Übungen zur T1: Theoretische Mechanik, SoSe2014 Prof. Dr. Dieter Lüst Theresienstr. 37, Zi. 425 Dr. Reinke Sven Isermann [email protected] 4. Drehimpulserhaltung und Streuung Übung 4.1: Noch einmal der Kegel. . . Ein Teilchen bewegt sich unter dem Einfluss der Schwerkraft auf der Innenseite eines Kegelmantels r = z. Die Koordinaten r, θ und z sind zylindrische Polarkoordinaten. Die z-Achse zeigt senkrecht nach oben. Das Teilchen startet auf der Höhe z = a mit der Geschwindigkeit v in Richtung θ. a) Beweisen Sie unter Nutzung der Drehimpuls- und Energieerhaltung, dass ż 2 + 1 a2 v 2 + gz = v 2 + ga 2 2z 2 gilt. b) Zeigen Sie, dass das Teilchen sich zu allen Zeiten zwischen den beiden Höhen hmin und hmax befindet (hmin ≤ h ≤ hmax ). Finden Sie diese beiden Höhen. Lösung von Übung 4.1 a) Der Koordinatenursprung wird so gewählt, dass er bei z = a liegt. Wir verwenden folgende Energie und die z-Komponente des Drehimpulses: 1 Energie: E = m|v(t)|2 + mgz 2 Drehimpuls: J = mr(rθ̇) = mr2 θ̇ = mz 2 θ̇ Außerdem drücken wir die Geschwindigkeit in zylindrischen Polarkoordinaten aus. v(t) = ṙ = ṙer + rėr + żez = ṙer + rθ̇eθ + żez |v(t)|2 = ṙ2 + r2 θ̇2 + ż 2 Die Energie mit der das Teilchen startet beträgt 21 mv 2 + mga . Der Energieerhaltungssatz führt zu 1 1 1 m|v(t)|2 + mgz = m(ṙ2 + r2 θ̇2 + ż 2 ) + mgz = mv 2 + mga 2 2 2 Das Teilchen bewegt sich auf dem Kegelmantel, somit gilt ż = ṙ und wir erhalten 1 1 ż 2 + r2 θ̇2 + gz = v 2 + ga . (1) 2 2 Der Drehimpuls mit dem das Teilchen startet beträgt mav. Die Drehimpulserhaltung führt zu av mr2 θ̇ = mav ⇒ θ̇ = 2 . r Nun kombinieren wir dieses Ergebnis mit der Gleichung (1) und erhalten 1 av 1 2 ż 2 + r2 ( 2 )2 + gz = v + ga 2 r 2 a2 v 2 1 2 ⇒ ż 2 + + gz = v + ga . (2) 2z 2 2 1 b) Da die Höhe eine rein reelle Größe ist, muss gelten ż 2 ≥ 0 ⇒ a2 v 2 1 + gz ≤ v 2 + ga . 2 2z 2 Diese Gleichung ist genau dann gelöst, wenn die z in dem Intervall [zmin , zmax ] befindet. Die Intervallgrenzen zmin und zmax sind a und eine Lösung der Gleichung a2 v 2 1 2 v + ga + gz = 2 2z 2 1 2 2 1 2 3 ⇒ a v + gz = v + ga z 2 2 2 1 2 2 1 ⇒ gz 2 (z − a) = v (z − a2 ) = v 2 (z + a)(z − a) 2 2 So ergibt sich als Lösung, entweder z = a oder gz 2 = ⇒ z± 1 2 v (z + a) 2 q 1 v2 ± = 4 g 1 4 v 4 + 2v 2 ag 2g d (a2 v 2 /2z 2 + gz) > dz d (a2 v 2 /2z 2 + gz) und dz 0 wenn v 2 /a < g an z = a < 0 wenn v 2 /a > g an z = a z ∈ [z+ , a] wenn v 2 /a < g So hat Gleichung (2) eine Lösung, wenn z ∈ [a, z+ ] wenn v 2 /a > g z ∈ [a, a] wenn v 2 /a = g z− immer kleiner 0, d.h. hier unphysikalisch (wäre Teilchen ”in der Erde”). Übung 4.2: Streuung in einer zentralen Kraft Ein Teilchen mit der Masse m bewegt sich aus der Unendlichkeit mit der Geschwindigkeit v0 auf ein festes Objekt im Ursprung zu. Durch dieses Objekt wirkt auf das Teilchen eine Kraft F = k/r2 er . Wenn das Teilchen durch die Kraft F nicht beeinflusst werden würde, würde es das Objekt im Ursprung mit einem Abstand b passieren. a) Wie große ist der geringste Abstand zum Kraftzentrum den das Teilchen auf seiner Flugbahn erreicht? b) Welche Winkelablenkung Θ tritt auf? Lösung von Übung 4.2 2 vf F 2θ v0 θ b � a) Anfangsenergie: 1 2 mv 2 0 Energie bei geringstem Abstand zum Zentrum 1 k m|v|2 + 2 R Wir bezeichnen den geringsten Abstand zum Zentrum den das Teilchen auf seiner Flugbahn erreicht mit R. Wenn das Teilchen diesen Abstand einnimmt gilt ṙ = 0 ⇒ |v| = Rθ̇. Aus der Drehimpulserhaltung und dem Anfangsdrehimpuls erhalten wir J = mv0 b = m|v|R ⇒ |v| = v0 b . R Nutzen wir nun auch noch die Energieerhaltung so ergibt sich 1 2 k 1 v 2 b2 mv0 = + m 02 2 R 2 R 2kR ⇒ 0 = R2 − − b2 = 0 mv02 s 2 k k ⇒ R = + + b2 . mv02 mv02 b) Wir definieren in weiser Voraussicht Θ = 2θ und ∆v = vf − vi , wobei vi die Anfangsund vf die Endgeschwindigkeit ist. Die durch das Objekt im Zentrum hervorgerufene Impulsänderung beträgt Z ∞ m∆v = Fdt . −∞ Es herrscht Energieerhaltung und somit gilt |vf | = |vi | = v0 . Unter Nutzung dieser Identität können wir die Gleichung Z ∞ mvi · ∆v = vi · Fdt −∞ Z ∞ 2 ⇒ m(vf · vi − v0 ) = − F cosθ0 v0 dt Z−∞ ∞ ⇒ m(v02 cos2θ − v02 ) = − F cosθ0 v0 dt −∞ π−2θ Z ⇒ mv0 (cos2θ − 1) = − 0 3 F cosθ0 dt 0 dθ dθ0 ableiten. Die vom Zentrum ausgeübte Kraft beträgt F = rk2 und für den Drehimpuls gilt J = mr2 θ̇0 . Setzen wir diese beiden Größen ein, so ergibt sich das Ergebnis Z π−2θ k cosθ0 0 mv0 (cos2θ − 1) = − dθ r2 θ̇0 0 Z π−2θ mk ⇒ mv0 (cos2θ − 1) = − cosθ0 dθ0 J 0 mk sin(π − 2θ) ⇒ mv0 (cos2θ − 1) = − J Jv0 ⇒ − (cos2θ − 1) = sin2θ k Jv0 (−2sin2 θ) = 2sinθcosθ ⇒ − k Jv0 mv02 b ⇒ cotθ = = . k k Übung 4.3: Streuung an der Kugeloberfläche 2 mv1 Man betrachte ein abstoßendes Kraftfeld F = δ(r − a)er , wobei a ein fester Radius 2 ist und v1 als konstant angenommen wird. Ein Teilchen der Masse m bewegt sich mit der Geschwindigkeit v0 auf das Kraftfeld zu. Wenn es nicht abgelenkt werden würde, würde es die Mitte des Kraftfeldes im Abstand s passieren. v0 m a s r a) Berechnen Sie die potentielle Energie des Teilchens. b) Zeigen Sie, dass das Teilchen die Kugeloberfläche nicht durchdringt wenn v0 < v1 gilt. Zeigen Sie außerdem, dass in diesem Fall das Teilchen nach dem Reflexionsgesetz (Einfallswinkel = Ausfallswinkel) von der Kugeloberfläche abprallt. c) Skizzieren Sie den Weg des Teilchens für v0 > v1 und s = a2 . Lösung von Übung 4.3 a) Zunächst berechnen wir das Potenzial Z Z r 1 2 ∞ 0 0 V (r) = − F(r ) · dr = mv1 δ(r0 − a)dr0 2 r 1−∞ 2 mv wenn r < a 1 2 = . 0 wenn r > a 4 b) Nun verwenden wir die Energieerhaltung 1 2 1 02 1 2 mv = mv + mv1 , 2 0 2 2 (3) wobei v 0 die Geschwindigkeit des Teilchens im inneren der Kugel r ≤ a bezeichnet. Damit das Teilchen überhaupt in die Kugel eindringen kann, muss v 0 real sein, also muss die Bedingung v0 > v1 erfüllt sein. Das Reflexionsgesetz Einfallswinkel = Ausfallswinkel ist eine Folge der Symmetrie des Potentials. c) Für v0 > v1 und s = a2 , wird das Teilchen mit einem Winkel von θ0 = arcsin( a/2 ) = 30o a auf die Kugel treffen und in diese eindringen. v0 30o v� 30o v0 θ θ a Der Impuls bleibt an der Stelle r = a in der Richtung tangential zur Kugel erhalten. Zusammen mit (3) führt das zu v0 sin30o = v 0 sinθ ⇒ θ = arcsin v0 ! p 2 v02 − v12 Da V (r) innerhalb der Kugel konstant ist, bewegt sich das Teilchen auf einer geraden Linie, bis es wieder die Kugelhülle berührt. Der Winkel θ1 , unter dem das Teilchen die Kugel verlässt, ergibt sich auf die gleiche Weise wie der Eintrittswinkel (siehe Skizze). 5