Der vermeidbare Krebs – Kolorektales Karzinom

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Darmkre
Hausarzt Medizin
Der vermeidbare
Krebs – Kolorektales
Karzinom
Das kolorektale Karzinom belegt sowohl bei Inzidenz als auch bei
der Sterblichkeit den zweiten Platz in der deutschen Krebsstatistik.
Dabei könnte es größtenteils durch konsequente Vorsorgemaßnah-
men nicht nur früh erkannt, sondern sogar verhindert werden.
Foto: fotolia
Insgesamt sinken in den letzten Jahren sowohl die Inzidenz als auch die Sterblichkeit am kolorektalen Karzinom (CRC) leicht.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnete
2010 noch rund 65.000 neu
am kolorektalen Karzinom
Patienten mit positiver
Erkrankte und etwa 26.000
Familienanamnese haSterbefälle. Das mittlere
ben bereits in jüngeren
Erkrankungsalter liegt bei
Jahren ein erhöhtes
Männern mit etwa 71 JahErkrankungsrisiko.
ren niedriger als bei Frauen mit ca. 75 Jahren. Mehr
als die Hälfte der Betroffenen erkranken jenseits des 70. Lebensjahres, nur etwa 10% vor dem 55. Lebensjahr, also dem Alter, in dem erstmals der Anspruch
auf eine Darmspiegelung zur Früherkennung besteht (s. u.). Fast zwei Drittel der Erkrankungen treten im Dickdarm auf, etwa 30% betreffen den Enddarm, die übrigen
verteilen sich auf den Übergang zwischen
Dick- und Enddarm (Rektosigmoid) bzw. den
Analkanal.
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Der Hausarzt 04/2014
ebs
Rauchen und Übergewicht erhöhen
das Risiko erheblich
Gesicherte Risikofaktoren für die Entwicklung eines Kolonkarzinoms sind neben dem
steigenden Alter vor allem Tabakkonsum
und Übergewicht. Aber auch Bewegungsmangel, ballaststoffarme, fleisch- und
wurstreiche Ernährung und regelmäßiger
Alkoholkonsum erhöhen das Erkrankungsrisiko. Insgesamt kommt dem individuellen Lebensstil und der Ernährung ein hoher
Stellenwert zu (siehe Tabelle). Hier kann der
Hausarzt seine Patienten präventiv aufklären und beraten und zu einer Umstellung
der Lebensgewohnheiten motivieren.
Nicht zu vergessen sind die Verwandten ersten Grades von Erkrankten. Sie haben ein um
den Faktor 2−3 erhöhtes Risiko. Bei seltenen
erblichen Erkrankungen (familiäre adenomatöse Polyposis, FAP; hereditäres nicht polypöses kolorektales Krebssyndrom, HNPCC)
besteht bereits in jüngeren Jahren ein sehr
hohes Risiko zu erkranken.
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lerdings ist die Leistungsfähigkeit des FOBT
begrenzt. Ab dem 55.Lebensjahr kann eine
Koloskopie in Anspruch genommen werden,
die bei unauffälligem Befund nach 10 Jahren
wiederholt werden sollte. In der Zwischenzeit kann alle 2 Jahre ein Test auf okkultes
Blut im Stuhl durchgeführt werden.
Jährlicher Test auf Blut im Stuhl
senkt die Mortalität
Wird der FOBT bei positivem Ausgang mit einer Koloskopie und ggf. Polypektomie kombiniert, senkt er die Inzidenz- und Mortalitätsrate für das CRC. Die „Minnesota Colon
Cancer Control Study“ hat in den Jahren 1976
bis 1986 mehr als 46.000 Personen im Alter
zwischen 50 und 80 Jahren eingeschlossen.
Sie bekamen entweder in ein- oder zweijährigem Abstand einen Test auf Blut im Stuhl
(FOBT) oder kein Screening angeboten. Die
Studie zeigt, dass selbst der einfache FOBT
75
71
Das mittlere
Erkrankungsalter
liegt bei Männern
mit etwa
71 Jahren niedriger als bei
Frauen mit
ca. 75 Jahren
Körperliche Aktivität - präventiv und auch prognoseverbessernd
Vom Polypen zum Karzinom:
Typische Entwicklung über Jahre
Die überwiegende Mehrzahl (ca. 90 %) der
kolorektalen Karzinome entsteht über einen
langen Zeitraum von 10–25 Jahren. Die sehr
gut erforschte Kaskade (Vogelstein-Zyklus)
beschreibt die Entwicklung aus primär gutartigen neoplastischen Polypen über Adenome bis hin zum Karzinom. Diese Pathogenese gilt bei sporadischen und auch bei
familiär gehäuften kolorektalen Karzinomen, deren erhöhte Inzidenz nicht über genetische Mutationen definiert werden kann.
Darmkrebsvorsorge in Deutschland
ist eine Regelleistung der GKV
Seit 2002 ist die Darmkrebsvorsorge in
Deutschland eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Bezahlt wird der Test
auf okkultes Blut im Stuhl (fecal occult blood
test, FOBT; häufig auch mit Warennamen wie
Hämocculttest bezeichnet) einmal pro Jahr
bei Patienten zwischen 50 und 54 Jahren. AlDer Hausarzt 04/2014
Körperliche Aktivität verhindert nicht nur die Krebsentstehung, sondern mildert auch
den Krankheitsverlauf und reduziert das Rezidivrisiko. Auch die Mortalität ist geringer. Der exakte Wirkmechanismus ist unklar, am wahrscheinlichsten sind hormonelle Interaktionen, wie zum Beispiel eine Abnahme des Insulinspiegels. Beim kolorektalen Karzinom soll körperliche Aktivität ein eigenständiger Schutzfaktor sein, der
unabhängig von Ernährung, Gewicht, Alkohol- und Tabakkonsum, Alter, Tumorgröße,
Zahl der befallenen Lymphknoten und sogar der Chemotherapie ist. Das relative Risiko für Adenome sowie für Karzinome soll um 25 − 50 Prozent sinken, wenn man täglich 30 − 60 Minuten körperlich aktiv ist.
H Delbrück. Internist 2012,53:688−697.
bei regelmäßiger Anwendung, am besten
jährlich, die Mortalität des kolorektalen Karzinoms senkt. Nach 30 Jahren waren in der
Kontrollgruppe 2,7 Prozent der Personen an
einem kolorektalen Karzinom gestorben, in
der Gruppe mit zweijährlichem Screening
2,2 Prozent, und in der Gruppe mit jährlichem Screening 1,8 Prozent der Personen.
Das Risiko, an einem CRC zu sterben, sank
demnach absolut um 0,5 bzw. 0,9Prozent,
realtiv um 22 bzw. 32 Prozent. Auf die Gesamtmortalität hatte das FOBT-Screening
keinen Einfluss.
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Koloskopie weiterhin Goldstandard
Sigmoidoskopie und Koloskopie senken sowohl das Erkrankungs- als auch das Sterberisiko an Kolorektalkarzinom. Die
Koloskopie ist dabei naturgemäß überlegen, weil sie auch proximale Kolonkarzinome erfasst. Zu diesem Ergebnis kam eine Analyse der Daten der fast 90.000 Teilnehmer der „Nurses’
Health Study“ und der „Health Professionals Follow-up-Study“. Insgesamt waren 1.815 kolorektale Karzinome in der 22
Bei hohem Risiko engere
Vorsorgeintervalle
Demografische
Merkmale
Lebensstil
Ernährung
Medizinische
Einflüsse
Darmkrebsrisiko
Alter
Männliches Geschlecht
Rauchen
Alkohol
Übergewicht
körperliche Aktivität
Rotes Fleisch
Obst und Gemüse
Vollkornprodukte
Fisch
Milchprodukte
Familiäre Vorbelastung
Entzündl. Darmerkrankung
Diabetes
Helicobacter-pylori-Infektion
Andere Infektion
Darmspiegelung
Hormonersatztherapie
Aspirin
Statin
erhöht
↑↑↑
↑↑
↑
↑
↑
erniedrigt
↓
↑
(↓)
(↓)
(↓)
(↓)
↑↑
↑↑
↑
(↑)
(↑)
↓↓
↓
↓
(↓)
Quelle: F Layer, JF Riemann. Radiologe 2013;53:775−782.
Fast zwei Drittel der Erkrankungen treten im Dickdarm
auf, etwa 30% im Enddarm,
die übrigen am Übergang
zwischen Dick- und Enddarm
bzw. im Analkanal.
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60+40+A30+70A10+90A
60
30
10
Dickdarm
Enddarm
Rektosigmoid/
Analkanal
Allerdings können nicht alle Karzinome
verhindert werden. Bei Personen ohne
Familienanamnese für CRC war bis zu
15 Jahre nach einer negativen Koloskopie ein reduziertes Risiko zu beobachten. Bei Personen mit positiver Familienanamnese hingegen war ein Vorteil
nur für die ersten fünf Jahre nach der
Koloskopie nachweisbar. Dies ist ein
klarer Hinweis darauf, dass bei Patienten mit positiver Familienanamnese
engere Endoskopie-Intervalle notwendig sind.
Die aktuelle S3-Leitlinie der DGVS von
2013 „kolorektales Karzinom“ empfiehlt
bei erstgradig Verwandten eines CRCPatienten eine erste Koloskopie spätestens mit 40−45 Jahren; die Intervalle bei
negativem Befund sollten nicht länger
als 10 Jahre sein. Finden sich aber Hinweise in der Familienanamnese auf einen erblichen Darmkrebs, sollten die
Intervalle drei Jahre nicht übersteigen.
Bei HNPCC-Patienten und Risikopatienten werden in der Regel jährliche Koloskopien angeraten.
Dr. Carola Göring, Medizinjournalistin
Literatur bei der Verfasserin
Mögliche Interessenkonflikte: keine
Der Hausarzt 04/2014
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Risiken für die Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms
Faktoren
Jahre langen Beobachtungsphase aufgetreten. Teilnehmer, die eine Endoskopie
mit Polypektomie hatten durchführen
lassen, wiesen eine um 43 Prozent niedrigere Inzidenz für ein kolorektales Karzinom auf verglichen mit Teilnehmern
ohne Endoskopie.
Auch das Risiko, an einem kolorektalen Karzinom zu sterben, konnte durch
eine Endoskopie signifikant gesenkt
werden: Eine Sigmoidoskopie verringerte es relativ um ein Drittel, eine vollständige Koloskopie sogar um mehr als
zwei Drittel. Hiermit ist eindeutig belegt, welchen Wert die Vorsorgekoloskopie hat.
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