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braunschweiger beiträge
für theorie und praxis von ru und ku
116
2/2006
issn 0172-1542
herausgegeben vom
KIRCHENCAMPUS Wolfenbüttel
schriftleitung: hans-georg babke und heiko lamprecht
arbeitsbereich religionspädagogik und medienpädagogik
der ev.-luth. landeskirche in braunschweig
postfach 16 64, 38286 wolfenbüttel
telefon: [05331] 802-507 oder -504 • fax: [05331] 802 713
http://www.arpm.de • e-mail: [email protected]
impressum
Schriftleitung:
Pfarrer Dr. Hans-Georg BABKE, ARPM, Wolfenbüttel
Pfarrer Heiko LAMPRECHT, ARPM, Wolfenbüttel
in Kooperation mit Axel KLEIN, Dozent für Konfirmandenarbeit und schulnahe Jugendarbeit, Wolfenbüttel
Mitarbeiter dieses Heftes:
Prof. Dr. Christof GESTRICH, Humboldt-Universität, Berlin
Prof. Dr. Reinhold Mokrosch, Institut für Ev. Theologie an der Universität Osnabrück, 49069 Osnabrück
Kirsten Dorothea REINMUTH, Riemenschneider-Gymnasium, 97074 Würzburg
Dipl.-Psych. Wilhelm R. REINMUTH, Landespfr. u. ehem. Leiter ARP, Hohenloher Str. 27, 97234 Reichenberg
Dipl.-Päd. Dr. Jos SCHNURER, Immelmannstr. 40, 31137 Hildesheim
Prof. Dr. Bernhard SIELAND, Institut für Psychologie der Universität Lüneburg, Scharnhorststr. 1, 21335 Lüneburg
Ilse SIEVERS, Fliederweg 1, 38302 Wolfenbüttel
Torsten SÖDER, Kirchboitzen 25, 29664 Walsrode
Layout:
Veronika SCHNEIDER, ARPM, Wolfenbüttel
Druck:
Druckerei KOTULLA, Wolfenbüttel
‘braunschweiger beiträge’ erscheinen viermal im Jahr. Preis im Abonnement 9,00 EURO; Einzelheft 3,00 EURO
Auflagenhöhe ‘bb’ Heft 116-2/2006: 2.000 Exemplare
Bestellaufnahme:
Arbeitsbereich Religionspädagogik und Medienpädagogik
der Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig
Dietrich-Bonhoeffer-Str. 1, 38300 Wolfenbüttel
Tel.: [05331] 802 507 • Fax: [05331] 802 713
http://www.arpm.de • e-mail: [email protected]
Landeskirchenkasse Wolfenbüttel, EKK Hannover, Konto 65 05, BLZ 250 607 01
Ab- und Raubdrucke sowie Fotokopien und sonstige Vervielfältigungen sind dringend erwünscht.
Bitte Quellenangaben nicht vergessen, zwei Exemplare immer als Beleg an uns.
Wir freuen uns, danke!
Quellen:
Titelbild/Folie: "Der Weinberg des Herrn" von Lucas Cranach d.J., 1569, Stadt- und Pfarrkiche St. Marien
Lutherstadt Wittenberg
Liebe Leserin, lieber Leser!
Erfahrungsorientiertes Lernen im Religionsunterricht steht hoch im Kurs. Allerdings in der Weise, dass häufig der
schulische Religionsunterricht selbst Ort der religiösen Erfahrung sein soll, und nicht in der Weise, dass der Religionsunterricht Bezug nimmt auf die religiösen Lebenswelten außerhalb der Schule. Das ist auch in dem Programm
des sog. performativen Religionsunterrichts der Fall. Damit wird die Konsequenz aus der Tatsache gezogen, dass die
Mehrheit der Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht teilnehmen, wenig Erfahrung mit der christlichen
Religion als Lebensform haben. Religion soll nach diesen Programmen nicht nur aus der Außenperspektive betrachtet,
sondern aus der religiösen Binnenperspektive inszeniert, eingeübt und vollzogen werden. Eine zusätzliche Rechtfertigung erfährt diese Art des erfahrungsorientierten Lernens aus der gegenwärtigen Bildungsstandardsdebatte, bei der
für das Fach Religion als spezifische Kompetenz auch die Partizipations- oder Teilhabekompetenz hervorgehoben
wird.
Auch wenn von den Vertretern dieser religionspädagogischen Programme vehement dementiert wird, dass es sich dabei um „einen Rückfall in zu Recht kritisierte deduktionistische Phasen vereinnahmender misssionarischer Katechese“
(Mendl) handelt, ist doch kaum zu erkennen, wie diese Gefahr gebannt werden könnte.
Die vom Bildungsauftrag der Schule vorgenommene Begründung des Religionsunterrichts, der sich seit den 1970er
Jahren durchgesetzt hat, ist eine Errungenschaft, hinter die nicht zurückgegangen werden kann, wenn man den Status
des Faches im schulischen Fächerkanon nicht gefährden will. Diese Begründung hat dazu geführt, dass das Niveau
und das Ansehen des Faches im Vergleich zu vorher erheblich zugenommen haben. Die Errungenschaften scheinen mir
mit den jetzt propagierten religionspädagogischen Programmen der Inszenierung des Religiösen am Lernort Schule
auf dem Spiel zu stehen.
Schulischer Unterricht generell ist funktional bezogen auf die Lebenswelten außerhalb der Schule. Der Unterricht
versucht, die in ihnen geltende Regelhaftigkeit zu durchdringen, zu erschließen und zu verstehen. Das gilt auch für
den Religionsunterricht. Er ist abhängig von den religiösen Lebensformen außerhalb der Schule und reflexiv auf
sie bezogen. Soll das Erfahrungsdefizit von Schülerinnen und Schülern ausgeglichen werden, dann kann das nur so
geschehen, dass den Schülern die Gelegenheit gegeben wird, die primären Orte der religiösen Lebensformen außerhalb der Schule aufzusuchen und durch teilnehmende Beobachtung, durch die Begegnung mit und die Befragung von
Teilnehmern an diesen Lebensformen die religiöse Perspektive auf die Welt und die Regelhaftigkeit ihres Verhaltens,
die damit verbunden ist, zu erkunden. Aufgabe des Religionsunterrichts ist die Reflexion auf das Erlebte sowie die
Sammlung und systematische Ordnung der dort geltenden Deute- und Handlungsregeln zum besseren Verstehen und
zur besseren Verständigung. Und das ist beileibe keine neutrale Religionskunde, die gern sofort als ideologisches
Schreckgespenst dem Programm der Inszenierung des Religiösen in der Schule gegenüber gestellt wird. Denn auch
die Reflexion geschieht perspektivisch, dh. sie bleibt unhintergehbar an die Perspektive gebunden, aus der heraus die
Reflexion vorgenommen wird.
Das lässt sich durch weitere Argumente untermauern:
Erstens: Mit Tarski ist zwischen der Objektsprache und der Metasprache zu unterscheiden. Als „Objektsprache“ wird
diejenige Sprache bezeichnet, mit der wir uns über lebensweltliche Sachverhalte verständigen („Heute ist es aber
kalt.“) Die Metasprache verwenden wir, wenn wir objektsprachlich geäußerte Sachverhalte problematisieren oder
bestätigen („So kalt ist es nun auch wieder nicht. Immerhin zeigt das Thermometer 18°.“) Mit der Metasprache sehen
wir gleichsam von oben auf die gemachte objektsprachliche Äußerung und bewerten ihre Wahrheit bzw. Plausibilität. Die Metasprache ist logisch reichhaltiger als die Objektsprache, weil sie zusätzlich die Erfüllungsbedingungen
und Bewertungskategorien enthält, mit der eine objektsprachliche Äußerung beurteilt wird. Als Argumente auf der
metasprachlichen Ebene können auch Sachverhalte aus objektsprachlichen Zusammenhängen verwendet werden. Den
Unterschied macht lediglich der funktionale Verwendungszusammenhang: Gilt eine Äußerung der unmittelbaren Ver-
ständigung über Sachverhalte oder der Beurteilung einer Äußerung? Dementsprechend ist die Sprache der primären
religiösen Lebensform die religiöse Objektsprache, während die Sprache des Religionsunterrichts die theologische
Metasprache ist, in der über die religiös gedeuteten Sachverhalte reflektiert wird. Bei einem religionspädagogischen
Programm der Inszenierung des Religiösen im Religionsunterricht wird diese Differenz der unterschiedlichen Sprachebenen eingeebnet. Es ist nicht zu sehen, wie ein solcher Unterricht zur Sprachförderung der Schüler beitragen können
soll. Nebenbei gesagt: Die reflexive Metasprache der Theologie an den theologischen Fakultäten/Fachbereichen
unterscheidet sich ja hoffentlich auch von Predigten oder performativen Segenzusprüchen im Gottesdienst, ohne dass
dadurch die Theologie zur neutralen Religionswissenschaft wird.
Zweitens: Problematisch ist die Rede von der Teilhabe- oder Partizipationskompetenz, die für den Religionsunterricht spezifisch sein soll. Damit ließe sich auch jeder Unterricht in den Koranschulen mit der bloßen Rezitation des
Korans in arabischer Sprache als schulischer Religionsunterricht rechtfertigen. Ganz zweifellos wird mit der bloßen
Rezitation von Unverstandenem die Kompetenz gefördert, an einer religiösen Lebensform teilzunehmen. Und doch
würde niemand ernsthaft behaupten wollen, dass so eine Kompetenz auch nur ansatzweise vereinbar wäre mit unserem
Bildungsverständnis. Nun wird eingewendet, dass es sich bei der Inszenierung von Partizipation und Performativität
lediglich um einen „probeweisen Mitvollzug“ handeln soll. Die religiöse Lebensform wird sozusagen nur „gespielt“.
Natürlich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit. Aber auch ernsthaftes Spiel bleibt Spiel. Aber Segen zu spielen ist pädagogisch ebenso unverantwortlich wie Abendmahl oder eine jüdische Seder-Feier zu spielen.
Es bleibt dabei: Der sich vom Bildungsauftrag der Schule herleitende Religionsunterricht ist nicht der primäre Ort religiöser Sprechhandlungen und Lebensformen, sondern der Ort, an dem aus einer bestimmten konfessionellen Perspektive auf die religiösen Lebensformen außerhalb der Schule – auf andere oder die eigene – mit Sympathie reflektiert
wird.
.
meditation
Das ARPM hatte einen Lehrerfortbildungskurs in Wittenberg, dem Zentrum der lutherischen Reformation.
Der Wirkungsstätte auch der beiden Reformationsmaler Lukas Cranach d. Ä. und seines Sohnes, Lukas Cranach d. J. Ziel des Kurses war die Frage, ob und wie die künstlerischen Illustrationen der Reformationstheologie im Unterricht oder bei der Gestaltung des diesjährigen Reformationstages in der Schule genutzt werden
könnten. Das Bild, das alle Teilnehmer am meisten faszinierte, trägt den Titel „Der Weinberg des Herrn“
und stammt von Lukas Cranach d. J. aus dem Jahre 1569. Vater und Sohn waren Vertreter der RenaissanceKunst, in der religiöse Bilder nicht mehr wie früher Gegenstand der frommen Verehrung waren, sondern
erzählende Bilder, die eine Botschaft transportierten, also Mittel der Predigt und der Katechese. Maler und
Betrachter sind nun Augenzeugen biblischer oder kirchengeschichtlicher Szenen und damit Teilnehmer an
den dargestellten Geschichten. Verstärkt wird das dadurch, dass zeitgenössische Personen in die Szenen
montiert wurden und dass die Szenen in die heimatliche Umgebung gestellt wurden. Vor allem aber: Die religiöse Kunst war Propaganda-Kunst, Kampf-Kunst. Das aus der Künstler-Perspektive Richtige und Gute wird
schroff und zuweilen plakativ dem Falschen und Schlechten gegenüber gestellt. Die Natur unterstützt die
inhaltliche Botschaft. Lebendige, grüne Pflanzen mit ihren Blüten sind auf der Seite des Guten, abgestorbene
Pflanzen und tote Natur kennzeichnen das Alte, das Böse.
3
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Das alles findet sich auch auf dem Bild „Der Weinberg des Herrn“. Dabei handelt es sich um ein Epitaph, eine
Stiftung und eine Auftragsarbeit des Wittenberger Stadtkirchenpfarrers Paul Eber, eines Schülers Luthers.
Ihn und seine Familie hat Cranach rechts vorn in das Bild gezeichnet. Rechts hinter dem Weinberg sieht man
das Wittenberger Schloss.
Schon seit alttestamentlicher Zeit schwingt in dem Begriff „Weinberg“ mehr mit als nur die Kennzeichnung
einer landwirtschaftlichen Nutzfläche. Es ist eine Metapher, ein Gleichnis zunächst für Israel als das auserwählte Gottesvolk, bei Jesus für das Reich Gottes, in christlicher Zeit für die Kirche. So klagt der Prophet
Jesaja im sog. Weinberglied (Jes. 5, 1-7) darüber, dass ein Mann (Gott) sich alle Mühe mit seinem Weinberg,
den Israeliten und ihrer Elite, gegeben habe Und doch hat dieser Weinberg keine guten Früchte gebracht. „Er
wartete auf Rechtsspruch, und siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über
Schlechtigkeit.“ Der Weinbergbesitzer beschließt daraufhin, den Weinberg aufzugeben und ihn wüst werden
zu lassen.
Jesus verwendete die Metapher in zweien seiner Gleichnisse: im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Matth. 20), die trotz unterschiedlicher Arbeitszeit denselben Lohn bekommen, sowie im Gleichnis von
den ungerechten Weingärtnern (Matth. 21), denen der Weinbergbesitzer seinen Weinberg anvertraut, dessen
Gesandte und dessen Sohn dann aber von den Weingärtnern geschlagen und getötet werden.
„Weinberg“ – ein Bild für das Eigentum Gottes und seinen Herrschaftsbereich.
An diesen Gebrauch knüpfte die päpstliche Bannandrohungsbulle gegen Luther im Jahre 1520 an. Sie trug
den Titel „Exsurge Domine“ – „Erhebe dich, Herr“. Am Anfang heißt es da: „Als du, Herr, aufstiegst zum
Vater, hast du Sorge getragen für diesen Weinberg; sein Regiment und seine Verwaltung Petrus befohlen, als
dem Oberhaupt und deinem Stellvertreter, sowie dessen Nachfolgern.“ Dann wird Gott aufgerufen „Erhebe
dich, Herr!“ Gott möge auf das Bitten und Flehen des Papstes hören, denn Füchse haben sich aufgemacht,
den Weinberg des Herrn, die Kirche, zu verwüsten, eine Wildsau aus Wittenberg, eine Bestie, ist eingebrochen.
An diese Polemik gegen Luther erinnerte sich offensichtlich Cranach, vermutlich inspiriert durch den Namen
des Auftraggebers, Paul Eber. In seinem Kampf-Bild kehrt Cranach aber nun den Vorwurf um. Die Wildsäue,
die den Weinberg des Herrn verwüsten, sind die Repräsentanten der damaligen römischen Kirche.
In Leserichtung finden wir auch hier die schroffe Gegenüberstellung: das Alte, Schlechte auf der linken Seite
des Weinbergs, das Gute, Neue auf der rechten Seite, getrennt durch einen Weg, der sich vom Tor links vorn
den Weinberg hinaufschlängelt. Auf der linken Seite arbeiten die bösen, auf der rechten Seite die guten Weingärtner. Die bösen: der Papst, der Kardinal, der Bischof, Mönche und Nonnen; die guten: die Wittenberger
Reformatoren.
Was kennzeichnet nun die bösen Weingärtner? – (Von oben nach unten) Zwei Mönche gehen mit Axt und
Hacke aufeinander los. Ein Mönch trinkt. Der Papst versucht, mit seinem Stab die Erde umzugraben. Der
Kardinal sammelt Weinstöcke als Feuerholz. Ein Mönch sammelt Steine für den Brunnen. Der Bischof und
ein Mönch verbrennen die Weinstöcke. Der funktionsuntüchtige Brunnen wird von Mönchen und Nonnen mit
Steinen befüllt. Dieser Teil des Weinbergs wird runtergewirtschaftet.
Ganz anders auf der rechten Seite: Zwei Reformatoren fahren Mist zum Düngen des Weinbergs, Spalatin als
Sekretär des Kurfürsten von Sachsen verteilt den Dünger. Justus Jonas pflanzt neue Weinstöcke, Caspar Cruciger haut neue Pfähle ein, der Neutestamentler Paul Crell trägt Trauben zur Presse, ein anderer befestigt
die Weinstöcke an den Pfählen, Johannes Bugenhagen, der Braunschweiger Reformator, hackt den Boden,
Melanchthon schöpft frisches Wasser aus dem funktionstüchtigen Brunnen, ein anderer wässert den Boden,
und – im Zentrum des Bildes – harkt Martin Luther das Unkraut zusammen. Dieser Teil des Weinbergs
gedeiht.
Und es gibt eine zweite Antithese auf dem Bild: Die Persongruppe vor dem Tor wird den guten Weingärtnern
gegenüber gestellt. Noch einmal sind der Papst mit goldenem Gewand, Tiara und Stab, der rot gewandete
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Kardinal und der Bischof mit Mitra und Stab abgebildet. Ihnen gegenüber Jesus und die Apostel Johannes
und Petrus, erkennbar an dem Schlüssel, den er jedoch verkehrt herum hält.
Der Papst hält die Hand auf. Er erwartet von Jesus den Lohn für seine Arbeit. Aber Jesus verweigert ihm
diesen. Denn er dreht dem Papst den Handrücken zu. Auch der umgedrehte Schlüssel des Petrus und der
Gesichtsausdruck des Johannes verraten Missbilligung.
Kritik an der Leistungsgerechtigkeit. An dem Gedanken, dass ich es selbst bin, der durch sein Tun und
seine Leistung über seinen Wert, seine Würde und seine Anerkennung bei Gott entscheidet. Kritik an der
Vorstellung von der menschlichen Selbstbehauptung und Selbstmächtigkeit. Kritik an einer Lebenseinstellung, die meint, dass der Wert des Menschen und der Sinn des Lebens erst das nachträgliche Ergebnis
menschlicher Leistung sind; Kritik an der Einstellung, dass wir unser Sosein erst durch unser Tun herstellen; dass unser Wert und unsere Würde davon abhängen, was wir aus dem in uns angelegten Potenzial
machen, dass wir – einmal ungefragt in diese Welt geworfen – nachträglich unser Dasein durch unsere
Leistungen rechtfertigen. Dieser Lebenseinstellung zeigt Jesus den ablehnenden Handrücken und Petrus den
umgedrehten Schlüssel.
Anders dagegen die guten Weingärtner: Sie haben es mühsam gelernt, dem gnädigen Urteil Gottes über
sich zu vertrauen. Gelernt, dass sie ihr Dasein nicht nachträglich rechtfertigen müssen, dass es vielmehr von
allem Anfang an bei Gott gerechtfertigt ist, unabhängig von ihren Leistungen. Ihnen ist nun bewusst, dass
sie längst bejaht sind, dass sie schon immer Wert und Würde haben, dass der Sinnempfang der Sinnleistung
vorausgeht. Und doch arbeiten sie und leisten etwas. Aber nicht als Vorleistungen für eine Rechtfertigung
irgendwann in der Zukunft. Sondern aus Dankbarkeit für die empfangene Gnade. Und so wehrt das Bild
Cranachs einem anderen – diesmal evangelischen Missverständnis -, als ob die Gnade Gottes billig zu haben
wäre, wie Dietrich Bonhoeffer es nennt, ohne nachfolgende Taten, ohne Nachfolge Jesu. Denn die reformatorische Erkenntnis des gnadenvollen Bejahtwerdens durch Gott bedeutet ja nicht einfach die Bestätigung des
bisherigen Lebens, sondern die radikale Absage an das selbstmächtige und eigenwillige Leben, nicht Rechtfertigung der Sünde, sondern Rechtfertigung des Sünders.
Maler und Betrachter des Bildes sind Teilnehmer an dieser Kampf-Szene. Sie werden mit der Frage konfrontiert: Welcher Lebenseinstellung neigst du zu? Derjenigen, dass sich der Wert und der Sinn deines Lebens
erst in der Zukunft auf Grund deiner Leistungen entscheidet? Oder derjenigen, dass du schon längst gewollt
und bejaht bist, mit Würde ausgestattet, und dass du aus dem Wissen darum unermüdlich das tun kannst,
was in der Welt, dem Weinberg des Herrn, getan werden muss?
Hans-Georg Babke
5
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das epitaph „der weinberg des herrn“
von lucas cranach im religionsunterricht
der sekundarstufe I
ilse sievers
Die im Folgenden dargelegten Ideen stammen zum Teil
aus der Arbeit mit dem Epitaph während der Kontext
bezogenen Fortbildung in Wittenberg: „Die wundersame
Vermittlung reformatorischer Ideen durch die Kunst –
Lucas Cranach als Illustrator der Reformation“.
Die Kinder des 1569 in Wittenberg verstorbenen Generalsuperintendenten Paul Eber (Nachfolger Bugenhagens) haben dieses Epitaph
bei Lucas Cranach d. J. in Auftrag gegeben. Es hängt in der Wirkungsstätte ihres Vaters, der Stadtkirche zu Wittenberg, und ist „Glaubensbekenntnis des Paul Eber zu dem gnädigen Gott, der nicht fordert,
sondern schenkt.“1
Je nach Altersstufe eignet sich die Arbeit mit dem Epitaph für den fächerübergreifenden Unterricht (Religion/
Geschichte/ Kunst) im Rahmen eines Projekttags zum
Thema „Reformation“ oder als 1 - 2-stündige Unterrichtseinheit. Im Geschichtsunterricht wird die Reformation in
Kl. 8 thematisiert. Die Unterrichtsmethoden und Arbeitsaufträge des Lehrwerks „Geschichte und Geschehen 3“
(Klett) bieten viele Ideen. Die Abhandlungen zur Reformation bilden ein wichtiges Hintergrundwissen (siehe S.
166 ff).
Im Religionsunterricht wird im Rahmen des Themas
„Gleichnisse“ den Schülern das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg* (Matthäus 20,1-16) bekannt sein (Kl. 4
– 6). Daneben gibt es andere Bibelstellen, in denen vom
Weinberg die Rede ist(u. a. Jesaja 5.1 ff/ Johannes 15.5).
Ein Vergleich - inwiefern entspricht die Darstellung
der Arbeit im Weinberg bei Lucas Cranach dem Gleichnis
bei Matthäus - macht deutlich, dass der Weinberg hier
für die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen, steht.
Der Weinberg wird zwar durch eine gemeinsame Pforte
betreten - an deren Ausgang Jesus den vereinbarten Lohn
auszahlt - aber der Weinberg ist durch eine Trennlinie in
zwei Hälften geteilt. Auf der linken Seite sieht man karikiert die Arbeit des Papstes und seiner Mitarbeiter. Sie
tun Unsinniges, z. B. verfüllen sie den Brunnen (Quelle
des Lebens/Wachsens/Glaubens) mit Steinen. „Ihr Tun hat
nichts mit dem Aufbau der Kirche zu tun./.../Sie arbeiten
nicht für den Herrn des Weinbergs, nicht für Gott, nur für
sich selbst. So drängt in dieser Bildhälfte alles auf die
Bezahlung am Ausgang hin. Sie melden ihren Anspruch
auf Entlohnung entsprechend der Dauer ihrer Tätigkeit
an. Die Papstkirche lehrte einen berechnenden Gott, der
mit uns abrechnet, der auf Heller und Pfennig die Sünden
6
und guten Werke zählt, um danach den Anteil am Himmel und Fegefeuer zu bestimmen. Nach biblisch-protestantischer Auffassung gibt es nur einen Himmel, keinen
halben oder irgendwie geteilten Himmel. Gott schenkt
allen Glaubenden das ganze Himmelreich. Er stellt alle
menschliche Rechnerei auf den Kopf. /.../Hier wird nicht
gezählt, sondern geschenkt, dafür steht der Weingärtner
Jesus mit seinem Weg zum Kreuz. Gute Werke sind nicht
die Aktien, mit denen man sich einen Anteil am Himmel
erwirbt. Sie sind die Dankesgaben der Beschenkten./.../
Die Arbeiter der rechten Seite tun ihren Dienst, ein jeder
an seinem Platz mit seinen Gaben. Die gärtnerische Tätigkeit charakterisiert ihr Wirken als Reformatoren. Wir
sehen Luther mit der Harke, Melanchton am Brunnen,
Forster beim Gießen, Bugenhagen mit der Hacke, Major
beim Binden, Crell mit der Bütte, Cruciger und Jonas beim
Pfählesetzen, auch Eber mit dem Winzermesser. Sie arbeiten alle gemeinsam. Keiner macht dem anderen den Platz
streitig. Das gemeinsame Tun im Dienste Christi ist ihnen
wichtig.“2
Bei einer Behandlung des Epitaphs im Kunstunterricht
kann auf den Bildaufbau, die Farbsymbolik, die Pflanzen (z. B. die Erdbeere als Symbol für Christus), auf die
Landschaft hinter dem Weinberg, den Krug „Zum Grünen
Kranze“ als ferne Raststätte, auf die Paul Eber zueilt (im
Bild dargestellte Gleichzeitigkeit einer zeitversetzten
Handlung!), und auch auf die Darstellung der Personen in
allen ihren Details eingegangen werden.
Das Epitaph zeigt neben der Weinbergszene aber auch
die Familie Paul Ebers, und dadurch ergeben sich Einsichten in die Familie des Auftraggebers und in die Zeit
des 16. Jahrhunderts. Auffällig ist, dass auch die bereits
verstorbenen Kinder als weiß gekleidete Gestalten und
als selbstverständlich noch immer zur Familie gehörend
dargestellt sind. So kann die Bildbetrachtung auch unter
sozialgeschichtlichen Gesichtspunkten sinnvoll sein:
Kindersterblichkeit, Müttersterblichkeit, Lebensumstände,
Lebenserwartung damals und heute – der Tod war allzeit
gegenwärtig. Neben der Angst vor dem Verlust des Lebens
herrschte darüber hinaus eine immense Furcht vor dem,
was nach dem Tod sein würde: dem Jüngsten Gericht und
möglicher Verdammnis im Fegefeuer. Daher legt das Bild
Zeugnis vom gottesfürchtigen Leben des Paul Eber und
seiner Familie ab und hatte seinen Platz in der Kirche,
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-
Bilder in der Kirche: Gemaltes Wort als „Bibelersatz“ für Analphabeten? Bloße Illustration
des Bibelwortes oder eigenständige Aussage? –
an Beispielen belegen. Adressat und Auftraggeber der Bilder; die persönliche Haltung/Stellungnahme des Künstlers in der Darstellungsweise
seines Werks erkennen. Was hat der Künstler
mit Farbe und Form aus dem Thema gemacht?
Wie bezieht Lucas Cranach selbst Stellung in
seiner Darstellung vom „Weinberg des Herrn“?
Bildbeschreibung: Nacherzählung der „gemalten
Geschichte“ und damit eigene Deutung durch
die Schüler
- Gemalte Propaganda? Vergleich mit einem
Wahlplakat.
-Katholisch-evangelisch: Gemeinsames und
Trennendes. Würde Cranach das Thema heute
noch so malen?
wie nach Möglichkeit auch das Grab selbst, (ein Vergleich
mit der Beerdigungskultur/dem Totenkult heute wäre eine
mögliche Aufgabe).
Unterrichtsmethoden
-Unterrichtsgespräch
- Textarbeit (Schreibwerkstatt)
- Arbeit mit dem Lexikon
- Schülerreferate zu einzelnen Themen
-Gruppenarbeit
- Freiarbeit (einzelne Stationen mit Arbeitsaufträgen)
Hierzu einige Anregungen für die Erarbeitung und zur
Aufgabenstellung verschiedener Themenkomplexe
Wer war Martin Luther (Lebensweg und
Lebenswerk)
- Die Reformation (zeitgeschichtliche Einordnung und begriffliche Einordnung des doppeldeutigen Begriffs) : Zur Zeit Luthers ist die
Reformation die Erneuerung der einen Kirche.
Die Reformer wollen den urspr. Zustand nach
dem Evangelium wiederherstellen. Später versteht man darunter die religiöse Erneuerungsbewegung, die von den Lutheranern ausgelöst
wurde und zur Spaltung zwischen Katholiken
und Protestanten führte (vgl Geschichte und
Geschehen 3, S. 169)
- Die „Mitstreiter Martin Luthers“ (wer ist
auf dem Bild zu sehen und was tun die Personen? Ziel: die übertragene Bedeutung erkennen (Unkraut jäten = Überflüssiges beseitigen,
Steine sammeln = schwere Arbeit verrichten,
um den Boden (für neues Denken )fruchtbar zu
machen, düngen = Wachstum (des Glaubens)
garantieren usw.
- Andere Reformatoren
- Der Maler Lucas Cranach d. Ä. Einfluss von
Luthers Lehre auf sein Leben, wohlhabender
Bürger, „Unternehmer“mit Werkstatt, Bürgermeister von Wittenberg, Apotheker, eigene Farbherstellung, sein Malstil, Portraits bekannter
Persönlichkeiten, sakrale Kunst, Darstellungsform... Sein Sohn Lucas Cranach d. J. (Maler
des Epitaphs) ebenfalls ‚Maler der Reformation’.
- Bibelarbeit zum Thema „Weinberg“ im Alten
und Neuen Testament ( Jesaja 5.1 ff, Matthäus
20,1-16, Johannes 15.5)
-Symbole (Weinberg, Brunnen, Tätigkeiten, Farben, Pflanzen, Gegenstände
- Wer war Paul Eber? Herkunft, Bürger Wittenbergs, Universitätslehrer, Pfarrer der Stadtkirche, Mitarbeiter Luthers. (Ausführlich siehe A.
Steinwachs: Ich sehe dich mit Freuden an...,
S. 35)
-
Medien
Das Epitaph als OHP Folie
CD (Sehen und Glauben. Zwei Cranach-Gemälde aus
Wittenberg. Die Bilderwerkstatt. Der Reformation. Der Weinberg des Herrn 1569. Die 10
Gebote, Tafel 15/16. Eine interaktive CD-ROM
über Kunst und Glauben ISBN 87 895 25 132)
Poster
Literatur
Günter Lange: Zum Umgang mit Bildern der Kunst
im Religionsunterricht http:://www.uni-leipzig.
de/ru/lange/rukunsthtm
Albrecht Steinwachs: Ich sehe dich mit Freuden an...
Bilder aus der Lucas-Cranach-Werkstatt. Edition
Akanthus 2006 Geschichte und Geschehen 3,
Sekundarstufe L Kien 2005
Bemerkungen
1
2
*
Albrecht Steinwachs: Ich sehe dich mit Freuden an... Die Bilder
der Lucas Cranach-Werkstatt in der Wittenberger Stadtkirche St.
Marien Edition Akanthus 2006, S. 39
ebd. S. 38 - 39
Trotz der älteren Ausgabe rindet sich ein gutes Unterrichtsmodell
in: rp-modelle nr. 13/Problemfeld:Lohn-Leistung. Gleichnis von
den Arbeitern im Weinberg (Mt 18,23-27,2.Teil) in: GleichnisseHandlungen-Hoheitstitel Jesu. Theologischer Grundkurs für das
4.-6. Schuljahr Analyse und Planung. (Diesterweg/Kflsel) 1977
7
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u-stunden: der einsatz der methode:
lernen an stationen zum thema
„judentum“
torsten söder
1 Struktur der Unterrichtssequenz
Folgende Übersicht verdeutlicht den inhaltlichen und methodischen Aufbau der Unterrichtssequenz „Judentum“. Der
Unterrichtsversuch selbst ist auf neun Unterrichtsstunden ausgelegt, die über vier Wochen verteilt sind.
Datum
(Stunde)
Thema der Stunde
Groblernziele
Die Schüler sollen…
Aktionsund Sozialformen
Medien
Einführungsphase
02.02.2006
(1)
Brainstorming
„Judentum“
...sich an bisher Gelerntes zum
Thema „Judentum“ erinnern.
LV, EA, PA,
GA, L-S-G
Moderationskarten
Einführung in die Unterrichtsform „Lernen an
Stationen“
...die Unterrichtsform „Lernen
an Stationen“ kennen lernen
und Regeln für die Arbeitsphase
formulieren
LV, GA, SV
Powerpoint, PC,
Beamer, Tafel
… ihre Erwartungen und Ängste
formulieren.
EA
Fragebogen
Anhang S.IV
EA, PA, GA
Bibel, Laufzettel,
Stationen 1-9,
TV, DVD-Player,
DVD, PC, Internet
L-S-G,
S-S-G, SV
Arbeitsmaterialien der Stationen 1-9
Erwartungen und Ängste zum Thema und zur
Unterrichtsform
Arbeitsphase
09.02.2006
(2-5)
Bearbeitung der Lernstationen zum Thema
„Judentum“
… mit Hilfe der Unterrichtsform
„Lernen an Stationen“ ausgewählte Inhalte des Themas
Judentum erarbeiten.
… ihre Team-, Kommunikationsund Kooperationsfähigkeit weiter
entwickeln.
… die Verantwortung für das
eigene Arbeits- und Lernverhalten übernehmen.
Auswertungsphase
16.02.2006
(6./7.)
Auswertung der Lernstationen
…ihren bisherigen Lernfortschritt
gemeinsam kontrollieren.
… sich gegenseitig unterstützen.
… ihr Wissen vertiefen.
… ihr Wissen wiedergeben.
8
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Lernerfolgskontrolle und Metakommunikation
23.02.2006
(8./9.)
Lernerfolgskontrolle zum
Thema „Judentum“
… ihr Wissen vertiefen.
… ihr Wissen wiedergeben.
GA, L-S-G
Powerpoint, PC,
Beamer
Beurteilung der Unterrichtsform und der
Unterrichtseinheit
… die Unterrichtsform und die
Unterrichtseinheit kritisch reflektieren und beurteilen.
EA
Fragebogen
Anhang S. LX
Legende: EA = Einzelarbeit, PA = Partnerarbeit, GA = Gruppenarbeit, L-S-G = Lehrer-Schülerinnen-Gespräch, LV = Lehrervortrag, S-S-G =
Schülerinnen-Schülerinnen-Gespräch, SV = Schülerinnenvortrag
2. Didaktische Überlegungen zur Konzeption der Unterrichtseinheit
2.1 Analyse des Themas in Verbindung mit den Auswahl- und Reduktionsentscheidungen
Beim diesem Thema steht neben der Einführung der Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ das Thema „Judentum“
im Mittelpunkt. Das Thema bietet in der Breite wie auch in der Tiefe eine schier unbegrenzte Menge an Inhalten und
Informationen. Eine Reduzierung fand durch die Klasse selbst statt. Die Schülerinnen haben sich für folgende Inhalte
entschieden:
Talmud1
1. Heilige Schriften der Religion (Station 1)
1
2
3
4
Die hebräische Bibel, der Tenach, wie er in einer Abkürzung aus den drei Haupteilen (T-N-K) heißt, umfasst
zunächst die Tora, die Weisung: die fünf Bücher Mose; die Nebiim (Newiim), die Schriften der Propheten (Josua,
Richter, Samuel, Könige – auch frühe Propheten). Den letzten Teil bilden die Ketubim (Ketuwim): das Buch der
Psalmen, die Sprüche, das Buch Hiob sowie die fünf Rollen: Hohelied, Rut, Klagelieder, Kohelet, Ester und die drei
Schriften Daniel, Esra und Nehemia, Chronik.2
Zum Lesen der Tora wird ein Jad (= hebräisch „Hand“) genutzt, ein Zeigestab, mit dem auf die zu lesenden Wörter
gezeigt wird, da die Tora nicht berührt werden darf.3
Der Talmud (= hebräisch „Lernen“ oder „Lehre“) bestimmt als Erläuterung der Tora das alltägliche wie auch das
rituelle Leben gläubiger Juden. Er besteht aus der Mischna (= hebräisch „Wiederholung“) und der Gemara (= aramäisch „Lehre“ oder „Wissenschaft“). Bei der Mischna handelt es sich nach der jüdischen Tradition um die mündliche Überlieferung der Lehre Gottes am Berg Sinai, sie macht den Hauptteil des Talmuds aus. Die Gemara ist als
zweite Schicht, die aus Kommentaren und Analysen besteht, um die Mischna herum geschrieben.4
Bild aus Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Talmud-Berachoth.jpg (11.03.2006)
Vgl. Scherer (2003), S. 12 f.
Vgl. Charing (2003), S. 37
Vgl. Rothschild (2005), S. 123 f.
9
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Der Siddur (= hebräisch „Ordnung“) ist das Gebetsbuch für den Alltag und für den Sabbat.5 Die Haggada (= hebräisch „Erzählung“) ist eines der bekanntesten und beliebtesten Bücher im Judentum. Sie erzählt die Geschichte von
der Befreiung des Volkes Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Diese Geschichte wird jedes Jahr am Sederabend
erzählt und gesungen.6 Der Midrasch (= hebräisch „Forschung“) ist eine Sammlung von Erklärungen und Auslegungen der Geschichten des Tenachs. Er wird als menschlich und nicht göttlich angesehen. Er ist somit keine
„Autorität“, sondern eine intellektuelle und geistliche Übung.7 Die Kabbala ist die mystische Tradition im Judentum. Die Bezeichnung Kabbala geht auf den hebräischen Wortstamm q-b-l zurück und bedeutet „Überlieferung,
Übernahme, Weiterleitung“. Die Wurzeln der Kabbala finden sich in der Tora.8 Der Sohar ist das wichtigste Buch
der Kabbala, in dem auch das Zusammenspiel von zehn schöpferischen Kräften (Sefirot) beschrieben wird.9
In der Nähe von Qumran, einer Ruinenstätte westlich des Toten Meeres, wurden im Jahre 1947 Schriftrollen entdeckt, die wahrscheinlich aus dem Zeitraum von 150 v. Chr. bis 68 n. Chr. entstanden sind. Einige dieser Schriftrollen sind fast komplett erhalten und zeigen, dass die Bibel seit römischer Zeit kaum verändert wurde.10
Diese Station habe ich als Pflichtstation gewählt, da die wesentlichen Begriffe der heiligen Schriften des Judentums als elementare Aspekte der Religion gelten, die auch unter den beispielhaften Inhalten der Rahmenrichtlinien
zu finden sind.11
2. Gründer oder Stifter der Religion (Station 3)
Es gibt keinen eindeutigen Stifter oder Gründer des Judentums.12 Abraham ist in der Hebräischen Bibel eine zentrale Figur und gilt als Stammvater Israels. Er gehört mit seiner Frau Sara und seinem Sohn Isaak sowie dessen
Frau Rebekka und deren Sohn Jakob mitsamt seinen Frauen Lea und Rahel zu den Erzeltern, aus denen, laut
biblischer Überlieferung der Zwölfstämmebund des Volkes Israel hervorging. Neben den Erzeltern hat Mose als
Retter des Volkes Israels aus der Sklaverei und als Empfänger der Zehn Gebote eine zentrale Bedeutung für das
Judentum.13
Diese Station ist ebenfalls eine Pflichtstation, da „Heilige Männer und Religionsstifter als Vermittler und Interpreten von religiösen Deutungs- und Ordnungssystemen“ als elementare Aspekte in den Rahmenrichtlinien aufgeführt
werden. Die Person Mose wird hier als beispielhafter Inhalt genannt.14
3. Stand der Frauen in der Religion15 (Station 4)
Die Stellung der Frau ist je nach Glaubensrichtung innerhalb des Judentums unterschiedlich zu beurteilen. Im
Reformjudentum ist die Frau durchaus gleichberechtigt, sie darf die Tora studieren, als Rabbinerin fungieren
und in der Synagoge zwischen den Männern sitzen. In der orthodoxen Richtung sind diese Rechte hingegen den
Männern vorbehalten. Zudem gibt es vor dem jüdischen Gesetz keine Gleichberechtigung zwischen Männern und
Frauen.16
Diese Station ist als Wahlstation vorgesehen, da keine elementaren Aspekte behandelt werden. Der Lerngruppe
wird die Möglichkeit gegeben, einen Einblick in das Rollenverständnis von Mann und Frau im orthodoxen Judentum zu gewinnen.
4. Religiöse Feste und Familienfeste (Station 5)
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Der jüdische Kalender ist ein Mondkalender, es existiert jedoch eine Schaltregel zum Angleichen an das Sonnenjahr. Die einzelnen Feiertage und Feste werden im Anhang S. XXXII ff. detaillierter beschrieben.
Diese Station ist eine Pflichtstation, da „Kulthandlungen, Symbole und Lehre als Ausdruck einer ordnungstiftenden Weltordnung“ als elementare Aspekte des Lernfeldes B in den Rahmenrichtlinien vorgesehen sind.17
Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Siddur (11.03.2006)
Vgl. Shire (2001), Buchumschlag
Vgl. Rothschild (2005), S. 86 f.
Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Kabbala (11.03.2006)
Vgl. Charing (2003), S. 39
Vgl, ebd. S. 37. Hierzu auch Hartmut Stegemann: Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus. Ein Sachbuch.
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12
Vgl. Scherer (2003), S. 10 f.
Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Erzeltern (11.03.2006). Vgl. Fischer (2004), S. 16 f.
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12
Siehe Kapitel 3.1.1; es sind 17 Schülerinnen in der Klasse
Vgl. Much im Internet: http://www.talmud.de/statfrau.htm (11.03.2006) auch Station 4
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12
10
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5. Speisevorschriften in der Religion18 (Station 6)
Nach jüdischer Tradition sind nur bestimmte Lebensmittel zum Verzehr geeignet (= koscher). Diese Regeln nehmen
im jüdischen Alltag einen bedeutenden Platz ein und lassen sich aus der Bibel ableiten.19 So dürfen Juden nur wiederkäuende Paarhufer verzehren, die nach jüdischer Tradition geschächtet worden und vollkommen ausgeblutet
sind. Tiere aus dem Wasser müssen Schuppen haben, um koscher zu sein. Weiterhin darf Fleisch nicht mit Milchprodukten vermischt oder gemeinsam zu sich genommen werden. Nach dem Verzehr von Fleisch muss man sechs
Stunden warten, bis Milchprodukte gegessen werden dürfen. Nach dem Genuss von Milchprodukten müssen Juden
eine halbe Stunde warten, bis sie Fleisch verzehren dürfen. Geschirr und Kochstellen sind getrennt zu nutzen.20
Die Station 6 habe ich als Wahlstation geplant, da die Lerngruppe hier keine elementaren Grundlagen erarbeitet.
Die Einhaltung der Speiseregeln ist eine religiöse Pflicht im Judentum (siehe Punkt 6.).
6. Religiöse Pflichten und Riten (Station 7)
Neben den oben genannten Speisevorschriften gilt die Heiligung des Sabbats als wichtigstes Gebot der Juden. Der
Sabbat verweist auf den Ruhetag Gottes nach der Schöpfung der Welt und ist für die Juden heilig. Zum Begehen
des Sabbats gehören bestimmte häusliche Bräuche sowie der Besuch des Gottesdienstes. Auch die jüdische Küche
ist durch den Sabbat und das Verbot, Feuer zu entzünden, stark beeinflusst. Auf Grund dessen entstanden viele
Speisen, die vor Beginn des Sabbats auf ganz kleiner Flamme aufgesetzt werden und dann sehr lange und langsam
vor sich hin köcheln. Zu Beginn des Sabbats entzündet die Frau (oder in liberalen oder Singlehaushalten auch der
Mann) feierlich die Kerzen. Nach dem abendlichen Gottesdienstbesuch findet eine besondere Zeremonie statt, der
Kiddusch. Bei diesem wird ein Becher Wein mit einer gesungenen Lobpreisung gesegnet, dann dankt man Gott für
den Sabbat und trinkt von dem Wein. Anschließend werden zwei Brotlaibe „Challah“ gesegnet, wovon alle etwas
essen. Ein weiteres Charakteristikum des Sabbats sind bestimmte Lieder (Smirot), die im Allgemeinen nach dem
Essen angestimmt werden.21
Die Station 7 ist als Pflichtstation vorgesehen, da „Frömmigkeitsformen und Rituale als Zeichen der individuellen
Lebensorientierung und der gemeinschaftstiftenden Kraft von religiöser Erfahrung“ als grundlegende Gesichtspunkte durch die Rahmenrichtlinien vorgegeben sind.22
7. Israel (Station 2)
Diese Station habe ich zusätzlich zu den mit den Schülerinnen vereinbarten Inhalten entwickelt. Es gibt heute ca.
14.000.000 Juden auf der Welt, davon leben ca. 5.300.000 in Israel. In den USA leben ca. weitere 5,5 Millionen
Juden, die restlichen 4 Millionen sind über den gesamten Globus verteilt. In Deutschland leben ca. 100.000 Juden.23
Das Zentrum der jüdischen Religion ist Israel, daher ist es aus meiner Sicht von großer Bedeutung, einen kurzen
Einblick in die Geschichte Israels zu erhalten, da die Geschichte des Staates Israel mit der Geschichte des Judentums sehr eng verbunden ist.
Diese Station ist als Wahlstation geführt, da sie mit dem Thema „Judentum“ nicht direkt zusammenhängt, sondern
die Klasse sich einen kurzen Überblick über die Geschichte des Staates Israel verschaffen soll.
Es ist davon auszugehen, dass bei einigen Schülerinnen ein latentes Wissen zu einzelnen Inhalten besteht.24 Verknüpfungen zu anderen Unterrichtsfächern bestehen insbesondere bei den Speisevorschriften zum Unterrichtsfach Fachpraxis, bei der geographischen Verbreitung und beim Stand der Frauen zum Unterrichtsfach Politik25. Die weiteren Inhalte
überschneiden sich stark mit den christlichen Inhalten des bisherigen Religionsunterrichtes.26
18
19
20
21
22
23
24
25
26
Siehe Kapitel 3.1.1; es handelt sich um die Einführungsphase des Fachgymnasiums Ökotrophologie
Vgl. Station 6 und die dort angegebenen Textstellen.
Vgl. De Vries (2003), S. 162 ff.
Vgl. ebd. S64 ff.
Vgl. Niedersächsisches Kultusministerium (1985), S. 12
Vgl. Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Juden#Geographische_Verteilung (11.03.2006)
Vgl. Kapitel 3.1.1 zur Fachkompetenz
Hier besonders im Zusammenhang „Nahostkonflikt“ (siehe auch nächste Seite) und Gleichberechtigung.
Das Christentum entstand aus dem Judentum heraus.
11
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Das persönliche Interesse der Schülerinnen am Thema kann als durchschnittlich bezeichnet werden. Die Lernenden
haben durch den Geschichtsunterricht viel von der Judenverfolgung während des Nationalsozialismus erfahren. Die
Geschichte Deutschlands zur Nazizeit hat neben dem Ursprung der christlichen aus der jüdischen Religion die größte
Relevanz bei der persönlichen Bedeutung des Themas für die Schülerinnen. Dies zeigt auch das Brainstorming27 der
Einführungsphase, in der fünf Schülerinnen die Judenverfolgung in der ersten Runde genannt haben.
Durch die Einbeziehung der Lernenden in der Planung der Unterrichtseinheit (siehe oben) konnten sie ihre vorhandenen Interessensschwerpunkte an dem Thema selber bekunden. Die von mir in der Einführungsphase durchgeführte
Befragung zu den Erwartungen und Ängsten an die bevorstehende Unterrichtseinheit machten deutlich, dass ein Großteil der Schülerinnen wenig Interesse an dem Themenkomplex Judenverfolgung und Holocaust hat.28
Aktualität besitzt das Thema zum einen durch die Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad, der
mehrfach den Holocaust geleugnet hat und die Tilgung Israels von der Landkarte forderte.29 Der Wahlsieg der Hamas
bei der „Palästinenser-Wahl“ und die darauf folgenden Reaktionen in der Welt und insbesondere in Israel aktualisieren
das Thema „Judentum“ zusätzlich. Wobei diese Konflikte und der Nahostkonflikt Gegenstand des Politikunterrichtes
sein sollten.
Die von der Klasse ausgewählten Inhalte zeigen die quantitative Reduktion des Themas und spiegeln sich in den
Lernstationen wieder. Die Vielfalt der Inhalte deutet an, dass sich das Thema grundsätzlich für die Unterrichtsform
„Lernen an Stationen“ eignet.30 Bei der Vorbereitung der einzelnen Lernstationen war es mir daher besonders wichtig,
die Materialien so zu gestalten, dass die von den Schülerinnen gewünschten Inhalte gut aufbereitet und die Erarbeitung
für sie motivierend ist.31
Eine qualitative Reduktion findet, neben der Einteilung in Pflicht- und Wahlstationen, durch die Gestaltung der
Lernstationen statt. Bei sorgfältiger Bearbeitung der zur Verfügung gestellten Materialien32 sollen die Lernenden die
Aufgaben selbstständig ohne Lenkung durch die Lehrkraft lösen können. Als weitere qualitative Reduktion kann die
Bereitstellung von Literatur an der Erste-Hilfe-Station gesehen werden, da diese einer völlig eigenständigen Lösung
entgegenwirken könnte.
2.2 Zielentscheidungen
2.2.1 Didaktische Schwerpunkte aller Lernstationen
Die angewandte Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ soll in dieser Unterrichtssequenz gleichermaßen die Fach-,
Methoden- und Sozialkompetenz der Schülerinnen erweitern und damit ihre Handlungskompetenz als übergeordnete
Zielsetzung ausbauen. Generelle Ziele sind die Förderung der Selbstständigkeit, die Verbesserung der Problemlösungskompetenz und die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. Im Folgenden werde ich die Lernziele für die Arbeitsphase an den Stationen beschreiben. Die Lernziele für die Einführungs- und Auswertungsphase sind bereits in Kapitel
3.2 beschrieben.
2.2.2 Zielentscheidungen für die einzelnen Lernstationen
Die folgende Tabelle zeigt auf, welche Grob- und Feinlernziele mit den einzelnen Lernstationen verfolgt werden.
Zielentscheidungen
Lernstation
Station 1
Heilige Schriften
Groblernziel
Die Schülerinnen sollen…
… sich die wesentlichen
Begriffe der Heiligen Schriften
erarbeiten.
Feinlernziel
Die Schülerinnen sollen…
•… die heiligen Schriften des Judentums kennen.
•… spielerisch die Begriffe der Heiligen Schriften
den Beschreibungen zuordnen können.
•… aus einem Text die wesentlichen Informationen
identifizieren.
27 Vgl. Kapitel 3.3.2.3
28 Siehe Anhang S. IV f.
29 Siehe FAZ online: Ahmadinedschad: “Israel muß von der Landkarte radiert werden” http://www.welt.de/data/2005/10/26/794400.html
(10.03.2006)
30 Vgl. Kapitel 2.1.3
31 Vgl. Kapitel 2.2.3
32 Anhang: Station 1-9
12
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Station 2
Israel
… sich mithilfe des Internets die
Geschichte des Staates Israel
und die wesentlichen Fakten
über Israel erarbeiten.
•… nach geeigneten Quellen im Internet recherchieren.
•… wichtige Informationen identifizieren.
•… ihre Recherchetechniken verbessern.
•… ein Mind-Map erstellen.
Station 3
Erzeltern: Die ersten
Juden
… den Inhalt einer Textstelle
des Alten Testaments erarbeiten
und mit eigenen Worten zusammenfassen.
•… den Umgang mit der Bibel üben.
•… sich den Inhalt ihrer Textstelle erarbeiten.
•… den Inhalt ihrer Textstelle aufschreiben.
Station 4
Frauen im Judentum
… die Stellung der Frau im
orthodoxen Judentum kritisch
reflektieren.
•… aus einem Text die wesentlichen Informationen
identifizieren.
•… Argumente für beide Seiten aufzeigen.
•… einen kontroversen Dialog verfassen.
•… den Dialog szenisch darstellen.
Station 5
Jüdische Feste und
Feiertage
… sich mithilfe des Internets
die Bedeutungen und Besonderheiten einzelner jüdischer Feste
und Feiertage erarbeiten.
•… nach geeigneten Quellen im Internet recherchieren.
•… wichtige Informationen identifizieren.
•… sich über die Besonderheiten des jüdischen
Kalenders informieren.
•… die jüdischen Feste und Feiertage in den
jüdischen Kalender einordnen.
•… sich die Bedeutungen und Besonderheiten der
jüdischen Feste erarbeiten.
Station 6
Ist das koscher?
… Regeln für koscheres Essen
formulieren und ein koscheres
Essen planen.
•…
•…
•…
•…
Station 7
Sabbat
… den Ablauf des Sabbat skizzieren und die Bedeutung des
Sabbats für die jüdische Familie
beurteilen.
•… den Ablauf des Sabbats skizzieren.
•… die Bedeutung des Sabbats herausarbeiten.
Entspannung
… sich entspannen und
jüdische Musik kennen lernen.
Info- und Erste-HilfeStation
… ihre Ergebnisse mithilfe weiterer Materialien ergänzen.
den Umgang mit der Bibel üben.
wichtige Informationen identifizieren.
aus den Textstellen Regeln ableiten.
ein koscheres Essen skizzieren.
2.2.3 Methoden- und Medienentscheidungen
Die Schülerinnen erhalten durch die Unterrichtsform die Möglichkeit, das Thema Judentum in kleinen nicht aufeinander aufbauenden Einheiten zu durchdringen. Da die Bearbeitung der Lernstationen meist nicht durch eine eindeutige
Lösung gekennzeichnet ist und die Bearbeitung als forschend und entdeckend zu beschreiben ist, können die Lösungswege den Ergebnissen gleichgestellt werden. Um diese Bearbeitungsweise zu gewährleisten müssen die Stationen
„…informieren, Spannung und ‚Fragwürdigkeiten’ aufbauen, den unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler entsprechen und von ihnen noch selbst zu erarbeiten und mitgestalten sein.“33 Die Lernstationen
sind überwiegend schriftlich und im Großteil als Partner- oder Gruppenarbeit zu bearbeiten und erfordern eine intensive
Auseinandersetzung mit den Stationen.34 Im folgenden Kapitel begründe ich meine Methoden- und Medienentscheidungen in den einzelnen Phasen der Unterrichtssequenz.
33 Bauer (1997), S. 104 f.
34 Durch die in Kapitel 3.1.1 beschriebene positive Leistungsfähigkeit sehe ich keine Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Lernstationen.
13
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2.2.3.1 Methoden- und Medienentscheidungen in der Einführungsphase
In der Einführungsphase versuche ich durch ein Brainstorming die Schülerinnen für das Thema „Judentum“ zu motivieren. In der ersten Phase soll jede Schülerin vier Begriffe, die sie mit dem Wort Judentum assoziiert, auf jeweils
eine Moderationskarte schreiben. In der zweiten Phase sollen die Schülerinnen in Partnerarbeit acht unterschiedliche
Begriffe finden. Darauf folgen für vier Schülerinnen 20 Begriffe und zum Schluss acht Schülerinnen und 40 Begriffe
zum Wort Judentum. Im Anschluss daran sortieren die Schülerinnen ihre Begriffe auf dem Boden, stellen diese vor und
erklären im Zweifelsfall ihre Intention. Diese Methode kennen die Schülerinnen aus einer früheren Unterrichtssequenz,
wo der Einsatz der Kartenabfrage sehr motivierend war und die Schülerinnen sich bereits am Anfang sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt haben. Anschließend werde ich die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ mit einer
Powerpoint-Präsentation kurz vorstellen.35 Hier werde ich im Besonderen den Laufzettel thematisieren und auf dessen
Bedeutung hinweisen. Nach der Vorstellung werden die Schülerinnen in zwei Gruppen Regeln für die Arbeitsphase
formulieren und anschließend im Plenum vorstellen und zur Diskussion stellen. Die Schülerinnen entscheiden anschließend, welche Regeln für die Arbeitsphase gelten sollen. Diese Regeln werden von mir auf die Rückseite des Laufzettels kopiert.36 Zum Abschluss werde ich einen Fragebogen37 verteilen, die Schülerinnen bekommen so die Chance, ihre
Erwartungen und Ängste bezüglich des Themas und der Unterrichtsform anonym zu äußern. Durch den kurzen Fragebogen möchte ich die Haltung der Schülerinnen vor der Arbeitsphase evaluieren, um eventuell kurzfristig bei besonderen Ängsten oder Erwartungen noch reagieren zu können.
2.2.3.2 Methoden- und Medienentscheidungen in der Arbeitsphase
Die Arbeitsphase werde ich mit einer Vorstellung der einzelnen Lernstationen beginnen und dann die Schülerinnen in
die selbstständige Stationenarbeit entlassen. Es wird ein breites Spektrum an Aufgabentypen und Sozialformen benötigt, um die in Kapitel 2.2.1 beschriebenen unterschiedlichen Lerntypen, Lernvoraussetzungen, und Lerneingangskanäle anzusprechen. Die auf den Laufzetteln genannten Sozialformen sollen dabei nur eine Empfehlung darstellen, d.h.
die Schülerinnen können individuell, je nach Lernvoraussetzung und Interesse entscheiden, ob sie die Aufgaben lieber
allein, in Partner- oder in Gruppenarbeit lösen. Die Medien und Methoden an den Stationen sind jedoch für alle Schülerinnen verbindlich.
Die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“ benötigt keine Beschreibung der einzelnen Methoden- und Medienentscheidung aller Stationen zur Legitimation des Einsatzes. Aus diesem Grund verzichte ich auf eine ausführliche
Beschreibung, es wird lediglich ein kurzer Überblick über die einzelnen Stationen und die angesprochenen Lerntypen
und die berührten Repräsentationsebenen gegeben.
Station 1: Heilige Schriften
Die erste Station soll den visuellen und haptischen Typ ansprechen. Die Schülerinnen haben die Aufgabe, einen Text
zu lesen (enaktive Repräsentationsebene), wichtige Informationen herauszufiltern (symbolische) und im Anschluss ein
Dominospiel mit den wichtigsten Begriffen des Textes zusammenzusetzen (ikonische).
Station 2: Israel
Durch die Internetrecherche wird vorrangig der visuelle Typ angesprochen. Das Recherchieren berücksichtigt die enaktive und das Zusammenfassen der Fakten die symbolische Repräsentationsebene. Die ikonische Ebene wird durch die
Erstellung eines Mind Maps angesprochen.
Station 3: Erzeltern; die ersten Juden
Die enaktive Repräsentationsebene wird durch die Arbeit mit der Bibel und die symbolische durch die Zusammenfassung der Textstelle in eigenen Worten berücksichtigt. Vorrangig wird auch hier der visuelle Lerntyp angesprochen.
Station 4: Frauen im Judentum
Die Lernenden durchlaufen alle drei Repräsentationsebenen. Durch das Lesen wird die enaktive, durch das Herausschreiben oder Markieren der wichtigsten Passagen und Sammeln von Argumenten die symbolische und durch den
anschließenden Dialog die ikonische Ebene aktiviert. Hauptsächlich wird der visuelle Lerntyp angesprochen.
35 Siehe Anhang S. II
36 Aufgrund der hohen Sozialkompetenz der Klasse ist dieses Vorgehen sinnvoll. Die Einhaltung der Regeln wird durch dieses Vorgehen wahrscheinlich gefördert. Meine bisherigen Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise sind durchweg positiv.
37 Siehe Anhang S. IV f.
14
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Station 5: Jüdische Feste und Feiertage
Die Station 5 spricht durch die Internetrecherche den visuellen Typ an. Die Recherche berücksichtigt die enaktive und
das Zusammenfassen der Fakten die symbolische Repräsentationsebene.
Station 6: Ist das koscher?
An dieser Station wird der visuelle Lerntyp angesprochen. Durch die Bibelarbeit wird die enaktive Repräsentationsebene berührt, durch die Ableitung/Formulierung von Regeln die symbolische und durch das Zusammenstellen eines
koscheren Abendessens die ikonische Ebene.
Station 7: Der Sabbat
Durch das Anschauen der DVD werden die audiovisuellen Lerntypen angesprochen. Das Ansehen berücksichtigt die
enaktive und das Notieren des Ablaufs die symbolische Repräsentationsebene.
Station 8: Entspannung
Die achte Station spricht den akustischen Lerntyp an und berührt die enaktive Repräsentationsebene.
Station 9: Erste-Hilfe-Station
Die Erste-Hilfe-Station spricht visuelle und haptische Lerntypen an. Die Schülerinnen können die gegebenen Informationen und Materialien nutzen (enaktiv), ihre Ergebnisse anhand der Materialien überprüfen (ikonisch) und überarbeiten
gegebenenfalls ihre Unterlagen (symbolisch).
Die von mir entwickelten Lernstationen bieten in der Regel keine eindeutigen Lösungen, deshalb gibt es keine Musterlösung zur Kontrolle.38 Die Schülerinnen haben die Möglichkeit, durch die Erste-Hilfe-Station, ihre (Teil-) Ergebnisse
der Stationen drei, fünf, sechs und sieben mit den Büchern zu vergleichen und gegebenenfalls zu ergänzen.
2.2.3.3 Methoden- und Medienentscheidungen in der Auswertungsphase und während der
Lernerfolgskontrolle und Metakommunikation
Die Auswertungsphase findet in einem Stuhlkreis statt, so wird eine angenehme Gesprächsatmosphäre geschaffen.
Begonnen wird mit dem von mir extra vergrößertem Dominospiel der ersten Lernstation. Die Schülerinnen legen
gemeinsam die Karten zusammen und erklären die Begriffe nochmals. Durch diesen spielerischen Einstieg erhoffe ich
mir eine erhöhte Aufmerksamkeit. Danach werden die einzelnen Arbeitsergebnisse der Lernstationen präsentiert und
diskutiert.
Als spielerische Lernerfolgskontrolle habe ich eine „Magische Wand“39 zum Thema der Unterrichtssequenz erstellt.
Hier werden die überprüfbaren Inhalte getestet. Dazu wird die Klasse in drei gleichgroße Gruppen eingeteilt. Die
Gruppe mit der höchsten Punktzahl bekommt eine kleine Tüte Süßigkeiten. Den Schülerinnen ist die Methode der
„Magischen Wand“ bereits durch meinen früheren Unterricht bekannt.
Den Abschluss der Unterrichtssequenz bildet eine Reflexionsphase auf Metaebene. Die Schülerinnen erhalten einen
Beurteilungsbogen, auf dem sie reflektieren können, wie sie die Unterrichtsform und das Thema empfunden haben.
Weiterhin bietet der Bogen Platz für Verbesserungsvorschläge. Durch dieses Vorgehen erhoffe ich mir ein Feedback der
gesamten Klasse. Die Schülerinnen bekommen die Chance, anonym und ohne Rückfragen der Lehrkraft oder den Mitschülerinnen ihre Meinung aufzuschreiben. Ich erhalte dadurch ein unverfälschtes Meinungsbild der Lerngruppe, was
eine bessere Auswertung der Unterrichtseinheit zulässt.
38 Eine Ausnahme ist das Dominospiel an Station 1. Hier habe ich die erste Bearbeitung beobachtet und das Ergebnis kontrolliert. Die folgenden Schülerinnen konnten ihr Ergebnis nun mit den Schülerinnen der ersten Lerngruppe abgleichen.
39 Die „Magische Wand“ ist ein Quiz, siehe Anhang S. LI ff. Es dient hier der Lernerfolgskontrolle. Das Spielprinzip ähnelt sehr dem Fernsehquiz der „Grosse Preis“. Die Wand ist in fünf Rubriken unterteilt. Jede Rubrik hat fünf Fragen, gestaffelt nach Punkten. 20 Punkte für eine
„leichte“ Frage und 100 Punkte für eine „schwere“ Frage.
15
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3. Geplanter Unterrichtsverlauf
Phase
Unterrichtsinhalte
Aktions- u.
Sozialformen
Medien
Einführungsphase
Einstieg
(10.30-10.45)
S formulieren Assoziationen zum Begriff Judentum
EA, PA, GA
Moderationskarten
Erarbeitung 1
(10.45-11.00)
S ordnen und begründen die genannten Begriffe
SV
Moderationskarten
Erarbeitung 2
(11.00-11.15)
L stellt die Unterrichtsform „Lernen an Stationen“
vor
L und S vereinbaren Regeln für die Arbeitsphase
S füllen den Erwartungsbogen aus
LV, L-S-G, EA
PC, Beamer, Tafel
Erwartungsbogen
Arbeitsphase
Einstieg
(09.45-10.00)
L verteilt den Laufzettel an die S
L stellt kurz die Lernstationen vor
LV
Laufzettel
Erarbeitung
(10.00-13.00)
S arbeiten an den Lernstationen
L steht als Berater zur Verfügung
EA, PA, GA
Laufzettel, Lernstationen,
CD-Player, DVD-Player,
TV, Internet, PC
Auswertungsphase
Einstieg
(09.45-09.55)
S legen Dominospiel und diskutieren die Be-griffe
S-S-G
Dominospiel aus Lernstation 1
Auswertung
(09.55-11.15)
S präsentieren ihre Arbeitsergebnisse
S diskutieren ihre Ergebnisse
L ergänzt gegebenenfalls
S-S-G
L-S-G
Arbeitsmaterialien der
Lernstationen
Lernerfolgskontrolle und Metakommunikation
Lernerfolgskontrolle
(09.45-11.00)
L spielt mit S eine „Magische Wand“ zum Thema
„Judentum“
GA,
L-S-G
PC, Beamer
Metakommunikation
(11.00-11.15)
L stellt Beurteilungsbogen vor
S füllen Beurteilungsbogen aus
LV
EA
Beurteilungsbogen
Legende: EA = Einzelarbeit, PA = Partnerarbeit, GA = Gruppenarbeit, L-S-G = Lehrer-Schülerinnen-Gespräch, LV = Lehrervortrag, S-S-G =
Schülerinnen-Schülerinnen-Gespräch, SV = Schülerinnenvortrag
16
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Entspannen bei jüdischer Musik
Lesen, stöbern und nachschlagen
Kurze Recherche im Internet
Israel
Erzeltern
Die ersten Juden
Frauen im Judentum
Jüdische Feste &
Feiertage
Ist das koscher?
Sabbat
Entspannung
Info- und
1. Hilfestation
2
3
4
5
6
7
8
DVD ansehen und den Ablauf des
Sabbat festhalten
Speiseregeln in der Bibel suchen
und ein koscheres Essen planen
Internetrecherche
(Gruppenraum neben der Bücherei)
Text lesen
Dialog verfassen
Bibeltext zusammenfassen
Internetrecherche & Mind Map
(Gruppenraum neben der Bücherei)
Text lesen
und Domino spielen
Heilige Schriften
1
Kurzbeschreibung
Titel
Station
Schleife
Schleife
Pflicht
Wahl
Pflicht
Wahl
Pflicht
Wahl
Pflicht
Bearbeitung
GA
Jeweils nur eine
Gruppe
EA / PA
GA
Max. vier Personen
EA / PA
EA
EA / PA
Max. zwei Personen
PA / GA
Sozialform
EA = Einzelarbeit
PA = Partnerarbeit
GA = Gruppenarbeit
25
20
30
30
30
15
20
Ca.
Zeit in
Minuten
Bewertung
der Station in
Schulnoten
Kommentar
Laufzettel für die Lernstationen zum Thema Judentum von: ___________________________________________
Anhang zur Arbeitsphase
9.
10.
8.
7.
4.
5.
6.
3.
1.
2.
Viel Spaß beim Lernen!!!
Geht sorgsam mit den Materialien um.
Die farbigen Unterlagen bleiben immer
am Platz.
Nimm Dir die Unterlagen (alles was nicht farbig ist) von jeder Station mit.
Lies dir die Arbeitsaufträge genau durch.
Arbeitet leise und stört die anderen nicht.
Wenn du eine Station bearbeitet hast,
bewerte die Station mit Schulnoten von 1-6.
Füge gegebenenfalls einen Kommentar
hinzu.
Achte bei der Bearbeitung der Stationen auf
die vorgegebene Zeit.
Am Ende der 6. Stunde müssen alle Pflichtstationen von dir bearbeitet worden sein.
Gib am Ende deinen Laufzettel ab.
Bring nächste Woche deine Materialien
wieder mit.
Regeln für das Lernen an Stationen
Wenn du fertig bist, mische die Karten und lege sie wieder in den Briefumschlag.
Schreib dir die Lösung auf, indem du nur die Begriffe in
die Lösungsskizze auf der letzten Seite deines Informationsmaterials notierst.
In dem Briefumschlag ist ein Dominospiel mit verschiedenen Begriffen. Leg die Karten passend aneinander, so
dass ein geschlossenes Rechteck entsteht.
Lösung des Dominos
5.
4.
3.
Lies dir die Texte durch und notiere dir die Teile, die du
für wichtig hältst.
Nimm dir das Informationsmaterial.
Arbeitsaufträge
1.
2.
Name:_______________
Heilige Schriften im Judentum
Station 1
Zeit: 20 min
II
Ketubim
Tora
TeNak
Jad
Moses
Siddur
Kabbala
Haggada
Talmud
Bestandteil unseres Alten Testaments
Diese heilige Schrift ist zu heilig, um
mit der Hand berührt zu werden.
Altes Testament der
Christen
Dieses Gerät wird von demjenigen,
der aus der Tora vorliest, verwendet
um auf die Wörter zu zeigen, damit
die Schrift nicht beschädigt wird.
War an fünf Büchern beteiligt!
Alltagsgebetsbuch
Mystische Weltsicht die auf einer
anderen heiligen Schrift beruht.
Steht im Mittelpunkt!
Wörtlich übersetzt heißt diese heilige Schrift „Studium“ oder „Lehre“
In den Höhlen von … fand man 1947
alte Handschriften fast aller Bücher
der hebräischen Bibel
Äste eines Baumes
Ist auch in unserer Bibel zu finden,
es geht um Jesaja, Jeremia, Hosea
usw.
Wichtigster Teil eines „mystischen“
Buches
Rabbinische Sammlung von Geschichten
Gesprächsprotokoll
Qumran
Sefirot
Nebiim
Sohar
Midrasch
Gemara
III
Anhang zur Arbeitphase: Station 1
IV
Anhang zur Arbeitphase: Station 1
V
Anhang zur Arbeitphase: Station 1
VI
Anhang zur Arbeitphase: Station 1
Schreibt in die Kästchen
nur die Begriffe (in der
richtigen Reihenfolge)
hinein, nicht die Erklärungen!
VII
Name:_______________
3. Erstelle ein Mind Map über Israel.
2. Informiere dich im Internet über den Staat Israel. Suche
nach folgenden Informationen:
• Geographische Lage Israels (Nachbarstaaten, Flüsse
usw.)
• Bevölkerung Israels
• Geschichte Israels
• usw.
1. Bevor du den Raum verlässt, schreibe an die Tafel, wer
alles in den Gruppenraum geht und wann ihr losgegangen
seid. Wenn du wieder da bist, wische die Tafel.
Es dürfen maximal zwei Personen die Station 2 bearbeiten.
Arbeitsaufträge
Für diese Aufgabe musst du im Internet recherchieren. Dafür kannst du die Internet - PCs im Gruppenraum neben der
Bücherei nutzen.
Israel
Station 2
Zeit: 15 min
Mögliches Aussehen der Mind Map
VIII
Name:_______________
Erzeltern
Die ersten Juden
1. Jede(r) fasst eine Textstelle aus der untenstehenden Liste
zusammen.
2. Es muss die Reihenfolge der Textstellen eingehalten werden, d.
h. die oder der Erste an der Station bearbeitet auch die erste
Textstelle, der oder die Zweite bearbeitet die zweite Textstelle usw.
3. Für deine Zusammenfassung nutzt du die an der Station liegenden DIN A5 Zettel.
4. Bevor du anfängst, schreib bitte deinen Namen in die Liste
hinter die Textstelle, die du bearbeitest.
5. Lies dir deine Textstelle in der Bibel durch und bei Unklarheiten die schon geschriebenen Texte deiner Mitschüler/Innen.
6. Wenn du fertig bist, hefte deine Zusammenfassung in der richtigen Reihenfolge ab.
An dieser Station soll jede(r) einen kleinen Abschnitt des ersten
Teils der Tora (Bücher Mose) in eigenen Worten zusammenfassen.
Durch eure Texte erhalten wir eine Zusammenfassung von den Geschichten der ersten Juden.
Arbeitsaufträge
Station 3
Zeit: 30 min
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
9
10
2
3
4
5
6
7
8
Text Nr.
1
Textstelle
1. Mose 12, 1-9
1. Mose 15
1. Mose 16
1. Mose 17
1. Mose 21, 1-21
1. Mose 22, 1-19
1. Mose 25, 19-34
1. Mose 27, 1-29
1. Mose 27, 30-46
1. Mose 28, 1-15
1. Mose 29, 1-30
1. Mose 29, 31-35
1. Mose 30, 1-24
1. Mose 35
1. Mose 37
1. Mose 39
1. Mose 41
1. Mose 42
1. Mose 43
1. Mose 44
1. Mose 45
1. Mose 46
2. Mose 3
Bearbeitet durch:
Dieser Zettel muss bei der Station bleiben!
IX
Widerrum erscheint Gott Abraham. Dieser beklagt sich darüber, dass er keine
Erben hat und sein Vermächtnis wohl den Haussklaven geht. Gott aber sagt,
dass sein eigener leiblicher Sohn sein Erbe sein soll. Abraham stellt eine erneute Frage, nämlich woran er erkennen soll, dass er das Land was Gott ihm
gegeben hat besitzen wird. Daraufhin soll Abraham eine dreijährige Ziege,
einen dreijährigen Widder, eine Turteltaube und eine junge Taube bringen.
Dies tut er, trennt alle Tiere in der Mitte und legt dann die zusammengehörigen Teile gegenüber auf den Boden.
Die Dämmerung zieht ein und Abraham schläft ein. Gott weckt ihn und macht
ihm deutlich, dass sein Volk 400 Jahre in Unterdrückung leben wird, sie danach jedoch reich werden. Es wird Nacht und ein riesiger Feuerofen taucht
1. Mose 15
Der Herr spricht zu Abraham, dass er seine Verwandten verlassen soll um in
ein land zu gehen, dass Gott ihm zeigt. Dort will er alle zu einem großen Volk
zusammenführen und Abraham wird sozusagen „Vertreter Gottes“. Also geht
dieser mit seiner Frau, Sohn Lot und all ihrem Besitz um ins Land Kanaan
auszuwandern. Dort angekommen erscheint ihm abermals Gott und sagt zu
ihm , dass er Abrahams Nachkommen dieses Land geben will. Daraufhin baut
Abraham ihm einen Altar, bevor er im Gebirge östlich von Bethel (im Westen)
übernachtet. Das gleiche Ritual wiederholt er in Ali im Osten des Landes,
bevor er weiterzieht.
1.Mose 12, 1-9
Die Textzusammenfassungen von 1. Mose 45 und 46 sowie 2. Mose 3 fehlen aufgrund fehlender Schüler während der Arbeitsphasen (die fehlenden Schüler haben mir versprochen, die Zusammenfassungen noch zu
schreiben und mir zu geben).
Es fehlen (Schüler haben mir ihre Zusammenfassungen noch nicht zukommen lassen):
• 1. Mose 16 (Kathrina W.)
• 1. Mose 27, 30-46 und 1. Mose 28, 1-15 (Johanna)
• 1. Mose 35 (Lena)
• 1. Mose 41 (Lisa)
Textzusammenfassungen der FGÖ 05
Das Opfer auf Moria
Gott wollte Abraham prüfen und befahl ihm daher seinen einzigen Sohn, Isaak, zu opfern. Auf diese Weise sollte er Gott beweisen, wie sehr er ihn
fürchtet. Abraham wanderte 2 Tage lang gemeinsam mit seinem Sohn und ein
paar Knechten, bis er am 3. Tag den ihm von Gott geheißenen Berg erreichte.
Abraham nahm seinen Sohn und errichtete auf dem Berg eine Opferstätte,
welche er mit Brennmaterial vorbereitete. Gerade in dem Moment als er mit
1. Mose 22, 1-19
Sara bekam einen Sohn von Abraham, Isaak, an dem Tag den Gott angekündigt hat. Am achten Tag wurde Isaak von Abraham beschnitten, wie es Gott
ihm befahl. Als Isaak entwöhnt wurde veranstaltete Abraham ein großes Mahl.
Als Sara sah, das Isaak mit dem Sohn von Hagar und Abraham spielte sagte
sie Abraham er solle Hagar und ihren Sohn fortschicken, da er nicht der Erbe
sein soll. Gott sprach zu Abraham und sagte er solle immer auf Sara hören.
Abraham gab den beiden Brot und Wasser und schickte sie fort. Da das Wasser alle war, setzte Hagar ihren Sohn unter einen Strauch und sagte, dass sie
nicht den Tod ihres Sohnes mit ansehen möchte. Der Kleine weinte und Gott
hörte es. Gott öffnete Hagar die Augen, dass sie einen Wasserfall sah. Der
Sohn trank und Gott war mit ihm.
1. Mose 21, 1-21
Als Abram 99 Jahre alt war, erschien ihm Gott und er sprach zu ihm.
Gott will einen Bund zwischen Abram und ihm stiften. Gott wollte Abram über
alle Massen fruchtbar machen, so dass er sich über alle Massen vermehren
kann. Abram sollte der Vater vieler Völker werden und Gott gab ihm ein Land,
Kanaan. Dieser Bund sollte auch für seine Nachkommen gelten. Von nun an
sollte Abram Abraham heißen. Als Zeichen dieses Bundes sollte im Alter von
8 Tagen alles was männlich ist beschnitten werden, auch der Sklave, der von
einem Fremden gekaufte und der im Haus geborne. Seine Frau Sarai, sollte
er von nun an Sara nennen. Gott segnete Sara und sagte zu Abraham, dass
Sara ihm einen weiteren Sohn gebären wird, der Isaak heißen soll. Noch am
selben Tag wurden Abraham, sein Sohn Ismael, seine Sklaven und alles was
männlich war in seinem Haus beschnitten.
1. Mose 17
plötzlich auf und der Herr spricht zu Abraham, dass er seinem Volk nun das
Land vom Bach Ägypten bis an der Euphratstrom gibt.
X
Als Isaak den Segen über Jakob vollendet hatte, kam sein Bruder Esau von
der Jagd nach Hause. Er bereitete ein Mahl zu und brach es seinem Vater
und sagte zu ihm, dass er von dem Wildbret seines Sohnes essen sollte, auf
das sich seine Seele segne. Der Vater fragt, wer Esau ist und wen er denn
gerade gesegnet habe. Der Gesegnete sollte nun aber auch gesegnet blei-
In dieser Textstelle geht es um die Brüder Jakob und Esau. Esau soll den
Segen seines Vaters Isaak vor dessen Tod bekommen, jedoch will die Mutter
der Brüder, dass Jakob diesen Segen erhält. Deshalb heckt sie mit dem Bruder Jakob einen Plan aus, Isaak zu überlisten. Der Vater hatte Esau bereits
aufgetragen, Wildbret für ihn zu jagen und daraus ein gutes Mahl zuzubereiten. Dieses tat nun auch Jakob, nur jagte er kein Wildbret sondern 2 kleine
Böcklein, die seine Mutter dann zu einem guten Mahl zubereitete. Das Fell
der Böcke band er sich um die Arme. Dann trat er mit dem Mahl der Mutter
und Kleidern von Esau vor Isaak und dieser segnete Jakob, ohne zu wissen,
dass er betrogen wurde. Isaak war nämlich blind...
1. Mose 27, 30-46
1 Buch Morse, 27, 1- 29
Isaak, der Sohn Abrahams, war 40 Jahre alt, als er Rebekka zum Weibe
nahm. Rebekka war unfruchtbar, also bat Isaak Gott für sein Weib. Rebekka
wurde schwanger. Die Kinder stießen sich in ihrem Leib. Rebekka sprach zu
Gott warum sie noch lebe, wenn es so ist. Gott antwortete, dass zwei Völker
in ihrem Leibe sind und das ein Stamm dem anderen überlegen sein werde.
Als Rebekka gebar, kam zuerst ein rötlicher, beharrter Junge heraus. Den
nannten sie Esau. Danach kam der zweite Junge heraus, der sich an der Ferse Esaus festhielt und den nannten sie Jakob. Bei der Geburt war Isaak 60
Jahre alt. Und als sie heranwuchsen ward Esau, der Liebling des Vaters, ein
tüchtiger Jäger und Jakob, der Liebling der Mutter, ein gesitteter Mann. Eines
Tages kochte Jakob. Esau kam müde vom Feld und bat Jakob um etwas Essen. Dieser gab ihm nur das Essen, wenn Esau ihm seine Erstgeburt verkaufe. Esau ging auf den „Deal“ ein, da er gering auf die Erstgeburt achtete.
1 Mose, 25, 19-34
Isaaks Opferung beginnen wollte, sprach ein Engel zu ihm, dass Gott ihn nur
prüfen wollte. Der Engel sprach zudem davon, dass Abrahams Familie und
seine Nachkommen nun gesegnet seinen und ihnen nur noch Gutes geschehen werde.
Nach diesem Ereignis zogen Isaak und Abraham nach Beerseba, um dort zu
leben.
"Danach machte sich Jakob auf den Weg und wanderte nach Osten. Er sah
einen Brunnen an dem sich drei Herden Schafe tummelten, denn aus dem
Brunnen bekamen sie Wasser. Ein großer Stein musste vom Brunnen entfernt
werden, um die Schafe tränken zu können. Jakob sprach zu den Fremden,
fragte sie, woher sie kamen. Sie sagten, dass sie ihn kannten, als Jakob fragte, ob sie Laban, den Sohn Nahors kannten. Jakob fragte, wie es ihm ginge
und sie antworteten, dass es ihm gut ginge und dass seine Schwester gerade
mit einer Herde zurückkomme. Er sagte, dass sie die Schafe noch tränken
sollte, um sie danach wieder weiden zu lassen. Jakob tränkte die Schafe dann
aber selber, als er Rahel mit ihrer Herde kommen sah. Danach küsste er Rahel und fing laut an zu weinen. Als Jakob ihr erzählte, dass er der Verwandte
ihres Vaters sei, lief sie zu ihrem Vater um es ihm zu erzählen. Laban sprach
zu ihm und blieb einen Monat bei ihm. Laban fragte, was Jakob als Lohn für
den Unterhalt verlangte. Jakob diente sieben Jahre um Rahel. Dann sprach
Jakob zu Laban, er wolle sein Weib zurück haben. Laban veranstaltete ein
Festmahl. Er hatte Jakob hintergangen, da er Lea anstatt seiner Magd Silpha
gab. Laban sagte, dass dies Sitte sei Jakob diente weitere sieben Jahre um
Rahel.
1. Moses 29, 1-30
1. Mose 28, 1-15
Isaak segnete Jakob noch mal und sagte ihm, dass er sich eine Frau von dem
Bruder seiner Mutter nehmen soll und dann wird auch Gott ihn segnen. Esau
hörte wie Isaak Jakob noch mal segnete. Gott sagte zu Esau: Ich bin der Herr,
der Gott deines Vaters Abrahams und der Gott Isaaks.
ben. Esau war sauer auf seinen Vater und bat ihn, ihn ebenfalls zu segnen,
doch der Vater antwortete, dass sein Bruder ihm den Segen vorweggenommen hat. Esau sagt, dass Jakob seinen Namen zu Recht trägt (der Hinterlistige) und ihm alles wegnimmt.
Esau fragt erneut, ob sein Vater ihn segnen könnte und fing dabei an zu weinen. Sein Vater sagt zu ihm, dass er von seinen Schwestern leben und seinen
Brüdern dienen muss. Esau denkt, dass wenn sein Vater tot ist er so schnell
wie möglich auch Jakob töten werde.
Rebakka (Mutter von Esau und Jakob) erzählte dies Jakob und teilte ihm mit
zu fliehen. Die Mutter würde ihn wiederholen, sobald Esau sich beruhigt hat,
denn sei möchte nicht 2 Menschen an einem Tag verlieren.
XI
Als Joseph nach Ägypten verschoben wurde, kauften ihn Kämmerer des Pharao Potiphar. Da der Herr mit Joseph war, geschah ihm nur Gutes. So auch,
dass er im Haus seines Gebieters bleiben durfte. Dieser sah, dass der Herr
mit Joseph war und ihm alles was er tat gelingen lies. Dadurch wurde er bevorzugt und zum Leibdiener seines Herren. Sein Herr vertraute ihm sein Haus
und alle seine Güter an und so segnete der Herr das Haus des Ägypters um
Josephs Willen. Der Segen des Herrn ruhte auf allem, was Josephs Herr besaß. Darum kümmerte dieser sich um nichts mehr als um sich selbst. Das
einzige was er noch tat war essen. Da Joseph jedoch gut aussah, hatte die
Gott sagt zu Jakob, dass er sich aufmachen soll und dass er einen Altar für
den Gott bauen soll, den er gesehen hat als er vor seinem Bruder Essau geflohen ist. Jakob sagte zu allen die bei ihm waren: „Wir wollen nach Bethel
gehen, befreit euch von euren alten Göttern und zieht euch andere Kleider an.
In Bethel will ich einen Altar für den Gott bauen, der mich in der Zeit meines
Drangsals erhört hat und bei mir gewesen ist.“
Darum gaben sie ihm alle Kleider und er vergrub sie unter der Terebinthe. Sie
gingen ins Lande Kanaan, das ist Bethel. Dort baute er einen Altar und nannte
die Stätte El-Bethel, weil Gott sich ihm dort offenbart hatte.
Joseph war der Lieblingssohn seines Vaters, mit 17 Jahren musste er mit
seinen Brüdern die Schafe hüten. Joseph hatte Träume, in denen seine Familie ihm untergeben waren und erzählte die Träume seiner Familie. Die Brüder
wurden eifersüchtig, weil der Vater Joseph am liebsten mochte. Eines Tages,
sagte der Vater zu Joseph, dass er seine Brüder suchen sollte, die die Schafe
hüteten. Als die Brüder ihn kommen sahen, wollten sie ihn töten. Sie schmissen ihn in ein Becken ohne Wasser. Die Brüder wollten Joseph an eine Karawane verkaufen, doch Kaufleute kamen ihnen zuvor und verkauften ihn in
Ägypten an den Führer der Leibwache vom Pharao.
Bei den Brüdern kam Ruben zurück, der Joseph beschützen wollte, aber die
Brüder sagten ihm das er tot ist. Sie tränkten Josephs Rock mit Tierblut und
zeigten es dem Vater. Der Vater trauerte um seinen Sohn.
1. Mose 37
1 Mose 39
Debora wurde unter Bethel (unter einer Eiche) begraben. Der Eiche gab er
den Namen „Klageeiche“.
Dort sah er Gott abermals und Gott sprach zu ihm: „Du heißt Jakob; aber du
sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein.“ Dann
sprach Gott: „Ich bin der allmächtige Gott, sei fruchtbar und mehre dich.“ Er
bekam das Land, welches Gott vorher Abraham und Isaak gegeben hatte.
Jakob erschuf ein Mal an der Stätte, wo er mit ihm geredet hatte. Er nannte
sie Bethel.
Rahel bekam auf dem Weg nach Ephrat ein Kind. Sie hatte eine schwere
Geburt und die Hebamme „tröstete“ sie mit einem Sohn. Rahel nannte ihn
Ben-Gui. Rahel starb und wurde in Bethlehem begraben. Jakob schuf ihr ein
Grabstein.
Israel zog weiter nach Migdol Eder. Israel wurde zornig über den Seitensprung seiner Frau. Jakob hatte 12 Söhne. Isaak wurde 180 Jahre alt. Dann
starb er und seine Söhne begruben ihn.
Als Rahel bemerkte, dass sie, im Gegensatz zu ihrer Schwester, keine Kinder
bekam, sagte sie zu Jakob, er solle ihr Kinder besorgen, sonst sterbe sie.
Jakob wurde wütend und sagte, er sei nicht Gott. Rahel wollte, dass Jakob
ihre Magd schwängerte, damit diese ihr ein Kind gab. Jakob bekam die Magd
zur Frau und diese gebar dann auch einen Sohn. Da sagte Rahel, der Gott
habe ihr auch ein Kind geschenkt. Die Magd bekam noch einen Sohn und
Rahel sagte, sie habe den Kampf gegen ihre Schwester gewonnen. Da gab
Lea Jakob auch ihre Magd zur Frau und diese gebar ebenfalls zwei Söhne.
Zur Zeit der Weizenernte ging dann Ruben, der Sohn von Lea, aufs Feld und
fand dort Liebesäpfel. Er brachte diese seiner Mutter. Da kam Rahel zu Lea
und sagte zu dieser, sie solle ihr welche von den Äpfeln geben. Lea fragte, ob
es nicht schon genug sei, dass Rahel ihr Jakob genommen habe. Da schlug
Rahel den Handel vor, dass Jakob eine Nacht bei Lea verbringen könnte,
wenn sie dafür die Liebesäpfel bekäme. In der Nacht schwängerte Jakob Lea
und diese gebar einen Sohn. Sie sagte, Gott habe es ihr gelohnt, dass sie
ihrem Mann ihre Magd gegeben hatte. Sie gebar noch einen Sohn und dann
eine Tochter. Gott dachte auch an Rahel und machte sie fruchtbar. Diese
gebar einen Sohn und nannte ihn Jakob. Sie sprach, Gott habe ihre Schmach
von ihr genommen, er wollte ihr noch einen Sohn schenken.
1. Mose 35
1. Mose 30; 1 – 24
Als Gott bemerkte, dass Lea zurückgesetzt wurde, machte er sie fruchtbar.
Rahel ließ er unfruchtbar. Lea gebar einen Sohn, den sie Ruben nannte. Sie
sagte, dass Gott ihr Elend gesehen hatte und ihr half. Sie meinte, nun würde
ihr Mann sie lieben. Sie wurde erneut schwanger und bekam einen Sohn, den
sie Simeon nannte. Sie sagte, der Gott hätte ihr diesen gegeben, weil er gesehen hätte, dass sie zurückgesetzt war. Sie wurde wieder schwanger und
bekam den Sohn, den sie Levi nannte. Als sie den 4. Sohn, Juda, bekam,
sagte sie, sie wolle den Herrn preisen.
1. Mose 29; 31 - 35
XII
Joseph verlangt von denen die bei ihm waren ihm nicht mehr unter die Augen
zu treten, ohne ihren jüngsten Bruder. Also gehen sie beim nächsten Mal mit
ihrem jüngsten Bruder. Benjamin. Nach anfänglicher Skepsis Joseph gegenüber, willigen sie dann aber doch ein mit ihm zu essen. Joseph ist von dem
Anblick seines Bruders so gerührt, dass er sich zunächst zurückziehen muss
um sich wieder zu fangen.
1. Mose 43
Jakob schickte seine Söhne nach Ägypten, damit sie dort Getreide kaufen,
denn Getreide war knapp im Land Kanaan (Israel). Nur Benjamin ließ Jakob
nicht mitziehen, weil er Angst hatte, dass Benjamin etwas passieren könnte.
Sie zogen dann also nach Ägypten. Dort trafen sie ihren Bruder Joseph. Sie
erkannten ihn nicht, aber er erkannte sie. Er sprach hart mit ihnen und wollte
ihnen nicht glauben, dass sie gekommen sind um Getreide zu kaufen. Sie
erzählten ihm von dem jüngsten Sohn. Und beschloss das der jüngste Sohn
(Benjamin) ihr Vorhaben bezeugen sollte. Er sperrte einen von den Brüdern
ein und sagte den anderen sie sollen Benjamin holen. Simeon war derjenige
der Brüder der gefesselt wurde und eingesperrt wurde. Die anderen bekamen
Getreide und sie zogen zurück nach Kanaan. Als sie bei ihrem Vater ankamen erzählten sie ihm die Geschichte und als sie ihre Getreidesäcke leerten,
lag von jedem der Geldbeutel mit in dem Getreidesack und sie kamen es mit
der Angst zu tun. Der Vater jedoch wollte nicht das Benjamin mit ihnen zieht,
denn er hatte Angst das auch ihm etwas zustoßen könne. Er hatte ja bereits
zwei Söhne verloren und wollte Benjamin nicht auch noch verlieren.
1. Mose 42
Frau seines Herrn ein Auge auf ihn geworfen. Jeden Tag versuchte sie Joseph zu überreden sich zu ihm zu legen. Doch Joseph weigerte sich. Sein
Herr hatte ihm alles anvertraut, sich mit ihm gleichgestellt, nur die Frau nicht.
Er wollte eine solche Sünde nicht begehen und lehnte die Frau immer ab.
Eines Tages jedoch, als Joseph mit ihr alleine war, sagte sie ihm wieder sich
zu ihr zu legen. Als er wieder ablehnte, riss sie ihm sein Kleid vom Laib woraufhin er floh. Sie rief jedoch die Diener und erzählte ihnen, dass er sich zu ihr
legen wollte und als sie aufschrie floh und sein Kleid zurück lies. Auch dem
Herrn erzählte sie diese Lüge. Dieser wurde darüber sehr zornig und lies Joseph ins Gefängnis bringen. Da der Herr aber mit Joseph war, erwarb er im
Gefängnis die Gunst des Aufsehers und alle Gefangenen waren ihm anvertraut. Der Aufseher des Gefängnisses kümmerte sich um nichts mehr, alles
lag in den Händen von Joseph.
Joseph ließ die Säcke mit Getreide füllen, befahl aber auch in den Sack des
jüngsten Sohnes seinen silbernen Becher zu legen. So bekamen sei das Getreide und kurz nachdem sei aus der Stadt waren wurden sie angehalten und
angeklagt den Becher gestohlen zu haben. Dann wurden alle Säcke durchsucht und in Benjamins Sack der Becher gefunden. Benjamin sollte deswegen
versklavt werden. Die gingen alle wieder zurück in die Stadt in Josephs Haus.
Dieser sagt das nur Benjamin versklavt werden soll und die anderen frei seien. Juda aber bettelte darum Benjamin gehen zu lassen da sein Vater sonst
nicht mehr leben wollen würde. Juda bietet an anstelle von Benjamin dort zu
bleiben.
1. Mose 44
Als er dies getan hat geht er zurück um mit den anderen zu speisen. Benjamin bekommt fünfmal soviel wie alle anderen. Die Stimmung ist zu Schluss
eher gelöst im Gegensatz zum Anfang.
XIII
Name:_______________
Frauen im Judentum
1. Lies dir den Aufsatz „Was moderne Frauen über ihren
Status im Judentum wissen sollten“ von Dr. Theodor Much
durch.
2. Wie wird die Frau im orthodoxen Judentum behandelt?
Schreib dir die wesentlichen Aspekte heraus.
3. Stell dir vor, du hättest eine(n) jüdisch orthodoxe(n)
Partner(in); schreibe einen kontroversen Dialog zwischen
euch über die Stellung der Frau im (ultra) orthodoxen Judentum. Versuche dabei für beide Seiten mögliche Argumente zu finden.
4. Sprecht (spielt) den Dialog einmal laut vor!
Arbeitsaufträge
Station 4
Zeit: 30 min
Die Stellung der Frau entsprechen einer patriarchalischen Sicht biblischer
Zeiten (Zeile 7,8)
Frauen sind gleichberechtigt aber doch schwächer Æ Gesetze nötig um
Frauen zu schützen. (Zeile 17)
Traditionalisten sprechen von einer scheinbaren Benachteiligung, da die
Frauen ja umsorgt werden, ja sogar sexuell verwöhnt und sie dürfen die
Sabbatkerzen anzünden! (Zeile 21)
Frauen werden geschützt vor dem Besuch der Synagoge und dem Studium
der Tora, da sie ja keine Zeit haben. (Zeile 25)
Frauen sitzen separiert in der Synagoge Æ Ablenkungsgefahr
Zählen nicht zum Minjan (Mindestanzahl von 10 Erwachsenen
Frauen werden nicht zur Thoralesung aufgerufen
Unreine Frauen dürfen die Synagoge nicht betreten (Menstruation)
Frauen dürfen keinen Segen am Sabbat über Wein und Brot sprechen
Bat Mitzwa gibt es nicht überall.
Frau darf den Ehevertrag nicht unterschreiben
Trägt die Frau die Schuld an der Scheidung, so kann sie das Recht auf
finanzielle Unterstützung verlieren.
Den Scheidungsbrief Get kann nur der Mann übergeben. Æ Nur der Mann
kann sich scheiden lassen.
Eine zivilrechtlich geschiedene Frau ohne Get sollte keine Kinder mehr
bekommen, diese wären sonst Bastarde!!!
Diese Kinder dürfen keine Juden heiraten.
Verlassene (Mann verschwunden) Frauen können nicht wieder heiraten
Kinderlose Witwe kann nur mit Erlaubnis des Schwagers heiraten (Auflösung von der Pflicht der Schwagerehe)
Frauen dürfen die Tora-Talmud nicht studieren
Frauen dürfen vor einen rabbinischen Gericht nicht als Zeugen aussagen
Arbeitsauftrag 3 und 4 ist individuell zu gestalten.
•
•
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•
•
•
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•
Wesentliche Aspekte:
Lösungsmöglichkeit:
XIV
XV
Was moderne Frauen über ihren Status im Judentum wissen sollten
von Dr. Theodor Much
5
Für mich als religiösen, aber nichtorthodoxen (progressiven) Juden ist die völlige Gleichstellung der
Frauen im Judentum eine Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit. Es überrascht mich daher immer
wieder, wie wenig (auch moderne) Juden und Jüdinnen über die Benachteiligung der Frau im (orthodoxen) Judentum wissen und wie gleichgültig viele von ihnen dieses Thema lässt.
Die Grundlage der traditionellen jüdischen Sicht zur Stellung der Frauen in Familie und Gesellschaft
entspringen einer patriarchalischen Kultur biblischer und talmudischer Zeiten.
10
Damals wurde die Frau - wie u. a. aus dem Mischna Traktat Kidduschim 1.1. hervorgeht ("Die Frau wird
erworben...") - als Eigentum des Mannes angesehen, deren vornehmste Pflicht es war Kinder zu gebären, sie zu erziehen, ihrem Mann beizustehen und ihn zu ergänzen.
Befürworter dieser alten Praxis weisen darauf hin, "dass der Respekt vor Frauen im Judentum immer
sehr ausgeprägt war (und immer noch ist)".
15
20
Sie argumentieren, dass "Frauen und Männer vor Gott zwar gleichwertig seien , Frauen aber dennoch gottgegeben - sich mental und auch physisch stark von Männern unterscheiden, bzw. in der Gesellschaft andere Aufgabenbereiche als Männer erfüllen" und "daher Gesetze notwendig wurden, die dem
Schutz der Frau und ihrer Lebensqualität dienten".
Es handelt sich - so sagen die Traditionalisten - "nur um eine scheinbare Benachteiligung der Frau,
denn im eigenen Heim, sei die Frau eine Königin, stets vom Gatten geachtet, umsorgt, behütet und sogar sexuell verwöhnt, mit vielen Privilegien ausgestattet, wie z.B. dem Recht die Schabbatkerzen anzünden zu dürfen".
Gleichzeitig wird argumentiert, "dass Frauen zu ihrem eigenen Besten, von bestimmten schwer einzuhaltenden, weil zeitgebundenen positiven Mizwot (Pflichten wie das Beten zu vorgeschriebenen Zeiten,
Anlegen von Gebetsriemen, dem täglichen Besuch der Synagoge und dem Talmud-Torah Studium), befreit wurden".
25
30
35
Diese Argumentation sollte nicht belächelt werden, denn in der Tat war in biblischen und
talmudischen Zeiten der Status der jüdischen Frau sehr viel besser als die Stellung ihrer
nichtjüdischen Nachbarin. Während sich aber das einst so vorbildliche jüdische Gesetz zum
Schutz der Frau seit dem 12. Jahrhundert kaum mehr weiterentwickelte (sich sogar teilweise
verschlechterte, weil aus "Befreiungen" Verbote wurden), änderte sich die Stellung der Frau
in der nichtjüdischen (westlichen) Welt ganz wesentlich, mit dem Ergebnis, dass heute die
Diskriminierung von Frauen, zumindest in manchen Bereichen des traditionellen Judentums,
stärker ist als selbst in der katholischen Kirche.
Das traditionalistische Argument der "Befreiung" erscheint mir schon deswegen unglaubwürdig, weil
auch solche Frauen von religiösen Pflichten "befreit" werden, die nicht - oder nicht mehr - die Bürde
einer kinderreichen Familie tragen müssen und selbst den Wunsch hegen, sich aktiv am religiösen Leben
zu beteiligen.
Befürworter der alten Tradition verschweigen auch gerne die Tatsache, dass die Diskriminierung
der Frau sich nicht nur auf religiöse, sondern auch auf soziale und familienrechtliche Bereiche erstreckt.
XVI
40
Wo liegen nun die Benachteiligungen der Frau im (ultra)orthodoxen Judentum?
Religiöser Status:
Wie schon einleitend dargestellt, wurden Frauen aus einst lobenswerten Gründen, von bestimmten
zeitgebundenen positiven Mizwot entbunden. Von den negativen Geboten ("Du sollst nicht...") wurden
sie allerdings nie "befreit".
45
50
55
Aus dieser ursprünglichen "Befreiung" wurde im Lauf der Jahrhunderte Verbote, die bis zum heutigen
Tag in wesentlichen Punkten gültig geblieben sind.
Frauen werden in orthodoxen Synagogen nicht zum Minjan (die Mindestzahl von 10 Erwachsenen die
dem Gottesdienst den Charakter eines öffentlichen Gemeindegebetes verleiht) gezählt; sie sitzen dort
von den Männern separiert in den hinteren Reihen, hinter einem Vorhang oder einer Wand, manchmal
auf einem Balkon. Begründet wird diese Separierung mit der "Ablenkungsgefahr" der Männer durch den
"erregenden" Anblick von Frauen.
Wer allerdings einen nichtorthodoxen (egalitären) Gottesdienst besucht, wird rasch feststellen können, dass dort - im Gegensatz zu vielen orthodoxen Synagogen - sehr diszipliniert
und konzentriert (mit viel Kawana = Verinnerlichung) gebetet wird und von "Ablenkung" keine
Rede sein kann.
In orthodoxen Synagogen werden Frauen nicht zur Thoralesung aufgerufen, übrigens ganz im Gegensatz zur (theoretischen) Aussage im babylonischen Talmud (Traktat Megilla 23A) und der Ansicht der
großen halachischen Autorität Rabbenu Yerucham (14. Jahrhundert). In der Praxis war man der Meinung, dass "ein solcher Aufruf die Gemeinde diskreditieren würde".
60
Es ist auch nicht allgemein bekannt, dass laut Schulchan Aruch (Orach Chayim 88:1) "rituell unreine
Personen" das Schemagebet rezitieren dürfen (was Moses Isserles dazu bewog zu erklären, dass
seiner Ansicht nach - und er beruft sich u.a. auf Raschi - "sogar menstruierende Frauen die Synagoge betreten- und beten können, ja selbst die Thora berühren und den göttlichen Namen aussprechen dürfen").
65
Die "Befreiung" gilt weiteres für die Kiddusch-Zeremonie (Heiligung des Schabbat, mit vorangehendem
Segen über Brot und Wein) und der Rezitation des Kaddisch-Gebetes (dem Gebet der Trauernden, das
den Hinterbliebenen Trost spenden sollte)
70
Auch eine der Bar Mitzwa Zeremonie entsprechende Feier, die Bat Mitzwa, wurde Mädchen lange Zeit
vorenthalten. Erst in den letzten Jahren werden auch in einigen orthodoxen Synagogen (in Anlehnung
an Reform-Traditionen) solche Feiern für Mädchen eingeführt.
Familien- und Eherecht:
Als klar definierte Pflichten des Manns, "der sich eine Frau nimmt", galten und gelten in einer Ehe: Die
Sorgepflicht für Frau und Kinder, die Ehefrau zu ehren, sie nie zu kränken oder zu schlagen, ihr treu
zu bleiben und ihr Recht auf sexuelle Erfüllung zu gewährleisten.
75
Ein Ehevertrag (Ketuba) garantiert der Frau, die aber den Ehevertrag nicht unterschreiben
darf, auch ihre finanzielle Sicherheit im Falle des Ablebens des Ehemannes und bei einer
Scheidung.
XVII
Trägt aber die Frau die Schuld an der Scheidung, dann kann sie die im Vertrag festgelegten finanziellen Rechte ("als Strafe") verlieren.
80
Den für die Scheidung notwendigen Scheidungsbrief (Get) kann aber nur der Mann übergeben.
In der Praxis gibt es immer wieder Fälle, in denen Männer - trotz Strafandrohung seitens der Rabbiner - die Getübergabe verweigern und hartnäckig bleiben, manchmal auch nur um die Frau finanziell zu
erpressen.
85
90
95
100
Erfolgt nun in solch einer Situation lediglich eine zivilrechtliche Scheidung, dann kann nach Trennung der Partner, wohl der Mann wieder (wenn auch nur zivilrechtlich) heiraten und eine Familie
gründen (diese Heirat wäre zwar gegen das religiöse Gesetz, aber für die Kinder aus seiner neuen
Ehe ohne negative Konsequenzen); die Frau hingegen, die in einer neuen Verbindung lebt, sollte
keine Kinder mehr bekommen, weil diese nach den religionsgesetzlichen Bestimmungen, Bastarde
(Mamserim) wären.
Ein Mamser (Pl.: Mamserim) ist ein Kind aus einer inzestuösen oder ehebrecherischen Beziehung, dem
es verboten ist jüdische Partner zu heiraten, ausgenommen Menschen die ebenfalls Mamserim sind
oder Proselyten. Die Mamserut-Bestimmungen gelten über 10 Generationen, was bedeutet, dass Kinder
von Mamserim ebenfalls als solche gelten.
So wurde im Laufe der Zeit aus einem Gesetz, das ursprünglich zur Bekämpfung der Unmoral gedacht
war, eine höchst unmoralische Bestimmung, die im völligen Gegensatz zu diversen biblischen Aussagen
("Kinder sollen nicht für ihre Eltern und Eltern nicht wegen ihrer Kinder bestraft werden": 5 Mose,
24.16; bzw. "Jeder Mensch ist für seine Vergehen verantwortlich, nicht für die Fehltritte anderer":
Ezechiel 18.20) steht.
Aus diesen Gründen und auch weil das Mamserut-Gebot die Gleichwertigkeit von Proselyten (Baba Metzia 4.10) verletzt, unschuldige Menschen stigmatisiert, wird der Begriff der Mamserut im nichtorthodoxen Judentum strikt abgelehnt.
Gleiches gilt für die verlassene Ehefrau (Aguna, angekettete Frau), deren Ehemann verschwunden ist.
Auch sie kann, weil ohne Scheidungsbrief (mit Rücksicht auf zukünftige Kinder) nicht mehr heiraten,
selbst wenn das Verschwinden des Ehemannes schon Jahrzehnte zurückliegt.
105
110
115
In einer ähnlichen Situation ist auch eine kinderlose Witwe, deren Schwager sich weigert die (demütigende) Zeremonie der Chaliza (die Auslösung von der Verpflichtung zur Schwagerehe (5 Moses
25.5-9) auf sich zu nehmen; auch sie kann (wiederum wegen der Mamserut-Bestimmung) nicht mehr
heiraten.
Eine weitere Benachteiligung für Frauen entsteht aus einem uralten Gesetz, das bestimmten Frauen
verbietet einen Kohen (Nachkomme des Hohepriesters Aaron) zu heiraten.
In längst vergangenen Zeiten wurden Juden nach ihrer Abstammung in drei Gruppen unterteilt: Priester, Leviten und Israeliten. Nach traditioneller Auffassung ist jeder Jude mit dem Nachnamen Kohen /
Kohn / Katz ein Nachfahre der Familie Aarons und daher ein Nachkomme eines Priesters. Da es Priestern - deren Hauptfunktion im Tempel zu Jerusalem die Tieropferung war - verboten war geschiedene
Frauen, Proselytinnen und Prostituierte zu heiraten, gilt die gleiche Bestimmung auch heute noch im
orthodoxen Judentum, ein Verbot das schon oft zu tragischen Situationen führte.
XVIII
Das nichtorthodoxe Judentum stellt sich gegen diese Bestimmung u.a. aus folgenden Gründen:
120
a. Weil es seit bald 2000 Jahren im Judentum keine Priester mehr gibt und ein Abstammunsnachweis
nach so langer Zeit nicht mehr möglich ist (schon im 2. Jahrhundert n.d.Z. war ein Stammbaumnachweis
nicht mehr möglich, selbst Maimonides spricht von "vermeintlichen Priestern")
b. Die Gleichstellung von Geschiedenen und Proselytinnen mit Prostituierten die Würde von Frauen und
Proselyten verletzt
125
c. Das nichtorthodoxe Judentum nicht mehr um den Wiederaufbau des Tempels und der Wiedereinführung der alten Bräuche (wie z.B. Wiedereinführung der Priesterschaft und der Tieropfer) betet
d. Die Priesterkaste (Sadduzäer) im Judentum stets umstritten war, u.a. weil sie die mündliche Thora
(die später als Talmud niedergeschrieben wurde) ablehnten .
Weitere Benachteiligungen:
130
135
140
Im allgemeinen hatten Frauen, in einer von Männern dominierten Welt früher nie die Möglichkeit zu
einem gründlichen Talmud-Torah Studium, geschweige denn zur Ausbildung in geistlichen Berufen (in
diesem Punkt gibt es seit einigen Jahren auch in der orthodoxen Welt langsam aber sicher ein Umdenken).
Die Tatsache, dass Frauen - ebenso wie Minderjährige - nicht direkt vor einem rabbinischen Gericht
als Zeugen aussagen dürfen oder nicht Richterin werden können, ist in einem Jahrhundert, in dem eine
Frau - Golda Meir - schon den Posten eines Ministerpräsidenten in Israel innehatte, für aufgeklärte
Menschen unerträglich, selbst wenn es mancherorts einige Bestrebungen gibt dieses Gesetz zu umgehen, indem man z.B. die rabbinische Versammlung vertagt, um die Aussage der Frau, die dann herein
gerufen wird, später - wenn das Gericht wieder tagt - zu berücksichtigen.
Es blieb und bleibt daher dem nichtorthodoxen Judentum überlassen, unzeitgemäße, überholte, Frauen
und Kinder diskriminierende Gesetze entweder zu ändern oder ganz außer Kraft zu setzen (in dem z.B.
ein nichtorthodoxes Beit Din, kraft seiner Autorität, dann wenn ein Mann die Übergabe eines Scheidungsbriefes an seine Frau verweigert, ein Get der betroffenen Frau direkt aushändigt).
Sowohl im konservativen als auch im progressiven Judentum ist die religiöse und soziale Gleichstellung
der Frau längst erreicht.
145
150
Die Separierung in der Synagoge wurde abgeschafft, Frauen nehmen gleichberechtigt am Gottesdienst
teil und sie bekleiden, ohne jegliche Einschränkung, selbst höchste Ämter - bis hin zur Rabbinerin - im
Rahmen der Gemeinde. Auch im Ehe- und Scheidungsrecht gilt hier die völlige Gleichstellung der Geschlechter.
Während die moderate Orthodoxie immer wieder, wenn auch ohne großen Erfolge, versucht das Los
vieler Frauen (besonders die der Agunot) in einigen kritischen Punkten zu verbessern, ohne dabei die
völlige Gleichstellung der Frau auch nur zu erwägen, betrachtet die Ultraorthodoxie jede Veränderung
des Status quo als Sakrileg.
Dr. Theodor Much (Präsident der Or Chadasch Bewegung für progressives Judentum in Österreich)
Name:_______________
Pessach, Purim, Bar Mitzwa, Schawuot, Sukkot, Rosch haSchana, Chanukka, Bat Mitzwa, Jom Kippur, Brit Mila
Surf bitte nicht auf Seiten, die nichts mit der Aufgabe zu tun
haben!
Ordne die jüdischen Feiertage in den jüdischen Kalender ein (gut
möglich, dass nicht alles zuzuordnen ist).
Feste:
5.
4.
Unten ist eine Liste mit jüdischen Feier- und Feiertagen aufgeführt.
Informiere dich über diese unter folgenden Gesichtspunkten:
a)
Was wird warum gefeiert?
b)
Welche Besonderheiten gibt es, die dir wichtig erscheinen
(z. B. Speisen, Getränke usw.)
Halte deine Ergebnisse schriftlich fest, kein Ausdruck!
Informiere dich im Internet über den jüdischen Kalender und inwiefern er von unserem abweicht.
2.
3.
Bevor du den Raum verlässt, schreibe an die Tafel, wer alles in den
Gruppenraum geht und wann ihr losgegangen seid. Wenn du wieder
da bist, wische die Tafel.
Es dürfen maximal vier Personen die Station 5 bearbeiten.
1.
Arbeitsaufträge
Für diese Aufgabe musst du im Internet recherchieren. Dafür kannst du
die Internet - PCs im Gruppenraum neben der Bücherei nutzen.
Jüdische Feste und Feiertage
Station 5
Zeit: 30 min
Quelle: DVD - Judentum: Das Volk Israel und sein Glaube; Arbeitsmaterialien
Lösung zu Aufgabe 2 und 4:
XIX
Die Einsetzung von Jom Kippur wird im 16. Kapitel von Levitikus beschrieben (siehe auch Exodus 30, 10; Levitikus 23, 27-31 und 25, 9; Numeri 29,
7-11). Er wird als feierlicher Fasttag beschrieben, an dem jede Arbeit
verboten ist. Im Jerusalemer Tempel wurden an diesem Tag Opfer darge-
In der Thora wird dieser Tag auch Tag des Schofars genannt. (Lev.
23,23-25)
Rund um das jüdische Neujahrsfest gibt es eine Reihe von Sitten. So ist
es in einem orthodoxen jüdischen Haushalt beispielsweise üblich, an diesem Tag eine Frucht der neuen Saison zu servieren, die von keinem Familienmitglied bis dahin gegessen wurde.
Rosch ha-Schanah und Jom Kippur sind durch das Blasen des Schofars
gekennzeichnet. Ein Schofar ist ein Blasinstrument aus Widderhorn. Am
Nachmittag des ersten Tages gibt es den so genannten Taschlich-Brauch,
nach einem Gebet zur Vergebung von Sünden diese symbolisch durch
Werfen von Steinen oder Brotkrumen ins Wasser abzustreifen. Die Mahlzeiten an Rosch ha-Schanah enthalten oft Früchte und Honig, um ein "süßes neues Jahr" zu symbolisieren.
An Rosch ha-Schanah beginnen die zehn Yamim Noraim (Hebräisch
"furchtbare Tage"), die mit dem Versöhnungsfest Jom Kippur enden. Die
rabbinische Literatur beschreibt diesen Tag als einen Tag des Gerichts.
Einige Beschreibungen schildern Gott als auf einem Thron sitzend, wobei
Bücher mit den Taten aller Menschen offen vor ihm liegen.
Rosch ha-Schanah fällt nach dem jüdischen Kalender auf den 1. Tischri,
der nach dem gregorianischen Kalender auf Ende September oder in die
erste Hälfte des Oktober fällt.
Rosch ha-Schanah ist das jüdische Neujahrsfest.
(18.03.2006; 16:52 Uhr)
http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdisches_Fest
Aufgabe 2: Jüdische Feier- und Festtage entnommen aus:
Der Auszug aus Ägypten musste laut Überlieferung (Exodus 12,1-28) so
rasch vollzogen werden, dass zum Säuern und Gärenlassen der Brote keine
Zeit mehr blieb. Daran erinnernd, darf während des Sederabends, des
Pessach gehört neben Schawuot, dem Wochenfest, und Sukkot, dem
Laubhüttenfest, zu den drei Wallfahrtsfesten des Judentums, die zur
Zeit des ersten bzw. zweiten Tempel mit einer Pilgerfahrt nach
Jerusalem und Opfern im Tempel begangen wurden.
Das Fest beginnt am 15. Nisan. Das Fest dauert sieben Tage, in der
Diaspora bei orthodoxen Juden acht Tage.
Das Pessach ist das Fest der Erinnerung an Israels Auszug aus Ägypten,
also an die Befreiung der Israeliten aus der dortigen Sklaverei, mit der
ihre Geschichte als "Volk Gottes" begann. Das hebräische Wort "Pessach"
bedeutet wörtlich "Vorübergang", "Verschonung" und erinnert an die
biblische Erzählung vom göttlichen Schlag gegen die ägyptischen männlichen Erstgeborenen, von dem die Hebräer ausgenommen waren.
Jom Kippur ist der Abschluss der zehn Tage der Reue und Umkehr, die am
Neujahrstag Rosch ha-Schanah beginnen. Zwar ist reuevolles Gebet zu
allen Zeiten möglich, gilt aber an diesem Tag als besonders wirkungsvoll.
Der Gottesdienst beginnt mit dem Gebet "Kol Nidre", das vor Sonnenuntergang gelesen wird. Kol Nidre, aramäisch für "Alle Gelübde", ist eine
öffentliche Aufhebung aller Gelübde, die im folgenden Jahr eingegangen
werden.
Jom Kippur gilt als heiligster und feierlichster Tag des jüdischen Jahres.
Der Schwerpunkt liegt auf Reue und Versöhnung. Essen, Trinken, Baden,
Körperpflege, das Tragen von Leder (einschließlich Lederschuhen) und
sexuelle Beziehungen sind an diesem Tag verboten. Das Fasten - der gänzliche Verzicht auf Essen und Trinken - beginnt kurz vor Sonnenuntergang
und endet am folgenden Tag nach Einbruch der Nacht.
bracht. Zu dieser Zeit war Jom Kippur der einzige Tag, an dem der
Hohepriester das Allerheiligste im Tempel betreten durfte, um stellvertretend für das Volk die Vergebung der Sünden zu empfangen.
XX
Das Bauen der Laubhütte gilt als Erinnerung daran, dass wir Menschen in
der Welt uns auf Materielles wenig verlassen können, weil wir es vielleicht
bald verlieren werden. Vielleicht müssen wir bald sogar unser Haus und
unseren Wohnort verlassen. Gott hingegen können wir unbedingt vertrauen; er ist unvergänglich.
Sukkot gilt als das größte Freudenfest des jüdischen Jahres. Der Name
stammt von folgendem Brauch: In Erinnerung an die Wüstenwanderung
bauen Juden aus Ästen, Blättern und Stoffplanen zu diesem Fest eine
Laubhütte - im Garten, auf dem Hof oder auch auf dem Balkon. Im Falle
von Hochhaussiedlungen wird meist eine gemeinsame Hütte für alle dort
lebenden jüdischen Familien im Hof aufgestellt. In dieser Hütte werden
die Mahlzeiten abgehalten, es wird gefeiert und evtl. werden auch jüdische Texte gelesen. Falls das Klima es zulässt, kann in dieser Laubhütte
auch übernachtet werden. Gänzlich gesichert ist die Herkunft dieses Festes aber nicht - möglicherweise entspringt es auch einem Fest zur Weinlese in Palästina.
Sukkot, das Laubhüttenfest, ist ein jüdisches Pilgerfest bzw. Wallfahrtsfest. Es wird im Herbst acht (in der Diaspora) oder sieben Tage lang (in
Israel) gefeiert - vom 15. bis 22./21. Tischri des Jüdischen Kalenders. Im
3. Buch Mose, Kapitel 23, finden sich die entsprechenden biblischen Anweisungen.
Das Pessach wird im Familienkreis gefeiert. Am Sederabend, dem Auftakt
des Festes, wird der Tisch mit Speisen von symbolischer Bedeutung gedeckt. Der Familienvater liest die Haggada, die mündliche Erzählung der
biblischen Exodusgeschichte. Damit gedenkt die Familie (oder Gemeinde)
des Auszugs Israels aus Ägypten. Dies geschieht in einem besonderen,
traditionellen Ablauf.
"Allerart Säuerndes sollt ihr nicht essen, Fladen sollt ihr essen in all euren Siedlungen", heißt es in der Tora (Exodus 12,20).
ersten Abends des Pessach, nichts Gesäuertes verzehrt werden noch sich
im Haus befinden oder sonst, etwa zur Viehfütterung, genutzt werden.
Das Wochenfest wird jeweils am 6. Siwan gefeiert und bildet den Abschluss der Frühlingsfeste, zu denen Pessach und das Omer-Zählen gehören. Lesungen des Buches Rut und die Zehn Gebote stehen im Mittelpunkt
des Gottesdienstes. Die Synagoge wird geschmückt, denn an diesem Tag
symbolisiert sie den Sinai. Traditionell werden Milchprodukte gegessen,
da die Tora mit Milch verglichen wird, die das Volk Israel wie ein unschuldiges Kind begierig trinkt. Viele Gläubige studieren die Nacht hindurch in
der Synagoge die Tora.
Das Schawuotfest hat mehrere Bedeutungen. So erinnern sich die Juden
damit an den Empfang der Zehn Gebote am Berg Sinai. Es ist außerdem
ein Erntedankfest, da zu dieser Zeit in Israel Weizen geerntet wird.
Schawuot (hebr. für "Wochen", Einzahl schawua "Woche") ist das
jüdische Wochenfest, das sieben Wochen, also fünfzig Tage nach dem
Pessachfest gefeiert wird.
Im Mittelpunkt steht das Verkleiden mit bunten Trachten und das Veranstalten von Umzügen. Die Stimmung ist ausgelassen. Es werden Geschenke
ausgetauscht und große Mengen (vor allem süßer) Festspeisen - wie beispielsweise mit Mohn, Nüssen oder Schokolade gefüllte Hamantaschen
oder Nunt - der Jüdischen Küche verzehrt.
Purim ist ein Fest, das an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora erinnert. Nach dem Buch Ester,
versuchte Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs,
die gesamten Juden im Perserreich auszurotten, wobei Ester die Errettung herbei führt mit Fasten und Gebet. In der Synagoge wird aus diesem
Anlass ein Gottesdienst gefeiert, bei dem alles nicht sehr ernst zugeht;
der ganze Ablauf zielt auf Freude. Dabei wird auch die Festrolle des
Buches Ester vorgelesen. Immer wenn der Name Haman fällt, darf so viel
Krach wie möglich mit Tuten und Rasseln gemacht werden. Dies beruht auf
dem Befehl Gottes, den Namen Amaleks zu löschen, nachdem Amalek Israel auf dem Weg zum versprochenen Land behindert hat. Sein Name
wurde zum Symbol der Judenfeindschaft für alle Zeiten.
Das jüdische Purimfest (‫ )םירופ‬wird am 14. (bzw. 15. außerhalb von Israel)
des Monats Adar (Februar/März) des Jüdischen Kalenders gefeiert.
XXI
Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem im jüdischen Jahr 3597 (164 v. Chr.) nach dem erfolgreichen Makkabäeraufstand der Juden Palästinas gegen hellenisierte Juden und makedonische Syrer, wie er im Ersten Buch der Makkabäer und
Nach liberalerer Auffassung kann auch jemand als Jude anerkannt werden, der gar nicht beschnitten ist oder bei dem einfach durch einen Arzt
die Vorhaut entfernt wurde. Entscheidend für die jüdische Identität ist
meist die Abstammung von einer jüdischen Mutter. Dennoch ist die Beschneidung bis heute im Judentum außerordentlich verbreitet.
Die Brit Mila findet am achten Lebenstag des Knaben statt. Falls der
Säugling schwach oder kränklich ist, wird sie verschoben. Es sollte beachtet werden, dass auch ein Säugling bereits ein Schmerzempfinden hat.
Zumindest eine örtliche Betäubung ist bei Säuglingen bei der Beschneidung deshalb dringend anzuraten.
In der jüdischen Geschichte war die Brit Mila einer der jüdischen Bräuche, die am stärksten verfolgt wurden. Unter nichtjüdischer Herrschaft
stand auf das Beschneiden von Knaben oft die Todesstrafe, u.a. weil sie in
der antijüdischen Polemik mit Kastration gleichgesetzt wurde. Dies war
eine der Methoden, jüdisches Brauchtum zu unterdrücken in der Hoffnung, dass die Juden dann die Weltanschauung ihrer Umwelt, d. h. der
Römer, der Christen oder des Kommunismus annehmen würden. Auch unter
dem Sowjetregime wurden die meisten jüdischen Knaben aus diesen Gründen nicht beschnitten.
Brit Mila (auch: Berit Mila, Mila; hebräisch Berith: Bund, Mila: Beschneidung) ist die partielle Entfernung der Vorhaut des männlichen Glieds (siehe Zirkumzision). Im Judentum als Eintritt in den Bund mit Gott angesehen. Diesen Bund ging Gott nach jüdischer Überlieferung mit Abraham
(und seiner Familie) ein; daher auch als abrahamitischer Bund bezeichnet.
Da die Herabkunft des Geistes auf die Jünger Jesu laut der biblischen
Apostelgeschichte am jüdischen Wochenfest geschah, wurde im
Christentum Schawuot zum Pfingstfest.
In Israel und in anderen Ländern ist eine Bar Mizwa ein großes Familienfest, woran oft mehrere hundert Gäste teilnehmen. Der Junge steht dabei ganz im Mittelpunkt, ganz ähnlich einer Braut bei ihrer Hochzeit.
Das Kind wird an der Bar Mizwa erstmals voll in den Gottesdienst mit einbezogen. Zuvor wird auch geprüft, ob die Bedingungen für eine Aufnahme
gegeben sind. Voraussetzungen sind u.a. Kenntnisse der jüdischen Religion.
Der mit "Sohn des Gesetzes" bzw. "Sohn des Gebotes" übersetzte Begriff deutet die religiöse Mündigkeit des Kindes an. Bar Mizwa, religionsmündig, wird ein Jude automatisch an seinem dreizehnten Geburtstag. Im
allgemeinen wird die Aufnahme am Schabbat (hebräisch für Samstag,
Ruhetag) nach dem 13. Geburtstag gefeiert. Mädchen werden mit dem 12.
Geburtstag Bath Mitzwa ("Tochter des Gebots"), was ebenfalls mit einer
Feier begangen wird. Im orthodoxen (strenggläubigen) Judentum ist diese
Feier kleiner als bei Jungen, in liberalen und teilweise auch in konservativen Gemeinden werden auch Frauen zum Lesen aus der Thora angehalten.
Dies ist die Bezeichnung einerseits für den religionsmündigen jüdischen
Jugendlichen, andererseits für den Tag, an dem er diese Religionsmündigkeit erwirbt, und die oft damit verbundene Feier. Bei diesem Ritus
wird der Junge in die Gemeinde aufgenommen.
Baraa Mizwa (aramäisch: Sohn des Gebots, siehe Mitzwa) auch Bar
Mitzwa oder Bar Mizwah geschrieben, ist ein jüdischer Passageritus.
Laut einer talmudischen Lehre hat sich Öl für nur einen Tag gefunden;
durch ein Wunder hat das Licht jedoch acht Tage gebrannt, bis neues
geweihtes Öl hergestellt worden war. Daran erinnern die acht Arme des
Chanukka-Leuchters. Jeden Tag wird eine Kerze mehr angezündet, bis am
Ende alle acht Kerzen leuchten.
auch im Talmud überliefert ist. Die Makkabäer besiegten das Seleukidenreich, beseitigten den im jüdischen Tempel errichteten heidnischen Altar
und führten den jüdischen Tempeldienst wieder ein.
XXII
Ist das koscher?
Name:_______________
2.
1.
3. Mose, 11; 5 Mose 12,23; 1. Mose 9,4;
3. Mose 17,13; 3. Mose 3, 16-17;
2. Mose 23,19; 2. Mose 34,26;
5. Mose, 3-21
Hinweis aus dem Talmud:
Wenn man z.B. als Hauptgericht Fleisch gegessen hat, so
muss man warten, bis das Fleisch verdaut ist (in der Regel
6 Stunden), bevor man eine Milchspeise zu sich nehmen
darf, oder man benutzt Sojamilch als Ersatz. Die Milchspeisen sind nach einer halben Stunde verdaut. Selbst die
Töpfe, Geschirr (außer Glas, das gilt als neutral), Besteck,
Tisch und Küchentücher werden für "Milchiges" und "Fleischiges" getrennt.
Textstellen:
Stell dir, vor du würdest Besuch von jüdischen Freunden bekommen.
Stell ein Essen (Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise) zusammen, das die jüdischen Regeln und den nachfolgenden Hinweis beachtet.
Schlag die folgenden Textstellen in der Bibel nach und formuliere
Regeln, was Juden essen dürfen und was sie beachten müssen.
Aufgabe
Juden leben nach bestimmten Regeln, sie dürfen nicht alles essen und
trinken. Was die Juden essen dürfen und was nicht steht, in der Tora und
somit auch in unserer Bibel.
Station 6
Zeit: 20 min
gemeinsam verspeisen
Juden dürfen Fleisch nicht mit Milchprodukten
vollkommen ausgeblutet sind.
nach jüdischen Vorschriften geschlachtet und
Juden dürfen nur Fleisch von Tieren essen, die
welche Flossen und Schuppen haben.
Juden dürfen nur Tiere aus dem Meer essen,
wiederkäuenden Spalthufern stammt.
Juden dürfen nur Fleisch essen, welches von
Die Menüerstellung war individuell zu lösen.
4.
3.
2.
1.
Mögliche Formulierungen:
XXIII
4.
3.
Welche Bedeutung hat der Sabbat für die Familie?
Notiert euch zu den einzelnen Sequenzen, was/warum
zum/am Sabbat gemacht (oder nicht gemacht) wird!
Verabschiedung des Sabbat (1 min)
Sabbat Morgengottesdienst (5 min)
Feier des Sabbat in der Familie (3 min)
Gottesdienst am Vorabend des Sabbat (4 min)
Spiel auf der DVD nur die folgenden Sequenzen ab:
2.
a.
b.
c.
d.
Beim Abspielen der DVD achtet auf die Lautstärke!
Arbeitsaufträge
Sabbat
Name:______________
1.
Station 7
Zeit: 25 min
Am Samstagmorgen werden die Eltern beim Besuch des Gottesdienstes in eine Synagoge in Berlin begleitet, die nach dem Krieg
teilweise wieder aufgebaut wurde. Der Ablauf des Gottesdienstes,
der unter Beteiligung einer Vorbeterin und eines Rabbiners stattfindet, wird vorgestellt. Höhepunkt ist die gemeinsame Lesung eines Abschnittes aus der festlich geschmückten Torarolle, die aus
dem Toraschrein geholt und durch die Synagoge zum Lesepult getragen wird. Der Nachmittag dient der Entspannung und der Erholung. Alle Arbeiten müssen an diesem Tag ruhen. Am Abend findet
die Verabschiedung des Sabbats in der Familie statt und alle wünschen sich eine gute Woche.
Der Film begleitet eine jüdische Familie in Berlin bei der Feier des
Sabbats. Während die Mutter noch weitere Vorbereitungen für die
abendliche Feier trifft, besuchen der Vater und die drei Kinder
(Jonas, Micol und Arne) den Gottesdienst in der Synagoge in der
Oranienburger Straße. Der Film zeigt den Ablauf des kurzen Gottesdienstes, der von einem Vorbeter (Kantor) und einem Rabbiner
(Lehrer) geleitet wird und die Besucher auf das Fest einstimmt.
Während des Gottesdienstes wird in deutscher und in hebräischer
Sprache gebetet, gesungen und gesprochen. Wieder zu Hause wird
der Ablauf der Feier mit ihren festlichen Handlungen, den Segenssprüchen, den Gebeten und dem gemeinsamen Essen gezeigt, bis die
Kinder, müde und erfüllt von dem freudigen Geschehen, in ihr Bett
sinken.
Sabbat
Als Lösung hier die Inhaltsangabe der DVD Judentum.
Das Volk Israel und sein Glaube
XXIV
Am siebten Tag heißt es, kommt die Königin Schabbat zu Besuch.
Feierlich wird diese Königin im Freitagabendgottesdienst empfangen. In phantasievollen Bildern wird ausgedrückt, wie eng die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk Israel ist. Nach der Rückkehr begrüßt man sich in der Familie auf jiddisch: "Gut Schabbes!"
oder hebräisch: "Schabbat Schalom". Es ist eine alte Sitte, dass
Menschen, die allein, arm oder auf Reisen sind, von der Synagoge
Da nach jüdischer Vorstellung ein Tag bereits am vorhergehenden
Abend beginnt, müssen bis zum Freitagabend alle Vorbereitungen
für die Sabbatfeier abgeschlossen sein; die Wohnung wird sauber
gemacht, festlich hergerichtet, die Mahlzeiten werden auch für
den nächsten Tag schon gekocht und der Tisch schön gedeckt.
Während die Hausfrau die letzten Festvorbereitungen trifft, gehen die anderen Familienmitglieder in die Synagoge.
Der Sabbat (hebr. Schabbat = Ruhe) wird von den Juden als ein
Freudentag (Oneg Schabbat), ein Tag der Heiligung, der Ruhe, der
Erneuerung und als Höhepunkt der Woche empfunden. Sein Ursprung wird aus der Schrift begründet (Gen 2,2f, Ex 20,8), wonach
Gott am siebten Tag der Woche ruhte, nachdem er sein Schöpfungswerk vollendet hatte. An diesem Tag soll auch der Mensch zur
Ruhe kommen und nicht arbeiten. Er soll innehalten und die Schöpfung und damit auch sich selbst dem Schöpfer überlassen. Dieses
Recht auf Ruhe und Erholung wird sehr umfassend verstanden und
gilt für Mensch und Natur in gleicher Weise. Der Mensch soll dies
als Geschenk annehmen, durch das er in besonderer Weise die Fürsorge Gottes erfährt und, gelöst vom Zwang des Arbeitsdruckes,
sich seiner Freiheit und Würde bewusst werden darf. Eine spätere
Erklärung interpretiert ihn als Tag des Gedenkens an die Befreiung
Israels aus der ägyptischen Sklaverei (Dtn 5,14f). Nach Ex 31,1217 ist der Sabbat Zeichen des Bundes zwischen Gott und Israel.
Ergänzende Informationen
Den Segensspruch spricht sie hebräisch. Anschließend öffnet sie
die Augen und breitet die Hände aus, um das Sabbatlicht symbolisch in den Raum zu verteilen. Bevor das Essen aufgetragen wird,
wird der Kiddusch (hebr. Heiligung) über Brot und Wein gesprochen
zum Gedenken an die Schöpfung, den Auszugs aus Ägypten, die Erwählung Israels und den geheiligten und gesegneten Sabbat. Vor
dem Vater liegen auf einem Tablett, noch mit einem Ziertuch verhüllt, zwei Sabbatbrote. Diese länglich geflochtenen Weißbrote,
Challot genannt, symbolisieren die doppelte Portion Manna, die Israel in der Wüste am sechsten Tag der Woche erhielt (Ex 16,5).
Das reich geschmückte Tuch erinnert an den Tau, der das Manna
bedeckte. Neben den Broten steht der silberne Kiddusch-Becher.
Nach dem Sabbatlied, mit dem die Boten des Friedens, die Sabbatengel, begrüßt werden, singt der Vater das "Lob der tüchtigen
Hausfrau" (Sprüche 31,10-31). Danach zitiert er die Schlusssätze
der Schöpfungsgeschichte (Gen 2,1-3) und erhebt schließlich den
gefüllten Kidduschbecher, um den Weinsegen zu sprechen: "Gelobt
seist du, Herr, unser Gott, König der Welt, der du die Frucht des
Weinstocks erschaffst. In deiner Liebe hast du uns den heiligen
aus mit nach Hause genommen werden. Zu Hause gehört es oft zu
den ersten Handlungen des Vaters, die Kinder zu segnen, die Söhne
mit dem Segen Jakobs (Gen 48,20), die Töchter mit dem aaronitischen Segen (Num 6,24ff). Familie und Gäste nehmen am festlich
gedeckten Sabbattisch Platz. Zu den Aufgaben der Mutter gehört
es, die Sabbatlichter zu entzünden (zwei Sabbatkerzen auf zwei
Sabbatleuchtern - sachor = "gedenke" und schamor = "hüte" - als
ein Symbol für die zweimalige Verkündigung der 10 Gebote in der
Tora). Im Film übernimmt die Tochter dies und spricht danach den
Segen über die Lichter: "Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König
der Welt, der uns mit seinen Geboten geheiligt hat und uns befohlen hat, das Sabbatlicht anzuzünden". Dabei hält sie die Hände vor
die geschlossenen Augen.
XXV
Wenn die ersten drei Sterne am Himmel erscheinen, ist der Sabbat
vollendet. Man feiert die Hawdala (= die Unterscheidung) zwischen
Sabbat und Werktag. Nach einem Lobspruch und den Abendgebe-
Am Sabbattag finden morgens und abends Gottesdienste statt, bei
denen Frauen und Männer in manchen Synagogen getrennt sitzen.
Der Sabbatgottesdienst unterscheidet sich von den Werktagsgottesdiensten durch seine kunstvolle, musische Gestaltung ebenso wie
durch die Zeremonie, in der die Tora aus dem Toraschrein gehoben
wird. In feierlichem Zug geht der Vorbeter zum Lesepult, entkleidet die Torarolle von ihrem Umhang und legt sie ausgerollt auf das
Pult. Danach erfolgt die Lesung des Toraabschnittes für den jeweiligen Sabbat, zu der acht Personen aufgerufen werden. Im Lauf
des Jahres wird so die gesamte Tora vorgelesen. Am Ende der
Sabbatlesung wird die Torarolle wieder eingehüllt und unter feierlichen Gesängen des Vorbeters in die Lade gehoben. Abschließend
folgt eine Lesung aus den Prophetenbüchern, die in Beziehung zum
Inhalt des Toraabschnittes steht.
Sabbat zum Erbe gegeben, zum Gedenken an das Werk des Anfangs. Denn dies ist der Tag, an dem du begonnen hast, deine Gemeinde zusammenzurufen, eine Erinnerung an den Auszug aus Ägypten". Nachdem alle aus dem Kidduschbecher getrunken haben
und der Vater sich die Hände gewaschen hat, wird das Tuch von
den Sabbatbroten genommen. Der Vater spricht über den Challot
den Brotsegen: -"Gepriesen seist du, Ewiger, unser Gott, König der
Welt, der hervorbringt Brot aus der Erde". Dann bricht er für jeden Tischgast ein Stück ab, bestreut es mit Salz - das Salz ist das
Symbol des für immer geltenden Bundes (Num 18,19) – und reicht
es jedem Einzelnen. Vor dem Tischgebet werden oft Lieder gesungen, die Semirot sowie Psalm 126. Damit ist das Ritual abgeschlossen, das Tischgebet wird gesprochen und eine fröhlich ausgelassene Mahlzeit beginnt.
1
FWU Schule und Unterricht : Judentum. Das Volk Israel und sein Glaube
ten (Sch'ma = Höre Israel ... und dem Schemona Esre = Achtzehngebet) atmen alle das Aroma des scheidenden Sabbats aus einer
Bessamimbüchse ein, einem Gewürzbehälter, der mit duftenden
Kräutern (z.B. Zimt und Nelken) gefüllt ist. Der Wohlgeruch der
Gewürze soll sich mit der Erinnerung an den Sabbat verbinden und
über sein Ende hinwegtrösten. Schließlich wird die dünngeflochtene
Hawdala-Kerze angezündet. Ein Becher wird randvoll mit Wein gefüllt: "So übervoll möge Gott uns das Maß des Guten für die beginnende Woche bemessen". Die brennende Kerze wird dann mit dem
Wein gelöscht. Jetzt beginnt die Woche und man wünscht einander: "Eine gute Woche und ein gutes Jahr". 1
XXVI
Klezmermusik wurde zu einer Weltsprache der Seele.
Klezmermusik wurde von allen Kulturen der Welt beeinflusst und sie hat
alle Kulturen der Welt beeinflusst. Die Ausprägungen reichen von den
traditionellen Formen bis zur musikalischen Verbindung mit Jazz, Rock
und anderen Musikrichtungen.
Klezmer – Musik ist Musik, die tanzt, singt, die Freude und Trauer des
Lebens zum Ausdruck bringt. Eine Musik, so fruchtbar und vielfältig wie
die osteuropäische jiddische Kultur, aus der sie entstanden ist. Sie ist ein
Spiegel, der den Einfluss rumänischer, ukrainischer, polnischer, russischer, ungarischer, griechischer und türkischer Kultur auf die jüdische
Lebenswelt wiedererkennen lässt.
Das Wort Klezmer ist entstanden aus den aramäischen Wortstämmen
"Kli" und "Zemer" und bedeutet ursprünglich „der Mensch macht sich zum
Überbringer des Liedes“. Heute bezeichnet Klezmer einen Musikstil und
den Musiker, der diese Musik macht. Klezmer ist im Ursprung die Musik
(ost-)europäischer Juden, dargeboten auf Festen aller Art von umherziehenden Musikern, den Klezmorim.
Neben der Musik des Gottesdienstes spielt jedoch noch ein weiterer Musikstil im Judentum eine wichtige Rolle: Die Klezmer – Musik (sprich:
„Klessmer“).
Infos zur Musik:
1. Schaltet den CD Player ein und lauscht der Musik!
2. Es gilt auch hier: Achtet auf die Lautstärke!!!
An dieser Station sollt ihr verweilen und euch entspannen
wenn alle Stationen, die ihr noch nicht bearbeitet habt, gerade besetzt sind, ihr alle Stationen schon bearbeitet habt
oder ganz einfach Entspannung benötigt.
Entspannung
Anhang zur Arbeitsphase: Info- und Erste Hilfestation
Geht sorgsam mit den Büchern um und
nutzt das Internet ausschließlich für
Zwecke, die unmittelbar mit der heutigen Arbeit zu tun haben!!!
An dieser Station dürft ihr in den
Büchern nachschlagen, stöbern, lesen
und den PC zur kurzen Internetrecherche nutzen.
Info- und
Erste-Hilfestation
fachbeitrag: theologische probleme des projekts
„weltethos“ von hans küng aus
evangelischer sicht
christof gestrich
Hans Küng arbeitet seit gut 15 Jahren an der Konsolidierung eines kulturenübergreifenden Weltethos, das die
großen Religionen gemeinsam vertreten können. „Keine
Weltordnung ohne Weltethos“, lautet seine kürzeste
These.1 Dieses Anliegen wird rund um die Erde inzwischen gut verstanden und mit Hoffnungen aufgenommen
als das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt. Küngs
Projekt will der Stabilisierung des Welt- und Religionsfriedens dienen. Es nimmt die Religionen auch in Pflicht,
dass sie ihre Kräfte zur Verteidigung der Menschenwürde
zusammenlegen. Denn den heutigen Kulturen droht Entwurzelung und Streit untereinander, und der ganzen Erde
stehen im gegenwärtigen Prozess der wirtschaftlichen
und geistigen Globalisierung unkalkulierbare Risiken,
Verelendung und schiere Destruktion ins Haus. Gerade
diese Globalisierung nötigt auch die Weltreligionen zum
Dialog.
Verteidigt werden soll (wenn wir Küngs zahlreiche
Zusammenstellungen kurz zusammenfassen dürfen) 1) die
unveräußerliche Freiheit des Menschen bzw. die Würde
und Unverfügbarkeit der Person. Sodann 2) die prinzipielle Gleichheit der Menschen nicht nur vor dem Gesetz,
sondern auch in Ansehung des männlichen und des
weiblichen Geschlechts und bei den Zugangsbedingungen
zu den Ausbildungsmöglichkeiten und zu den Positionen.
Weiter geht es 3) um die notwendige Solidarität der Menschen untereinander. Schließlich geht es 4) um den Kampf
gegen die Armut und um wirtschaftliche Gerechtigkeit.
Seit mehr als 2000 Jahren ist in den bekanntesten Religionen ein solches Ethos vorhanden. Die Erklärung der
Menschenrechte in der Neuzeit steht natürlich ebenfalls
dahinter. Und die hat auch philosophische und religionskritische Komponenten. Aber es lässt sich zeigen, dass
sich die großen Religionen durch diese Erklärung der
Menschenrechte an ihr eigenes Grundethos erinnert fühlen mussten. Folgen sie ihm, stellen sie es wirklich auf
den Leuchter, so hat dies den unschätzbaren Vorteil, dass
sie auch über Kraftquellen für die praktische Umsetzung
des ethisch Geforderten verfügen, an die keine Philosophie andocken kann. Diese Erwägung ist in Küngs Projekt
Weltethos nicht unwesentlich.2
1
2
Vgl. zum Ganzen vor allem: Hans Küng, Projekt Weltethos, München 1990 (seither in mehreren Neuauflagen).
Vgl. Hans Küng, Wozu Weltethos? Religion und Ethik in Zeiten
der Globalisierung. Im Gespräch mit Jürgen Hoeren, Freiburg
2002.
44
Nun sind mir auch theologische Bedenken gegen das
Weltethosprogramm bekannt. Es wurde auf die irreale
Phantastik des Versuchs hingewiesen, die Weltreligionen
zusammenzuführen und zu vereinheitlichen. Es wurde
auch kritisiert, Küng nehme die ethische Pluralität in
der heutigen Welt nicht ernst genug. Er reduziere ihre
Vorlagen, um zu gemeinsamen ethischen Sätzen hinzugelangen.3 Ferner wurde Küng vorgehalten, sein Programm
‚funktionalisiere’ Gott für gesellschaftlich benötigte
moralische Haltungen. Gott werde in Küngs Projekt nach
der Weise einer ‚natürlichen Theologie’ auf ein Prinzip
reduziert (unser aller „Grund“ und „Ziel“ usw.). Das gehe
nicht nur an der christlichen Theologie ganz vorbei, es
könne auch praktisch nicht funktionieren – oder es führe
zu autoritären Erzwingungen und Gesetzlichkeiten.4
Nun kann man die Frage, ob Küngs Programm gut
funktionieren könne, kaum vorentscheiden mit an
Schreibtischen verfassten theoretischen Erwägungen.
Küng hat inzwischen eine Menge religiöser und politischer leader mobilisieren können. Es handelt sich beim
Ganzen wirklich weniger um Theoriefragen, über die man
geteilter Meinung sein kann, sondern um das Anpacken
ethischer Aufgaben und Ziele, über deren Dringlichkeit
man überhaupt nicht geteilter Meinung sein kann. Die
Wissenschaftler sollten daher ihre unterschiedlichen
Kompetenzen m.E. in der Weise auf die Küngschen Vorschläge richten, dass sie solche Punkte ansprechen, die
vielleicht noch nicht ausdrücklich genug berücksichtigt
sind. In dieser Weise möchte auch ich jetzt ein konstruktives Bedenken vorbringen.
Zunächst: Ich teile Hans Küngs Meinung, dass auch
und gerade die Religionen dafür in Pflicht genommen werden müssen, um mit ihren Potentialen zum Frieden beizu3
4
So zusammengefasst die Kritik von: Wolfgang Huber, Ohne
Konflikt kein Heil. Der ethische Konsens muss in der Vielfalt religiöser Überzeugungen verankert sein – nicht in einer Einheitsmoral. Kritik an Hans Küngs“Projekt Weltethos“. In: Publik-Forum,
22. Jg., Nr. 5 (1993), 18-20. – Vgl. auch die Antikritik: KarlJosef Kuschel, Die große Chance der Religionen. Niemand will
eine „Einheitsmoral“, auch Hans Küng nicht. Eine Erwiderung
auf Wolfgang Hubers Kritik an „Projekt Weltethos“. In: PublikForum, 22. Jg. Nr.8 (1993), 20-22.
So zusammengefasst: Michael Welker, Gutgemeint –aber ein
Fehlschlag. Hans Küngs „Projekt Weltethos“. In: Evangelische
Kommentare, 26.Jg.,Heft 6 (1993),354-356. - Vgl. die Replik
von Hans Küng, Nicht gutgemeint - deshalb ein Fehlschlag. Zu
Michael Welkers Reaktion auf „Projekt Weltethos“. In: Evangelische Kommentare , 26.Jg. Heft 8, 1993, 486-489.
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tragen. In unserer Epoche, die das Weltethos immer mehr
als eine rein philosophische Aufgabe betrachtet, kann das
tatsächliche ethische Gewicht der Religionen gar nicht
genug betont werden. Auch muss die Verpflichtung, zum
Frieden beizutragen, heute mindestens dem Christentum
nicht mehr zweimal gesagt werden. Es weiß, dass sein
Stifter es gerade auf dieses Ziel verpflichtet hat, und
dass die Kirchen manches wieder gut zu machen haben,
was sie der Welt in der Vergangenheit hier auch schuldig
geblieben sind. – Dass freilich die anderen Weltreligionen
dies heute für sich ganz genau so sehen, ist mir erst einmal weniger gewiss.
Unbeschadet der von Hans Küng eindrucksvoll herausgestellten vier großen gemeinsamen humanitären Zielsetzungen in den Weltreligionen, hat es die ganze Welt in den
zurückliegenden Zeiten beobachten können, dass es auch
im Wesen dieser Religionen liegt, etwa aus Intoleranz
heraus ein unmenschliches Gewaltpotential zu entfesseln. Keineswegs sind die Weltreligionen an dieser Stelle
immer nur von außen – etwa von politischen Ideologien
oder Gewalthabern her – hierfür instrumentalisiert worden. Es konnte auch aus innersten Absolutheitsgefühlen
dieser Religionen heraus zu gewalttätigen Intoleranzen
kommen. Beim Christentum pflegt man z.B. an die Kreuzzüge zu erinnern. Nun sind die zum Glück lange her. Es ist
aber auch ein Glück gewesen, dass die von Theologie und
Kirchen erst so gefürchtete philosophische Aufklärung
der europäischen Neuzeit in der ihr eigenen rationalen Art
religiöse Toleranz immer mehr erzwang. Diese Aufklärung
war nicht einfach antichristlich, auch in ihr kamen Anteile
des Christentums mit zum Tragen, die zeitweise in den
Kirchen aber nicht oder noch nicht die Heimstatt hatten,
die sie verdienten.
Andererseits sind Hans Küngs Vorschläge zum Weltethos ja dahingehend zu verstehen, dass dennoch heute
alle großen Religionen auf jeden Fall ethisch benötigt
werden. Richtig sieht Küng, dass die säkularen Kräfte
einer im Durchschnitt halbwegs aufgeklärten Vernunft
und Staatlichkeit allein des Bösen in der heutigen Welt
längst nicht Herr werden können. Oft sind Staaten und
Gesellschaften sogar auf modernstem demokratischen
Entwicklungsstand dem Bösen gegenüber blind, weil
es gar nicht in ihre Kategorien passt. Die aufgeklärte
Moderne ist auch längst in ihre eigene innere moralische
Ambivalenz und Dialektik hineingeraten, die sie ihrerseits einst an den Kirchen bemängelte. Auch die säkulare
Moderne brachte mittlerweile Gutes und Böses hervor.
Mein Fazit ist daher – und ich glaube, dies liegt auch
in Hans Küngs Sinn – folgendes: Heute ist das moralische
Kriegsbeil zwischen christlicher Kirche und philosophischer Aufklärung ganz schlicht – zu begraben. Jetzt ist
die Zeit gekommen, bei der beide ihre jeweiligen moralischen Stärken addieren müssen.
Im Weltmaßstab gesehen, stehen die großen christlichen Traditionskirchen heute übrigens durchaus nicht
schwächer denn je da. Sie sind aber alle desto stärker und
brauchbarer, je mehr sie in ein produktives Verhältnis zur
philosophischen Aufklärung gelangt sind.
Und an dieser Stelle begleite ich das Projekt Weltethos nun mit folgenden Fragen und Anregungen. Ich gehe
zwar davon aus, dass die verschiedenen Weltreligionen
die von Hans Küng herausgestellten vier grundlegenden
ethischen Verpflichtungen nach innen tatsächlich lehren,
und dass ihre Führungspersönlichkeiten dies auf interreligiösen Treffen auch bestätigen. Aber es ist m.E. nicht
davon auszugehen, dass alle Weltreligionen in derselben Zeit
leben und heute etwa dasselbe positive Verhältnis etwa zur
aufgeklärten Toleranzforderung gewinnen können. Hier sehe
ich ein Problem, an das man dringlich herangehen muss,
wenn man die Religionen für die Förderung des Weltethos
in Pflicht nehmen will.
Nehmen wir einmal das Beispiel Indonesiens, eines von
uns fernen Landes, in dem der Islam überwiegt. In diesem
Land gibt es auch islamistische Feindbilder gegenüber
den christlichen und buddhistischen Minderheiten. Dahinter mag mehreres stecken. Es könnte sich um nationalistische Gründe handeln; oder um verborgene kulturelle
Komplexe irgendwelcher Art. Auch in Indonesien ist es
in den letzten Jahren nun leider zu islamistischen Terroraktionen gekommen. Man muss jedoch auch dort die
islamische Religion und den Islamismus unterscheiden!
Es gibt drei große islamische Religionsorganisationen in
Indonesien. Nach Terrorvorkommnissen im Jahr 2005 hat
die indonesische Staatsregierung die führenden Geistlichen dieser drei Organisationen zusammengebracht. Die
haben dann ein gemeinsames statement des Inhalts abgegeben, „dass Selbstmordattentäter eine Gefahr für die
traditionell gemässigte Form des Islams im Land darstellen. Terror gegen Unschuldige sei in keiner Weise mit dem
islamischen Glauben vereinbar und sei auch keine Form
des Jihad.“5
Genau dies, dass solches formuliert wird, ist das
Interesse des Weltethosprojekts! Wir müssen aber auch
sehen, dass in der recht vielfältigen islamischen Gesamtstruktur solche klaren Stellungnahmen von oben nicht
immer leicht zu haben sind. Und wie wäre es gewesen,
wenn die Regierung Indonesiens auch gleich christliche
und buddhistische Religionsführer zu dieser Konferenz
eingeladen hätte? Wären die islamischen Geistlichen dann
auch in der Lage gewesen, sich auf die genannte Erklärung zu einigen?
Sicherlich wäre es gut, zunächst in Europa stehende
Netzwerke der islamisch-christlichen Verständigung
einzurichten. Aber jeder sieht, wie schwierig das ist,
wie schnell auch auf islamischer Seite die Befürchtung,
‚belehrt zu werden’, aufkommen muss. Dann funktioniert gar nichts mehr, weil Richtiges, das aktiv vertreten
werden soll, bekanntlich von innen heraus selber gefunden werden muss. Es kann nicht von außen her – und gar
noch von religiösen Konkurrenten - aufgedrängt werden.
Andererseits: Haben wir noch die Zeit übrig, dass auch
die anderen Religionen sich selbst aufklären und einen
ähnlichen Modernisierungs- und Säkularisierungsprozess
durchlaufen wie das Christentum? Oder anders gefragt:
Wenn es unabdingbar ist, dass die Weltreligionen in der
5
NZZ Nr. 271, 19-/20. Nov. 2005, S. 2.
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Ethik zusammenarbeiten: Wird dies zu guten praktischen
Ergebnissen führen, wenn die Religionen Eisenbahnzügen
mit unterschiedlicher Geschwindigkeit in der Weltgeschichte gleichen? Werden sie nicht sich verstehen und
sich doch nicht verstehen? Werden sie nicht formal dasselbe sagen und doch nicht dasselbe meinen?
Wir hier in Europa haben inzwischen zwar zu unserer
Verfügung alle Hermeneutik der Welt, die auch das noch
versteht und damit umgehen kann. Aber wie kommen wir
wirklich voran? Mit Hans Küng sage ich trotz allem: Die
großen Religionen sind im jetzigen Globalisierungszeitalter zu neuen ethischen Anstrengungen herausgefordert.
Aber sie werden von den heutigen Realitäten nicht nur
dazu aufgefordert, an ihre eigenen Leuten jeweils die vier
großen ethischen Verpflichtungen weiterzugeben (was
ja ihrem Selbstverständnis nach ohnehin immer schon
geschieht), sondern sie sind auch verpflichtet, an sich selbst
theologisch zu arbeiten. Das kann nicht nur eine einseitige
Gewohnheit des Christentums bleiben. Einflussreiche
Friedensmächte werden heutige Religionen m.E. alle erst,
wenn sie durch eine gewisse philosophische Aufklärung
hindurchgegangen sind. Ich bin davon überzeugt, dass
jede Religion noch besser zu sich selbst findet oder eigene
Wurzeln entdeckt, wenn sie den aufgeklärten Toleranzgedanken aufnimmt, und dass sie dann auch erst Friedensprozesse voranbringen kann.
Und nun hoffe ich, dass sich das von Hans Küng
gemeinte Projekt Weltethos auf diese Frage einlassen
kann, die darauf zielt, wie den Weltreligionen der keineswegs billig und leicht und schnell zu habende, notwendige Modernisierungsprozess zukommen kann. Ich
kann die Lösungswege leider nicht aufzeigen. Ich sagte
schon, dass es richtig ist, wenn gerade von christlicher
Seite aus das ständige Gespräch mit den geistlichen Leitern der anderen Weltreligionen gesucht wird. Es sind ja
Ängste da, auch Überlegenheits- und Unterlegenheitsgefühle. Aber wir müssen daran arbeiten, durch ein Verhalten der Ehrerbietung und der Solidarität solche Ängste
abzubauen. Möglicherweise ist solches interreligiöse
Fortschritte-Machen heute noch wichtiger als der innerchristliche ökumenische Dialog, in dem wir sowieso ohne
Alternative hängen.
Ich wollte mit meiner Bemerkung den Blick darauf
lenken, dass das Projekt Weltethos noch längst nicht als
eine bloße Addition der moralischen Kräfte der großen
Religionen erreicht werden kann, sondern an innerreligiöse Reifungsprozesse gekoppelt ist, die heutigentags noch
nicht erfolgt sind. Darum heißt ‚zum Projekt Weltethos
beitragen’ zunächst, die weitere Reifung der Weltreligionen selbst fördern. Das ist ein spannender Prozess, und
wenn er gelingt, und wenn dann auch gewisse westliche
Kreise ihre veralteten Vorbehalte gegenüber der Religion
als solcher überwinden und sich deren Kräfte wieder
zunutze machen, dann wird man eines glücklichen Tages
vielleicht von einer ‚zweiten Aufklärung’, die schon seit
langem benötigt ist, sprechen können. Lasst uns auf sie
hoffen! Mehr noch; Lasst uns für sie arbeiten, damit wir
keinen „Kampf der Kulturen“ sehen müssen.
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fachbeitrag: die friedensethik dietrich
bonhoeffers noch aktuell?
betrachtungen anlässlich seines 100. geburtstages
und 60. todestages
reinhold mokrosch
I. Einleitung: Bonhoeffer–Gedenken
und die Aktualität seiner Friedens-Ethik
D. Bonhoeffer, der wohl bekannteste protestantische
Widerstandskämpfer gegen das nationalsozialistische
Regime, wurde am 4. Febr. 1906 in Breslau geboren und
wurde am 9. April 1945, also 4 Wochen vor Kriegsende,
im Konzentrationslager Flossenbürg von den Nazi-Schergen erhängt. Wir haben also weltweit am 4. Februar
dieses Jahres 2006 seines 100. Geburtstages und am 9.
April des vergangenen Jahres 2005 seines 60. Ermordungstages gedacht.
Überall in Deutschland, Polen, USA, Italien, Frankreich, Skandinavien und Korea wurden Symposien für
diesen, wie viele ihn nennen, protestantischen „Heiligen“
und „Märtyrer“ des 20. Jahrhunderts durchgeführt. Der
Name Dietrich Bonhoeffer ist in aller Munde. In Deutschland gibt es keine einzige Stadt, die nicht eine D. Bonhoeffer-Straße, D. Bonhoeffer-Allee, D. Bonhoeffer-Platz und
natürlich D. Bonhoeffer – Kirche, – Schule, – Gemeinde
o.ä. zu verzeichnen hat. Sogar US-Präsident Bush zitiert
öfters D. Bonhoeffer mit den Worten: „Der große deutsche
Widerstandskämpfer D. Bonhoeffer ist unser Vorbild, um
für Demokratie und christliche Werte zu kämpfen!“ Oh
je…!
Neben seinen Gefängnis-Briefen, die seit der Erstauflage 1955 in 36 Sprachen und mehreren Millionen
Exemplaren unter dem Titel „Widerstand und Ergebung“
erschienen sind, ist seine Ethik sein bekanntestes Werk.
Allerdings hat er seine Ethik niemals als Buch geschrieben. Das war 1940 – 1943, als er seine Ethik verfasste,
überhaupt nicht möglich gewesen. Eine oppositionelle
christliche Ethik zu schreiben, wäre damals sofort mit
dem Tod bestraft worden. Denn Mitleid, Nächstenliebe,
Feindesliebe, Solidarität, Versöhnung, Vergebung und erst
recht Frieden waren damals nicht nur verpönt, sondern
verboten. Vielmehr waren unter dem Befehl der Judenvernichtung und der „Ausmerzung des Schwachen“ Töten,
Quälen, Verhungern lassen, Vergasen, Erhängen, Erdrosseln, Denunzieren, Unversöhnlichkeit und vor allem
Krieg als höchste Tugenden angesagt. Schon allein der
Gebrauch des Wortes „Frieden“ hatte verdächtig gemacht.
Wer vom „Frieden“ redete, wurde bei der Gestapo (der
Geheimen Staatspolizei) denunziert und verhaftet.
Deshalb schrieb D. Bonhoeffer seine Überlegungen zur
Ethik nur auf Zetteln. Und diese Zettel musste er überall verstecken. Würden sie gefunden werden, würde das
natürlich sofort zu seiner Verhaftung führen, - das wusste
er. So schrieb er für sich alleine. Niemand, aber auch
wirklich niemand hat zu seinen Lebzeiten auch nur eine
Zeile seiner Ethik gelesen. Er musste ohne jegliche Reaktion schreiben. Erst nach seiner Ermordung sammelte
sein Lebensfreund Eberhardt Bethge alle seine Ethik
– Zettel zusammen, brachte sie in eine bestimmte Reihenfolge und veröffentlichte sie als Buch.
Diese Ethik ist im 20. Jahrhundert viel beachtet und
viel rezipiert worden. Ja, manche Christen richten ihr
ethisches Denken und moralisches Verhalten allein an
dieser Ethik aus. Sie ist, davon bin auch ich überzeugt,
noch heute hoch aktuell. Inwiefern? Ich möchte das zum
Schluss am Beispiel des Friedenstiftens realisieren. Aber
vorher möchte ich fünf Grundsätze Bonhoeffers, auf denen
seine Ethik wie auf fünf Pfeilern aufruht, benennen. Jeder
Grundsatz ist aus einem konkreten Erlebnis erwachsen.
Ich versuche, das darzustellen:
II. Fünf Grundsätze der Friedens-Ethik
D. Bonhoeffers
Der 1. Grundsatz lautet: Die Wirklichkeit ist
friedensfähig, weil Gott sich mit ihr versöhnt hat.
Diesen Grundsatz entfaltete Bonhoeffer nach einem Erlebnis am 14. Juni 1940: Bonhoeffer saß mit seinem Freund
Eberhard Bethge in einem Cafe bei Memel. Plötzlich wurde
die Musik im Radio unterbrochen. Fanfaren ertönen. Sondermeldung: „Deutsche Truppen marschieren in Paris die Champs
Elyssee entlang zum Arc de Triomphe! Der Erzfeind Frankreich wurde besiegt. Die Schmach von Versailles ist gesühnt.
Der Führer wird am 22. Juni die Kapitulationsurkunde Frankreichs entgegennehmen.“ Das ganze Cafe rast. Alle springen
auf die Tische, reißen den Arm zum Hitler-Gruß hoch und
brüllen: „Deutschland, Deutschland, über aaaalllles!“ Bonhoeffer bleibt wie angewurzelt stehen. Bethge reißt ihm den Arm
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hoch und flüstert: „Reiß den Arm hoch und beweg die Lippe!
Es kommen andere Zeiten, in denen wir aus Protest den Arm
unten halten müssen.“
Der 3. Grundsatz lautet: Christliche Friedensstifter
sollen bereit sein, stellvertretend für die Menge der
Schweigenden schuldlos schuldig zu werden.
Ausgerechnet in dieser Situation entschloss Bonhoeffer
sich, eine Ethik zu schreiben, mit dem Grundsatz: Die
Wirklichkeit ist friedensfähig, weil Gott sich mit ihr versöhnt hat. Nichts sah danach aus! Die Wirklichkeit schien
nur kriegsfähig, nicht aber friedensfähig zu sein. Aber
Bonhoeffer war gerade jetzt überzeugt: Gott ist in Jesus
Mensch geworden, hat sich mit der Wirklichkeit versöhnt
und sie damit friedensfähig gemacht. So wie Ackerboden
nach guter Düngung ertragsfähig wird, so auch die Wirklichkeit.
Er wandte sich damit gegen ein idealistisches Denken, das die Wirklichkeit für prinzipiell gut hielt als auch
gegen ein positivistisches Denken, dass sie für prinzipiell
böse hält. Er hielt sie für friedensfähig, d.h. sie muss erst
zum Frieden geführt werden. Wie Kästners Aussage: „Es
gibt nichts Gutes, außer man tut es“.
Hitlers sog. Erfolge im Vernichtungskrieg (10. Mai 1940
Überfall auf Holland; 6. April 1941 Vernichtungsfeldzug
gegen Jugoslawien und Griechenland; 22. Juni 1941 Überfall
auf die Sowjetunion) brachten Bonhoeffer zu diesem Grundsatz.
Der 2. Grundsatz lautet: Christliche Friedenserzieher
sollten Unrecht leiden, so wie Jesus, der Bergprediger,
dazu aufgefordert hat.
Diesen Grundsatz entfaltete Bonhoeffer schon 1935/36
aufgrund folgender Ereignisse: Im Herbst 1935 hatte die
Hitler-Regierung die grauenhaften Nürnberger Rasse-Gesetze
verabschiedet. Sie öffnete der Judenverfolgung Tür und Tor.
Bonhoeffer wusste als einziger Bescheid, dass der Judenverfolgung die Judenvernichtung folgen würde. Aber eigenartigerweise rief er jetzt noch nicht zum aktiven Widerstand auf.
Sondern er riet zur Bereitschaft zum Leiden in aktiver Widerstandslosigkeit!
Warum? Er hielt an Jesu Forderung in der Bergpredigt
fest: „Widerstehet nicht dem Bösen“ (Mt 5,39) Denn er
glaubte, dass das Böse und Dämonische sich totlaufen
würden, wenn sie keine Gegengewalt und keinen Widerstand hätten. „Das willige Leiden“, schrieb er 1935, „ist
stärker als das Böse; es ist der Tod des Bösen!“ Er wollte
1935 dem Bösen nicht widerstehen, keinen gewaltsamen
Widerstand unterstützen, die Nazis durch Feindesliebe
überwinden und gegebenenfalls Leid ertragen.
Aber diese Haltung gab er auf, als er sah, dass die
Nazi – Mörder diese Haltung ausnutzten. Er sah ein, dass
sich das Böse überhaupt nicht totlief, sondern dass es
immer brutaler wurde. Deshalb beteiligte es sich ab 1940
bewusst am gewaltsamen aktiven Widerstand.
In seiner Ethik spielt aber dennoch der Grundsatz
„Ich soll ggf. Unrecht leiden um des Friedens willen“
eine große Rolle. Die Einhaltung der Bergpredigt ist für
ihn grundsätzlich der „Normalfall des Christen“. Nur in
extremsten Grenzsituationen sah er sich genötigt, die
Bergpredigt zu übertreten – um sie zu erfüllen! Was
bedeutet denn das?
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Er schätzte die politische Situation – vermutlich als einziger in seiner Kirche – völlig richtig ein: Hitler bedeutet
die Zerstörung des Abendlandes, der jüdischen und der
Sinti-Roma-Bevölkerung. Deshalb fühlte er sich genötigt,
das Gebot der Bergpredigt, auch noch die andere Wange
hinzuhalten und Unrecht zu erleiden, zu brechen, - um
es zu erfüllen. Er entschloss sich, an der Konspiration
zur Tötung Hitlers und der Nazi-Elite teilzunehmen. Und
auch das nannte er „Nachfolge“ Jesu Christi. Denn auch
Christus hatte das Gesetz gebrochen (Übertretung des
Sabbatgebotes, des Gebotes, sich von Aussätzigen fern
zu halten, usw.), um es zu erfüllen. Er wollte mit dieser
kriminellen Tat Christus nachfolgen. Ich wiederhole: Er
wollte mit dieser kriminellen Tat Christus nachfolgen.
Ja – kriminelle Tat! Bonhoeffer hielt seine Konspiration
zur Tötung Hitlers für „kriminell“! Er wusste, dass er
schuldig wird. Aber er sah keine andere Möglichkeit, als
alle Gesetze zu durchbrechen! Er war auch bereit, für
seine kriminelle Tat mit dem Tod bestraft zu werden. Er
rechnete damit! Aber er konnte nicht anders als kriminell
werden, weil er den Tod von weiteren Hundert-Tausenden
und die Vernichtung des Abendlandes stoppen wollte. Ja,
in seiner Ethik schrieb er: „Wer verantwortlich handeln
will, muss schuldig werden.“ Das war völlig neu für eine
protestantische Ethik. Das verstand nach 1945 niemand!
Erst heute verstehen wir Bonhoeffer wirklich!
Und noch ein Gedanke gehört zu diesem 3. Grundsatz:
derjenige der Stellvertretung. Bonhoeffer sagte oft, dass
er bereit sei, stellvertretend für die Masse der schweigenden Mitläufer Schuld auf sich zu nehmen. Wenn die
anderen nicht zur Tötung Hitlers bereit seien, dann wolle
er stellvertretend für sie die Tötung Hitlers versuchen.
Auch damit wollte er Christus nachfolgen. Denn auch
Christus sei stellvertretend für die schweigende Masse
schuldig geworden, als er den Sabbat übertreten hatte,
als er Sünden vergab (was eigentlich nur Gott kann) und
als er das mosaische Gesetz brach. Das war für damalige Zeiten so kriminell wie Bonhoeffers Konspiration zur
Tötung Hitlers. Und auch Christus war für sein „stellvertretendes Schuldigwerden“ hingerichtet worden. Dazu
war auch Bonhoeffer bereit.
Man könnte fragen, ob Bonhoeffer mit diesem Vergleich mit Christus nicht sehr anmaßend gewesen sei. Ja!
Man kann das fragen!
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Der 4. Grundsatz lautet: Christliche Friedensstifter
sollen in konkreter Situation nicht auf Normen und
Prinzipien, sondern auf Gottes Wort hören.
Schon im Herbst 1938 hatte Bonhoeffer von seinem Freund
Werner Koch über die Grausamkeiten in Konzentrationslagern gehört. Werner Koch war nämlich Frühjahr 1938 in das
KZ Sachsenhausen verschleppt und im Herbst 1938 wieder
freigelassen worden. Er berichtete Bonhoeffer bis ins Detail,
dass am KZ-Eingangstor stand „Arbeit macht frei“, dass die
SS ständig von Ehre, Anstand, Treue, Pflicht, Gewissen und
Tugend redete und dabei grausamste Taten beging. Auf ihren
Koppelschlössern stand „Ehre heißt Treue“. Bonhoeffer erfuhr
von Koch über diese Maskerade und Dämonie des Bösen.
Er entschloss sich, auf alle diese Tugend- und PflichtBegriffe zu verzichten, weil ihre Pervertierung unerträglich sei. Er verzichtete darauf, im Voraus, d.h. vor einer
konkreten Situation, zu definieren, was Frieden und
Versöhnung, Gut und Böse seien. Sondern er wollte nur
in der konkreten Situation entscheiden, was dem Frieden
und dem Guten diene und was nicht. Er wollte auf Gottes
Wort hören. Und das hieß für ihn: Er wollte auf Christus,
in dem Gott Mensch geworden sei, hören. Und das hieß:
Er fragte immer „Christus, wie würdest Du jetzt entscheiden?“ Er erhielt Antwort. Christen sollten auf Christi Wort
hören, meinte er.
Der 5. Grundsatz lautete: Kirche sollte der Ort sein, von
dem aus Christen Frieden stiften
Er hielt Kirche für eine sichtbare Gemeinschaft von Glaubenden. Kirche habe aber, so Bonhoeffer auf der ganzen
Linie versagt. Im Frühjahr 1941 hatte er deshalb ein einmaliges Schuldbekenntnis der Kirche formuliert, das aber
zu seinen Lebzeiten niemand und erst recht kein Kirchenvertreter gelesen hatte:
„Die Kirche bekennt, ihre Verkündigung nicht offen genug
ausgerichtet zu haben. Sie bekennt ihre Furchtsamkeit, ihr
Abweichen, ihre Zugeständnisse. Sie hat den Ausgestoßenen
und Verachteten die schuldige Barmherzigkeit verweigert.
Sie war stumm, wo sie hätte schreien müssen, weil das Blut
der Unschuldigen zum Himmel schrie. Die Kirche bekennt die
willkürliche Anwendung brutaler Gewalt; sie hat das Leiden
unzähliger Unschuldiger, Unterdrückter, Hass und Mord gesehen, ohne ihre Stimme zu erheben. Sie ist schuldig geworden
am Leben der schwächsten und wehrlosesten Brüder Christi.“
Dieses Schuldbekenntnis von 1941 ist einmalig und
übertrifft alle späteren nach 1945. Bonhoeffer wollte in
einer kirchlichen Gemeinschaft Glaubender für den Frieden eintreten. Aber er fand keine solche Gemeinschaft.
Er kämpfte bitter allein. Und trotzdem hielt er an dem
Gedanken fest, dass der Ort des Friedenstiftens „Kirche“
sein sollte.
Sind diese fünf Grundsätze noch heute aktuell?
III. Wie könnte Bonhoeffers Ethik
heute angewandt werden?
Ich konzentriere mich bei dieser Frage, wie oben angekündigt, auf die drei Gebiete„Was heißt Friedens stiften?“
„Was heißt Verantwortung übernehmen?“, „Was heißt
Leben schützen?“
„Frieden stiften“ bedeutet nach B. zunächst: nach der
Bergpredigt leben, die linke Wange hinhalten, Unrecht
leiden um des Friedens willen, sanftmütig und gewaltlos
sein. Aber das dürfen keine prinzipiellen Normen und
Regeln für alle Zeiten und alle Situationen sein. Jesus
wollte uns ja nur zum paradox-symbolischen Handeln
anleiten. Wir müssen nicht immer wörtlich die andere
Wange noch hinhalten. Sondern wir sollen im Vertrauen
auf Gott auch andere symbolische Formen der aktiven
Gewaltlosigkeit praktizieren, im Sinne einer christlichen
Entfeindung.
Es gibt nach B. aber auch Situationen, in denen wir auf
Gewaltlosigkeit verzichten und zur Gewalt bereit sein
müssen. Solche extremen Grenz-Situationen lassen sich
nicht unabhängig von einer konkreten Situation definieren. Sie werden nur in der Situation erkannt. Dann
erwächst im Glaubenden die Bereitschaft, die Bergpredigt
und das 5. Gebot zu brechen, um sie zu erfüllen. Aber
entscheidend ist, dass der Glaubende sich bei solcher Tat
nicht für einen feinen Kerl, sondern für einen schuldigen
Kriminellen hält. Es gibt keinen Grund, dass er z.B. stolz
ist, Tausenden das Leben gerettet zu haben, wenn er einen
Menschen getötet hat. Er ist schuldig geworden und
muss Gott die Tat ausliefern, damit allein Gott das Urteil
spricht. – Übrigens wird er auch schuldig, wenn er pazifistisch streng nach der Bergpredigt lebt
Und schließlich handelt er bei solcher Tat stellvertretend für andere, die zu solcher Tat nicht bereit sind. Das
macht seine Einsamkeit auf dem Weg des Friedens und
der Verantwortung aus. Friedensstifter sind oft einsam.
Und am einsamsten sind sie, wenn sie für ihre Tat verurteilt und gestraft werden. Auch in solcher Situation gibt
es nach Bonhoeffer keinen heimlichen Triumph eines
Märtyrers. Denn der Märtyrer ist ein Krimineller. Und
auch der Soldat, der durch einen möglicherweise unabdingbaren gewaltsamen Einsatz Vielen das Leben gerettet
hat, darf sich nicht rühmen. Denn auch er hat kriminell
gehandelt und Schuld auf sich geladen.
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fachbeitrag: kooperative entwicklungssteuerung
und selbstmanagement kess
lehrpersonen trainieren kooperative entwicklungsberatung für sich selbst und ihre schüler
bernhard sieland
Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Menschen
zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten,
Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern
lehre die Menschen die Sehnsucht nach dem weiten endlosen
Meer! Antoine de Saint-Exupéry
befinden, sehr hohen Leistungen trotz geringer Qualität
der Prozesse und Strukturen (gestrichelte Linie).
Gesundheit
Wohlbefinden
1. Gute gesunde Lehrpersonen und das
Lernkonzept von KESS
„Ich glaube, Lehrpersonen leiden heute besonders dann,
wenn sie keine Visionen mehr für ihre Kinder, für ihr
Fach und für sich selbst haben. Sie verlieren sich dann
in Einzelaufgaben, spüren keine Sehnsucht mehr und
erleben sich als austauschbar!“ Diese Bilanz einer Seminarleiterin, die zuvor 25 Jahre erfolgreiche Schulleiterin
war, ist erschreckend. Das Personal ist unser Kapital!
Ganz besonders gilt der Satz für unsere Schulen. Aber in
Zeiten, wo Lehrpersonen immer stärker in schulischen
Aufgaben verstrickt sind, bleibt immer weniger Raum für
professionelle Selbstreflexion und die Pflege gemeinsamer
Visionen. Hier bietet die kollegiale Entwicklungsberatung
„KESS“ eine Art „Oase im Alltag“ an, zu der man sich
bewusst aufmachen muss und in der auch noch Arbeit
wartet. KESS-Gruppen sind ein guter Ort zur Reflexion
möglicher Überlebensstrategien gegen das Risiko der Entfremdung im Lebens- und Berufsalltag.
1.1 Ohne laufende Entwicklungsarbeit keine
guten gesunden Lehrpersonen
Gute gesunde Lehrpersonen, Schüler und Schulen zeigen
nach Brägger und Posse (2007) unterschiedliche Ausprägungen in drei Qualitätsdimensionen. Ihre Leistungen
nach innen (=Förderung der Selbstwirksamkeit und
Selbstwertschätzung) oder nach außen (erfolgreiche
Aufgabenbewältigung), die Strukturen (=Anregungs- und
Unterstützungssysteme, professionelle Lerngemeinschaften) und Prozesse im Umgang mit sich selbst, mit
Schülern, Kollegen und Eltern sowie das Wohlbefinden
der Beteiligten reichen von sehr gut bis sehr schlecht.
Abbildung 1 zeigt als Spinnennetzdiagramm eine Person
mit hohem Wohlbefinden, guten Strukturen aber geringer
Leistung (gepunktete Linie) und eine mit niedrigem Wohl-
50
Leistung
Prozesse /
Strukturen
Abb. 1 Drei Qualitätsdimensionen und zwei exemplarische
Ausprägungsmuster für mehr oder weniger gute gesunde Personen
und Organisationen
Ausprägungsmuster dieser Art müssen über den gesamten beruflichen wie privaten Rollenhaushalt laufend
analysiert und gegebenenfalls korrigiert werden. So
kann die Work-Life-Balance nicht nur arbeitsseitig bei
Berufseinsteigern oder durch zuviel fachfremden Unterricht in schwierigen Klassen gestört sein. Nicht selten
resultieren kritische Überlastungen auch aus den privaten Rollenanforderungen z.B. als Mütter oder durch die
häusliche Pflege von Pflegebedürftigen. Sie belasten aber
gleichwohl die berufliche Arbeitsqualität zum Schaden der
Schüler und letztlich auch der Lehrpersonen. Umgekehrt
kann eine berufliche Überlastung sich auch im privaten
Rollenhaushalt niederschlagen und so destruktive Wechselwirkungen in Gang setzen. Darüber hinaus identifizieren sich manche Lehrpersonen zu stark mit den Schülern
und Eltern, so dass sie die eigene Lage aus dem Blick
verlieren. Umgekehrt können Überlastungsgefühle die
Aufmerksamkeit in kritischem Ausmaß von den Schülern abziehen und auf die Lehrperson konzentrieren. Für
den Lehrberuf kommt hinzu, dass die Qualitätseinschätzung bis zum Einsatz eines regelmäßigen und flächendeckenden funktionierenden Bildungscontrollings derzeit
noch von der Lehrperson selbst zu leisten ist und objektivierbare Leistungsmängel der Schüler nicht selten so
'bb' 116-2/2006
attribuiert werden, dass Veränderungen auf der Lehrpersonseite aus dem Blick geraten. Aus all diesen Gründen
verlangt die Tätigkeit von Lehrpersonen laufende Entwicklungsarbeit in Form von Qualitäts- bzw. Gesundheitszirkeln, von Supervision oder kollegialer Beratung. Solche
Maßnahmen sind aber im Tätigkeitsbild und im Zeitbudget der Lehrperson offiziell nicht vorgesehen. Sie werden
allenfalls in Betracht gezogen, wenn das Störungsausmaß
das Erträgliche überschreitet. Wenn es stimmt, dass die
kleinen Fehler oder verpassten Chancen von heute die
Probleme von Morgen und die Katastrophen von Übermorgen sind, dann ist es klug, Personen und Organisationen,
die einen Teil ihrer Energien regelmäßig nutzen, um Entwicklungsdiagnosen und Entwicklungsarbeit zu leisten.
1.2 Lehrpersonen als Lern- und Entwicklungsberater für sich selbst und ihre Mitmenschen
Lehrpersonen sind nach Abbildung 1 gut bzw. effektiv und
gesund, wenn sie es als Lern- und Entwicklungsberater
ihrer Schüler (Prozesse) tatsächlich erreichen (Leistung),
dass ihre Schüler als aktive Lerner Lernarbeit verrichten
(Prozesse) und zu guten Ergebnissen (Leistung) kommen
und sich alle Beteiligten möglichst geachtet und wohl
fühlen.
Wie kann das gelingen? Nur lernende Lehrpersonen,
die die eigenen Lern- und Entwicklungsprozessen einschließlich der inneren und äußeren Widerstände laufend erleben, werden Schüler bei deren Lern- und Entwicklungsarbeit herausfordern und fördern können. Wer
seine Vermittlungskompetenz in der Rolle des Lern- und
Entwicklungsberaters versteht, muss diese Kunst auf sich
selbst und andere anwenden und darf dabei nicht aus der
Übung kommen! Er muss die Rolle des aktiven Lerners
und Selbstentwicklers, der sich von kritischen Freunden
coachen lässt ebenso selbstverständlich praktizieren wie
die des Lern- und Entwicklungsberaters bzw. eines Supervisors für solche Prozesse.
2. KESS ein Lernkonzept zur Belastungsreduktion und Qualitätsverbesserung
KESS (= Kooperative Entwicklungssteuerung und Selbstmanagement in Schulen) ist ein Verfahren zur Analyse
und Intensivierung von Lern- und Entwicklungsprozessen
in Gruppen zu drei Personen über einen begrenzten Zeitraum von ca. 6 Monaten. Die Teilnehmer der Kess-Gruppe
können inhaltlich beliebige Entwicklungsziele verfolgen.
Sie können sich z. B. vornehmen, ihre Balance zwischen
Arbeiten, Erholen und Besinnen ausgeglichener zu gestalten, ihre Kompetenz im Umgang mit schwierigen Schülern
durch regelmäßige Fallbesprechungen zu verbessern oder
die Einführung neuer didaktischer Modelle verabreden.
Sie entwickeln ein soziales Netz mit kritischen Freunden,
die ihnen respektvoll Bestätigungs- und Korrekturimpulse
geben. Gleichwohl handeln sie proaktiv und selbstverantwortlich. Sie diagnostizieren den eigenen Entwicklungs-
stand, formulieren daraus einen persönlichen Entwicklungsplan, den sie selbstverantwortlich umsetzen und
evaluieren. Wer die Diktatur der Fremdsteuerung brechen
will, muss kooperative Selbststeuerung aufbauen. Bei
extremer Fremdsteuerung gehen alle Bestätigungs- und
Änderungsimpulse von anderen Personen aus. Z.B.
bemerkt die Lehrperson etwas und bewertet es als änderungswürdig. Sie ist motiviert, den Zustand zu ändern und
gibt Anweisungen. Der Schüler korrigiert sein Verhalten
mit Blick auf die Wünsche der Lehrperson solange, bis
diese mit dem Ergebnis zufrieden ist oder sich resigniert
abwendet. Die so erzielten Änderungen mögen bei entsprechender Autorität der Lehrperson schnell zu erreichen sein, sind aber mit Blick auf lebenslanges Lernen
ohne Anwesenheit der Lehrperson wenig nachhaltig.
Bei der kooperativen Selbststeuerung bemerkt der Lernende selbst kritische Ist-Soll-Diskrepanzen, entwickelt
einen Handlungsplan, motiviert sich selbst, diesen qualitätvoll auszuführen und bewertet selbst die Effekte seines
Handelns. Im Laufe dieses Prozesses können kritische
Freunde durch Kommentare eingreifen, ohne –wie bei der
Fremdsteuerung- den selbstverantwortlichen Akteur zu
entmündigen.
2.1 Gute Strukturen fördern: professionelle
Lerngemeinschaften erproben
Die kooperative Entwicklungsberatung findet in professionellen Lerngemeinschaften in einem Dreierteam statt.
In drei Phasen á 30 Minuten übernimmt jeder Teilnehmer nacheinander drei Rollen: Person A reflektiert als
Selbstentwickler unter Assistenz der Person B als Entwicklungsberater über 25 Minuten ihre wöchentlichen
Entwicklungsprozesse. Person C als Supervisor leitet in
den letzten fünf Minuten die Prozessevaluation der Entwicklungsberatung. Sie reflektiert mit den beiden anderen
Teilnehmern hilfreiche Wirkfaktoren und Risikofaktoren,
die in den nachfolgenden Sitzungen beachtet werden sollen. Nach jeweils 30 Minuten wechseln die Rollen, so dass
jeder Teilnehmer seine individuelle Entwicklungskompetenz mit Blick auf sein inhaltliches Ziel und gleichzeitig
seine Methodenkompetenzen im Bereich kooperativer
Entwicklungsberatung trainiert. Der Rollenwechsel
ermöglicht darüber hinaus die kombinierte Förderung
von Analyse-, Planungs- und Handlungskompetenzen.
Schließlich sollen die Teilnehmer den Beratungsprozess
mit erprobungswürdigen Lösungsvorschlägen verlassen
und so den entlastenden Effekt kooperativen Problemlösens erleben.
51
'bb' 116-2/2006
Abbildung 2: Drei Rollen im KESS-Entwicklungsteam
Gutes kooperatives Entwicklungsmanagement zeichnet
sich durch drei Qualitätsmerkmale aus:
• Wechselseitige Abhängigkeit und verbindliche Übernahme von Verantwortung: Für ca.
sechs Monate ist jeder Teilnehmer nicht nur
für das Gelingen des eigenen Prozesses verantwortlich, sondern auch für das der beiden Entwicklungspartner und der notwendigen Gruppenprozesse. Alle Prozesse wie Zielklärung,
Generierung persönlicher Entwicklungspläne
usw. werden von allen Partnern durchlaufen und
es entwickelt sich eine gemeinsame Identität.
• Wechselseitige emotionale und sachliche
Unterstützung und Herausforderung: Die
Mitglieder der Kess-Gruppe sollen sich dabei
unterstützen, emotionale und sachliche Entwicklungskrisen zu verstehen und zu verarbeiten und sich herausfordern trotz aller Widerstände mit der möglichen Intensität ihre Ziele zu
verfolgen, und bei Überforderung erreichbarere
Ziele zu definieren.
• Wechselseitige Evaluation: Die Teilnehmer sollen Woche für Woche die Klarheit und
Erreichbarkeit der Ziele überprüfen, Fortschritte
würdigen, Rückschritte analysieren und die
nächsten Schritte planen.
•
•
2.2 Gute Prozesse fördern
Die Entwicklungsarbeit basiert auf den systematischen
Schritten der Entwicklungsberatung vgl. Abb. 3:
• Entwicklungsanalyse mit Informationsund Klärungsberatung: Erkennen – Verstehen – Annehmen. In dieser Phase geht es um
die Klärung der Entwicklungsziele, um das
Erkennen der Ist-Situation mit ihren Vor- und
Nachteilen aus eigener Sicht wie aus der Sicht
kritischer Freunde. Es geht um das Verstehen,
wie sich der teils unbefriedigende Ist-Zustand
überhaupt entwickeln und stabilisieren konnte
und es geht um das wertschätzende Annehmen
der Ist-Situation, indem man die Vor- und Nachteile für sich selbst, für die Mitmenschen und
für wichtige Aufgaben erkennt. Erst wenn eine
relative Akzeptanz mit dem eigenen Ist-Zustand
52
•
erreicht ist, ist die Basis für eine geduldige und
nachhaltige Entwicklungsarbeit bei sich selbst
oder andern Mitmenschen geschaffen. Konkret
werden die Zielgruppen durch kleine Übungen
und Potenzialanalysen (vgl. Sieland 2007)
aktiviert, ihren Entwicklungsstand und ihre
Entwicklungsziele zu beschreiben. Nicht wenige
wählen Ziele, die mit einer Verbesserung ihrer
Work-Life- Balance, mit Stressbewältigung oder
mit einer realistischeren Definition ihrer Rolle
als Lehrperson gegenüber den Erwartungen von
Kollegen und Schülern zu tun haben. Solche
Wünsche zur Korrektur des Lebensstiles sind
den Betreffenden oft schon länger bekannt. Sie
konnten allerdings bisher diese Vorsätze nicht
realisieren, weil ihre Entwicklungsmethoden an
inneren bzw. äußeren Widerständen scheiterten.
Die Teilnehmer sollen nun entscheiden, ob sie
für eine begrenzte Zeit von ca. 6 Monaten konsequent an eigenen Entwicklungszielen arbeiten
und sich gegenseitig durch ein peer - coaching
unterstützen wollen. Mit einer positiven Entscheidung gelangen sie in die nächste Phase.
Entwicklungsplanung mit laufender Klärungsberatung: Hier geht es um die Klärung und
Entwicklung wohl definierter Verhaltensziele
(vgl. Nilles, 1998 und Sieland, 2007). Auch bei
diesem Schritt zeigt sich eine für Lehrpersonen
oft bedenkliche Hilflosigkeit, Ziele auf Erreichbarkeit, Ich-Kongruenz… zu prüfen. Die Ziele
werden in Teilziele portioniert und als persönlicher Entwicklungsplan konzipiert, dessen
Durchführbarkeit nicht nur vom Individuum
sondern auch von seinen Entwicklungsberatern
positiv beurteilt wird.
Entwicklungshandeln mit laufender Durchführungsberatung: Hier geht es um die Umsetzung
des Entwicklungsplanes unter Alltagsbedingungen, die mit Ziel führenden Verhaltensexperimenten beginnt, die meist einer nachsteuernden
Veränderung bedürfen, bevor sie in einer Stabilisierungsphase in den Lebensstil der Person
und den Erwartungshorizont ihrer Mitmenschen
etabliert und stabilisiert werden kann.
Entwicklungsbericht: Der Entwicklungsbericht
soll nicht nur den Verlauf der verschiedenen
Schritte reflektieren und den Grad der Zielerreichung benennen, sondern auch die Wirkfaktoren, die für das mehr oder weniger große Geoder Misslingen verantwortlich zu machen sind.
Hier geht es sozusagen um die Erkenntnisse, die
in nachfolgenden Prozessen der Entwicklungsberatung mit Schülern oder Eltern berücksichtigt werden sollen.
'bb' 116-2/2006
Entwicklungsanalyse
Problemfindung - Zielklärung
Erkennen
Verstehen
EntwicklungsEntwicklungs-
Entwicklungshandeln
planung
Annehmen
Kontrollierte Umsetzungsversuche
Gestalten
Optimieren
Stabilisieren
EntwicklungsEntwicklungsbericht
Abbildung 3: Vier Phasen (kursiv) und die zugehörigen
Teilschritte der Entwicklungsberatung
2.3 Anonyme Entwicklungsberatung durch
Fachsupervision im Intranet
Um etwaige Risiken, die sich aus einer einseitigen Gruppenbildung ergeben können, auszugleichen, bietet die
Universität Lüneburg eine Intranetplattform an, in der die
Gruppenteilnehmer kurze Entwicklungsberichte anonym
darstellen können. Sie stellen ca. alle zwei Wochen einen
anonymen Bericht über ihren aktuellen Entwicklungsstand, anstehende Entscheidungen, Fragen oder Probleme
ins Intranet und sollen die Berichte anderer Teilnehmer
kommentieren. Diese öffentliche Beschreibung von Entwicklungsschritten, Entwicklungsproblemen und Beratungshandeln im Schutz der Anonymität wird von vielen
Teilnehmern intensiv genutzt. Die Erfahrung mit derzeit
ca. 30 Lehrpersonengruppen sowie etwa 50 Gruppen
von Lehramtsstudierenden zeigt, dass die Intensität der
wechselseitigen anonymen Beratung im Internet von den
Beteiligten sehr gewinnbringend beurteilt wird. Darüber
hinaus wird diese Intranetarbeit von Fachsupervisoren
kommentiert. Das Intranet bewirkt noch weitere Effekte:
Es kommt zu Querbeziehungen zwischen verschiedenen
Kess-Gruppen über ähnliche Zielsetzungen. Die Arbeitsintensität und -qualität erhöht sich sowohl nach dem
Urteil von Studierenden als auch von Lehrpersongruppen deutlich. Die Vielfalt der Modellangebote im Intranet übersteigt deutlich die in der Dreiergruppe mögliche
Varianz. Letztlich sollen die gewonnenen Kompetenzen in
ein virtuelles multiprofessionelles Lehrerforum www.lehrerforum.uni-lueneburg.de eingebracht werden. Insgesamt
sollen die Nutzer in den KESS-Gruppen und im Intranet
den Nutzen professioneller Lerngemeinschaften für die
eigene Entlastung sowie zur Qualitätsverbesserung ihres
beruflichen Handelns erfahren.
2.4 Gute und nachhaltige Leistungsergebnisse
nach innen und nach außen
Die Einübung in eine Struktur (systematischer Rollenwechsel zwischen Selbstentwickler, Entwicklungsberater
und Supervisor und einen systematischen Prozess der
kooperativen Entwicklungsanalyse, Entwicklungsplanung, und Entwicklungssteuerung) soll nach unseren
Vorstellungen zu inneren und äußeren Leistungsergebnissen führen.
Zu den inneren Effekten zählen die Selbstwirksamkeitserfahrungen in drei Varianten:
• persönliche Selbstwirksamkeitserfahrungen: „Ich
habe in begrenzter Zeit auf einem selbst gewählten
Gebiet etwas erreicht.“
• soziale Selbstwirksamkeitserfahrungen: „Andere
helfen mir durch nützliche Anregungen. Sie haben
auch Probleme, bei denen ich hilfreich sein kann.“
• kollegiale Selbstwirksamkeitserfahrungen:
„Gemeinsam sind wir stärker, schaffen wir mehr,
sind wir ausdauernder. Hier gilt das Gesetz der
pädagogischen Musketiere: Einer für Alle, Alle für
Einen!“
Von besonderer Bedeutung scheint allerdings eine grundlegende Erfahrung zu sein, dass die eigenen Entwicklungsprozesse viel mehr Zeit brauchen als gedacht. So
kann die Arbeit in Kess-Gruppen als ein Training für
Geduld und Ausdauer verstanden werden mit sich selbst
und mit denen, deren Entwicklungsberater die Teilnehmer
sein sollen.
Zu den Leistungsergebnissen „nach außen“ zählen faktische Verhaltensänderungen, die auch von Mitmenschen
registriert werden.
Hierzu nennen die Teilnehmerinnen folgende verhaltensbasierten Veränderungen:
• Ich kann jetzt besser meine Grenzen erkennen.
• Ich erhalte große Unterstützung durch Bestätigung
und Anregungen in den Gesprächen.
• Ich reflektiere meine Unterrichtsvorhaben genauer
als vorher.
• Ich habe mehr Mut zu neuen Methoden und positive
Schülerrückmeldungen.
• Ich kann jetzt besser die Menschen verstehen, die
immer alles aufschieben. Früher wurde ich nur zornig
auf sie.
• Ich habe gelernt, besser Tagesabläufe zu planen und
mir realistische Ziele zu setzen.
• Ich habe gelernt, meine freien Zeiten bewusster zu
leben.
• Ich blicke mir jetzt öfter über die Schulter und kann
die "Gelingensaugen" einschalten.
2.5 Der Arbeitsaufwand für die Teilnahme an
einem KESS-Kurs
Die Teilnehmer an einem Kess-Kurs werden dazu befähigt, für sich selbst, zusammen mit Kollegen und für ihre
53
'bb' 116-2/2006
•
KESS eine höhere Priorität einräumen und nicht das
Tagesgeschäft immer als wichtiger einschätzen.
• Jeden Tag 30 min. Zeit für Besinnung machen mich
gelassener.
• Den Focus auf mich selbst zu richten, bringt mehr
Klarheit in das, was ich in meinem Alltag tatsächlich
tue und unterlasse.
• Gesprächsablauf (stark strukturiert) war hilfreich für
die Bearbeitung von Problemen.
• Druck und Einsicht, mir eine Aufgabe (statt 4-5) zu
stellen und die von Anfang bis zum Ende (Handlung,
Evaluation) durchziehen.
• Wöchentliches Zeitfenster für die KESSGruppe und tägliches für meine SelbstbeLernform
Blended learning =
sinnung.
Mischung der Vorteile verschiedener Lernformen
• An zwei Tagen die Woche (nach der letzInstruktion und
Präsenzphase
Präsenzphase
Präsenzphase
Diskussion
2 Tage
1 Tag
1 Tage
ten Unterrichtsstunde) ein leerer= ruhiger
3 Monate
Gruppenarbeit unter
3 Monate
Klassenraum für umgehende Selbstbesin= 6 KESS
Alltagsbelastungen
= 6KESSnung.
Treffen
Treffen
• Ich nehme mir Zeit, für meine positive
Internetdiagnosen mit
z.B. Stressbelastung, Berufseignungsinventar für Lehrer (BEIL)
Vision von mir als „Wunschlehrer“.
Rückmeldung
Arbeitsbezogene Erlebens- und Verhaltensmuster =AVEM)
• Dass es reale Chancen gibt, Probleme
Virtuelle EntwicklungsAnonyme Gruppenberichte und wechselseitige Beratung
zu lösen, wenn die Bedingungen stimmen
beratung, Anregung
im geschlossenen Intranet
zum sozialen Vergleich
(Team + das Wissen, wie BeratungsgeLernen für den
Intranet –
spräche geführt werden können).
aktuellen Bedarf
Supervison durch Fachleute
• Dass ich allzu leicht abdrifte und die
Evaluation
Ist- und SollEvaluation
Vorsätze im Alltag an schlecht zugängliche
Analyse
Stellen ablege.
• Dem inneren Schweinehund Futter zu
Abbildung 4: Fünf Phasen über 6 Monate im KESS-Prozess
geben, indem ich dem Alltag zuviel Gewicht – und
somit auch zuviel „Entschuldigungspotenzial“ eingeräumt habe.
3. Rückmeldungen von Teilnehmern
Schüler systematisch Lern- und Entwicklungsberatung zu
leisten, ohne die Betreffenden in wenig nachhaltige, fremd
gesteuerte Lernprozesse zu verstricken. Das intensive
Kompetenztraining verlangt einigen Aufwand, der sich
nach dem Urteil der meisten Mitglieder von ca. 30 KESSGruppen von Lehrpersonen sowie etwa 50 Gruppen von
Lehramtsstudierenden sehr auszahlt.
Damit das Kess-Konzept wirklich alltagstauglich ist,
wurde der Lernprozess in einen Wechsel von Präsenzphasen, Einzelarbeit im Intranet sowie Gruppenarbeit in
den Kessgruppen aufgeteilt. Dieses Phasenmodell zeigt
Abbildung 4.
an KESS-Gruppen
Die folgenden Antworten stammen von Lehrpersonen,
die an einem Kurs (vgl. Abb. 6) teilgenommen haben. Sie
antworteten auf die Frage: „Was waren ihre wichtigsten
Erkenntnisse durch die Teilnahme am KESS-Prozess?“
• Ich kann tatsächlich Dinge aktiv verändern => raus
aus der Opferrolle; Arbeit im Team, mit Menschen,
die wissen, wovon ich rede.
• Die Tatsache, meine Ziele laut vor anderen formuliert
zu haben, brachte mich weiter auf den Weg, die Ziele
durchzuführen.
• Ich habe mein Ziel nicht erreicht, aber meine Bereitschaft zur Selbstreflexion ist stark gestiegen.
• Durch die Arbeit im Dreierteam hat man „Verbündete“.
• Wir haben in unseren Gruppensitzungen nicht immer
auf die Einhaltung der Rollen geachtet => mangelnde Disziplin?
• Das Tagesgeschäft war häufig wichtiger, deshalb
häufiger nicht um KESS gekümmert.
• Eigene Stärken und Schwächen sind wahrgenommen
worden.
• Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstreflexion ist
stark gestiegen.
• Handlungskompetenz ist noch nicht gut genug ausgeprägt.
54
Die Rückmeldungen sind also gemischt. KESS muss
wie jede Methode zur Person, zum Problem und zu ihrer
aktuellen Lebenswelt passen, wenn sie helfen soll. Ob das
für Sie persönlich zutrifft, kommt auf einen Versuch an.
Wollen Sie über sechs Monate einen Versuch mit befreundeten Lehrpersonen wagen?
Das ARPM bietet seit drei Jahren regelmäßig KESS-Kurse
nach dem Format in Abbildung 6 an. Ab Februar 2007 bietet das NILS zusätzlich einen Kurs für Personen an, die
selbst Kessgruppen anleiten wollen. Hier ist besonders
an Beratungslehrerinnen und solche Kolleginnen gedacht,
die gegen eine Reduktion ihrer Pflichtstunden bereit sind,
an benachbarten Schulen den Aufbau von Kessgruppen zu
initiieren und zu begleiten.
Literatur
Nilles, J.-P. u. Nilles-Zand. M. (1998). Das Gespräch mit den Eltern.
Eine Handreichung für Lehrer und Lehrerinnen ausgearbeitet
im Auftrag des SCRIPT/MENFP. download unter http://www.
bsieland.de/download/Lehrerbildung.php Problemlösen und Zielklärung (15.08.2006)
Sieland, B. (2007), Zielvereinbarungen zwischen Entwicklungsbedarf
und Änderungsresistenz. In Seifried, K., Jötten, B. Fleischer, T.
Grewe, N. und Sieland, B. (Hrsg.) Handbuch Schulpsychologie:
Psychologie für die Schule. Stuttgart: Kohlhammer (Im Druck)
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buchtipps
Wilhelm Vossenkuhl
Die Möglichkeit des Guten. Ethik im 21. Jahrhundert. Verlag C. H. Beck, München 2006, 472
S., 29,90. ISBN 3-406-54375-8
„Jede Ethik setzt eine Sitte voraus, aber nicht jede Sitte ist
ethisch zu rechtfertigen“, diese komplizierte Gradwanderung
haben Philosophen und Alltagsmenschen seit Menschen
denken unternommen. „Ethik“ als „Sittenlehre“, wie sie in den
europäischen Philosophien des 17. Jahrhunderts verstanden
wurde, wie sie der griechische Denker Aristoteles als êthos mit
Charakter, dem „guten Leben“ und dem „guten Tun“ interpretiert hat, und wie dieser Zusammenhang zwischen Charakter,
Sitte und Ethik in das europäische Denken mit der Auffassung
eingegangen ist – ist die Entscheidung edel, also gut, dann
ist es auch der Charakter – wird in der heutigen Zeit der sich
immer interdependenter entwickelnden, globalisierten Welt
mit der Forderung nach einer „globalen Ethik“ versehen. Denn
ohne eine solche (Selbst)Verpflichtung der Menschen könne
ein friedliches, humanes Zusammenleben auf der Erde nicht
gelingen. Weil es so schwer gelingt, einige sagen sogar nicht
gelingt, die Vielfalt des Denkens und Handelns der Menschen
als politische und soziale Wesen unter einer allgemein akzeptierten Ethik zu einen, deshalb klaffen Appell, Aufforderung
und Realisierung über die Frage nach dem Guten, ethischem
Denken und Handeln der Menschen, so auseinander. Die
von der UNESCO beauftragte Weltkommission „Kultur und
Entwicklung“ hat 1995 „globale Ethik“ bezeichnet als „internationale Standards für Menschenrechte, Demokratie und
Minderheitenschutz“, angelehnt an das, wie ich meine wichtigste Standardwerk menschlichen Zusammenlebens in der
Einen Welt, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
(10.12.1948), in der es in Artikel 1 unmissverständlich heißt:
„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen
einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen“.
Was ist ein gutes Leben ?
Der Lehrstuhlinhaber für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Wilhelm Vossenkuhl, stellt die uralte
Menschenfrage nach dem Guten im Menschsein neu. Dabei
setzt er für sich und sein Denken die Prämisse, dass jeder
Mensch verstehen und wissen könne, was ein „gutes Leben“
sei. Diese erst einmal als selbstverständlich klingende Annahme hat es in sich. Er geht nämlich nicht, wie etwa im fundamentalistischen Denken üblich, davon aus, dass das „gute
Leben“ von irgend jemandem oder einer Ideologie (vor)gesetzt,
diktiert und bestimmt werden kann, auch dass „ein gutes
Leben ( ) nicht durch eine Harmonisierung von Gegensätzen,
sondern durch die Lösung von Konflikten möglich“ wird. Darin
steckt die Erkenntnis, dass Konflikte im Zusammen- oder auch
Gegeneinanderleben der Menschen „normal“ sind; gleichzeitig
verbunden damit die Aufforderung, so etwas wie eine „Ethik
der Konfliktlösung“ einzuüben. Mit seiner umfassenden Arbeit,
die er jedoch nicht als eine „Geschichte der Ethik“ verstanden
wissen will, auch nicht als einen Überblick über die zeitgenössische Ethik, beansprucht er eine Reflexion darüber, „ethischen
Fragen im Zusammenhang und in systematischer Form
nachzugehen und den Charakter und die Aufgaben der Ethik
in unserer Zeit zu klären“. Mit seiner Arbeit beansprucht der
Sozial- und Kulturphilosoph nicht, ein theologisches Traktat
abzuliefern; die Bausteine sammelt er vielmehr aus seiner
Arbeit mit Studierenden und der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern.
Das Verhältnis von Sitte und Ethik
In sechs Kapiteln breitet er die Thematik in einer theoretischen
Diskussion aus und füllt diese mit einer Reihe von praktischen
Beispielen aus dem gesellschaftlichen und alltäglichen Leben
der Menschen auf. Im ersten Kapitel geht es um das Verhältnis
von Sitte und Ethik und den Zusammenhang zur Moral. Die
Vertracktheit der so genannten „Objektivität“ wird am Beispiel von ethischen Begründungen, etwa den Zehn Geboten
objektiv diskutiert. „Du sollst nicht töten“ als eine Grundnorm
menschlichen Zusammenlebens verstanden, beruht auf einem
„authentischen Urteil“, das sich in der Zwangsjacke zwischen
Handlungsfähigkeit und Handlungsfreiheit befindet. Sind damit
Selbsttötung und Todeswunsch von Schwerkranken wider
einer Auffassung vom guten Leben? Gibt es einen Gegensatz
zwischen einem situativen und einen universalen Denken und
Handeln? Ist die Erforschung von embryonalen Stammzellen
sittlich? Gibt es eine ethische Begründung für die Todesstrafe?
Wir merken: Der Autor steckt mitten in den Dilemmata unserer
Welt. Sein Mühen darüber gibt uns nicht auf alle Fragen und
Probleme Antworten; aber die Schneisen, die er in den Diskurs
einbringt, lichten das Dickicht ein wenig.
Ethik und Moral
Mit dem zweiten Kapitel zeigt Wilhelm Vossenkuhl einige
Grundprinzipien einer „Ethik als Konfliktwissenschaft“ auf. Im
Wesentlichen geht es dabei darum, eine „moralische Selbstbefähigung“ der Menschen zu erreichen; gleichzeitig aber
auch, die Grenzen dieses Anspruchs zu erkennen: „Es muss
eine Hoffnung darauf geben, dass das gute Leben möglich ist,
obwohl wir wissen, dass wir es durch die eigenen moralischen
Leistungen nicht verdienen können“.
55
'bb' 116-2/2006
Globale Verantwortungsethik
Im dritten Kapitel geht es um das Begriffspaar „Freiheit und
Verantwortung“. Beide ethische Normen werden im lokalen
wie im globalen Diskurs nicht nur unterschiedlich ausgelegt,
sondern auch in teilweise gegensätzlicher Weise gesetzt. Wenn
die Freiheit des Menschen eine ganz menschliche Eigenschaft
ist und der Wille nach Freiheit ein grundlegendes menschliches Bedürfnis darstellt, dann bedarf es eines intensiveren
Nachdenkens und Tuns als dies sich in unserer egoistischen
und konsumorientierten Existenz darstellt; die Erkenntnis und
das Bemühen um einen neuen (ethischen) Verantwortungsbegriff sind notwendig.
Die „Unbeständigkeit“ des Guten im Menschen
Wie die Wege dahin möglich sein könnten, diskutiert der Autor
im vierten Kapitel „Das Gute, das Richtige und das gute Leben. Moralisch gute Handlungen nämlich „bilden den Kitt des
individuellen und kollektiven guten Lebens“. Das Problem stellt
sich nur dadurch, dass wir von einer „Unbeständigkeit des
Guten“ im menschlichen Leben ausgehen müssen. Ein Ausweg
aus dieser Realität wird dadurch aufgezeigt, dass das Bewusstsein vom guten Leben als „mögliche Wirklichkeit“ aufgefasst
wird; niemals als ein von Menschenallmacht geschaffenem
Faktum. „Gutes Leben“ wird im allgemeinen Verständnis meist
unabdingbar verbunden mit den Gütern dieser Erde.
Was ist notwendig für ein gutes Leben?
Dass „das gute Leben und die Integration von Gütern“ einer
Wertediskussion wert ist, zeigt Vossenkuhl im fünften Kapitel
auf. Spätestens hier kommt eine weitere schillernde Erwartungshaltung ins Spiel, die Frage nach dem Glück. Mit den
Denkkategorien, wie sie etwa John Rawls, J. S. Mill u. a. in
die Diskussion um „Verzichtbares und Unverzichtbares“ im
(guten) menschlichen Leben eingeführt haben, mahnt er an,
dass ein gutes Leben in einem sozialen Ganzen nicht erreichbar sei, wenn die Ziele der Verteilungsprozesse von Gütern auf
der Erde nicht kooperativ und integrativ erfolgten. Es gehe um
den „Maßstab der Schuldigkeit“, den Menschen Menschen
schulden.
Gerechte Verteilungsethik
Im sechsten und letzten Kapitel versucht der Autor, „die
Möglichkeit des guten Lebens“ im Sinne von „Risiken und
Nebenwirkungen“ zu diskutieren. Mit der von ihm entwickelten
„Maximenmethode“ will er einerseits die Aufgaben und die Bedeutung der gesellschaftlichen, nationalen und internationalen
Einrichtungen bei der gerechten Verteilung von Gütern deutlich
machen; andererseits aber auch und besonders die Anforderungen und Möglichkeiten des Individuums zum ethischen
Handeln aufzuzeigen. Damit für den Einzelnen „Ethik zur
Pflicht“, besser vielleicht zum selbstverständlichen Denken
und Handeln wird, bedarf es einer Änderung der vielfach
vorherrschenden „intoleranten, kompromisslosen weltanschaulichen Fixierung“.
Wilhelm Vossenkuhl gibt in seiner Auseinandersetzung eine
Reihe von Anregungen, wie ein „gutes Leben“ für alle Menschen auf der Erde möglich sein könnte. Die Möglichkeitsform
56
dabei klingt in seinen Ausführungen nicht resignativ oder
fatalistisch; aber auch nicht euphorisch. Immer wieder erinnert
er mit den zahlreichen konkreten Beispielen daran, dass die
Welt der Menschen nicht so ist, wie sie sein könnte und sollte.
Sitte, Charakter, Moral, Willensfreiheit und Verantwortungsbewusstsein sind Stützpfeiler für ein gutes Leben, das es noch zu
schaffen gilt.
Jos Schnurer
Renate SCHUPP und Waltraud M. JACOB (Illustr.)
Advent in der Sterngasse. Ein Bastel-Adventskalender mit einem Leporello zum Aufstellen.
Für Kinder ab 5. Kaufmann-V, Lahr 2005, 52 S.
durchgehend farbig illustriert, kartoniert, 12,95.
ISBN 3-7806-0836-7
M. MORGENROTH und Anja REICHEL (Illustr.)
Die Adventsbande. Ein Adventskalender zum
Vorlesen und Ausschneiden. Für Kinder ab 6
(Text) und ab 4 (Basteln) Jahren. Kaufmann-V.
Lahr 2005, 52 S., durchgehend farbig illustriert;
mit einem Poster, kartoniert, 12,95. ISBN 37806-0833-2
R. KRENZER und Renate BAARS
Sternen Adventskalender. Ein Folien-Adventskalender zum Vorlesen, Ausmalen und Gestalten
eines Fensterbildes. Für Kinder ab 4 (Text) und
3 (Basteln). Kaufmann-V., Lahr 2005; 28 S.,
durchgehend farbis illustriert; geheftet, 12,95.
ISBN 3-7806-0835-9
Sterngasse: Wenn ich noch ein Kind wäre und mir wünschen
dürfte, wo ich gern wohnen möchte (natürlich außer in Bullerbü, Schlaraffenland und am Action-Park Wermelskirchen!): die
Sternengasse wäre in der allerengsten Wahl. Das weiß ich so
genau, weil ich diese Gasse schon gesehen habe. Als Leporello
steht sie vor mir auf dem Tisch. Das besondere an dieser Gasse
ist, dass ausnahmslos in allen Häusern Familien mit Kindern
wohnen. In der Adventszeit geht es deshalb dort besonders
geheimnisvoll zu, genau so, wie natürlich überall, wo viele
Kinder wohnen. Der einzige Unterschied ist, dass es in der
Sternengasse über jede Wohnung eine besondere Geschichte
gibt. Zum Beispiel über Nicki, Franziska und Nele. Bei denen
steht eines Tageshokuspokus – eine komische Tüte im Schrank.
Oder, nächstes Beispiel, bei Nico und Pascal fängt der Adventskranz Feuer, und die Eltern sind nicht zu Hause. Opa hinwiederum – das letzte Beispiel und dann wird hier nichts mehr
verraten – erzählt seinem Enkel Daniel, warum ein kleines
Holzkästchen das schönste Geschenk seines Lebens war.
Also, wie alle Jahre wieder passieren auch heuer in dem
neuen Adventskalendern „Sterngasse“ – diese Gasse aus dem
Kalender ist nämlich gemeint – ganz viele Dinge, die unter
gar keinen Umständen hier verraten werden dürfen. Nur so
viel sei gesagt: es ist unglaublich spannend, sich an jedem
'bb' 116-2/2006
Adventsabend, der zwischen dem 1. Dezember und Hl. Abend
liegt, also 24mal, auf eine neue Vorlese-Geschichte zu freuen
und wenn es so weit ist, beim Zuhörendürfen ein weiteres Bild
sorgsam auszuschneiden und an seinen Platz im Adventskalender zu kleben. Neuplatt gesprochen, könnte man ohne
Übertreibung sagen: die Advents – Kalender aus Lahr sind
längst „Kult“!
Dieser Kult speist sich nicht nur aus der gekonnt kindgemäßen Aufmachung der Kalender . Und auch nicht bloß aus
der alten, frommen, badischen Advents-Sitte der Machart des
‚Alle-Jahre-wieder-Bastelkalenders‘. Er lebt auch davon, dass
ständig neue Geschichten erfunden werden. Oder hätten Sie
vorher schon „Die Geschichte von der Tüte im Schrank“ oder
„Die Geschichte vom Morgenspaziergang“ gekannt? Na, sehen
Sie: das rührt eben daher, dass niemand jemals vorher schon
die neu erfundenen Kalendergeschichten zu hören bekommt.
Deshalb ist es für Kinder und vorlesende Omas oder Großväter so aufregend, wenn sie am 1. Dezember abends endlich
miteinander die Sterngasse betreten dürfen. Die Häuser und
mittendrin die Kirche haben zwar noch leere Fensterhöhlen,
und deshalb sieht auf den ersten Blick alles ein wenig unheimlich aus. Mit jedem Bild aber, das die Kinder Abend für Abend
ausschneiden und in die Fenster des Leporellos kleben dürfen,
belebt sich die Sterngasse mehr und mehr.
Der Rez. plädiert jedes Jahr entschlossen dafür, dass
Paten ihren Patenkindern, dass Großeltern ihren Enkeln zum
1. Advent einen altersbezogenen (hier: ab 5 Jahre) Vorlesekalender schenken; dass Erzieherinnen im Kindergarten und Lehrerinnen der Eingangsstufe GS morgens den Schultag damit
beginnen (oder beschließen), und dass unsere Kinder auf diese
Weise mit hineingenommen werden in das unvergleichliche
adventlich-weihnachtliche Geschehen, das sich begab, als
Cyrenius Landpfleger in Syrien war.
***
Adventsbande: Wenn eine Bande im Anmarsch ist, dann, so
sagt der gesunde Menschenverstand, sollte man sich lieber
rasch verdrücken. Wer weiß, was die im Schilde führen. Man
muss ja morgens beim Frühstück nur BILD aufschlagen.
Sich beim Anblick der Adventsbande klammheimlich aus
der Buchhandlung zu stehlen – das hinwiederum wäre gegen
den zitierten Menschenverstand, es wäre das Falscheste, was
man überhaupt nur machen könnte. Denn Paul, Franzi, Marc,
Jojo und Marie vom Kornmühlenwinkel wollen uns nicht
Mores lehren oder gar an den Kragen. Nein, ganz im Gegenteil, sie wollen uns fröhlich begleiten vom 1. Dezember zum
Heiligen Abend, und wir werden dann schon sehen, was alles
man im Schlepptau solcher Gesellen erleben wird. Man darf
gespannt sein!
Jedenfalls, und so viel will ich schon mal rauslassen, wer
sich auf die kleinen Gesellen vom Adventskalender einlässt,
der hört jeden Abend eine spannende Geschichte und weiß am
Ende ganz genau, was es nun mit Frau Knesebecks Nachthemd und ihrer Liebe zu Einbrechern auf sich hat, warum
der böse Wirt eine Clownsglatze mit lila Zotteln auf dem Kopf
trägt oder was den armen Paul ausgerechnet am 5. Dezember
erschrocken unter seiner Brille hervorzwinkern und an Heilig
Abend hippsfidel ganz viel Geld, nämlich 244 Euro 42 aus
seinem Räuberhut auf die Bühne kippen lässt, bevor er einem
Schaf die Zunge rausstreckt!
Wie bei allen Lahrer Adventsvergnügen gibt’ts jeden
Abend ein Bildchen auszuschneiden und aufzukleben. Pünktlich zu Hl. Abend ist dann ein wunderhübsches, farbiges
Poster (A 2) entstanden mit dem Marktplatz drauf und den
bunten Häusern drumherum. Und mitten auf dem Platz die
kleine Theaterbühne, auf der die Adventsbande ein Stück aufführt. Und das wiederum hat etwas zu tun mit Pauls Räuberhut. Aber - was nur, in aller Welt ?
***
Sternen: Zur Advents- und Weihnachtszeit dürfte es hierzulande kaum ein Haus geben, das ohne Sternschmuck bliebe.
Seit es sich zu der Zeit begab, dass der „Stern von Bethlehem“
die Menschen der Heiligen Nacht zum Kind in der Krippe
leitete, sind bis auf den heutigen Tag Sterne aller Größen,
Arten, Farben, Materialien, Erscheinungsformen und Strahlgrade unsere Begleiter auf dem Weg zur Geburt des Heilandes
geworden; Sinnbild für Liebe und Freude und Freiheit sind sie,
für die Güte Gottes und das Erbarmen des Nazareners mit der
leidenden und oft verzagten Kreatur.
Weil nun Klein-Lena und das eifrige Mäxchen der Mutter
in den adventlich-vorweihnachtlichen Tagen besonders gern
helfen, Plätzchen in Sternenform auszustechen oder an den
langen, anheimelnden Abenden miteinander Strohsterne zu
basteln, um Türen und Wände damit zu schmücken, lag die
Idee nahe, wie in diesem Jahr geschehen, dass Kinder sich
mit den Sternen gemeinsam aufmachen, um den Weg zu
finden „...in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt
Bethlehem...“. Es ist der Weg, der im Adventskalender am 1.
Dezember beginnt und am Heiligen Abend sein Ziel, Josef mit
Maria und das Kind in der Krippe, erreicht haben wird.
An jedem dieser unvergleichlichen Tage im Advent geht
am Kalenderhimmel ein neuer Stern auf. Ganz viele kommen
da nach und nach zusammen:
• Als kleine farbige Vorlagen schmücken sie Seite um Seite
der abendliche (Vorlese-) Geschichte;
• zusätzlich gibt es sie noch in etwas größerer Form zum
Anmalen und – das werden die Kleinen besonders toll
finden:
• an jedem Abend lässt sich ein dritter Stern von einer Folie
abziehen und ans Fenster kleben: sobald die letzte der
24 Adventsgeschichten verklungen ist, kann sich jeder an
diesem herrlichen Bild erfreuen: 25 kleine, ein ganz großer und noch ein Schweifstern glitzern dann am (Fenster-)
Sternenhimmel über der Stadt mit ihren bunten Häusern.
Auch letztere dürfen, genauso wie die Sterne, von der
Folie abgezogen werden. Sie zieren den unteren Rand des
Fensters.
Der Vorlesetext erzählt die uralte biblische Weihnachtsgeschichte sozusagen in Etappen. Dazwischen sind Erzählungen
eingestreut, die im Heute spielen. So verknüpft sich das
Staunen derer, die sich alle Jahre wieder neu „...über das, was
ihnen die Hirten gesagt hatten...“ wundern mit dem, was man
mit großer Freude zu hören bekommt, wenn in unseren Tagen
von den kleinen und großen Wundern berichtet wird, die sich
hier und dort begeben haben. Es ist ja schließlich „fröhliche,
selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“.
57
'bb' 116-2/2006
Ilse LICHTENSTEIN-ROTHER [ + ]. Neubearbeitet von
Edeltraud RÖBE
Grundschule. Der pädagogische Raum für
Grundlegung der Bildung. Beltz-V., Weinheim
und Basel, 2005/7. neubearbeitete Aufl.; 344
S.; broschiert, 26,90. ISBN 3-4072-5231-5
Diesen Klassiker gibt es seit 20 Jahren. Die Neubearbeitung
durch die Erziehungswissenschaftlerin (Pädagogik und Didaktik der Primarstufe) Edeltraut RÖBE ist „eine kritische Durchsicht der alten Fassung vor dem Hintergrund neuer Untersuchungen... und Entwicklungen“ [S.15].
Insgesamt wenig stark verändert präsentieren sich die drei
vorwiegend schulpädagogisch ausgerichteten Kapitel, nämlich
dasjenige
• mit der grundlegenden Betrachtung des Verständnisses
von Schule und Schülersein; desgleichen das
• mit der Überschrift: „Grundlegung und Kindorientierung
strukturieren das pädagogische Konzept der Grundschule“;
schließlich noch dasjenige,
• bei dem es um die „Grundschule als kindorientierten
Lern-, Lebens- und Handlungsraum“ geht. Hier verweist
die Autorin auf den überraschenden „Modernitätsstand“
insbesondere der Abschnitte über „Freie Arbeit“: damals noch, in der 1. Auflage, eine überwiegend kritisch
hinterfragte Methode, heute längst „Markenzeichen eines
>modernen Unterrichts<“. Derzeit wird in diesem Zusammenhang eher kritisiert, das Freie Arbeiten habe sich
verkehrt in ein „rastloses Abarbeiten von Aufgabenpensen
eines wuchernden Lernmittelmarktes“, wobei nach wie vor
„eine Vergewisserung über die pädagogische Sinnstruktur
und eine entsprechende pädagogische Vorordnung“ fehle.
Da ist sicher ‘was dran.
Während es genügte, die drei (von insgesamt fünf) genannten Kapitel gründlich zu überarbeiten, musste ein weiteres,
nämlich das mit den Ausführungen über das Lesenlehren
und -lernen, und damit über den zentralen Lernbereich aller
grundlegenden Bildungsarbeit, völlig neu geschrieben werden.
Die Autorin weist zurecht auf das „enorme Innovationspotential“ hin, dem man heute – im Unterschied zur Mitte der 70er
Jahre – schulgeschichtlich, unterrichts- und lerntheoretisch begegne. Die Grundlage der schriftsprachenbezogenen Forschung
habe sich gewaltig erweitert. Diese Entwicklungen spiegeln
sich in der kapitelweise unterschiedlichen Überarbeitungsdichte das vorl. Buches wider.
In seinen neu konzipierten Teilen, insbesondere also im
Kapitel III über den Schriftspracherwerb, geht die Ludwigsburger Pädagogin der Frage nach, ob sich der fortschreitend
ausgeweitete Forschungsstand mit seinen vielfältigen Ergebnissen „überhaupt noch in ein pädagogisch-didaktisches Handlungskonzept der Regelschule übersetzen“ lässt. Schließlich
litten Lehrerinnen heute mehr denn je darunter, dass sich in
ihren pädagogischen Disziplinen die weitverzweigten Ergebnisse erziehungswissenschaftlicher Forschung schon längst
nicht mehr und oft noch nicht einmal ansatzweise überblicken,
geschweige denn internalisieren lassen. Dessen eingedenk,
war es eines der Ziele des Rez., mit der 1977 von ihm begrün-
58
deten religionspädagogischen Fachzeitschrift, ‚braunschweiger
beiträge‘, allen am Unterrichtsprozess Beteiligten relevante
Forschungs- und Praxisergebnisse aus der Päd. Psychologie,
den Erziehungswissenschaften und der Religionspädagogik in
möglichst übersichtlichen, knappen Beiträgen zugänglich zu
machen, damit sowohl das fachliche Interesse, als auch die
unterrichtliche Kompetenz wachse.
Letzteres ist, versteht sich fast von selbst, auch die Absicht der Kollegin RÖBE. Dabei schöpft und gewinnt sie Ihre
innovativ-unterrichtspraktische Komponente aus zwei Quellen.
Am wichtigsten, erstens, sei es ihrgewesen, ihr stetig auf den
neuesten Stand der Forschung gebrachtes Unterrichtskonzept
für die GS gemeinsam mit einem Kreis von sieben engsten Mitarbeiterinnen in konkrete Handlungsschritte zu übertragen und
es dann im Schulunterricht über einen langen Zeitraum hin
mehrfach zu erproben resp. zu verbessern. Diese, generell für
die Arbeit an Päd. Hochschulen, typische Vorgehensweise ist
unerlässlich, überprüft sie doch Forschung und Lehre an der
unmittelbaren Unterrichtspraxis in den Grundschulen vor Ort,
in Kleinklickersdorf und Humpelstadt-Nord.
Der Autorin kommt die gegenwärtige, in Ansätzen deutlich
erkennbare Rückbesinnung der Schule „auf ihre anthropologische, pädagogische und politische Verantwortungsdimension“, also auf Bildung im ursprünglichsten Sinne, gerade recht.
Wenn Bildung, wie B. ROBINSOHN bereits 1967 (Bildungsreform als Revision des Curriculum, Neuwied, S. 13) schrieb,
„eine Ausstattung zum Verhalten in der Welt“ ist, dann berührt
das zugleich den Bildungsauftrag der Grundschule, nämlich,
das Kind auf den (lebens-)langen Weg des Bildungsprozesses
zu stellen und seine ersten Schritte ermutigend zu begleiten.
Die GS, so die Autorin, sei nachgerade dazu prädestiniert,
dem Kind in der Art des Miteinanderlebens in einem Raum,
der Sicherheit und Geborgenheit ausstrahle, zugleich „die
sozial- kommunikative und die athmosphärisch-erlebnismäßige
Dimension“ zu erschließen. So steht‘s hoffentlich genau im
Stammbuch jedes Grundschulpädagogen geschrieben.
Die zweite Quelle, aus welcher die Neubearbeitung
schöpft, sei „die nahe und reflexive Aufmerksamkeit für Kinder
und LehrerInnen in ihrem Lern- und Lehrprozess“. Hier schöpft
die Autorin aus zahlreichen Examensarbeiten, die das Verhältnis der in der Schule miteinander lebenden Partner, Kinder und
Lehrerinnen, hochkonzentriert begleitend aufgezeichnet haben
und damit sowohl den Reflexionsprozess bei den Unterrichtenden intensivierten als auch den Lernprozess der Kinder
förderten.
Das Buch schließt mit einem Gedanken aus der Feder
des Pädagogen und Philosophs H.v. HENTIG (Der technischen
Zivilisation gewachsen bleiben; Weinheim und Basel 2002, S.
309), mit welchem auch diese Betrachtung abgeschlossen sei:
Das Nachdenken über die Grundschule „als pädagogischer
Raum für Grundlegung der Bildung“ sei ein Nachdenken
über den Maßstab „Menschlichkeit“. Darum diene die Schule
„nie nur der Einübung in die Gegebenheiten und Gesetze der
Welt, sondern stärkt immer auch die Wahrnehmung, dass der
Mensch der Herr über seine Geschöpfe ist. Das macht – nicht
zum geringsten Teil – seine Würde aus.“ So ist es.
'bb' 116-2/2006
PHILIPP, E. und H. RADEMACHER
Konfliktmanagement im Kollegium. Arbeitsbuch
mit Modellen und Methoden. Beltz Pädagogik,
Weinheim und Basel 2002; 126 S., broschiert,
19,90. ISBN 3-4072-5260-9
Der eine beschäftigt sich im Hess. Landesinstitut für Pädagogik mit dem Projekt „Konfiktbearbeitung und Gewaltprävention“. Der andere, ein Diplompädagoge, ist freiberuflicher
Trainer und Berater. Die beiden haben miteinander aufgeschrieben, welche Methoden sie in den zurückliegenden
Jahren erprobt haben, auf dass man sie im Trainung, bei der
Fortbildung und für den Einsatz im Schulalltag (s. u. auch die
Rezension „Mediation an Schulen verankern“) gebrauche. Es
geht um das leidige Thema des Konfliktmanagements in der
Schule.
Im ersten Kapitel stellen sich die schon vorhandenen, in der
Praxis erprobten Methoden zur Konflitbewältigung vor. Das
sind u.a.
• das Eskalationsstufenmodell von Friedrich GLASL. Sein
9-Stufen-Analyseinstrument reicht von „Verhärtung“ bis
„Gemeinsam in den Abgrund“;
• die sechs unterschiedlichen Konflikt-Lösungsvarianten nach G. SCHWARZ. Sie reichen von „Konsens“ bis
„Flucht“;
• das „Wertequadrat“ stammt von F. Schulz-von-Thun
(1981), das neu überarbeitete von W. Schley aus 1999
(Bewahren – Verändern – Erstarrung – Aktionismus).
Beide sind zur Stärkung der Sensibilisierung gedacht, mit
dem Ziel, „(Werte-) Konflikte so zu führen, dass man nicht
an den entwertenden Übertreibungen, sondern an den
spannnungsgeladenen Grundqualitäten ansetzt“ (S. 35);
• das Modell der „vier Teamkulturen“ basiert auf Fritz
RIEMANNs klassischem Modell der vier „Grundformen
der Angst“ von 1974. Es ist ein Koordinatensystem, ein
„persönlichkeits-theoretisches Wegweisen“. Damit lassen
sich Personen und ihre Beziehungen zueinander im Wertekonflikt besser einschätzen. Die vier Koordinaten sind
Wechsel – Dauer – Distanz – Nähe;
• weithin bekannt ist das „Nachrichtenmodell“ von F.
Schulz-von-Thun. Danach enthält jede Nachricht vier
verschiedene Botschaften (den Sachinhalt; Infos über den
Sender ; den Appell an den Empänger und eine Aussage
über die Beziehungen zwischen beiden). Auf diesem Modell basiert das System der vier Kommunikationsstile der
amerikanischen Familientherapeutin V. SATIR: Beschwichtigen – Anklagen – Rationalisieren-Ablenken.
• GLASL u.a. entwickelten 1990 die „Sieben Wesenselemente einer Organisation“ (z.B. der Schule). Das Modell
soll dazu dienen, das Lernklima hauptsächlich in Schulen
zu verbessern, denn „die Folge destruktiv ausgetragener
Konflikte sind hoher Krankenstand, Berufsunzufriedenheit
und Demotivierung“ (S. 45).
• Schließlich zielen auch das „Harvard-Konzept“ (FISHER
u.a. 2000) und „Das pädagogische Hexagon“ (K. FALLER,
1996 ff.) darauf ab, im Schulbereich, Kollegium eingeschlossen, länger währende Konflikte zu verhindern und
effektive Lösungen zu finden.
Alle diese Modelle werden auf über 60 Seiten so erfreulich
ausführlich vorgestellt, dass auch die im Problemfeld zunächst
weniger Bewanderten einen ersten guten Überblick über die
vielfältigen Möglichkeiten von Konfliktmanagement, damit aber
auch Sensibilisierungshilfen gewinnen. Experten sind sie damit
freilich noch nicht gleich.
In einem weiteren Teil des vorl. Buches folgt der oben
kurz vorgestellten eine nicht minder umfangreiche Sammlung
von Methoden , sprich: präzise Handlungsanweisungen für
Training, Fortbildung und den Einsatz im Schulalltag.
Es ist also zwischen den Buchdeckeln das beieinander,
was man sich von einem Arbeitsbuch zum Konfliktabbau
wünscht:
• praxisnah beschriebene theoretische Grundlagen des Konfliktmanagements, hier: Konflikttypologien und -verläufe,
sowie
• die entsprechenden Methodenkapitel („Methoden der
Konfliktbearbeitung“) und zwar sowohl für „Training und
Fortbildung“ als auch für „Konfliktbearbeitung im kollegialen Alltag“ .
Nimmt man alles zusammen, so sind Konflikttrainer, Schulmediatoren, Fortbildner, Schulleitungsmitglieder, Personalräte und
Lehrkräfte mit dem Philipp/Rademacher gut beraten.
KAEDING, P. u.a. (Hrsg.)
Mediation an Schulen verankern. Ein Praxishandbuch. Die Verbesserung des Schulklimas.
Beltz-V., Weinheim und Basel 2005, 128 S.,
Kart. 1690. ISBN: 3-4076-2537-5
„Was können wir nur machen, dass unser Schulklima besser
wird?“ Schulleiter auswechseln? Schüler vermöbeln? Eltern
anmachen? Ferien verlängern? Das Herausgeberteam hatte
sich auf den Schulhöfen im Lande, bei Fach- und Fortbildungskonferenzen der Lehrerschaft und in Beratungsgesprächen mit Eltern so oft dieser Frage stellen müssen, dass
es beschloss, ihr auf den Grund und das Problem anzugehen.
So machten sich an die Arbeit: einer von der ‚Beratungsstelle
Gewaltprävention‘, eine vom ‚Institut für Konfliktaustragung
und Mediation‘, eine Diplomsozialpädagogin und ein Theaterpädagoge, der zugleich auch ‚Trainer in Zivilcourage für
Erwachsene und Jugendliche‘ ist.
Das Team erarbeitete drei Modellprojekte aus und erprobte
sie an 24 Hamburger Schulen aller Schulformen. Das Ergebnis
in Buchform vorzulegen, ergab sich dann von selbst. Das Ziel
der Autoren war herauszufinden, wie sich Streit an Schulen
(am besten durch Schüler selbst!) schlichten lässt. Wenn
andernorts dafür Begriffe und Systeme wie Schüler-Mediation,
Konfliktlotsen, Konfliktschlichter o.ä gebraucht werden, so
ist dennoch immer das gleiche gemeint: „Schüler werden zu
Konflikthelfern für ihre Mitschüler ausgebildet“ (S. 9).
Der erste Teil des Buches zeigt – übrigens alles immer mit
Beispielen aus der Praxis unterfüttert – wie es möglich wird,
Schulleitung und Kollegium in das Projekt einzubinden, sie
dafür zu begeistern. Beratungsgespräche und pädagogische
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'bb' 116-2/2006
Jahreskonferenzen dienen der Entwicklung von je auf die Einzelschule abgestimmten Projekten.
Mit dem nächsten Schritt ist man schon mitten drin in
der Erprobungsphase: eine Zeitleiste ist zu bedenken, und
sowohl schulinterne Projektgruppen als auch Supervisoren
von außen sind unerlässlich. Des weiteren sind Elternschaft
und Lehrkräfte in das Projekt einzubinden. Die Öffentlichkeitsarbeit zu forcieren und regelmäßig für Streitschlichtung zu
werben, das gehört ebenfalls dazu. Im Laufe der Zeit hat sich
herausgestellt, dass mit ca. 60 Stunden zu rechnen ist für die
Zurüstung schuleigener Mediationslehrkräfte, die ihrerseits
Streitschlichter ausbilden.
Unter dem Stichwort „Systempflege“ berichten die Autoren von mehrjährigen Erprobungen, schildern ihre neu gewonnenen Einsichten, wozu auch das gehört, was sie durchlitten
haben. Ihre Tipps sollen helfen, sich rechtzeitig auf Probleme
einzustellen. Die Evaluation des Projekts gibt den Überblick
über dessen Verlauf. Die Autoren zeigen mit ihrer Schrift sehr bemerkenswerte
Wege der Verankerung von Schlichtung in Schulen auf. Sie
blieben übrigens in den Projektschulen so lange am Ball, bis
sie den Eindruck gewonnen hatten, dass die Streitschlichtung Fuß gefasst hatte. Die Trainings von Jugendlichen und
Lehrkräften, so die Autoren (S.116), beinhalten Elemente der
konstruktiven Konfliktlösung mit Hilfe von Methoden der Spielund Theaterpädagogik, der Mediation sowie der interkulturellen Bildung. Externe statt interner Schulberatung verhindert
übrigens, dass die Mediation als Hobby einzelner Kollegen
angesehen und deshalb abgewertet wird.
Das vorl. Werk überzeugt in zweierlei Hinsicht:
• es zeigt bis in die kleinsten Schritte hinein ganz praktisch,
wie Schülerschlichtung im Raum von Schule etabliert
werden kann und
• es ist sozusagen ein kompletter, lückenloser Fortbildungsplan, an welchem entlang jede Schule schon morgen mit
einem ‚Projekt Schülerschlichtung‘ beginnen kann, und
zwar selbstverständlich unter aktiver Beteiligung aller in
ihrem Bereich vorhandenen Personen und Gruppierungen.
T. MPFENDÖRFER und D. FALLER (Illustr.)
Der Schutzengel und das gestohlene Christkind. Ein Adventskalender zum Vorlesen und
Ausschneiden. Für Kinder ab 5 (Text) und ab
4 (Basteln). Kaufmann-V., Lahr 2005. 52 S.,
durchgehend farbig illustriert, mit einem Poster
zum Einkleben; kartoniert, 12,95. ISBN 3-78060834-0
Das Christkind ist weg. Unauffindbar. Selina muss etwas
unternehmen: zusammen mit ihren Freunden setzt sie alles in
Bewegung, um das Christkind für das Krippenspiel zu finden.
Dies ist der rote Faden, der sich durch den schönen Adventskalender mit Poster zieht.
An den 24 Tagen (1. Dezember – Hl. Abend) bekommt
man aber auch viel von dem bunten Alltag in Selinas Leben
mit: Da ist ein Zirkus in der Stadt - mit einem echten Esel und
einem echten Kamel-, da muss Selina ihren kleinen Bruder
zu ihren Freunden mitnehmen und auf ihn aufpassen und da
bekommt Selina ihren Blinddarm herausoperiert und wartet
auf ihren weit weg beschäftigten Vater.
Vor allem aber hat Selina ihren Schutzengel Bertie, den
die Erwachsenen nicht sehen können , der Selina vor fahrenden Autos beschützt, der ihren Bruder rettet, wenn sie nicht
aufpasst, der ihr bei der Christkindsuche hilft und der immer
für die da ist.
Ein einfallsreicher Kinder-Krimi mit lebhaften Schilderungen, jeden Tag eine knappe, spannende Geschichte, die das
Rätsel um das Christkind bis kurz vor dem Ende offenlässt!
Einzig der Bezug auf das eigentliche Christfest scheint etwas
zu kurz zu kommen.
Kirsten Reinmuth
Hat man erst einmal selbst erfolgreich mit dem Buch gearbeitet, dann kann man sich Schule ohne Mediation schlechterdings nicht mehr vorstellen. Und alle diejenigen Kollegen
atmen auf, die immer schon auf der Suche waren nach einem
praktischen Kompendium zur Einübung von Konfliktstrategien,
speziell von Schülerschlichtung. Wie wäre es damit, sich den
‚Kaeding‘ bei der nächsten Lehrerkonferenz (unter Assistenz
eines kundigen Kollegen?) gemeinsam reinzuziehen?
Unterricht Beteiligten voneinander haben sollten, was die
moderne Schule vom Schüler fordern muss und die Berufswelt
(*) Mit allen Bezeichnungen sind Frauen und Männer in gleicher
Weise gemeint. Eine sprachliche Differenzierung im Wortlaut wird aus
Gründen der Klarheit und Verständlichkeit nicht vorgenommen.
Wilhelm R. Reinmuth (*)
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'bb' 116-2/2006
inhalt 'bb' 116-2/2006
liebe leser
1
meditation
3
fachbeitrag: das epitaph „der weinberg des herrn“ von lucas cranach im religionsunterricht
der sekundarstufe I
6
der einsatz der methode: lernen an stationen zum thema „judentum“
8
hans-georg babke
hans-georg babke
u-stunden:
ilse sievers
torsten söder
fachbeitrag:
theologische probleme des projekts „weltethos“ von hans küng aus evangelischer sicht
44
die friedensethik dietrich bonhoeffers noch aktuell?
47
christof gestrich
fachbeitrag:
betrachtungen anlässlich seines 100. geburtstages und 60. todestages
reinhold mokrosch
fachbeitrag:
kooperative entwicklungssteuerung und selbstmanagement kess
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lehrpersonen trainieren kooperative entwicklungsberatung
für sich selbst und ihre schüler
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