Leitlinien-update: Was ist neu? Kolonkarzinom Dr. med. Christian Pox Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus Im jetzigen Update der S3-Leitlinie wurden die Kapitel Prävention, Screening, Risikogruppen, Diagnostik und operative Therapie sowie Nachsorge aktualisiert (1). Prävention Die Empfehlungen zur Primärprävention mittels regelmäßigen körperlichen Aktivitäten, Verzicht zum Tabakrauchen sowie Limitierung des Alkoholkonsums bleiben unverändert bestehen. Ein Zusammenhang des Konsums von Kaffee/Tee mit dem kolorektalen Karzinom besteht nicht. Ein protektiver Effekt von Mikronährstoffen wie z.B. Vitaminen oder Selen für das kolorektale Karzinom ist nicht gesichert. Mikronährstoffe sollten daher nicht zur Prävention des kolorektalen Karzinoms eingenommen werden. Sekundäranalysen von kardiovaskulären Präventionsstudien zeigen einen protektiven Effekt von ASS auf die kolorektale Karzinomentstehung. ASS hat jedoch insbesondere gastrointestinale Nebenwirkungen, so dass aufgrund der unbekannten Nutzen – Schadenrelation ASS nicht in der Primärprävention der asymptomatischen Bevölkerung eingesetzt werden soll. Darmkrebsfrüherkennung/-vorsorge Die komplette qualitätsgesicherte Koloskopie alle 10 Jahre bleibt die bevorzugte Vorsorgemethode. Neben der Detektion asymptomatischer Karzinome ermöglicht sie die Primärprävention von Karzinomen durch die Abtragung von adenomatösen Polypen. Eine vor kurzem veröffentlichte Kohortenstudie aus den USA zeigt eine höhere Senkung der KRK-bedingten Mortalität durch die Koloskopie als durch die Sigmoidoskopie (2). Als einzige Alternativmethode wird die fäkale okkulte Bluttestung (FOBT) empfohlen. Hier bleibt derzeit das Guajak-Verfahren (gFOBT) noch der Standard und wird von den Krankenkassen übernommen. In einer Meta-Analyse betrug die Sensitivität immunologischer FOBT (FIT) 79% bei einer Spezifität von 94% (3). In einer Untersuchung fand sich für in Deutschland verfügbare FIT eine stark schwankende Sensitivität und Spezifität (4). Entsprechend werden in der Leitlinie nur 1 immunologische Testverfahren mit nachgewiesen hoher Spezifität als Alternative zum gFOBT empfohlen. FIT werden derzeit noch nicht von den Kassen übernommen, es wird aber erwartet, dass in Zukunft eine Aufnahme in den Regelkatalog für Tests mit entsprechenden Eigenschaften erfolgen wird. In einer großen randomisierten Studie an einem Screeningkollektiv in den USA wurde ein FIT mit einem genetischen Stuhltest verglichen, in dem zwei Methylierungsmarker, eine kras-Mutationsanalyse sowie eine Hämoglobinbestimmung enthalten waren (5). Die Detektionsrate für Karzinome und fortgeschrittene nichtkanzeröse Läsionen war für den genetischen Stuhltest signifikant höher als für den FIT (83,7 vs. 63,5% und 42,4 vs. 23,8%), die Spezifität mit 86,6 vs. 94,9% allerdings geringer. Weitere Studien und der Preis müssen abgewartet werden, bevor der Einsatz genetischer Stuhltests empfohlen werden kann. In einer weiteren Studie wurde der Einsatz eines Methylierungsmarkers (Septin9) im Blut als Screeningmaßnahme an einem großen Kollektiv asymptomatischer Personen in den USA und Deutschland untersucht (6). Alle Patienten erhielten zusätzlich eine Koloskopie. Die Sensitivität für Karzinome betrug 48%, für fortgeschrittene Adenome 11%. Die Daten erscheinen bisher wenig überzeugend. Aufgrund der geringen Detektionsrate für fortgeschrittene Adenome scheint der Test nicht für die Prävention geeignet. Für andere Methoden wie die Kapselendoskopie und den M2-PK-Test fehlen prospektive vergleichende Daten von großen Untersuchungen an Screeningkollektiven. In der Leitlinie werden genetische Stuhltests, Kapselendoskopie und der M2-PK nicht für das Screening empfohlen. Diagnostik Die präoperative Diagnostik des Kolonkarzinoms ist im Wesentlichen unverändert geblieben. Das CT-Abdomen ist weiterhin möglich aber nicht obligat erforderlich. Beim Staging des Rektumkarzinoms ist das Becken-MRT die bevorzugte Methode. Sie ermöglicht in der Regel eine genaue Bestimmung des Abstands des Tumors von der mesorektalen Faszie. Bei umschriebenen Karzinomen bleibt die rektale Endosonographie die Methode der Wahl. Bei der Festlegung des Lymphknotenstatus sind alle Verfahren mit Unsicherheiten behaftet. Das PET-CT hat im routinemäßigen Staging des KRK keinen Stellenwert, kann aber bei Nachweis von Lebermetastasen zum Ausschluss extrahepatischer Metastasen eingesetzt werden. 2 Therapie Die laparoskopische Tumorresektion ist bei entsprechender Expertise des Operateurs und geeigneter Patientenselektion eine gleichwertige Alternative zur offenen OP-Technik mit vergleichbaren onkologischen Ergebnissen. Neuere Operationsverfahren wie Robotik sollten nur innerhalb von Studien durchgeführt werden. Beim Rektumkarzinom ist durch den Pathologen zusätzlich zum oralen und aboralen Resektionsabstand vom Tumor der zirkumferentielle Resektionsabstand zum Tumor als Zahl anzugeben. Lebermetastasen können abhängig von Anzahl, Lage und Alter des Patienten entweder simultan oder zweizeitig operiert werden. Bei Patienten mit ausgedehnter Lebermetastasierung und asymptomatischem Primärtumor (keine Stenosesymptomatik, keine transfusionspflichtigen Blutungen) kann primär eine Chemotherapie durchgeführt werden ohne Resektion des Primarius. Die Wertigkeit der Resektion des Primarius wird derzeit in einer randomisierten Studien (SYNCHRONOUS-Studie) untersucht. Nachsorge Eine strukturierte Nachsorge sollte allen Patienten mit kolorektalem Karzinom angeboten werden. Umfang der Nachsorge hängt von Tumorstadium und Lokalisation ab (s. Abbildung 1). Der Zeitpunkt der Nachsorge errechnet sich ab dem Zeitpunkt der Operation. Neu ist, dass die erste Kontrollkoloskopie nicht erst nach 3 sondern bereits nach einem Jahr erfolgen sollte. Hintergrund ist, dass in mehreren Studien eine erhöhte Rate an Karzinomen und fortgeschrittenen Adenomen bereits innerhalb der ersten 3 Jahre gefunden wurde. Wird bei der ersten Kontrollkoloskopie keine Neoplasie gefunden, ist eine erneute Kontrollkoloskopie erst in 5 Jahren erforderlich. Beim Rektumkarzinom im Stadium II und III kann zusätzlich jährlich ein Rö-Thorax erfolgen, um isolierte Lungenmetastasen zu detektieren. 3 Abb. 1 Nachsorge nach kurativer Operation bei UICCC-Stadium II und III Patienten mit kolorektalem Karzinom Literatur: 1. Pox C, Aretz S, Bischoff SC, Graeven U, Hass M, Heußner P, Hohenberger W, Holstege A, Hübner J, Kolligs F, Kreis M, Lux P, Ockenga J, Porschen R, Post S, Rahner N, Reinacher-Schick A, Riemann JF, Sauer R, Sieg A, Scheppach W, Schmitt W, Schmoll HJ, Schulmann K, Tannapfel A, Schmiegel W. S-3 guideline colorectal cancer. Z Gastroenterol. 2013;51:753-854. 2. Zauber AG, Winawer SJ, O'Brien MJ, Lansdorp-Vogelaar I, van Ballegooijen M, Hankey BF, Shi W, Bond JH, Schapiro M, Panish JF, Stewart ET, Waye JD. Colonoscopic polypectomy and long-term prevention of colorectal-cancer deaths. N Engl J Med 2012;366:687-96. 3. Lee JF, Liles EG, Bent S, Levin TR, Corley DA. Accuracy of fecal immunochemical tests for colorectal cancer: systematic review and metaanalysis. Ann Intern Med 2014;160:171-181. 4. Hundt S, Haug U, Brenner H. Comparative evaluation of immunochemical fecal occult blood tests for colorectal adenoma detection. Ann Intern Med 2009;150:162-169. 4 5. Nishihara R, Wu K, Lochhead P, Morikawa T, Liao X, Qian ZR, Inamura K, Kim SA, Kuchiba A, Yamauchi M, Imamura Y, Willett WC, Rosner BA, Fuchs CS, Giovannucci E, Ogino S, Chan AT. Long-term colorectal-cancer incidence and mortality after lower endoscopy. N Engl J Med 2013;369:1095-105. 6. Imperiale TF, Ransohoff DF, Itzkowitz SH, Levin TR, Lavin P, Lidgard GP, Ahlquist DA, Berger BM. Multitarget stool DNA testing for colorectal cancer screening. N Engl J Med 2014;370:1287-97. 7. Church TR, Wandell M, Lofton-Day C, Mongin SJ, Burger M, Payne SR, Castaños-Vélez E, Blumenstein BA, Rösch T, Osborn N, Snover D, Day RW, Ransohoff DF. PRESEPT Clinical Study Steering Committee, Investigators and Study Team. Prospective evaluation of methylated SEPT9 in plasma for detection of asymptomatic colorectal cancer. Gut 2014;63:317-25. 5