Vorlesung Anorganische Chemie II im SS 2007 (Teil 3) Hans-Jörg Deiseroth Anorganische Chemie Fb 8 Universität Siegen (unter Verwendung von Folien des Buches „Allgemeine und Anorganische Chemie“, Binnewies u.a., Spektrum Verlag) Wichtige Molekül- und Kristallstrukturen von Elementen und Verbindungen: Kugelpackungen hexagonal dicht(est) (hcp) ~ 74% CN = 12 Anti-Kuboktaeder kubisch dicht(est) (ccp, fcc) ~ 74% CN = 12 Kuboktaeder kubisch raumzentriert (bcc) ~ 68% CN = 8+6 Lücken in (dichtesten) Kugelpackungen → aufgefüllte Kugelpackungen Sowohl in der kubisch als auch in der hexagonal dichtesten Kugelpackung gibt es zwei Sorten von Lücken, in die kleine Atome hinein passen : Tetraederlücke N dicht gepackte Atome → 2N Tetraederlücken Oktaederlücke N dicht gepackte Atome → N Oktaederlücken - Meist bilden (größere) Anionen die Kugelpackung und die Kationen füllen alle oder einen Teil der Lücken (der umgekehrte Fall ist auch möglich !) - für die Füllung der jeweiligen Lücke gibt es einen idealen Radienquotienten (!) rKation/rAnion, bei dem sich alle Ionen (Atome) gerade berühren Aufgefüllte Kugelpackungen: Optimaler Radienquotient - Meist bilden (größere) Anionen die Kugelpackung und die Kationen füllen alle oder einen Teil der Lücken (der umgekehrte Fall ist auch möglich !) - für die Füllung der jeweiligen Lücke gibt es einen idealen Radienquotienten (!) rKation/rAnion, bei dem sich alle Ionen (Atome) gerade berühren keine Berührung Berührung Optimale Radienquotienten für Berührung: CN 8 6 4 3 (Würfel) (Oktaeder) (Tetraeder) (trig. planar) rKation/rAnion 0,732 0.414 0.225 0.155 Aufgefüllte Kugelpackungen: Optimaler Radienquotient trig. planar tetraedrisch oktaedrisch Würfel Lücken in (kubisch dichtesten) Kugelpackungen: Lage der Lücken O-Lücken: ½, ½, ½; 0,0,½; (alle Kantenmitten, Zentrum der Elem.Zelle) T-Lücken: ¼, ¼, ¼; ¼, ¼, ¾; ... alle bis .... ¾, ¾, ¾; Aufgefüllte Kugelpackungen: Radienquotient, Raumerfüllung keine Berührung Berührung Optimale Radienquotienten für Berührung: CN 8 (Würfel) 6 (Oktaeder) 4 (Tetraeder) Raumerfüllung rKation/rAnion rKation/rAnion 0,732 0.414 0.225 Aufgefüllte Kugelpackungen → Chem. Formel einer Verbindung entspricht dem Inhalt der Elementarzelle Basis N dicht gepackte Atome → 2N Tetraederlücken N dicht gepackte Atome → N Oktaederlücken AN: dicht gepackten Atome (meist größere Anionen) bn: Atome in Lücken (meist kleinere Kationen) Füllung von Tetraederlücken Füllung von Oktaederlücken CaF2 (Fluorit): Typ Ab2 fcc Ca2+, F- in allen T.Lücken NaCl (Kochsalz): Typ Ab fcc Cl-, Na+ in allen O.Lücken ZnS (Zinkblende): Typ Ab fcc S2-, Zn2+ in der Hälfte der Tetraederlücken NiAs: Typ Ab hcp As, Ni in allen O-Lücken ZnS (Wurtzit): Typ Ab hcp S2-, Zn2+ in der Hälfte der Tetraederlücken Aufgefüllte Kugelpackungen → Chem. Formel der Verbindung (Tabellarische Übersicht über einige wichtige Varianten) Kubisch dichtest Hexagonal dichtest T-Lücken O-Lücken T-Lücken O-Lücken Alle: CaF2 Alle: NaCl Alle: Sonderfall Alle: NiAs Hälfte: ZnS (Zinkblende) Hälfte: CdCl2 Hälfte: ZnS (Wurtzit) Hälfte: CdI2 ⅛ T-Lücken (A), ½ O-Lücken (B): kubischer Spinell: AB2O4 (MgAl2O4) ⅛ T-Lücken (A), ½ O-Lücken (B): hexagonaler Spinell (Olivin): AB2O4 (SiMg2O4) Blau: die jeweils dicht gepackte Atom- oder Ionensorte In den Realstrukturen treten Abweichungen (Verzerrungen) von der Idealanordnung auf Aufgefüllte Kugelpackungen: CaF2-Struktur (Flussspat,Fluorit) Ca2+ in 0,0,0; 0,1/2, 1/2; ... F- in ¼, ¼, ¼; ¼, ¼, ¾; ... ¾, ¾, ¾ (4x) (8x Zellinhalt: Ca4F8 = CaF2 Koordination: CaF(8) (Würfel) FCa(4) (Tetraeder) Aufgefüllte Kugelpackungen: NaCl-Struktur (Kochsalz) Cl- in 0,0,0; 0,1/2, 1/2; ... Eckpunkte und Flächenmittelpunkte (4x) Na+ in ½, ½, ½; 0,0,1/2; usw. Zellmittelpunkt und Kantenmittelpunkte (4x) Zellinhalt: Na4Cl4 = NaCl Koordination: NaCl(6) (Oktaeder) ClNa(6) (Oktaeder) Aufgefüllte Kugelpackungen: NiAs (Nickelarsenid) Ni in 0,0,0; 0,0,½; ... Eckpunkte und Kantenmittelpunkte As in 1/3, 2/3, ¼ und 2/3, 1/3, 3/4 im Inneren der Zelle (2x) (2x) Zellinhalt: Ni2As2 = NiAs Koordination: NiAs(6) (Oktaeder) AsNi(6) (trig. Prisma) Aufgefüllte Kugelpackungen: ZnS (Zinkblende) S2- in 0,0,0; 0,½,½; ... Eckpunkte und Flächenmittelpunkte (4x) Zn2+ in ¼,¼,¼; ¾,¼,¾; ¾,¾,¼; ¼,¾,¾; im Inneren der Zelle (4x) Zellinhalt: Zn4S4 = ZnS Koordination: ZnS(4) (Tetraeder) SZn(4) (Tetraeder) Aufgefüllte Kugelpackungen: ZnS (Wurtzit) Zellinhalt: Zn2S2 = ZnS (!!) Koordination: ZnS(4) (Tetraeder) SZn(4) (Tetraeder) Aufgefüllte Kugelpackungen: CdCl2 (Cadmiumchlorid) Zellinhalt: Cd3Cl6 = CdCl2 (!!) Koordination: CdCl(6) (Oktaeder) ClCd(3) (trig. Pyramide, Cl an der Spitze) Aufgefüllte Kugelpackungen: CdI2 (Cadmiumiodid) Zellinhalt: Cd2I4 = CdI2 (!!) Koordination: CdI(6) (Oktaeder) ClI(3) (trig. Pyramide, Cl an der Spitze) Aufgefüllte Kugelpackungen: Gitterenergie Gitterenergie (Ug): Energie die frei wird, wenn 1 mol Kationen und 1 mol Anionen aus der Gasphase heraus zu einem (ionisch aufgebauten) Festkörper reagieren. Ug kann nur berechnet aber nicht direkt gemessen werden vereinfacht |Ug | ~ A x 1/dKation-Anion A: Madelung Konstante dKation-Anion: kürzester Abstand in der Struktur Die Madelung Konstante A Cl Na berücksichtigt dreidim. Wechselspiel von Anziehung und Abstoßung in einem ionischen Festkörper Madelung Konstanten: CsCl: 1.763 NaCl: 1.748 ZnS: 1.641 (Wurtzit) ZnS: 1.638 (Zinkblende) 12 8 6 24 ... A= 6− + − + 2 3 2 5 = 1.748... (NaCl) (unendliche Reihe, konvergiert schlecht) Wdh./Übung: Die Strukturchemie des Bors wird von B12Ikosaedern oder Ikosaederbruchstücken dominiert - wahrscheinlich 16 oder mehr Modifikationen: aber YB66, NiB50 ... eigenständige Modifikationen ??? Molekül- und Kristallstrukturen wichtiger Bor-Verbindungen B3N3H6: „Anorganisches Benzol“ BN: Isoelektronisch mit Graphit B-N ~ C-C Borhydride (Borane): Klassische Elektronenmangelverbindungen B2H6: dimeres BH3 aber: BF3 (dimerisiert nicht !) B6H10 W.Lipscomb N.P. 1976 AlCl3 wiederum dimerisiert Die Spinellstruktur: MgAl2O4 Normaler Spinell: AB2O4, ⅛ T-Lücken (A), ½ O-Lücken (B) Inverser Spinell: (BA)BO4, z.B. Fe3O4 = (Fe3+Fe2+)Fe3+O4 Graphit, Diamant, Fulleren (C60) : 3 Modifikationen des Elementes Kohlenstoff Graphit Fulleren (C60) Diamant (auch Si, Ge) „Buckminsterfulleren“ R. Buckminster-Fuller (Architekt) H.W. Kroto, R.E. Smalley N.P. Chemie (1996) Molekül- und Kristallstrukturen wichtiger Siliciumverbindungen Vergleich CO2 – SiO2 Das SiO4-Tetraeder Molekül- und Kristallstrukturen wichtiger Siliciumverbindungen: Cristobalit (Bsp. für eine SiO2-Modifikation) Quarz, Cristobalit, Tridymit, Stishovit u.a. sind natürliche Erscheinungsformen von SiO2 Molekül- und Kristallstrukturen wichtiger Siliciumverbindungen: kristallines SiO2 (z.B. Quarz) – Quarzglas (nicht kristallin) – Gebrauchsgläser (z.B. Fensterglas) Molekül- und Kristallstrukturen wichtiger Siliciumverbindungen Silikate (oligo- und polymere Salze der Kieselsäure H4SiO4) Molekül- und Kristallstrukturen wichtiger Siliciumverbindungen: Zeolithe: Silikate mit großen (~nm) Hohlräumen Molekül- und Kristallstrukturen wichtiger Siliciumverbindungen: Silikone oder Siloxane α-Sn d = 5,75 gcm-3 CN = 4 (281 pm) kubisch Diamantstruktur Nichtmetall Zinn 13 oC β-Sn d = 7,3 g cm-3 CN = 4+2 (302, 318 pm) tetragonal gestauchte D-Struktur Metall Molekülstrukturen von Stickstoffverbindungen (Wdh) Molekülstrukturen von Stickstoffverbindungen (Wdh) Übung/Wdh.: Molekülstruktur des weißen Phosphors (P4) 2,3 Å Übung/Wdh.:Molekülstruktur des schwarzen Phosphors (Thermodynamisch stabile Form) 2,2 Å 3,6 Å P (schwarz): a=3.314 Å, b=10.478 Å, c=4.376 Å Z = 8, Cmca Hittorfscher Phosphor (violetter Phosphor) System sich kreuzender fünfeckiger Röhren aus 3-bindigen P-Atomen Kondensierte Phosphorsäuren Kondensation: unter Wasserabspaltung Phosphoroxide und die schrittweise Hydrolyse von P4O10 P4O10 „Käfigmolekül“ Phosphorpentahalogenide: Pseudorotation Trigonale Bipyramide-1 Tetragonale Pyramide Trigonale Bipyramide-2 Äquatoriale und axiale Halogenatome tauschen ihre Plätze Bismut - Cluster Cluster: Moleküle (auch Kationen oder Anionen), die nur aus den Atomen eines Metalls bestehen (z.B. Sn, Pb, Bi, W, Mo, Re ...), chem. Bindung ? Übung/Wdh.: Molekül- und Kristallstruktuktur von α-Schwefel Das kronenförmige S8 - Molekül S6 S12 Räumliche Anordnung der S8 Moleküle im orthorhombischen αSchwefel Schwefeloxide und Schwefelsäuren Übung/Wdh.: Selen und Tellur bilden vorzugsweise eindimensionale ketten-(schrauben)förmige Moleküle Übung/Wdh.: N2, O2 und die Halogene bilden im festen Zustand Molekülgitter bei denen die Anordnung der Molekülschwerpunkte häufig verzerrten Kugelpackungen entspricht Kristallstruktur von Iod Kristallstrukturen binärer Verbindungen, die nicht in den Formalismus aufgefüllter Kugelpackungen passen: CsCl Kristallstrukturen binärer Verbindungen, die nicht in den Formalismus aufgefüllter Kugelpackungen passen: TiO2 (Rutil) - wichtiges Weißpigment - großtechnische Herstellung aus FeTiO3 (Ilmenit) oder roh-TiO2 Kristallstrukturen binärer Verbindungen, die nicht in den Formalismus aufgefüllter Kugelpackungen passen: SrTiO3 (Perowskit) - Perowskite sind unterhalb einer kritischen Temperatur (Tc) ferroelektrisch, d.h sie besitzen dann ein permanentes elektrisches Dipolmoment, das durch eine (geringe) gegensinnige Verschiebung der Kationen (Ti4+) und Anionen (O2-) zustande kommt (Anwendung als Dielektrika in Kondensatoren) Übung/Wdh.: Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen oder Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen Beispiele für Molekülstrukturen, die sich mit dem VSEPR-Modell verstehen lassen