Regisseurin Barbara Falter und Dramatiker Ferdinand Schmalz in der Therme • DER THERMALE WIDERSTAND von Ferdinand Schmalz Uraufführung Regie Barbara Falter Mit Klaus Brömmelmeier, Dagna Litzenberger Vinet, Lena Schwarz, Siggi Schwientek, Johannes Sima, Jirka Zett Voraufführung am 3. Juni Premiere im September 2016 Pfauen/Kammer Unterstützt vom Österreichischen Kulturforum Bern 22 Der junge österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz, dessen sprachgewaltige und aberwitzige Stücke „am beispiel der butter“, „dosenfleisch“ und „der herzerlfresser“ unter anderem am Burgtheater Wien, am Deutschen Theater Berlin und am Schauspiel Leipzig zu sehen sind, hat mit „Der thermale Widerstand“ ein Stück im Auftrag des Schauspielhauses Zürich geschrieben. Darin geht es nicht nur um Wohlfühloasen wie Thermalbäder und Kurgäste, sondern auch um militärische Bademeister, die an ehemalige Schweizer Offiziere wie einen Hans von Dach erinnern, der eine „Kleinkriegsanleitung für jedermann“ verfasst hat. Es wird turbulent! Soviel darf schon verraten werden. Einen Stückauszug dürfen wir mit freundlicher Genehmigung des Autors vorab veröffentlichen. Wir leben in einer Wohlfühlblase. Wir haben es uns behaglich eingerichtet hier im Zentrum von Europa. Wagt man den Blick darüber hinaus, wird einem erst das ganze Ausmass dieser Blase bewusst. In den letzten Monaten hat diese Blase Risse bekommen, die unsere Illusion von Geschlossenheit gefährden. Gerade da ist das Theater gefragt, weil es auch so eine Blase ist, die im besten Fall andauernd reisst oder besser platzt und damit Ängste vor einer Offenheit nimmt.“ Ferdinand Schmalz was nicht extra erwähnt werden muss b ei m a n le ge n d e r bade meisterlichen unif orm. hannes: dass man mit dieser weissen uniform sich mehr anzieht als nur ein kleidungsstück. dass man mit ihr, der uniform, gleich einer zweiten haut auch sich eine verantwortung mitüberzieht. dass man diese verantwortung, die keine kleine ist, annimmt. dass man sie trägt, erträgt, man nicht ertrinkt in ihr. dass so wie man in diese uniform reinschlüpft auch etwas da in einen selber reinschlüpft dann, dass da etwas hinein in einen schlüpft, was man aus mangel bessrer wörter stutzigkeit nur nennen kann. dass eine stutzigkeit am anfang eines arbeitstags hier in dem kurbad drin einen befällt. oder besser befüllt. dass jeder kurtag mit dieser erfüllung durch eine stutzigkeit beginnt, die für die tätigkeit, die bademeisterliche tätigkeit, gänzlich unentbehrlich ist. weil so ein bademeister der nicht stutzt, der nicht beim leisesten verdacht einer gefährdung stutzt, der kann sich meinetwillen ba- degesell nicht aber -meister nennen. dass eine wahre bademeisterschaft höchste konzentration und stutzigkeit verlangt, weil man sowohl den überblick von seinem sessel aus doch haben muss und trotzdem das unscheinbarste einem nicht entgehen darf. weil sich gerade da im unscheinbaren oft das unheil schon anbahnt. dass man, hat man die uniform erst einmal an, man gänzlich anders auf die wirklichkeit draufschaut. dass man nun die verkettungen, die unheilvollen, die nichts zu suchen haben in einer heilanstalt wie dieser, dass man diese verkettungen schon dort erkennt, dort an der quelle schon erkennt, wo sie entspringen. / dass mit dem kauf der eintrittskarte jeder hier eine verantwortung auch trägt. dass man das hirn nicht wieder an der kassa liegen lassen darf. dass jeder einzelne verpflichtet ist, den anweisungen des bäderpersonals uneingeschränktest folge zu leisten. dass man die nassbereiche bitte mit angemessener bekleidung nur betreten darf. dass alle badegäste zur grössten sauberkeit verpflichtet sind. dass lärmentwicklung aller art man auf das strengste unterlasse. weil doch der lärm hier drinnen nichts zu suchen hat, sucht doch der kurgast zuflucht hier herinnen vor dem lärm, der tobt da draussen. dass man doch bitte sich erhole, um nach dem aufenthalt, nach einwirkung der anwendung, vielleicht auch anders wieder draufzublicken auf die wirklichkeit. dass man dem lärm und toben da in dieser aussenwelt sich dann aufs neue stellen kann. dass wir uns hier und heute in einer kuranstalt befinden. muss man nicht extra noch erwähnen, weil es sich hoffentlich von selbst versteht. 23