutsche Widerstandskämpfer D. Bonhoeffer ist unser Vorbild, um für Demokratie und christliche Werte zu kämpfen!“ Oh je…! Neben seinen Gefängnis-Briefen, die seit der Erstauflage 1955 in 36 Sprachen und mehreren Millionen Exemplaren unter dem Titel „Widerstand und Ergebung“ erschienen sind, ist seine Ethik sein bekanntestes Werk. Allerdings hat er seine Ethik niemals als Buch geschrieben. Das war 1940 – 1943, als er seine Ethik verfasste, überhaupt nicht möglich gewesen. Eine oppositionelle christliche Ethik zu schreiben, wäre damals sofort mit dem Tod bestraft worden. Denn Mitleid, Nächstenliebe, Feindesliebe, Solidarität, Versöhnung, Vergebung und erst recht Frieden waren damals nicht nur verpönt, sondern verboten. Vielmehr waren unter dem Befehl der Judenvernichtung und der „Ausmerzung des Schwachen“ Töten, Quälen, Verhungern lassen, Vergasen, Erhängen, Erdrosseln, Denunzieren, Unversöhnlichkeit und vor allem Krieg als höchste Tugenden angesagt. Schon allein der Gebrauch des Wortes „Frieden“ hatte verdächtig gemacht. Wer vom „Frieden“ redete, wurde bei der Gestapo (der Geheimen Staatspolizei) denunziert und verhaftet. Deshalb schrieb D. Bonhoeffer seine Überlegungen zur Ethik nur auf Zetteln. Und diese Zettel musste er überall verstecken. Würden sie gefunden werden, würde das natürlich sofort zu seiner Verhaftung führen, - das wusste er. So schrieb er für sich alleine. Niemand, aber auch wirklich niemand hat zu seinen Lebzeiten auch nur eine Zeile seiner Ethik gelesen. Er musste ohne jegliche Reaktion schreiben. Erst nach seiner Ermordung sammelte sein Lebensfreund Eberhardt Bethge alle seine Ethik – Zettel zusammen, brachte sie in eine bestimmte Reihenfolge und veröffentlichte sie als Buch. Diese Ethik ist im 20. Jahrhundert viel beachtet und viel rezipiert worden. Ja, manche Christen richten ihr ethisches Denken und moralisches Verhalten allein an dieser Ethik aus. Sie ist, davon bin auch ich überzeugt, noch heute hoch aktuell. Inwiefern? Ich möchte das zum Schluss am Beispiel des Friedenstiftens realisieren. Aber vorher möchte ich fünf Grundsätze Bonhoeffers, auf denen seine Ethik wie auf fünf Pfeilern aufruht, benennen. Jeder Grundsatz ist aus einem konkreten Erlebnis erwachsen. Ich versuche, das darzustellen: II. Fünf Grundsätze der Friedens-Ethik D. Bonhoeffers Der 1. Grundsatz lautet: Die Wirklichkeit ist friedensfähig, weil Gott sich mit ihr versöhnt hat. Diesen Grundsatz entfaltete Bonhoeffer nach einem Erlebnis am 14. Juni 1940: Bonhoeffer saß mit seinem Freund Eberhard Bethge in einem Cafe bei Memel. Plötzlich wurde die Musik im Radio unterbrochen. Fanfaren ertönen. Sondermeldung: „Deutsche Truppen marschieren in Paris die Champs Elyssee entlang zum Arc de Triomphe! Der Erzfeind Frankreich wurde besiegt. Die Schmach von Versailles ist gesühnt. Der Führer wird am 22. Juni die Kapitulationsurkunde Frankreichs entgegennehmen.“ Das ganze Cafe rast. Alle springen auf die Tische, reißen den Arm zum Hitler-Gruß hoch und brüllen: „Deutschland, Deutschland, über aaaalllles!“ Bonhoeffer bleibt wie angewurzelt stehen. Bethge reißt ihm den Arm 47 'bb' 116-2/2006 hoch und flüstert: „Reiß den Arm hoch und beweg die Lippe! Es kommen andere Zeiten, in denen wir aus Protest den Arm unten halten müssen.“ Der 3. Grundsatz lautet: Christliche Friedensstifter sollen bereit sein, stellvertretend für die Menge der Schweigenden schuldlos schuldig zu werden. Ausgerechnet in dieser Situation entschloss Bonhoeffer sich, eine Ethik zu schreiben, mit dem Grundsatz: Die Wirklichkeit ist friedensfähig, weil Gott sich mit ihr versöhnt hat. Nichts sah danach aus! Die Wirklichkeit schien nur kriegsfähig, nicht aber friedensfähig zu sein. Aber Bonhoeffer war gerade jetzt überzeugt: Gott ist in Jesus Mensch geworden, hat sich mit der Wirklichkeit versöhnt und sie damit friedensfähig gemacht. So wie Ackerboden nach guter Düngung ertragsfähig wird, so auch die Wirklichkeit. Er wandte sich damit gegen ein idealistisches Denken, das die Wirklichkeit für prinzipiell gut hielt als auch gegen ein positivistisches Denken, dass sie für prinzipiell böse hält. Er hielt sie für friedensfähig, d.h. sie muss erst zum Frieden geführt werden. Wie Kästners Aussage: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“. Hitlers sog. Erfolge im Vernichtungskrieg (10. Mai 1940 Überfall auf Holland; 6. April 1941 Vernichtungsfeldzug gegen Jugoslawien und Griechenland; 22. Juni 1941 Überfall auf die Sowjetunion) brachten Bonhoeffer zu diesem Grundsatz. Der 2. Grundsatz lautet: Christliche Friedenserzieher sollten Unrecht leiden, so wie Jesus, der Bergprediger, dazu aufgefordert hat. Diesen Grundsatz entfaltete Bonhoeffer schon 1935/36 aufgrund folgender Ereignisse: Im Herbst 1935 hatte die Hitler-Regierung die grauenhaften Nürnberger Rasse-Gesetze verabschiedet. Sie öffnete der Judenverfolgung Tür und Tor. Bonhoeffer wusste als einziger Bescheid, dass der Judenverfolgung die Judenvernichtung folgen würde. Aber eigenartigerweise rief er jetzt noch nicht zum aktiven Widerstand auf. Sondern er riet zur Bereitschaft zum Leiden in aktiver Widerstandslosigkeit! Warum? Er hielt an Jesu Forderung in der Bergpredigt fest: „Widerstehet nicht dem Bösen“ (Mt 5,39) Denn er glaubte, dass das Böse und Dämonische sich totlaufen würden, wenn sie keine Gegengewalt und keinen Widerstand hätten. „Das willige Leiden“, schrieb er 1935, „ist stärker als das Böse; es ist der Tod des Bösen!“ Er wollte 1935 dem Bösen nicht widerstehen, keinen gewaltsamen Widerstand unterstützen, die Nazis durch Feindesliebe überwinden und gegebenenfalls Leid ertragen. Aber diese Haltung gab er auf, als er sah, dass die Nazi – Mörder diese Haltung ausnutzten. Er sah ein, dass sich das Böse überhaupt nicht totlief, sondern dass es immer brutaler wurde. Deshalb beteiligte es sich ab 1940 bewusst am gewaltsamen aktiven Widerstand. In seiner Ethik spielt aber dennoch der Grundsatz „Ich soll ggf. Unrecht leiden um des Friedens willen“ eine große Rolle. Die Einhaltung der Bergpredigt ist für ihn grundsätzlich der „Normalfall des Christen“. Nur in extremsten Grenzsituationen sah er sich genötigt, die Bergpredigt zu übertreten – um sie zu erfüllen! Was bedeutet denn das? 48 Er schätzte die politische Situation – vermutlich als einziger in seiner Kirche – völlig richtig ein: Hitler bedeutet die Zerstörung des Abendlandes, der jüdischen und der Sinti-Roma-Bevölkerung. Deshalb fühlte er sich genötigt, das Gebot der Bergpredigt, auch noch die andere Wange hinzuhalten und Unrecht zu erleiden, zu brechen, - um es zu erfüllen. Er entschloss sich, an der Konspiration zur Tötung Hitlers und der Nazi-Elite teilzunehmen. Und auch das nannte er „Nachfolge“ Jesu Christi. Denn auch Christus hatte das Gesetz gebrochen (Übertretung des Sabbatgebotes, des Gebotes, sich von Aussätzigen fern zu halten, usw.), um es zu erfüllen. Er wollte mit dieser kriminellen Tat Christus nachfolgen. Ich wiederhole: Er wollte mit dieser kriminellen Tat Christus nachfolgen. Ja – kriminelle Tat! Bonhoeffer hielt seine Konspiration zur Tötung Hitlers für „kriminell“! Er wusste, dass er schuldig wird. Aber er sah keine andere Möglichkeit, als alle Gesetze zu durchbrechen! Er war auch bereit, für seine kriminelle Tat mit dem Tod bestraft zu werden. Er rechnete damit! Aber er konnte nicht anders als kriminell werden, weil er den Tod von weiteren Hundert-Tausenden und die Vernichtung des Abendlandes stoppen wollte. Ja, in seiner Ethik schrieb er: „Wer verantwortlich handeln will, muss schuldig werden.“ Das war völlig neu für eine protestantische Ethik. Das verstand nach 1945 niemand! Erst heute verstehen wir Bonhoeffer wirklich! Und noch ein Gedanke gehört zu diesem 3. Grundsatz: derjenige der Stellvertretung. Bonhoeffer sagte oft, dass er bereit sei, stellvertretend für die Masse der schweigenden Mitläufer Schuld auf sich zu nehmen. Wenn die anderen nicht zur Tötung Hitlers bereit seien, dann wolle er stellvertretend für sie die Tötung Hitlers versuchen. Auch damit wollte er Christus nachfolgen. Denn auch Christus sei stellvertretend für die schweigende Masse schuldig geworden, als er den Sabbat übertreten hatte, als er Sünden vergab (was eigentlich nur Gott kann) und als er das mosaische Gesetz brach. Das war für damalige Zeiten so kriminell wie Bonhoeffers Konspiration zur Tötung Hitlers. Und auch Christus war für sein „stellvertretendes Schuldigwerden“ hingerichtet worden. Dazu war auch Bonhoeffer bereit. Man könnte fragen, ob Bonhoeffer mit diesem Vergleich mit Christus nicht sehr anmaßend gewesen sei. Ja! Man kann das fragen! 'bb' 116-2/2006 Der 4. Grundsatz lautet: Christliche Friedensstifter sollen in konkreter Situation nicht auf Normen und Prinzipien, sondern auf Gottes Wort hören. Schon im Herbst 1938 hatte Bonhoeffer von seinem Freund Werner Koch über die Grausamkeiten in Konzentrationslagern gehört. Werner Koch war nämlich Frühjahr 1938 in das KZ Sachsenhausen verschleppt und im Herbst 1938 wieder freigelassen worden. Er berichtete Bonhoeffer bis ins Detail, dass am KZ-Eingangstor stand „Arbeit macht frei“, dass die SS ständig von Ehre, Anstand, Treue, Pflicht, Gewissen und Tugend redete und dabei grausamste Taten beging. Auf ihren Koppelschlössern stand „Ehre heißt Treue“. Bonhoeffer erfuhr von Koch über diese Maskerade und Dämonie des Bösen. Er entschloss sich, auf alle diese Tugend- und PflichtBegriffe zu verzichten, weil ihre Pervertierung unerträglich sei. Er verzichtete darauf, im Voraus, d.h. vor einer konkreten Situation, zu definieren, was Frieden und Versöhnung, Gut und Böse seien. Sondern er wollte nur in der konkreten Situation entscheiden, was dem Frieden und dem Guten diene und was nicht. Er wollte auf Gottes Wort hören. Und das hieß für ihn: Er wollte auf Christus, in dem Gott Mensch geworden sei, hören. Und das hieß: Er fragte immer „Christus, wie würdest Du jetzt entscheiden?“ Er erhielt Antwort. Christen sollten auf Christi Wort hören, meinte er. Der 5. Grundsatz lautete: Kirche sollte der Ort sein, von dem aus Christen Frieden stiften Er hielt Kirche für eine sichtbare Gemeinschaft von Glaubenden. Kirche habe aber, so Bonhoeffer auf der ganzen Linie versagt. Im Frühjahr 1941 hatte er deshalb ein einmaliges Schuldbekenntnis der Kirche formuliert, das aber zu seinen Lebzeiten niemand und erst recht kein Kirchenvertreter gelesen hatte: „Die Kirche bekennt, ihre Verkündigung nicht offen genug ausgerichtet zu haben. Sie bekennt ihre Furchtsamkeit, ihr Abweichen, ihre Zugeständnisse. Sie hat den Ausgestoßenen und Verachteten die schuldige Barmherzigkeit verweigert. Sie war stumm, wo sie hätte schreien müssen, weil das Blut der Unschuldigen zum Himmel schrie. Die Kirche bekennt die willkürliche Anwendung brutaler Gewalt; sie hat das Leiden unzähliger Unschuldiger, Unterdrückter, Hass und Mord gesehen, ohne ihre Stimme zu erheben. Sie ist schuldig geworden am Leben der schwächsten und wehrlosesten Brüder Christi.“ Dieses Schuldbekenntnis von 1941 ist einmalig und übertrifft alle späteren nach 1945. Bonhoeffer wollte in einer kirchlichen Gemeinschaft Glaubender für den Frieden eintreten. Aber er fand keine solche Gemeinschaft. Er kämpfte bitter allein. Und trotzdem hielt er an dem Gedanken fest, dass der Ort des Friedenstiftens „Kirche“ sein sollte. Sind diese fünf Grundsätze noch heute aktuell? III. Wie könnte Bonhoeffers Ethik heute angewandt werden? Ich konzentriere mich bei dieser Frage, wie oben angekündigt, auf die drei Gebiete„Was heißt Friedens stiften?“ „Was heißt Verantwortung übernehmen?“, „Was heißt Leben schützen?“ „Frieden stiften“ bedeutet nach B. zunächst: nach der Bergpredigt leben, die linke Wange hinhalten, Unrecht leiden um des Friedens willen, sanftmütig und gewaltlos sein. Aber das dürfen keine prinzipiellen Normen und Regeln für alle Zeiten und alle Situationen sein. Jesus wollte uns ja nur zum paradox-symbolischen Handeln anleiten. Wir müssen nicht immer wörtlich die andere Wange noch hinhalten. Sondern wir sollen im Vertrauen auf Gott auch andere symbolische Formen der aktiven Gewaltlosigkeit praktizieren, im Sinne einer christlichen Entfeindung. Es gibt nach B. aber auch Situationen, in denen wir auf Gewaltlosigkeit verzichten und zur Gewalt bereit sein müssen. Solche extremen Grenz-Situationen lassen sich nicht unabhängig von einer konkreten Situation definieren. Sie werden nur in der Situation erkannt. Dann erwächst im Glaubenden die Bereitschaft, die Bergpredigt und das 5. Gebot zu brechen, um sie zu erfüllen. Aber entscheidend ist, dass der Glaubende sich bei solcher Tat nicht für einen feinen Kerl, sondern für einen schuldigen Kriminellen hält. Es gibt keinen Grund, dass er z.B. stolz ist, Tausenden das Leben gerettet zu haben, wenn er einen Menschen getötet hat. Er ist schuldig geworden und muss Gott die Tat ausliefern, damit allein Gott das Urteil spricht. – Übrigens wird er auch schuldig, wenn er pazifistisch streng nach der Bergpredigt lebt Und schließlich handelt er bei solcher Tat stellvertretend für andere, die zu solcher Tat nicht bereit sind. Das macht seine Einsamkeit auf dem Weg des Friedens und der Verantwortung aus. Friedensstifter sind oft einsam. Und am einsamsten sind sie, wenn sie für ihre Tat verurteilt und gestraft werden. Auch in solcher Situation gibt es nach Bonhoeffer keinen heimlichen Triumph eines Märtyrers. Denn der Märtyrer ist ein Krimineller. Und auch der Soldat, der durch einen möglicherweise unabdingbaren gewaltsamen Einsatz Vielen das Leben gerettet hat, darf sich nicht rühmen. Denn auch er hat kriminell gehandelt und Schuld auf sich geladen. 49 'bb' 116-2/2006 fachbeitrag: kooperative entwicklungssteuerung und selbstmanagement kess lehrpersonen trainieren kooperative entwicklungsberatung für sich selbst und ihre schüler bernhard sieland Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Menschen die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer! Antoine de Saint-Exupéry befinden, sehr hohen Leistungen trotz geringer Qualität der Prozesse und Strukturen (gestrichelte Linie). Gesundheit Wohlbefinden 1. Gute gesunde Lehrpersonen und das Lernkonzept von KESS „Ich glaube, Lehrpersonen leiden heute besonders dann, wenn sie keine Visionen mehr für ihre Kinder, für ihr Fach und für sich selbst haben. Sie verlieren sich dann in Einzelaufgaben, spüren keine Sehnsucht mehr und erleben sich als austauschbar!“ Diese Bilanz einer Seminarleiterin, die zuvor 25 Jahre erfolgreiche Schulleiterin war, ist erschreckend. Das Personal ist unser Kapital! Ganz besonders gilt der Satz für unsere Schulen. Aber in Zeiten, wo Lehrpersonen immer stärker in schulischen Aufgaben verstrickt sind, bleibt immer weniger Raum für professionelle Selbstreflexion und die Pflege gemeinsamer Visionen. Hier bietet die kollegiale Entwicklungsberatung „KESS“ eine Art „Oase im Alltag“ an, zu der man sich bewusst aufmachen muss und in der auch noch Arbeit wartet. KESS-Gruppen sind ein guter Ort zur Reflexion möglicher Überlebensstrategien gegen das Risiko der Entfremdung im Lebens- und Berufsalltag. 1.1 Ohne laufende Entwicklungsarbeit keine guten gesunden Lehrpersonen Gute gesunde Lehrpersonen, Schüler und Schulen zeigen nach Brägger und Posse (2007) unterschiedliche Ausprägungen in drei Qualitätsdimensionen. Ihre Leistungen nach innen (=Förderung der Selbstwirksamkeit und Selbstwertschätzung) oder nach außen (erfolgreiche Aufgabenbewältigung), die Strukturen (=Anregungs- und Unterstützungssysteme, professionelle Lerngemeinschaften) und Prozesse im Umgang mit sich selbst, mit Schülern, Kollegen und Eltern sowie das Wohlbefinden der Beteiligten reichen von sehr gut bis sehr schlecht. Abbildung 1 zeigt als Spinnennetzdiagramm eine Person mit hohem Wohlbefinden, guten Strukturen aber geringer Leistung (gepunktete Linie) und eine mit niedrigem Wohl- 50 Leistung Prozesse / Strukturen Abb. 1 Drei Qualitätsdimensionen und zwei exemplarische Ausprägungsmuster für mehr oder weniger gute gesunde Personen und Organisationen Ausprägungsmuster dieser Art müssen über den gesamten beruflichen wie privaten Rollenhaushalt laufend analysiert und gegebenenfalls korrigiert werden. So kann die Work-Life-Balance nicht nur arbeitsseitig bei Berufseinsteigern oder durch zuviel fachfremden Unterricht in schwierigen Klassen gestört sein. Nicht selten resultieren kritische Überlastungen auch aus den privaten Rollenanforderungen z.B. als Mütter oder durch die häusliche Pflege von Pflegebedürftigen. Sie belasten aber gleichwohl die berufliche Arbeitsqualität zum Schaden der Schüler und letztlich auch der Lehrpersonen. Umgekehrt kann eine berufliche Überlastung sich auch im privaten Rollenhaushalt niederschlagen und so destruktive Wechselwirkungen in Gang setzen. Darüber hinaus identifizieren sich manche Lehrpersonen zu stark mit den Schülern und Eltern, so dass sie die eigene Lage aus dem Blick verlieren. Umgekehrt können Überlastungsgefühle die Aufmerksamkeit in kritischem Ausmaß von den Schülern abziehen und auf die Lehrperson konzentrieren. Für den Lehrberuf kommt hinzu, dass die Qualitätseinschätzung bis zum Einsatz eines regelmäßigen und flächendeckenden funktionierenden Bildungscontrollings derzeit noch von der Lehrperson selbst zu leisten ist und objektivierbare Leistungsmängel der Schüler nicht selten so 'bb' 116-2/2006 attribuiert werden, dass Veränderungen auf der Lehrpersonseite aus dem Blick geraten. Aus all diesen Gründen verlangt die Tätigkeit von Lehrpersonen laufende Entwicklungsarbeit in Form von Qualitäts- bzw. Gesundheitszirkeln, von Supervision oder kollegialer Beratung. Solche Maßnahmen sind aber im Tätigkeitsbild und im Zeitbudget der Lehrperson offiziell nicht vorgesehen. Sie werden allenfalls in Betracht gezogen, wenn das Störungsausmaß das Erträgliche überschreitet. Wenn es stimmt, dass die kleinen Fehler oder verpassten Chancen von heute die Probleme von Morgen und die Katastrophen von Übermorgen sind, dann ist es klug, Personen und Organisationen, die einen Teil ihrer Energien regelmäßig nutzen, um Entwicklungsdiagnosen und Entwicklungsarbeit zu leisten. 1.2 Lehrpersonen als Lern- und Entwicklungsberater für sich selbst und ihre Mitmenschen Lehrpersonen sind nach Abbildung 1 gut bzw. effektiv und gesund, wenn sie es als Lern- und Entwicklungsberater ihrer Schüler (Prozesse) tatsächlich erreichen (Leistung), dass ihre Schüler als aktive Lerner Lernarbeit verrichten (Prozesse) und zu guten Ergebnissen (Leistung) kommen und sich alle Beteiligten möglichst geachtet und wohl fühlen. Wie kann das gelingen? Nur lernende Lehrpersonen, die die eigenen Lern- und Entwicklungsprozessen einschließlich der inneren und äußeren Widerstände laufend erleben, werden Schüler bei deren Lern- und Entwicklungsarbeit herausfordern und fördern können. Wer seine Vermittlungskompetenz in der Rolle des Lern- und Entwicklungsberaters versteht, muss diese Kunst auf sich selbst und andere anwenden und darf dabei nicht aus der Übung kommen! Er muss die Rolle des aktiven Lerners und Selbstentwicklers, der sich von kritischen Freunden coachen lässt ebenso selbstverständlich praktizieren wie die des Lern- und Entwicklungsberaters bzw. eines Supervisors für solche Prozesse. 2. KESS ein Lernkonzept zur Belastungsreduktion und Qualitätsverbesserung KESS (= Kooperative Entwicklungssteuerung und Selbstmanagement in Schulen) ist ein Verfahren zur Analyse und Intensivierung von Lern- und Entwicklungsprozessen in Gruppen zu drei Personen über einen begrenzten Zeitraum von ca. 6 Monaten. Die Teilnehmer der Kess-Gruppe können inhaltlich beliebige Entwicklungsziele verfolgen. Sie können sich z. B. vornehmen, ihre Balance zwischen Arbeiten, Erholen und Besinnen ausgeglichener zu gestalten, ihre Kompetenz im Umgang mit schwierigen Schülern durch regelmäßige Fallbesprechungen zu verbessern oder die Einführung neuer didaktischer Modelle verabreden. Sie entwickeln ein soziales Netz mit kritischen Freunden, die ihnen respektvoll Bestätigungs- und Korrekturimpulse geben. Gleichwohl handeln sie proaktiv und selbstverantwortlich. Sie diagnostizieren den eigenen Entwicklungs- stand, formulieren daraus einen persönlichen Entwicklungsplan, den sie selbstverantwortlich umsetzen und evaluieren. Wer die Diktatur der Fremdsteuerung brechen will, muss kooperative Selbststeuerung aufbauen. Bei extremer Fremdsteuerung gehen alle Bestätigungs- und Änderungsimpulse von anderen Personen aus. Z.B. bemerkt die Lehrperson etwas und bewertet es als änderungswürdig. Sie ist motiviert, den Zustand zu ändern und gibt Anweisungen. Der Schüler korrigiert sein Verhalten mit Blick auf die Wünsche der Lehrperson solange, bis diese mit dem Ergebnis zufrieden ist oder sich resigniert abwendet. Die so erzielten Änderungen mögen bei entsprechender Autorität der Lehrperson schnell zu erreichen sein, sind aber mit Blick auf lebenslanges Lernen ohne Anwesenheit der Lehrperson wenig nachhaltig. Bei der kooperativen Selbststeuerung bemerkt der Lernende selbst kritische Ist-Soll-Diskrepanzen, entwickelt einen Handlungsplan, motiviert sich selbst, diesen qualitätvoll auszuführen und bewertet selbst die Effekte seines Handelns. Im Laufe dieses Prozesses können kritische Freunde durch Kommentare eingreifen, ohne –wie bei der Fremdsteuerung- den selbstverantwortlichen Akteur zu entmündigen. 2.1 Gute Strukturen fördern: professionelle Lerngemeinschaften erproben Die kooperative Entwicklungsberatung findet in professionellen Lerngemeinschaften in einem Dreierteam statt. In drei Phasen á 30 Minuten übernimmt jeder Teilnehmer nacheinander drei Rollen: Person A reflektiert als Selbstentwickler unter Assistenz der Person B als Entwicklungsberater über 25 Minuten ihre wöchentlichen Entwicklungsprozesse. Person C als Supervisor leitet in den letzten fünf Minuten die Prozessevaluation der Entwicklungsberatung. Sie reflektiert mit den beiden anderen Teilnehmern hilfreiche Wirkfaktoren und Risikofaktoren, die in den nachfolgenden Sitzungen beachtet werden sollen. Nach jeweils 30 Minuten wechseln die Rollen, so dass jeder Teilnehmer seine individuelle Entwicklungskompetenz mit Blick auf sein inhaltliches Ziel und gleichzeitig seine Methodenkompetenzen im Bereich kooperativer Entwicklungsberatung trainiert. Der Rollenwechsel ermöglicht darüber hinaus die kombinierte Förderung von Analyse-, Planungs- und Handlungskompetenzen. Schließlich sollen die Teilnehmer den Beratungsprozess mit erprobungswürdigen Lösungsvorschlägen verlassen und so den entlastenden Effekt kooperativen Problemlösens erleben. 51 'bb' 116-2/2006 Abbildung 2: Drei Rollen im KESS-Entwicklungsteam Gutes kooperatives Entwicklungsmanagement zeichnet sich durch drei Qualitätsmerkmale aus: • Wechselseitige Abhängigkeit und verbindliche Übernahme von Verantwortung: Für ca. sechs Monate ist jeder Teilnehmer nicht nur für das Gelingen des eigenen Prozesses verantwortlich, sondern auch für das der beiden Entwicklungspartner und der notwendigen Gruppenprozesse. Alle Prozesse wie Zielklärung, Generierung persönlicher Entwicklungspläne usw. werden von allen Partnern durchlaufen und es entwickelt sich eine gemeinsame Identität. • Wechselseitige emotionale und sachliche Unterstützung und Herausforderung: Die Mitglieder der Kess-Gruppe sollen sich dabei unterstützen, emotionale und sachliche Entwicklungskrisen zu verstehen und zu verarbeiten und sich herausfordern trotz aller Widerstände mit der möglichen Intensität ihre Ziele zu verfolgen, und bei Überforderung erreichbarere Ziele zu definieren. • Wechselseitige Evaluation: Die Teilnehmer sollen Woche für Woche die Klarheit und Erreichbarkeit der Ziele überprüfen, Fortschritte würdigen, Rückschritte analysieren und die nächsten Schritte planen. • • 2.2 Gute Prozesse fördern Die Entwicklungsarbeit basiert auf den systematischen Schritten der Entwicklungsberatung vgl. Abb. 3: • Entwicklungsanalyse mit Informationsund Klärungsberatung: Erkennen – Verstehen – Annehmen. In dieser Phase geht es um die Klärung der Entwicklungsziele, um das Erkennen der Ist-Situation mit ihren Vor- und Nachteilen aus eigener Sicht wie aus der Sicht kritischer Freunde. Es geht um das Verstehen, wie sich der teils unbefriedigende Ist-Zustand überhaupt entwickeln und stabilisieren konnte und es geht um das wertschätzende Annehmen der Ist-Situation, indem man die Vor- und Nachteile für sich selbst, für die Mitmenschen und für wichtige Aufgaben erkennt. Erst wenn eine relative Akzeptanz mit dem eigenen Ist-Zustand 52 • erreicht ist, ist die Basis für eine geduldige und nachhaltige Entwicklungsarbeit bei sich selbst oder andern Mitmenschen geschaffen. Konkret werden die Zielgruppen durch kleine Übungen und Potenzialanalysen (vgl. Sieland 2007) aktiviert, ihren Entwicklungsstand und ihre Entwicklungsziele zu beschreiben. Nicht wenige wählen Ziele, die mit einer Verbesserung ihrer Work-Life- Balance, mit Stressbewältigung oder mit einer realistischeren Definition ihrer Rolle als Lehrperson gegenüber den Erwartungen von Kollegen und Schülern zu tun haben. Solche Wünsche zur Korrektur des Lebensstiles sind den Betreffenden oft schon länger bekannt. Sie konnten allerdings bisher diese Vorsätze nicht realisieren, weil ihre Entwicklungsmethoden an inneren bzw. äußeren Widerständen scheiterten. Die Teilnehmer sollen nun entscheiden, ob sie für eine begrenzte Zeit von ca. 6 Monaten konsequent an eigenen Entwicklungszielen arbeiten und sich gegenseitig durch ein peer - coaching unterstützen wollen. Mit einer positiven Entscheidung gelangen sie in die nächste Phase. Entwicklungsplanung mit laufender Klärungsberatung: Hier geht es um die Klärung und Entwicklung wohl definierter Verhaltensziele (vgl. Nilles, 1998 und Sieland, 2007). Auch bei diesem Schritt zeigt sich eine für Lehrpersonen oft bedenkliche Hilflosigkeit, Ziele auf Erreichbarkeit, Ich-Kongruenz… zu prüfen. Die Ziele werden in Teilziele portioniert und als persönlicher Entwicklungsplan konzipiert, dessen Durchführbarkeit nicht nur vom Individuum sondern auch von seinen Entwicklungsberatern positiv beurteilt wird. Entwicklungshandeln mit laufender Durchführungsberatung: Hier geht es um die Umsetzung des Entwicklungsplanes unter Alltagsbedingungen, die mit Ziel führenden Verhaltensexperimenten beginnt, die meist einer nachsteuernden Veränderung bedürfen, bevor sie in einer Stabilisierungsphase in den Lebensstil der Person und den Erwartungshorizont ihrer Mitmenschen etabliert und stabilisiert werden kann. Entwicklungsbericht: Der Entwicklungsbericht soll nicht nur den Verlauf der verschiedenen Schritte reflektieren und den Grad der Zielerreichung benennen, sondern auch die Wirkfaktoren, die für das mehr oder weniger große Geoder Misslingen verantwortlich zu machen sind. Hier geht es sozusagen um die Erkenntnisse, die in nachfolgenden Prozessen der Entwicklungsberatung mit Schülern oder Eltern berücksichtigt werden sollen. 'bb' 116-2/2006 Entwicklungsanalyse Problemfindung - Zielklärung Erkennen Verstehen EntwicklungsEntwicklungs- Entwicklungshandeln planung Annehmen Kontrollierte Umsetzungsversuche Gestalten Optimieren Stabilisieren EntwicklungsEntwicklungsbericht Abbildung 3: Vier Phasen (kursiv) und die zugehörigen Teilschritte der Entwicklungsberatung 2.3 Anonyme Entwicklungsberatung durch Fachsupervision im Intranet Um etwaige Risiken, die sich aus einer einseitigen Gruppenbildung ergeben können, auszugleichen, bietet die Universität Lüneburg eine Intranetplattform an, in der die Gruppenteilnehmer kurze Entwicklungsberichte anonym darstellen können. Sie stellen ca. alle zwei Wochen einen anonymen Bericht über ihren aktuellen Entwicklungsstand, anstehende Entscheidungen, Fragen oder Probleme ins Intranet und sollen die Berichte anderer Teilnehmer kommentieren. Diese öffentliche Beschreibung von Entwicklungsschritten, Entwicklungsproblemen und Beratungshandeln im Schutz der Anonymität wird von vielen Teilnehmern intensiv genutzt. Die Erfahrung mit derzeit ca. 30 Lehrpersonengruppen sowie etwa 50 Gruppen von Lehramtsstudierenden zeigt, dass die Intensität der wechselseitigen anonymen Beratung im Internet von den Beteiligten sehr gewinnbringend beurteilt wird. Darüber hinaus wird diese Intranetarbeit von Fachsupervisoren kommentiert. Das Intranet bewirkt noch weitere Effekte: Es kommt zu Querbeziehungen zwischen verschiedenen Kess-Gruppen über ähnliche Zielsetzungen. Die Arbeitsintensität und -qualität erhöht sich sowohl nach dem Urteil von Studierenden als auch von Lehrpersongruppen deutlich. Die Vielfalt der Modellangebote im Intranet übersteigt deutlich die in der Dreiergruppe mögliche Varianz. Letztlich sollen die gewonnenen Kompetenzen in ein virtuelles multiprofessionelles Lehrerforum www.lehrerforum.uni-lueneburg.de eingebracht werden. Insgesamt sollen die Nutzer in den KESS-Gruppen und im Intranet den Nutzen professioneller Lerngemeinschaften für die eigene Entlastung sowie zur Qualitätsverbesserung ihres beruflichen Handelns erfahren. 2.4 Gute und nachhaltige Leistungsergebnisse nach innen und nach außen Die Einübung in eine Struktur (systematischer Rollenwechsel zwischen Selbstentwickler, Entwicklungsberater und Supervisor und einen systematischen Prozess der kooperativen Entwicklungsanalyse, Entwicklungsplanung, und Entwicklungssteuerung) soll nach unseren Vorstellungen zu inneren und äußeren Leistungsergebnissen führen. Zu den inneren Effekten zählen die Selbstwirksamkeitserfahrungen in drei Varianten: • persönliche Selbstwirksamkeitserfahrungen: „Ich habe in begrenzter Zeit auf einem selbst gewählten Gebiet etwas erreicht.“ • soziale Selbstwirksamkeitserfahrungen: „Andere helfen mir durch nützliche Anregungen. Sie haben auch Probleme, bei denen ich hilfreich sein kann.“ • kollegiale Selbstwirksamkeitserfahrungen: „Gemeinsam sind wir stärker, schaffen wir mehr, sind wir ausdauernder. Hier gilt das Gesetz der pädagogischen Musketiere: Einer für Alle, Alle für Einen!“ Von besonderer Bedeutung scheint allerdings eine grundlegende Erfahrung zu sein, dass die eigenen Entwicklungsprozesse viel mehr Zeit brauchen als gedacht. So kann die Arbeit in Kess-Gruppen als ein Training für Geduld und Ausdauer verstanden werden mit sich selbst und mit denen, deren Entwicklungsberater die Teilnehmer sein sollen. Zu den Leistungsergebnissen „nach außen“ zählen faktische Verhaltensänderungen, die auch von Mitmenschen registriert werden. Hierzu nennen die Teilnehmerinnen folgende verhaltensbasierten Veränderungen: • Ich kann jetzt besser meine Grenzen erkennen. • Ich erhalte große Unterstützung durch Bestätigung und Anregungen in den Gesprächen. • Ich reflektiere meine Unterrichtsvorhaben genauer als vorher. • Ich habe mehr Mut zu neuen Methoden und positive Schülerrückmeldungen. • Ich kann jetzt besser die Menschen verstehen, die immer alles aufschieben. Früher wurde ich nur zornig auf sie. • Ich habe gelernt, besser Tagesabläufe zu planen und mir realistische Ziele zu setzen. • Ich habe gelernt, meine freien Zeiten bewusster zu leben. • Ich blicke mir jetzt öfter über die Schulter und kann die "Gelingensaugen" einschalten. 2.5 Der Arbeitsaufwand für die Teilnahme an einem KESS-Kurs Die Teilnehmer an einem Kess-Kurs werden dazu befähigt, für sich selbst, zusammen mit Kollegen und für ihre 53 'bb' 116-2/2006 • KESS eine höhere Priorität einräumen und nicht das Tagesgeschäft immer als wichtiger einschätzen. • Jeden Tag 30 min. Zeit für Besinnung machen mich gelassener. • Den Focus auf mich selbst zu richten, bringt mehr Klarheit in das, was ich in meinem Alltag tatsächlich tue und unterlasse. • Gesprächsablauf (stark strukturiert) war hilfreich für die Bearbeitung von Problemen. • Druck und Einsicht, mir eine Aufgabe (statt 4-5) zu stellen und die von Anfang bis zum Ende (Handlung, Evaluation) durchziehen. • Wöchentliches Zeitfenster für die KESSGruppe und tägliches für meine SelbstbeLernform Blended learning = sinnung. Mischung der Vorteile verschiedener Lernformen • An zwei Tagen die Woche (nach der letzInstruktion und Präsenzphase Präsenzphase Präsenzphase Diskussion 2 Tage 1 Tag 1 Tage ten Unterrichtsstunde) ein leerer= ruhiger 3 Monate Gruppenarbeit unter 3 Monate Klassenraum für umgehende Selbstbesin= 6 KESS Alltagsbelastungen = 6KESSnung. Treffen Treffen • Ich nehme mir Zeit, für meine positive Internetdiagnosen mit z.B. Stressbelastung, Berufseignungsinventar für Lehrer (BEIL) Vision von mir als „Wunschlehrer“. Rückmeldung Arbeitsbezogene Erlebens- und Verhaltensmuster =AVEM) • Dass es reale Chancen gibt, Probleme Virtuelle EntwicklungsAnonyme Gruppenberichte und wechselseitige Beratung zu lösen, wenn die Bedingungen stimmen beratung, Anregung im geschlossenen Intranet zum sozialen Vergleich (Team + das Wissen, wie BeratungsgeLernen für den Intranet – spräche geführt werden können). aktuellen Bedarf Supervison durch Fachleute • Dass ich allzu leicht abdrifte und die Evaluation Ist- und SollEvaluation Vorsätze im Alltag an schlecht zugängliche Analyse Stellen ablege. • Dem inneren Schweinehund Futter zu Abbildung 4: Fünf Phasen über 6 Monate im KESS-Prozess geben, indem ich dem Alltag zuviel Gewicht – und somit auch zuviel „Entschuldigungspotenzial“ eingeräumt habe. 3. Rückmeldungen von Teilnehmern Schüler systematisch Lern- und Entwicklungsberatung zu leisten, ohne die Betreffenden in wenig nachhaltige, fremd gesteuerte Lernprozesse zu verstricken. Das intensive Kompetenztraining verlangt einigen Aufwand, der sich nach dem Urteil der meisten Mitglieder von ca. 30 KESSGruppen von Lehrpersonen sowie etwa 50 Gruppen von Lehramtsstudierenden sehr auszahlt. Damit das Kess-Konzept wirklich alltagstauglich ist, wurde der Lernprozess in einen Wechsel von Präsenzphasen, Einzelarbeit im Intranet sowie Gruppenarbeit in den Kessgruppen aufgeteilt. Dieses Phasenmodell zeigt Abbildung 4. an KESS-Gruppen Die folgenden Antworten stammen von Lehrpersonen, die an einem Kurs (vgl. Abb. 6) teilgenommen haben. Sie antworteten auf die Frage: „Was waren ihre wichtigsten Erkenntnisse durch die Teilnahme am KESS-Prozess?“ • Ich kann tatsächlich Dinge aktiv verändern => raus aus der Opferrolle; Arbeit im Team, mit Menschen, die wissen, wovon ich rede. • Die Tatsache, meine Ziele laut vor anderen formuliert zu haben, brachte mich weiter auf den Weg, die Ziele durchzuführen. • Ich habe mein Ziel nicht erreicht, aber meine Bereitschaft zur Selbstreflexion ist stark gestiegen. • Durch die Arbeit im Dreierteam hat man „Verbündete“. • Wir haben in unseren Gruppensitzungen nicht immer auf die Einhaltung der Rollen geachtet => mangelnde Disziplin? • Das Tagesgeschäft war häufig wichtiger, deshalb häufiger nicht um KESS gekümmert. • Eigene Stärken und Schwächen sind wahrgenommen worden. • Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstreflexion ist stark gestiegen. • Handlungskompetenz ist noch nicht gut genug ausgeprägt. 54 Die Rückmeldungen sind also gemischt. KESS muss wie jede Methode zur Person, zum Problem und zu ihrer aktuellen Lebenswelt passen, wenn sie helfen soll. Ob das für Sie persönlich zutrifft, kommt auf einen Versuch an. Wollen Sie über sechs Monate einen Versuch mit befreundeten Lehrpersonen wagen? Das ARPM bietet seit drei Jahren regelmäßig KESS-Kurse nach dem Format in Abbildung 6 an. Ab Februar 2007 bietet das NILS zusätzlich einen Kurs für Personen an, die selbst Kessgruppen anleiten wollen. Hier ist besonders an Beratungslehrerinnen und solche Kolleginnen gedacht, die gegen eine Reduktion ihrer Pflichtstunden bereit sind, an benachbarten Schulen den Aufbau von Kessgruppen zu initiieren und zu begleiten. Literatur Nilles, J.-P. u. Nilles-Zand. M. (1998). Das Gespräch mit den Eltern. Eine Handreichung für Lehrer und Lehrerinnen ausgearbeitet im Auftrag des SCRIPT/MENFP. download unter http://www. bsieland.de/download/Lehrerbildung.php Problemlösen und Zielklärung (15.08.2006) Sieland, B. (2007), Zielvereinbarungen zwischen Entwicklungsbedarf und Änderungsresistenz. In Seifried, K., Jötten, B. Fleischer, T. Grewe, N. und Sieland, B. (Hrsg.) Handbuch Schulpsychologie: Psychologie für die Schule. Stuttgart: Kohlhammer (Im Druck) 'bb' 116-2/2006 buchtipps Wilhelm Vossenkuhl Die Möglichkeit des Guten. Ethik im 21. Jahrhundert. Verlag C. H. Beck, München 2006, 472 S., 29,90. ISBN 3-406-54375-8 „Jede Ethik setzt eine Sitte voraus, aber nicht jede Sitte ist ethisch zu rechtfertigen“, diese komplizierte Gradwanderung haben Philosophen und Alltagsmenschen seit Menschen denken unternommen. „Ethik“ als „Sittenlehre“, wie sie in den europäischen Philosophien des 17. Jahrhunderts verstanden wurde, wie sie der griechische Denker Aristoteles als êthos mit Charakter, dem „guten Leben“ und dem „guten Tun“ interpretiert hat, und wie dieser Zusammenhang zwischen Charakter, Sitte und Ethik in das europäische Denken mit der Auffassung eingegangen ist – ist die Entscheidung edel, also gut, dann ist es auch der Charakter – wird in der heutigen Zeit der sich immer interdependenter entwickelnden, globalisierten Welt mit der Forderung nach einer „globalen Ethik“ versehen. Denn ohne eine solche (Selbst)Verpflichtung der Menschen könne ein friedliches, humanes Zusammenleben auf der Erde nicht gelingen. Weil es so schwer gelingt, einige sagen sogar nicht gelingt, die Vielfalt des Denkens und Handelns der Menschen als politische und soziale Wesen unter einer allgemein akzeptierten Ethik zu einen, deshalb klaffen Appell, Aufforderung und Realisierung über die Frage nach dem Guten, ethischem Denken und Handeln der Menschen, so auseinander. Die von der UNESCO beauftragte Weltkommission „Kultur und Entwicklung“ hat 1995 „globale Ethik“ bezeichnet als „internationale Standards für Menschenrechte, Demokratie und Minderheitenschutz“, angelehnt an das, wie ich meine wichtigste Standardwerk menschlichen Zusammenlebens in der Einen Welt, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (10.12.1948), in der es in Artikel 1 unmissverständlich heißt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen“. Was ist ein gutes Leben ? Der Lehrstuhlinhaber für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Wilhelm Vossenkuhl, stellt die uralte Menschenfrage nach dem Guten im Menschsein neu. Dabei setzt er für sich und sein Denken die Prämisse, dass jeder Mensch verstehen und wissen könne, was ein „gutes Leben“ sei. Diese erst einmal als selbstverständlich klingende Annahme hat es in sich. Er geht nämlich nicht, wie etwa im fundamentalistischen Denken üblich, davon aus, dass das „gute Leben“ von irgend jemandem oder einer Ideologie (vor)gesetzt, diktiert und bestimmt werden kann, auch dass „ein gutes Leben ( ) nicht durch eine Harmonisierung von Gegensätzen, sondern durch die Lösung von Konflikten möglich“ wird. Darin steckt die Erkenntnis, dass Konflikte im Zusammen- oder auch Gegeneinanderleben der Menschen „normal“ sind; gleichzeitig verbunden damit die Aufforderung, so etwas wie eine „Ethik der Konfliktlösung“ einzuüben. Mit seiner umfassenden Arbeit, die er jedoch nicht als eine „Geschichte der Ethik“ verstanden wissen will, auch nicht als einen Überblick über die zeitgenössische Ethik, beansprucht er eine Reflexion darüber, „ethischen Fragen im Zusammenhang und in systematischer Form nachzugehen und den Charakter und die Aufgaben der Ethik in unserer Zeit zu klären“. Mit seiner Arbeit beansprucht der Sozial- und Kulturphilosoph nicht, ein theologisches Traktat abzuliefern; die Bausteine sammelt er vielmehr aus seiner Arbeit mit Studierenden und der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern. Das Verhältnis von Sitte und Ethik In sechs Kapiteln breitet er die Thematik in einer theoretischen Diskussion aus und füllt diese mit einer Reihe von praktischen Beispielen aus dem gesellschaftlichen und alltäglichen Leben der Menschen auf. Im ersten Kapitel geht es um das Verhältnis von Sitte und Ethik und den Zusammenhang zur Moral. Die Vertracktheit der so genannten „Objektivität“ wird am Beispiel von ethischen Begründungen, etwa den Zehn Geboten objektiv diskutiert. „Du sollst nicht töten“ als eine Grundnorm menschlichen Zusammenlebens verstanden, beruht auf einem „authentischen Urteil“, das sich in der Zwangsjacke zwischen Handlungsfähigkeit und Handlungsfreiheit befindet. Sind damit Selbsttötung und Todeswunsch von Schwerkranken wider einer Auffassung vom guten Leben? Gibt es einen Gegensatz zwischen einem situativen und einen universalen Denken und Handeln? Ist die Erforschung von embryonalen Stammzellen sittlich? Gibt es eine ethische Begründung für die Todesstrafe? Wir merken: Der Autor steckt mitten in den Dilemmata unserer Welt. Sein Mühen darüber gibt uns nicht auf alle Fragen und Probleme Antworten; aber die Schneisen, die er in den Diskurs einbringt, lichten das Dickicht ein wenig. Ethik und Moral Mit dem zweiten Kapitel zeigt Wilhelm Vossenkuhl einige Grundprinzipien einer „Ethik als Konfliktwissenschaft“ auf. Im Wesentlichen geht es dabei darum, eine „moralische Selbstbefähigung“ der Menschen zu erreichen; gleichzeitig aber auch, die Grenzen dieses Anspruchs zu erkennen: „Es muss eine Hoffnung darauf geben, dass das gute Leben möglich ist, obwohl wir wissen, dass wir es durch die eigenen moralischen Leistungen nicht verdienen können“. 55 'bb' 116-2/2006 Globale Verantwortungsethik Im dritten Kapitel geht es um das Begriffspaar „Freiheit und Verantwortung“. Beide ethische Normen werden im lokalen wie im globalen Diskurs nicht nur unterschiedlich ausgelegt, sondern auch in teilweise gegensätzlicher Weise gesetzt. Wenn die Freiheit des Menschen eine ganz menschliche Eigenschaft ist und der Wille nach Freiheit ein grundlegendes menschliches Bedürfnis darstellt, dann bedarf es eines intensiveren Nachdenkens und Tuns als dies sich in unserer egoistischen und konsumorientierten Existenz darstellt; die Erkenntnis und das Bemühen um einen neuen (ethischen) Verantwortungsbegriff sind notwendig. Die „Unbeständigkeit“ des Guten im Menschen Wie die Wege dahin möglich sein könnten, diskutiert der Autor im vierten Kapitel „Das Gute, das Richtige und das gute Leben. Moralisch gute Handlungen nämlich „bilden den Kitt des individuellen und kollektiven guten Lebens“. Das Problem stellt sich nur dadurch, dass wir von einer „Unbeständigkeit des Guten“ im menschlichen Leben ausgehen müssen. Ein Ausweg aus dieser Realität wird dadurch aufgezeigt, dass das Bewusstsein vom guten Leben als „mögliche Wirklichkeit“ aufgefasst wird; niemals als ein von Menschenallmacht geschaffenem Faktum. „Gutes Leben“ wird im allgemeinen Verständnis meist unabdingbar verbunden mit den Gütern dieser Erde. Was ist notwendig für ein gutes Leben? Dass „das gute Leben und die Integration von Gütern“ einer Wertediskussion wert ist, zeigt Vossenkuhl im fünften Kapitel auf. Spätestens hier kommt eine weitere schillernde Erwartungshaltung ins Spiel, die Frage nach dem Glück. Mit den Denkkategorien, wie sie etwa John Rawls, J. S. Mill u. a. in die Diskussion um „Verzichtbares und Unverzichtbares“ im (guten) menschlichen Leben eingeführt haben, mahnt er an, dass ein gutes Leben in einem sozialen Ganzen nicht erreichbar sei, wenn die Ziele der Verteilungsprozesse von Gütern auf der Erde nicht kooperativ und integrativ erfolgten. Es gehe um den „Maßstab der Schuldigkeit“, den Menschen Menschen schulden. Gerechte Verteilungsethik Im sechsten und letzten Kapitel versucht der Autor, „die Möglichkeit des guten Lebens“ im Sinne von „Risiken und Nebenwirkungen“ zu diskutieren. Mit der von ihm entwickelten „Maximenmethode“ will er einerseits die Aufgaben und die Bedeutung der gesellschaftlichen, nationalen und internationalen Einrichtungen bei der gerechten Verteilung von Gütern deutlich machen; andererseits aber auch und besonders die Anforderungen und Möglichkeiten des Individuums zum ethischen Handeln aufzuzeigen. Damit für den Einzelnen „Ethik zur Pflicht“, besser vielleicht zum selbstverständlichen Denken und Handeln wird, bedarf es einer Änderung der vielfach vorherrschenden „intoleranten, kompromisslosen weltanschaulichen Fixierung“. Wilhelm Vossenkuhl gibt in seiner Auseinandersetzung eine Reihe von Anregungen, wie ein „gutes Leben“ für alle Menschen auf der Erde möglich sein könnte. Die Möglichkeitsform 56 dabei klingt in seinen Ausführungen nicht resignativ oder fatalistisch; aber auch nicht euphorisch. Immer wieder erinnert er mit den zahlreichen konkreten Beispielen daran, dass die Welt der Menschen nicht so ist, wie sie sein könnte und sollte. Sitte, Charakter, Moral, Willensfreiheit und Verantwortungsbewusstsein sind Stützpfeiler für ein gutes Leben, das es noch zu schaffen gilt. Jos Schnurer Renate SCHUPP und Waltraud M. JACOB (Illustr.) Advent in der Sterngasse. Ein Bastel-Adventskalender mit einem Leporello zum Aufstellen. Für Kinder ab 5. Kaufmann-V, Lahr 2005, 52 S. durchgehend farbig illustriert, kartoniert, 12,95. ISBN 3-7806-0836-7 M. MORGENROTH und Anja REICHEL (Illustr.) Die Adventsbande. Ein Adventskalender zum Vorlesen und Ausschneiden. Für Kinder ab 6 (Text) und ab 4 (Basteln) Jahren. Kaufmann-V. Lahr 2005, 52 S., durchgehend farbig illustriert; mit einem Poster, kartoniert, 12,95. ISBN 37806-0833-2 R. KRENZER und Renate BAARS Sternen Adventskalender. Ein Folien-Adventskalender zum Vorlesen, Ausmalen und Gestalten eines Fensterbildes. Für Kinder ab 4 (Text) und 3 (Basteln). Kaufmann-V., Lahr 2005; 28 S., durchgehend farbis illustriert; geheftet, 12,95. ISBN 3-7806-0835-9 Sterngasse: Wenn ich noch ein Kind wäre und mir wünschen dürfte, wo ich gern wohnen möchte (natürlich außer in Bullerbü, Schlaraffenland und am Action-Park Wermelskirchen!): die Sternengasse wäre in der allerengsten Wahl. Das weiß ich so genau, weil ich diese Gasse schon gesehen habe. Als Leporello steht sie vor mir auf dem Tisch. Das besondere an dieser Gasse ist, dass ausnahmslos in allen Häusern Familien mit Kindern wohnen. In der Adventszeit geht es deshalb dort besonders geheimnisvoll zu, genau so, wie natürlich überall, wo viele Kinder wohnen. Der einzige Unterschied ist, dass es in der Sternengasse über jede Wohnung eine besondere Geschichte gibt. Zum Beispiel über Nicki, Franziska und Nele. Bei denen steht eines Tageshokuspokus – eine komische Tüte im Schrank. Oder, nächstes Beispiel, bei Nico und Pascal fängt der Adventskranz Feuer, und die Eltern sind nicht zu Hause. Opa hinwiederum – das letzte Beispiel und dann wird hier nichts mehr verraten – erzählt seinem Enkel Daniel, warum ein kleines Holzkästchen das schönste Geschenk seines Lebens war. Also, wie alle Jahre wieder passieren auch heuer in dem neuen Adventskalendern „Sterngasse“ – diese Gasse aus dem Kalender ist nämlich gemeint – ganz viele Dinge, die unter gar keinen Umständen hier verraten werden dürfen. Nur so viel sei gesagt: es ist unglaublich spannend, sich an jedem 'bb' 116-2/2006 Adventsabend, der zwischen dem 1. Dezember und Hl. Abend liegt, also 24mal, auf eine neue Vorlese-Geschichte zu freuen und wenn es so weit ist, beim Zuhörendürfen ein weiteres Bild sorgsam auszuschneiden und an seinen Platz im Adventskalender zu kleben. Neuplatt gesprochen, könnte man ohne Übertreibung sagen: die Advents – Kalender aus Lahr sind längst „Kult“! Dieser Kult speist sich nicht nur aus der gekonnt kindgemäßen Aufmachung der Kalender . Und auch nicht bloß aus der alten, frommen, badischen Advents-Sitte der Machart des ‚Alle-Jahre-wieder-Bastelkalenders‘. Er lebt auch davon, dass ständig neue Geschichten erfunden werden. Oder hätten Sie vorher schon „Die Geschichte von der Tüte im Schrank“ oder „Die Geschichte vom Morgenspaziergang“ gekannt? Na, sehen Sie: das rührt eben daher, dass niemand jemals vorher schon die neu erfundenen Kalendergeschichten zu hören bekommt. Deshalb ist es für Kinder und vorlesende Omas oder Großväter so aufregend, wenn sie am 1. Dezember abends endlich miteinander die Sterngasse betreten dürfen. Die Häuser und mittendrin die Kirche haben zwar noch leere Fensterhöhlen, und deshalb sieht auf den ersten Blick alles ein wenig unheimlich aus. Mit jedem Bild aber, das die Kinder Abend für Abend ausschneiden und in die Fenster des Leporellos kleben dürfen, belebt sich die Sterngasse mehr und mehr. Der Rez. plädiert jedes Jahr entschlossen dafür, dass Paten ihren Patenkindern, dass Großeltern ihren Enkeln zum 1. Advent einen altersbezogenen (hier: ab 5 Jahre) Vorlesekalender schenken; dass Erzieherinnen im Kindergarten und Lehrerinnen der Eingangsstufe GS morgens den Schultag damit beginnen (oder beschließen), und dass unsere Kinder auf diese Weise mit hineingenommen werden in das unvergleichliche adventlich-weihnachtliche Geschehen, das sich begab, als Cyrenius Landpfleger in Syrien war. *** Adventsbande: Wenn eine Bande im Anmarsch ist, dann, so sagt der gesunde Menschenverstand, sollte man sich lieber rasch verdrücken. Wer weiß, was die im Schilde führen. Man muss ja morgens beim Frühstück nur BILD aufschlagen. Sich beim Anblick der Adventsbande klammheimlich aus der Buchhandlung zu stehlen – das hinwiederum wäre gegen den zitierten Menschenverstand, es wäre das Falscheste, was man überhaupt nur machen könnte. Denn Paul, Franzi, Marc, Jojo und Marie vom Kornmühlenwinkel wollen uns nicht Mores lehren oder gar an den Kragen. Nein, ganz im Gegenteil, sie wollen uns fröhlich begleiten vom 1. Dezember zum Heiligen Abend, und wir werden dann schon sehen, was alles man im Schlepptau solcher Gesellen erleben wird. Man darf gespannt sein! Jedenfalls, und so viel will ich schon mal rauslassen, wer sich auf die kleinen Gesellen vom Adventskalender einlässt, der hört jeden Abend eine spannende Geschichte und weiß am Ende ganz genau, was es nun mit Frau Knesebecks Nachthemd und ihrer Liebe zu Einbrechern auf sich hat, warum der böse Wirt eine Clownsglatze mit lila Zotteln auf dem Kopf trägt oder was den armen Paul ausgerechnet am 5. Dezember erschrocken unter seiner Brille hervorzwinkern und an Heilig Abend hippsfidel ganz viel Geld, nämlich 244 Euro 42 aus seinem Räuberhut auf die Bühne kippen lässt, bevor er einem Schaf die Zunge rausstreckt! Wie bei allen Lahrer Adventsvergnügen gibt’ts jeden Abend ein Bildchen auszuschneiden und aufzukleben. Pünktlich zu Hl. Abend ist dann ein wunderhübsches, farbiges Poster (A 2) entstanden mit dem Marktplatz drauf und den bunten Häusern drumherum. Und mitten auf dem Platz die kleine Theaterbühne, auf der die Adventsbande ein Stück aufführt. Und das wiederum hat etwas zu tun mit Pauls Räuberhut. Aber - was nur, in aller Welt ? *** Sternen: Zur Advents- und Weihnachtszeit dürfte es hierzulande kaum ein Haus geben, das ohne Sternschmuck bliebe. Seit es sich zu der Zeit begab, dass der „Stern von Bethlehem“ die Menschen der Heiligen Nacht zum Kind in der Krippe leitete, sind bis auf den heutigen Tag Sterne aller Größen, Arten, Farben, Materialien, Erscheinungsformen und Strahlgrade unsere Begleiter auf dem Weg zur Geburt des Heilandes geworden; Sinnbild für Liebe und Freude und Freiheit sind sie, für die Güte Gottes und das Erbarmen des Nazareners mit der leidenden und oft verzagten Kreatur. Weil nun Klein-Lena und das eifrige Mäxchen der Mutter in den adventlich-vorweihnachtlichen Tagen besonders gern helfen, Plätzchen in Sternenform auszustechen oder an den langen, anheimelnden Abenden miteinander Strohsterne zu basteln, um Türen und Wände damit zu schmücken, lag die Idee nahe, wie in diesem Jahr geschehen, dass Kinder sich mit den Sternen gemeinsam aufmachen, um den Weg zu finden „...in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem...“. Es ist der Weg, der im Adventskalender am 1. Dezember beginnt und am Heiligen Abend sein Ziel, Josef mit Maria und das Kind in der Krippe, erreicht haben wird. An jedem dieser unvergleichlichen Tage im Advent geht am Kalenderhimmel ein neuer Stern auf. Ganz viele kommen da nach und nach zusammen: • Als kleine farbige Vorlagen schmücken sie Seite um Seite der abendliche (Vorlese-) Geschichte; • zusätzlich gibt es sie noch in etwas größerer Form zum Anmalen und – das werden die Kleinen besonders toll finden: • an jedem Abend lässt sich ein dritter Stern von einer Folie abziehen und ans Fenster kleben: sobald die letzte der 24 Adventsgeschichten verklungen ist, kann sich jeder an diesem herrlichen Bild erfreuen: 25 kleine, ein ganz großer und noch ein Schweifstern glitzern dann am (Fenster-) Sternenhimmel über der Stadt mit ihren bunten Häusern. Auch letztere dürfen, genauso wie die Sterne, von der Folie abgezogen werden. Sie zieren den unteren Rand des Fensters. Der Vorlesetext erzählt die uralte biblische Weihnachtsgeschichte sozusagen in Etappen. Dazwischen sind Erzählungen eingestreut, die im Heute spielen. So verknüpft sich das Staunen derer, die sich alle Jahre wieder neu „...über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten...“ wundern mit dem, was man mit großer Freude zu hören bekommt, wenn in unseren Tagen von den kleinen und großen Wundern berichtet wird, die sich hier und dort begeben haben. Es ist ja schließlich „fröhliche, selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“. 57 'bb' 116-2/2006 Ilse LICHTENSTEIN-ROTHER [ + ]. Neubearbeitet von Edeltraud RÖBE Grundschule. Der pädagogische Raum für Grundlegung der Bildung. Beltz-V., Weinheim und Basel, 2005/7. neubearbeitete Aufl.; 344 S.; broschiert, 26,90. ISBN 3-4072-5231-5 Diesen Klassiker gibt es seit 20 Jahren. Die Neubearbeitung durch die Erziehungswissenschaftlerin (Pädagogik und Didaktik der Primarstufe) Edeltraut RÖBE ist „eine kritische Durchsicht der alten Fassung vor dem Hintergrund neuer Untersuchungen... und Entwicklungen“ [S.15]. Insgesamt wenig stark verändert präsentieren sich die drei vorwiegend schulpädagogisch ausgerichteten Kapitel, nämlich dasjenige • mit der grundlegenden Betrachtung des Verständnisses von Schule und Schülersein; desgleichen das • mit der Überschrift: „Grundlegung und Kindorientierung strukturieren das pädagogische Konzept der Grundschule“; schließlich noch dasjenige, • bei dem es um die „Grundschule als kindorientierten Lern-, Lebens- und Handlungsraum“ geht. Hier verweist die Autorin auf den überraschenden „Modernitätsstand“ insbesondere der Abschnitte über „Freie Arbeit“: damals noch, in der 1. Auflage, eine überwiegend kritisch hinterfragte Methode, heute längst „Markenzeichen eines >modernen Unterrichts<“. Derzeit wird in diesem Zusammenhang eher kritisiert, das Freie Arbeiten habe sich verkehrt in ein „rastloses Abarbeiten von Aufgabenpensen eines wuchernden Lernmittelmarktes“, wobei nach wie vor „eine Vergewisserung über die pädagogische Sinnstruktur und eine entsprechende pädagogische Vorordnung“ fehle. Da ist sicher ‘was dran. Während es genügte, die drei (von insgesamt fünf) genannten Kapitel gründlich zu überarbeiten, musste ein weiteres, nämlich das mit den Ausführungen über das Lesenlehren und -lernen, und damit über den zentralen Lernbereich aller grundlegenden Bildungsarbeit, völlig neu geschrieben werden. Die Autorin weist zurecht auf das „enorme Innovationspotential“ hin, dem man heute – im Unterschied zur Mitte der 70er Jahre – schulgeschichtlich, unterrichts- und lerntheoretisch begegne. Die Grundlage der schriftsprachenbezogenen Forschung habe sich gewaltig erweitert. Diese Entwicklungen spiegeln sich in der kapitelweise unterschiedlichen Überarbeitungsdichte das vorl. Buches wider. In seinen neu konzipierten Teilen, insbesondere also im Kapitel III über den Schriftspracherwerb, geht die Ludwigsburger Pädagogin der Frage nach, ob sich der fortschreitend ausgeweitete Forschungsstand mit seinen vielfältigen Ergebnissen „überhaupt noch in ein pädagogisch-didaktisches Handlungskonzept der Regelschule übersetzen“ lässt. Schließlich litten Lehrerinnen heute mehr denn je darunter, dass sich in ihren pädagogischen Disziplinen die weitverzweigten Ergebnisse erziehungswissenschaftlicher Forschung schon längst nicht mehr und oft noch nicht einmal ansatzweise überblicken, geschweige denn internalisieren lassen. Dessen eingedenk, war es eines der Ziele des Rez., mit der 1977 von ihm begrün- 58 deten religionspädagogischen Fachzeitschrift, ‚braunschweiger beiträge‘, allen am Unterrichtsprozess Beteiligten relevante Forschungs- und Praxisergebnisse aus der Päd. Psychologie, den Erziehungswissenschaften und der Religionspädagogik in möglichst übersichtlichen, knappen Beiträgen zugänglich zu machen, damit sowohl das fachliche Interesse, als auch die unterrichtliche Kompetenz wachse. Letzteres ist, versteht sich fast von selbst, auch die Absicht der Kollegin RÖBE. Dabei schöpft und gewinnt sie Ihre innovativ-unterrichtspraktische Komponente aus zwei Quellen. Am wichtigsten, erstens, sei es ihrgewesen, ihr stetig auf den neuesten Stand der Forschung gebrachtes Unterrichtskonzept für die GS gemeinsam mit einem Kreis von sieben engsten Mitarbeiterinnen in konkrete Handlungsschritte zu übertragen und es dann im Schulunterricht über einen langen Zeitraum hin mehrfach zu erproben resp. zu verbessern. Diese, generell für die Arbeit an Päd. Hochschulen, typische Vorgehensweise ist unerlässlich, überprüft sie doch Forschung und Lehre an der unmittelbaren Unterrichtspraxis in den Grundschulen vor Ort, in Kleinklickersdorf und Humpelstadt-Nord. Der Autorin kommt die gegenwärtige, in Ansätzen deutlich erkennbare Rückbesinnung der Schule „auf ihre anthropologische, pädagogische und politische Verantwortungsdimension“, also auf Bildung im ursprünglichsten Sinne, gerade recht. Wenn Bildung, wie B. ROBINSOHN bereits 1967 (Bildungsreform als Revision des Curriculum, Neuwied, S. 13) schrieb, „eine Ausstattung zum Verhalten in der Welt“ ist, dann berührt das zugleich den Bildungsauftrag der Grundschule, nämlich, das Kind auf den (lebens-)langen Weg des Bildungsprozesses zu stellen und seine ersten Schritte ermutigend zu begleiten. Die GS, so die Autorin, sei nachgerade dazu prädestiniert, dem Kind in der Art des Miteinanderlebens in einem Raum, der Sicherheit und Geborgenheit ausstrahle, zugleich „die sozial- kommunikative und die athmosphärisch-erlebnismäßige Dimension“ zu erschließen. So steht‘s hoffentlich genau im Stammbuch jedes Grundschulpädagogen geschrieben. Die zweite Quelle, aus welcher die Neubearbeitung schöpft, sei „die nahe und reflexive Aufmerksamkeit für Kinder und LehrerInnen in ihrem Lern- und Lehrprozess“. Hier schöpft die Autorin aus zahlreichen Examensarbeiten, die das Verhältnis der in der Schule miteinander lebenden Partner, Kinder und Lehrerinnen, hochkonzentriert begleitend aufgezeichnet haben und damit sowohl den Reflexionsprozess bei den Unterrichtenden intensivierten als auch den Lernprozess der Kinder förderten. Das Buch schließt mit einem Gedanken aus der Feder des Pädagogen und Philosophs H.v. HENTIG (Der technischen Zivilisation gewachsen bleiben; Weinheim und Basel 2002, S. 309), mit welchem auch diese Betrachtung abgeschlossen sei: Das Nachdenken über die Grundschule „als pädagogischer Raum für Grundlegung der Bildung“ sei ein Nachdenken über den Maßstab „Menschlichkeit“. Darum diene die Schule „nie nur der Einübung in die Gegebenheiten und Gesetze der Welt, sondern stärkt immer auch die Wahrnehmung, dass der Mensch der Herr über seine Geschöpfe ist. Das macht – nicht zum geringsten Teil – seine Würde aus.“ So ist es. 'bb' 116-2/2006 PHILIPP, E. und H. RADEMACHER Konfliktmanagement im Kollegium. Arbeitsbuch mit Modellen und Methoden. Beltz Pädagogik, Weinheim und Basel 2002; 126 S., broschiert, 19,90. ISBN 3-4072-5260-9 Der eine beschäftigt sich im Hess. Landesinstitut für Pädagogik mit dem Projekt „Konfiktbearbeitung und Gewaltprävention“. Der andere, ein Diplompädagoge, ist freiberuflicher Trainer und Berater. Die beiden haben miteinander aufgeschrieben, welche Methoden sie in den zurückliegenden Jahren erprobt haben, auf dass man sie im Trainung, bei der Fortbildung und für den Einsatz im Schulalltag (s. u. auch die Rezension „Mediation an Schulen verankern“) gebrauche. Es geht um das leidige Thema des Konfliktmanagements in der Schule. Im ersten Kapitel stellen sich die schon vorhandenen, in der Praxis erprobten Methoden zur Konflitbewältigung vor. Das sind u.a. • das Eskalationsstufenmodell von Friedrich GLASL. Sein 9-Stufen-Analyseinstrument reicht von „Verhärtung“ bis „Gemeinsam in den Abgrund“; • die sechs unterschiedlichen Konflikt-Lösungsvarianten nach G. SCHWARZ. Sie reichen von „Konsens“ bis „Flucht“; • das „Wertequadrat“ stammt von F. Schulz-von-Thun (1981), das neu überarbeitete von W. Schley aus 1999 (Bewahren – Verändern – Erstarrung – Aktionismus). Beide sind zur Stärkung der Sensibilisierung gedacht, mit dem Ziel, „(Werte-) Konflikte so zu führen, dass man nicht an den entwertenden Übertreibungen, sondern an den spannnungsgeladenen Grundqualitäten ansetzt“ (S. 35); • das Modell der „vier Teamkulturen“ basiert auf Fritz RIEMANNs klassischem Modell der vier „Grundformen der Angst“ von 1974. Es ist ein Koordinatensystem, ein „persönlichkeits-theoretisches Wegweisen“. Damit lassen sich Personen und ihre Beziehungen zueinander im Wertekonflikt besser einschätzen. Die vier Koordinaten sind Wechsel – Dauer – Distanz – Nähe; • weithin bekannt ist das „Nachrichtenmodell“ von F. Schulz-von-Thun. Danach enthält jede Nachricht vier verschiedene Botschaften (den Sachinhalt; Infos über den Sender ; den Appell an den Empänger und eine Aussage über die Beziehungen zwischen beiden). Auf diesem Modell basiert das System der vier Kommunikationsstile der amerikanischen Familientherapeutin V. SATIR: Beschwichtigen – Anklagen – Rationalisieren-Ablenken. • GLASL u.a. entwickelten 1990 die „Sieben Wesenselemente einer Organisation“ (z.B. der Schule). Das Modell soll dazu dienen, das Lernklima hauptsächlich in Schulen zu verbessern, denn „die Folge destruktiv ausgetragener Konflikte sind hoher Krankenstand, Berufsunzufriedenheit und Demotivierung“ (S. 45). • Schließlich zielen auch das „Harvard-Konzept“ (FISHER u.a. 2000) und „Das pädagogische Hexagon“ (K. FALLER, 1996 ff.) darauf ab, im Schulbereich, Kollegium eingeschlossen, länger währende Konflikte zu verhindern und effektive Lösungen zu finden. Alle diese Modelle werden auf über 60 Seiten so erfreulich ausführlich vorgestellt, dass auch die im Problemfeld zunächst weniger Bewanderten einen ersten guten Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten von Konfliktmanagement, damit aber auch Sensibilisierungshilfen gewinnen. Experten sind sie damit freilich noch nicht gleich. In einem weiteren Teil des vorl. Buches folgt der oben kurz vorgestellten eine nicht minder umfangreiche Sammlung von Methoden , sprich: präzise Handlungsanweisungen für Training, Fortbildung und den Einsatz im Schulalltag. Es ist also zwischen den Buchdeckeln das beieinander, was man sich von einem Arbeitsbuch zum Konfliktabbau wünscht: • praxisnah beschriebene theoretische Grundlagen des Konfliktmanagements, hier: Konflikttypologien und -verläufe, sowie • die entsprechenden Methodenkapitel („Methoden der Konfliktbearbeitung“) und zwar sowohl für „Training und Fortbildung“ als auch für „Konfliktbearbeitung im kollegialen Alltag“ . Nimmt man alles zusammen, so sind Konflikttrainer, Schulmediatoren, Fortbildner, Schulleitungsmitglieder, Personalräte und Lehrkräfte mit dem Philipp/Rademacher gut beraten. KAEDING, P. u.a. (Hrsg.) Mediation an Schulen verankern. Ein Praxishandbuch. Die Verbesserung des Schulklimas. Beltz-V., Weinheim und Basel 2005, 128 S., Kart. 1690. ISBN: 3-4076-2537-5 „Was können wir nur machen, dass unser Schulklima besser wird?“ Schulleiter auswechseln? Schüler vermöbeln? Eltern anmachen? Ferien verlängern? Das Herausgeberteam hatte sich auf den Schulhöfen im Lande, bei Fach- und Fortbildungskonferenzen der Lehrerschaft und in Beratungsgesprächen mit Eltern so oft dieser Frage stellen müssen, dass es beschloss, ihr auf den Grund und das Problem anzugehen. So machten sich an die Arbeit: einer von der ‚Beratungsstelle Gewaltprävention‘, eine vom ‚Institut für Konfliktaustragung und Mediation‘, eine Diplomsozialpädagogin und ein Theaterpädagoge, der zugleich auch ‚Trainer in Zivilcourage für Erwachsene und Jugendliche‘ ist. Das Team erarbeitete drei Modellprojekte aus und erprobte sie an 24 Hamburger Schulen aller Schulformen. Das Ergebnis in Buchform vorzulegen, ergab sich dann von selbst. Das Ziel der Autoren war herauszufinden, wie sich Streit an Schulen (am besten durch Schüler selbst!) schlichten lässt. Wenn andernorts dafür Begriffe und Systeme wie Schüler-Mediation, Konfliktlotsen, Konfliktschlichter o.ä gebraucht werden, so ist dennoch immer das gleiche gemeint: „Schüler werden zu Konflikthelfern für ihre Mitschüler ausgebildet“ (S. 9). Der erste Teil des Buches zeigt – übrigens alles immer mit Beispielen aus der Praxis unterfüttert – wie es möglich wird, Schulleitung und Kollegium in das Projekt einzubinden, sie dafür zu begeistern. Beratungsgespräche und pädagogische 59 'bb' 116-2/2006 Jahreskonferenzen dienen der Entwicklung von je auf die Einzelschule abgestimmten Projekten. Mit dem nächsten Schritt ist man schon mitten drin in der Erprobungsphase: eine Zeitleiste ist zu bedenken, und sowohl schulinterne Projektgruppen als auch Supervisoren von außen sind unerlässlich. Des weiteren sind Elternschaft und Lehrkräfte in das Projekt einzubinden. Die Öffentlichkeitsarbeit zu forcieren und regelmäßig für Streitschlichtung zu werben, das gehört ebenfalls dazu. Im Laufe der Zeit hat sich herausgestellt, dass mit ca. 60 Stunden zu rechnen ist für die Zurüstung schuleigener Mediationslehrkräfte, die ihrerseits Streitschlichter ausbilden. Unter dem Stichwort „Systempflege“ berichten die Autoren von mehrjährigen Erprobungen, schildern ihre neu gewonnenen Einsichten, wozu auch das gehört, was sie durchlitten haben. Ihre Tipps sollen helfen, sich rechtzeitig auf Probleme einzustellen. Die Evaluation des Projekts gibt den Überblick über dessen Verlauf. Die Autoren zeigen mit ihrer Schrift sehr bemerkenswerte Wege der Verankerung von Schlichtung in Schulen auf. Sie blieben übrigens in den Projektschulen so lange am Ball, bis sie den Eindruck gewonnen hatten, dass die Streitschlichtung Fuß gefasst hatte. Die Trainings von Jugendlichen und Lehrkräften, so die Autoren (S.116), beinhalten Elemente der konstruktiven Konfliktlösung mit Hilfe von Methoden der Spielund Theaterpädagogik, der Mediation sowie der interkulturellen Bildung. Externe statt interner Schulberatung verhindert übrigens, dass die Mediation als Hobby einzelner Kollegen angesehen und deshalb abgewertet wird. Das vorl. Werk überzeugt in zweierlei Hinsicht: • es zeigt bis in die kleinsten Schritte hinein ganz praktisch, wie Schülerschlichtung im Raum von Schule etabliert werden kann und • es ist sozusagen ein kompletter, lückenloser Fortbildungsplan, an welchem entlang jede Schule schon morgen mit einem ‚Projekt Schülerschlichtung‘ beginnen kann, und zwar selbstverständlich unter aktiver Beteiligung aller in ihrem Bereich vorhandenen Personen und Gruppierungen. T. MPFENDÖRFER und D. FALLER (Illustr.) Der Schutzengel und das gestohlene Christkind. Ein Adventskalender zum Vorlesen und Ausschneiden. Für Kinder ab 5 (Text) und ab 4 (Basteln). Kaufmann-V., Lahr 2005. 52 S., durchgehend farbig illustriert, mit einem Poster zum Einkleben; kartoniert, 12,95. ISBN 3-78060834-0 Das Christkind ist weg. Unauffindbar. Selina muss etwas unternehmen: zusammen mit ihren Freunden setzt sie alles in Bewegung, um das Christkind für das Krippenspiel zu finden. Dies ist der rote Faden, der sich durch den schönen Adventskalender mit Poster zieht. An den 24 Tagen (1. Dezember – Hl. Abend) bekommt man aber auch viel von dem bunten Alltag in Selinas Leben mit: Da ist ein Zirkus in der Stadt - mit einem echten Esel und einem echten Kamel-, da muss Selina ihren kleinen Bruder zu ihren Freunden mitnehmen und auf ihn aufpassen und da bekommt Selina ihren Blinddarm herausoperiert und wartet auf ihren weit weg beschäftigten Vater. Vor allem aber hat Selina ihren Schutzengel Bertie, den die Erwachsenen nicht sehen können , der Selina vor fahrenden Autos beschützt, der ihren Bruder rettet, wenn sie nicht aufpasst, der ihr bei der Christkindsuche hilft und der immer für die da ist. Ein einfallsreicher Kinder-Krimi mit lebhaften Schilderungen, jeden Tag eine knappe, spannende Geschichte, die das Rätsel um das Christkind bis kurz vor dem Ende offenlässt! Einzig der Bezug auf das eigentliche Christfest scheint etwas zu kurz zu kommen. Kirsten Reinmuth Hat man erst einmal selbst erfolgreich mit dem Buch gearbeitet, dann kann man sich Schule ohne Mediation schlechterdings nicht mehr vorstellen. Und alle diejenigen Kollegen atmen auf, die immer schon auf der Suche waren nach einem praktischen Kompendium zur Einübung von Konfliktstrategien, speziell von Schülerschlichtung. Wie wäre es damit, sich den ‚Kaeding‘ bei der nächsten Lehrerkonferenz (unter Assistenz eines kundigen Kollegen?) gemeinsam reinzuziehen? Unterricht Beteiligten voneinander haben sollten, was die moderne Schule vom Schüler fordern muss und die Berufswelt (*) Mit allen Bezeichnungen sind Frauen und Männer in gleicher Weise gemeint. Eine sprachliche Differenzierung im Wortlaut wird aus Gründen der Klarheit und Verständlichkeit nicht vorgenommen. Wilhelm R. Reinmuth (*) 60 'bb' 116-2/2006 inhalt 'bb' 116-2/2006 liebe leser 1 meditation 3 fachbeitrag: das epitaph „der weinberg des herrn“ von lucas cranach im religionsunterricht der sekundarstufe I 6 der einsatz der methode: lernen an stationen zum thema „judentum“ 8 hans-georg babke hans-georg babke u-stunden: ilse sievers torsten söder fachbeitrag: theologische probleme des projekts „weltethos“ von hans küng aus evangelischer sicht 44 die friedensethik dietrich bonhoeffers noch aktuell? 47 christof gestrich fachbeitrag: betrachtungen anlässlich seines 100. geburtstages und 60. todestages reinhold mokrosch fachbeitrag: kooperative entwicklungssteuerung und selbstmanagement kess 50 lehrpersonen trainieren kooperative entwicklungsberatung für sich selbst und ihre schüler bernhard sieland buchtipps jos schnurer55 56 kirsten reinmuth60 wilhelm r. reinmuth