Showcase «Gute Werbung verschwendet keine Aufmerksamkeit, sondern belohnt sie» Die Werbestatistik weist einen klaren Trend aus: Die Gattungen Fernsehen, Aussenwerbung, Messen und Direktwerbung gewinnen Marktanteile. Grosse Verliererin ist die Printwerbung. Entsprechend hoch ist der Kostendruck in den Verlagshäusern. Rudolf Bochsler hat von 2002 bis 2008 die Informatik beim Aargauer Medienhaus AZ Medien geleitet und dort erfolgreich das Kosten-Nutzen-Verhältnis der IT optimiert. Heute befasst er sich mit dem Business Case Direktwerbung. Der Kostendruck ist auch hier ein Thema – wegen der Rezession. Herr Bochsler, als IT-Chef sind Sie für die IT-Branche ein attraktiver Adressat für Werbebotschaften. Wie lesenswert finden Sie Post, die Ihnen ungefragt zugestellt wird? Bei den meisten Werbesendungen fühle ich mich zu wenig persönlich angesprochen. Die Werbeflut kann schon nerven. Es gibt aber auch Mailings, die gut aufgemacht sind und interessante Neuigkeiten vermitteln. Hand aufs Herz: Wann haben Sie das letzte Mal eine Werbesendung gelesen und beantwortet? Ich werfe in der Regel einen kurzen Blick darauf. Wenn mich nichts fesselt, bleibt es beim kurzen Blick. Es kommt aber auch vor, dass ich auf einen Werbebrief antworte – vielleicht drei oder vier Mal im Jahr. Zur Person Rudolf Bochsler, 49, hat sich nach seiner Maschinenschlosserlehre zum Energietechniker und Wirtschaftsinformatiker weitergebildet. Von 1985 bis 1997 war er bei der ABB Kraftwerke AG als Messtechniker und anschliessend als Leiter IT Operations beschäftigt. In den folgenden fünf Jahren führte er bei den Basler Versicherungen den Bereich IT-Betrieb & Support. Von 2002 bis 2008 wechselte er als Leiter Informatik zur AZ Medien Gruppe AG. Heute ist er Head of IT & Production bei der AZ Direct AG (AZ Direct hat nichts mit der AZ Medien Gruppe zu tun). Rudolf Bochsler ist verheiratet und Vater von vier Töchtern. 8 cablecom BUSINESS FACTS 2 /09 Im Direktmarketing gibt es anonyme und adressierte Werbung. Was zeichnet adressierte Werbung aus ausser die Tatsache, dass sie nicht am Kleber «Bitte keine Reklame» scheitert? Bei der adressierten Werbung lassen sich Streuverluste durch eine professionelle Selektion von Adressen auf ein Minimum reduzieren. Je persönlicher sich der Empfänger einer Werbebotschaft angesprochen fühlt, desto mehr Interesse weckt sie. Das ist das Ziel dieser Werbung: Interesse wecken und Reaktion auslösen. An dieser Stelle kommt ein weiterer Vorteil der adressierten Werbung ins Spiel: Die ResponseElemente können auf eine bereits gespeicherte Adresse referenzieren. Dies erleichtert die Abwicklung des Dialogs. Tatsächlich generiert die Direktwerbung am meisten Leads von allen Werbeformen. Ihre Stärken kann diese Werbeform allerdings nur unter zwei Bedingungen voll ausspielen: Die Werbebotschaft muss perfekt zur Adresse und die Adresse perfekt zum Empfänger passen. Das setzt zum einen voraus, dass die Adressbestände konsequent gepflegt werden, und zum andern, dass für den Versand nur Adressen eingesetzt werden, die zur definierten Zielgruppe passen. Wie gut schneidet Direktmarketing heute bezüglich Akzeptanz im Vergleich zu anderen Werbeformen ab? Die Akzeptanz des Empfängers ist sicher eine Herausforderung. Doch gerade hier besteht eine grosse Chance für die Direktwerbung. Sie kann Relevanz in den Dialog bringen, indem sie Angebote und Zielgruppen optimal in Übereinstimmung bringt. Das Lästige an der Werbung ist ja nicht die Relevanz, sondern der Streuverlust. Niemand will Streuverluste. Dem Werbetreibenden sind sie zu teuer und dem Umworbenen zu nervig. Gute Werbung verschwendet keine Aufmerksamkeit, sondern belohnt sie. Ich akzeptiere Werbung gerne, wenn sie mich mit etwas vertraut macht, das mich wirklich interessiert. Persönlich zugeschnittene Direktwerbung ist so gesehen der Inbegriff für relevante Werbung. Das klingt jetzt ziemlich einfach. Dahinter steckt aber viel kreative und administrative Arbeit. Ein grosser Vorteil des Direktmarketings ist – aus Sicht des Werbetreibenden – die Messbarkeit seines Erfolgs. Die Qualität der Adressen spielt hier eine Schlüsselrolle. Wie kann AZ Direct ihre Kunden dabei unterstützen, möglichst hohe Responsequoten zu erzielen? Die Qualität der Adressdaten – wir nennen es Content – ist der Schlüssel zum Erfolg. Wenn Sie einen Adressbestand ein Jahr lang nicht pflegen, werden am Ende über 20 Prozent der Adressen fehlerhaft sein. Geht man davon aus, dass die Portokosten bei einer Mailingkampagne etwa einen Viertel der Gesamtkosten ausmachen, sind ungültige Adressen eine Menge hinausgeworfenes Geld. Rudolf Bochsler, Head of IT & Production bei der AZ Direct AG: «Ein wichtiges Thema ist derzeit die Virtualisierung.» Kunden, die nur an unseren Adressen interessiert sind, können sie direkt in unserem Online-Shop beziehen. Dort stehen 3,2 Mil­ lionen Haushaltsadressen und 460 000 Firmenadressen zur Auswahl. Auf Wunsch analysieren wir die Adressbestände des Kunden und helfen ihm in einem ersten Schritt, die Adressen richtig zu strukturieren und den Bestand zu bereinigen. Dazu gleichen wir die Kundenbestände mit den Beständen unserer Referenzdatenbanken ab. Unsere Adressen werden wöchentlich in einer mehrstufigen Prozedur aktualisiert. Darum können wir unseren Kunden garantieren, dass mindestens 98 Prozent der Privatadressen und 99,3 Prozent der Firmenadres- sen zustellbar sind. Für Retouren zahlen wir eine Entschädigung. Im zweiten Schritt reichern wir die Adressen des Kunden mit zusätzlichen Informationen und Merkmalen aus unserem Bestand an, soweit das für die Kommunikation mit dem Kunden Sinn macht. Wenn seine Kundendatenbank aktualisiert und komplettiert ist, kann der Kunde unsere Unterstützung bei der Selektion in Anspruch nehmen. Hier können wir spannende Möglichkeiten aufzeigen. Es sollen ja nur diejenigen Personen angeschrieben werden, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf das Angebot reagieren. Soziodemografische und psycho­grafische Merkmale ermöglichen eine sehr potente Auswahl. Was muss man sich unter diesen Merkmalen vorstellen? Es handelt sich hier zum Teil um personenbezogene Eigenschaften, vor allem aber auch um statistische Aussagen. Diese modellierten Merkmale basieren auf unterschiedlichsten Datenquellen und werden den Adressen mit Hilfe von Software-Algorithmen zugeordnet. Die Zusatzinformationen sind entscheidend im Selektionsverfahren und helfen, die Zielgruppen präzise abzuzirkeln und Streuverluste zu reduzieren. Das heisst, dass Sie Ihren Kunden helfen, beim Adressmaterial auf Klasse statt Masse zu setzen. Steht das nicht cablecom BUSINESS FACTS 2 /09 9 Showcase im Widerspruch zu Ihrem Geschäftsmodell? Kurzfristig betrachtet: Ja. Langfristig betrachtet: Nein. Wir verdienen unser Geld mit zufriedenen Kunden. Die Kosten der Kampagne müssen also in einem gesunden Verhältnis zu den generierten Leads stehen. Hohe Responsequoten erreicht man nicht mit der Menge, sondern mit der Qualität der Adressen. Wenn die Kunden nachzählen und sehen, dass unsere Dienstleistungen Früchte tragen, kommen sie wieder. Die Informatisierung der Produktionsprozesse hat dem Dialogmarketing völlig neue Mittel in die Hand gegeben. Werden diese Möglichkeiten von den Unternehmen genügend ausgeschöpft? Die Informatisierung hilft uns in vielerlei Hinsicht. Sie hilft, die Kommunikation mit potenziellen Neukunden effizienter zu organisieren. Sie hilft, die Kommunikation mit bestehenden Kunden zu bereichern. Sie hilft, Kampagnen kreativ zu gestalten, schlank zu produzieren, medial zu vernetzen und den Response optimal auszuwerten. Customer Relationship Marketing, Retention Marketing und Direct Marketing sind mit der heutigen Technik in der Lage, den Kundendialog rationell und voll automatisiert zu individualisieren. Einen Dialog von Angesicht zu Angesicht können Maschinen natürlich nicht reproduzieren. Aber sie können immerhin gut assistieren, wenn es um One-to-one-Kommunikation geht. Kunden, die sich vom Unternehmen richtig wahrgenommen fühlen, fühlen sich auch ernst genommen. Das schafft Vertrauen und erhöht die Loyalität. Ich denke, dass viele Unternehmen das kreative und kommerzielle Potenzial, das durch die Informatisierung der Kommunikation entstanden ist, noch nicht genügend ausschöpfen. Das hat auch ganz banale Gründe. Die Pflege von Daten­ beständen erfordert viel Disziplin und Liebe zum Detail. Wer pflegt schon gerne Datenbanken? Gerade diese Datenbestände sind aber die Basis für erfolgreiches One-to-one-Marketing. Wie erheben und aktualisieren Sie Ihre Adressdaten? Ich werde hier keine Firmengeheimnisse ausplaudern, nur so viel: Bei uns sind ­Dutzende von Mitarbeitenden tagein, tagaus damit beschäftigt, Daten aus unterschiedlichen internen und externen Quel- AZ Direct AG AZ Direct bietet als Full-Service-Dienstleister innovative Produkte und Dienstleistungen rund ums Thema Direktmarketing an. Das Leistungsspektrum umfasst Information Management (Aufbereitung von Adressen), Beratung, Analysen, Kampagnenmanagement und Fulfillment. AZ Direct ist seit über 80 Jahren in der Schweiz tätig und profitiert heute vom Know-how und von der Erfahrung eines multinationalen Grossunternehmens. Mit ihren rund 750 Mitarbeitenden gehört die in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktive AZ Direct zur arvato AG, einem Tochterunternehmen des weltweit tätigen Medienhauses Bertelsmann. In der Schweiz ist AZ Direct in Rotkreuz, St. Gallen und Crissier vertreten. Das Unternehmen pflegt einen Adress­bestand von über 6 000 000 Privat- und 460 000 Geschäftsadressen. Infos: www.az-direct.ch Von cablecom bezogene Leistungen Services GigaClass Service, connect Ethernet, connect Internet Standorte 2 Access Fibre Bandbreiten GigaClass Service: 1 Gbit/s connect Ethernet: 100 Mbit/s (Backup-Link) connect Internet: 100 Mbit/s Infos Olav Frei, Sales Director, Tel. 043 343 65 03, [email protected] 10 cablecom BUSINESS FACTS 2 /09 len zu durchforsten. Bevor Daten in die Referenzdatenbank aufgenommen werden, werden sie systematisch bewertet und verifiziert. Bei diesem Prozess spielt die jahrelange Erfahrung der Mitarbeitenden eine wichtige Rolle. Die IT stellt ihnen profes­sionelle Tools zur Verfügung, die wir laufend weiterentwickeln. Welche Rolle spielt die IT für die Innovationskraft und den Markterfolg Ihres Unternehmens? Ich habe gerade die Tools erwähnt. AZ Direct beschäftigt derzeit sechs Softwareentwickler, die solche Tools für die Datenpflege programmieren. Da steckt viel Intelligenz drin. Für ihr Kampagnenmanagement stellen wir unseren Grosskunden ein leistungsfähiges E-Business-Tool zur Verfügung. Den Online-Shop habe ich bereits erwähnt. Das sind einige Beispiele für die zentrale Rolle, welche die IT für die Qualität unserer Dienstleistungen spielt. Welchen geschäftlichen und organisatorischen Anforderungen muss Ihre ITInfrastruktur gerecht werden? Zentrale Anforderungen sind die Daten­ integrität, die Vertraulichkeit sowie die Verfügbarkeit und die Performance. Daten, die ausser Kontrolle geraten, wären für unser Geschäft extrem schädigend. Die Daten unserer Kunden müssen so verwaltet werden, dass die gesetzlichen Auflagen zum Datenschutz jederzeit erfüllt sind. Sie sind seit rund einem halben Jahr bei AZ Direct. Welches sind die Hauptstossrichtungen Ihrer IT-Strategie? Showcase Wir fokussieren auf die Weiterentwicklung der Tools und die Automatisierung der Pflegeprozesse. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Aufrechterhaltung der Qualität und der Datensicherheit. Wie muss die IT-Infrastruktur gebaut sein, damit sie die Bedürfnisse der Kunden und Mitarbeiter möglichst kosteneffizient erfüllt? Ein wichtiges Thema ist derzeit die Virtualisierung. Wir sind gerade dabei, VMware im Server- und Storagebereich einzuführen. Weitere wichtige Elemente sind die Skalierbarkeit, die Modularität und die Orientierung an Marktstandards. Skalier­ barkeit und Flexibilität sind nötig, um unterschiedliche Kundenbedürfnisse befriedigen zu können. Modularität und Virtualisierung steigern die Effizienz im Betrieb. Der Einsatz von Marktstandards senkt die Kosten. Kundennähe definiert sich heute unter anderem über die horizontale Prozessintegration. Wie effektiv unterstützt Ihre IT-Infrastruktur die Kunden bei der Planung und Umsetzung ihrer Marketingprojekte? Unsere Infrastruktur ist – salopp gesagt – vom Blech bis zum GUI mandantenfähig. Sämtliche Ressourcen – Netz, Hardware, Betriebssysteme, Datenbanken, Middleware, Applikationen – leisten Massarbeit für unsere Kunden. Sie haben sich vor kurzem für ein grosses Upgrade im WAN entschieden und setzen zwischen Ihren Standorten in St. Gallen und Rotkreuz eine Gigabitverbindung ein. Welche Überlegungen haben zu diesem Entscheid geführt? Unsere Geschäftsanforderungen in Bezug auf die Datenintegrität und die Daten­ sicherheit bedingen eine leistungs­fähige Redundanzlösung. Darum betreiben wir zwei Rechenzentren. Dank der neuen Glasfaserverbindung von cablecom können wir das jeweils andere RZ als Backup einsetzen. Mit der asynchronen Datenreplikation ist AZ Direct jederzeit voll einsatzfähig. Der Datenlink ist ebenfalls durch Marktanteile der Mediengattungen Andere 10% Direktwerbung Presse 22% 43% Aussenwerbung 11% Elektronische 14% Werbeaufwand Schweiz: 2007 wurden annähernd sechs Milliarden Franken für Werbung in kommerziellen Medien ausgegeben (Streukosten). Die Grafik zeigt die Anteile nach Medien­ gattungen. Die Direktwerbung hat ihren Anteil im Werbemarkt seit 2000 kontinuierlich aus­ gebaut. Die adressierte Werbung macht umsatzmässig über 80% der Direktwerbung aus. (Quelle: Stiftung Werbestatistik Schweiz) eine 100-Megabit-Backupverbindung gesichert. Zudem werden beide Standorte von verschiedenen Stromgesellschaften versorgt. Welchen Einfluss hat dieser Upgrade auf den Betrieb der IT-Infrastruktur? Primär steigern wir damit die Performance der Applikationen und die Verfügbarkeit der Daten. Der sekundäre Effekt ist auch sehr willkommen: Mit dem Power-WAN von cablecom können wir interne Prozesse besser organisieren und die Ressourcen konsolidieren und flexibel allozieren. Welche Vorteile bringt mehr Bandbreite für die Kunden? Hier ist vor allem die Bandbreite des Internetanschlusses entscheidend, da immer mehr Prozesse ins Internet verlagert werden. Auch die Internetbandbreite haben wir mit cablecom massiv erhöht. Damit sind Wartezeiten bei grossvolumigen Transaktionen kein Thema mehr. Sie sind bereits seit einigen Jahren mit dem Angebot von cablecom business vertraut. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Ich nutze die Services von cablecom business seit rund zehn Jahren, davon sechs als Leiter Informatik beim Verlagshaus AZ Medien. In dieser Zeit gab es drei Ausfälle. Zwei davon waren auf einen Baggerunfall zurückzuführen. Ich habe cablecom in diversen anspruchsvollen Projekten als kreative, flexible und speditive Partnerin erlebt. Dank unserer guten Partnerschaft konnte ich meine Pläne in kurzer Zeit erfolgreich umsetzen. Die Modernisierung des Firmennetzes hat dem IT-Team und dem Unternehmen bei der Erreichung ihrer strategischen und operativen Ziele enorm geholfen. Herr Bochsler, besten Dank für das Gespräch. Interview: Guido Biland, alphatext.com Foto: Daniel Hager, Fotograf, Zürich cablecom BUSINESS FACTS 2 /09 11