OHRZWANG – DIE ENTZÜNDUNG DES ÄUßEREN GEHÖRGANGS Hunde leben in völlig anderen Klangwelten als wir Menschen. Sie stellen ihre Ohren auf und lauschen, wenn für uns noch gar kein Geräusch zu vernehmen ist. Die Vierbeiner hören das hohe Fiepen von Mäusen sowie leises Rascheln im Gras und erlauschen schon von weitem am Schritt, ob sich ihr Besitzer oder ein Fremder nähert. Umso schlimmer ist es, wenn das Ohr, dieses perfekte Instrument, erkrankt. Das häufigste Leiden der Ohren ist die Otitis externa, in Züchterkreisen auch oft Ohrzwang genannt. Was jedoch nichts mit eingezwängten Ohren zu tun hat, sondern die Entzündung des äußeren Gehörgangs bezeichnet. Etwa zwanzig Prozent aller Hunde haben schon einmal mit der Otitis externa Bekanntschaft gemacht. Hunderassen mit schweren Hängeohren oder vielen Haaren in den Lauschern erwischt es häufiger. Warum juckt das Ohr? Meist kommen unterschiedliche Faktoren zusammen, und der Grund für die Erkrankung kann nicht mehr ausgemacht werden. Schwere Hängeohren oder viele Haare im Gehörgang verhindern eine ausreichende Belüftung des Hörkanals, so entsteht ein feuchtes, warmes Klima im Ohr. Oft reicht das aus, um Hefepilze wie Malassezia pachydermatis und Bakterien übermäßig wachsen zu lassen. Häufiges Schwimmen gehen ist gerade bei Labradoren und Golden Retrievern sehr beliebt. Durch die Feuchtigkeit entsteht eine Art Tropenklima im Ohr. Der Shar-Pei hat genetisch bedingt viele Hautfalten am Ohr und eine verengte Öffnung des Hörkanals -auch hier ist die Belüftung eingeschränkt. Allergien, Fremdkörper im Gehörgang und Ohrmilben sind neben rassespezifischen Ursachen die drei häufigsten Gründe für eine Gehörgangsentzündung. Die Milbe Otodec-tes cynotis hat sich ausgerechnet das Hundeohr als ökologische Nische ausgesucht. Die Milbe selbst oder eine allergische Reaktion auf sie lösen dann die Otitis aus. Auch andere Hautmilben wie die Demodex-Milbe können eine Gehörgangsentzündung provozieren. Ohrmilben ist ansteckend. Hunde können sich beispielsweise bei Katzen infizieren. Die häufigste Ursache Hausstaubmilben für allergisch. eine Otitis Aber sind auch Allergien. Die meisten Futtermittelallergien Hunde können sich sind gegen in einer Gehörgangsentzündung äußern. Besonders Westies, Schäferhunde und Labradore neigen zu Allergien, Ohrprobleme sind oft das erste Zeichen der Überempfindlichkeit. Neben Allergien sind häufig auch Fremdkörper im Ohr die Ursache für die Entzündung. Wenn die Hunde im Sommer durchs hohe Gras springen, freut sich zwar der Mensch, gern verirrt sich jedoch dabei eine Grasähre in den Gehörgängen. Der Hund schüttelt dann ganz plötzlich, wie von der sprichwörtlichen Tarantel gestochen, mit dem Kopf, um das pieksende Ding im Ohr schnell wieder loszuwerden. Doch das gelingt fast nie, die Ähre schiebt sich nur noch weiter in den Hörkanal. Besonders Hunde mit vielen und langen Haaren am Ohr fegen den Boden regelrecht und sammeln so potenzielle Fremdkörper auf, die ins 1 Ohr wandern können. Nicht nur Grasähren, sondern auch ein Pfropf aus Ohrschmalz kann wie ein Fremdkörper den Gehörgang verstopfen und zu einer Entzündung führen. Hundeohren sollten deshalb regelmäßig gereinigt werden, das aber richtig! Aggressive Ohrreiniger zerstören die Lipidschicht der empfindlichen Haut im Gehörgang und damit den Selbstreinigungsmechanismus des Ohres. Außerdem gilt: Niemals Wattestäbchen oder sonstige Werkzeuge benutzen! Der Ohrschmalz wird mit diesen Instrumenten nur tiefer in den Gehörgang zurückgeschoben, es besteht die Gefahr einer Verletzung. Die Forschung nach der Ursache für eine Otitis externa ist häufig schwierig, denn selbst bestimmte Allgemeinerkrankungen können eine Entzündung des Ohrs hervorrufen. Auch Hautleiden, die den ganzen Körper betreffen, können eine Ursache sein. Zum Beispiel Autoimmunerkrankungen Verhornungsstörungen wie Pemphigus oder foliaceus, der zu Pustelbildung, Krusten und manchmal auch zu Juckreiz am ganzen Körper führt. Hormonelle Störungen wie SchilddrüsenÜberfunktionen oder sogar Organkrankheiten wie Lebererkrankungen können ebenfalls einen Ohrzwang auslösen. Symptome der Otitis Das Hauptmerkmal für eine Gehörgangsentzündung ist vor allem eines: Es juckt! Die Hunde kratzen mit den Hinterpfoten am Ohr, reiben den Kopf auf dem Teppich, schütteln ständig den Kopf und lassen dabei die Ohren wie zwei Propeller fliegen. Die Ohren sind wund gekratzt: Bei Milbenbefall ist der Juckreiz besonders in den Ruhephasen groß, gerade dann, wenn der Hund sich hingelegt hat oder eben nachts. Das bringt Hund und Besitzer um den Schlaf. Wenn die Milben durch den Gehörgang laufen, ist der Juckreiz so stark, dass die Hunde sich beim Kratzen mit ihren Krallen oft selbst verletzen. Kratzwunden am Ohr sind also immer verdächtig, und sollte vom Tierarzt untersucht werden. Einseitiger Juckreiz: Es besteht die Möglichkeit, dass sich ein Fremdkörper in den Gehörgang geschoben hat. Dann schütteln die Hunde ganz plötzlich von einer Minute zur anderen heftig und ununterbrochen. Außerdem ist der Juckreiz fast immer nur einseitig. Achtung Schütteln: Wenn Hängeohren beim Schütteln gegen eine Tischkante stoßen, kann es zu Blutungen im Hängeohr kommen. Es blutet dann zwischen die Hautschichten und es kann ein tennisballgroßer Bluterguss entstehen, das sogenannte Blutohr oder Othämatom, das meist nicht von selbst verschwindet, sondern operativ behandelt werden muss. Starker Geruch aus dem Ohr: Ein stark entzündetes Ohr riecht man schon von weitem. Die Bakterien im Gehörgang führen zu einem fauligen Geruch. Der Gehörgang ist gerötet und voller Sekret - schwarz, krümelig und klebrig bei Ohrmilben und gelblich bei bakteriellen Infektionen. Die Ohrmuschel ist ebenfalls rot und heiß. Die Hunde haben Schmerzen - für jeden Hundehalter erkenn bar: Sie wollen sich nicht hinter dem Ohr kraulen lassen. Die Ohren sind in einer merkwürdigen Position. Wenn die Otitis chronisch wird, halten die Hunde den Kopf meist schief mit dem schmerzhaften Ohr nach unten. 2 Untersuchung und Behandlung Der Gehörgang des Hundes ist wie ein „L“ geformt. Es gibt einen senkrechten und einen waagerechten Anteil. Im Schein der Ohrlampe sieht der Tierarzt Ohrmilben durch den Gang flitzen oder er erkennt eine Grasähre, die sich immer weiter Richtung Trommelfell schiebt. Außerdem kann er den Grad der Entzündung durch eine Besichtigung beurteilen und feststellen, ob das Trommelfell noch intakt ist. Der Tierarzt kann einen Tupfer Ohrsekret entnehmen und unter dem Mikroskop untersuchen. So erhält er Hinweise auf Parasiten, Bakterien, Pilze und Hefen. Wenn die Entzündung dann nicht auf die üblichen Tropfen anspricht, kann er auch eine Kultur vom Ohrsekret anlegen und einen Resistenztest durchführen, um zu beurteilen, welche Antibiotika wirksam sind. Wichtig ist nicht nur die genaue Untersuchung des Ohres, sondern auch eine gute Allgemeinuntersuchung und die Untersuchung der gesamten Haut. Der Tierarzt muss wissen, ob der Hund noch weitere Hautsymptome hat. Der Grund: Wird die Ursache nicht behandelt, kommt die Otitis immer wieder. Bei dem Verdacht auf eine Futtermittelallergie kann der Besitzer eine Ausschlussdiät durchführen. Eine Kontaktallergie oder Haustauballergie erkennt man wie beim Menschen durch einen Allergietest. Einige Hunde haben so starke Schmerzen, dass weder Tierarzt noch Besitzer an die Ohren kommen. Der Veterinär verabreicht seinem Patienten als allererstes, also bevor er mit der eigentlichen Therapie beginnt, ein Schmerzmittel, meist ein Kortisonpräparat das gleichzeitig entzündungshemmend wirkt und den Juckreiz nimmt: Lassen sich die Hunde immer noch nicht in die Ohren schauen bleibt nur noch die sogenannte Knock -out-Methode: Der Gehörgang wird Vollnarkose gereinigt und gespült. Die Narkose ist nicht immer notwendig. Selbst Grasähren können ohne Betäubung mit einer langen Spezialzange entfernt werden. Bakterien, Pilze und auch Ohrmilben werden mit einer Salbe oder mit Tropfen bekämpft. Die direkte Eingabe ins Ohr muss einige Zeit täglich durchgeführt werden ist oft für Besitzer eine schwierige Aufgabe. Das Schauspiel kennen viele Hundehalter: Besitzer mit der Tube in der Hand verfolgt Hund, Hund flüchtet hinter das Sofa. Doch nach ein paar Behandlungen schmerzt es nicht mehr so stark im Ohr, und die Hunde gewöhnen sich an die Prozedur. Wichtig: Behandlung sollte vom Besitzer mindesten 7 Tage fortgeführt werden, damit sich keine Resistenzen bilden können und die Bakterien munter weiter wachsen. Um Milben im Ohr den Garaus zu machen, gilt: Immer alle Tiere im Haushalt gleichzeitig zu behandeln, auch Katzen! Achtung: Milbenmittel dürfen nicht ins Mittelohr gelangen, sie schädigen das Mittel- und Innenohr. Vor der Anwendung sollte das Trommelfell kontrolliert werden. Nur wenn es intakt ist, ist auch das Mittelohr geschützt. Um die Otitis externa richtig zu therapieren sollte man sich grundsätzlich immer nach der Grundkrankheit richten und nicht Symptome bekämpfen. So kann bei Allergien versucht werden, den allergieauslösenden Stoff, etwa ein bestimmtes Futtermittel, 3 zu meiden, oder eine Hyposensibilisierung durchgeführt werden, so dass eine allmähliche Gewöhnung an den Stoff, der die Allergie hervorruft, eintritt. Chronische Otitis Otitis externa kann leicht chronisch den, und chronische Otitiden sind eine echte Herausforderung. Schmerzen, viele Tierarztbesuche, hohe Kosten und unzählige Rückschläge belasten die Nerven von Tier und Mensch. Als chronisch bezeichnet man eine Otitis externa, wenn sie auch nach zwei bis drei Behandlungsversuchen immer wiederkehrt. Häufig ist dann schon das gesamte Außenohr entzündet, die Ohrmuschel ist gerötet, schuppig und verdickt. Ohrknorpel und Gehörgang können sich verknöchern, und der Gehörgang verengt sich, kann sich sogar verschließen. Wenn das Trommelfell des Hundes reißt, kann die Infektion ins Mittel- und Innenohr aufsteigen. Die Tiere haben dann starke Schmerzen und bekommen Fieber. Sie wollen nicht mehr spielen und fressen schlecht. Es kann zu Gleichgewichtsstörungen und Nervenlähmungen kommen. Die Hunde halten den Kopf schief, immer mit dem betreffenden Ohr nach unten, oder sie laufen nur noch im Kreis. Betroffene Hunde können taub werden! In diesen Fällen ist der allgemein praktizierende Tierarzt nicht mehr der passende Ansprechpartner. Hier müssen Spezialisten ran, die häufig bessere diagnostische Möglichkeiten haben. Mit einer sogenannten Zytologie kann der Dermatologe zum Beispiel die Entzündungszellen im Ohr untersuchen. Oder er schiebt eine kleine Kamera, ein Videootoskop, in den Gehörgang, um alles ganz genau zu untersuchen. Manche Videootoskope besitzen einen Arbeitskanal, durch den man unter Sichtkontrolle Fremdkörper oder Sekretproben entnehmen oder Ohrspülungen durchführen kann, um den Gehörgang zu säubern. Für den Hundebesitzer ist dabei alles auf einem Monitor zu verfolgen. Durch Hörtests, Röntgen, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) lässt sich der Grad der Erkrankung beurteilen. Der Besitzer sollte sich aber auf eine langwierige und kostspielige Therapie einstellen. Wenn nichts hilft, raten Fachtierärzten zur operativen Entfernung des äußeren Gehörgangs und der Bulla, einer knöchernen Blase, die das innere Ohr schützt, um die Schmerzen zu beenden. Denn die Gefahr besteht, dass diese Schmerzen das Temperament des Hundes verändern. Vorsorge gegen Otitis Ist Vorbeugen möglich? Verhindern kann man eine Otitis extern eher nicht. Jedoch sollten Tierbesitzer nach dem Spaziergang den Gehörgang des Hundes frottieren, Grasähren, Kletten oder ähnliches immer vom Ohr absammeln. Ohrmilbenbefall kann man durch die regelmäßige Gaben von Antiparasitika verhindern - und zwar das ganze Jahr hindurch, weil Milben und Flöhe im Winter bei Heizungsluft überleben können Sollte man Hunde schwimmen lassen? Ja, denn das Schwimmen ist selten die alleinige Ursache, häufig kommt noch eine Allergie hinzu. Also genau hinsehen, wo man seinen schwimmen lässt. Der Hundehalter sollte jedoch nach dem Schwimmen den äußeren Gehörgang mit einem Taschentuch trocken tupfen. Müssen Haare entfernt werden? Routinemäßiges Zupfen der Haare aus dem Gehörgang wird nicht empfohlen, da das die Haut im Gehörgang sehr reizt. Jedoch wenn Eiter oder Ausfluss im Ohr mit den Gehörgangshaaren verklebt, ist es sinnvoll, die Haare zu entfernen. Sonst kann das Ohr nicht richtig gereinigt werden. Das ist aber die Aufgabe des Tierarztes. 4 Ohren säubern ist wichtig Gesunde Ohren reinigen sich normalerweise selbst Im Gehörgang Schmutzpartikel, warten die sie kleine dann gleich Flimmerhärchen wieder nach auf außen befördern. Der Ohrschmalz, das sogenannte Cerumen, überzieht die dünne Haut im Gehörgang filmartig und hemmt das Wachstum von Bakterien und Pilzen. Doch manchmal ist durch die Ohrform oder krankhaft vermehrte Ohrschmalzproduktion dieser Selbstreinigungsmechanismus gestört. Also: Das gesunde Ohr nur reinigen, wenn viel Schmalz vorhanden ist. Im kranken Ohr Eiter und Ohrschmalz entfernen. Regelmäßig kotrollieren! Die Reinigung ist notwendig, wenn die Ohren gerötet sind, es streng riecht oder vermehrt Ohrschmalz vorhanden ist. Tipp: Welpen rechtzeitig ans Reinigen gewöhnen. Welche Ohrreiniger sind sinnvoll? Ein Ohrreiniger sollte mild, also ph-neutral oder leicht sauer sein. Er sollte den Ohrschmalz lösen und das Ohr schnell wieder trocken werden lassen. Bitte kein Wasser verwenden, weil der Ohrschmalz wasserabweisend ist und sich im Wasser nicht löst. Die Haut wird vom Wasser nur aufgeweicht, Bakterien und Pilze können leichter eindringen und sich vermehren. Besser: Ohrreiniger beim Tierarzt besorgen. Ohren reinigen und behandeln Wenn ein Ohrreiniger ins Hundeohr gebracht oder ein Medikament verabreicht werden soll, muss die Ohrmuschel nach oben weisen. • Nehmen Sie dazu die Ohrmuschel in die linke Hand und heben das Ohr ein wenig an, damit der L-förmige Gehörgang gestreckt wird. • Dann führen Sie die Tülle des nur handwarmen Ohrreinigers in den Gehörgang ein. Einen Spritzer hineingeben, mehr nicht. • Massieren Sie die Flüssigkeit vorsichtig, durch alternierendes Zusammendrücken und Loslassen, tiefer in den-Gehörgang des Hundes. • Nach etwa 30 Sekunden lassen Sie los und sollten in Deckung gehen. Hundehalter wissen: Der Vierbeiner beginnt sofort nach der Säuberung, sich zu schütteln. Das ist auch gut so. Der Ohrschmalz löst sich in der Reinigungsflüssigkeit und wird mit ihr hinausbefördert. • Nach dem Ohrenschütteln sollten Reste des Reinigers vorsichtig mit Watte entfernt werden. Wichtig zu wissen Bei einer Otitis schwillt der äußere Gehörgang an, so dass Eiter nicht abfließen kann. Zu diesem Zeitpunkt ist das Hörvermögen des Hundes bereits deutlich eingeschränkt. Copyright: Anette Schneider, wetnose Hundeschule Neckarhälde 27 - 69412 Eberbach - Tel: 06271-946594 - [email protected] - www.wetnose.de Script ist urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Autors 5