Informationen für Patienten zum Thema Darmkrebs Sehr geehrte, liebe Patienten, wir bieten Ihnen nicht nur eine medizinische Behandlung auf höchstem Niveau, sondern möchten Sie auch in den Entscheidungsprozess mit einbinden. Dazu gehört eine klare, verständliche Aufklärung über die notwendigen Behandlungsschritte. Deshalb stellen wir für Sie ein kontinuierlich erweitertes und aktualisiertes Angebot an schriftlichen Informationen sowie ein umfangreiches Multimediaangebot zur Verfügung. Dies soll Ihnen Ihre Erkrankung verstehen helfen und zusätzlich zum Arzt-Patient-Gespräch Information über unsere Behandlung bieten. Bei Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich im persönlichen Gespräch zu Verfügung. Allgemeine Informationen zum Thema kolorektales Karzinom Untersuchungstechniken zur Stadieneinteilung Vorbehandlung beim kolorektalen Karzinom Behandlungsstrategien und Operation Nachsorge beim kolorektalen Karzinom Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) und Mastdarmkrebs (Rektumkarzinom) Dickdarmkrebs und Mastdarmkrebs werden in der Fachsprache zusammenfassend auch als kolorektale Karzinome bezeichnet. Kolorektale Karzinome sind in Deutschland die zweithäufigste Todesursache aller Tumorerkrankungen. Die Rate der neu aufgetretenen Karzinome liegt in Deutschland bei circa 70.000 pro Jahr mit steigender Tendenz. Frauen erkranken häufiger an einem kolorektalen Karzinom als Männer. Die kolorektalen Karzinome sind insgesamt die zweithäufigste Art von Tumor in Deutschland, bei Frauen sind sie nach dem Mammakarzinom die zweithäufigste Tumorerkrankung, bei Männern stehen sie nach dem Prostataund Bronchialkarzinom an dritter Stelle. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Männern bei 67 Jahren, bei Frauen bei 72 Jahren. Grundsätzlich liegt das Risiko, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken bei 4–6 Prozent und an dieser Erkrankung zu sterben bei 2,5–3 Prozent. In jüngerer Zeit konnten insbesondere in Bezug auf die Behandlung des kolorektalen Karzinoms durch stadiengerechte Therapiestrategien mit multimodalen Konzepten gute Fortschritte erzielt werden. Hierfür unabdingbar sind aussagekräftige Untersuchungen vor der Operation, hohe Qualität in der chirurgischen Behandlung und natürlich eine zuverlässige Nachbehandlung bzw. Tumornachsorge. Die Früherkennung ist wichtig Es gibt derzeit keine sicheren Daten zur wirksamen Vorsorge beim kolorektalen Karzinom durch Mikronährstoffe und Medikamente. Kolonkarzinome entstehen zu mehr als 90 Prozent aus Adenomen (sog. gutartige Geschwülste), die als Vorstufen zum Krebs gelten. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung weisen bis zu 7 Prozent der Adenome bereits hochgradige Veränderungen auf, bei 3 bis 5 Prozent besteht bereits ein echtes Karzinom. Um die kolorektalen Karzinome frühzeitig zu erkennen, sind Krebsvorsorgeuntersuchungen angezeigt. Dabei gilt die Koloskopie als unbestrittener Goldstandard. Ihre Sensitivität für das Aufspüren von Adenomen oder Kolonkarzinomen liegt bei über 90 Prozent, ihre Spezifität beträgt fast 100 Prozent. Auch die Effektivität der Sigmoidoskopie als Screeningmethode ist gesichert. Allerdings können nicht alle Darmabschnitte eingesehen werden. Gesetzlich Versicherte mit durchschnittlichem Darmkrebsrisiko, d. h. mit leerer Familienanamnese für Darmkrebs bzw. ohne bekannte Polypen bzw. Adenome, haben ab dem vollendeten 55. Lebensjahr Anspruch auf eine Vorsorgekoloskopie. Diese kann bei unauffälligem Befund nach zehn Jahren wiederholt werden. Bei besonders gefährdeten Personengruppen – solche mit familiärem Risiko, Anlageträger für ein hereditäres kolorektales Karzinom, Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung – bestehen keine Einschränkungen hinsichtlich der Kassenleistung. Nach den Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung nimmt allerdings nur ein Bruchteil der Berechtigten die Vorsorgekoloskopie wahr. Prinzipiell kann die Suche nach verstecktem Blut im Stuhl mit dem herkömmlichen Guajak-Test, aber auch mit immunologischen Verfahren erfolgen. Bei vielen Patienten mit kolorektalen Karzinomen fällt der Test allerdings fälschlicherweise negativ aus. Eine virtuelle Koloskopie oder die alleinige „KolonkontrastDarstellung“ ist noch nicht zu empfehlen. Untersuchungen vor der Operation Um eine korrekte Behandlung durchführen zu können, muss das Stadium des Karzinoms exakt bestimmt werden. Dies ist insbesondere beim Rektumkarzinom vor Beginn der Behandlung mit Bestrahlung und Chemotherapie oder Operation notwendig. In der Fachterminologie spricht man hier vom „Staging“ und den „Staginguntersuchungen“. Diese speziellen Untersuchungen beinhalten: Endosonographie Magnetresonanztomographie Computertomographie VORBEHANDLUNG BEI KOLOREKTALEN KARZINOMEN Vorbehandlung beim Kolonkarzinom Für das Kolonkarzinom gibt es keine neoadjuvanten Therapieansätze, so dass zunächst eine lokale Radikalität anzustreben ist. Dies gilt auch für lokal fortgeschrittene Tumore und bei Fernmetastasen, bei diffuser Peritonealkarzinose muss individuell entschieden werden. Liegt jedoch eine ausgeprägte Metastasenleber vor und ist der Primärtumor sicher asymptomatisch, sollte auf die unmittelbare Operation des Primärtumors aufgrund der erhöhten postoperativen Letalität und des Zeitverlustes für eine dringliche systematische Chemotherapie zugunsten der primären Chemotherapie verzichtet werden. Nach spätestens drei Zyklen Chemotherapie sollte jedoch die Operationsindikation des Primärtumors erneut diskutiert werden. Vorbehandlung beim Rektumkarzinom Die Voraussetzungen für die Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie sind die vollständige Resektion des Primärtumors, sowie das Vorhandensein der pathohistologischen Stadieneinteilung. Bei Patienten mit einem kurativ resezierten Kolonkarzinom im Stadium I und II ist eine adjuvante Chemotherapie im Regelfall nicht indiziert, mit einigen Ausnahmen, wie z.B. pT4-Tumore, G3/4-Differenzierung und nach Notfalloperationen. Im Stadium III ist eine Chemotherapie durchzuführen. Im Stadium IV, also beim Vorliegen von Fernmetastasen, z. B. Lebermetastasen muss nach einer primär palliativen Chemotherapie nach spätestens drei Zyklen überprüft werden, ob im Falle zwischenzeitlicher Remission nunmehr nicht doch eine Metastasenresektion im Gesunden möglich ist. Mit einer derartigen Entwicklung ist in ca. 15 Prozent der Fälle zu rechnen. DIE OPERATION BEIM KOLON- UND REKTUMKARZINOM Kolonkarzinome wachsen vorwiegend zirkulär und metastasieren zunächst in die perikolischen Lymphknoten. Wäre vom intramuralen Tumorwachstum her ein Sicherheitsabstand von 2 cm ausreichend, so reicht das regionäre Lymphabflussgebiet über diesen Bereich hinaus. Lymphknotenmetastasen breiten sich dabei entlang des versorgenden Arterie aus. Daher wird das Ausmaß der Darmresektion durch die Resektion der versorgenden Gefäße vorgegeben. Liegt ein Primärtumor zwischen zwei zentralen Gefäßen, müssen aufgrund des bidirektionalen Lymphabflusses beide zentral abgesetzt werden. Das Resektionsausmaß orientiert sich damit am Versorgungsgebiet der durchtrennten Gefäße. Therapie des Rektumkarzinoms Als Operationsverfahren kommen je nach Tumorlokalisation, Tiefeninfiltration und Sphinkterfunktion die (tiefe) anteriore Rektumresektion (TAR oder AR), die abdomino-perineale Rektumexstirpation (RE) und die intersphinktäre Rektumresektion (auch als abdomino-peranale Rektumresektion bezeichnet) in Betracht. Beim Rektum erfolgt aus dem oberen Teil der Lymphabfluss überwiegend entlang der A. rectalis sup. und der A. mesenterica inferior. Ein Abfluss aus dem unteren Teil des Rektums über die Aa. iliacae internae zu den paraaortalen Lymphknoten wird kontrovers diskutiert. Als Sicherheitsabstand werden beim Rektumkarzinom aboral 5cm in situ mit partieller mesorektaler Exzision bei Tumoren im oberen Rektumdrittel gefordert und in Abhängigkeit vom histologischen Grading mindestens 2cm bei Tumoren im mittleren und unteren Drittel, hier mit totaler Mesorektumexzision (TME). Die Nachsorge ist wichtig! 85 Prozent der Rezidive eines kolorektalen Karzinoms treten in den ersten fünf Jahren nach der Operation auf. Die Nachsorge sollte daher über diesen Zeitraum konsequent durchgeführt werden. Zwar wird die Nachsorge im Stadium I und R0 Resektion in Anbetracht der geringen Rezidivrate und der günstigen Prognose nicht empfohlen, es ist jedoch zu bedenken, dass bei 2–3 Prozent aller ehemals Erkrankten metachrone Zweitkarzinome auftreten. Auch kann im Einzellfall bei intraoperativer Tumoreröffnung, L1- oder V1 Klassifikation, oder high-Grade-Karzinomen (G3/G4) bei möglicherweise erhöhtem Rezidivrisiko eine intensivierte Nachsorge sinnvoll sein. Für das Stadium IV existieren keine Empfehlungen zur Nachsorge. Zur Nachsorge für R0-resezierte kolorektale Karzinome im Stadium UICC-II und III wird ein bildgebendes Verfahren zum Ausschluss von Lebermetastasen empfohlen; Kostengründe und flächendeckende Verfügbarkeit sprechen für die Abdomensonografie in 6-monatigem Abstand über mindestens zwei Jahre, dann in jährlichen Abständen. Computertomografie des Abdomens, Endosonografie (beim Rektumkarzinom), sowie konventionelle Röntgenaufnahmen des Thorax können individuell eingesetzt werden. Das karzinoembryonale Antigen CEA ist nicht zum Screening verwendbar und nicht tumorspezifisch. Im Rahmen der Nachsorge wird jedoch die Bestimmung von CEA alle sechs Monate für mindestens zwei Jahre empfohlen. Ist der CEA-Wert postoperativ erhöht, erfordert dies eine weitergehende Diagnostik, berechtigt jedoch keinesfalls ohne weitere Abklärung zur Durchführung einer Chemotherapie. Der Wert des CEA kann durch Rauchen, Leberzirrhose und entzündliche Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes oder der Lunge erhöht werden. Eine grundsätzliche Altersbeschränkung für die Nachsorge gibt es nicht. Die spezielle Nachsorge bei Sonderfällen mit Zugehörigkeit zu den drei Risikogruppen wurde weiter oben an Ort und Stelle beschrieben. Besonderheiten beim Rektumkarzinom Beim Rektumkarzinom ist drei Monate nach Abschluss der tumorspezifischen Therapie (Operation bzw. adjuvante Radiochemotherapie) zur Ausgangsbefunderhebung eine Computertomografie des Abdomens durchzuführen. Nach lokaler Exzision eines pT1-low-risk-Karzinoms ist eine Nachsorge in jedem Fall auch im Stadium UICC-Ia empfohlen, da das Lokalrezidivrisiko erhöht ist. Hier ist die Rektoskopie bzw. endoskopische Diagnostik nach einem halben Jahr, einem Jahr und fünf Jahren empfohlen. Durch das weniger radikale operative Vorgehen ergibt sich somit eine intensivere Nachsorge als beim transabdominell resezierten Karzinom des Stadiums UICC-Ib. Ähnlich ist die Situation, wenn im Stadium UICC-II keine neoadjuvante oder adjuvante Radiochemotherapie gegeben wurde. Sekundärmetastasen und Rezidiv Es zeigt sich, dass bei sekundären Metastasen entsprechend durchgeführte Lungen- und Leberteilresektionen mit einer geringen Komplikationsrate einhergehen und mit großer Aussicht kurativ sind. Beim Auftreten von Sekundärmetastasen in der Nachsorge sollte daher der Patient immer in einem spezialisierten Zentrum zur Evaluation vorgestellt werden. Beim lokoregionärem Lymphknotenrezidiv des Kolonkarzinoms sollte sofern möglich der Versuch einer kurativen kompletten Resektion erfolgen. Beim Lokalrezidiv des Rektumkarzinoms sollte eine individuelle Therapieentscheidung getroffen werden. Besteht die Möglichkeit einer R0-Resektion sollte eine primäre Operation erfolgen. Ohne Aussicht auf R0-Resektion sollte eine neoadjuvante Radiochemotherapie erfolgen. Prognose des Kolonkarzinoms Die 5-Jahres-Überlebensrate des Kolonkarzinoms ist stark abhängig vom Tumorstadium. Sie liegt insgesamt bei 50–60 Prozent. Maßgeblich ist das histopathologische Stadium. Im Stadium UICC-I liegt sie derzeit bei etwa 90–100 Prozent, im Stadium II bei 60–90 Prozent, im Stadium III bei etwa 30–80 Prozent und im Stadium IV bei ca. 15–20 Prozent. Insgesamt beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate nach R0-Resektion eines Kolonkarzinoms ohne Fernmetastasen bei 80 Prozent. Prognose des Rektumkarzinoms Durch multimodale Konzepte mit neoadjuvanter Radiochemotherapie, Einhalten der onkologischen Resektionsprinzipien und adäquater adjuvanter Therapie konnten auch bei lokal fortgeschrittenen oder nodal positiven Rektumkarzinomen die 5-Jahres-Überlebensrate über 70 Prozent gesteigert werden.